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Mitteilungen des Seminars
für Orientalische Sprachen
an der Königlichen
Friedrich -Wilhelms - Universität
zu Berlin
tu. .
Herausgegeben von dem Direktor
Prof. Dr. Eduard Sachau
Geh. Ober-Regierungsrat
^\^^^
JAHRGANG XVIII
Berlin 1915
Kommissionsverlag von Georg Reimer
Seminarchronik für die Zeit vom Oktober 1914
bis August 1915.
Jjas Seminar zählte:
a) im Wintersemester 1914/15: 67 (57 männliche und 10
weibhche) Mitglieder sowie 5 Hospitanten und 5 Hospitan-
tinnen. Außerdem besuchten die nichtamthchen Kurse über
Kulturverhältnisse im heutigen IMesopotamien 11, im Russi-
schen für Heeresangehörige 263, im Polnischen für Staats-
beamte 39, über koloniale Missionsprobleme 52 und über
koloniale Kapitalsanlage 9 Personen. Gesamtzahl der Be-
sucher: 451 Personen;
b) im Sommersemester 1915: 60 (51 männliche und 9 weib-
liche) Mitglieder sowie 3 Hospitanten und 4 Hospitan-
tinnen. Außerdem besuchten die nichtamtlichen Kurse über
die Geographie und Ethnographie IMesopotamieus 11, im
Russischen für Heeresangehörige 101, im Polnischen für
Heeresaugehörige und Staatsbeamte 26, im Türkischen für
Heeresangehörige 86, über die Arbeitsweise der Missionen
in den Kolonien 27 und über koloniale Finanzen 36 Per-
sonen. Gesamtzahl der Besucher: 344 Personen.
Der Lehrkörper bestand:
a) im Wintersemester 1914/15 aus 34 Lehrern und 12 Lektoren.
Zu Anfang des Semesters wurde der Lehrer des
Chinesischen, Herr Prof. Dr. Alfred Forke, bis zum
1. August 1915 zur Haltung von Vorlesungen an der Uni-
versität von Kalifornien in Berkeley beurlaubt. Infolge der
Unmöglichkeit seiner Rückreise ist der Urlaub bis zum
1. August 1916 verlängert worden.
Durch den Ausbruch des Weltkrieges zu Anfang
August 1914 ^^'n^de außer der großen Zahl der Studierenden
auch eine beträchtliche Anzahl von Dozenten des Seminars
in den Dienst des deutschen Heeres gerufen ; so die Herren
Prof. Dr. Friedrich Giese, Lehrer des Türkischen, Ge-
heimer Obermedizinalrat Prof. Dr. Emil Steudel, Lehrer
für Tropenhygiene, Stabsarzt Dr. Paul Schoenhals, be-
auftragt mit der Abhaltung eines Samariterkursus, Geheimer
Oberregierungsrat Johannes Gerstmeyer, Lehrer für die
n
Vt-rwaltun-; und Hochtsprechuiig sowie für die wirtschaft-
lichen Verhältnisse in den Kolonien, Hauptmann a.D. Hans
von Hanisay, Lehrer der Landeskunde von Deutseh-Ost-
afrika, Kamerun und Togo, Hauptmann a.D. Dr. Max Weiß,
beauftraget mit der Abhaltung von Vorlesungen über Photo-
«Taphie und Photogrammetrie und Dr. Anton Palme,
Lehrer des Russischen. Von diesen Herren sind bisher mit
dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet worden: Giese,
Steudel, Schoenhals, Gerstmeyer, Weiß und Palme.
Bis auf die Vorlesungen von Herrn Prof. Giese, der
durch Herrn Prof. Dr. .Martin Hartmauu im Türkischen,
und diejenigen von Herrn Dr. Palme, der durch Herrn
Adolf La ne im Russischen vertreten wurde, mußten die
für das Wintersemester angekündigten Vorlesungen und
Übungen der vorgenannten Herren Dozenten ausfallen.
Ferner konnte der im Juli 1914 zu einer Studienreise nach
Liberia beurlaubte Lehrer westafrikanischer Sprachen, Herr
Prof. Dicdrich West ermann, infolge seiner Gefangen-
schaft in England, seines späteren Aufenthalts in Liberia
und seiner Festhaltung in Barcelona ebenfalls seine ange-
kündigten Vorlesungen in der Ilaussa-, Ful-, F^we-, Tschi-
und Namasprache sowie über geistige Kultur der Afrikaner
nicht halten. Seine Vorlesung über Phonetik afrikanischer
Sprachen übernahm der langjährige Missionar der Berliner
Missionsgesellschaft, Herr Su[)erintendent Schumann.
Die Übungen derjenigen Seminardozenten, welche
Untertanen der mit dem Deutschen Reich im Kriegszustande
befindlichen Regierungen waren, noirden infolge Anordnung-
Seiner Exzellenz des Herrn Unterrichtsministers zu iVnfano-
des Semesters inhibiert, doch später bedingungsweise ge-
stattet, sofern diese Dozenten nicht interniert waren. Zu
diesen letzteren gehörten der Lehrer des 'Französischen,
Cyprien Francillon und der Lehrer des Englischen,
Louis Hamilton. Der erstere wurde durch den emeritierten
GjTunasialdirektor Herrn Prof. Dr. Paul Pfeffer seit Neu-
jahr 1915 vertretungsweise ersetzt.
Um die Sprachkenntnisse unserer Truppen auf dem öst-
lichen Kriegsschauplatz und der für die Verwaltung da-
selbst etwa erforderlichen Beamten zu fördern sowie einer
großen Nachfrage entgegenzukommen, wurden sogenannte
unentgelthche Kriegskurse von 6 — Swöchiger Dauer im
Russischen und Polnischen eingerichtet, welche für An-
m
gehörige des Heeres, Schwestern in der Kriegskrankenpflege
und für Beamte der Staatsverwaltung in den Abendstunden
eingerichtet und von den Herren Adolf Lane, Hermann
Hahn, Alfred Cosack, Dr. Richard Meckelein und
Stanislaus Adamski abgehalten. Diese Kurse erfreuten
sich, wie aus der obigen Statistik zu ersehen ist, eines sehr
starken Besuches.
Im Februar 1915 trat der Lehrer des Jaunde, Heri-
Pater Dr. Hermann Nekes, aus dem Dienst des Seminars
in denjenigen des Mutterhauses der Pallottiner-Mission in
Limburg a. L. zurück.
/>) im Sommersemester 1915 aus 31 Lehrern und 12 Lektoren.
Wie im vorhergehenden Semester nuißten infolge des
Krieges die Vorlesungen und Übungen der Herren Giese,
Steudel,Schoenhals,Gerstmeyer,v.Ramsay, Weiß,
Palme und West ermann ausfallen. Diejenigen von Herrn
Prof. Dr. Giese und Herrn Prof. Westermann wurden
wieder von Herrn Prof. Dr. H a r t m a nn bzw. Herrn IM issions-
Superintendenten Schumann gehalten, während diejenigen
des Herrn Francillon durch Herrn Prof. Dr. Pfeffer
ersetzt wurden.
Leider mußte das Seminar am 1. Juni das Hinscheiden
eines seiner ältesten Dozenten, des Lektors des Arabisch-
Syrischen, Herrn Amin Ma'arbes beklagen. Ma'arbes
gehörte dem Lehrkörper des Seminars seit seiner Griindung
im Jahre 1887 an.
Wie im Wintersemester waren auch im Sommersemester
eine Reihe ständiger Kriegskurse eingerichtet, zu denen
noch solche in der türkischen Sprache hinzutraten, so daß
die folgenden Sprachen vertreten waren: Russisch (Dozenten :
die Herren Lane, Hahn, Cosack und Dr. Meckelein),
Polnisch (Dozenten: die Herren Lane, Dr. Meckelein
und Adamski) und Tiu-kisch (Dozenten: die Herren Leut-
nant d. R. Dr. Grobba und Bibliothekar Dr. Weil).
Der Seminarunterricht erstreckte sich:
a) im Wintersemester 1914/15
auf 16 Sprachen:
Chinesisch, Japanisch, Arabisch (Syrisch, Ägyptisch, Marokka-
nisch), Amharisch, Äthiopisch, Persisch, Türkisch, Suaheli,
Hindustani, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und
Neugriechisch
und H Rt-alienfacher:
Phouctik afrikanischer Sprachen, Missionsprobleme, koloniale
Kai»italsanlage;
/») im Sommerseracster 1915
auf 24 Sprachen:
Chinesisch, Japanisch, Arabisch (Syrisch, Ägyptisch, Amha-
risch, Äthioj)isch. Persisch, Türkisch, Hindustani, Guzerati,
Haussa, Englisch, Französisch, Russisch. Spanisch und Neu-
griechisch
und 4 Realiciitacher:
Phonetik afrikanischer Sprachen, Kultur der Afrikaner,
Missionen in den Kolonien sowie koloniale Finanzen.
Der Unterricht wurde erteilt:
a) im Wintersemester 1914/15 zwischen 8 Uhr morgens und
8 Uhr abends;
/>) im Sommersemester 1915 zwischen 8 Uhr morgens und
8 Uhr abends.
Zum statutenmäßigen Termin im Summer 1915 haben die nach-
stehend verzeichneten .Mitglieder des Seminars durch Ablegung der
l)iplompriifung vor der Königlichen Diplom [)rüfungskommission ihre
Seminarsludien zum vorschriftsmäßigen Abschluß gebracht:
1. Albert Herrmann. Lehramtskandidat, Dr. phil.. im Chi-
nesischen;
2. Karl Benecke, stud. jur., im Japanischen;
3. Edmund Bryde, stud. jur., im Arabisch-Ägyptischen;
4. Paul Neumann, stud. jur., im Russischen.
Die Auffiihrung aller derjenigen Mitglieder des Seminars, die
in der Zeit vom August 1914 bis dahin 1915 Amt und Stellung in
.\sien und Afrika gefunden haben, wie sie l^isher alljährlich in
dieser Chronik gegeben worden ist, muß infolge der durch den Krieg
hervorgerufenen Umstände leider unterbleiben. Dagegen erachtet das
Seminar es als eine Pflicht gegenüber seinen für das Vaterland ge-
fallenen Mitgliedern, nachstehend, soweit dies ihm möglich ist, ihre
Namen hier zum ehrenden Gedächtnis aufzuführen:
1. Bader, August, Postdirektor, Mitglied der Suaheli-Klasse;
■J. liettniger, Karl, Leutnant, Mitglied der Suaheli-Klasse;
■ K Bork, Geihard. Mitglied der chinesischen Klasse;
4. Bucher, Wilhelm, Assessor, Mitglied der Suaheli-Klasse;
5. von Busse, Max. Leutnant, Mitglied der Suaheli-Klasse;
G. Dedreux. Rudoll'. L)r. jur.. Referendar. .Mitglied der tür-
kischen Klasse:
7. von Dobbeler, Theodor. Hauptmann, Mitglied der
Suaheli-Klasse ;
8. Erdmann, Hugo, Landmesser, Mitglied der Suaheli-Klasse;
9. von Gizyiiski, Assessor, Mitglied der Suaheli-Klasse;
10. Götz, Arved, Redakteur. Mitglied der japanischen Klasse;
11. Harbers, Hermann, Leutnant, Mitglied der Suaheli-Klasse ;
12. Hudemann. Hans, Oberleutnant, Mitglied der Suaheli-
Klasse ;
13. Jacob, Gerhard, Hauptmann, Mitglied der Haussa-Klasse:
14. Kämmnitz, Walter, Referendar. Dr. jur., Mitglied der
ägyptischen Klasse:
15. Karnasch, Franz, Referendar, Mitglied der türkischen
Klasse;
It). Kattner, Erwin, Oberzollbeamter, Mitglied der Suaheli-
Klasse ;
17. Kaufmann, Fritz, Leutnant, Mitglied der Suaheli-Klasse;
18. Leutvvein. Friedrich, Hauptmann, Mitglied der chi-
nesischen Klasse ;
19. Mende, Albrecht, Reg.-Baumeister, Mitglied der Realien-
Klassen ;
20. Milbrat, Georg. Leutnant, Mitglied der Jaunde-Klasse;
21. zur Nedden, Max, Bankassessor, Mitglied der japanischen
Klasse ;
22. Pfaehler, Georg, Hauptmann, Mitglied der Ewe- Klasse;
23. Platzer, Martin, Oberförster, Mitglied der Suaheli-Klasse :
24. Prüß, Fritz, Assessor, Mitglied der chinesischen IGasse;
25. Rogalla von Bieberstein, Friedrich, Hauptmann, Mit-
glied der Suaheli-Klasse;
26. von Rothkirch u. Panthen, Friedrich, Zollsekretär,
Mitglied der Suaheli-Klasse;
27. Schippel, Erhard, Dr. jur., Assessor, Mitglied der Suaheli-
Klasse ;
28. Schwarze, Hermann, Zolldirektor a. D.. Dr. phil., Mit-
glied der Suaheli-Klasse;
29. Scriba, Emil, Assessor, Mitglied der Suaheli-Klasse;
30. Semmel mann, August, Oberleutnant, MitgHed der Suaheh-
Klasse ;
31. Spalding, Thomas, Leutnant, Mitglied der Suaheli-Klasse ;
32. Taub er t, Hans, Hauptmann, Mitglied der chinesischen
Klasse ;
38. Tauschwitz, Otto, Dolmetscher - Eleve, Mitglied der
marokkanischen Klasse:
VI
:^4. von Troschkt-, Leopold, Hauptmann, Mitglied der ja-
panischtMi Klasse;
'Mt. Uhlstein. Kudolf. Dr. jur., Assessor, Mitglied der Suaheli-
Klasse;
:{G. Voß, Walter, stud. jur., Mitglied der tm'kischen Klasse;
M. Walde, Joha nn - Georg, Oberleutnant, Mitglied der
Suaheli-Klasse;
:^8. von Wedel. Jan useh, Oberleutnant, Mitghed der Suaheli-
Klasse;
:il». Wege, Artur, Referendar, Mitglied der Realien-Klassen;
[0. von Zech, (iraf Julius, Kaiserlicher Gouverneur a. D.,
•Mitglied der Haussa-Klasse ;
11. Z i t z 1 a ff, Kurt, Referendar, Mitglied der amharischen Klasse.
Das dankbare Vaterland wird diese Helden nie vergessen.
Ehre ihrem Andenken!
Der Direktor,
Geheimer Oberregienmgsi'at
Sachau.
Mitteilungen
des Seminars für Orientalische Sprachen zu Berlin
Erste Abteilung
Ostasiatische
Studien
Redigiert von
Geh. Regierungsrat Prof. Dr. R. Lange,
Prof. Dr. A. Forke und Lic. W. Schüler
1915
Bedin
Kommissionsvedag von Georg Reimer
1 II hall
Seite
Mäiineigesellscliaft und Altersklassen im alten Cliina. Von Martin Q iiisturp 1
Fluß- und Seegefeciite nach chinesischen Quellen aus der Zeit der Ciiou- und
Han-Dynastie und der drei Reiche. Von Friedrich Krause 61
Das japanische Generaistabswerk über den Japanisch-Russischen Krieg 1904/05.
Proben des Stiles und ein Überblick über die Bearbeitungsweise. Nach dem
Japanischen Original. (Fortsetzung.) Von Hauptmann Trautz 98
T'ao Yuan-ming. Von A. Bernhardi und E. von Zach 179
Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. Von A. Conrady . . 261
Büchei'schau. Besprochen \oii A. Forke:
Ernst Boerschmann. Die Baukunst und Religiöse Kultur der Chinesen. Band II:
Gedächtnistempel. Berlin 1914. G. Reimer, geh. 36 M 298
Männergesellschaft und Altersklassen im alten China.
Mit Exkursen über urzeitliche Arbeitsdifferenzierung der
Geschlechter und Mutterrecht bei den Chinesen.
Von Martin Qüistorp.
Einleitung.
JUie niotlerne Geschichtswissenschaft hat sich in der Tat ein hohes Ziel
gesetzt mit der Forderung, dalv^ der Entwickhings- und Werdegang der
ganzen Menschheit in der breiten Fülle ihrer einzelnen kulturellen Aus-
strahlungen zum Gegenstand der Erforschung gemacht und Universalge-
schichte im eigentlichen Sinne des AVortes getrieben werde. Es liegt auf
der Hand, welche unendliche Bereicherung und Vertiefung der historischen
Erkenntnis diese Arbeitsmethode verspricht. Freilich ist es ein Ideal, das
vom gegenwärtigen Standpunkt der Forschung aus betrachtet noch in weiter
Ferne liegt und vielleicht niemals ganz erreicht werden wird. Aber die
Fortschritte der Ethnologie in den vergangenen Dezennien, die ja letzten
Endes alle einzelnen kulturgeschichtlichen Probleme in sich schließt, fordern
zu weiterem Ausbau vergleichender Studien auf.
Zu den Gebieten außereuropäischer Kulturentfaltung, denen man
mehr und mehr Interesse entgegenbringt, gehört vor allem der ostasiatische
Ivulturkreis. Nahm Jedoch Japan, sein Jüngerer Ausläufer, den politischen
Vorgängen entsprechend, zunächst alle Aufmerksamkeit für sich in An-
spruch, so tritt seit einem Jahrzehnt China in den Vordergrund, naclidem
man lange genug in bekanntem Kultur- und Rassendünkel auf die Chinesen
herabgesehen und sich dadurch das Verständnis ihrer Eigenart erschwert
hatte. Vor allem muß die wissenschaftliche Erforschung dieses Volkes
fortan einen viel breiteren Raum einnehmen, als es bisher geschehen konnte.
Besonders für den Kiüturhistoriker muß an und für sich schon die chine-
siche Kultur überaus anziehend sein, ist ihr doch an Alter und Dauer-
haftigkeit des Gesamtorganismus keine andere an die Seite zu stellen. Den
tieferen Ursachen dieser einzigartigen Erscheinung nachzugehen, die Motive
und Entwicklungstendenzen dieses Geisteslebens im einzelnen zu verfolgen,
ist in der Tat von höchstem wissenschaftlichen Wert. Freilich, um der
Forderung, die geistige Eigenart eines Volkes überall aus den Quellen
selbst zu ermitteln, gerecht zu werden, läßt sich die Kenntnis der chine-
sischen Sprache gar nicht umgehen; kommt doch die Sprache als dasjenige
Kulturerzeugnis, das am treuesten das Seelenleben einer sozialen Gemeinschaft
wiederspiegelt und am innigsten mit dem Denken und Fühlen verwachsen ist,
stets als eine der ersten und wichtigsten Quellen für den Historiker in Betracht.
Min. J.Sem, f. Orient. Sprachen. 1915. I.Abt. 1
2 Qi'isTOür: Mäiiiiorgtvscllscliaft uml Alfoi-sklassen im altfii (liiiia.
Hat A. Coiii-ady ' in siiiiicr (leseliiclile Cliiiias die Hypotliesc von dorn
westlichen Urspriiiij; d(M- chinesischen Kidtui- für die Wissenschaft in. E.
widerlegt und zum ersteiunal in großen Zügen dargetan, »daß nnd wie
sich die ganze Kuhnr langsam und stetig aufwärtskliiinncnd aus barbarischer
Hoheit zu einer der höchsten der Erde eniporgebildet hat« 2, so ist es
nunniehi- an der Zeit, auf dieser Grundlage weiterzubauen und die Ent-
wicklungsstadien der chinesischen Geschiclite im einzelnen an der Hand
der Quellen zu erschließen. Nur so wird es einmal einer zusammen-
fassenden weltgeschichtlichen Betrachtung möglich sein, die jeweilige Eigen-
art sowohl wie die allen Kulturen gemeinsamen Züge der menschlichen
• Psychogenese« ^ zu erkennen. Die vorliegende Arbeit behandelt einen
kleinen Ausschnitt aus der chinesischen Urgesellschaft und sieht ihre
.\ufgabe darin, dui'cli Quellenbelege eine unerläßliche Vorarbeit zu leisten.
Eine Untersuchung der gesellschaftlichen Zustände, d(!ren allgemeine Be-
deutung für die Entwicklung des Geisteslebens bei der Betrachtung größerer
geschichtlicher Zusammenhänge nicht übersehen werden darf, führt uns
zugleich auf eine sehr primitive Stufe, und je weiter wir Uranfänge, die
in Wirklichkeit immer nur relative sein können, zurückverfolgen, desto
hinfälliger wiid die Hypothese von fremdem Kiüturimport, desto besser
lernen wir die gegenwärtigen Verhältnisse aus der Vergangenheit verstehen.
Die Schwierigkeit für die Behandlung eines solchen Stoffes liegt naturgemäß
in der zeitlichen Distanz, sind wir doch bei ethnologischen Fragen über
die Urzeit eines Volkes fast ausschließlich auf schriftliche Überlieferung
angewiesen: und welche Kluft trennt nicht die Entstehung einer kontinuier-
lichen schriftlichen Aufzeichnung von dem Zustand einer menschlichen Ur-
gesellschaft! Indessen wird diese Kluft bei Erforschung chinesische)- Ver-
hältnisse »dank vor allem der beispiellosen Zähigkeit aller Anschauungen
und Bräuche wie dei- Güte und Offenherzigkeit einer wohl einzig dastehen-
den Tradition--'* zum großen Teil ülierbrückt.
Über die benutzten Quellen ist allgemein zu bemerken, daß sich bei
den vorliegenden Untersuchungen der Mangel an textkritischer Vorarbeit
weniger bemerkbar macht. Die vergleichende ethnologische Methode gibt
uns in den meisten Fällen sichere Fingerzeige dafür, ob wir bestinnnte
Sitten und Bräuche oder allgemeine Vorstellungen als primitiv ansprechen
dürfen, oder ob sie einer höheren Stufe der Kulturentwicklung angehören.
Bedenkt man, mit welcher Zähigkeit sich urzeitliclie Motive in ihren letzten
Ausläufern bis in die höchsten Kulturen hinein erhalten ^ so ist es eine
verhältnismäßig bedeutungslose Frage, ob wir es in einem oder dem anderen
Falle init einer Quelle erst des vierten oder dritten vorchristlichen Jahr-
hunderts zu tun haben. Sitten imd Bräuche sind ja an sich schon in hohem
Grade bodenständig und nur schwor übertragbar, da sie immer eine größere
» Conrady, China S. 479 ff.
* Conrady, a. a. 0. S. 483.
^ Wundt, Elemente der Völkerpsychologie S. 4.
* Conrady, China S. 482.
^ Vgl. Lamprecht, Kiiifülinuig in das historisclie Denken S. 69.
QiiisTORr: ^iäniierecsc'llsclinft iiiul Altersklassen im alten China. i>
soziale Geineinschal't voraussetzen, während z. B. uij^thologische Voi-stelliingen
sehr leicht von einzehien im \'olke übernommen werden können, ohne
Eigentum der breiten Masse zu werden. Vielfach sind auch die Anmer-
kungen der Kommentare zu Rate gezogen worden, obwohl sie meist einer
viel späteren Zeit entstammen. Sie tragen aber oft nicht unwesentlich zum
Verständnis einer Sitte bei. Am treuesten spiegelt sich naturgemäß Volks-
sitte und Volksgeist in den Ritualbüchern wieder, sie bilden daher eine
imschätzbare Quelle für unsere Betrachtungen. Endlich gewinnen wir sehr
wichtige Aufschlüsse über primitive Anschauungen und Sitten aus der chine-
sischen Schrii't selber, da sie nicht zu einer Buchstabensprache verblaßt
ist, sondern als Bilderschrift ' in plastischer Anschaulichkeit eine unmittel-
bare Bezielunig des Schriftzeichens zu dem, was es ausdrücken will, gibt
und uns in vielen Fällen selbst noch die ältesten Formen des Denkens und
Vorstellens übermittelt.
Wie der Boden und die Intensität seiner Ausnutzung die natürliche
Voraussetzung für die Entstehung eines dauernden Staatswesens ist, so
wird der geistige Kulturbesitz eines Volkes, soweit es im wesentlichen
unbeeinflußt von außen groß wird, durch die »Formen der Vergesell-
schaftung^« bestimmt. Schurtz formuliert die Bedeutung dieser Tatsache
in dem Satze: »Wer die Kultur verstehen will, muß die soziale Gliederung
der Menschheit zu begreifen suchen« ^ Die alte Streitfrage der Soziologie,
ob das Individuum nur eine Fimktion der Gesellschaftsseele sei oder ob
der einzelne über der Gesellschaft stehe und umgestaltend auf sie einwirken
könne, soll hier nicht berührt werden. Man muß sich aber stets vergegen-
wärtigen, daß die geistigen Kulturgüter wie Sitte, Religion, Kunst, Recht
usw., insofern man sie als Allgemeingut eines Volksganzen oder jedenfalls
einer größeren Gruppe bezeichnen darf, an eine ganz bestimmte gesell-
schaftliche Struktur gebunden sind, indem sie eine Wechselwirkung zwischen
einzelnen Individuen voraussetzen. Auch bei der Betrachtung chinesischer
Verhältnisse ist diese Tatsache bisweilen nicht genügend berücksichtigt
worden. So konnte nur unter Außerachtlassung soziologischer Voraus-
setzungen für die Entstehung von sittlichen und religiösen Begriffen die
Hypothese von einem chinesischen Urmonotheismus entstehen, während doch
das chinesische Volk wie jede andere Gesellschaftsgruppe seine gemein-
samen Kulturwerte in stetem Werden, auf Grund innerer Entwicldimgs-
prinzipien aus sich heraus erzeugt hat. Wir müssen uns daher hüten, eine
Erscheinung für primitiv zu halten, die in Wahrheit einer viel späteren
Entwicklungsstufe angehört. Enthalten doch selbst die ältesten Schrift-
denkmäler der chinesischen Literatiir schon hohe sittliche und andere Kultur-
^ Selbst in den sogenannten phonetischen Zusammensetzungen hat sie diesen
Charakter bewahrt, indem deren phonetisches Element wohl in der Regel zugleich
eine ideographische Bedeutmig enthält.
- Simmel, Soziologie S. 27 f.
3 Schurtz, Urgeschichte der Kultur S. 94.
1*
4 QiMSTORr: Maiinergesfllschaft und Altersklassen im nltcn Clu'na.
ht'gi-irtV, uiul nur tut* Eigenart der chinesischen Schrii't macht es uns mög-
lich, aus (h'M Quellen einen Geselischaftszustand zu rekonstruieren, den die
Etlmolugie sonst nui- noch bei den gegenwärtigen primitiven Völkern vor-
findet. Bevor wir diesen Blick in die Urzeit tun, um uns ein Bild von
den ältesten Formen der chinesischen Gesellschaft zu machen, ist es not-
wendig, tleii heutigen Stand der Forschung in der Frage nach dem Wesen
und Aufhau der nienseiilichen Urgesellschaft kurz zu l)eleuchten.
Ist auch der Streit der Meinungen hierüber noch keineswegs ge-
schlichtet, so hat doch inzwischen das völkerkundliche Material eine bedeu-
tende Erweiterung erfahren, und die alten Theorien von dem Urzustand
der Menschheit sind vielfach gefallen. Glaubten noch Morgan ' und seine
Schule die Entwicklung der Familie und Einzelehe aus einem llorden-
zustand mit geschlechtlicher Promiskuität herleiten zu können, so dürfen
wir heute wohl annehmen, daß die Erscheinungen, denen Morgan als Be-
lege lui- seine Theorie großes Gewicht beilegte, bei genauerer Untersuchung
nichts weniger als einen Anfangszustand bezeichnen, sondern einer späteren
Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung angehören. Die neuere Ethnologie
hat gerade für die primitiven Völker sehr einfache Formen nachgewiesen,
und W. Wundt^ kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis: »Die soziale
Organisation der Primitiven, wo sie unberührt ist von den Einflüssen in
der Kultur höher stehender Völker, besteht in einer festgegründeten, wahr-
scheinlich schon aus dem vormenschlichen, etwa dem der heutigen An-
thropoiden ähnlichen Dasein herübergebrachten Monogamie in der Form
der Einzelehe und in dürftigen Anlangen sozialer Verbände«. Fragen wir
nun aber weiter, wie sich aus diesen ersten Anfängen der menschlichen
Gesellschaft die höheren sozialen Verbände hinauf bis zum Staat entwickeln.
so geht es nicht an, den Staatsorganismus als die Fortsetzung dieser pri-
nn'tiven Verhältnisse gleichsam als erweiterte Familie aufzufassen. Schurtz^
hat den Beweis erbracht, daß man in der Kultureiitwicklung unterscheiden
nuiß zwischen zwei Hauptformen gesellschaftlichen Zusammenschlusses: den
l)lutsverwandtschaftlichen Gruppen, die also ihr Dasein dem Geschlechts-
und Fortpflanzungstrieb verdanken, und den Verbänden, die auf (irund
freier Neigung und gleicher Interessen entstehen und die ersteren in ge-
wissem Sinne durchkreuzen. Schurtz nennt diese auf Syni[)athie Ixi iilun-
den Lebensgemeinschaften ■■ Geselligkeitsverbände" *. Naturgesehiciitlieh be-
trachtet kommen in diesen beiden Gesellschaftsfoi-nien zwei CJrundkräfte
des organischen Lebens und alles Geschehens überhau])t zum Ausdruck,
die wiederum ein Ergebnis der Differenzierung ungeschlechtlicher Fort-
pflanzung in zwei Geschlechter mit getrennten sexuellen Funktionen sind;
> H.Morgan, Die Urgesellschaft, Stuttgart 189L S. 323f.; A.H.Post, Die
Geschlechtsgenossenscliaft der Urzeit und die Entstehung der Familie, 1875: J. Kohler.
Zur Urgeschichte der Ehe, Stuttgart 1897.
* Wundt, Elemente der Völkerpsychologie .S. 52.
' Die folgende Darstellung schließt sich an die Ergebnisse an, zu denen
Schurtz in seinem Werk Altersklassen und Männerbünde S. 11 f. gelangt.
* Schurtz, a. a. O. S 14.
Quistorp: Männergesellschaft nnd Altersklassen im alten China. 5
und zwar vertreten die einen das beharrende, die Gattung erhaltende, die
andei-en das fortstrebende Element, ein Wechselspiel von Kräften, in dem
letzten Endes das Wesen aller Kultnrentwicklung liegt.
So erklärt es sich, wie in organischer Fortentwicklung den beiden
Geschlechtern auch ganz verschiedene Aufgaben bei der Schöpfung der
Kultur zufallen: das AVcib ist infolge seines intensiveren Geschlechtslebens
und der größeren sexuellen Aul'gabe in erster Linie Vertreterin der ge-
schlechtlichen Funktionen, der natürliche Mittelpunkt des Familienlebens
und des Blutszusammenhanges. Daher hat sich der weibliche Geselligkeits-
trieb vornehmlich in der Richtung des Familiensinns entfaltet. Aber die
Bedeutung der natürlichen Blutsverwandtengruppen für das Entstehen höherer
sozialer Verbände ist nicht zu überschätzen. Sie treten zurück hinter den
auf Sympathie beruhenden Vereinigungen der Männergesellschaft. Freilich
wird der gesellige Zusammenschluß der männlichen Individuen auch erst
eine Errungenschaft und ein Ergebnis der natürlichen Entwicklung sein.
Schurtz nennt den Geselligkeitstrieb eine »im Kampf ums Dasein erwor-
bene und erfolgreich geführte Waffe« ^, die bei vielen höheren Tieren, aber
durchaus nicht bei allen vorhanden war. Können wir auch nicht mehr
zurückverfolgen, auf welcher Stufe der menschlichen oder vormenschlichen
Entwicklung der Geselligkeitstrieb auftritt, so ist doch anzunehmen, daß
diesem ein Kampf des einzelnen gegen den einzelnen als seinen Geschlechts-
rivalen während der Brunstzeit voraufging. Die hauptsächlichste Triebkraft
zur Beseitigung dieses Zustandes haben wir wohl in der Isoliertheit und
dem Ohnmachtsgefühl des Menschen gegenüber anderen Geschöpfen der
Natur zu erblicken. Die gleiche Not, die gleichen Lebensbedürfnisse führen
das kraftvolle männliche Geschlecht zusammen, bei der gemeinsamen Jagd
auf die Tiere lernt man einander schätzen und durch Tüchtigkeit Achtung
erringen, bis dann schließlich sympathische Gruppen in der Form von
Blutsverbrüderungen entstehen. In dem Sinne sagtWundt^: »Der Männer-
verband, das Erzeugnis des primitiven sozialen Triebes, ist daher die älteste
Lebensgemeinschaft.«
Äußert sich diese Erscheinimg im einzelnen natürlich in mannigfaltigen
Formen und in sehr verschiedenem Grade der Ausprägung, so haben wir
es doch mit einem Grundfaktor des sozialen Lebens von allgemeiner Be-
deutung zu tun. Ein sprechendes Zeugnis dafür sind die Sitten und Ein-
richtungen, die wir im Zusammenhang hiermit über die ganze Erde ver-
breitet finden, w^o immer die natürlichen Voraussetzungen vorhanden sind.
Da kommen in erster Linie die Pubertätszeremonien in Betracht,
also Feste, die zur Zeit der auftretenden Geschlechtsreife begangen werden ;
sie bilden zugleich den wichtigsten Abschnitt in der Einteilung des Alters-
klassensystems, worauf wir unten zurückkommen werden. Durch diese
Männerweihen, denen nur in seltenen Fällen Mädchenweihen entsprechen,
findet der junge Mann Aufnahme in den Bund der erwachsenen Männer
» Scliiu-tz, a. a. 0. S. 19.
2 Wundt, Ethik Bd. I, S. 208.
6 QuisTOUi': Miiniiergesellscliaft iiml Altersklassen im alten China.
uiul Krirner: /.iir Prüfung seiner \Vcliitaliifi;keit werden in der Regel grau-
same Tnchtigkeitsprohen ' ah^elegt, dann erst gilt der .lüngling als voll-
wertiges Mitglied der Gesellschaft: er darf nunmehr an allen Versanunlungen
nntl ül)erliaui)t gemeinsamen Unternehmimgen der Männer teilnehmen.
Am sichtharsten tritt uns das Leben und Treil)en der Männcrgesell-
schaft in dem Männerhaus entgegen, das Schurtz als ein Gebäude definiert,
• in dem sich die mannbar gewordenen, aber noch nicht verheirateten
Jünglinge aufhalten. Hier kochen sie ihre ^Mahlzeiten, hier arbeiten und
spielen sie, hier ist nachts ihre Schlafstelle« ^. Ein festes Schema will
diese Fonnulierung natürlich nicht geben. Für unsere Aufgabe wird es
sich empfehlen, den Begriff etwas weiter zu fassen und unter dem Männer-
haus allgemein den Mittelpunkt der männlichen Zusammenkünfte zu ge-
meinsamer Betätigimg und Lebensweise zu verstehen. In dieser Eigenschaft
dient es den verschiedensten Zwecken und wird zum Ausgangspunkt
neuer allgemeiner Kulturwerte, wie denn auch Schurtz an zahlreichen
Beispielen die Differenzierung und Fortbildung des Männerhauses erweist.
Wichtig ist vor allem seine Bedeutung als Kultstätte. Es sprechen man-
cherlei Gründe dafür, daß der Kultus überhaupt im Männerhaus seinen Ur-
sprung hat. Wundt^ spricht in seinen neuesten Untersuchungen über diesen
Gegenstand von Totemgruppen als Kidtverbänden, »die sich in die Stammes-
abteilungen oder Clans einfügen, selbst aber in ihrer ursprünglichen Bedeu-
tung durchaus von diesen verschieden sind«. Es liegt nahe, diese Kult-
genossenschaften mit den primitiven Männergesellschaften zu identifizieren.
Frühzeitig entsteht nun innerhalb der Männergesellschaft die Ein-
teilung nach Altersklassen, indem sich aus der ganzen Gruppe wieder
einzelne auf Gnmd gleichen Alters im Kampf ums Dasein zueinandcrgesellen
und zu einer engeren Lebensgemeinschaft zusammenschließen. Am häufig-
sten findet sich das Dreiklassensystem, bei dem man die Gruppe der Kinder,
der mannbaren Jugend und der älteren Männer unterscheidet. Sehr bald
finden aber weitere Differenzierungen statt, die unter Mitwirkung ver-
schiedener Motive schließlich verwickelte Einteilungssysteme zur Folge haben
können *. Schurtz % der den Kämpfen der Geschlechtsrivalen um begehrens-
werte Weiber vielleicht allzu große Bedeutung beilegt, hält die Abgrenzung
nach Altersklassen für künstlich und sieht darin einen Versuch, »die Ge-
fahren des Geschlechtslebens für den gesellschaftlichen Zusanunenschluß
auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken, indem man jedem einzelnen
seinen Anteil an Genuß und Pflichten in den einzelnen Altersstufen der
Reihe nach zuweist«. Sozialhygienische Erwägungen dieser Art können
aber erst auf einer verhältnismäßig späten Stufe auftreten, da sie ein Maß
von Überlegung und Fähigkeit zur Abstraktion voraussetzen, wie wir es
' Schurtz, a. a. O. S. 97 f.
2 Schurtz, a. a. 0. S. 203.
' Wundt, Elemente der Völkerpsychologie S. 142.
* Schurtz, a. a. O. S. 141 ff.
'•' Schurtz, a. a. 0. S. 85.
QuiSTORP : ^Nlännergesellschaft und Altersklassen im alten China. 7
sonst auf dieser primitiven Gesellschaftsstule nicht finden. Man wird viel-
mehr, wie oben schon angedeutet wurde, das Wesen der Altersklassen in
einer natürlichen Abstufung in »Unterverbände« ' zu erblicken haben, die
sich aus den primitiven Lebensbedingungen von selber ergibt. Die Regelung
geschlechtlicher Verhältnisse ist demnach nicht die Ursache, sondern die
Folge des Altersklassensystems.
Sehen wir somit die männliclien Individuen eines Stannucs in festen
Verbänden mit eigenen Interessen und Betätigungen vereinigt, so liegt auf
der Hand, wie leicht sich daraus eine getrennte Lebensweise der beiden
Geschlechter entwickeln kann. In der Tat ist diese Trennung der Ge-
schlechter eine regelmäßige Begleiterscheinung von ausgebildeteren Männer-
bünden, indem beide Geschlechter gleichsam ihre eigene AVirtschaftssphäre
für sich haben. Die JNIänner bevorzugen naturgemäß die animalische Nah-
rungssuche, während sich die Frauen von Vegetabilien nähren und zuerst
den geregelten Anbau von Pflanzen betreiben ^. Nicht selten werden sogar
die Mahlzeiten getrennt eingenonunen^. Daraus erklärt sich unter anderem
auch, warum nur die mannbaren Mädchen Zutritt zu den Älännerhäusern
haben, während Fi-auen und Kinder meistens ferngehalten werden*.
Im Zusanunenhang hiermit ist abschließend noch eine Erscheinung
zu hehandeln, die man als die letzte Stufe dieser Entwicklung ansehen
darf, und die von der Ethnologie initer dem Namen Mutter recht oder
»Mutterfolge« ^ zusammengefaßt wird. Herrscht in der Forschung auch
noch keineswegs Einstimmigkeit über diesen Begriff, so läßt sich doch wohl
heute der Ursprung der 3Iutterfolge mit aller Wahrscheinlichkeit in Be-
ziehung zu den eben geschilderten Verhältnissen setzen und im wesent-
lichen auf die Entstehung einer oMännergesellschaft zurückführen. Während
die Männer ihren eigenen Neigungen wie Jagd, Spiel, Tanz, Gelage nach-
gehen, übernimmt die Mutter naturgemäß allein die Pflege und Erziehung
des Nachwuchses, in ihrer Umgebung verbleibt daher die noch nicht er-
wachsene Jugend, bis sie in die Gesellschaft der Männer aufgenommen wird.
Durch ihre geschlechtliche Aufgabe ist die Frau ohnehin viel früher als der
Mann an eine feste Herdstätte gebunden. Als natürliche Folge bei zu-
nehmender Seßhaftigkeit und Ausbildung von Eigentumsbegriffen ergibt sich
ferner, daß alles, was mit dem häuslichen Herd zusammenhängt, vor allem
der umliegende Besitz an Land zunächst besondere Domäne der Frau wird;
sie hat zuerst den wirtschaftlichen Nutzen daraus gezogen, ihr gehört er
als Eigentum an. Die Entwicklung kann schließlich bis zur Ausbildung
mutterrechtlicher Erbverhältnisse fortschreiten. Aber auch hier ist die Viel-
seitigkeit der Erscheinungsformen groß und in ihren Äußerungen oft nicht
leicht zu erkennen; die mannigfaltigen mutterrechtlichen Erscheinungen in
1 Wundt, Ethik Bd. I, S. 96.
- Vgl. im allgemeinen darüber: Bücher, Entstehmig der Volkswirtschaft, 5. Aufl.
Tübingen 1906, S.35f.
^ Bücher, a. a. 0. S. 32 ; Lippert, Geschichte der Familie S. 50 f.
* Schurtz, a. a. Ü. S. 203.
5 Wundt, Anfänge der Gesellschaft S. 37 f.
,S QuiMiiui': Mäimor^esell>
2V.^:2^^Jiiii^i;:^
^^J^ißi*' ^ßs^''^* auch, daß es sich hier bloß um eine Vernuitung. nicht
1 Legge, Ch. Cl. IV, S. 298. 2 Legge, a. a. 0. III, S. 168.
» Legge, a. a. O. lU, S. 169. * Legge, a. a. 0. IH, S. 65.
^ In diesem Zusammenhang mag auch die Verbindung — J-- -^ »Männei- und
Frauen« (eigentlich »unverheiratete jNIänner und Weiber«) Erwähnung finden (vgl.
Shi-king I, 2, IX, 1—3 ; I, 3, LX, 3 ; I, 7, XIH, 2 ; I, 5, IV, 3 f II. 8, 1 f.). Bemerkenswert
ist die Definition des Chuan-tze-wei: ^^ H^ ^^ yjW R —j-*
" Die Entwicklung des Begriffes — |-- im einzelnen nachzuweisen, kann hier
nicht misere Aufgabe sein, es soll nur allgemein auf den Bedeutungswandel hin-
gewiesen werden, den dieses Wort erfahren hat.
7 De Harlez, I-li S. 19.
^ Für diese Vernmtung spriclit vielleicht auch die Etymologie (^J kuan =
p, kuan). die die Bekappung in die Zeit des ausgebildeten Beamtentums zu ver-
setzen scheint. Hierbei ist aber meines Erachtens nur an die bis ins einzelne fest-
gelegte Zeremonie einer verhältnismäßig hohen Kultur, so wie sie uns in den Ritual-
bücheni entgegentritt, zu denken. Die primitivere Stufe dieser Zeremonie möchte ich
in der Bekleidung mit einer einfachen Fellmütze als Mannesabzeichen erblicken.
Diese Sitte kann in der Tat sehr alt sein, und die Angabe des Li-ki, wonach alle
drei Dynastien die Fellmütze hatten (vgl. S. 11), w'äre hiernach ganz verständlich.
I(> QriMORp: Mruinergesellsi'liaft und Altel•sklas^sen im alten Cliina.
um iirulu- Iradilioii handelt, so solicint mir dennoch ans dem Ngi-li selbst
hervor/uf^ehen, daß die HekapiJUiij; in ihren letzten Wui'zehi auf einen noch
rdteren Brauch zurückgeht. Ks ist näinlicli zu heachten, daß das Aufsetzen
der Ka|»|ie von der Anlcf^un«; einer neuen Tracht he};leitet ist, Ngi-li 1.6a':
>l^7Öt^" 4:i^ • '^"'^'* sonst wird diese Lederkappe viel-
fach erwähnt. Der König trägt sie u. a. bei üffentlichen Gelegenheiten, z. B. bei
(Irr tn-iliclicn Audienz, die er seinen Beamten gibt, Li-ki 6 (13), 2a ^:
^^)JC,J^[>X\J JSÄ 13' ilesgleichen beim Opfer, Li-ki 5 (11), 36 a*: ^
<: öo i ii -tr- ^ ^ ^ $ß ^'■^^- ''"'''' '*^''"-^'"S^'' ^' 16 [Legge, a. a. O.
III, S. 359]: ^ M. -^ :^ ^ ^ *• '^''^ '^^ ^** i"^^"^''^ »iäs natiirliche Klcidungs-
stfick eines primitiven Jägerlebens, während die anderen, aus .Stofl" bereiteten
Kappen eine höhere Kultur voratissetzen und aus diesem Grunde schon
einer jüngeren Zeit angehören werden. Vielleicht steht diese J^ ^ in Zu-
.sammenhang nu"t einer ursprünglichen Wehrhaftmachung, bei der die aus
rellen hergestellte Kleidimg dem jungen Krieger gleichsam als Symbol für
die Aufnahme unter die welirhaften Männer angelegt wurde. Obwohl sich
Tüchtigkeitsproben, die bei dieser Gelegenheit stattgefimden hätten, nicht
mehr nachweisen lassen", so werden wir doch wohl auch diese für die
Urzeit annehmen dürfen. Eine Erinnerung daran ist es wohl, wenn die
Kappe später auch als Standesabzeiclien getragen wird und überhaupt nach
außen hin die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Geselischaftsgruppe doku-
mentiert, z.B. Li-ki6(13), 10a«: ^ ^|^Äo ^"fi ^ * -&' '"'^"^^'^
also der Deklassierte eine besondere Kappe tragen mußte. Wer die Mann-
barkeitsproben nicht bestand, wurde einst nicht mit dem echten Abzeichen
der Männergesellschaft geschmückt; freilich sind hier aus untüchtigen
Kriegern wiederum Beamte gewoi^den. die ihren Dienst treulos versehen.
Die Vorstellung nun, daß mit der Aufnahme des jungen Kriegers in
die Männergesellschaft ein neuer wichtiger Lebensabschnitt begann, wurde
auch noch auf andere Weise zum Ausdruck gebracht, imd zwar durch die
Erteilung des zweiten Namens, t^, Ngi-li 1, 9 a': ^^ ^^ jjl. ~J^ ^ P^
^^:^, Li-ki 10 (43), 36b«: UsMM^Zf&AZM.^- ß^-
zeichnet auch der Namenwechsel in sekundärer Bedeutung den Übergang
in eine neue Altersstufe, so enthält doch vielleicht das RJT noch einen leisen
Anklang an die ursprungliche Vorstellung der erreichten Mannbarkeit. Vgl.
Legge, 8. B. E. 27, S. 438. Zugrunde liegt hier wohl d^r Gedanke der
Wiedergebm-t. Die Idee, daß der alte Mensch stirbt und neu geboren wird,
findet ja bei vielen Naturvölkern eine Parallele® imd erstreckt sich letzten
' Legge, eil. Cl. III, S. 55 sehr wohl die Interpretation in dem
vorher erwähnten Sinne: ^\'eude dich ab von deiner bisherigen Lehensweise
und nimm männliches Wesen an! Als Parallele mag der Brauch einiger
südafrikanischer Stämme herangezogen werden, die Neueingeweihten als
• nicht mehr Mädchen« zu bezeichnen^; ebenso ermahnen nach Fritsch* die
erwachsenen Männer die Neugeweihten, »sich nicht mehr von den Frauen
leiten zu lassen und auch die mütterliche Autorität nicht mehr anzuerkennen«.
Aus dem Ngi-li scheint mir ferner hervorzugehen, daß die Bekappungs-
zeremonie ursprünglich unter Ausschluß des weiblichen Geschlechts statt-
fand und nur im INIännerkreise vollzogen wurdet das natürliche Elrgebnis
einer Geschlechtertrennung auf dieser Gesellschaftsstufe, wofür unten noch
weitere Beispiele angeführt werden sollen. Zu der Stelle Ngi-li I, Sb" sagt
der Kommentar nämlich: g:3CM^ ÜJ li H ifc J# #ffi M H
:^ft[. Desgleichen heißt es Ngi-li 1, Ob ^: XÄM^ij^nÄ#- ^•''^"
bemerkt der Kommentar: A 3¥ PI "fe )$] ^^f^fi[ *"• ^'^ l^ekap-
pungszeremonie findet demnach im JfeH statl, das außerhalb der eigentlichen
Wohnräiuue liegt. Die Mutter hält sich bei dieser Gelegenheit nicht im
.\lmentempel aul", sondern wartet außerhalb, bis der ^^^* kommt und
sich ihr v(ustellt. Ebenso begibt sich der junge Mann erst aus dem JSH in
das Wohngebäude jj^ ", um sich den älteren weiblichen Bewohnern des
Hauses zu zeigen. Soviel ist gewiß, daß die Zeremonie unter Ausschluß
der Weiblichkeit stattfand, was auf einen sehr alten Brauch zm-ückweisen
* Über die getrennte Lebensweise der Geschlechter vgl. S. 48 f.
2 De Harlez, I-li S. 16.
•■' Briiiker, Globus Bd. 62, S. 42.
* Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas S. 110.
■' Vgl. S. .S2f., Über die Trennung der Gesciilechter.
•■• De Harlez, I-li S. 12.
' De Harlez. a. a. 0. S. LS.
8 Vgl. S. 15.
^ Der Ausdnick »j^ bezeichnet aucli das liiiitere Gemach des Ahnentenipels.
Welcher Platz hier genau gemeint ist, läßt sich wolil schwerlicli feststellen, jedenfalls
ist es ein von der eigentlichen Ahnenhalle getrennter Raum.
(i)riSTORP: Männergesellschaft und Altersklassen im altoii Cliinn. lo
muß; denn es läßt sich nicht einsehen, warum die Frauen nicht gegenwärtig
sind im JföR zu einer Zeit, wo doch die Feierlichkeit schon einen sehr
familiären Charakter trägt und alle Angehörigen in gleichem Maße berührt '.
Auf einen ursprünglich intimen Charakter dieser Zeremonie innerhalb der
Männervereinigung läßt auch die Anmerkung des Kommentars zu Ngi-li I,
■2b -^ i A 4|^ ^ schließen, die dies erklärt: ^ ^ ^ ^ |# ^, Kame-
raden und Freunde des ^p A sind also die Teilnehmer der Zeremonie.
Die obenerwähnte^ Anrede an den jungen Mann bei der Bekappung
läuft im Grunde auf moralische Vorschriften liinaus. wenn es z. B. Ngi-li I,
12b* heißt: ^^ )|[J ^ ^f^;. «tler wenn Li-ki 10 (43), 37b •' von dem Neu-
bekappten die P^rfiUlung der Zeremonien und PietätspÜicliten gegen die
Kitern usw. erwartet wird: ^ A ^ ^# M ^ AÄ.^ -&• -^''^•-
auch hier handelt es sich wohl um Umformungen einer ursprünglichen Idee.
Für die Urzeit bedeuten diese Ermahnungen zu einem sittlichen Lebens-
wandel die sehr wichtige Tatsache, daß der Jüngling in die nur auf münd-
licher Tradition beruhende Überlieferung des Stammes eingeführt wird, der
Ausgangspunkt aller höheren P'ormeu der geschichtlichenUberlieferung über-
haupt. Der junge Mann gehiu'te nunmehr einer Gruppe innerhalb des
Stammes an. die aus den den engen Familienkreis übersclu'eitenden Be-
ziehungen und Betätigungen neue Anregungen schöpfte und in ihrer Mitte
neue Kulturwerte, wie Kultusformen. Tanz, Musik, Drama, entwickelte, um
so einen wichtigen Faktor im Kulturfortschritt der Urzeit zu bilden. Diesen
Brauch, der uns allgemein von den Männerweihen berichtet wird, finden
wir Ngi-li I, 12 a'"' angedeutet, wo der Vater des Novizen einen Freund
bittet, seinen Sohn zu belehren, wenn dies auch wohl schon zu einer leeren
Höflichkeitsformel erstarrt ist: liM^--^' ^ ^^ ^ -ffj, . Insofern hat das
Li-ki recht mit seiner Bemerkung, daß die Bekapptmg der Ausgangspunkt
für die Erlernung aller anderen Zeremonien sei und ihr ans dem Grunde
im höchsten Altertum so großer Wert beigelegt wurde, a.a.O. 12, bOa":
2Zl~|^flfn^J 'Än^^jjja/'- Die Wichtigkeit dieser Zeremonie wird dann
auch als Grund dafür angegeben, sie in der Ahnenhalle zu vollzieiien, Li-ki
10 (43), 37 b'«: 2 ^ l^f^ ß ;^ J^ J|| Überall in einer primitiven Kultur
hat ja die längere Ausübung eines Brauches seine religiöse Sanktionierung
zur Folge, was für China besonders gilt, da es hier nie zur Scheidung
^ Über die Anwesenheit der Frauen im IäR \gl. S. 51.
2 De Harlez, I-li S. 46.
3 Vgl. S. 14.
* De Harlez, I-li S. 16.
•^ Legge, S. B. E. 28, S. 427.
6 De Harlez, I-li S. 16.
" De Harlez übersetzt ^^ -V- gegen Konstruktion {^^-^ ^ 0 und Sprach-
gebrauch durch »meinen Sohn«; es bedeutet »mein Herr«, »Sie-,
s Legge, S. B. E. 27, S. 478.
" Vgl. Legge, a. a. O. 28, S. 427.
^" Legge, ebendort.
ir» QiisTORr: Maniiorgesellscliaft iiikI Altersklassen im alten Cliina.
y.wi.si'licii profaner iiiid religiöser Zi-ifinonir gekoiimit'ii ist. Wir werden
aber weiter tiiiten sehen, daß die Alilialtiing der Bekappiiiigszerenioiiie im
^1 einen sehr natürlichen Grund und ursprünirlicli wohl nicJits mit der
Khrfiircht vor den Ahnen zu tun hatte.
Damit ist aher die Bedeutung der Bekappungszerenionie noch nicht
erschriplt. A\'ie in der Regel mit den Mäiuierweihen ein freier Geschlechts-
verkehr der maimharen Jugend beginnt, so haben wir auch in (liina sichere
Anzeichen dafür, daß die Bekappung zugleich eine Pubertätszeremonie war,
an di«' sich eine Zeit der freien Liebe schloß, wenn uns auch darauf hin-
weisende Bräuche, wie die Beschneidung usw., nicht mehr überliefert sind.
Beachtenswert ersclieint mir, daß im Zusammenhang mit der Bekappung
mehrfach die lleiratszeremonien Krwähnung finden und den letzteren zeit-
liche Priorität zugeschrieben wird, Ngi-li 1, 15 b (Ki)': ^ "^ ^ ^J jjjSI JflJ
ii^^ IUI- ^^^^■- «■^°" ^^ <^'''«>-" 1 -' « '^ ' i^^ißt : jä % ^ <: jüi S,
fiy" M -^ ^. Sollte nicht in dieser Nebeneinanderstellung der beiden Riten
ein indirekter Beweis für eine Beziehung zwischen Bekappung luid Heirat
oder, von einem primitiveren Standpunkt a>is betrachtet, zwischen Mäuner-
weihe luid geschlechtlicher Betätigung zu sehen sein ? Wir haben aber
andere Stellen, wo die Bekappung in unmittelbare Ver])induiig mit der
Heirat gebracht wird, namentlich im KommeJitar zum Hia-Siao-eheng (Ta-
Tai-Liki28b):(zl,^)@^:^±^^^3t^;Snt--tll-^^SJ-d«=^"
das Zitat aus dem Peh-hu-t'ung im Tze-tien (s.v. ^S): Ä -?* ^Jd] ^^ JjA^ ^J-
Ferner kommt hier vor allem Tso-chuan V, 438/441 in Betracht: 7^ fff]
4t "?* ifia ili ■ ^"'" Vergleich darf wohl eine Stelle aus dem Kia-yü her-
angezogen werden, die sich bei Biot, Chou-li I, S. 307 findet: »L'homme
prend le bonnet viril a vingt ans; 11 a les conditions necessaires pour de-
venir pere.« Auch hier wird die Bekappung als Eintritt ins zeugungsfähige
Alter bezeichnet. Kinen weiteren Beleg für unsere Vermutung finden wir
bei der Verlobungszeremonie (Ngi-li II, -Sijjjp). War das junge Mädchen
einem Manne verlobt worden, so wurde ihr als Symbol der Mannbarkeit
die Nadel und gleichzeitig der neue Name !^ verliehen, Ki zum Ngi-li II,
13a*: :Ä ^ i^ ^ ^ Tfn 11 :^ ^ ^ . Hier liegt al)er vermutlich schon
eine Mischung von urzeitlichen und jüngeren iNIotiven vor. Der Kommentar
gibt den älteren Tatbestand wieder, wenn er sagt, daß die Nadelvei-leihung
der Bekappung des jungen Mannes entspreche : ^ -^ ^ jj]® >j|§ ^ ;^ -{^ ^
und in der Kortsetzinig der obenerwähnten Stelle aus dem Kia-vü heißt
' De Harlez, l-Ü S. 19.
» Biot, Chou-li I, S. 427.
^ Wir haben es hier mit einer jener häufig vorkonunenden Verschränkungen
zu tun, was bei der Übersetzung von Biot nicht ganz klar hervortritt. ^ hezieht
sich eigentlich nur auf ßi und KJJ' auf ^J.
* De Harlez, I-li S. 39.
QuisroKP: l\IiimiprIIscliaft iiiiH Altci'sklassen im altoii China. ](
es^: "La (ille a (|uin/,(' ans prend raiguille d(! tote; eile a les conditions
nccessaires pour etre donnce a uii homnie. Alors ils se inarient de leur
propre volonte.« Ergibt sich somit die enge Beziehung zwischen Bekappung
und Heirat, so kommt darin eben nur die überall bei den Primitiven wieder-
kehrende Tatsache zum Ausdruck, daß die »Heirat« — wenn man diesen
Ausdruck überhaupt auf urzeitliche Verhältnisse anwenden darf — in eine
frühere Zeit fällt und der beginnenden Geschlechtsreife folgt. Wahrschein-
lich werden wir aber bei dieser urzeitlichen Heirat zunächst an eine Zeit
der freien Liebe zu denken haben, die mit der Schwängerung des Mädchens
endete und zu einer dauernden Verbindung wurde ; das ist wohl der ethno-
logische Hintergrund dafür, daß die Nadelverleihung drei Monate vor der
Heirat stattfand. Diese Vermutung wird auch nahegelegt durch die Sitte,
das Mädchen während dieser drei Monate im Ahnentempel in allen weib-
lichen Beschäftigungen zu unterrichten, Ngi-li H, 13a '■' (Ki): jf[@^ l^^lc^Z
WC^^'S~h' ""<' ■ä»"'"''' Li-Id 10 (44), 41b«: ^l>i-^^^^
A±m~nomm^^o^'f'S ^mmm
^^ — ■ ^"^^^W^^d ^' ^^» ^^^ ^^^' ^^'^^^ ^^^ Unterweisung auch später
gewesen sein, für die Urzeit trifft es wohl schwerlich zu, vielmehr werden
wir diese Sitte vielleicht als den Rest eines freien Verkehrs mit den jungen
Männern deuten können, wie wir denn weiterhin sehen werden, daß die
Ahnenhalle ursprünglich auch anderen als kultischen Zwecken diente und
in engem Zusammenhang mit dem noch eingehender zu behandelnden
Männerhause steht. Der bis in die höchsten Kulturen hineinreichende Brauch
einer Pro])ezeit vor der eigentlichen Heirat '-' hat in China später eine Wand-
lung in der Form erfahren, daß der Bräutigam die Pferde, mit denen er
seine Braut eingeholt hatte, noch drei Monate nach der Hochzeit zurück-
behielt, um die Frau für den Fall, daß er nicht »zufrieden« mit ihr war,
d. h. wohl, wenn sich keine Spuren von Schwangerschaft zeigten, den Kitern
zurückzusenden. Diese Sitte finden wir mehrfach im rii'un-ts'iu bestätigt,
a.a. O.Vni, IX, 5«: J ^ -^^7 5cin5R^:A- Desgleichen Ch'un-
tsmH,in,9': ^^j^^Ä^^^^. Vgl. auch Legge, a.a.O. V,
S. 298, wo direkt vom Zurückbehalten der Pferde gesprochen wird. Auch
hier wieder läßt sich Schritt für Schritt der Wandel der Motive verfolgen
bis hinauf zu der modernen Form, nach welcher der Chinese aus religiösen
Gründen eine zweite Fiau nimmt, wenn er von der ersten keine Nach-
1 Biot, a. a. O. I, S. 307.
2 De Harlez, I-li S. 39.
3 Legge, S. B. E. 28, S. 432.
* Vgl. dazu Shi-king I, 2, IV, 3 und Shi-king I, 2, II, 2 und 3 (Anmerkungen
Legges).
» Vgl. Ploß-Bartels, Das Weib Bd. I, S. 491 ; F. C. Fischer. Die Pi-obenächte
der deutschen Bauernmädchen.
6 Legge, Ch. Cl.V, S. 369/371.
' Legge, a. a. O.V, S. 41—43.
Mitt. d. Orient. Sem. f. Sprachen. 1915. I. Abt. 2
18 Qüistorp: Mruinergo^ollscliaf't iiinl Altcisklasscii im ali!'
3. a.a.O. 18, 14a: ^ « »UH ^P j5£ ^ S'
4. a. a. O. 18, 18b: ^^\^ }*'/- [fj •
Kbcii.so wird Li-ki 3(5), 12 b' von (U'ii periodisclieii Jagdveranstaltungen be-
::^ ^ ^L^^ '^ iS' I'iteressant ist hier die Reihenfolge der Zwecke,
denen diese Unternehnumgen nach dem Text dienten. Die Verwendung
des Fleisches zu Ojjl'erzwecken wird ehedem wohl schwerlich der Hauj)t-
grund der Jagd gewesen sein. Die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses
ist bescheidenerweise an die letzte Stelle gerückt, obwohl es ausschlaggebend
war zu einer Zeit, wo noch kein Ahnenkultus existierte; ein Beispiel, wie
im Laufe der kulturgeschichtlichen Entwicklung ursprünglich nebensächliche
Zwecke sehr bald als Hauptmotive empfunden werden.
Wie einst die Jagd auch geradezu als ein Vorspiel zum Kampf gegen
fremde Stämme aufgefaßt wurde, geht hervor aus Chou-li 8, 39 b *, wonach
bei den großen Jagden die Trommeln geschlagen wm-den, um die Ankunft
des Feindes zu versinnbildlichen: ffl^^//F»^P^i dazu sagt der Kom-
...entar: mm^MZ^ 'ji^ W^M ü"®-
B, Das Männerhaus.
Im Anschluß au die Jagd könnte wohl naturgemäß eine Besprechung
des Bogenschießens folgen. Aber diese und alle übrigen gemeinsamen Be-
tätigimgen der Männer, die noch betrachtet werden sollen, sind eng an eine
bestimmte örtlichkeit, das Männerhaus, als den Mittelpunkt aller Zusammen-
künfte gebunden. Wir müssen daher nun diesem sichtbarsten Ausdruck
der Männergesellschaft unsei-e Aufmerksamkeit zuwenden, um eine einheit-
liche Behandlung des Stoffes zu ermöglichen.
Es liegt in der Natur der Sache, daß sich das ^^^nnerhaus in China
imr noch in abgewandelten Formen erhalten hat. Vergeblich würden wir
nach einer örtlichkeit suchen, die der Definition von H. Schurtz ^ entspräche.
Hier vor allem macht sich die kulturelle Fortentwicklung imd Differenzierung
eines Urzustandes bemerkbar. So trägt das Männerhaus nicht mehr den
Charakter des Zusammenkunftsortes einer auf Gleichheit der Lebensweise
und des Standes beruhenden Gruppe von Männern, sondern entsprechend
einer höheren wirtschaftlichen Stufe und Herausbildung von Machtverhält-
nissen ist es in den Besitz des Königs, d. h. des Stammeshäuptlings, über-
gegangen und vielfach anderen Zwecken angepaßt. Bei der Vergleichung
* Legge, a. a. O. 27, S. 220.
2 Biot, Chou-li I, S. 268.
3 Vgl. S. 6.
Quistorp: Mäimcrgesellscliaft und Altersklassen im alten China. 21
der einzelnen Momente blickt aber überall eine Uribrni durch, die für eine
unbefangene Betrachtung das Bild eines typischen Männerhauses gewährt.
Freilich ist bei der Zei-streutheit des Quelleiunatcrials und der Aneinander-
reihung bestimmter Tatsachen, die für sich zu behandeln sind, eine klare
Übersicht über die Erscheinungsformen sehr erschwert. Es taucht dabei
eine Fülle von Einzelproblenien auf, die dem Charakter dieser Arbeit ent-
sprechend oftmals nur angedeutet werden können, um eingehenden Spezial-
untersuchungen vorbehalten zu Ijleiben.
Bevor wir nun in eine Besprechung der mannigfaltigen Zwecke, denen
das Männerhaus diente, eintreten, wollen wir einen kurzen Überblick über
die verschiedenen Bezeichnungen der Quellen für diese örtlichkeit geben ^
Die älteste Form des Männerhauses tritt uns wohl in dem Pi-yung
J^Y: J^ entgegen, das sich in seinen Fortsetzungen bis heute erhalten hat.
A. Conrady^ sagt von dem Pi-yung in Peking: »Inmitten eines weiten Vier-
ecks nun lange verödeter Studentenzellen, vor denen in Stein gehauen die
Werke der Klassiker Wache halten, erhebt sich auf marmorner Plattform,
umzirkt von dem dunklen, grün übersponnenen Wasser eines breiten Grabens,
der feierliche Ernst einer hölzernen Halle: das Pi-yung-kung, wo einst der
Kaiser selbst die Klassiker auszulegen und die Schüler zu bestrafen pflegte.
Seltsam! Der Sitz der Musen, der Tempel der Wissenschaft wie eine Festung
bewehrt, eine Zitadelle und Wasserburg? Und in der Tat hat es in grauen
Tagen — denn die Schauer der Vorzeit umschweben den Bau, obwohl er
nicht zwei Jahrhunderte zählt: ist er doch der jüngste Sproß einer Ahnen-
reihe, die schon seit nahezu drei Jahrtausenden in der Literatur genannt
wird — in der Tat hat es dazumal auch weit anderen Zwecken noch, ja
vorzugsweise kriegerischen, gedient.« Erwähnt finden wir dieses Pi-yung
zuerst Shi-king IUI, VHP:
Str. 1. g^Ä^Mo ^''' 3- ^fftUÄ
Mmmm
Es wird uns hier als ein von Wen-wang für gesellige Zusammen-
künfte errichtetes Gebäude geschildert. Legge* scheint anzunehmen, das
J^ M^ der Strophe 3 sei eine von dem "^^^ (Str. 1) verschiedene Stätte;
zu dieser Annahme liegt aber gar kein Grund vor. Aus dem Zusammen-
hang geht vielmehr hervor, daß beide Ausdrücke nur verschiedene Eigen-
schaften desselben Gebäudes bezeichnen: jg» ^ bringt seine Lage auf einer
* Aus praktischen Gründen sei es gestattet, für diesen Mittelpunkt der ge-
selligen Männerzusammenkünfte von jetzt an die Benennung »Männerhaus« einzu-
führen, wenn das Vorhandensein dieser Einriclituiig in China auch erst im Laufe der
Darstellung erwiesen werden kann.
2 A. Conrady, China S. 488.
3 Legge, Ch. Cl. IV, S. 456 f.
* Legge, a. a. 0. Anm. zu Str. .3.
° Über die Bedeutung des Zeichens Sfin vgl. S. 2.3 f.
22 l^risTORi-: Mäiiiiergesellscliaft und Altfi>klas>eii im alten China.
Knlterrasse zum Ausdruck, während J^|| (zusainuKiigesetzt aus den Zeichen
für •Ti'ich- und -Dacli«) das an bzw. in einem Teich klaSMMi im aliiMi Cliiiia.
Kiiie di'utliche Eriiiiicniiiu; an die kiiltisclic Betäti-fuiij; im Männcr-
liause sind mm weiter die Opfer in den Scluileii, die sicli wolil nur im
ZusainnuMihnn«; mit den einsti}j;en primitiven Foiinen dieser örtliclikeit er-
klären lassen. Hezeiehnenderweisc wird die Erlernung der Zeremonien
durch ein Opfer eingeleitet. Es ist ja ein überall wiederkeln-cuder Zug
auf primitiven Kulturstufen, daß die zur Zeremonie erstarrten Ausdrucks-
formen vergangener Zustände und Sitten im Laufe der Entwicklung geradezu
ein Hfstandti'il des religiösen Empfindens werden, bis mau ihren Ursprung
schließlich auf eine kultisch verehrte höhere Macht zin-üekführt. Eine ein-
gehende religionsgeschichtliche Untersuchung wird noch aufzuzeigen ha])en,
in welchem Grade die Männergesellschaft an der P^ntstehung derartigei-
\'()rstellungsreihen beteiligt ist.
Das Opfer beim Eintritt der Scliüler ins »College« wii-d Cliou-li () (14).
44 a ' erwähnt: ^^ A 'S^ # ^^ ^ ^ • Desgleichen Li-ki 3 (6), 53a und 1, ^ :
hnr -frh'^TF^^^^^- Daß in dem M^ selbst, nicht etwa au
einer in der Nähe liegenden besonderen Stätte geopfert wurde, geht klar
hervor aus Li-ki 4 (8), 28aS wo es heißt: /L^Q^1^?f §^Ä
^grß, ähnlich Li-ki 6 (18), 92a^:^^^^^]J^^^.Beachtens-
wert ist die Erwähnung der Lederkappe % ihr Gelnaueh bei den Opfern
in den Schulen weist auf das undifferenzierte Nebeneinander von Zwecken,
denen dieser Ort in der Urzeit diente.
In dem ^^ werden nun weiterhin auch die Ahnen anwesend gedacht,
wie besonders aus Li-ki .j (10), 16a'^ hervorgeht: -^^ ^^ tJ^ ^ ^ ^ _tl
»^ >|^\ -^ ;^ ^ ^ ^p 's* ' . Diese Stelle ist auch noch in anderer Be-
ziehimg interessant. Aus dem Kommentar erfahren wir nämlich, daß dieses
Opfer in dem »^ dem Hou-tsih, also dem Ahnherrn der ("hou-Dynastie und
Schutzherrn des Ackerbaues galt: § ^ePjjfüJiJl g g^ iE,^ ^^J^^I'S*
"o"^^* ^'^' \^'\tA gleichsam der Kam[)f zweier verschiedener Kulte
veranschaulicht. Bezeichnenderweise geht das Opfer an Ilou-tsih dem
Shang-ti-0[)fer voran; das halte ich für die treue Widerspiegelung einer
bestinnnten religionsgeschichtlichen Entwicklung. A priori werden wir Ja
schon die Entstehung des monotheistischen Shang-ti-Kulte« in eine verhältnis-
mäßig späte Zeit zu verweisen haben. Ilou-tsili dagegen ist wahrscheinlich
eine alte Totemgottheit; denn die Bezeichnung »P'ürst Hirse« bedeutet wohl
schwerlich ursprünglich einen Amtsnamen ^ wie man auf Grund der euhe-
» Blot, Chou-ii II. S. 46.
» Legge, S. B. E. 27, S. 201.
' Legge, a. a. 0. 27, S. 347.
♦ Legge, a. a. 0. 28, S. 84.
" Vgl. S. 12.
« Legge, S. B. E. 27, S. 407.
V per Knmiiieiitar erklärt ^.p/^ '^""■'■'' Wi^J ,# # ^ ^ 'S*' ^- ^- <^- ^^'^J' ^' 4 ^= ^
Im Zusanunenhang hiermit soll ein Shi-king-Lied angefüln-t werden,
das sich nach der landläufigen Auffassung auf den Ahnenkultus bezieht, 8hi-
kin« i,i II«: T«:?cfeoTv'"T-vJtoTWffl<:o4Vf>i;>'s'-
Die Ahnenhalle wird hier wiederum *^ genannt. Weiter ist zu beachten
die Erwähnung des Teiches vS, an dem die Kräuter für den Opferdienst
gepllückt werden. Vergleicht man damit den di-eimal wiederkehrenden Re-
frain in dem oben augeführten Shi-king-Lied IV, 2, III": y§> ^ '/^ ^JC
^M-^^^ä.^-, so wird es wahrscheinlich, daß es sich in beiden Fällen
um dieselbe örtlichkeit handelt, in der die Kräuter geopfert werden, näm-
lich um das an einem Teich gelegene Männerhaus **. Beide Lieder geben
uns ein anschauliches Bild, wenn man von den historischen Anspielungen
und dem moralischen Beigeschmack, den die chinesischen Kommentatoren
hineininterpretieren, absieht und sie als Arbeitslieder aiiffaßt, die beim ge-
meinsamen Pllücken der Kräuter gesungen wurden^.
Auf den Zusammenhang zwischen dem .^ISH, dem eigentlichen
Aimentempel. und dem Pi-yung könnte vielleicht auch die allerdings etwas
unklare Stelle Li-ki 5 (11), 35a und b '° hinweisen: K ^ Q 3E JLL
"f yS SjB^^^' ^^^ Kommentar erklärt yp durch yp §* und
fährt fort: ^ 's* j^ ^f^C V^ • Es besteht wohl kaum ein Zweifel, daß
hier das Pi-yung-kiuig gemeint ist. Alle wichtigeren Angelegenheiten
werden den Ahnen in der Ahnenhalle mitgeteilt, hier holt man sich Rat,
mn, des Beistandes und Erfolges sicher zu sein, eine Ei'innerung an die
Zeit, wo eben das Männerhaus Ausgangspunkt aller gemeinsamen Unterneh-
mungen war.
' Legge, a. a. 0. IV, S. 529.
2 Legge, a. a. 0. V, S. 17.
3 Legge, a. a. O. V, S. 349.
* Legge, a. a. O. V, S. 358.
* Legge, a. a. O. V, S. 656.
« Legge, a. a. 0. IV, S. 22.
' Legge, a. a. O. IV, S. 616.
" Vgl. auch Shi-king II, 7, VIII, 1, 2 (Legge, Ch. Cl. IV, S. 401) und die Üden.
die heim Bogenschießen gesungen werden (S. 31).
*■' .Vgl. die chinesischen Lieder dieser Art, welche nach Mitteilung Conradys
Bücher: Arbeit und Khytlimus, 4. Aufl. 1909, S. 121 f. anführt.
'" Legge, S. B. E. 27, S. 42S. Vgl. auch Legges Anmerkung zu dieser Stelle.
QiisTDia': Mäiuiergesellschaft iiiul Altcr.sklasben im altou China. 27
Zu erwähnen ist hier noch das 0H ^^, ein Gebäude, das im Li-ki
mehrfach als Bezeichnung für den Ahnentempel der Chou vorkommt, Li-
ki6(14),3aa': ^^ ^ ^MM ^f^M '^ Zit' I" erster Linie
diente es offenbar religiösen Zwecken, a. a. O. 6 (14), 37b^: ">/c f$H 3'C
^ ^ ^. Der Kommentar sagt da/.u : :g ÖE t|^ ^o^ 7^ Hl ^0 ?3
*^J^^|J. Auch im Chou-li wird das Bfl ^s* '^'s ein s])ezifisches Ge-
bäude der Chou erwähnt, a. a. O. 30, 6a^: j^ A RH^- »Seiner ganzen
Anlage nach repräsentiert es wahrscheinlich eine sehr primitive Form des
alten Männerhauses, wie vor allem aus Shi-ki 28, 34 b* hervorgeht, wo
uns das 00 *^ des Huang-ti als eine ringsum offene Halle mit Sti'ohdach
und von einen) Wassergraben umgeben geschildert \vird ".
Der Darsteller der Ahnen beim Opfer, J^ , ist ebenfalls im '^ an-
wesend, Li-ki 5 (11), 47b®: ^i~'J^^? wie denn im Zusammenhang
hiermit vielleicht auch Tso-chuan V, "231 bis 233 erwähnt werden darf: S
^'J"^-!! ^^ ^^P^^ ^^ 'SL' tlierin dürfen wir wohl ein Zeugnis dafiir
sehen, daß im Ming-t'ang als der Stätte des Totenkultes einst überhaupt
die Krieger verehrt wurden.
Interessant für die spätere Differenzierung des Männerhauses ist Li-ki 3
(5),i5b-^^;^j||^HflSHSolß^jm:ilirfn-b-D'''«Si'
ursprünglich wohl ein Teil des Männerhauses, wird schließlich ein eigener
Ahnentempel, der entsprecliend dem Rang noch wieder in mehrere Unter-
räume zerfällt. Die obenerwähnte Tatsache konunt damit zum Ausdruck,
daß eben die Erinnerung auf einer primitiven Stufe am längsten an der
Person des Stammesoberhauptes und seiner Ahnen haftete und somit das
von ihm okkupierte Männerhaus in besonderem Maße eine Stätte des
Ahnenkultus wurde. Die späteren Tempel sind von dieser primitiven Kul-
tusstätte zu trennen, sie haben infolge der alles beherrschenden Ahnenver-
ehrung überhaupt nicht die kultische Bedeutung in China erlangt wie in
anderen Kulturen, und selbst der König ist doch schließlich als der «Him-
melssohn« nur der höchste verehrte Ahne im Reich, die letzte Stufe eines
organischen Entwicklungsprozesses. Im allgemeinen scheint die Vermutung
zuzutreffen, daß der selbständige Tempel erst auf ausländischen, namentlich
buddhistischen Einfluß zurückgeht.
1 Legge, S. B. E. 28, S. 30.
2 Legge, a. a. 0. 28, S. 34.
3 Biot, Chou-li II, S. .=)61.
^ Chavannes, Mrmoires historiques III, S. öll.
" Nach Shi-ki 28, 85 a (Chavannes, a. a. 0. III, S. 512) wird in diesem Ge-
bäude geopfert: J^^ _\\i^ ^ *^ ' ^"" einem Almeiitempel mit Strohdach hören
wir auch Tso-chuan V, 87 bis 40: ^\^^j^J^^j^-
6 Legge, S. B. E. 27, S. 444.
^ Legge, S. B. E. 27, S. 223.
28 QriMOKi': .MäiiiuMnosollsehaft imd Altersklassen im alten Cliiiia.
Nach allciit'iu scheint mir die Venmitiinj; gerechtfertigt, daß der
Ahnenkultus, der wesentlichste Bestandteil religiösen Kinpfindens in China,
seinen Ursj>rung im Männerhaus hat, um sich schließlich am Endpunkt der
Kntwicklung his in jede Einzellamilie zu erstrecken, ganz analog dem Ver-
lauf des Totemisnuis, der ebenfalls zuerst inuner ein Stammeskidt ist, tun
dann in eine Vielheit von individuellen Totems auszumünden. Diese An-
nahme für die Kntwickhmg des chinesischen Ahnenkultus im einzelnen
näher zu hegründen, liegt außerhalb der Aufgabe dieser Arbeit.
2. Ausgangspunkt kriegerischer Unternelimungen.
Verfolgen wir nun weiter, welchen anderen Zwecken das Männer-
haus diente, so konunt es zunächst als Ausgangs])unkt der kriegerischen
Unternehmungen in Betracht. Nach Li-ki 3 (5), 12 a' holt sich der König
seinen Auftrag zu dem Feldzug von den Ahnen im Tempel und den Plan
dazu im »College«, also im Männerhaus: ^-^ij^ ^jj :^]£
*San1^ii'^ ^ J&H^S^' Ebenso berichtet er nach der Rückkehr den
Ahnen von den Krlulgen seines Zuges. Daher ist das Männerhatis auch
der Ort, wohin von allen Gegenden die fremden Stämme zur Unterwerfung
kommen, Shi-king 111, 1, X, 6^ heißt es: i^^^^j^^ Ö ® Ö Ko
g fg g ^[^o ^ >S ^1^' ^^^^^^ '^* ^'" ^'f^''"gleichen Shi-king IV, 2,
III, .5^: ,^ ~f^ >^ 'S* ' ^"g^^ich wohl wieder ein Be-
leg dafür, wie sich der Ahnentempel aus dem Männerhaus abgezweigt hat'.
Desgleichen werden auch die kostbarsten Beutestücke dort untergebracht,
Tso-chuan V, 428: }^^ M^ H M^ ^ M 9"^ - ^''«'-l' ^5, 8a^
heißt es: ^ ^ l|j(; |t(J ^j^ Ä 'l'g; ^ , nach der Rückkehr aus dem Siege
bringen die Krieger ein Oj)ler im Ahnentempel dar, dabei werden die
Trommeln gerührt und Triumphlieder gespielt — ein anschaulicheres Bild
von urzeitlichen Verhältnissen kann es kaum geben.
Nach alledem haben wir den Eindruck, daß in der Tat dem Männer-
haus eine große Bedeutung für den Verkehr nach außen zukommt, nament-
lich wenn man den staatenbildenden Charakter der primitiven Männer-
' Legge, Ch. Gl. IV, S. 455.
2 Legge, a. a. 0. X, S. 206/212. Für das hohe Alter dieser Sitte spricht wohl
auch die Zusammensetzung des Zeichens ^^, "(gef;ingen)nehnien", aus Hand und Ohr.
^ Legge, a. a. 0. IH, S. 605.
* Es könnte mit dem Namen allerdings auch gemeint sein, daß die Ver-
schnittenen in dem S , d. h. im Harem, verwendet wurden.
^ Vgl. Stell, Das Geschlechtsleben in der Völkerpsychologie S. 503 f.
« Legge, Ch. Cl. V, S. 168.
" Diese Eigenschaft des Tempels als Ausgangspunkt politischer Unternehmun-
gen spielt ja bis in die neueste Zeit eine nicht unerhebliche Rolle in China, wie denn
nicht selten buddhistische Tempel geradezu Herdstätten für politische Umtriebe waren.
8 Biot, Chou-li II, S. 62.
3() (,)i iviiiiii-: Mäiiiifrp'scllxliart mui Altfc ^ A< ^ ' • ' ^^^' ^'^ärakter dieser Lieder ist w^ohl nicht frei von
Anspielungen. Die schon erwähnten Frauensanimellieder, enthalten sicher-
lich eine unmittelbare Beziehung zu der Örtlichkeit, um die es sich hier
handelt, nämlich dem Männerhaus. Auffällig ist auch die Verwendung einer
Reihe von Hochzeitsliedern bei dieser Gelegenheit^; es mag die Frage auf-
geworfen werden, ob sie nicht in Zusanunenhang mit dem einstigen Liebes-
verkehr an dieser Stätte zu bringen sind.
> Legge, S. B. E. 28, S. 124.
2 Legge, a. a. 0. 28, S. 448.
^ Legge, a. a. 0. ebendort.
♦ Vgl. Legge, a. a. 0. 27, S. 345.
'- De Ilailez, Mi S. 85.
« Bei Legge, Cli. Gl. IV, S. 1—9. 20—25.
' Shi-king I, 1, L IL III; a. a. O. L 2, I. U, IV.
QrisTORP: Männergesellsclinf't und Altersklassen im alten riiina. !>1
Einen sehr urzeitlichen Eindruck macht ferner die Stelle Li-ki lU (46),
54a', wonach dieselben Lieder zur »Regulierung« des Bogenschießens ge-
spielt werden: ^^[>l^f^Sj Ifio H f^ K H "t ^^ f H " des-
gleichen heißt es Chou-li 14, 33 b ^r ^ |t| ^ 14" 4^ ^ S Ä ' "°^^
der Kommentar sagt dazu : ^ M^ \^ ,^ J^ ^ ^0 . Diese Vorschriften
geben uns einen Fingerzeig für die Entstehvmg mancher solcher Lieder, sie
hatten ursprünglich den Zweck, den Takt zu regulieren, d. h. das Bogen-
schießen wurde in festem, gemeinsamem Rhythmus axisgeführt, ein weiteres
Beispiel also für die von K. Bücher^ eingehender begründete Tatsache, daß
sich alle gemeinsame Arbeit oder überhau])t Tätigkeit bei den Primitiven
rhythmisch vollzieht, um das Ermüdende der physischen und psychischen
Konzentration zu überwinden. In der Tat gehören die meisten der ge-
nannten Oden in die Kategorie der Arbeitslieder. Sie enthalten meines Er-
achtens keine Anspielungen auf bestimmte Ereignisse oder Personen, sondern
tragen allgemein menschlichen Charakter und geben in vielen Zügen treffend
das Bild einer primitiven Arbeitsgruppe wieder. Die Ode Shi-king I, 2,
XIV* ist vielleicht unmittelbar aus dem gemeinsamen Bogenschießen her-
vorgegangen, indem sich die heimkehrenden Jäger beim nachfolgenden
Bogenschießen in rhythmischen Ausdrucksformen noch einmal ihre Jagderleb-
nisse vergegenwärtigten oder etwa durch Singen des Liedes der Ausfall
einer künftigen Jagd beeinllußt werden sollte. Das Lied ist so typisch in
seiner Art, daß ich es hier wiedergeben mochte :
_Q-
»iEie fti»ii£
'"iw i^ ^^^ sicherlich nicht das merkwürdige Tier, das die Chinesen
daraus gemacht haben, dessen höchst seltsame Eigenschaften ja sehr wenig
hierherpassen würden, sondern wegen des ganzen Zusammenhanges und
der Bedeutung von I^ »Jäger« die Bezeichnung eines geschickten Jägers,
vielleicht gar ein Rangname. AVir erfahren nändich weiter, daß das Bogen-
schießen vor dem König als eine Tüclitigkeitsprol)e galt, der eine Rang-
erteilung nachfolgte, Shi-king III, 2, IT, 3 -^r 13 |f|g£ i^ j? ^ Ji(
^^ ' Interessant ist der Ausdruck fS, der ursprünglich »Reihenfolge«,
»Ordnung«, »in Ordnung bringen« bedeutet und hier die Rangerteilung der
Schützen zum Ausdruck bringt. Dann bezeichnete man damit die Stätte, wo
die Rangverteilung stattfand, und so kommt es schließlich zu der Bedeutung
»Schule«, dem jüngsten Sproß des Männerhauses.
Legge, S. B. E. 28, S. 446.
Biot, Chou-li n, S. 38.
Bücher, Arbeit und Rhythmus (vgl. S. 31).
Legge, Ch. Cl. IV, S. 36.
Legge, Ch. Cl. IV, S. 474.
1^0 ()i i-ioiM-: MiiiiiH'riri'sollscIiaft und AltorsklnssiMi im all(Mi Cliiiia.
WalirMlu'iiilit'li li.ilx'ii wir es liier mit. einer elieinaligeii iMaiiiil)arkeil:>-
lu-ohe l»ei den Knalienweihen zu tun. Die Auinalnne in den Männerbnnd
würe dann an einen hestinnnteii Grad der Fertigkeit im Bogensclu'eßen ge-
kiuipll gewesen '; denn bei alledem müssen wir uns doch innner das Bild
einer nrzeitliclien Männergesellschaft rekonstruieren, die uns hier auf ihrer
letzten Knwiekhmgsstufc entgegentritt, auf der sie nur noch die Ersten im
Volke umfaßt, ganz analog dem Zustand der germanischen Verhältnisse
ziu- Zeit des Tacitus, wo von der einstigen Männergesellschaft eben-
falls nur die \'ereiiiiginig der Pi-incipes unter ihrem Gefolgsheri-n übrig-
gebliei)en war.
Dementsprechend ist die Tiichtigkeitsprobe gleichsam auf einzelne be-
schränkt worden, indem der König seine Beamten und Würdenträger nach
iln-en Leistungen im Bogenschießen auswählt, Li-ki 10 (46), 551)^: "^ ^ ^
•f- W M Ü rffi fX-^Ö)^ ^ ±' ^•''"'•^•^ 1^^'ßt «« Li-ki 10 (46), 58b 3: |.J-
ph HlJ^^'^^'f^- Allerdings sind hier den veränderten wirtschaft-
lichen Verhältnissen entsprechend die gleichberechtigten Mannen des Häupt-
lings zu Vasallen des Königs geworden, für die ein Tadel in der Fertigkeit
des Bogenschießens zugleich den Verlust eines Teiles ihres Territoriums be-
deutet. Und so geben luis diese Belehnungen auf den Schießfesten vielleicht
ein anschaiüiches Bild davon, wie sich der spätere Lehensstaat mit seinem
gegenseitigen Treuverhältnis aus der einstigen Männergesellschaft nach Ent-
stehimg eines machtvollen Ilerrscherwillens entwickelt hat. Hier mag auch
die Frage aufgeworfen werden, ob nicht die späteren Adelsränge teilweise
ihren Ursprung in dem Wettschießen im Männerhause haben. Für den
zweiten Adelsrang >^ (hou) läßt sich das wohl mit Sicherheit behaupten;
denn ^^ (hou) ist Ja auch das Wort und Zeichen für die Sclieibe, das Ziel
beim Bogenschießen. Das Wort- und Schriftzeichenspiel ist dem Charakter
der chinesischen Schrift gemäß ohne Zweifel nicht von ungefähr. Es be-
weist überdies, daß die Sitte zur Zeit der Erfindung des Schrirtzcichens
schon l)estanden hat.
Das Bogenschießen trägt aber noch in anderer Beziehung den Charakter
einer Tüchtigkeitsprobe, indem nämlich dieser Zeremoni^e ein Opfer nach-
folgte, an dem sich nur die besten Schützen ])eteiligen durften — auch hier
wieder eine Verquickung von profanen und religiösen Motiven, Li-ki 10 (46),
56a- ^n^lM^m^^^^l^^M^' ^^^^'^ l'^iß^ ««Li-
ki 10 (46), 59 a •": Pfl ^' t^ :^ >{^ ^ • '"^"c'' »"^ ^^"^ Kommentar zu Chou-
li 4,45a® erfahren wir, daß dem großen Ahnenopfer ein Bogenschießen vor-
■ \'gl. die oben (S. 30) hervorgehobene Wiclitigkeit des Bogenschießens.
■' Legge, S. li. E. 28, R. 448.
•' Legge, a. a. 0.28, S. 451.
♦ . Legge, S. H. K. 28, S. 448.
^ Legge, a. a. 0. 28, S. 452.
6 Biot, Chou-li L S. 1.S9.
QiTisTORr: Mäniiergcspllschaft und Altersklassen im alten dhina. 88
ausgeht, wodurch der König die Teihiehmer auswählt: "^-3»]^*^^^^
Für das hohe Alter dieser Zeremonie spricht ferner das Opfer an
die Scheibe, Cliou-li 29, 23 a ■ : ^\%^ jjjg J^ '^H || gg- Das führt uns
zurück in die Stufe des Aninüsmus, der Beseelung lebloser Gegenstände,
und zeigt, wie dem Primitiven die für ihn wichtigsten Nutzobjekte ein An-
laß zu kiütischer Verehrung werden ^ Das nachfolgende Gebet an die Scheibe^
enthält wohl den Rest einer ehemaligen Zauber- und Beschwörungsformel,
die beim Opfer gesprochen wurde, wenn sie auch hier zu einer Spielerei
mit dem Begriff ^^ (hou) verblaßt ist. Die spätere Rationalisierung maclite
dann schließlich das Bogenschießen zu einer Zeremonie, deren Erfüllung
oder Vernachlässigung nicht ohne Einiluß auf den Charakter bleibt, Li-ki 10
(4G),54b*: ^^^ WÜJi'il^fS'fe- Ähnlich heißt es Shu-kingll, 4,
^'^ ' = JS^ W pÄ 1^ "^^Ü^M^- ^^^ Offenherzigkeit der Über-
lieferung gibt hier wieder einmal ein eklatantes Beispiel für die Entstehung
sittlicher Begriffe aus vorsittlichen '^ Motiven. Der sittlich vollkommene Mensch
war einst der, welcher am besten das Ziel traf und genau die vorgeschrie-
benen Regeln dabei beobachtete.
Bildete das Bogenschießen in besonderem Maße ein einigendes Band
in der Männergesellschaft, so lassen auch einige schwache Andeutungen der
Überlieferung erkennen, wie dieser primitiven Gesellschaftsgrupy)e die Idee
eines engen Freundschaftsbundes zugrunde lag, der in der Urzeit vielleicht
den Charakter einer Blutsbrüderschaft im wahrsten Sinne des Wortes trug.
So werden Shi-king 111, 2, II, 1 ^ die Teilnehmer am Bogenschießen »Brüder«
und >'P>eunde<' genannt: |^||^^^^^- Ähnlich heißt es in der folgenden
I Biot, a. a. 0. II, S. 548.
''' ^"gl. die Pfeih'erehrung i)ei den Natur- Wedda: Hoernes, Natur- und Ur-
geschichte des Menschen I, S. 520. Für China mag hier unter anderem noch das
Opfer an den Pflug erwähnt werden, z.B. ha Hia-Siao-Cheng (Ta-Tai-Li-ki I, 5 a) :
ytif] ^^ ^^ ^^ . Auch das Verneigen vor den Geräten, wie es im Ngi-li vielfach
\orkommt, ist ^■ielleicht ein letzter Rest von kultischer Verehrung lebloser Gegen-
stände, vgl. De Ilarlez, I-li S. 11, 80, 81 u. a.
* Legge, S. B. E. 28, S. 448.
^ Legge, Ch. Cl. III, S. 82. A'ielleicht lag hier ursprünglich eine Art Gottes-
urteil vor.
^ Der Verfasse!' ist sich wohl hewußt, daß man streng genommen nur zwischen
primitiveren und höheren sittlichen Begriffen unterscheiden darf. Nicht aber allein
aus praktischen, vielmehr auch aus sachlichen Gründen hat man meines f^rachtens das
Recht, von dem Standpunkt unserer Kultm- erst von einer bestimmten Entwicklungs-
stufe an von sittlichen Moti\-en in engerem Sinne zu sprechen — wie wir denn auch
z. B. den Animisnms noch nicht als Religion bezeichnen (vgl. W. Wundt, Elemente
der Völkerspychologie S. 282 f.).
' Legge, a. a. 0. IV, S. 473.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt 3
*^4 QiTisTORi-: Mäniiorpescllsrhaft iiiul Altersklassen im altoii riiina.
(Jde ölii-kiu^III, 2,111, 1': jj) j /{c j]i( ^ fö • '^•^'" ^<^g»il^" ^ brückt einen
sehr hohen Grad von Znsaninieiiü;eli()rigkeit aus, wofür sich zahlreiche Bei-
spiele in der Literatur finden. Aus den ältesten Stellen des Shi-kini? und
Shu-king geht hervor, daß "^ direkt »Bruder« (brüderlich usw.) heißt,
Shi-kingll,3,lll,6 (Legge: Ch. Cl. IV. 284): gg>fjjj^^, Shi-kinglll, 1,
VII, 3 (Legge, a. a. 0. IV, 451) : [^ |I|J ^ J|lJ ^fe Ä i^, Shu-king V, 21,1
(Legge, a. a. 0.111,535): '^01^^)1^' ^'«^li MenciusIII, 1, IV, 8^
gehört die Freundschaft zu den fünf höchsten sittlichen Forderungen: |jH
"^;^>|g. Aus einem der ursprünglichen Zeichen für ^^: t:t:, wo die
(^)uorstriche vielleicht das Durchschneiden einer Ader am Arm andeuten
sollen, könnte man schließen, daß die Freundschaft einst in der Form gegen-
seitiger Blutmischung geschlossen wurde. Ferner scheint Lieh-tze 5. 29b^
eine Anspielung auf diese urzeitliche Sitte zu enthalten. Nach beendetem
Wettstreit im Bogenschießen schließen die beiden Gegner Freundschaft durch
Ritzen des Armes, also eine wirkliche Blutsbrüderschaft, wie sie einer pri-
mitiven Vorstellungswelt entspricht, der das Blut als Sitz der Seele gilt *.
Auch das Tso-chuan berichtet von Vertrag, der durch Ritzen des Armes
geschlossen wurde, a. a. 0. V, 1 19/121 : Ji( ^ A W, I^^S'JWM'
Die Treue, die einst Genossen an Genossen band und sogar die Opferung
des eigenen Lebens für den Freund nicht scheute, spricht sich aus in "Wen-
düngen wie 5J:#^^^|f^i>(^^ oder ^3g:^f|:^[5ig«.
4. Gelage.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Männergesellschaft sind
die gemeinsamen Gelage, ein Moment, das man in vieler Beziehung als die
höchste Entfaltung des Geselligkeitstriebes auf einer primitiven Stufe be-
zeichnen darf, gehören doch Veranstaltungen dieser Art zu den dauer-
haftesten Formen menschlicher Gemeinschaft. Auch in der chinesischen
Männergesellschaft müssen sie einst einen breiten Raum eingenommen haben.
Die Ritualbücher enthalten eine eigene Bankettzeremonie, die wir bei allen
Zusammenkünften im Männerhaus erwähnt finden. Nach Li-ki 10(46), 53 a^
sollen die Gelage dem Bogenschießen vorausgegangen ?ein : "i* ^^ ^ ^^
^^Tifl ^^^"tr^iflM" ^*^^® Verschiebung erklärt sich woiil aus
den Verhältnissen der späteren Zeit, wo die von weither kommenden Schützen
als Abgesandte der Vasallen zuerst naturgemäß als Gäste bewirtet wurden,
um dann ihre Tüchtigkeitsprobe im Bogenschießen abzulegen.
» Legge, Ch. Cl. IV, S. 477 (vgl. Shi-king O, 7, IX).
2 Legge, a. a. 0. U, S. 252.
3 Faber, Licius S. 127.
* über die Verbreitung der Blutsbrüderschaft vgl. A. H. Post, Afrikanische
Jurisprudenz I, S. 36 f.
' Li-ki I, 10 a; Legge, S. B. E. 27, S. 69.
« Li-ki I, 37 a; Legge, a. a. 0. 27, S. 92.
^ Legge, S. B. E. 28, S. 446.
Quistorp: Männergesellschaft und Altersklassen im alten China. 35
Um uns eiu anschauliches Bild von den Gelagen zu uiachen, mögen
zwei Shi-king-Lieder in der Ubei-setzung von Strauß hier angeführt werden,
Shi-kingll, 7, VP:
1. Die Gäste, die den Matten nahn,
Reihn Hnks und rechts sich fein daran.
Gereiht stehn Napf und Schüsseln dort,
Zukost und Frucht an ihrem Ort;
Und da der Wein so süß und fein,
Trinkt man gar einig seinen Wein.
Glocken und Pauken stehn zurecht,
Mit sitt'gem Zutrunk wird gezecht.
Dann wird die große Scheib' errichtet
Und Pfeil und Bogen zugerichtet,
Und wenn gepaart die Schützen stehn:
»Nun lasset eure Schießkunst sehn!
Und trefft das weise Mittelmal,
Zu fordern euern Strafpokal!«
2. Mit Pfeif und Pauk' im Flütentanz
Schallt die Musik harmonisch ganz;
Zu würd'ger Ahnen Lust und Glanz
Ninnnt man die hundert Brauch' in acht.
Und sind die hundert Brauch' erbracht,
So groß sie sind, so mancherlei, —
Dann: »legen sie dir vollstes Glück
Und Kindern, Enkeln Segen bei!«
Und seid ihr ihres Segens froh,
Wie's jeder, wes er fähig sei,
So schöpft ein Gast mit eigner Hand,
Es tritt herein ein Kämm'rer auch
Und schenkt den Ruhebecher ein,
Zu enden euern Jahrszeitbrauch.
3. Die Gäste, die den Matten nahn.
Mit feinstem Anstand gehn sie dran.
Solange sie nicht trunken worden.
Bleibt Sitt' und Haltung wohlgetan;
Sobald sie aber trunken worden,
Schw^ankt Sitt' und Haltung aus der Bahn,
Sie stehn vom Platz auf, ändern dran,
Sie springen tanzend auf den Plan.
Solange sie nicht trunken worden.
Sind Sitt' und Haltimg ausgesucht;
Sobald sie aber trunken worden,
Legge, Ch. Cl. IV, S. 395; Strauß, Shi-king S. 365 fr.
3*
'Ml OrisToRP: Mäiinergesellschaft niiH Altersklassen im alten Cliina.
(iclin 8itf und llalUing auf die Flucht;
Denn eben weil sie trunken worden,
Weiß keiner mehr von rechter Zucht.
4. Sobald die Gäste trunken worden,
So Schrein und lärmen sie umher,
Verwirren uns die Napf und Schüsseln
Und tanzen taumelnd hin und her;
Denn eben weil sie trunken worden.
Merkt keiner seinen Unfug mehr.
Die Hüte schief auf ihren Köpfen,
So tanzen sie bis zum Erschöpfen.
Ist man berauscht und geht davon,
Ist'.s allgemein für Glück zu schätzen ;
Ist man berauscht, geht aber nicht.
Das heißt die Schicklichkeit verletzen.
Wein trinken ist gar schön und gut,
Doch nur, wenn luan's fein sittig tut.
5. Bei jedem dieser Weingelage
Wird mancher trunken, mancher nicht,
Drum wird ein Trinkwart eingesetzet
Und ein Gehülf ihm zum Bericht.
Und wenn die Trunkenen nicht gut tun.
Daß Nichtberauschte Scham anficht,
So mahnen sie die Unfolgsamen,
Daß Roheit nicht die Schranke bricht.
Daß Unsagbares nicht gesagt wird,
Nicht Unbefolgbars vorgebracht;
Da W^orte Trunkener befolgen.
Hornlose Widder ausgehn macht.
Wem schon den Sinn drei Becher rauben.
Wie darf sich der noch mehr erlauben ?
Dieses Lied trägt seinem ganzen Inhalt nach einen sehr urzeitlichen
Charakter, die Schilderung einer typischen Männerhauszusammenkunft mit
ihrer Sanges-, Lärm- und Becherfreudigkeit '. Mit dem Beobachten und Inne-
halten des ^M wurde es zu dieser Zeit, wie wir sehen, noch nicht so genau
genommen, wenn uns hier im ganzen auch schon eine höhere Form des primi-
tiven Gelages entgegentritt, das eigentlich mehr den Eindruck einer modernen
Kneipgesellschaft macht: fehlt es doch auch an einem Kneipwart nicht, der
' Legge scheint anzunehmen, daß sich vStrophe 2 auf ein besonderes Alinen-
opfer bezieht, wozu aber kein Grund vorliegt. Es handelt sich liier wohl um das
Bankett nach einem Hogenschießen, an dem auch die Ahnen teilnehmen, wie uns
dieses urzeitliche Nebeneinander von kultischer Betätigung und festlichen Zusannnen-
künften noch deutlicher in dem gleich nachfolgenden Lied entgegentritt.
Quistorp: Mäiuiergesellöchaft luid Altersklassen im alten China. 37
die Unmäßigen bestraft, damit Freude und Ausgelassenheit niclit überhand-
nehmen. Das alles setzt aber eine bedeutende Stufe der Organisation und
Disziplin voraus, mit einem Worte, eine enge Verbrüderung gleichgesinnter
Genossen.
Die Veranstaltung eines Gelages im Anschluß an das Ahnenopfer, die
hier nur angedeutet wird, zeigt noch deutlicher Shi-king II, 6, V*:
1. Wo wild Gesträuch verworren stand.
Riß man die Dornen aus mit Händen ;
Warum ward das voreinst getan?
Daß unsere Hirsen Anbau fänden;
Daß Hirs' uns reif im Überfluß
Und Opferhirse zum Verschwenden;
Und wären unsere Speicher voll
Und tausend Feimen aller Enden, —
Zu Speis' und Wein sie zu verwenden,
Zur Darbringung, zu Opferspenden
Und hinzutreten, einzuladen,
Noch größern Segen herzuwenden.
2. Voll Würd' und Anstand gehn wir fein
Mit Stieren und mit Widdern rein.
Zum Herbst und Winteropfer ein.
Die häuten ab, die kochen klein.
Die richten zu, die tragen ein.
Der Beter opfert türherein.
Gar glänzend sind die Opferweihn,
Und herrlich ziehn die Ahnen ein ;
Es freuen sich die Geisterreihn,
Dem frommen Enkel zum Gedeihn;
Sie lohnen ihm mit großem Segen,
Sein Alter soll ohn' Ende sein.
3. Am Herd ist eifriger Verkehr,
Gewalt'ge Trachten stellt man her;
Der bratet und es röstet der.
Die hohen Fraun gehn still einher
Und i'ichten an der Schüsseln Heer.
Die Fremden und die Gast' umher
Trinken sich zu in kreuz und quer.
Man feiert ganz nach Brauchs Begehr,
Lächeln und Wort sind schicklich sehr,
Die Geister tun sich gnädig her
Und lohnen es mit großem Segen,
Zehntausend Jahre und noch mehr.
1 Legge, eil. Cl IV, S. 368; Strauß, Shi-king S. 347 ff. Über Gelage bei der
Alinenfeier vgl. auch de Harlez, I-li S. 346 ff.
38 Quistobp: Mäniiergesellschaft und Altersklassen im alten China.
4. Sind wir ermattet ganz und gar,
Da nichts am Brauch versäumet war,
So kommt dem weisen Beter Kimde.
Der gibt's dem frommen Enkel dar.
»Süß roch des frommen Opfers Weise;
Die Geister freute Trank und Speise,
Sie lügen, daß dich Glück umkreise,
Gehoflfterweis' verdienterweise.
Du zeigtest Eifer, bliebst im Gleise,
Du tatest recht, du sorgtest weise:
Sie schenken dir das Höchst' im Preise
Zehntausend-, hunderttausendweise. «
5. Erfüllt ist jeder Brauch zur Stunde,
Es mahnten Glock' und Pauk' im Bunde,
Der fromme Enkel ging zum Thron;
Da konunt dem weisen Beter Kunde:
»Satt ist des Weins der Geisterchor. <■
Da steht der Totenknab' empor.
Ihn leiten Pauk' und Glock' hinaus;
Die gnäd'gen Geister ziehn nach Haus.
Die Schar der Diener und der Frauen
Trägt alles ungesäumt hinaus.
Die Oheim' aber und die Brüder
Vereinigt ein besondrer Schmaus.
6. Spielleute treten ein, mit Tönen
Den Folgesegen zu verschönen;
Und sind die Speisen aufgetragen
Fühlt keiner Unlust, nur Behagen.
Dann, satt von Speisen, satt vom Wein,
Verneigt die Häupter groß und klein:
»Die Geister werden, froh des Mahles,
Lang Leben unserm Herrn verleihn.
Ganz willig, ganz zur rechten Zeit
Erfüllt er alles mit Gebühren.
Ihr Söhne, Enkel allzumal.
Ermangelt nicht, es fortzufüliren I «
Unter anderem ist dieses Lied lür die Entstehung des Opfers von
hoher kulturgeschichtlicher Bedeutung. Die Ahnen, durch den JF^ vertreten,
werden beim Schmause der Männer anwesend gedacht, sie speisen zusammen
mit den Lebenden, um zufrieden wieder abzuziehen, wenn sie gesättigt
sind. Deutlich zeigt sich hiei- das urs])rüngliche Motiv des Opfers, den
Seelen der Abgeschiedenen Anteil an den Genüssen des Gelages zu ge-
währen, um sich vor ihrem Neid und bösen Eintluß zu schützen und ihrer
Quistorp: Männergesellschaft nnd Altersklassen im alten China. 39
gnädigen Gesinnung sicher zu sein. Die Anwesenheit der Frauen bei dieser
Gelegenheit ist vielleicht ein Rest jener Sitte, daß die Frauen den Männern
das Essen zubereiten und ins Männerhaus bringen, ohne sich selbst am
Mahle zu beteiligen ^- denn aus der fünften Strophe geht hervor, daß das
Opferniahl nur von den Männern eingenommen wird.
Die Gegenwart des J^ bei dem Männergelage erwähnt auch Shi-
lling II], 2, 111, 3 — 4fF. 2; hier wird das, was er als Stellvertreter der
Ahnen Gutes verheißt, ausdrücklich augeführt: iMl ^ M: ^ S !B M^
Von einem Gelage im Männerhaus hören wir weiter in der schon
erwähnten Ode Shi-king 111, 1, Vlll, 3^: J^'f^Ult^ M ^^ M$ ß-
Bei Trommeln- und Paukenschlag beteiligt sich Wen-wang an dem geselligen
Leben und Treiben in dem von ihm errichteten Pi-yung. Eine Anspielung
auf diese Zusammenkünfte könnte vielleicht auch Shi-king II, 8, V, 5* ent-
halten: ^ $t T'S'o » F^l T^Fo ^ "f 1f S ' ^'^ verstoßene
Königin verlangt nach ihrem Gatten, der sich in der Männergesellschaft ver-
gnügt: hier ist zugleich der alte und stets neue Gegensatz zwischen »Stamm-
tisch und Familienleben^«, d. h. zwischen den beiden Formen gesellschaft-
lichen Zusammenschlusses lyrisch zum Ausdruck gebracht.
Ein gemeinsames Zechgelage des Markgrafen von Wei mit seinen
Mannen in einem von ihm erbauten Ling-tai ° wird schließlich Tso-chuan V,
856 erwähnt: #H^ @ ÄÄ^J^IS B.:^ ^ ^^C ^ tfe M .^' -i«"
derum ein Beweis dafür, daß das Männerhaus nicht etwa eine spezifische
Einrichtung der Chou-Fürsten war; hierzu ist noch Chou-li 8, 27 a^ zu ver-
gleichen, wo wir von Banketten erfahren, welche die Distriktbeamten im An-
schluß an das Opfer im Distriktmännerhaus geben: ^^JlfP. ^(J l^^Ji jjj^ ^S
5. Tänze.
Freude und Schmerz ihres wechselvollen Daseins bringen primitive
Völker überall mit Vorliebe durch Tänze zum Ausdruck**. Auch in der
chinesischen Urzeit muß diese Ausdrucksibrm eine große Rolle gespielt
haben, das ersieht man aus der überaus häufigen Erwähnung dieser Kunst
' Vgl. von den Steinen, Unter den Naturvölkern Zentralbrasiliens S. 367 f.
Über die Beteiligung der Frau am Ahnenopfer vgl. S. 51.
2 Legge, Ch. Cl. IV, S. 477.
3 Legge, Ch. Cl. IV, S. 457.
* Legge, a. a. 0. IV, S. 416.
" Schurtz. Altersklassen und Männerbünde S. 21.
« Vgl. Shi-king IV, 2, m,3; Legge, Ch. Cl. IV, S. 617.
7 Biet, Chou-Ii I, S. 251.
^ Vgl. Schurtz, Urgeschichte der Kultur S. 498 f.; Grosse, Anfänge der Kunst
S. 198 f.
40 Qi'i.sToKi- : MäiiiK'rt:<'>ellstliaft iiml Alifi>kla>.si'ii im allen Cliiiia.
in der alten Literatur ' und dem lleißif^en Studiiiui, das auf ihre Krlenmn^
verwandt wird. Und so finden wir denn auch wieder den Tanz in engem
Zusainnienliang mit den übrigen Betätigungen der 3Iänner, und namentlich
feierliche Zeremonientiinze, religiöse Tänze sind es, die in erster Linie im
Männerhaus gciillegt win-den, wenngleich uns sonst ja auch Frauentänze
genannt werden. Nach Thou-li 14, 44 a^ wird den Jtmgen Leuten heim
Kintritt ins »College.. Tan/.unterricht erteilt: oiJ ^lE 7^^^ ^^'
Unter den vielerlei Tänzen ' ragt vor allem der Ta-\vu. der Kriegstanz der
riiou ^ hervor, wie ja schon aus dem Namen sein entschieden kriegerisch-
ur/.eitlicher Charakter erhellt, Li-ki 8 (25), 77 h«: :^ ^ 5 ||c Ü^ Ä ^^
^t yV i^ VX 1'+ ~)^ -^ • ^^'" ausgesprochen pantomimisch-dramatischer
( "harakter, der auch von Chavaniies anerkannt wird, tritt uns vor allem
im Joh-ki des Li-ki (Legge, S. B. E. 28, S. 122) entgegen, wo dem Kon-
fuzius eine genaue Beschreibung des Ta-wu in den Mund gelegt wird'.
Danach besteht dieser Tanz im wesentlichen in einer dialogischen Vor-
fiihrung bestimmter Kriegserlebnisse, in diesem Falle der Besiegung der
iShang. Wie aus Shu-king 11,2,21 (Legge, Ch. Cl. 111,66) hervorgeht, wurden
aber nicht nur vergangene Erlebnisse szenisch dargestellt: ^^~T'^^~^
PH P^ '\l'^\ ^^^of^a'** H'^i" l^oiiiii't dem Tanz also analogisch-sym-
bolische Bedeutung zu: indem man ihn ausführte, glaubte man die Miao
zu unterwerfen — eine Vorstellung, wie sie unmittelbar dem primitiven
Zauberglauben entspringt®.
« So allein im Slii-king mid Shu-king. Shi-king I, 3, XIII, 1, 2, 3, I, (5. lU, 1,
LS, XI, 3, L12, II, U,l, V,8, 11,7, IV, 3, n,7, VI, 2, 3, IV, 2, H,!, IV, 2, IV, 4, IV, 3, L
Shii-king n, 2, 21, IV, 4, 7, V, 22, 19. Man begreift nicht, wie Laufer (-Jade«, a
study in Chinese archaeology and religion, Field Museum of natural histor}', Antliro-
pological Serie Vol. X. Chicago 1912, S. 79 Anm.) die Behauptung aufstellen kann,
die Chinesen seien »never a dancing nation» gewesen, und alle ihre alten Tänze
stammten von ihren barbarischen Nachbarn.
» Biot, Chou-li n, 46.
^ Nach den Bamhusbüchern (Legge. Ch. Cl. III, Vol. I. Proleg. S. 116) geht
diese Eim-ichtung schon auf Shun zurück: ^y ' H /\ ^^ -t^ ffl i^ •
* Vgl. Biot II, 29.
; Vgl. auch Tso-chuan V, 546/550: ^ ^ ^ Ä # 0, J|^, jg
y^ ^^jVi- Der Kommentar zu Chou-li 14,5a führt die einzelnen Formen der
Tänze auf die mythischen Urkaiser, also vermutlich die Urclans, zurück: If h /^
PjX \i^ ~^ ^rC. ^^ ^^ ■ Demnach wären auch hier verschiedene lokale Varianten
\()n den Clioii konzentriert und miteinander verschmolzen wie hei analogen V^or-
gängen in anderen Fällen.
« Legge, S. 15. F. 28, S. 253.
'' Diese Beschreibung findet sich auch im Slii-ki- Text, bei Cliavannes: Me-
moiies Historiques III, S. 279. Vgl. die Darstellung des Ta-wn a. a. O. BL S. 281.
" Über die Bedeutung des Tanzes hei den Chinesen vergleiche auch das
Protokoll von der 2. Sitzung in der (^hung /.nr \ ergleichenden Geschichte höherer
Kulturen (K. Lamprecht). Leipzig \\". S. 1910 11.
' Vgl. hierzu Shi-king IV, 2, 111.7 (Legge, ('li. Cl. IV. S. 619).
(j>iTisi()Ki': Mäniiergesellscluifl und Altersklassen im alten ('liina. 41
Zu den ältesten Tänzen gehören ferner wohl die Chou-li 8, 401) ' ge-
nannten »Federtänze-, die vom Tanznieister gelehrt wurden: ^: gfß
^^^^^ä. Federn, welche die Tänzer tragen, werden auch Shi-king I,
12, 1, 2, 32 erwähnt: fl^^ä^^^^- Legge sagt in der Anniorkung: «Those
feathers either Single or fornied into fans were carried by dancers and
waved in harmony with the inovements of thebody«^. Als pantomimische
Darstellungen im Ahnentempel finden wir diese Federtänze weiter Ch'un-
ts'iu 1, 5, 4 (Legge, Ch. Cl. V, 17): ^S^^ W^^^^ Wy\.^-' ßiese Aneinanderreihung von Phünix-
tanz, Federtanz, Jakschweiftanz und Menschentanz führt gleichsam ein Stück
der Entwicklung des urzeitlichen Tanzes vor Augen ^,
In diesem Zusammenhang darf auch die Stelle Shu-king II, 4, 9 (Legge,
Ch. Cl. 111,87)® Erwähnung finden, wo es heißt, daß Kwei, der Musik-
meister, die Musiksteine schlägt und die Tiere tanzend in die Halle kommen:
*«R|ä* M§g;i^Sa*«-
Die chinesischen Kommentatoren imd Legge zerbrechen sicli den Kopf
darüber, was die Tiere in dem *^ zu tun haben. Letzterer kommt schließlich
auf die Vermutung, die Palasthalle des Königs habe unter anderem auch
als Brutstätte für die Tiere gedient". Die Schwierigkeit der Frage löst
sich vielleicht am besten, wenn wir unter diesen Tieren verkleidete Masken-
tänzer verstehen **.
Schließlich möchte ich auch das endlose Hin und Her von Vernei-
gungen bei allen feierlichen Gelegenheiten, wie Bekappung, Empfang der*
Gäste, Hochzeit, Bankett usw. für einen Rest alter Tänze oder irgendwelcher
rhythmischer Ausdrucksformen halten. Betrachtet man das steife Zeremoniell
des Ngi-li unter diesem Gesichtspunkt, so verliert es seinen fast lächerlichen
»md abstoßenden Chax'akter und kann als typisches Beispiel für die Er-
starrung primitiver Lebensformen dienen.
1 Biot, Chou-li I, S. 268.
2 Legge, Ch. Cl. IV, S. 205.
3 Vgl. auch Shi-king 1,3, XIH, 3 (Legge, a. a. 0. IV, 62): ^^^^.
* Biot, Chou-li II, 41.
^ Vgl. auch Shi-ki 87, 18 a, wo die Tänzer in einer Art Kriegsspiel einen
niythologi.schen Kampf darstellen: ^0 H^^^ ^^';fy i'^f^iS:M
ß Vgl. dazu Shu-king II, 1, 24 (Legge, a. a. 0. III, 49).
^ Legge, Ch. Cl. UI, S. 89 Anm.
•* Freilich könnte mit diesen Worten aucli einfach die Macht der Musik über
die Tiere zum Ausdruck gebraclit werden sollen (\'gl. ("havannes, Meinoires Histo-
riques 111,289); auch könnte man daran dcidicn. daß die Tiere (Götter in Tiergcstalt)
durch die Musik herbeigerufen werden.
42 QuisTORi«: Mäaiiergesellschaft iiml Ahi-rsklassen im alten Cliina.
(). Das .Mäniierliaus als A Iterslursorgestätte ,
Aufbewahrungsort, Absteigequartier.
Mit der Eiitstchiuig des Alinenkultiis im Männerhaus hängt es wohl
ziisainiiien, daß man gleichzeitig an diesem Ort auch zuerst alten und
sfliwachen Stammcsangehürigen eine Unterkunf'ts- und Fürsoi-gestätte ge-
währte, ein bedeutendes Moment in der Entwicklung der Kultin* — werden
doch in der Regel auf primitiveren Stufen alte und für den Kampf ums
Dasein untaugliche Individuen als unangenehme Last empfunden und meistens
beiseite geschallt.
Das Männerhaus als Fürsorgestätte für alte Leute finden wir
Li-ki4(8), 38a' bezeugt: ^g ^ J?*o??^- >5^ Ä,:^' ""^^' ^"^'' ^^^^^^^
und Tanz nicht fehlen, a. a. 0. 4 (8), 38b: HFtt^Äo^t-^Ä- ^^erner
Li-ki3(5), 35b- ^a;Ä«|l^J^^±j$o«lS:*^^Tj¥o
l^^«ll^J^mj?o«J!S^:^®i?- ^'^- Stelle ist
^viede^ ein Beleg für die weitestgehende Diflerenzienuig des Männerhauses.
Dem Schematisierungstrieb der Chinesen entsprechend wird die Speisung
der alten Leute auf die verschiedenen Schulen verteilt. Weiterhin kommt
Li-ki 7 (19), .37a' in Betracht: ^ H^Ü J| ^^ 3^^,^ "F*
^^ WU Swt/iIiTni ^§. "T*- ^'^ Speisimg der Alten ist also gleichsam
ein Ahnenopfer. Wie bei jenem, so erscheint auch hiei- der König in kriege-
rischer Tracht, wiederum eine Erinnerung an urzeitliche Verhältnisse, wo
eben alle öffentlichen Angelegenheiten an einem Mittelpunkt, im Männer-
hause, erledigt wMu-den '. Das Shi-king erwähnt ebenfalls die Ehrimg der
Alten bei den Gelagen der Männer, a. a. O. III, 2, II, 4»: ^^|^j]J^
Als Vorratskammer Avird das Männerhaus Li-ki 6 (14), 41a® ge-
nannt: ^^Q^J^j^:^J^jil- Der Kommentar sagt: yff^^
;^^. Die Aufbewahrung von Nahrungsmitteln wird hier entsprechend
dem Wandel der Motive als eine Folge der Altersversorgung und somit
als ein Zeichen von kindlicher Pietät angesehen, während doch die Eigen-
schaft des Männei'hauses als des gegebenen Aufbewahrungsortes lür gemein-
' Legge, S. B. E. 27, S. 360 f.
2 Legge, S. B. E. 27, S. 242.
^ Legge, a. a. 0.28, S. 124f.
* Ein letzter Rest dieser Erscheinung ist auch wohl das "Gespräch- der Alten
hei dieser Gelegenheit, wie es im Li-ki mehrfach erwähnt wird, z. B. a. a. O. 8, .30a
(Legge, S. B. E. 27, 347): H ^ ^ »^^ ti W ^ If ^ ll' ^S'" ^^^'^
Tso-chuan V, 561/6^.: l]^|i A * *^ ® fe\ Üü Ifi ^ lÖ: •
•'■ Legge, Ch. Cl. IV, S. 47...
« Legge, S. B. E. 28, S. 3t).
QrisTORP: Männergesellsehaft und Altersklassen im alten China. 43
sanie Vorräte zeitliclie Priorität beanspruchen dürfte. Das Pi-yung ist viel-
leicht gemeint, wenn \vir Shu-king V, 3, 9 ' von Schätzen hören, die Wu-
wang im Lu-t'ai aulhewahrt: gtj^Ä^^^-
Schließlich kommt das Männerhaus noch als Unterkunftsstätte
für Fremde und Gäste in Betracht. Für den engeren Zusammenschluß
■größerer Gesellschaftsgruppen ist diese Entwickhmg nicht ohne Bedeutung:
das Mäunerhaus, einst der Ausgangspunkt feindlicher Unternehmungen,
verliert allmählich seinen kriegerischen Charakter und macht mehr und
mehr friedlichen Bestrebungen Platz. Sobald sich ein gegenseitiger Ver-
kehr nacli außen mit den Nachbarstämmen anbahnt, wird es daher Ab-
steigequartier für durchreisende Fremde, neue Anregungen und kulturelle
Beeinflussung sind die natürliche Folge. So verrät der Ahnentemjiel seinen
einstigen Zusannnenhang mit dem Männerhaus wiederum dadurch, daß er
vom König und seinen Beamten auf Inspektionsreisen als Logierhaus be-
nutztwird,Li-ki4(9),50a3: ^^^'jg^ ^o Oi'^MM^'- ^Is
eine spätere selbständige Abzweigung darf man wohl das ^g, ein Ab-
steigequartier für königliche Beamte, ansehen, z. B. Shi-king I, 7, 1, 1—3^:
^^ ^-^ ^ Bg /^. Legge macht dazu die Anmerkung: »It was the residence
assigned to the minister during his residence at the capital, where he lived
with his retinue and had his own office or court.« Bemerkenswert ist
Tso-chuan V, 560/64, wonach die Tore des Logierhauses für Gäste erhöht
und seine Mauern verstärkt werden, damit es, wie aus dem Kontext hei--
vorgeht, vor Räubern sicher sei : -^ ]^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ |g j^ ^
p^^lMÄi^^W- Diß Befestigung des ig wird vielleicht weniger aus
dem angeführten Grund geschehen, als vielmehi- eine Erinnerung an seine
Herkunft aus dem Männerhaus sein, das uns ja in seiner ältesten Form
dem Pi-yung, ebenfalls als Zitadelle und Wachthaus gegen Feinde ent-
gegentrat.
Fassen wir nun noch einmal kui'z unser Ergebnis zusammen, so haben
wir wohl den Eindruck, daß es auch in China in der Tat ein typisches
Männerhaus gegeben hat. Freilich zeigt es sich oftmals in stark abgewan-
delten Formen, in seinem ursprünglichen Zustand nirgends mehr. Ob das
Männerhaus ein bestimmter Platz, ob es nicht einfach mit dem Palast des
Königs zu identifizieren ist usw., das alles sind Fragen, die erst in zweiter
Linie in Betracht konunen. Jedenfalls glauben wir erwiesen zu haben, daß
es eine Stätte gab, wo die aus der natürlichen Lebensweise hervorgegangene
fest geschlossene Gesellschaft der Männer zu allen gemeinsamen Unter-
nehmungen zusammenkam, in der Urzeit vornehmlich zu kriegerischen
Zwecken, später zur Erledigung allgemeiner inner- und außerstammlicher
' Legge, Ch. Cl. UI, S. 3L5.
2 Vgl. Schurtz, Altersklassen und Männeibünde, S. 209 f.
3 Legge, S. B. E. 27, S. 375.
' Vgl. de Harlez, I-li, S. 189, der es im Text und Anmerkung miao nennt;
der Text hat J|d|^ t'iao (Tempel für entferntere Ahnen).
= Legge, Ch. 01. IV, S. 564.
14 (JiiMOKi': MämRTjjesellscIiart und Alterskla^s.seIl im alten Cliina.
Aii^elegenlieiU-n, bis sie scliließlicli in eine Bildungsanstalt Hir /.ukiiiiitige
Königsbeauite verwandelt wurde. Das Anziehende beim Studium der eliino-
sisclien (icscliiclit(> ist gerade, daß man so deutlich den Wandel der Motive
innerhalb der menschliclien Geistesbetätigung beobachten kann, welche die
ältesten Ausdrucksfornien ihres Denkens und Fühlens noch auf hohen Kultur-
stufen erkennen läßt. So liegt eigentlich in dem einen Begriff -|-^ die ganze
Entwicklung des Gesellschaftslebens nach dieser Seite hin mit einbegriffen.
Die späteren Beamten, von denen sich daiui Seliüler und Gelehrte abge-
zweigt haben, sind im wesentlichen nichts anderes als die urzeitlichen
Krieger, die sich um den Häuptling scharen, mit dem Unterschied, daß ihre
Tätigkeit den veränderten Kulturverhältnissen angepaßt ist und den Aus-
druck für eine vom entwicklungsgeschichtlichen Standpunkt aus höhere
sittliche Stufe bildet.
Drittes Kapitel.
Das Altersklassensystem.
Bevor wir nun weiter verfolgen, was dieserZusanunenschluß der Männer
für da« Gesellschaftsleben überhaupt bedeutete, wie er vor allem seinen
Ausdruck in strengem Abschluß dem anderen Geschlecht gegenüber fand,
ist noch ein Blick auf das überall in Begleitung der Männergesellschaft
auftretende Altersklassensystem zu werfen.
Wir kamen in der Einleitung ' zu dem Schluß, daß die Einteilung
nach Altersklassen nicht irgendwelchen volkshygienischen Ei-wägungen ent-
springt, sondern aus den natürlichen Lebensbedingungen einer primitiven
Gesellschaft hervorgeht. Mußten wir aber in den vorhergehenden Kapiteln
bei vielen Erscheinungen einen Wandel dei- kulturellen Motive feststellen,
so tritt uns dafür die Abgrenzung nach Altersklassen in ihrer verhältnis-
mäßig ursprünglichen P'orm entgegen, da die Voraussetzungen für dieses
Einteilungsprinzip im Laufe der Kulturentwicklung annähernd dieselben
bleiben.
Allgemein wird zunächst in der Tradition der Unterschied zwischen
all und jung betont: Nach Li-ki 10(46), 53a '^ dient das Bankett dazu,
den Rang der Älteren und Jüngeren deutUch hervortreten zu lassen: ^^
H* M Z jfii ^^ ^Jf liü 95 S 4i7 <: j? -tfc '• ^^^'""^ "°^ 'i'"^^^^'' ^°"^"
bei der Naiuengebung nach dem Alter untersciiieden werden. Li-ki 1 (1).
21b*: J^^t^S.;^- Genauere Altersklassenabgrenzung findet sich schon
i.i-ki 1 ,1,, ..,.,- i^^\ix^^ mmmZo+'-f^Mo MiJÄ
» Vgl. S. (3.
« Legge, S. B. E. 28, S. 447 (vgl. 28, 2.^9).
3 Als alte Einrichtung bezeichnet Mencius III, 1, IV, 8 (Legge, Ch. Cl. II, S.252):
* Leggr. a. a. O. 27, S. 79.
'' Legge, a. a. O. 27, S. 08.
Quistokp: Männcrgc;(iZM'\iL- Bezeichnend für die
chinesische Erklärungsmethode ist hier der letzte Zusatz: Indem der Vater
dem Sohn dient, ersieht man daraus, wie der Sohn dem Vater dienen soll!
» Legge, S. B. E. 27. S. 473.
2 Vgl. S. 12.
^ Vergleiche, daß noch heutzutage \ielfach in China die gleiche Generation
durch einen gleichen Bestandteil des Vornamens bezeichnet wird.
' Vgl. Schurtz, Altersklassen und Mänuerhiinde S. 185.
'" Legge, a. a. 0. 27, S. 337.
<-' Legge, Ch. Cl. IV, S. 19.
^ Legge, S. B. E. 27, S. 69.
s Legge, a. a. 0. 28, S. 246.
46 QiMSTORi-: Miiiinergesellschaft iiiul Altersklassen im alten China.
All diesem Beispiel zci^^t .sicii reclit klai- die Zähigkeit der primitiven (Je-
sellschafLsformeii. Vom Standpunkt des späteren chinesisehen Patriaichalis-
mus aus hat Jene Verehiung, die dem Sohn vom Vater zuteil wird, in der
Tat etwas Belremdendes. Aber die Macht der urzeitlichen Sitte ist hier
stärker als das erst einer späteren Stufe angehörende Pietätsgefühl der
Kinder den Kitern gegenüber '.
So,"ar bis auf die Aufstellung der Ahnentafeln erstreckt sich die Durch-
luhruiig des Altersklassensystems. Daher wird die Ahnentafel eines Ver-
storbenen im AluuMitempel neben die des Großvaters gesetzt, Li-ki 2 (3), 60a*:
Jitff^ ■SilS^öjj gf#^jiia5t- DessleiohenLi-kiS (21), 65b»:
dE 3c jito * m m mmxitoi&mmM^i^^ "-■■'"=■■
gehört ferner wohl das Namentabu: wenn z. B. lur den Sohn der Name
der Großeltern t;ibu ist, solange seine Eltern noch leben, Li-ki 1 (1), 38a*:
^^'^-fH: M|J-k;^'^'&- ßas Namentabu besteht also zwischen
den Angehörigen zweier aufeinanderfolgender Generationen, in diesem Falle
zwischen Eltern und Großeltern'.
Dementsprechend finden wir nun auch für China bezeugt, daß die
primitive Sprache in der Nomenklatur nicht die Verwandschaftsgrade, die
erst verhiiltnismäßig spät unterschieden werden, sondern die natürliche
Altersklasseneinteilimg berücksichtigt®, eine Tatsache, die in der Ethnologie
der vergangenen Jahrzehnte vielfach zu falschen Schlüssen Anlaß gegeben
hat. Dahin gehört unter anderem, »daß ein Name, der nach unserem Ge-
lühle auf eine oder auf wenige Personen beschränkt bleiben sollte, auch
auf andere, ja auf ganze Gruppen angewendet wird, indem z. B. der Bruder
des Vaters ebenfalls Vater heißt« '. Aus dieser Erscheinung darf man aber
nicht schlechthin auf den Zustand sexueller Promiskuität der Geschlechter
schließen, wie es Morgan tat**. Schurtz sieht in jenen Bezeichnungen den
sprachlichen Ausdruck für die freie Liebe der Jugend, »indem als Gattinnen
eines Mannes nicht mu- dessen wirkliche, sondern auch dessen mögliche
Gattinnen bezeichnet werden, als Väter nicht nur der Vater selbst, sondern
auch die Männer, die Gatten der Mutter hätten sein können«^. In jedem
Falle bezeichnet aber die Sprache mit diesen generellen Ausdrücken eine
auf Grund ihres Alters zusammengehörende Gruppe von Individuen, d. h.
eine Altersklasse.
» ^•gl. Legge, a. a. 0. 27, S. 87.
■■« Legge, a. a. O. 27, S. 171.
^ Legge, a. a. O. 28, S. 150.
♦ Legge, a. a. 0. 27, S. 9.3.
^ Vgl. auch das Tabu zwischen Kindern (Solm und Schwiegertochter) und
Eltern. Legge, S. B. E. 27, S. 453.
« Vgl. Wundt, Die Anfänge der Gesellschaft S. 24 f.
^ Schurtz, Altersklassen und Männerbünde S. 184.
» Vgl. auch Conrady, China S. 489.
• Schurtz, a. a. 0. S. 185.
Quistorp: Männergcsellscliaft und Altersklassen im alten Cliina. 47
Deutliche Unterscheidung zwischen einer Klasse von Vätern und
einer Klasse von Müttern finden wir Li-ki 6 (16), 68a': .Ml y^ ^m^i
:^Ä^o^'S#Ä-&- ^■''■''' ^^S* ^^^- l^ommentar : ^ Z }lh
;Ä 1Ö ^ ^o M'J Ä ^o 11 ^ f Ö /fe #• Während die älteren und
jüngeren Brüder des Vaters also ältere inid jüngere Väter heißen, werden
dementsprechend die Frauen ältere und jüngere Mütter genannt. Der Be-
griff '^ bedeutet somit ursprünglich nicht die physiologische Vaterschaft,
sondern ist mehr eine generelle Bezeichnung und lunfaßt schließlich alle
Männer, die in vorgerücktem Alter stehen und gleichsam väterliches An-
sehen genießen, z.B. Shi-king II, 1, V, 2 2: j^}^^^. Als Kollektiv-
hegriff für die älteren männlichen Verwandten kommt -^ auch Shi-king II, 4,
111,3^ vor: 'f^^i^^^'Xl* Dieselbe Erscheinung findet sich dann ferner
bei dem «XXc «ysi'cc, den angeheirateten (exogamischen) Verwandten: ^_ be-
deutet »Schwiegervater" und » Mutterbruder «, -b^ »Schwiegermutter" und
•' Mutterschwester •< *. Alle diese Beispiele zeigen, wie die Verwandtschafts-
bezeichnungen einst sehr dehnbare Begriffe waren und nicht als Ausdrücke
für genauere verwandtschaftliche Grade aufzufassen sind.
Gab es nun in der Urzeit wahrscheinlich nur zwei Altersklassen,
nämlich die der Aufeinanderfolge zweier Generationen, so beobachten
w^ir, wie sich auch in China mit der Zeit ein sehr differenziertes Alters-
klassensystem herausbildete, entsprechend dem Zuge primitiver Kulturen,
bestimmte Motive und Daseinsformen bis zum Extrem weiter zu entwickeln.
Auf Altersklasseneinteilung weist es wohl hin, wenn Li-ki 8 (24), 58 b°
die alten T.eute in zwei Hauptgruppen geschieden werden: ^^ yf^ ^ H^ .
Li-ki 10 (46), 48 a'"' finden wir sogar eine genauere Einteilung von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt: A + ^ ^o ^E- + ^> J^o ^ + ^^ ^qH::
-pi^lTCj^ /\~H^^*51S* ^° typischer AVeise auf die Spitze ge-
trieben ist die Absonderung der einzelneu Jahrgänge Li-ki 3 (5), 33 a^, wo
wir erfahren, daß die Altersklassen an verschiedenen Plätzen gespeist, ja
sogar für jede Klasse besondere Gerichte zubereitet werden: 551 "H T^
•J^. Sicherlich hat bei diesen letzteren Beispielen als den übertriebeneu
Ausprägungen einer gesellschaftlichen Urform die Entstehung des Ahnen-
kultus und der Ehrfurcht vor dem Alter überhaupt w'esentlich mitgewirkt.
' Legge, S. B. E. 28, S. 62.
2 Legge, Ch. Cl. IV, S. 254.
3 Legge, a. a. 0. IV, S. 302.
^ Vielleicht spricht hier auch die Etymologie für Zweiteilxing in Alte und
Junge; denn zu bbi kiu vgl. -^ kiu »alt«, zu ■/raT vgl. "i" ku »alt«; der Alte,
die Alte.
5 Legge, S. B. E. 28, S. 231.
6 Legge, a. a. 0. 28, S. 439.
' Legge, a. a. O. 27, S. 240.
48 QüisTOR»': Männergesellschaft niui Altersklassen im altou Cliina.
Daß die Einteilung nach Altersklassen aber älter ist als pietiitvolles Ver-
halten dem Alter gegenüber, scheint mir endlich aus Li-ki 2 (3), 7a' hervor-
zugehen, wonach auch die Unerwachsenen in verschiedene Altersklassen
zerfallen und sogar in besonderen Särgen bestattet werden : j^] J\^ j^ fj^
solcheni Beispiel zeigt sich wiederum recht deutlich die Macht dt;s Kintei-
lungsjjrinzips.
Zum Abschluß dieser Betrachtungen mag noch eine für den Ursprung
der Altersklasseneinteilung vielleicht wichtige Stelle angeiuhrt werden, Li-
kil7, 80b und Sl„- |}|Jlif-<:^Ä4^ofiilJ0H^f^*±ic
^»^.^^UiJHB^äp |i5]±^^S%ßMiJ0
Hieraus sj)richt meines Erachtens eine nicht ganz dunkle Eriiuierung
an urzeitliche Verhältnisse, wo sich im Kampf ums Dasein immer diejeni-
gen zu einer Gemeinschaft zusammenschlössen, die auf Grund gleicher
Fähigkeit und Kraft zusammengehörten. Daher grenzte man wohl ur-
sprünglich die Altersklassen weniger nach den Jahren als nach den Be-
schäftigungen ab, denen die einzelneu Gruppen nachgingen. Deutlich läßt
sich hier jedenfalls die Entstehung dieser Gesellschaftsform aus den natür-
lichen Lebensbedingungen der Urzeit zurück verfolgen.
Viertes Kapitel.
Exkurs über die Trennung der Geschlechter.
Mit den letzteren Ausführungen sind wir schon der Entwicklungs-
stufe, mit der wir uns zu beschäftigen haben, vorausgeeilt. Trägt das
System der Altersklassen doch mehr den Charakter einer Begleiterscheinung
der primitiven Männergesellschaft sekundärer Art, so wollen wir uns ab-
schließend noch kurz einem Faktor zuwenden, der ungleich nachhaltiger
den Werdegang der Kultur bestimmt. Es ist dies eine Erscheinung, die
man als das notwendige Korrelat zu dem engen Zusammenschluß dei'
männlichen Stammesangehörigen bezeichnen kann und die von der Ethno-
logie, der getrennten Lebensweise der beiden Geschlechter entsprechend^
unter dem Begriff »wirtschaftlicher Individualismus« zusammengefaßt wird.
Oben^ wurde darauf hingewiesen, daß in erster Linie die Befriedi-
gung des Nahrungsbedürfnisses die Jagd als hauptsächlichste Beschäftigung
der primitiven Männergesellschaft entstehen ließ. Bücher sagt allgemein
über diese weitverbreitete ethnologische Erscheinung*: "Das Nahrungs-
bedürfnis ist das dringendste und ursprünglich das einzige, das den Men-
sch(!n zur Tätigkeit treibt, das ihn ruhelos undierschweifen läßt, bis es Be-
' Legge, a. a. 0. 27, S. 125.
2 Legge, a. a. O. 28, S. 74.
^ Vgl. S. 19 f.
* Bücher, Entstehung der Volkswirtschaft S. 44 f.
Quistorp: Männergesellschaft und Altersklassen im alten China. 49
friedigmig gel'unden hat. Bei den niedrigst stehenden Stämmen unseres
Gebietes geschieht dies in der Weise, daß die Männer, mit Pfeil und Bogen
bewaffnet, der Jagd obliegen, während die Weiber die Bäume nach Früch-
ten erklettern. Beeren" sammeln oder mit einem zugespitzten Stück Holz
den Boden nach Wurzeln durchwühlen. Es findet also schon bei dieser
primitiven Nahrungssuche eine Arbeitsverteilnng zwischen den beiden Ge-
schlechtern statt, die darin gipfelt, daß die Frau den pllanzlichen, der
Mann den tierischen Teil der Nahrung beschafft.« Ergab sich aus den
ersten Ka[)iteln eine gesonderte, in Krieg, Jagd und entsprechenden Tätig-
keiten aufgehende Lebensweise der Männer, so haben wir sichere Anzeichen
dafür, daß diesem Zustand auf der anderen Seite auch besondere wirt-
schaftliche Funktionen der Frauen entsprachen, deren Ausbildung schließ-
lich zu einer eigenen Wirtschaftssphäre führen mußte '.
Freilich fließen die Quellen für diese Erscheinung nur spärlich, um
so interessanter ist es aber zu vei'folgen, welchen Niederschlag diese ein-
stige wirtschaftliche Differenzierung in der späteren Sitte gefunden hat.
Während der Mann mit seinesgleichen der Jagd nachging und ihn
sein Nahrungsbedürfnis naturgemäß weiter in die Ferne führte, ging die
wirtschaftliche Tätigkeit der Frau vornehmlich in dem Sammeln von
Früchten und Pflanzen auf, wovon wir noch mancherlei Nachklänge in den
Quellen haben, gelten doch sogar Kastanien und Datteln als Symbol der
Frau^. Einige Shi-king-Lieder sind ja schon erwähnt w^orden, denen wir
den Charakter von Frauenarbeitsliedern zusprachen. Eine noch primitivere
Stufe veranschaulicht Shi-king T, 1, VIII*:
^\ xc» -•-*- "»"^
*5f^^B
o
Hier fehlt noch gänzlich die Beziehung auf den späteren kultischen
Zweck, die Tätigkeit der Frauen kommt in ihrer urzeitlichsten Form zum
Ausdruck.
Auch sonst werden die Vegetabilien und speziell das Ausstreuen der
Saat im Zusammenhang mit der weiblichen Beschäftigung erwähnt, z. B.
Chou-li5.11a*: Jl^^gg^^g ^MMtiM- DerKommentar
sagt dazu "^ ^* 'ß^ Iq" 'S* |^ ^^ • ^n den Gemächern der Königin wurde
also einst der Same fürs nächste Jahr aufbewahrt, und die Königin bringt
ihn mit ihren Dienerinnen dem König zur Bestellung des heiligen Ackers.
Freilich befinden wir uns auf einer Stufe, wo infolge intensiverer Aus-
nutzung des Bodens die Bearbeitung des Feldes durch den Mann notwendig
* Zu den folgenden Ausführungen vgl. A. Conrady, China S. 498 ff.
2 Vgl. Tso-chuanV, 107/108: :iC ^ ;y^ J^ # ?il Ä f 't "
^ Legge, Ch. CI. IV, S. 14. Vgl. dieses Lied auch bei Bücher (nach Mittei-
lung A. Conradys), Arbeit und Rhythmus S. 123.
* Biot, Chou-li I, S. 148.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 4
50 QuisTonr: Mäiuiorgesellschaft und Altersklassen im alten China.
pewordcn war, aber eine Erinnerung an die primitivere Stufe, wo diese
Tätigkeit in den Händen der Frau lag, hat sich in dem Aufbewahren und
teilweisen Anbau des Samens durcii die Königin doch wohl deutlich er-
lialten. Wir kommen also zu dem Schluß, daß auch in Cliina die Krau
zuerst den geregelten Anbau von Pflanzen zur Nahrungsbefriedigung ge-
pflegt hat und so die » Erlinderin ■< des Ackerbaues geworden ist. Sie war
daher viel mehr als der Mann dazu imstande, den ersten Schritt zur Seß-
haftigkeit zu tun und die ersten Anlange eines festen Wohnsitzes zu be-
gründen. Ein dazu gehüi-endes Stück Land win-de dann sehr bald ihr
besonderes Eigentum und Betätigungsgebiet. Darauf deutet das Wort kia
hin, das als Haus der Krau im Gegensatz zu dem ^s des Mannes durch
y^ gekennzeichnet wird. Das Zeichen für »säen-, kia, setzt sich aus dem
Radikal ^|r und *^ zusammen, und so gibt wohl das Zeichen ^^ einen
deutlichen Beleg dafür, daß ursprünglich die Bestellung der Hauswirtschaft
imd des undiegenden Keldes der Wirtschaftssphäre der Krau angehörte.
Da der Opfernde nur darbi-ingen darf, was er selber gesät und ge-
pflanzt hat, so ist hier auch die Spendung von Vegetabilien beim Opfern
zu erwähnen, Chou-li 5, 22 ^ heißt es: Jl *S Jl ^ Jltll Ä 5 ^o Ä
,^^S '^S^-' desgleichen erfahren wir aus Li-ki 24, 40 a ^ daß der
Älann beim Opfer die Herbeischaffung und Tötung der Tiere besorgt,
während die Frau die Opfergefäße mit Getreide zurechtstellt: ^' ^ ^^
^KMr'^o^ttPo^KM^- ^'^^ ''' ''' feststehend, daß
es formelhaft für Eheschließimg und Ehescheidung gewoi-den ist, z. B. Tso-
Chuan V, 232/34 : ji ^ IH fö. ^ TC ^E, « ^ ^^ S ^-
Sehr frühzeitig sclieint ferner der Anbau von Hanf und Seide von
der Kj-au ausgeübt zu sein, Li-ki 10 (44), 41b'' rühmt diesen Zweig des weib-
liehen Arbeitsgebietes: ^^^^ A o'i^ 1^^ M ^lä ^UM"^
^ ^^ ^ß.. Die Verarbeitung von roher Seide und Hanf wird weiterhin
(■ho.,-Ii27,3b^' Krauen werk genannt: )l^ ^^M^ f&Zt^ ZM ^ '
Auch einige Shi-king-Lieder enthalten Anspielungen auf diese Seite weib-
licher Tätigkeit, a.a.O. 1,12, n,2'-': '^^^'ALjj^i; HI, 3, X, 4': ^ fiS
^^/f^:^M.^Iic- <^'8l- Slii-l^-ingl; 9, 1,1, Legge, Ch. Cl.IV, S.163).
Im Zusauunenhang mit dieser Herstellung von Stoffen, überhaupt
nn't weil)licher Erwerbstätigkeit, steht es endlich vielleicht, daß nach Chou-
li 5, Sa" auch dei- i)rinn"tive Marktverkehr in den Händen der Krauen lag:
» Biot, a. a. 0. I, S. 154.
» Legge, S. B. E. 28, S. 212.
» Vgl. Legge, S. B. E. 28, S. 171.
* Legge, a. a. 0.28, S. 431.
'' Biot, Chou-li II, S. 458.
« Legge, Ch. Cl. IV, S. 206.
' Legge, a. a. 0. IV, S. 562.
8 Biot, a. a. 0. I, S. 145.
Quistorp: Männergesellschaft und Altersklassen Im alten China. 51
Üj^^I^ ^J5^jt rtT" ^^'" Kommentar bemerkt zu dieser Stelle:
niMkl^miämm-& aEjtiaiTnJHjtTfi-- Beider
Gründung der Stadt errichtet also der König den Palast, die Königin etabliert
den Mai-kt und regelt den Verkehr. Hierin spiegelt sich deutlich der pri-
mitive jNIarktveikehr wiedei', wie er sich urs])rünglich von Ort zu Ort
durch die Fiauen beim Wasserschöpfen an gemeinsamen Brunnen u. dgl.
anbahnte. Man brachte bei diesen Gelegenheiten seine Arbeitserzeugnisse
mit, lernte deren gegenseitige Vorzüge schätzen, und so konnte sich ein
reger Austausch entwickeln, während die Herbeischaffung von fremdlän-
dischen Erzeugnissen wohl die Männer bevorzugten.
Dieser wirtschaftliche Individualismus zeigt schließlicli darin seinen
tiefgehenden sozialen Einfluß, daß er auch in China zu einer Trennung der
Geschlechter führte, die von der Sitte streng geregelt war und gleichsam
einen eigenen Ritualismus des täglichen Vei-kehrs erzeugte '. Im ersten Kapitel
wurde schon darauf hingewiesen, daß die Bekappungszeremonie unter Aus-
schluß der Frauen stattfand. Auch sonst wurden alle öffentlichen Ange-
legenheiten im Kreise der Männer erledigt^. Dem scheint die Beteiligung
der Frau am Ahnenopfer zu widersprechen. Wie Plath* bemerkt, war sie
aber nur bei den Opfern im Hanse beteiligt, weil alles, was sich im Hause
vollzog, zu ihrer eigensten Tätigkeit gehöi'te. Bei den vielen Opfern außer-
halb des Hauses, soweit sie nicht zum Ahnenkult gehörten, war sie nicht
zugegen*. Die Anwesenheit der P'i-au bei den kultischen Feiei'lichkeiten
der Männer reicht demnach wohl nicht bis in die Urzeit zurück, sondern
entstammt einer Zeit, wo die Frau als Folge ihrer festen Häuslichkeit den
Ahnenknltus an den eigenen Herd gefesselt hatte. Wie dem auch sei, mag
das weibliche Element schon frühzeitig bei der Ausübung von Zauberhand-
lungen eine gewisse Rolle gespielt haben ^ die primitive wirtschaftliche
Differenzierung der Urzeit findet zunächst ihren Ausdruck in getrennten
Mahlzeiten der beiden Geschlechter. Nach Li-ki 1 (1), 20 b*' soll der Bräutigam
bei der \'erlobung seine Freunde einladen und ihnen ein festliches Mahl
geben, um dadurch die Trennung der Geschlechter zu markieren: "^ ')§
-^ i:i^ 15 -^ -^ij "tii ■ D''ilic'' ist PS ein bedeutsames Moment,
wenn die Neuvermählten zusammen speisen, aber bezeichnenderweise sitzen
sie dabei auf verschiedene Matten, Ngi-li 11, 8a^ 4ft ^W ^fl ^t^"^ ^•
1 Diese Trennung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Sitte kann
natürlich erst einer \erhältnismäßig späten Zeit angehören, da wir im ersten Kapitel
zu der Annahme eines freieren Verkehrs der Geschlechter geführt wurden.
2 Vgh Tso-ChuanV, 704/708: :g:^^§^^ft.
^ Plath, Religion und Kultus der alten Chinesen ü, S. 38.
* Vgl. den Kommentar zu Chou-li 5, 22 a (Biot I, S. 154): ^^-^[^:^
PtW^ÜÄl'^
P-
Über Priesterinnen vgl. A. Conrady, China S. 490.
Legge, S. B. E. 27, S. 78.
De Harlez, I-li S. 31.
4*
52 QuisTORi*: Männergesellschaft und Altersklassen im alten Cliina.
Diese neue gemeinsame Lebensweise von geschlechtsverschiedenon Personen
gilt für rliincsische Vorstellungen keineswegs als selbstverständlich, daher
l)czeichnet Meneiiis V, 1, II, 1 ' das Zusaniinenwohnen von Mann mid Weib
als die größte der menschlichen Heziehungen : ffl -^ J^ ^ A ^ -^
j'jS} -ffj . A. a. Ü. 111, 1 1\', y- wird der wirtschaftliche Individualisnuis klar
ausgesprochen: Unter den von Weisen des Altertums übermittelten Gütern
und Vorschriften erwähnt er nändich 5^ i&j^ ^ /ylj ^i Legge übersetzt ^|J
mit »separate functions«. Der Begriff besagt aber mehr, er bedeutet die
getrennte Lebensweise der Geschlechter überhaupt. Selbst das eheliche
Zusammenleben vollzieht sich in merkwürdigen Formen: Mann und Frau
bewohnen, so heißt es Li-ki 5(12), 73a*, voneinander getrennte Räume des
Hauses bzw. Gebäude des Gehöftes, der Mann den äußeren Teil, die
Frau den inneren, die Männer betreten nicht das Innere, die Frauen kommen
nicht in die Behausung des Mannes: '^ 's* ^ ^^ _^K p^ JB Hp f^ ^K
i^^^ ft ;^^ AoiC^ lÜ- ^I^'S ='"ch die Praxis wohl
niemals bis zu diesem Extrem ausgeartet sein, so ist doch diese theoretische
Auffassung von ehelicher Gemeinschaft sehr bezeichnend.
Hierher gehört dann ferner wohl die Sitte, die einer auch sonst ja
weit verbreiteten Gepflogenheit entspricht, daß die Schwangere zur Zeit der
Niederkunft ein Seitengemach bezieht, das der Mann nicht betreten darf.
Li-ki 5 (12), 73b' ^ 51^^ ^1 Bm^o^mAu?i-?^z-
Als Grund hierfür wird im allgemeinen die Unreinheit der Niederkommen-
den angesehen"; es fragt sich aber meines Erachtens, ob wir es hier nicht
schon mit dem Bedeutungswandel eines Motivs zu tun haben, das seinen
Ursprung in der natürlichen Trennung der Geschlechter hat".
In ihren letzten Auswüchsen ist diese Lebensweise endlich die Quelle
i'ür eine wohl einzig dastehende Prüderie gewesen. Das zeigen Bestim-
mungen wie folgende: Die Kleider der Eheleute dürfen nicht an demselben
Platze hängen, erst vom 70. Lebensjahre an dürfen sie zu dem Zweck die-
selbe Truhe benutzen ; die Frau darf das Lager des Ehemanns nur in seiner
Abwesenheit ordnen, Li-ki 5(12), 73a und b'*: ;^ ;^ ^ f^ f |ii t;llD ^
^^^'^i/^ ^^ ^^''^^'Hi' ^'* ^^^ Geschlechtsverkehr zwischen Ehegatten
keinen besonderen Einschränkungen unterliegt, so erkennen wir an diesem
1 Legge, Ch. Cl. H, S. 34G.
> Legge, a. a. O. H, S. 252.
^ Vgl. den stehenden Ausdruck 31 -^ H|J ^ u. dgl.
* Legge, S. B. E. 27, S. 470.
" Legge, S. B. E. 27, S. 471.
" Über das Tabu des Geburtsaktes für, den Mann vgl. PIoß-Bartels, Das
Weib II, S. 46 f.
^ Jedenfalls gab es in China keine Reinigungsvorschriften der Frau nachher;
denn die Keinigungszerenionien bei der Namengebung, die ja auch der Mann zu
vollziehen hatte (Legge. S. B. E. 27, S. 473 f.), galten der Festlichkeit.
* Legge, a. a. 0. 27, S. 470.
Quistorp: Männergesellschaft und Altersklassen im alten China. 53
Beispiel sehr deutlich den Ursprung von Schicklichkcitsfragen im Verkehr
geschlechtsverschiedener Personen.
Weitei'hin erfahren wir Ngi-li II, IIb', daß sich die Schwiegereltern
bei der Bewirtung der jungen Frau an verschiedenen Plätzen des Hauses
waschen, der Schwiegervater am Waschtisch des Südens, die Schwieger-
mutter am Waschtisch des Nordens: ^ /^^t T iS /it.M/it T Ä )(^'
Nach Ngi-li II, IIa ^ ißt die junge Frau bei der ^Mahlzeit nicht die Speise-
reste des Schwiegervaters, sondern nur die der Schwiegermutter: ^^'^
Vom 7. Lebensjahr an sitzen Knaben und Mädchen nicht mehr auf
derselben Matte, mit diesem Zeitpunkt beginnen auch die getrennten Mahl-
Zeiten, Li-ki 5 (12), 79a^- ^^ ^ ^^^\^ J^ ^^^^- Von früh
auf wird also sorgfältigst jede Annäherung vermieden, die sich schließlich bis
zu dem Verbot irgendwelcher körperlicher Berührung erstreckt: Nach Ngi-
li II, 14 b* trinkt die junge Frau auf das Wohl ihres Schwiegervaters, in-
dem sie den Becher von der Platte und nicht aus seinen Händen nimmt,
denn Männer und Frauen dürfen nichts direkt einander geben: ^^^^
^M^' ^ ^' Ebenso heißt es Li-ki 8 (25), 71 aS daß sich Mann und
Frau beim Geben und Nehmen eines Gegenstandes nicht berühren dürfen :
Auch ]Mencius bejaht die Frage eines seiner Schüler, ob die gute
Sitte die Berührung von Mann und Frau beim Geben und Nehmen ver-
Wete, a.a.0.1V, KXVII- S JMW^ WM Zlä^W^o So ^MM
r^n.mMm^iL.^iKnz^m.mikommmziä^
Nach den angeführten Beispielen w^ürde man sich gar nicht wundern,
wenn Mencius selbst in diesem Falle für konsequente Erfüllung des Schick-
lichkeitsgebotes einträte, sollte es einem weiblichen Wesen auch den Tod
des Ertrinkens kosten. Denn auch im Tode hat die Trennung der Ge-
schlechter noch kein Ende: nach Li-ki 8 (22), la*^ darf der Mann nicht in
den Armen des Weibes sterben, das Weib nicht in den Händen des Mannes:
1 De Harlez, I-li S. 36.
2 De Harlez, a. a. 0. S. 35. Wenig befriedigend ist der chinesische Kom-
mentar (Aiim. 5), der das ablehnende Verhalten des Schwiegervaters damit erklärt,
daß die junge Frau noch nicht heimisch, gleichsam Gast sei. Aus dem gleichen
Grunde müßte dann auch die Schwiegermutter ablehnen.
3 Legge, S. B. E. 27, 8. 478.
* De Harlez, I-li S. 41.
5 Legge, a. a. 0. 28, S. 248.
6 Vgl. Legge, a. a. 0. 27, S. 457/58.
' Legge, Ch. Cl. H, S. 307.
8 Legge, S. B. E. 28, S. 173.
54 Qi'istorp: Mäniiergesellschaft und Altersklassen im alten China.
heißt es Li-ki 7 (21), 8"2b ': Die Schwägerin lea;t nicht die Hand auf die Leiche
des vSchwagers und umgekehrt: j^^||ffi>J9(- Als Abschluß dieser Aus-
fiihrungen und wohl unvergleichliches Beispiel für die ins Extrem strebende
Ausbildung bestimmter Sitten mag Tso-chuan V, 553/556 angeführt werden,
wonach eine Frau bei einer Feuersbrunst umkommt, weil sie noch auf ihre
Amme wartet, ohne die sie nicht ausgehen darf: ^ "^ ^j^ ■;;/^ 5)>^ 51^ ^^
Fassen wir kurz das Ergebnis zusammen, so kommen wir auf Grimd
des vorliegenden Materials zu dem Schlüsse, daß in China auf einer sehr
frülien Entwicklungsstufe wirtschaftliche Differenzierung der Ge-
schlechter in vollem Sinne des Wortes geherrscht haben muß. Diese
Durchgangsstufe primitiven Wirtschaftslebens und nicht moralische Er-
wägungen bilden den historischen Hintergrund für die streng durchgeführte
Geschlechtertrennung. In den vorangehenden Kapiteln haben wir zu zeigen
gesucht, wie sich durch einen festen Zusannnenschluß der männlichen
Stammesmitglieder eine besondere Lebensgemeinschaft herausbildete; wir
sahen ferner, wie sich dadurch geradezu eine wirtschaftliche Sonderstellung
des Weibes ergibt, indem es im Kampf ums Dasein auf eigene Erwerbs-
tätigkeit angewiesen, bald gewisse Arbeltsgebiete zu seiner ausschließlichen
Betätigung macht. Das ist aber nui- die eine Möglichkeit der Betrachtung.
A'erfolgen wir endlicli weiter, welchen Einfluß diese Sonderstellung auf die
Fiuiktionen des Weibes als Mutter ausübte, so werden wir damit von selbst
auf die Tatsache des sogenannten IMutterrech ts oder der 3Iutterfolge
geführt.
Fünftes KapiteL
Exkurs über mutterrechtliche VorstelluDgen bei Lao-tze.
Daß es im alten China einstmals einen mutterrechtlichen Zustand gab,
hat als erster A. Conrady'^ behauptet und nachgewiesen. Es würde zu
weit führen und eine Abhandlung für sich erfoi'dern, wollten wir hier im
einzelnen die Quellenbelege dafür erbringen. Daher beschränken wir
uns darauf, den Spuren dieses primitiven Gesellschaftszustandes in der
Philosophie Lao-tzcs nachzugehen, steht dieser Denker doch am Anfang
einer dem strengen Konfuzianismus entgegengesetzten Geistesrichtung und
spiegelt das Denken und Pfühlen seines Volkes in einer freieren, weniger
durch den Konventionalismus eingeengten Form wieder. Auch insofern
eignet er sich besonders für unsere Schlußbetrachtung, als wir seine An-
schauungen int Tao-teh-king verhältnismäßig einheitlich und geschlossen
niedergelegt finden. Die Zurückfiihrung seines Systems auf natürliche
soziologische Grundlagen würde außerdem vielleicht einen neuen Gesichts-
punkt für das Verständnis seiner Weltanschauung erschließen. Zugleich
» Legge, a. a. 0. 28, S. 166.
» A. Conrady, China S. 483 f.
Quistorp: Männergesellschaft nnd Altersklassen iin alten China. 55
würden wir damit der Gefahr entgehen, den dunklen Begriff des Tao dui'ch
Hineintragung eigener mystisch-spekulativer Ideen noch mehr zu verdunkeln.
Der Begriff des Tao ist ja für Lao-tze der Grundpfeiler seiner Philo-
sophie. Tao bezeichnet er, allgemein gesprochen, als den Urgrund alles
Seins, auf den er immer wieder zurückkommt; seine daraus abgeleitete Ethik
und Sozialpolitik spielen im Verhältnis dazu nur eine untergeordnete Rolle.
Nun spricht man allgemein Lao-tzes System und speziell seinem Tao-
begriff einen religiös-mystischen Charakter zu. Strauß geht so weit ', ihn
mit dem persönlichen Gottesbegriff des Christentums zu identifizieren. Handelt
es sich aber bei Lao-tze um religiöse, wenn auch ins Philosophische ge-
steigerte Ausdrucksformen, so sind uns damit klare Richtungslinien fiir die
Betrachtung an die Hand gegeben, d. h. wir haben den Hintergrund der
allgemeinen kulturellen Zustände zum Verständnis heranzuziehen. Denn
wurzelt eine jede Religionsform in einer bestimmten soziologischen Struktur,
so läßt sich in China besonders deutlich die Entstehung und Entwicklung
der religiösen Begriffe als Ausstrahlungen des jeweiligeii gesellschaftlichen
und kulturellen Zustandes verfolgen. Man vei-gegenwärtige sich nur den
Göttej'staat, so wie er uns in der klassischen Literatur des Konfuzianismus
als getreues Abbild des irdischen, patriarchalischen Staates der damaligen
Zeit entgegentritt: nicht nur symbolisch gilt der König als der »Sohn des
Himmels« ^. Ebensowenig aber wie der in der Verehrung des Shang-ti
gipfelnde Monotheismus ist die patriarchale Gesellschaftsform urchinesisch;
diese hat vielmehr nach Obigem erst einen älteren mutterrechtlichen Zu-
stand verdrängt. Wollen wir diese Erscheinung, so wie sie sich in der
Geistesbetätigung eines Volkes wiederspiegelt, vom religiösen Standpunkt
aus auf eine Formel bringen, so können wir sagen : wie in allen aus eigenem
Boden erwachsenen Kulturen, ist auch in China einst dem Uranisnuis eine
Zeit des Chtonismus vorausgegangen. Wir wollen untersuchen, ob nicht
das 'l'ao-teh-king in seinem Grundbegriff als die philosophische Abstraktion
dieser geistigen Stufe anzusehen ist.
Unter anderem spielt ja in jener primitiven Weltanschauimg das
weibliche Prinzip eine entscheidende Rolle, namentlich in den Stammes-
sagen. So kennt die Sage nur immer die Mutter der ältesten Kaiser, der
Vater wird nicht genannt, eine Wiederspiegelung des Zustandes, bei dem
die Mutter infolge der Offensichtlichkeit des Geburtsaktes imd ihrer fast
ausschließlichen Aufgabe bei der Auferziehiuig des Nachwuchses als Erzeuger
und Erhalter der einzelnen Person und des ganzen Stammes gilt. Nicht
zutällig kommen nun wohl seit dem Auftauchen des Taoismus in der Literatur
die alten Volkssagen, speziell die von der mütterlichen Abstammung, zahl-
reicher zum Vorschein. Vielleicht würde demnach der Taoismus in seinen
ersten Anfängen einen uralten Volksglauben, so wie ihn der mutterrecht-
liche Zustand erzeugte, zum Ausdruck bringen.
1 V. von Strauß, Tao-te-king, Einleitung S. XXXV f.
2 Vgl. Shu-king V, 12, 9 und 13 (Legge, Ch. Gl. III, S. 425, 427), wo der
König als »der älteste Sohn» des Himmels (ttI-x') bezeichnet wird.
5f) Qi-isTORr: Mäniiorgesollsfliaft tind Altersklassen im alten China.
Prüfen wir daraufhin den Be};riff des Tao bei I>ao-tze, so erscheint
er in der Tat als der philosoiihisehe Ausdinck lur diesen alten Sagen-
ki)inj)lex. So bezeichnet Lao-tze gleich in den ersten Sätzen Tao als die
Mutter aller Dinge ' : M^ %^^ ^jii^^^ ^ ^ 'i^ ^fj:- »"d ähn-
lich im 4. Kapitel« als aller Dinge ersten Ahnen =»: '(KU ^ ^ ^ 4^ :^
^. Kapitel 2b* wird Tao der Welt Erzeugerin und Mutter genannt: ^
i|10a;jJCo vtXilli^± Pr«S35T#- Desgleichen im An-
fang von Kapitel 52^: ^ T W^O , Üü S ^T #"
Im 4. Kapitel" heißt es ferner von Tao: ^ '^" ^ -^^ es wird ihm
also auch zeitliche Priorität vor Gott — das einzige Mal, wo bei Lao-tze
dieser Begriff vorkommt — zugeschrieben, eine Ubei-tragung der mensch-
lichen Sagen auf die ganze Welt: Die Kaiser der Urzeit hatten nur eine
Mutter, ebenso hatte auch der göttliche Kaiser und mit ihm das ganze
Weltall nur eine Mutter, nämlich Tao. Sehr gravierend ist endlich noch
Kapitel 6^ wo Tao das geheimnisvolle (Tier-) Weibchen*, alles Irdischen
Pforte, Himmels und der Erde Anfang (wörtlich: Wurzel) genannt wird:
tung verdient vor allem die Bezeichnung ^ 'tj't ^ P^ ■ liierin liegt wohl
ohne Zweifel eine geschlechtliche Anspielung auf die Vagina als den Aus-
gangspunkt des Einzelwesens.
Aus der Gegenüberstellung des ewigen und des menschlichen Tao
könnte man schließen, Lao-tze habe unter diesem Urwesen eine Dyas ver-
standen. K -^ ist aber für ihn gar nicht Tao, sondern bedeutet geradezu
eine Aliirrung vom ursprünglichen Tao. Kapitel l heißt es ausdrücklich:
ittffi^ («c« ming und yo ming) [^j [ij "[fn-:^^: f^as Namenlose und
dasNanienhabende sind eins, dasNamenhabende gleichsam die Inkarnation des
Namenlosen. Das Wesentliche ist aber, daß Lao-tze nur eine Mutter als den An-
fang aller Dinge anerkennt, eine weibliche Urkraft, die, ganz wie die Stammes-
mütter einiger Sagen, ohne Mann erzeugt; und dies ist es, was meines Er-
achtens dem j)a tri a rchalen Chinesen unmöglich gewesen wäre, zu erfinden.
Er hätte '^"S"^ das menschliche Verhältnis seiner Stufe, auch auf das All
1 Legge, S. B. E. 39, S. 47.
2 Legge, a. a. 0. 39, S. 50.
3 Man könnte wohl zweifeln, ob Strauß (Tao-te-king S. 22) und Carus (Tao-
Teh-King, Chikago 1898, S. 99 [153]) ^ richtig mit nUrvater-. übersetzen. Da Tao
nicht einmal als Mutter, einmal als Vater bezeichnet werden kann, scheint -^ doch
wohl ursprünglich geschlechtslos gedacht zu sein.
* Legge, a. a. 0. 39, S. 67.
6 Legge, a. a. 0. 39, S. 94.
« Legge, a. a. 0. 39, S. 50.
' Legge, a. a. 0. 39, S. 51.
•* Die Annahme Terrien de la Couperies, das geheimnisvolle Tiervveibchen
sei die babylonische Lrkuh, scheint mir völlig unbegründet, vielmehr werden wir
vielleicht an urchinesische Totemvorstellungen zu denken haben.
Qüistorp: Männergesellschaft und Altersklassen im alten China. 57
projiziert. Hierin liegt zugleich ein Beweis gegen die Annahme von Sti-anß ',
-ffl: sei bei Lao-tze nur eine symbolische Ansdrucksweise. Nicht, daß er
eine Mutter an den Anfang der Welt stellt, muß uns auffallen, sondern daß
es nur eine Mutter ist.
Auf Grund dieser Erwägungen wird wohl der Schluß nahegelegt,
daß der Grundbegriif von Lao-tzes Philosophie seinen Ausgangspunkt in
konkreten und aus bestimmten Tatsachen hervorgehenden Vorstellungen ge-
nonnnen habe. Ein Rest dieser Anschauungen hat sich zum mindesten in
der Ausdrucksweise erhalten. Ist Tao bei Lao-tze auch schließlich zu einem
rein philosophischen Prinzip geworden, so verrät es doch seinen Ursprung
in der Unbestimmtheit und eigentlichen Undefinierbarkeit seines Wesens.
Freilich tragen diese letzteren Ausführungen einstweilen sehr hypo-
thetischen Charakter. Sie dürfen aber wohl als ein Vei-such angesehen
werden, die Grundideen Lao-tzes, dieses tiefsten Denkers Ostasiens, auf
ihre natürlichen Grundlagen zurückzuführen und in unmittelbare Beziehung
zu dem allgemeinen Kulturzustand einer fernen Urzeit zu setzen. Denn
noch einmal mag es ausgesprochen werden: Geistesgrößen, gleichsam die
jeweiligen Brennpunkte für die Ausstrahlungen einer bestimmten sozialen
Gemeinschaft, sind nie die Ausgangspunkte, sondern inuner nur die Höhe-
punkte einer Entwicklung. Das gilt für die chinesische Kultur nicht weniger
wie für jede andere, liegt bei ihrem konservativ-beharrlichen Charakter doch
die Gefahr besonders nahe, bestimmte Erscheinungs- und Lebensformen als
feststehende hinzunehmen und dabei ihr stetes Werden und Wachsen aus
niederen und niedersten Anfängen heraus zu übersehen. Wenn es der vor-
liegenden Arljeit gelungen ist, nach einer Seite hin gewisse Keimpunkte der
Entwicklung, so wie sie den Werdegang der chinesischen Kultur aus imma-
nenten Bedingungen heraus vorzeichnen, in ein etwas helleres Licht gerückt
zu haben, so sieht sie darin ihre Aufgabe erfüllt.
1 Strauß, Tao-te-king S. 6.
58 Quistorp: MännergeseUschaft und Altersklassen im alten China.
Nachträge.
Zu S. 27 Anm. 2: Als Opferstätte wird das Ming-t'ang auch S!ii-kl 28,
Ib (Cliavanncs, Memoircs llistoriques 111, 8. 448/49) genannt: ^ -J-' Q
Zu S. 27 Anm. 5: Vergleiche, daß nach Shi-ki 6,33 b (Chavannes,
Meinoires llistoriques II, S. 208/09) .lao und Shun Strohdächer auf ihren
Palästen hatten: ^^ ^^X^M'
Zu S. 30 Anm. 5: Vgl. Chuang-tze 10(33), 17a (Legge, S. B. E. 40,
S. 218), der von einer eigenen JMusik für das Pi-yung spricht: ^4 3E 'W
Zu 8. 31 Anm. 2: Interessant für die Rhythmik des Bogenschießens
ist auch Chou-H 6 (23), 6 a (Biot II, 38) : =g ^'^kIÜ'^^^- ^^'^'^^
dem Kommentar dient ^S hier 7,ur Bezeichnung der abgemessenen Be-
wegungeo: S, fi fl i^ t*^o ÄSÜM ^S Ä-
Zu 8.41 Anm. 4: Der Kommentar zu Chou-li 14,21a (Biot 11,41)
erklärt lIl^^S durch ^^^\ -ganz Federn«, offenbar also ein Tiertanz.
Ö^ wird erklärt durch: l^MW MM to ^MÜ^ ZM'
Auf dem Kopf trägt man also eine Federmütze, das Gewand wird mit
Eisvogelfedern geschmückt, eine Nachahmung von Tieren, wie sie überall
auf primitiven Stufen wiederkehrt.
Zu 8. 41 Anm. 6: Vergleiche auch, daß Kuei und Lang beim Opfer-
fest tanzen (Chavannes, Memoires Historicjues III, 8. 625 Anm. 2).
Zu 8. 46 Anm. 3 : Nach Tso-chuan V, 224/26 begibt sich der Geist
eines Fürsten nach der Totenklage an die Seite des Großvaters.
Quistorp: Männergesellschaft und Altersklassen im alten China. 59
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61
Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen
aus der Zeit der Chou- und Han-Dynastie und der
drei Reiche.
Von Friedrich Krause,
Hauptmann und Batteriechef im Fußartillerie-Iiegiment v. Hindersin (1. Pomm.) Nr. 2.
Uie vorliegende Arbeit will den Versuch einer Monographie bieten im
Sinne derjenigen Arbeitsmethode, die Professor J. J. M. de Groot in seiner
Abhandlung in der Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften vom 19. De-
zember 1912 dem Sinologen empfohlen hat.
Als Gegenstand wurden die Anfänge der chinesischen Kriegführung
zu Wasser gewählt und deren Darstellung auf die älteste Epoche beschränkt,
die für die Sinologie immer das wichtigste Forschungsgebiet bildet.
Die im Kap. K^O der großen auf Kaiser K'ang-hsi's Befehl compi-
lierten Encyclopädie [ Pf ^^ (Sl ^^ ^r jjJC "Vollständige Saunnlimg von
Schriften der Vergangenheit und Gegenwart", ^&j^Ät Absclinitt über
Mihtärweser, |^ — 'W^ ^K ?ic "o P IE 4" ^^^^^- ^^^' ^^^mpfe zu
Wasser, in chronologischer Anordnung] gegebene Zusammenstellung wurde
nur als Leitfaden benutzt, da diese Encyclopädie in dem allein zugäng-
lichen Schanghai-Neudruck Druckfehler und Auslassungen aufweist, auch oft
Commentare abbricht, wo noch wichtige erläuternde Angaben folgen. Fiu*
die Übersetzung sind daher überall die Oi-iginaltexte zugrunde gelegt worden,
und zwar für die 24 Historien -^ ^fU ^ die officielle Nan-king-Ausgabe
aus dem ^*f!>^^-/^i für das Tso-chuan ^ {M die kaiserliche Aus-
gäbe ^^^l^ffiiäS^-
Die Transscription ist die Wade'sche.
Hauptsächlich benutzte Litteratur.
^ ^M Tso-chuan.
^§g Shih-chi.
Tny" v!^ ^^ Ch'ien-Han-shu.
tj2 Kracse: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
^£ [^ /ife Sau-kuo-chih.
äittflH^Jiffl Sliih-hsing-yün-pien (citiert als S. H.).
ifi^ j^ Mli Jl /iv ffl IIb Li-tiii-ti-li-ciiih-yiin-pieii (citiert als T. L.).
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zur Geschichte Chinas (citiert als J. A.).
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1 : 1000000, der Kgl. Preuß. Landesaufnahme.
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 63
Text 1.
Tso-chuan, Kap. 27.
Im 24. Jahre des Herzogs Hsiang(l), im Sommer, drang der P'ürst von
Ch'u (2) mit einem Schiffsgeschwader in Wu (3) ein; da aber seine Kriegs-
organisation vernachlässigt w^ar, mußte er unverrichteter Saclie zurückkehren.
1. Herzog Hsiang von Lu ^^ J^ -^ regierte 571 — 540, das 24. Jahr
seiner Regierung ist also [nach Tchang, Synchronismes Chinois]
549 a. Chr. [nach Legge, Chinese Classics V, 1: 548].
2. ^^ großer Staat am mittleren Yangtse, den heutigen Provinzen
Hupei und Hunan entsprechend.
3. h^ Staat an der Yangtse-Mündung, den heutigen Provinzen Chiang-
su und Anhui entsprechend.
Text 2.
Tso-chuan, Kap. 31.
Im 17. Jahre des Herzogs Chao (1) [d. i. 525 oder 524] fiel Wu in Ch'u
ein. Yang Kai ^rl/I, der oberste Minister (von Ch\i), befragte das Los
über den (bevoi'stehenden) Kampf, und das Omen war ungünstig. Der
Marschall Tse Yü -^ "^ sagte: »Wir befinden uns stromaufwärts, warum
sollte (unsere Lage) ungünstig sein? Außerdem war es im Staate Ch'u
früher Sitte, daß der Marschall das Schildkrötenorakel befragte; laßt es mich
also noclunals versuchen.« Er loste und stellte dabei die Frage: »Wenn ich
und meine Begleiter im Kampfe fallen, das Heer von Ch'u aber (den Kampf)
fortsetzt, können wir dann den Feinden eine große Niederlage beibringen!'«
Die Antwoit war günstig, und es kam zum Gefecht von Ch ang an -^ f^ (2).
Tse Yü fiel bei Beginn (des Kamj)fes), aber das Heer von Ch'u setzte (den
Kampf) fort und brachte Wu eine schwere Niederlage bei. Hierbei er-
oberten sie das Schiff »Yü huang" i^ ^ und ließen die Leute von Sui (3)
und andere, die später eintrafen, zur Bewachung zurück. Rund (um das
Schiff) wurde ein Graben gegraben bis auf das Grundwasser, und in einem
zweiten Graben wurde Kohle aufgehäuft (und angezündet). Das Heer marschierte
auf und wartete weitere Befehle ab. Der Prinz Kuang -^f- von Wu wandte
sich bittend an seine Leute und sagte: »Daß wir das Schiff unserer früheren
■ Könige verloren haben, ist nicht nur meine Schuld, sondern ihr habt alle
Teil daran. Ich bitte euch, mir zu helfen, es wiederzuerobern, damit wir
uns vom Tode retten.« Damit waren alle einvei'Standen. (Kuang) schickte
nun 3 Männer mit laugen Barten (4), die sich bei den Schiffen verbergen
sollten, und gab ihnen die Instruction: »Wenn wir ,Yü huang' rufen, so
sollt ihr antworten.« Das Heer folgte ihnen in der Nacht, alle riefen dreimal
(»Yü huang!»), was mehrmals beantwortet wurde. Die Leute von Ch'u
64 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
verfolgten (die 3 Männer) und tüteten sie, aber das Ilecr von ("Ii'u war in
Verwirrung geraten, die Leute von Wu bracliten ihm eine schwere Nieder-
lage hei, erü])erten den -Yü huang« und kehrten (mit ihm) heim.
1. Herzog Chao von Lii 1^. jj^ ^ , bAü—bOH.
2. Das heutige Wu-iiu ^iiJE y/^J am Yangtse in Anhui.
3. P^', Territorium im Gebiet von Ch'u. entspricht dem heutigen
\'erwaltnngsbe/.irk von Sni-chou ^^ >j»j>l , Ti'-an-fu, Hupei. [T. L.]
4. Die Krieger von Ch ii liatten meist lange Barte, ^^ lieh, wodurch
sie als nichtchinesische Barbaren, [^ ^y|5, charakterisiert sind.
Der Führer von Wu will also mit dieser List den 3 Männern seiner
Partei, die ihm bei seinem Nachtangriff als irreführendes Echo
dienen sollen, das unbeargwöhnte Herankommen an das von den
bärtigen Feinden bewachte Königsschiff ermöglichen.
Text 3.
Tso-chuan, Kap. 34.
Im 4. Jahre des Herztjgs Ting (1) [d. i. .')06 oder 50."i], im Winter,
drangen die Fürsten von Ts'ai (2), Wu und 'Fang (3) in Ch'u ein. Sie ließen
ihre Schiffe an einer Biegung des Hnai- (4) Flusses zurück und gingen von
Yü-chang (5) aus gegen Ch'u vor, (von dessen Streitkräften sie) durch den
Han-Fluß getrennt (waren). Der Marschall auf dem linken Flügel, namens
Shu nb, sagte zu Tse Ch'ang Hp *,^ = "Bleibe du diesseits des Han, ent-
sprechend dem (Vorgehen der) Feinde, stromaufwärts oder stromabwärts
stehen; ich will mit der ganzen Feldarmee ihre (der Feinde) Schilfe zer-
stören imd auf meinem Rückwege (die Pässe von) Ta-sui, Chih-yüan und
■Nling-e (6) sperren. AVenn du dann den Han überschreitest und (in der
Front) angreifst, während ich vom Rücken licr angreife, so werden wir
die Feinde sicherlich vernichtend schlagen.« Man kam dahin überein und
(Shu) marschierte ab. (Nun aber) sagte Hei M aus Wu-ch'eng ;0i^ "^ zu
Tse Ch'ang: »Wu führt (Schilde von) Holz, wir aller haben (solche von)
Lcder; wir dürfen (hier) nicht lange bleiben, sondern müssen so bald wie
möglich kämpfen." Der Geschichtschreiber Huang ^^ sagte (ebenfalls) zu
Tse Ch'ang: »Das Volk von Ch'u haßt dich und liel)t den Marschall. Wenn
der Marschall die Schiffe von Wu auf dem Huai zerstört, die Pässe der
(3) Orte sperrt und (dann auf den Feind) eindringt, so wird er allein (das
Verdienst haben), Wu vernichtet (zu) haben. Du mußt rasch kämj)fen,
sonst wirst du nicht lebendig davonkonnnen.« (Tse Ch'ang) übcrscliiitt
darauf den Han, stellte sein Heer auf, und zwischen Hsiao-pieh /J> //ij ""d
Ta-i)ieh "^ /jlj (7) wurden 3 Schlachten geschlagen, die alle Niederlagen
(für Ch'u) waren. Und König Nang-wa S ~5i '^'^^ Ch'u mußte nach
Cheng (8) fliehen.
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 6o
1. Herzog Ting von Lu ^^'^^, 508—493.
2. :fe, kleiner Staat an der Nordgrenze von Ch'u, entspricht dem
Gebiet des heutigen Ju-ning-fu \it ^^fhf i"^ Honan.
3. I^, Territoi-iuin im Norden des Staates Ch'u, entspricht dem Ge-
biet des heutigen Nan-yang-fu |^ |^ ffrf i" Honan.
4. Der Huai ^-^ entspringt bei T'ung-j)o-hsien ^hB jkh i|^ in Nan-
yang-fu in Honan und tließt in geradem Lauf nach Osten in den
Hung-tse-See j^^ß^M'
5. T^^R war zur Zeit der älteren Han ein Kreis, entsprechend dem
heutigen Nan-ch'ang-hsien [^ M i^^ in Chianghsi. [T. L.] Die
Karte in Legge's Chinese Classics V, 1 verzeichnet ein anderes Yü-
chang südlich des Huai beim heutigen Shou-chou ^^ >)»|m in Feng-
yang-fu ^^ ^r /fd" in Anhui, das gut zum vorhegenden Text passen
würde, das ich aber aus chinesischen Quellen nicht feststellen konnte.
^' 3^1^ lä ^ ^-ßfe' ^^^^ ^" ^^^' Gegend des heutigen Ying-
shan-hsien ff^ Mj iB^ in Te-an-fu in Hu])ei. Das T'uiig-chien-ti-li-
t'ung-shih ^Igi-tliJiMS ^^''S^= "^" 1-yang ^ gr gibt es
3 Pässe. Das im Tso-clman (erwähnte) Ta-sui ist Huang-hsien ^^
(lj§, Chih-yüan und Miug-e sind Wu-yang ^^^^ bzw. P'ing-ching
^p-5Xm. Huang-hsien heißt heute Chiu-li-kuan "/^ J§. M^ und liegt
100 Li südlich von Hsin-yang-chün ^g^^^E> Wu-yang liegt bei
Ta-chai-Ung -^ ^^ ^g, 90 Li südöstlich von Hsin-yang-chün; P ing-
ehing heißt heute Hsing-che-p'o ^Tf ^f 1^' ^^ Li südlich von Hsin-
yang-chün. Zur Wei- |Offl Zeit wurde der Kreis I-yang ^^ ^r ge-
bildet. 1-yang hat 3 Paßbefestigungen. I-yang wurde in der Sung-
Zeit Hsin-yang-chün genannt. Heute ist es Hsin-yang-chou ^^ [^
»j>l>l und gehört zu Ju-ning-fu v4r jM. ß^ in Honan.
7. Orte nördlich und südlich des Han-Flusses, nordwestlich von Han-
yang-fu V^ ^r fiM- in Hupei.
8. SK, Staat am Unterlauf des Huang-ho, entsprechend dem Gebiet
des heutigen K'ai-feng-fu lä ^r j^ in Honan.
Text 4.
Ch'ien-Han-shu, Kap. 34.
Hsin (1) drang mit Truppen zum Angriff gegen Wei (2) vor. Wei
stand mit voller Heeresmacht bei P'u-fan (3) und sperrte Lin-chin (4). Hsin
stellte um so mehr Täuschungstruppen auf, ordnete seine Schiffe und wollte
nach Lin-chin übersetzen; aber versteckt gehaltene Truppen (von Wei)
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I.Abt. 5
C)G Krause: Fluß- und Seegefechte iiacli cliiiiesisclien Quellen.
kamen von Usia-\ang (5), setzten mit »Tonncnflößen ^ ^ ^* " '''''''" ""^l
ginffen An-i (6) an.
Commentar: Vn f'h'ien (7) sagt: An llolzstangen werden (Gefäße,
die man) yin-fou Mä"^ (nennt,) festgebunden, und damit setzt man über.
Wei Cliao (8) sagt: Aus Holz macht man ein Gefäß wie ein yin-fou. Shih
Ku (9) sagt: Die Erklärung des Fu ist die richtige, yin-fou nennt man
einen Krug mit weitem Bauch und engem Hals.
Im Shih-chi _^ gß des Szu-ma Ch'ien p] ,^ ^ wird im Kap. 92
(v# K^>^ ^iJ^H) die Episode unsres Textes unter den Ereignissen des
2. Regierimgsjahres Kaiser Kao-tsu's '/^ i^ iji§, (202 — 194) erzählt und kann
somit lur das Jahr 201 datiert werden. Der Text ist fast wörtlich der
gleiche, nur werden die »Tonnenflöße« hier als >fC:£^-^^ bezeichnet, und
über ihre Benutzbarkeit sagt hier der Commentar: Um Truppen überzu-
setzen, sind sie, wenn keine Schiffe vorhanden sind, anch hinreichend dicht. —
Die Lesart eines Commentators, der ^ j^;^ als Ortsnamen auffaßt, wird
als irrig abgewiesen: Liu Shih W|I ^ sagt: Ch'en-ch'uan ist der Name
eines Ortes, der im "Westen von Chiu-kuan -^ ^ liegt und dem hetitigen
Cliao-i ^H Sj entspricht. Dies ist falsch; ^ ^ bedeutet: seine Schiffe ge-
ordnet aufstellen mit der Absicht, über den Fluß überzusetzen.
1. ^ Yg Han Hsin, geboren in Huai-yin ^^ ß^ in Chiang-hsi als
Enkel des Fürsten von Han ^a (Lehensstaat im Gebiet südlich des
heutigen K'ai-feng-fu in Honan), der sein Land an Shih-huang-ti
^i'hh ^ "^ verloren hatte, verlebte seine Jugend in bitterer Ar-
mut, trat in die Dienste des Hsiang Liang 3§ ^^ und dann in die seines
Rivalen Liu Fang ^|J^[5^ des Begründers der Han- '^^ Dynastie,
der ihn zur Belohnung für seine erfolgreichen Feldzüge 203 zum
Fürsten von Ch'i ®. und 201 zum Fürsten von Ch'u ^ ernannte.
Er wurde später durch Verleumdung gestürzt, der Kaiser nahm
ihm alle seine Titel bis auf den eines Fürsten von Huai-yin J^
[J:^ ^^, seiner Geburtsstadt, und schließlich 'ließ ihn die Kaiserin
Lü-hou H j^ 196 enthaupten. Er ist einer der 3 Heroen ^^P^,
mit Chang Liang ^^ (gest. 189) und CirOn P'ing |J!|( ^ (gest.
178). [M. G.]
2. $6^, zur Han-Zeit Lehensstaat im Gebiet des heutigen Chang-te-fu
^t^;^ in Honan.
3. Yjjj h(, (hn K'ang-hsi-Neudruck der Encyclopädie falsch I j^),
im heutigen Yung-chi-hsien ^f^ V^ iMi in P'u-chou-fu yrtj >)'J' j^
in Slian-hsi. [T. L.]
"4. (Ü,',,', "h*'" '"' 'iG"''gen Ta-li-hsien ~}^^^j ^\ '" T'ung-chou-fu [pj
j'l'l jff in Shen-hsi. [T. L.]
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 6/
5. W^|^> i"i heutigen Han-cli'eng-hsien S^ M/ ',M> in Tung-chou-fu
[H| j'l'l j^ in Shen-hsi. [T. L.]
P'u-fan liegt auf dem linken, Lin-cbin und llsia-yaug auf dem
rechten Ufer des Huang-ho, an der südlichsten Stelle seines großen
Bogens.
6. ^^ ^ji ioi heutigen Hsia-hsien W ^l|E in Chieh-chou ^^ »N*j in
Shan-hsi. [T. L.]
7. flj^ ^^ 1" n Ch'ien, Beiname Tse Chen ^y* TM!, war in Jung-yang
0^ ^Ef in Honan geboren, wiu'de 189 p. Chr. Gouverneur von Chiu-
chiang 7^ y]^ und schrieb u. a. einen berühmten Commentar zum
Tso-chuan. [G.]
8« .&. jSi^i bekleidete um 275 p. Chr. ein Amt in Wu und schrieb histo-
rische Commentare. [M.]
9* 6rfi Vtr Shih Ku ist der Beiname des Yen Chou B§^^, kaiser-
liehen Sekretärs unter der T'ang-Dynastie im 7. Jahrhundert, der
offiziell mit der Neuausgabe der Han-shu betraut wurde und dessen
Commentare hohe Autorität erlangten. [M.]
Text 5.
Ch' ien- Han-shu, Kap. 6.
Im .^. Jahre Yüan-ting j^ iBj. [d. i. 112] (1), des Sommers im 4. Monat,
rebellierte der Kanzler des Königs von Süd-Yüeh (2), Namens Lü Chia H ^^,
und tötete den Gesandten von Hau sowie seinen eignen König. (Hau)
schickte (darauf) den »die Wellen beruhigenden General» (3) Lu Po-te (4)
von Kuei-yang (5) den Uuang-shui V^ yh^^ den •> Turmschiff-General« (6)
Yang P'u(7) von Yü-chang ^;^ den Chen-shui :i'^7JC(8), den Fürsten
von Yüeh (mit dem Ehrentitel) Kuei-i f^^^, namens Yen J^ (9)» er-
nannt zum .. Kampfschiff-General« (10), von Ling-ling(ll) den Li-shui ^# ^(\C (12)
hinab, den Chia m (13), ernannt zum -Stromschnellen überwindenden Ge-
neral« (14), nach Ch'ang-wu (15). Alle diese zogen Verbrecher zusammen
und aus der Gegend südlich des Yangtse und des Huai-ho Turmschiffe (16)
mit 100 000 Mann (Besatzung). Der Fürst von Yüeh (mit dem Titel) Chih-i
,B^^^, namens I jg, anderseits, nahm Verbrecher aus Pa und Shu (17),
hob Soldaten aus Yeh-lang aus und zog den Tsang-k'e-chiang jj^^Pj/X i^^)
hinab. Alle versammelten sich bei P'an-yü (19).
Das Shih-chi ^ gßi ^''"^-äldt im Kap. 113 das gleiche Ereignis mit
geringen Abweichungen des Textes und fährt dann fort: Im 6. Jahre
Yüan-ting [d. i. 111], im Winter, rückte der »Turmschiff-General« mit seinen
Elitetruppen vor, überfiel zuerst Hsin-shen (20), zerstörte Shih-men (21) und
5*
68 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
erbeutete dabei Schiffe und Reisvorräte von Yüeh. Darauf diang er weiter
vor, durchbrach die Vorposten (22) von Yüeh mit einigen 10000 Mann und
wartete (nun) auf den • wellenberuhigenden« (General). Dieser hatte Ver-
brecher zusaniniengezogcn, (aber) da der Weg weit war, verzögerte sich
ilir Zusammentreffen, und als er sich mit dem »Turmschiff« (-General) ver-
einigte, hatte er (nur) etwas über 1 000 Mann. Darauf drangen sie gemein-
sam vor, bis P'an-yü. Chien Te |^f^ und (Lü) Chia und alle andern
(Rebellen) verteidigten sich in ihrer Stadt. Der eine General wählte sich
einen geeigneten Ort aus und blieb im Südosten, der andere blieb im Nord-
westen (der Stadt halten). Mit Eintritt der Abenddämmerung griff der
»Turmschiff« (-General) an, schlug die Leute von Yüeh und zündete die
Stadt mit Feuer an Der »wellenberuhigende« (General) hatte
ein Lager aufgeschlagen, schickte Abgesandte mit der Aufforderung zur
Übergabe , und bei Tagesanbruch ergaben sich ihm alle Einwohner
der Stadt. Lü Chia imd Chien Tc waren schon in der Nacht mit mehreren
100 Anhängern auf das Meer entllohen und fuhren mit Schiffen nach Westen
(also längs der Küste von Kuang-tung). Der » wellenberuhigende« (Ge-
neral) befrug nun die Angesehensten unter den Überläufern, erfuhr so,
wohin Lü Chia sich gewandt hatte, und schickte Leute zu seiner Verfol-
gung aus. Auf diese Weise nahm der Marschall Su Hung wk^h ^^^
Chien Te gefangen und wurde (dafür) mit dem Titel eines Fürsten von
Hai-ch'ang j^ *e' belehnt, ein (niederer) Beamter von Yüeh, namens
Tou Ch'i ^ßl^? nahm den (Lü) Chia fest und wurde zum Fürsten von
Lin-ts'ai B^ ^ ernannt.
1. Liu Ch'e ^ij^l^i als Wu-ti ^^ 6. Kaiser der Han-Dynastie,
regierte 140 — 187 und wurde canonisiert als ^^ jr -^ "ffi* Hsiao-
wu-huang-ti, mit dem postumen Ehrennamen ( |fiJ3§^) Shih-tsung
•jlr^^. Seine Fürsorge für die altchinesische Literatur und weite
Kriegszüge nach Zentralasien und gegen die südlichen Stämme in
Yünnan haben seine Regierung berühmt gemacht.
2. ]^"^ entsprach den heutigen Provinzen Kuang-tung und
Kuang-hsi.
^' i^t(>C7l^^' ^^ei'selbe Titel wurde später auch dem Ma Yüan
(s. Anm. 1 zu Text 10) verliehen.
4- \^^ f^ f^- • ■■ Der General Lu Po-te stammte aus P'ing-chou 2pl J.j.j .
Als Gouverneur von Yu-pei-p'ing yj^^R^P war er ein Anhänger
des Armeeoberbefehlshabers ( B^ R^- Ü^. ^ , p'iao-ch'i = chef
d'armee [Couvreur]), hatte Erfolg und wurde zum Fürsten von
Fu-li ^irjf^ft ernannt. Nach dem Tode des Oberbefehlshabers
wurde (Lu) Po-t<'- als Grenzoffizier (^MtM'J') zum »wellenberuhi-
genden General« ^jßl^W. ernannt, besiegte Süd-Yüeh und
wurde noch mehr (mit Ehrentiteln) belehnt. Später geriet er in
Krause: Fhiß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 69
Contlict mit den Gesetzen, verlor seinen Fürstentitel, wohnte als
Befehlshaber des Bogen- und Annbriistcorps ^a^J/trj34- j^
Militärlager imd starb dann.« (Shih-chi ^ -P , Anhang zu
Kap. 111.)
5. ;f:^^i ii" heutigen Ciren-chou :|iljcP j'j'j in Hunan. [T. L.]
«• mmmm-
7. t^'^1 "Yang P'u war ein Mann aus I-yang ^ |^. Als in
Süd-Yüeh Rebellion herrschte, wurde er zum »Turmschiff-General»
ernannt, hatte Erfolge und erhielt den Titel eines Fürsten von
Chiang-liang ij:^^>[^. Von dem Hsün Chih (s. Anm. 3 zu
Text 6) wurde er (später) verhaftet und starb lange Zeit danach
an Krankheit. [Commentar: Zusammen mit dem Hsün Chih griff
er Korea an (Text 6), wurde von (Hsün) Chih verhaftet, nach
seiner Rückkehr entlassen, zum gewöhnlichen Untertan degradiert
und starb an Kränkelt.]- (Sliih-chi ^gß, Anhang zu Kap. 122.)
8. »Der Chen-shui entspringt bei Lung-ch'uan §^ /(l im (Kreise)
Nan-hai ]^'/^ und fließt nach Westen nach Chin ^ hinein.«
9. »Chang Yen §^ ^ sagt: Yen J^ war vor alters ein Mann in
Yüeh, er unterwarf sich und wurde Fürst von Kuei-i $^^fe.a
(Commentar im Shih-chi.)
11. ^f^i i"^ heutigen Ch'üan-chou ^ j'j'j in Kuei-lin-fu tJ^^ tv|^ )f4"
in Kuang-hsi. [T. L.]
12. »Der Li-shui fließt nach Südosten bis Kuang-hsin l§ ^g und
(dann) hinein nach Yü-lin ^ ;j)^ [=: Yü-lin-fu in Kuang-hsi].«
(•l«±-ttiJl*>-)
13. »Fu Ch'ien ^^^ sagt: Chia war vor alters ein Mann in Yüeh,
der sich Han unterwarf.« (Commentar im Shih-chi.)
14. "pi" i^ i||f^ 5* . (Im Text des Shih-chi steht "f^ Jg | | )•
15. ^;|i^, im heutigen Ch'ang-wu-hsien ^:itSl^ jn Wu-chou-fu
"to" jii /f^ ^" Kuang-hsi. [T. L.] Ch'ang-wu ist der Ort, wo an-
geblich Kaiser Shun ^^ 2208 gestorben ist.
16. ■j'^;^- Über ein »lu-ch'uan« sagt das Tu-shih-t'ung-tien ^frf" j^
^Ä in Kap. 60: »Auf dem Schiff sind drei Stockwerke er-
baut, Brustwehren und Kampfgerüste errichtet, Fahnen und Wimpel
aufgepflanzt, Öffnungen als Armbrustfenster und Lanzenlöcher an-
gebracht, Wurfmaschinen für Schleudersteine und Eisenbi-ei [^*^^
^j'4^] aufgestellt. (Das Ganze) sieht aus wie ein Stadtwall. Wenn
man plötzlich in heftigen Sturm gerät, so kann Menschenkraft
70 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
(das Fahrzeug) nicht regieren. Aus diesem Grunde ist diese
Sdiiffsait auch nicht geeignet für (kriegerische) Actionen, aber
sie muß doch bei der Flotte vorhanden sein, damit ihre Zusammen-
setzung vollständig ist.« (Abb. 1.)
Abb. 1.
17. 2i ""^^ -^^ ''^"'^^ Ch'ung-ch'ing-fu 2 K W" ""*^ Ch'eng-tou-
.. f" )jM\'^U '" Szu-ch'uan. [T. L.]
18. Tsang-kV- [einige Texte schreiben 7J;M7lpf] ^^'^'^ ^i" ^^^ ''" heutigen
P'ing-yueh-chou ^;^j'l'l i" Kuei-chou "^j'!']. [T. L.]
Krause : Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 7 1
19. ^w- r^ 1 entspricht der Gegend beim heutigen Kanton, siidhch
des Pcrltlusses. »Pays qui fait partie du 1^ 'Ji'l IM* " (Couvreur),
»now Nan-liai-hsien, Kuang-tung« (Playfair).
20. ^af^- Cominentar: Hsin-shen liegt westlich von Shih-hsing
-bn Ä nahe bei Lien-k'ou j^ [3 .
21. ^S^rn- Commentar: Shih-men liegt im Norden von P'an-yü-
hsien #^iß.
22. il = itil.
Text 6.
Ch'ien-Han-shu, Kap. 6.
Im 2. Jahre Yüan-feng JT ^4' [d- i. 109]. im 6. Monat, wurde der
»Turmschiff-General« Yang P'u (1) und der »General des linken Coi-ps« (2)
Hsün Cliih (3) mit Verbi-echern, die sich anwerben ließen, zum Angriff
gegen Korea (4) geschickt.
1. t^"^, s. Anm. 7 zu Text 5.
3. -^ ^^- "Der General Hsün Chih war ein Mann ans Kuang-wu
1^ ^t ^'" (Kreise) T'ai-yüan H|r IW- Er wurde zum Offizier
;i^ Eij ei'nannt, folgte mehrmals dem Großgeneral "^^J^^^i
wurde im 3. Jahre Yüan-feng (= 108?) zum »General des linken
Corps« ernannt, griff Korea an, hatte aber keinen Erfolg. Weil
er den »Turmschiff-General« verhaftete, geriet er mit den Gesetzen
in Contlict und wurde getötet.« (Shih-chi ^gRi Anhang zu
Kap. 111.)
4- ^1^.^ Chao-hsien.
Text 7.
Ch'ien-Han-shu, Kap. 6.
Im 5. Jahre Yüan-feng 71^ ^»F [d.i. 106] unternahm (der Kaiser) eine
Inspicierungsreise (^^ ^) nach Süden, bis nach Sheng-t'ang (1) Von
Hsün-yang (2) fuhr er auf dem Fluß, schoß persönlich einen Alligator (3) [?]
und fing ihn. Sein Schiffszug (4) war 1 000 Li lang.
1. ^1^- "Das Wen-ying ^ ^P^ sagt: Nach dem i-tliJM/fe ^^^""
es keinen Zweifel geben ; (Sheng-t'ang) muß rechts oder links im
(Kreise) Lu-chiang j^ y]^ liegen und ist Name eines Bezirks. Wei
Chao ^^ sagt: es hegt im Kreise Nan "j^. Shih Ku j^jjj "A*
sagt: die Erklärung des Wei ist die richtige.«
Kbaose: Fluß- >md Seegefechte nach chinesisclien Quellen.
2- ^s.^1, im heutigen Huang-inei-hsicu ^^4^^Ha\ '" Huang-chou-fu
^Jfllf^ in llupei. [T.L.]
3. iJJa^ chiao, - a scaly dragon« (Giles), "Crocodile, dragon sans cornes«
(Couvreui). — -Shih-ku |^|]j "i* sa^t: llsii Shen g^jjft sagt: das
chiao gehüi't zur Art der Drachen. Kuo P'u ^ß J^ beschreibt seine
Gestalt und sagt: es ähnelt einer Schlange, hat aber vier Beine,
einen dünnen Hals, der Hals hat weiße Streifen A' ^i). Die grüßten
(dieser Tiere) sind einige Klafter lang; sie sind ovipar, die Eier
sind (so groß) wie ein Krug, der 1 bis 2 Hu ^?|- [«a Chinese bushel
measure of various sizes« (Goodrich), »mesiire de dix ou de cinq
boisseaux ^U^ ■■ (Couvreur)] faßt. (Das chiao) kann Menschen ver-
schlingen.« — Über den ^l^^jl vgl. auch M.W.de Visser, The dragon
in China and Japan (Verhandelingen der Koninklijke Akademie
van Wetenschappen te Amsterdam, 1913), S. 76 ff.
4. Sro ß|if ; ein Commentar (des Li Fei ^pMi&) sagt: cht bedeutet das
Hinterteil des Schiffes, wo man steuert; lu ist das Vorderteil des
Schiffes, wo man stakt und rudert. (Obige Stelle also) bedeutet,
daß seine Schiffe so zahlreich waren, daß sie, Bug an Heck ge-
reiht, 1 0(10 Li ununterbrochen ausmachten.
Text 8.
Ch'ien-Han-shu, Kap. 64.
Damals (1) waren in Ost-Yüeh (2) öfters Rebellionen, (diu) Mai-
ch'en (3) sagte deshalb: »Ein alter König von Ost-Yüeh bewohnte und be-
wachte den Ch'üan-shan (4); ein Mensch konnte den (strategisch) wichtigen
Punkt bewachen, (dann) konnten 1 000 Mann nicht hinaufgelangen. Nun
erfahren wir, daß (jetzt) der König von Ost-Yüeh seinen Wohnsitz verlegt
hat nach Nan-hsing (5), einem Ort, der vom Ch'üan-shan 500 Li entfernt
ist; (dort) wohnt er mitten in großen Gewässern. Wenn wir jetzt von
FoM-hai ^^^ y^ aus ein Heer direkt nach dem Ch'üan-shan senden, imsre
Schiffe aufstellen und die Truppen aufmarschieren lassen, dann können wir
Nan-hsing allmählich aufrollen (6) und so (den Feind) vernichten.» Der
Kaiser befahl dem ]Mai-ch'en, sich in seinen Kreis zu begeben, Turmschiffe
zu bauen, Proviant und Gerät für den Wasserkampf vorzubereiten und den
kaiserlichen (schriftlichen) Befehl zum Angriff abzuwarten Nach
über einem Jahr empfing er dann den kaiserlichen Befehl, seine Truppen
zu nehmen und gemeinsam mit dem »meerdurchquerenden General« (7)
Han Yueh (8) und anderen zum Angriff auf Ost-Yüeh zu schreiten. Er
hatte Erfolg und wurde belohnt.
1. Siehe Anm. 8.
2. ^^;^i entsprach in der Ilan-Zeit dem südlichen Teil der heuti-
gen Provinz Ch6-chiang.
Krausk: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 73
3- ;^ ^ ^, mit Beinamen Weng-tse ^-^i ans Wu ^ gebürtig
und von armer Herkunft, wurde Gouverneur von Kuei-chi ^ 1^
im heutigen Shao-hsing-fu ^^^ Ä |jM^ in Che-chiang und Staats-
minister in Han ; in eine Intrigue verwickelt, verlor er 116 a. Chr.
sein Leben. [G.]
4. ^|jL|. "Shih Ku ||f|j "^ sagt: der rh'üan-shan ist der Berg des
heutigen Ch'üan-chou ^^ >l[\ ; das 'fS^ bedeutet, ilm (den Berg)
bewachen und dadurch sicli selbst eine feste Position schaffen.
Es gibt Leute, welche sagen, das 'fö sei Ortsname [also = Pao-
ch'üan-shan], dies aber ist ein Felder.«
5. mi^^ ; obgleich sich ein Ort Nan-hsing in dieser Gegend nicht
nachweisen läßt — Playfair nennt ein r^ ^j^ in Chih-li — , geht
doch aus der späteren Stelle [j^^^j^'fTi s. Anm. 6] hervor,
daß es ein Ortsname ist und nicht »nach Süden ziehen« bedeutet.
6. f^^ "Wie eine Matte aufrollen«. Giles hat: j^ ^ ^ ~K "he
rolled up the empire like a mat, conquei'ed it«. Vgl. auch: ^j/
jl\^ j^ /^ ^J^ pT ^x -f^ »mein Herz ist keine Matte, man kann
es nicht aufrollen« (Shih-ching, f^|5:(f:p jK^)-
^- ^£g^- "Der General Han Yüeh war der Enkel einer Nebenfrau
des Fürsten Kung Kao. Als Offizier JR^ E^ war er ein Anhänger
des Großgenerals -^ tj|^ ^ , hatte Erfolge und wurde zum Fürsten
von Lung-e ag^Il^F^ ernannt, (dann) ließ er sich bestechen und
verlor seinen Fürstentitel. Im G.Jahre Yüan-ting 7^ |i%. [d.i. 111]
wurde er als literarischer Candidat [^^g2 iTitre donne ä ceux
des Han-lin (pii attendent leur prochaine nomination ä une charge'
(Couvreur)] ernannt zum , meerdurchquerenden General', griff Ost-
Yüeh an, hatte Erfolge und wurde zum Fürsten von An-tao ^^ ^M*
ernannt (Schließlich) grub man ,Ku' aus in der kronprinz-
lichen Palastwache, und der Kronprinz ließ ihn töten« [Shih-chi
^oE' ''^"hang zu Kap. 111]. — Nach dem chinesischen Zauber-
aberglauben setzte man verschiedene Reptilien und Insekten in ein
Gefäß, so daß sie sich gegenseitig fraßen; das letzte übei-lebende
Tier hieß ,Ku' äJäa. und besaß geheime Kraft zum Nutzen seines
im. ^^
Besitzers und zum Schaden anderer; auch wurde aus dem pulveri-
sierten Tier ein Gift hergestellt, das, in Speise und Getränk ge-
mischt, dem Gegner Siechtum und Tod bringen sollte. Im weiteren
Sinne sind dann auch alle Sympathiezauber zum Schaden eines
andern ,Ku', wie etwa das Vergraben einer Ginseng- [ A 'f^]
Wurzel (= Atropa mandragora) von menschenähnlicher Gestalt. Um
74 Kral'se: Fluß- und Seegcfcolite nach rhinesischcn Quellen.
einen derartij^en rffl^'» hatte zur Zeit Kuang-
wu-ti's das Amt eines Reitergenerals und wurde zum Fürsten von
Fou-yang >?^ ^? erhoben. [S. H.]
^^^, heute Nan-yang-hsien ]^ (^ ^^ in Nan-yang-fu [^ ^
\^ in llonan. [T. L.]
;^|^, heute Wu-ling-hsien J^I^W» '° Cirang-te-fu *^fg|f^
in llunan. [T. L.]
[it, heute C'hiang-ling-hsien 7X1^ ^{Wi ^^ Chiug-chou-fu ^ij TH
)^ in llupei. [T. L.]
^±.^^' s. Anm. 5 zu Text 5.
^1[k¥, s. Anm, 11 zu Text 5.
■f^vj;?, im heutigen Ch'ang-sha-hsien -^ ^i'J/ ^||^,i in Ch'ang-sha-fu
M'&f^ in Ilunan. [T. L.]
chao-tsu ^^^. 1^ cho ist in der Bedeutung "Ruder« (= i^
chao) chao zu lesen. — Commentar: die ^^^K handhaben die
Ruder und bewegen so das Schiff vorwärts.
^j, Staat am Oberlauf des Yangtse in der heutigen Provinz Szu-
ch'uan. (Siehe Anm. 17 zu Text 5.)
jä/j' (rJ f ffi Tom" , wörtlich: wo er sich hinwandte, hatte er nichts
vor sich.
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 77
Text 10.
Hou-Han-shu, Kap. 24.
Im 18. Jahre Chien-wu ^^ ^(^ [d. i. 42], im Friihling. kam das Heer bis
oberhalb Lang-po '/^VH' käm[)fte mit den Rebellen, vernichtete sie und
köpfte mehi-ere tausend, und über 10000 unterwarfen sich. (Ma) Yüan (1)
verfolgte die Chcng Tso (2) und die übrigen bis Chin-ch'i (3), brachte ihnen
mehrere Niederlagen bei, worauf sich die Rebellen zerstreuten. Im nächsten
Jahre [43], im I.Monat, ließ er die Cheng Tso (2) und Cheng Erh (2) ent-
haupten und schickte ilire Köpfe nach Lo-yang (4) Ma Yüan
nahm Tui-mschifFe (5), große und kleine, im ganzen über 2000 Fahrzeuge,
und über 20000 Streiter und grift' an, was an Rebellen in Chiu-chen (6) von
der Partei der Cheng Tso noch üln-ig war. Tou Yang :^K2i^ und andere
töteten und machten zu Gefangenen mehr als 5 000 Menschen zwischen Wu-
kung und Chü-feng (7); Chiao-nan (8) wurde unterworfen. Commentar:
(Ma) Yüan gelangte bis Chiao-chih (9) und errichtete (dort) eine Bronce-
säule als Zeichen der äußersten Grenze van Ilan.
1. ^p&,^, »sein Beiname war Wen-yünn ^^Vrai er stammte aus
Mao-ling 'tU [^ in Fu-feng i^ j^V (im heutigen Shen-hsi). Ein
Vorfahre von ihm war Ch'ao She S^^^; dieser war ein General
im Staate Ch'ao iÖ und erhielt den Titel ^fe HJ^ S'; davon nahmen
seine Nachkommen den Familiennamen (Ma) an. [Hou-Han-shu,
Kap. 24 ,^|^^|J{M] — ^^ä Yüan kämpfte unter dem Usur-
pator Wang Mang ^F~,4f^ (gest. 23), dann gegen diesen unter Wei
Hsiao B^ ^M^ (gest. 33) und wurde 35 Gouverneur eines Gebietes
im heutigen Kansu. Für die erfolgreiche Unterdrückimg des Auf-
standes in Annam, von dem jmser Text erzählt, erhielt er den
früher dem Lu Po-te (s. Anm. 4 zu Text 5) verliehenen Titel eines
»wellenberuhigenden Generals- 'f/^ ||^ t|^ J^ , 'ind seine Tochter
wurde später die Gemahlin des Kaisers Ming-ti 0H »^ (58 — 76),
bekannt als Ma-hou j^ f^ oder Ming-te-huang-hou ^ |^ ^ J0.
Ma Yüan starb 49 auf einem Kriegszuge in Hunan ; in der Provinz
Kuang-hsi wird er noch heute göttlich verehrt. [G.]
2. Die Häupter dieses Aufstandes im Süden waren 2 Schwestern,
Cheng Tso ^|J^jJ und Cheng Erh |^ J^-
3. ^ö^ ^^, entspricht der Gegend des heutigen Hsing-hua fi. 'tr,
in Annam. [I. A.]
4. viÄ [^, war seit 25 p. Chr. die Hauptstadt der Han-Kaiser. Es lag
im heutigen Lo-yang-hsien '^^ |^ ^> in Ho-nan-fu j^jij ^| j^ in
Honan. [T. L.]
5. t^^, s. Anm. 16 zu Text 5.
78 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
6. "/^^ iVl, im heutigen ('li'ing-hna-fu V^' 'U' ßrf '•» Annain. [T. L.]
7. &t ijfj Wu-Kung und S 1^ ("liü-ieng sind Namen zweier Be-
zirke, die htMde zum Kreise ('hiu-clu'n "^ j|T gehören; Chü-feng
ist heute Ai-chou ^* Ti'j ■ [('oimnentai', Hou-Han-slui, Kap. 24].
8. |1)^I^; oder "das Land südlich der Bergkette» (?), wie «^]^-
9. ^ [)J1: [oder ^|i-||;], im heutigen Chiao-chou-fu ^ j'|'| |fij- i"
Annam. [T. L.]
Text 11.
H o u - H a n - s h u , Kap. 16.
Im 2. Jahre Chang-he ^^fP [d. i. 88 p. Chr.] hatte der mit der Be-
wachung der ("h'iang betraute Offizier (1), namens Chang Yü ^^^JTi '^^"
]Mi Wu (2) und andere vom Ciriang-vStamme der Shao-tang (2) (in den Hinter-
hall) gelockt und getütet. Dadurch waren alle Ch'iang in großen Zorn ge-
raten, berieten miteinander und entschlossen sich, ihren Groll zu rächen.
Der Kaiserliche Hof war in großer Besorgnis, und die höchsten Staats-
beamten (3) schlugen vor, den (Teng) Hsiin (4) an Stelle des (Chang) Yü
zum militärischen Befehlshaber zu ernennen. Alle Ch'iang waren sehr auf-
geregt, sie Keßen die gegenseitigen Streitigkeiten untereinander fallen, ver-
banden sich durch Heiraten, tauschten Geiseln aus und schlössen Bündnisse
ab; im ganzen hatten sie über 40000 Mann und (wollten), wenn der Fluß
zugefroren wäre, diesen überschreiten und den (Teng) Hsün angreifen.
Früher hatten die Zentralasiaten [Hu (5)] vom Stamme der Hsiao-Yüeli-chih (6)
getrennt (von den Ch'iang) innerhalb der Grenzbefestigung (von Ilan) ge-
wohnt; sie zählten 2 — 3000 Reiter und waren sämtlich unitig, gesund, wohl-
habend und stai'k. Jedesmal, wenn sie mit den Ch'iang kämpften, über-
wältigten sie immer mit ihrer Minderheit eine Mehrheit von P'einden. Obgleich
ihre Gesinnung manchmal zwischen l)eiden Parteien schwankte, zog doch
Han von Zeit zu Zeit Nutzen (von ihnen). Damals (nun) vereinigte der
Sohn des INIi Wu, namens Mi T'ang (2), seine Heeresmacht mit der des
Ch'iang-Stammes in Wu-wei (7), (so daß er) zusamme'n 10000 Reiter (hatte),
kam bis an die Grenzbefestigung, traute sich aber nicht, den Hsün anzu
greifen, wollte vielmehr erst die Yüeh-chih (-Hu) überziehen. Hsün ver-
sammelte seine Leibwache, war auf seiner Hut, befahl aber, nicht zu kämpfen.
Die allgemeine Ansicht aller war, daß, wenn die Ch'iang und die Hu sich
gegenseitig angriffen, der (chinesische) Kreisbeamte davon nur Vorteil haben
könne, indem er Barbaren (8) durch Barbaren bekämpfen ließ, es (daher)
nicht gut sei, dies zu verbieten und (einen Teil) in Schutz zu nehmen. Hsün
(aber) sagte: »Nein. (Mein Vorgänger) Chang Yü hat sein Wort gebrochen;
(deshalb) rühren die Ch'iang sich mit Macht, so daß (wir) stets mindestens
20000 Mann bereithalten müssen, und die hierfür nötigen Transportkosten
haben die Kasse sehr erschöpft. Da die Hu jetzt in Not sind, so können
wir, wenn wir sie human behandeln, großen Nutzen von ihnen haben.« Er
Krause : Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 79
befahl darauf, die Stadt und seine eigne Wohnung zu öffnen, und ließ alle
Weiber und Kinder der IIu scharenweise hineinbringen und militärisch be-
wachen. Die Ch'iang fanden also nichts zu rauben und zu plündern, wagten
(auch) wieder nicht, die Hu anzugreifen, und lösten sich auf. Daher sagten
nun alle Leute der Hu in Huang-chung (9): »Die Regierung von Hau wollte
uns stets bekämpfen; jetzt behandelt uns ihr Gesandter Teng (Hsün) mit
Wohlwollen imd Vertrauen, ließ uns die Tore öffnen und nahm unsre
Weiber und Kinder auf, so daß wir nun wieder unser Familienglück ge-
nießen können.« Alle freuten sich, machten k'ou-t'ou und sprachen: »Wir
stehen ganz zu Befehl.« Hsün beruhigte und verpflegte sie und suchte sich
aus ihnen einige hundert junge, tapfere Leute zu seiner freiwilligen Begleitung
aus. In der Sitte der Ch'iang und Hu gilt es als eine Schande, an einer
Krankheit zu sterben; wenn in einer Krankheit die Krisis eintritt, stechen
sie sich selbst mit einem Messer tot. Wenn nun Hsün höj-te, daß Leute
in schwerer Ki-ankheit lagen, nahm er sie stets in Gewahrsam, ließ sie
binden, gab ihnen keine Waffen, schickte Ärzte und ließ sie mit Arznei
heilen. Dadurch ist mehr als einer gesund geworden, und bei groß und
klein herrschte allgemein Dank und Freude. Darauf belohnte und bestach
er alle Stämme der Ch'iang, daß sie sich gegenseitig (zur Unterwerfung)
anlocken sollten. Der Onkel von Mi T'ang, namens JNIi Wu (10), kam darauf-
hin mit seiner INIutter und 800 Familien seiner Stammesgenossen von di-außen
in die Grenzbefestigung hinein und unterwarf sich. Hsün hob dann aus
Huang-chung 4000 Soldaten aus von den fremden Hu imd Ch'iang, ging
aus der Befestigung heraus, überfiel und schlug den Mi T'ang im Tal von
^i (11); hierbei wurden über 600 Mann getötet und gefangengenommen,
über 10000 Pferde, Rinder und Schafe erbeutet. Darauf verließ Mi T'ang
Ta-yüeh und Hsiao-yüeh (12) und wohnte im Tal von P'o-yen JwW l^- Sein
ganzes Volk war völlig vernichtet und verspi'engt. Im Frühjahr wollte er
wieder in sein ursprüngliches Land zurückkehren und Ackerbau treiben.
Hsün (aber) hob 6000 Mann aus Huang-chung aus und ernannte den Jen
Shang Y^ fp^ zu ihrem Befehlshaber. Dieser ließ Schiffe aus Leder nähen,
setzte sie auf ein »pei« (13), überschritt damit den Fluß und überfiel das
Lager des Mi T'ang. Der »Freigebige« (14) (d. i. Teng Hsün) nahm viele
gefangen und tötete viele, verfolgte die Fliehenden (15) und vereinigte sich
(dann) mit Jen Shang und den übrigen. In der Nacht wurden sie von den
Ch'iang angegriffen, (aber) die freiwillige Leibwache (des Hsün), aus Hu
und Ch'iang gebildet, schlug (die Feinde) mit vereinten Kräften, köpfte
mehr als 1800 Menschen, nahm 2 000 Mann lebendig gefangen und erbeutete
über 30000 Pferde, Rinder und Schafe. Der ganze Stamm wurde fast völlig
aufgerieben. Mi T'ang nahm den Rest seines Stammes und verlegte sein
Lager über 1000 Li nach Westen. Alle kleinen Stämme, die ihm angehangen
hatten, fielen von ihm ab, der Häuptling (16) vom Stamme der Shao-tang (2),
namens Tung Hao (17), machte k'ou-t'ou und bat weinend um seinen Tod (18);
alle (seine Leute) wurden innerhalb der Grenzbefestigung aufgenommen, sie
stellten Geiseln, und darauf herrschte dauernder Friede.
so Krausk: Fluß- und Seegefechte nacli cli'mesischen Quellen.
2. Die Ch'iang ^- sind ein tibetisches Volk, das iu zalilreiche kleine
Stämme zerfiel (s. unten) und wohl identisch ist mit den späteren
Tanifuten, P"f" ^^ t'u-fan, im Kukuiior-Gebiet. [Kranke.] — Aus-
liihrliche Angal)en über das Volk der ("h'iang, das in ununter-
brochenen Grenzkämpl'en mit den Chinesen lebte, enthält Kap. 87
des Ilou-lian-shu (pL] ^ {dl); hier wird auch eine, zwar lücken-
haite Genealogie der Fürsten der Ch'iang gegeben. Als Ahnherr
wird der halbmythisciie Yiian Cliien ^^ wjD genannt, dessen Ur-
enkfel Jen ^, uiul Wii ^M 9 bzw. 17 Söhne hatten, die ebenso
\iele Stämme gründeten. Yen ^ff^ der Sohn des Jen, war eine
sehr mächtige Persönlichkeit, so daß sein Stamm nach ihm den
Namen Yen annahm. In der 13. Generation, zur Zeit Kaiser Yüan-ti's
TCi '^(■18—32 a.Chr.), trat wieder ein kräftiger Herrscher auf, namens
Shao Tang 'j^'S*' "'"^'I' d^^n sich der Stamm fortan Shao-tang
nannte. Tien Wu yipL ^^ war der erste Fürst, der sich den Chi-
nesen unterwarf und in ihi" Gebiet übersiedelte. Von den Rebellionen
seines Sohnes INIi Wn ^^^' "tul seines Enkels Mi T'ang p^ 1^
handelt unser Text. Die Verwandtschaft der dort genaiuiten Per-
sonen veranschaulicht am besten der beigefügte Stammbaum :
I
I
?
^^ Jen f£ Wu
^j^ Yen u. 8 JSohne 17 Söhne
'f^'m ^^^^^ ^^"» (gegeo 40 a. Chr.)
VJJt J^ 'Hen Liang (gest. 56 ]>. Chr.)
yi^ ^ Tien Wu (gest. 59) y^. ^ Tien An.
^ T.mg Wu (gest. 89) ^ ^ Mi AVu (gest. 88) §j| ^ Hao Wu
I I
MvM. ^'""'.'^' 11=»<> iäilS ^I' T'ang (gest. 102?)
I I
hhM -^''' ''"' ^'^ ^''^'''
Krausk: Fluß- und Seegefechte nach chinesisclien Quellen. 81
3. ^^%h eigentlich die H<^3!.#|)' '^'^ "Keichsverwalter...
4. gpjlll, -er war der Sohn des (Teng) Yü ^, sein Beiname war
P'ing-shu ^^JjSt- Sein Vater stammte ans Hsin-yeh ^ ^f* in
Nan-yang |§j^.«
5. itH Hu ist bei den Chinesen die allgemeine Bezeichnung für die
aus skythischen, indischen, griechischen Elementen gemischten
Völker Centralasiens.
6. Die Yüeh-chih ^^ [Commentar: ^§j^; daher auch die
Schreibweise H "^ vorkommt] wohnten nach den ältesten chine-
sischen Angaben ursprünglich im Norden der heutigen Provinz
Kansu. Sie gerieten in Kämpfe mit ihren nördlichen Nachbarn,
den Turkvölkern der Hsiung-nu -jäf ^ "°d derWu-sun ,^ ^■
Von dem Hsiung-nu-Fürsten Moduk (^ |g Mao Tun, gest. 174
a. Chr.) besiegt und von dessen Nachfolger Kiyuk (^^ß. gest.
160) gänzlich vernichtet und aus ihren Wohnsitzen vertrieben,
wanderte die Masse der Yüeh-chih, jetzt Ta Yüeh-chih -^ ^ ^
genannt, nach Westen und Nordwesten bis in die baktrischen
Oxusländer (Ta Hsia ^ g = Baktrien), wo sie in dem großen
Reich der indoskythischen Tocharer (^^ ^ ^ Tou-huo-lo) auf-
gingen. Nur ein kleiner Rest blieb in den alten Wohnsitzen zu-
rück und lebte dort in enger Berührung mit den tibetischen Ch'iang
ife, und diese sind es, denen wir in unserem Text als Hsiao
Yüeh-chih yU H ^ begegnen. [Hierzu vgl. 0. Franke, Beiträge
aus chinesischen Quellen zur Kenntnis der Turkvölker und Skythen
Centralasiens, Abh. d. Kgl. Preuß. Akad. d. W^iss. 1904.] -- Das
Hou-Han-shu sagt in Kap. 88 {M^i$-)'- "^° früherer Zeit
wurden die Yüeh-chih von den Hsiung-nu vernichtet, zogen dann
fort nach Ta-Hsia und teilten ihr Reich in fünf Stämme: Hsiu-mi
^^, Shuang-mi ^0, Kuei-shuang ^^, Hsi-tun ^^^
und Tou-mi ^|)^i die jeder unter einem Häuptling (mit dem
Titel) ling-hou ^^^ standen. Über 100 Jahre später griff der
Häuptling der Kuei-shuang, namens Ch'iu-chiu-ch'üeh Ji.^^P
die anderen vier Häuptlinge an und vernichtete sie, machte sich
als König selbständig und nannte das Reich Kuei-shuang-wang
W^i- Er fiel ins Partherreich (^,@, An-hsi) ein, nahm
das Land Kao-fu jg Rt •" Besitz, vernichtete ferner P'u-ta }f^
^ und Ch'i-pin m^ "^d machte alles zu seinem Lande.
Ch'iu-chiu-ch'üeh starb "über 80 Jahre alt; sein Sohn Yen-kao-chen
^'S'3^ wurde für ihn König, unterwarf seinerseits Indien
{Ic^ T'ien-chu) und setzte einen General zu seiner Verwaltung
ein. Seitdem ist Yüeh-chih sehr reich und mächtig; alle Länder
Mite. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 6
82 Kkausk: Kliiß- und Seegefechte nach ehinesisclien Quellen.
nennen es Kuei-sliuang-wang, (aber) Cliina (^jM.) nennt es (nach
wie vor) mit dem alten Namen Ta Yiieh-chih.« — [»L'histoire
des seconds Han nous parle du regne de Kieou-tsieuu-kliio, roi
des Yue-tchi, qui vecut 80 ans. Ce prince subjiiga les (luatre
autres principautes des Yue-tclii, s'empara du territoire de Kao-
fu, detruisit Po-ta et le Ki-pin M. Cunningham a identifie
le roi des Yue-tchi Kieou-tsieou-khio avec Kujula Kadphises, dont
on trouve le nom sur les monnaies indo-scythes.« (,Les Indo-
Scythes et IV-pocjue du regne de Kaniclika', Etudes sur TAsie
centrale d'ajjres les historiens chinois par Ed. Specht, Paris 1897.)]
— »Das Land Kao-fu i"^ pfij" liegt südwestlich von Ta Yüeh-
chili luul ist auch ein großes Reich. Seine Sitten sind denen von
Indien ähnlich, aber die Leute sind schwächer und tragen leichte
Kleidung; sie sind geschickt im Handel und (daher) reich an
Schätzen. Seine Zugehörigkeit war nicht inuner die gleiche;
wenn eines der drei Reiche: T'ien chu ^/^, Ch'i-pin ^^
oder An-hsi ^r ^. stark war, eroberte es (Kao-fu), wenn es
schwach war, verlor es dieses wieder; aber noch niemals hatte
es zu Yüeh-chih gehört. Im (Ch'ien-) Han-shu zählte man Kao-
fu zu den fünf Häuptlingsstäuunen ; das ist aber nicht richtig.
Später gehörte es zu An-hsi, und als dann die Yüeh-chih das
Partherreich vernichteten, nahmen sie zuerst Kao-fu in Besitz.«
— Über unsere Hsiao-Yüeh-chih sagt das Hou-Han-shu in Kap. 87
(^^.^/{Bä): »Die Vorfahren der Hu vom Stamme der Yüeh-
chih in Huang-chung »^Ö pb El ^ ±B gehörten einem Zweige
der Ta Yüeh-chih an und wohnten in alter Zeit in Chang-yeh
£M i|^ (im heutigen Kan-chou-fu "tj" »j'j'j CM^ in Kansu) und Chiu-
ch'üan '^ffi ^. (im heutigen Su-chuu ^. 'J'J>j in Kansu). Der
König der Yüeh-chih wurde von dem Hsiung-nu Mao Tun ge-
tötet, der Rest seines Stannnes zerstreute sich, zog nach Westen
und überschritt den (Paß von) Ts'ung-ling j^ ^^ [richtiger:
^.^g], die Schwachen von ihnen (aber, welche nicht fortwan-
dern konnten), gingen nach Süden in die unzugänglichen Berge
und suchten Anschluß an die Ch'iang ^-^ wohnten dort mit
ihnen zusammen und heirateten untereinander. Als der Armee-
oberbefehlshaber ,!^,!|^-5lf-5 ^"^ Ch'ü-ping ^^^g(19) die
Hsiung-nu vernichtete und das Gebiet von Ilsi-ho gQ jp\ in Be-
sitz nahm und Huang-chung erschloß, da kamen die Yüeh-chih,
ergaben sich und wohnten mit den Chinesen zusammen. (.\ber)
obgleich sie den (chinesischen) Territorialbcamten gehorchten,
schwankte ihre Gesinnung doch zwischen beiden Parteien
Ihre Kleidung, Nalu-ung und Sprache waren denen der Ch'iang
luigefälir gleich. Sie nahmen ihre Rufnamen (^) vom Vater,
die Familiennamen (^) von der Mutter und machten daraus
Krause: Fluß- mid Seegefeclite nach chinesischen Quellen. 83
Staininesbezeicliiuuigcn. Große Stämme gab es sieben mit über
9000 tapferen Kriegern. Diese lebten verstreut in Iluang-chung
und Ling-chü -^ K; ferner gab es mehrere hundert Familien in
Chang-yeh, und diese werden als 1-ts'ung-Hu ^ :^^ :^J^ bezeichnet.«
7. ;0-{'J5£i iin heutigen Wu-wei-hsien ;^ y^ ^{ i" Liang-chou-fu
.^ j'H j^ in Kansu. [T. L.]
8. ^, die allgemeine Bezeichnung fiir Ausländer. [Sonst wird für
Barbarenvölker im Westen besonders -j^ gebraucht: ;|(^^
9. 'J^ ptl, t'ommentar: .. Huang-chung ist der Ort, wo die Yüeh-
chih-Hu wohnten, heute Huang-shui-hsien »^ Ö yj^ 1|^ in Shan-
chou Hf? »j'l'l ." Nach Biot ist Huang-chung = Hsi-ning-fu [J§ j^ j^
in Kansu.
10. j)^^-; nach dem Stammbaum müßte diese Person wohl Hao
11. Commentar: "^i^JjSj ^'hsieh ist hier yen zu lesen«.
12. '^^m A^^^l'i Commentar: »beides sind Talnamen«.
13. ^m j}ei [oder pi (Couvreur)], wird verschieden erklärt: .-petita
cage, panier« (Couvreur), »a basket trap for catching fish« (Giles),
^^'ߧ4^:§gr, ein Bambusgerät zum Fischfang (Pei-wen-yün-fu).
Der Commentar zu unserm Text sagt: »ein .pei'- ist ein Holz-
floß ^^.«
14. -^ ^ (a hao. Im Kap. 83 des Hou-Han-shu findet sich eine
Stelle: »(Tai) Liang ^t7 ^ , mit Beinamen Tse-kao, war aus
reicher Familie und liebte die Freigebigkeit. Liang bewirtete
mehrere hundert Leute, und die Redensart lautete: der Freigebige
(~ic^) aus Kuan-chuug mit Namen Tai-tse-kao.« Nun wird
in der Biographie des Teng Hsün (Hou-Han-shu, Kap. 16), aus
der unser Text entnommen ist, zu Anfang erzählt: »(Teng) Hsün
hatte seine Freude an Freigebigkeit gegen seine Untergebenen,
Beamte aller Grade suchten oft Zuflucht bei ihm.« ^^ ist
also mit Anspielung auf die andere Stelle eine Bezeichnung des
Teng Hsün.
15. ^;|[^. ;|(^ kann ein Synonym von ^ sein: pJtiXÄ'tfc
(K'ang-hsi). Vgl. ^^||i(^:^{^ "ich habe dreimal gekämpft
und bin dreimal geflohen« (Shih-chi ^^gß, Kap. 62).
17. ^fj^, der Vetter des Mi Tang, s. Anm. 2.
18- mmmw
6*
84 Kraüsk: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
19. Huo Ch'ü-ping, gest. 117 a. Chr., war der Neffe (jüngste Sohn der
ältesten Schwester) des Großgenerals Wei Ch'ing ^J.^- Seine
Biographie findet sich int Ch'icn-Han-shii, Kap. 55 (^ -^^flS)
und im Shih-chi, Kap. 111 (,?^ .[ff ^ij fi|f)- Die Besiegiing der
llsiuiig-nu durch Wei Ch'ing und IIuo Ch'ü-ping wird geschildert
im C'h'ien-Han-shu, Kap. 94 ("I^^Xi^)' ^^^ ^'*^" A. Wylie ül)er-
setzt ist: History of the Heung-noo in their relations with China,
Journal of the Anthropological Institute of Gr. Er. a. J., Januar 1874.
Text 12.
San-kuo-chih, Geschichte des Staates Shu, Kap. 32.
Im 12. Jahre Chien-an |^ ^ [d. i. 207 (1)] schickte der -Frühere
Herr» (2) den Chu-ke Liang (3), damit dieser sich mit Sun Ch'üan (4) ver-
einigen sollte. (Sun) Ch'üan schickte den Chou Yü (5), Ch'eng P'u (6) und
andere mit einer Flotte von mehreren zehntausend (Mann Besatzung), die
sich mit dem Hsien-chu vereinigen sollten. Sie kämpften mit Ts'ao Kung (7)
bei Ch'ih-pi (8), brachten ihm eine schwere Niederlage bei und verbraimten
seine Schiffe. Der Hsien-chu drang gemeinsam mit dem Heere von Wu
zu Wasser und zu Lande weiter vor und verfolgte (den Feind) bis in den
Kreis Nan (9). Damals herrschte wieder eine Seuche, und von der Nord-
armee starben viele. Ts'ao Kung zog sich zurück.
1. Die Geschichte des Staates Wu erzählt die gleichen Ereignisse
unter dem Jahre 208 (s. Text 16).
2. ^^, d. i. LiuPei ^Ijlf (162—223). Er soll 7'/, Fuß hoch ge-
wesen sein und erstaunliche Fähigkeiten besessen haben; er be-
kleidete mehrere Beamtenposten, wurde ein Freund des Ts'ao
Ts'ao (s. Anm. 7), spätei- sein Rivale, den er dann im Bunde n)it
Sun Ch'üan (s. Anm. 4) bekämpfte. 211 machte er sich zum Herrn
von Shu -^, nahm nach dem Sturz der Han-Dyna.stie den Titel
eines Kaisers von Shu an und begründete so die Dynastie Shu-
Han ^*|^. Sein postumer Name ist Chao-lieh-ti Jß^ji*^!
er ist canonisiert als Hsien-chu -^ qr .
3. ^;g>^ (181 — 234), geboren in Yang-tou ^ ^i i" Shan-
tung, trat 207 in die Dienste des Liu Pci und wurde dessen ver-
trauter Ratgeber. Nachdem der Thron von Shu für Liii Fei ge-
sichert war, unternahm Chu 225 — 227 eine Expedition nach Burma
und leitete bis zu seinem Tode die Kämpfe gegen Wei. Er gilt
als der Erfinder neuer Taktikformen und mancher militärischer
\'erbesserungen. Sein Beiname war K'ung-ming ^LiBH, er ist
canonisiert als Chung-wu y^;^. Seine Biograj)hie enthält San-
kuo-chih, Kap. 35.
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 85
4. -^^J (181 — 252), kämpfte gegen Ts'ao iVao (s. Anm. 7) und Liii
Pei (s. Anni. 2) und suchte gegen beide seine Selbständigkeit zu
behaupten. Im Bunde mit Liu Pei besiegten seine Truppen 207
(oder 208) den Ts'ao Ts'ao an der Roten Mauer. 215 wurde
Sun Ch'üan bei He-fei -^ |j[£ von Ts'ao Ts'ao geschlagen und
gehörte fortan zu dessen Anhängern. 221 machte er sich zum
König von Wu -W-^^i nahm 229 den Kaisertitel an und wurde
als Wu-ta-ti ^-~^^^ Begründer der Dynastie von Wu. Seine
Biographie enthält San-kuo-chih, Kap. 47.
5. MI JmT (174 — 218), General und Ratgeber des Sun Ch'üan in
dessen Kämpfen imi die Selbständigkeit von Wu mit Wei und
Shu. Er besiegt 207 (oder 208) den Ts'ao Ts'ao an der Roten
Mauer. Sein Beiname ist Kung-chin ^ Js. Seine Biographie
enthält San-kuo-chih, Kap. 54.
6. ^^^1 General des Sun Ch'üan. Seine Biographie enthält San-
kuo-chih, Kap. 55.
7. "g ^, d. i. Ts'ao Ts'ao "^f^ (155—220), mit Beinamen Meng-
te ^fi^. Er führte zahlreiche Feldzüge füi" die letzten Herr-
scher der Han-Dynastie, wurde 192 Gouverneur des von ihm
unterworfenen Gebietes im heutigen Shaii-tung, machte sich 208
zum allmächtigen Minister und Regenten für den unfähigen Kaiser
Hsien-ti ^t *^, heß die Kaiserin Fu-hou -fjs^j^ umbringen und
seine eigene Tochter als Kaiserin ausrufen, erklärte sich zum
Generalissimus {-^^^'^) mit dem Titel ;^2pj^ und 213
zum Herzog von Wei ^^ jMI ^ [daher W ^]. Bis zu seinem
Tode hatte er zu kämpfen gegen seine Rivalen Liu Pei (s. Anm. 2)
und Sun-Ch'üan (s. Anm. 4). Von seinen vier Söhnen wurde der
älteste Ts'ao Pei (s. Anm. 14 zu Text 13) dann der erste Kaiser
von Wei und verlieh seinem Vater nachträglich den Kaisertitel
8. ^r{^^, die »Rote Mauer«, entspricht dem heutigen Huang-chou-
fu ^ JlUfJ ^" ^^n^^i [J. A.]. "The Red Wall on the Yang tse
near Hsia-k'ou W pj in Hupei« (Giles). »Near the modern
Kiukiang« (Maj^ers).
9. ]5 [^R] s. Anm. 19 zu Text 9.
Text 13.
San-kuo-chih, Geschichte des Staates Wei, Kap. 18.
Hou Yin ^ ^^ und Wei K'ai ^^ BM und andere rebellierten in
Wan (1). (P'ang) Te (2) mit dem (Heere), über das er gebot, griff gemein-
sam mit Ts'ao Jen (3) Wan an, eroberte es, köpfte den (Hou) Yin und
(Wei) K'ai, zog weiter nach Süden und lagerte bei Fan (4), um den Kuan
8t) Krause: Fluß- und Seegefechte narli rliinesischen Quellen.
Yü(5) anzugreifen Dann trat über zelin Taj^e lang strömender Regen
ein, das Wasser des llan-Fliisscs stieg gewaltig nnd stand nnterlialb von Fan
50 — 60 Fuß hoch über der Niederung. (P'ang) Te mit allen Generalen
Avollte dem Hochwasser ausweichen und erstieg einen Dauun. (Kuan) Yü
benutzte seine Flotte, um ihn anzugreifen und schoß von den großen
Schiffen aus von allen (vier) Seiten nach dem Damm hinauf. Te zog seinen
Panzer an, nahm den Bogen zur Hand, und seine Pfeile gingen nicht ins
Leere. Der General Tung Heng ^^^fij, der Cohortenführer (6) Tung Ch'ao
^^^^ und andere wollten sich ergeben, Te aber ließ sie alle festnehmen
und köpfen. Vom frühen Morgen kämpfte er mit aller Macht, bis die
Sonne die ^Mittagshöhe überschritten hatte. Yü griff mit vermehrter Heftig-
keit an, und als ihm die Pfeile ausgingen, schritt er zum Nahkampf mit
Handwaffen. Te sagte zu einem seiner obersten Heerführer, namens
Ch'eng Ho ßV* 'fpf = "Ich habe gehört, daß tüchtige Generale nicht aus
Todesfurcht feige davonlaufen, daß entschlossene Männer nicht ihre Ehre
verletzen, um ihr Leben zu retten. Heute ist mein Sterbetag.« Er kämpfte
mit noch größerem Eifer, und sein Mut verdoppelte sich; aber auch das
Wasser stieg inuner höhei", und alle seine Leute ergaben sich. Te aber
mit einem » Generaladjutanten« (7) und zwei Unterführern (8) spannten ihre
Bogen, hielten Pfeile bereit, bestiegen ein kleines Boot und wollten nach
dem Lager des (Ts'ao) Jen zurückkehren. Das Wasser ging hoch, das
Boot schlug um, Pfeil und Bogen gingen verloren, (Te) allein klammerte
sich (noch) an das Boot, fiel (aber doch) ins Wasser und wurde von (Kuan)
Yü gefangengenommen. Er stand und kniete nicht nieder. Yü sprach zu
ihm: »Dein Bruder ist in Han-chung (9), und ich wollte auch dich zum
General machen; warum hast du dich nicht rechtzeitig ergeben?« Te be-
schimpfte den Yü und sagte: »Du grüner Junge (10) ! Wie kannst du von
Unterwerfung reden!' Der König von Wei hat eine Million (sie!) gepan-
zerter Krieger, und seine Macht erschüttert die ganze Welt; euer Liu Pei
ist doch nur ein Durchschnittskopf (11), wie kann der uns entgegentreten;'
Ich möchte lieber für mein Reich sterben (12) als ein General über Räuber
werden.« Da ließ Yü ihn töten. Als T'ai-tsu (13) dies hörte, betrauerte
er ihn und vei'goß Tränen und machte seine beidey Söhne zu Fürsten.
Als Wen-ti (14) den Thron bestieg, schickte er Abgesandte zum Grabe des
(P'ang) Te und verlieh ihm in einer Urkunde einen postumen Ehrentitel.
1. ^"u, •■Waii gehörte zur Han-Zeit zu Nang-yang-fu |^ ^ )f^ (io
llonan)« (K'ang-hsi).
2. fe^i^, ein General des Ts'ao-Ts'ao, n)it Beinamen Ling-ming
-^ Hfl . »Te ritt immer einen Schimmel; im Ilcei-e des (Kuan)
Yü nannte man ihn den ,Schinn)iclgeneral' und fürchtete ihn.«
3- ^ \-l^ ""t Beinamen Tse-lao -^ y^-, wai' ein Vetter des Ts'ao
Ts'ao. Seine Biogi-aphie cntliält SaM-kno-cIiih, Kap. 9.
4. ^. im heutigen Tzn-yang-hsien yJ^^ 1^« W; '" Yen-chou-fu ^
Jfl j^ in Shan-tung. [T. L.]
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen. 87
5. l^^^i gest. 219, geboren zu Ilsieh-chou |^ 'N'l in Shan-hsi, war
ein Anhänger des Liu Pei, dem er bis zum Tode treu blieb, ob-
gleich Ts'ao Ts'ao ihn mit vielen V^ersj)rechungen auf seine Seite
zu ziehen suchte. Im Kampfe gegen Sun Ch'üan wurde er ge-
fangengenommen und getötet. Seiner Treue und Kriegstaten wegen
wurde er 1594 deificicrt und wird unter dem Namen Kuan-ti
^ *^ oder Wu-ti -^r »^ als Kriegsgott verehrt. Seine Bio-
graphie enthält San-kuo-chih, Kap. 36.
7, ^^"KH^, der General bei der Commandotlagge.
8. 551^0' Couvreur hat: 'j^'fA "titre de respect: chef de cinq
homnies«.
9- '^ft^i i"i heutigen Nan-cheng-hsien |^pß^|^ io Han-chung
fu }^ Ff? /|J in Shen-hsi. [T. L]
10. J^-?*, »jeune serviteur qui se tient debout aupres de son maitre»
(Couvreur).
11. ^"yt"; ^'gl- den Satz von Chia I "^=0 (2. Jahrhundert a.Chr.):
^f" B^ yX^ "^ Pp ]^ »sein Talent und Können erreichte nicht
den gewöhnlichen Durchschnitt«.
13. H[rjf[^^ d. i. Ts'ao Ts'ao, s. Anm. 7 zu Text 12.
14. -^^, d. i. Ts'ao Pei "^ ^ (188—227), der älteste Sohn des
T;:'ao Ts'ao. Er regierte nach seines Vaters Tode (220) noch
kurze Zeit im Namen des letzten Schattenkaisers der Han-Dynastie
unter dem Titel eines Königs von Wei ^^3E' ^^'^lärte sich 220
zum Kaiser von Wei und wurde so als Wen-ti aT" »^ der Be-
gründer der Wei-Dynastie, die sich als die legitime Fortsetzung
der Hau betrachtete. Seine Biographie enthält San-kuo-chih, Kap. 2.
Text 14.
San-kuo-cliih, Geschichte des Staates Wei, Kap. 26.
Im letzten Jahre der Periode T'ai-he ~|[il^ ^H [f^- i- -33] rebellierte
Kung-sun Yüan (1) in Liao-tung (2). Der Kaiser wollte gegen ihn eine
Expedition unternehmen, war aber in Verlegenheit, den richtigen Mann
dafür zu finden. Der » Centrumsgeneral" (3) Yang Chi ^^^^ schlug den
(T'ien) Yü (4) vor, der dementsprechend gewählt wurde. Darauf schickte
(der Kaiser) den (T'ien) Yü mit dem Oberbefehl über alle Truppen in
Ch'ing-chou (5), um sich als Inhaber einer kaiserlichen Bestallung hinzu-
begeben und ihn (den Kung-sun Yüan) anzugreifen. Als nun (auch) Re-
bellen von Wu Abgesandte schickten, um sich mit (Kung-sun) Yüan in
Verbindung zu setzen, da glaubte der Kaiser, daß die Feinde sehr zahl-
88 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
reich wären, und da man (außerdem) das Meer iiberschreiten nuissc, befalil
er dem Yü, die Operationen einzustellen. Yü alier rechnete damit, daß
die feindlichen Schiffe (von \Vu) würden umdrehen müssen. (Denn) gegen
Ende des Jahres ist heftiger Sturm, und sie würden befürchten müssen,
von den Wellen verschlagen zu werden nach Osten, wo das Meer uferlos
ist. (Das Heer von Wei) müsse sich (also) nach Ch'eng-shan (6) begeben,
das aber sei ein Ort, wo man keine Flotte verbergen könne; daher wäre
es das Empfehlenswerteste, am Meere entlang (d. h. an der Küste von
Shan-tung) vorzugehen, dort im Gelände und auf den Inseln die gefähr-
lichen und wichtigen Punkte zu besetzen, das Ilcer aufzustellen und Wacht-
lager aufzuschlagen. Er selbst ging nach Ch'eng-shan und bestieg die Warte
von Han-wu ''^M.^C.- Die Feinde kehrten um, kamen wirklich in widrigen
Wind, ihre Schiffe rannten sämtlich auf Felsen und sanken in den Wellen.
Diejenigen, die das Ufer erreichten, konnten nirgendshin entfliehen und
wurden alle gefangengenommen.
1. ^-^VU^ war der Sohn des Kung-sun K'ang ^.^j^, Enkel
des Kung-sun Tu .^■^^- Seine Biographie enthält San-kuo-
chih, Kap. 8,
2. ^^Wi hn heutigen Liao-yang-chou ^^ |^ JtI in Feng-t'ien-fu
^ 5^ W ^— Mukden) in Sheng-ching, [T. L.]
4. ^ j^. mit Beinamen Kuo-jang ^5^1 war ein General des
Liu Pei, kämpfte erfolgreich in Liao-tung und gegen die Hsiung-
nu und starb als Staatsminister im Alter von 82 Jahren. Seine
Biographie enthalt San-kuo-chih, Kap. 26.
5. ^ >M>|, entspricht dem nordöstlichen Gebiet der heutigen Pro-
vinz Shan-tung.
6. fij^ [Jj , liegt an der äußersten Nordostspitze von Shan-tung,
östlich von Jung-ch'eng-hsien t^ ^ iK in Teng-chou-fu ^^
Text 15.
San-kuo-chih, Geschichte des Staates Wu, Kap. 55.
Im 13. Jahre Chien-an ^^ [d. i. 208] griff (Sun) Ch'üan den Huang
Tsu (1) an. Tsu legte zwei ^mSng-ch'uny«^ (2) quer (über den Yangtse),
um Mien-k'üu (3) in Schach zu halten und zu verteidigen. An Pflanzen-
fasern (4) und großen Seilen band er Steine fest, um damit Steinanker her-
zustellen. Auf (den Fahrzeugen) postierte er 1 000 Mann, die mit Armbrüsten
schössen. Die fliegenden Pfeile kamen herab wie (ein dichter) Regen, so
daß d-as Heer (des Sun Ch'üan) nicht vorwärts kommen konnte. Tung Hsi
1^^, LingT'ung /^^ (5) und andere bildeten die Vorhut. Diese beiden
nahmen 100 Leute, die zum Tode entschlossen waren; (diese) zogen doppelte
Krause : Fluß- und Seegefechte narh chinesisehen Quelleu. 89
Panzer an, bestiegen große Schiffe und drangen zwischen die »meng-cKung"'
ein. (Tiing) Hsi selbst durchschnitt mit seinem Schwert die beiden Seile,
und darauf trieben die ^'meng-ch'uny«^ auf dem Wasser davon. Die Haupt-
Abb. 2.
macht (des Sun Ch'üan) drang dann weiter vor. (Huang) Tsu öffnete schließ-
h'ch ein Tor und enttloh, die (feindlichen) Soldaten verfolgten ihn und
töteten ihn.
1. ^^jjj^, war Gouverneur von Chiang-hsia /XW*
2. ^1^, »navire de guerre en forme de montagne« (Couvreur). —
Das Tu-shih-t'ung-tien ^>t ^ ^ Ä sagt in Kap. 60: »Ein ,meng-
90 Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
cKutiif'' ist ein mit rohen Ochsenfellen überdecktes Schiff. Auf
dem Kücken (unter den Häuten) sind 2 Gänge [-'ll^fl, Seiten-
räume!'], in denen Öffnungen als Kiiderlöcher angebracht sind.
Links und rechts, vorn und hinten sind Löcher für Armbrüste
und Bügen. Feinde k()nnen nicht herankouunen ; Pfeile und Steine
können ihm keinen Schaden zufügen. Dazu niuunt man kein
großes Schiff, damit es möglichst wendig und rasch ist, um die
unvorbereitete Lage anderer (Feinde) ausnutzen zu können. Es
ist aber kein Kampfschiff.« (Abb. 2.)
3. vis PI , Ort nördlich des Yangtse beim heutigen Han-yang *|^ ^
[J. A.]. Der Mien ist einer der vielen Wasserläufe im Gebiet zwi-
sclien dem Unterlauf des Han und dem Yangtse-Bogen von Ching-
chou-fu 4^|J j'J'j CM^ bis Han-yang-fu.
4. ^ii [q] [richtiger: |^/fl^]< "the coir palm, from the fibres of which
ropes, mats etc. are made« (Giles), »palmier dont Tecorce sert ä
faire des cordes« (Couvreur).
5. Die Biographie beider Leute gibt San-kuo-chih, Kap. 55.
Text 16.
San-kuo-chih, Geschichte d es Staates Wu, Kap. 54. [Vgl. Text 12.]
Im 13. Jahre Chien-an ^iM ^^ [d.i. 208], im Frühling, griff (Sun) Ch'üan
Chiang-hsia (1) an. (Chou) Yü (2) war Führer der Vorhut. Im selben Jahre,
im 9. Monat, drang Ts'ao Kung (3) in Ching-chou (4) ein, und Liu Ts'ung
^ij J^ mit allen seinen Leuten ergab sich. Ts'ao Kung bekam (dadurch)
seine (des Liu Ts'ung) Flotte und mehrere hunderttausend Mann Fußsoldaten.
Die Generale und Offiziere (des Sun Ch'üan) hörten dies, und alle bekamen
große Angst (Chou) Yü (aber) bat um 30 000 Mann Elitetruppen
und ging nach Hsia-k'ou (5) vor Damals war Liu Pei (6) von
Ts'ao Kung geschlagen worden und wollte sich nach Süden zurückziehen
und den Fluß (= Yangtse) überschreiten. Mit Lu Su ^, ^i traf er in
Tang-yang (7) zusammen und beriet sich mit ihm. Weil (Chou Yü) nach
Hsia-k'ou vorgerückt war, schickte (Liu Pei) den Chu-ke Liang (8), um den
(Sun) Ch'üan aufzusuchen. (Sun) Ch'üan schickte darauf den (Chou) Yü,
Ch'dng P'u (9) und andere, um ihre Kräfte mit (Liu) Pei zu vereinigen und
dem Ts'ao Kung entgegenzutreten. Sie trafen bei Ch'ih-pi (10) zusammen.
Zu dieser Zeit herrschte im Heere des Ts'ao Kung schon viel Krankheit.
Zum ersten Male bei einem Gefecht wurde das Heer des Ts'ao Kung ge-
schlagen und zog sich auf das Nordufer des Flusses zurück. (Chou) Yü
und die andern standen auf dem Südufer. Ein Offizier im Stabe des Yü,
Namens Huang Kai ^^^^, sagte: »Jetzt sind die Feinde zahlreich, wir aber
gering an Zahl ; wir werden ihnen schwerlich lange Widerstand leisten
können. Wenn wir das Heer des (Ts'ao) Ts'ao betrachten, (so sehen wir,
daß) seine Schiffe in einer langen Heihe, Bug an Heck stoßend, aufgestellt
Krause: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
91
sind. Wir können sie (aber) in Brand stecken nnd vertreiben.« Er nahm
mehr als 10 »r/ien(/-ch'i(?i(j'^ (11) und Kampfscliifte (12), iullte sie mit Brenn-
material (Reisig mid Gras) an, goß Fett und öl hinein, verhüllte sie mit
Vorhängen nnd zog Kriegsfahnen auf. Nun schrieb er zunächst eine Nach-
richt an Ts'ao Kung n)it der falschen Mitteilung, daß er sich ei'geben wolle.
Dann rüstete er rasche Boote (13) aus, band je eins hinten an ein großes
Abb. 3.
Schiff an und rückte in einer langen Reihe vor. Alle Offiziere luid Leute
im Heere des Ts'ao Kung reckten den Hals (14) und sahen zu, zeigten hin
und sagten: -Der Huang Kai (konunt) sich ergeben.« (Huang) Kai ließ
alle Schiffe gleichzeitig in Brand stecken, und da zur Zeit ein heftiger Wind
wehte, verbreitete sich das Feuer bis zum Lager am Ufer. In kurzem
schlugen Rauch und Flammen gen Hinuuel, Menschen und Pferde ver-
brannten und ertranken, und es gab sehr viele Tote. (Ts'ao Ts'ao's) ganzes
Heer wurde geschlagen und zog sich zurück, um den Kreis Nan (15) zu
verteidigen.
!)2
Krause: Fluß- und Seegefechte nacli cliinesischen Quellen.
1. yX W, im heutigen Iliiang-choii-lisien w' >)> >j 'M. in Iluang-chou-fn
g j]] j^ in llupei. [T. L.]
2. jji^] JjjiJ, s. Anm. 5 zu Text 12.
3. ^ ^^ d- i- ^«1^' s. Anm. 7 zu Text 12.
Abb. 4.
4. 4^1] j'l'L das heutige Ching-cliou-fu wlj j'H /f^ io Hupei.
5- W PI , » W pl iR&, town near Wu-ch'ang-fu in Hupei« (Playfair).
6. 0|J|^, s. Anm. 2 zu Text 12.
7. ■^' 1^-, im heutigen Tang-yang-hsien ^ ^ ip'j in Ching-men-chou
WPTJ'H inH"Pei. [T. L.]
8. ^ i^ A^, s. Anm. 3 zu Text 12.
9. f^^, s. Anm. 6 zu Text 12.
Krause: Fluß- und Seegefeclite nach chinesischen Quellen. 93
^^- ^f^' s. Anm. 2 zu Text 15.
12. m Ig tou-chien. — Das Tii-shih-t'iing-tien ^^J^ ^ ^ ^ft s^St in
Kap. 60: »Auf dem Schiflf ist eine Brustwehr erriclitet, ungefähr
3 Fuß hoch; unter der Brustwehr sind Öffnungen zum Durch-
stecken der Ruder angebracht; der Innenraum des Schiffes ist
5 Fuß (hoch?). Ferner ist ein Schutzdach gebaut, mit der Brust-
wehr gleich hoch; auf dem Scimtzdach ist wieder eine Brustwehr
errichtet. (Menschen) werden in doppelter Reihe aufgestellt zum
Kampf mit dem Feinde. Oben ist keine Decke. Vorn und hinten,
rechts und links sind Kriegsfahnen und Wimpel aufgepflanzt und
Metallpauken. (Das tou-chien) ist ein Kampfschiff. « (Abb. 3.)
13. ;^ §?T tsou-k'e. — Das Tu-shih-t'ung-tien /jff" J^ ^^ ;^ sagt in
Kap. 60: »Auf den Schiffsseiten sind Brustwehren errichtet. Ruder-
mannschaften sind viele, Kampfsoldaten wenige, alle aber ausge-
suchte Leute, kräftig, tapfer, fein, scharf. Sie bewegen sich hin
und her wie ein fliegender Vogel [^M/''^'^5'' »oiseau fabuleux d'une
taille monstrueuse, qu'ou dit etre une baieine ß^ transformee en
oiseau" (Couvreur)]. Man benutzt die unvorbereitete Lage der
Feinde. Metallpauken und Kriegsfahnen sind auf dem Verdeck
aufgestellt. (Das tsou-h- e) ist ein Kampfschiff.« (Abb. 4.)
14. ^^^ ; ein anderer Text sclu'eibt: ~'. ^§ , wörtlich: doppelt lange
Hälse machen.
15. Siehe Anm. 19 zu Text 9.
Text 17.
San-kuo-chih, Geschichte des Staates Wu, Kap. 56.
Im I.Jahre Huang-wu ^^ ;^ [d. i. 222] schickte (der Herrscher
von) Wei den Großmarschall Ts'ao Jen (1) mit mehreren zehntausend Mann
Fußsoldaten und Reitern gegen Ju-hsü (2). (Ts'ao) Jen wollte mit seinem
Heere Chou-shan"' yJII h angreifen und erobern, ließ aber zur Täuschung
zunächst das Gerücht verbreiten, daß er nach Osten ziehen und Hsien-ch'i
^ vp. angreifen wolle. (Chu) Huan (3) teilte seine Truppen ein und war
im Begriff, sich nach Chien-ch'i zu begeben; er hatte schon Truppen (dort-
hin) geschickt, als er die Nachricht erhielt, daß (Ts'ao) Jen mit seinem
Heere die Gegend von Ju-hsü besetzt habe in einem Umki-eis von 70 Li.
Nun sciiickte Huan Boten, um die Soldaten von Hsien-ch'i zurückzuberufen.
Diese Soldaten waren noch nicht (wieder) eingetroffen, als Jen plötzlich
erschien. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die unter dem Befehl des Huan
stehenden und bei seiner Heeresabteilung vei-fügbareu Kräfte (nur) 5 000 Mann.
Alle Offiziere waren furchtsam, und jedermann hatte große Angst; Huan
ermahmte sie und sprach: »Wenn zwei Heere einander gegenüberstehen,
so hängt Sieg und Niederlage von (der Tüchtigkeit der) Führer ab und
nicht von dem numerischen Verhältnis. Ihr alle wißt doch wohl, welcher
94 Krausk: Fluß- und Seegefechte nach chinesischen Quellen.
Unterschied zwischen Ts"ao Jen und mir in der Heerftihrung Viesteht. Nach
den Lehren der Strategie heißt es: Wenn der Angreifer (4) das Doppelte
und der Verteidiger (4) nur die Hälfte an Kräften besitzt, und man dann
anninunt, daß beide in der llachcn Ebene kämpfen ohne Wall und Gi-aben
zu ihrer Verteidigung, und ferner annimmt, daß der moralische W^ert bei
Offizieren und INIannschaftcn ein gleicher ist, dann ist (das obige Zahlen-
verhältnis) ein Grund (für die Niederlage des Schwächeren). Jetzt aber
ist Ts'ao Jen uns an Wissen und Tapferkeit unterlegen, außerdem sind
seine Truppen sehr feige, auch 1000 Li weit marschiert, so daß INIanii und
Pferd ermüdet und erschöpft sind. Ich aber mit meinem ganzen Heere,
im Besitz eines hohen Festungswalles, im Süden an den Yangtse angelehnt,
im Norden durch das Gebirge gedeckt, kann mit frischen Kräften (den
Angriff der) Ermiideten erwai-ten und werde als \'ei"teidiger (4) dem An-
greifer (4) überlegen sein. In solcher Lage werden wir sicher siegen
[ itb W ^ic W ^^ '^ ^'^ ifl* ' ^^^ ^^^ ^'"^ Lage, in der man hundertmal
kämpfen kann und hundertmal siegen wird]. Wenn auch Ts'ao Pei (5)
selbst käme, so würde das noch nicht ausreichen, uns Sorge zu machen;
wieviel weniger (Ts'ao) Jen und die andern.« Iluan ließ nun Fahnen und
Pauken verstecken imd zeigte äußerlich Schwäclie, um so den (Ts'ao) Jen
(zum Angriff) zu verleiten. Und wirklich schickte Jen seinen Sohn (Ts'ao)
T'ai ^^ ^^ zum Angriff auf die Festung Ju-hsü. Anderseits schickte er
den General Ch'ang Tino *|K|' j^ a's Oberbefehlshaber mit Chu-ke Ch'ien
^^^^ j^i Wang Shuang £jl ^? ^"^ andern auf geölten Schiffen (6),
um ihrerseits Chung-chou Fp '^'jU anzugreifen. Chung-chou war der Ort,
wo die Frauen und Kinder der (feindlichen) Heeresabteilungen sich be-
fanden. Jen selbst blieb mit 10000 Mann in T'o-kao ^^Ä, zurück und
bildete wieder den Rückhalt für (Ts'ao) T'ai und die andern. Die Führer
der Heeresabteihmgen des Huan griffen die Ölschiffe an und eroberten sie,
einige griffen ihrerseits den (Ch'ang) Tiao und die übrigen an, und Huan
leistete dem (Ts'ao) T'ai Widerstand. Man verbrannte das (feindliche)
Lager und zog sich (dann) zurück. (Ch'ang) Tiao wurde geköplY, (AVang)
Shuang lebendig gefangengenommen und nach Wu-ch'ang ^^ S geschickt;
die Zahl der bei diesem ,Rencontre' (P^B^) Getöteten und Ertrunkenen
betrug über tausend.
2. iri^^^i big nöidlich des Yangtse, gegenüber dem heutigen T'ai-
p'ing-fu ^ifc^lf^ in Anhui. [J. A.]
3. >J^>j|0, gest. 238, ein General des Sun Ch'üan, mit Beinamen
Hsiu-mu ^^.
4. ^ = ..Gast" und ^\ = »Wirt...
• 5. ^^, der Kaiser, s. Anm. 14 zu Text 13.
6- YÖ«&-
Krause: Fluß- und Seegefeclite nach chinesischen Quellen. 95
Die in den bearbeiteten 17 Texten gegebene Übersicht über die Ent-
wicklung des chinesischen Schiffskampfwesens in ältester Zeit wird in erster
Linie für die Geschichte und Kultur Chinas, daneben aber aucii für die
kriegsgeschichtliche Betrachtung Interesse haben.
Die erste Erwähnung einer Flußllottille findet sich in der chinesischen
Litteratur im Jahre 549 (oder 548) a. Chr. (Text 1.)
Wie das mangelhafte Wegenetz Chinas frühzeitig zu weitgehender
Ausnutzung der zahlreichen Wasserläufe führte, so gewannen auch für die
kriegerischen Actioncn im eignen Lande die Flüsse hohe Bedeutung für
Trupjjentransporte und Verpllegungsnachschub. Die Schilfe bildeten für
die damaligen chinesischen Heere das Mittel zum Vormaisch und Rückzug;
die Vei'nichtung der Flotte war daher fast stets auch gleichbedeutend mit
dem Siege über den Gegner, der dann nicht mehr entkommen konnte.
Wegnahme oder Verbrennen der feindlichen Schiffe wird überall als Ziel
angestrebt und bringt, wenn das Unternehmen gelingt, den raschesten ent-
scheidenden Erfolg.
Auch wenn wir die in China übliche Übertreibung bei Zahlenangaben
in Rechnung ziehen, überrascht die große Menge der erwähnten Schiffe.
Sie bilden oft für die gesamten Streitkräfte das Transpoi-tmittel und ent-
halten zugleich deren Ver[)flegungsmagazine. Erst in zweiter Linie dienten
die Schiffe als eigentliches Kampf- und Angriffsmittel. Das Geschwader,
das den Kaiser auf seiner Reise begleitet (Text 7) soll 1 000 Li lang sein,
die schwimmende Brücke in Text 9 wird mit mehreren tausend Fahrzeugen
angegriffen, und mehrere zehntausend Soldaten werden auf Flößen befördert;
Heereskörper von 100000 Mann werden aufgeführt. Fang Te rühmt sich
sogar, daß sein Herr, der König von Wei, eine IMillion Streiter besäße.
Das sind, selbst wenn keine wörtlich zu glaubenden Angaben, doch Zeug-
nisse für die Verwendung starker Kräfte.
Zur Überwindung von Wasserläufen und zum Transport in Flußtälern
werden alle Sorten vorhandener Schiffsgefäße ausgenutzt, wo solche fehlen,
mit technischem Geschick behelfsmäßige Mittel angewandt. So lesen wir
von einem Übersetzen mit Tonnenilößen bereits im Jahre 201 a. Chr. (Text 4),
von der Anwendung von Pontonbrücken und Pfahlsperren 33 p. Chr. (Text 9).
Zum Übersetzen werden Flöße gebaut, Schwimmer aus Binsen geflochten,
Kähne aus Leder genäht. Der Schiffsbau wurde mit Eifer betrieben; die
Generale und Gouverneure ordneten ihn in ihrem Befehlsbereich als Vor-
bereitung für einen Feldzug an, auch der Kaiser gab unmittelbar Befehl
dazu. Auf besonderen Wasserübungsplätzen wurde die Flotte vorgeübt.
112 a. Chr. werden zuerst mehrstöckige Schiffe erwähnt (Text 5).
Innerhalb einer Flottille wurden schon in der Han-Zeit verschiedene Schiffs-
typen unterschieden, denen ihrer Bauart entsprechende besondere Aufgaben
zufielen. Das Nähere über die technischen Einrichtungen ist in den An-
merkungen zu Text 5, 15, 16 gesagt. Die der Encyclopädie entnommenen
Abbildungen zeigen uns das Aussehen vier solcher Specialschiffe. Die Turm-
schiffe hatten zahlreiche Besatzung, die zur Abgabe ihres Bogen- und Arm-
brustfeuers in mehreren Etagen postiert werden koijnten; es waren schwim-
96 Krause: Fluß- und Seegefechte nacli chinesischen Quellen.
inende Holzfestungen mit Kanipftünnen und Wurfmaschinen. Verankerte
Schiffe mitten im Strom, künstlich verstärkt, dienten zu zäher örtlicher
\'erteidi<:junf; und wurden zu lircnnpunkten der Wasscrschlacht. Zur Be-
unruhigung des Feindes, zu raschen \'orstüßen und Überfällen werden leichte,
sehr bewegliche Ruderschiffe mit ausgesuchter Bemannung verwandt. Sie
übernehmen auch die Sicherung der sclnverfällig(Mi Kamjjfschiffe. Text 16
schildert einen interessanten Kampf mit Brandern aus dem Jahre 208 p. Chr.;
die auf die Verbrennung der feindlichen Flotte zielende Kriegslist des Huang
Kai, geschickt insceniert, bringt den völligen Sieg.
Der größte Teil der gescliildertcn Wasserkämpfe spielt sich auf den
Flüssen innerhalb Chinas, namentlich im Tal des Yangtse und seiner Neben-
flüsse ab. Von Kämpfen auf lioher See berichten uns aber die Texte 6 und 14.
Lü Chia entflieht auf das üff"ene Meer an der Küste von Kuangtung (Text 5),
muß also 112 a.Chr. schon seetüchtige Sclüff'e besessen haben. Über die
Grenzen des eigentlichen China fiihren uns die Texte 6, 10, 11, 14 hinaus,
in denen eine Ex})edition nach Korea (109 a. Chr.), eine Rebellion in An-
nam (42/43 |). Chr.), Grenzkämpfe gegen die centralasiatischen Stämme im
Westen (88 p. Chr.) und ein Aufstand in Liaotung (233 p. Chr.) behandelt
werden. Namentlich die Kämj)fe gegen die Ch'iang (Text 11) sind von
hohem historischem und ethnographischem Interesse.
Die Truppe ist keine einheitliche, ihr Kampfwert sehr verschieden.
Zur Verstärkung des Heeres werden »Verbrecher« angeworben, die in be-
wußten Gegensatz gestellt werden zu den regulären, friedensmäßig ausge-
bildeten Soldaten. Eine solche, aus gesetzlosen Banden gebildete Armee
wird keinen hohen moralischen Wert gehabt haben; so werden auch mehr-
fach Offiziere und Mannschaften als sehr feige und ängstlich geschildert,
in allen gefährlichen Lagen bereit zu Flucht und Übergabe. Im Gegensatz
dazu ist oft von einer zuverlässigen Kerntruj)pe die Rede, die durch ihr
tapferes Eingreifen die Schlacht entscheidet. Bei der Schiffsbesatzung wird
zwischen eigentlichen Kampfsoldaten und Rudermannschaften unterschieden.
Für schwierige und gefahrvolle Unternehmungen werden Freiwillige vor-
gerufen. Stets erhalten Soldaten, die sich auszeichnen, Belohnungen, der
erfolgreiche General einen Fürstentitel, d. h. die Herrschaft ülier ein von
ihm erobertes Gebiet. Bei solchen Trupj)en gab meist die Persönlichkeit
des Führers und sein moralisches Beispiel den Ausschlag. Besonders ein-
drucksvoll ist die schlichte Größe des P'ang Te in seinem Verzweiflungs-
kampf, den Text 13 schildert; trotz der hoffnungslosen Lage will er nichts
von Übergabe wissen und bleibt, nach heldenmütiger Gegenwehr zuletzt
gefangen, seiner Partei treu, obgleich ein Abfall ihn vom sichern Tode hätte
retten können, und weist den Versuch, ihn auf die feindliche Seite zu ziehen,
mit Entrüstung und derbem Spott zurück. Der moralischen Beeinflussung
durch seine Tendenzrede an die Unterführer luul der besonnenen Verwen-
dung seiner weit unterlegenen Kräfte unter bester Ausnutzung aller Ge--
ländevorteile verdankt Chu Huan seinen in Text 17 geschilderten Sieg.
Der kluge Operationsplan des Marschall Shu (Text 3) scheitert nur
daran, daß Tse Ch'ang aus Eifersucht der Verabredung entgegenhandelt.
Krause: Fluß- und Seegefechte nach cliiiiesiselien Quellen. 97
Die Ti'uppen werden durch getrennten Anuiarscli aiil' mehreren kleinen
Wasserwegen nach einem festbestinmiten Punkt auf den Feind zu versammelt
(Text 5). Der P'ührer der Unternehnunig gegeu Liaotung (Text 14) entwirft
einen weitausschauendeii Plan mit kluger Berechnung aller V^erhältnisse
beim Feinde, der zu glänzendem Erfolge führt. Das geniale Verfahren des
Teng Hsün (Text 11) gegen die verschiedenen Barharenstännne verrät größte
Einsicht und diplomatisches Geschick.
Die Vorbereitungen für einen Feldzug werden auf das Sorgfältigste
getroffen und dauern manclimal über ein Jahr; nel)en Schaffung der Trans-
portmittel war besonders das Bereitstellen und Heranführen der zur Ver-
pllegung gi'ößei'er Kräfte nötigen Reisvorräte wichtig. Über die sanitären
Maßnahmen erfahren wir nichts Näheres, nur beim Kampf an der Roten
Maner (Text 12 und 16) wird erwähnt, daß das Heer des Ts'ao Ts'ao durch
Krankheit geschwächt war. Mit Gefangenen ging man nach asiatischem
Kriegsbrauch schonungslos um, was nicht fiel, wnrde geköpft, die abge-
schnittenen Häupter der Führer nach der kaisei"lichen Residenz gesandt.
Der Kaiser ist natiirlich selbst der oberste Feldherr. Er gibt Befehle
für Bildung und Versammlung der Armeen, Kriegsvorbereitungen, Beginn
der Operationen, mustert die Truppen und wählt selbst die geeignetsten
Führer aus. Vom Kriegsschauplatz werden dem Kaiser Berichte gesandt,
so daß er auch aus der Ferne die Oberleitung behalten kann.
In Bezug auf die Form der Darstellung finden wir neben kurzen,
trocknen Notizen über stattgehabte Wasserkämpfe auch ausführliche Ge-
fechtsschilderungen mit dramatisch bewegten Scenen, wie in den Texten
3, 9, 13, 16, 17, die unser Interesse fesseln.
Mitt. d. Sem. f. Orient Sprachen. 1915. I. Abt.
98
Das japanische Greneralstabswerk über den
Japanisch-Russischen Krieg 1904 05.
Proben des Stiles und ein Überblick über die Bearbeitungsweise.
Nach dem japanisclien Original.
Von Hauptmann Trautz.
2.
(Fortsetzung von 1. in Ostasiatischc Studien, Bd. XVII S. 74.)
XLs folgen in Übersetzung aus dem Japanischen:
VI. Als Beispiel einer Dii'ektivc des Großen Han])t(iuartiers. diejenige
vom 17. 4. 04, die im I. Band, Anlage 4 im Wortlaut gegeben ist;
sie bezieht sich, Avie die Beispiele unter VII und VIII, auf den
Übergang über den Yalu und fiiln-t in die allgemeine Lage ein.
MI. Als Beispiel für einen Befehl: der im I.Band, Anlage 5 im Wort-
laut gegebene »Armeebefehl zum Übergang über den Yalu« mit
anliegendem » ArmeeangrifFsplan « .
Man wird bemerken, daß die unter VI und Yll wiedergege-
benen Anweisungen in Anordnung und Befehlsgliederung sehr
dem in der ])reußischen Armee üblichen ällneln; die Übersetzung
versucht bei möglichst wortgetreuer Fassung doch auch im
Deutschen die Befehlssprache anzuwenden.
\'IU. Als Beisjuel einer Schlachtschilderung: Ivjipitel 12 »Das Gefecht
am Yalu«.
Von deutschen allgemein hier in Betracht konuncnden Karten sind
zu nennen:
1. Karte von »Ostchina 1:1000000" der Kartogra}ihischen Ab-
teihmg der Könighch Preußischen Landesaufnahme 1909, Blatt Söul,
Mukdcn und I'yöngyang.
Trautz: Japan. Gencralstahsweik über den Japan.-Russ. Krieg 1904/05. 99
2. Die .. Übersichtsskizze 1 : 750000 «, die allen Veröffentlichungen
des Pieußisclien Großen Generalstabs über den Rnssiseli-Japanisclien
Krieg- beiliegt.
Ferner:
Die Karten und Skizzen der »Kriegsgeschichtlichen Einzelscliriften«
(Berlin, E. S. Mittler & Sohn), davon besonders Heft 39/40, Yalu,
fih- die Abschnitte VI. VII und VIII.
VI.
Band I. Anlage 4.
Direktive des Großen Hauptquartiers vom 17. April 1904.
Direktive vom Großen Hauptquartier (Telegramm ab Tokio, 17. April,
12 Uhr 45 nachmittags, an Keyenguan^" 6 Uhr 15 abends).
1. Drahtantwort über Vorbereitungen zum Übergang ist eingegangen,
2. Die Stärke des zwischen ]Mukden und Kaiping versammelten
Gegners beträgt anscheinend ungefähr 60 Bataillone, 21 Eskadrons,
20 Batterien.
3. Die 2. x\rmee ist vorläufig bestimmt, et^va am kommenden 30. April,
1. Mai oder auch im Laufe des 2. Mai an der Küste zwischen Yentouwa-
Bucht"' und Taschalio-Mündung ihre Ausschiffung zu beginnen, dann zu-
nächst an der Enge der Halbinsel \()n Kintschou einen Stützpunkt zu ge-
winnen und dann den Marsch nach Norden anzutreten.
4. Die Landung der 2. Armee und ihre nachherigen Bewegungen
werden dui-ch die Eroberung des rechten Yalu-Ufers durch die 1. Armee
indirekt gedeckt und erleichtert.
Es wird daher erwartet, daß der Yalu-Ubergang der 1. Armee etwa
am 30. April stattfindet.
5. Die Ausladungen der gesamten 2. Armee dürften besten Falls 45 Tage
in Anspruch nehmen. Die 1. Armee nimmt daher nach dem Flußübergang
eine starke Stellung in dem Räume bis gegen Tansantschyndsa ^^ i,;^ und
wartet daiui ab. bis sie, mit der 2. Armee plangemäß zusammen, den Vor-
marsch antreten kann.
6. Die selbständige 10. Division, welche sich zwischen der 1. imd
2. Armee befindet, handelt je nach Umständen mit der 1. oder mit der
^^ ^ ^ ^'g jap.: Sha-ren-kwan ; kor.: Chha-iyön-koan. — 42 km süd-
südöstlich von AVitscliu.
'^^ !^ >^')M J'^P'" F^"-d^'-o; t^hin. : Yen-ta-ao. — 35 km nordöstlich von
Kintschou.
'^ ^I-L|^ J''^P-= To-san-jö; chin.: Tang-shan-ch'eng. — Ostchina
1 : 1000000: Ta san dschin dsi. — Gertscha. a. 0.: Tanshancheng. — 21 km süd-
östlich von Fönhuantschön.
7*
100 Trai'tz: Japan. Geiicralstabsweik üIilt den Japan. -Russ. Krieg 1904y05.
■J. Armee l»ei iliren Operationen gemeinsam; sie soll daher etwa vom 14. Mai
all in Gegend Dagiischan ihre Ausladung beginnen.
7. Es wird um Di-alitantwort gebeten, ob dortiger Ansicht nach 4
ausführh.ir sein wird oder nicht.
vn.
Band I, Anlage 5.
Armeebefehl zum Übergang über den Yalu.
Tschanguöndong "^, 28. April. 10 Uhr morgens.
Armeebefehl für die 1. Armee.
1. Der Feind hat bei Tiurentscliin ■'* auf dem rechten Eiho^'^-Ufer
eine Stellung besetzt.
Oberstleutnant Yosliida (Kommandeur des 4. Kubi-Infanteiüe-Re-
giment.s). welcher sich mit der von ihm geführten Abteihuig (l'/^Kobi-
Infanterie-Bataillone, 1 Eskadron ohne 1 Zug, 1 Gebirgsbatterie) in Tschang-
söng'® befindet, deckt die rechte Flanke der Armee.
2. Die Armee wird den Gegner in und bei Tiurentschin angreifen.
Ein Teil unseres bei Yonampo "' befindlichen Geschwaders bedrolit
den Gegner bei Antung und wird den Aiigrifi^ der Armee unterstützen.
''^ ra "TU */|p1 J''P' • Shö-kö-dö ; kor. : Chhyang-koang-dong. — Tschang-uön-
dong entspricht Sliogendo, wie Oberst Gertsch, Vom Russ.-Jap. Krieg, Bd. I,
Bern 1907, den Ort nennt, geschrieben S TT" )f|pj ; vielleicht liegt eine ursprüng-
liche Verwechslung von ^f- und yr" vor? — Alle japanischen Karten, die mir
zugänglich sind, sdireiben jf'- — Shö-kö-dö liegt 4 km östlich von "Witschu.
'•'* /L )'l'' -^^ J''P- I'»^yü-reu-jö ; chin.: Chiu-lien-ch'eng. — 5,5 km westlich
von Witseliu auf dem nördlichen Yalu-Ufer. — Nördlich dieses Ortes, nach dem die
Japaner meist das Gefecht benemien, steht auch das japanische Denkmal mit folgen-
der Inschrift: ^ a^^i ' ^C ;iv» ^E ^^ ^K Nilion dai ichi gun chü shi sha
no haka ; deuts-cli : Giabmal der fürs Vaterland Gefallenen der 1. Japanischen Armee.
•jä '^^ /MT j'ip-- Ai-ka; chin.: Ai-ho. Gertsch h. a. O. : Ai-ho. — Rechter
Nebenfluß des Yalu, mündet bei Antung und gegenüber von Witschu.
'•""' II ifj^ jap.: Shö-jö; chin.: Ch'ang-ch'eng; kor.: Chhyang-syöng. —
57 km nor(lö>tli(ii von Witschu auf dem linken Yalu-Ufer.
" Hli ^ Vlll J''J''" I^y"-g^"'-pö ; kor.: Yong-am-pho. — 5.3 km unterhalb
von Witschu- am linken Yalu-Ufer.
TnAUTz : Japan. Gonoralsta1)S\vork iihpr rloii Japan. -Russ. Krieg 1004/05. 101
3. Die 12. Division (ohne: 1 Eskadron woniger 1 Zug, 1 Gebirgs-
battcrie) übersclireitet in der Nacht des 29. l)ei Schigiipu"** den Fhiß und ge-
winnt bis zum Abend des 30. die Linie: Gegend Kareir-oko "" — Höhe
291 südöstUch Lisawen '**". Sie deckt den Fhißübergang der Masse der
Armee. Bis 1. INIai früh hat sie den Rainn von Sairoshiko '^' bis Höhe west-
hch Lisawen zu gewinnen.
Sic hat ferner eine Abteihmg am rechten Yalu-Ufer entlang zu ent-
senden, welclie am 30. bis 2 Uhr naclunittags die Hölie 192 nordöstlich
vom Tioerhügel '^'•^ in Besitz nimmt.
Womöglich ist eine Abteihmg nacli Kyokako '"^ zu entsenden, die die
linke Flanke und den Rücken des Feindes bedroht.
4. Die 2. Division (ohne 1 Infanterie-Regiment und 1 Kavallerie-
Regiment weniger 1 V'2 Züge) sammelt sich am 30. bis 10 Uhr vormittags in
der Niederung nordwestlich Shasando ""•. Sie überschreitet den Fluß in
derselben Nacht von 12 Uhr ab auf der Kriegsbrücke an der Westseite
von Kurito '"% überschreitet den Sattel hinter dem Tigerhügel und nimmt
den Raum Westrand des Tigerhügels — Schahotschwan '°® (östlicher Teil
von Kaaikasen "'^) in Besitz. Das 2. Feldartillerie-Regiment sammelt sich
am 30. bis 10 LHu* vormittags in der Niederung auf der Südwestseite von
Namsandon^pj jap.: Un-zen-dö; kor.: Un-chhön-dong. — 11,5 km nordöstlich
von Witschu. Das Unzendö der japanischen Generalstabskarte (bei Gertsch nicht
Unsendo, sondern Kansendo nan koku) entspricht auf den preußischen Generalstabs-
karten Kontscliondongnamkoku; daher wird dieser letzte Nailie fiir das Unzendo der
japanischen Karte bei der Übersetzung gewählt.
*" ^hi^'/f'^ jap. : Setsu-bai-do: kor. : Syöl-mai-dong. — 11km südöstlich
von Witschu.
"* ^J\ $ ^tl J'""?' ^'»o-kwan-kwan : kor.: So-kot-koan. — 14,5 km süd-
südöstlich von Witschu.
TnAUTz: Japan. Gcneralstahsworlc üboi' den Japan. -Russ. Ki'ieg 1904/05. lOü
Garde-Division: Straße Gcnkadö "^ über KinhiKir)"" iiacli Slio-
Icwankwan.
2. Division: Straße Witschu über Yongmundona; '^^ nach Yonji-
tsclion '"*.
9. Ich befinde" mich am 1. Mai 4 Uhr morgens auf der Anhölie im
nördliclien Teil von Genkado.
Der Führer der 1. Armee
Baron Kuroki Tamesada.
Diesem Befehl lag folgender Armeeangriffsplan bei:
Plan zum Angriff der Armee gegen Gegend Tiiirentschin.
(37. ,Iahr :Meiji, 2S. April.)
Tages- Tätigkeit der einzelnen Abteilungen
folge l im Kampfe
Pionierarbeiten
29.1V.
12. Division
geht in Gegend Schigiipu
über imd erreicht Nan-
'huangkou "^ und Gegend.
Die 12. Division liaut eine
Brücke bei Schigupu. Die
schwere Artillerie tuid die
Artillerie der 2. Division
beginnen Geschützdek-
kungen anzulegen.
30.1V.
12. Division
nimmt mit der Masse bis
zum Abend Linie: Sairo-
shiko — Höhe nordöstlich
Tigerhügel, geht mit einer
kleinen Abteilung am Fluß
überbrücken der Yalu-
hauptströmung imd Aus-
heben von Geschützdek-
kimgen der Artillerie der
Garde-Division. Der Bau
''^ Tti »L '/l^^ J'^P-" Gcn-ka-do; kor. : Uön-hoa-dong. — 2,6 km nordöstlich
von Witschu.
'1" -M.^^',f((^ j'''P-- Em-bu-dö; kor.: Yön-mu-dong. — 6,5 km südöstlich
von Witschu.
^^^ HP iJ */f^ J^'^P-' Ryö-mon-dö; kor.: Yong-mun-dong. — 9,5 km süd-
lich von Witschu. Gcrtsch a. a. 0. und die Veröffentlichungen des Preußischen Großen
Generalstabs geben ein Yong nnui dong 5,5 km südlich von Witschu an.
ßl
£^ v±fe
^'" ]W Tr£ yW .i^P • Nan-kwü-ko; chin.: Nan-huang-kou. — 11,5 km nord-
nordöstlich von Witschu.
(In Anmerkung 108 — 117: Angabe der Entfernungen nach den japanischen
Generalstabskarten.)
10-1 Trat 17.: .Tap:in. Ociu'iaKtiili^wfik iiln-i- di-n .Tapim.-Kuss. Krieg 1904/05.
Tago-s- Tätigkeit ili r ein/.t'lncn Abtoiliiiigeii
CiAiZ'' im KaniplV
Pionieraiheiton
2. Division
Garde-Divisiüii
Regiment
schwere
Artillerie
entlang vor und nimmt
Höhe 192 (nordöstlich des
Tigerhügels) in Besitz.
sammelt sich in der Nie-
derung nordwestlich Sha-
Siuido. Das Artillerie-Re-
giment nimmt westlich
Satschodong '^'' Stellung.
nimmt mit einem Teile
Osekitü '^', sammelt sich
mit der Masse in der Nie-
derimg östlich Witschu.
überschreitet die Kriegs-
brücke südlich Satscho-
dong, nimmt die Stellimg
von Samalinda ein.
Die Divisionen gehen bis Tagesanbruch
in folgende Stellungen:
12. Division
2. Division
gewinnt Linie Sairoshiko
— linkes Aika-Ufer —
Anhöhe westlich von Li-
sawen; entsendet ein De-
tachement nach Kyokako.
geht über Kriegsbrücke 1
und den Sattel des Ti-
gerhügels vor, nimmt
den Raum : Westrand des
Tigerhügels — Sha'hot-
schwan (Südostrand von
Kaaikasen) in Besitz,
der Kriegsbrücke Nr. 1
über den Yahi(oberstrom),
wird der Garde-Division,
der Bau der 2. Kriegs-
brücke(unterstrom) und
der Brücke über den Ne-
benarm südwestlich vom
Tigerhügel wird der 2. Di-
vision übertragen. Der
Bau der 1. und 2. Kriegs-
brücke wird 3 Uhr nach-
mittags, der der Brücke
über den Nebenarm nach
der Einnahme vonTschun-
kiantai (Matuzeo) begon-
'■" ^ riJ] */Ir^ jap.: Sci-ko-dö; kor.: Syö-ho-dong. — 1km westlich von
Witschu.
'^' I^^M^ -'^P- 0-seki-tö; chin.: Yfi-clnh-tao; kor.: ö-chyök-to. —
Insel im Yalu zwischen Witschu und dem Tigerhügel.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 105
Tages-
folae
Tätigkeit der einzelnen Abteilungen
im Kampfe
Pionierarbeiten
Garde-Division folgt der 2. Division und
nimmt den Raum : Tal-
grund von Lisavven —
Westecke des Tigerhügels
in Besitz; ihre Artillerie
nimmt südlich des Tiger-
hügels (oder auch nörd-
lich davon) Stellung.
Hauptreserve Es bilden die Hauptre-
serve: 1 Garde-Infantei-ie-
Regiment, llnfanterie-Re-
giment der 2. Division,
das Garde-Kavallerie-Re-
giment (ohne 1 Zug), das
2. Kavallerie - Regiment
(ohne 1 V2 Zug) ; in Kuri-
to versammelt, entwickelt
sie sich auf Osekito, mit
1 Bataillon als Artillerie-
schutz auch auf Samalinda.
Das Armee-Oberkommando befiehlt, wann die Infanterie der Garde-
und 2. Division zmn Angrilf antreten soll.
Die Angriffsziele der Divisionen sind: 12. Division Pototynsa ^^^ Garde-
Division Yogu '^^. 2. Division Tiurentschin.
^"^^ 'tfy'lsty^ jap-: Yu-ju-ko; chin. : Yu-shu-kou. — 4,5 km nordwestlich
vom Tigerhügel. S. 204.
123 um >/S jap. : Yö-kö ; chin. : Yao-kou. — 3,5 km westlich vom Tigerhügel.
1 ()() Trai Tz: Japan. Gcncralstabswerk iilicr tirii Japan. -Hiiss. Krieg 1904/05.
12. K.-ipitvl.
Das Gefecht am Yalu.
I. Vorbereitungen zum Übergang über den Yalu.
Festsetzung des Tages für den Übergang der 1. Armee über den Yalu.
Als die 1. Armee auf dem linken Yalu-Ufer aufzuinar.scliioren im Be-
griff stand, meldete der Ober(|nartiermeister der 1. Armee, Generalmajor
Fujii Shiiieta. am 10. April dem Generalquartiermeister, Generalleutnant
Baron Kodama Gentarö, es sei vorliiufiL!, f(>st,üesetzt, daß die ganze I.Armee
am 21. April ihren Aufmarsch beendige, und man hoffe am 2. Mai etwa
den Yalu zu iiberschreiteu. Am nächsten Tage, dem 17. April, forderte das
Große Hauj)tc[uartier seinerseits ^Meldung des für den Flußübergang fest-
gesetzten Tages; hierauf erfolgte umgehend telegraphisch die Antwort, man
hoffe, den Fluß am 30. April überschreiten zu können. Außerdem erbat man
eine Vermehrung der Transportschiffe zwischen der Halbinsel Tschölsan '^^
und Tsehinampo (Dsinuampo). ^lan hatte nämlich bisher vorgehabt, das
Regiment schwere Artillerie und das Brückenbaugerät aus Japan direkt
nach Likaho '^'•' zu schaffen, aber nun änderte man den Entschhdä, nahm
die Landung in Tsehinampo (Dsinnampö) vor und sandte es dann nach
Likaho weiter; wegen der Kleinheit unserer Transportilotte waren wir eben
nicht in der Lage, die Transporte vor Schluß des ^Monats zu bewältigen.
Am 17. erhielt das Oberkonnnando der 1. Armee vom Großen Haupt-
quartier auch noch die Direktive (s. VI., S. 99):
»Die 2. Armee wird voraussichtlich am 30. April, 1. oder 2. Mai an
der Küste zwischen den Mündungen des Tschinmaho inul Taschaho ihre
Ausladung beginnen, die höchstens 45 Tage dauern wird. Die Landung
und die weiteren Bewegungen werden indirekt durch die 1. Armee, welche
das rechte Yalu-Ufer gewinnt, gedeckt. Das Große Hauptquai'tier nimmt
daher an, daß der Flußübergang etwa am 30. April stattfindet. Anschließend
muß zunächst eine starke Stellung in dem Räume bis gegen Taflsantschyndsa O^"^)
hin genonuuen und dann der Zeitpunkt für den im Einvernehmen mit der
2. Armee anzutretenden Vormarsch abgewartet werden.«
'^* ^ \1\ *^^'''' ^ UJ .)''P- Tets'san: kor.: Thyöl-san. — 45 km südöst-
lich der Yaluinündung.
125 ^|J '^p^ vjH jap. Ri-k\va-liö; kor. I-hoa-pho. — 43 km, nach der japanischen
Übcrsichtskartf 1 : lOOO^OO, südlich von AVitschu am Meer auf der Halbinsel Tschöl-
san; anscheinend ist Ihopo, 19 km nordwestlich Stadt Tschölsan, Ostchina 1 : 1000000,
dasselbe wie Likaho. Auf der Übersichtsskizze 1:750000 ist Likaho fast an der
Südspitzc der Halbinsel Tschölsan gezeichnet, was mit keiner der japanischen Karten
übereinstimmt.
TRArT7,: .Tapan. Geiieralstabswork ülicr doii Japan. -Russ. Krieg 1904/0"). 1(^7
An demselben Tage (17. 4.) noch antwortete der Armeeführer Baron
Kuroki Taniesada telegraphisch, daß er alles daransetzen werde, um bestimmt
am 30. April den Flußübergang zu bewerkstelligen.
Herbeischaffung der Munition und des Brückenbaugeräts.
Da der Zeitpunkt für den Flußübergang der 1. Armee um 2 Tage
früher gelegt war, erging am IS. April folgender Sonderbefehl über die
Herbeischairung dei- bereitgehaltenen Munition und des Brückenbaugeräts:
Die Brückentrains (der Garde- und der 2. Division), die Munitionskolonnen
aller Divisionen (die Garde- und die 2. Division hatten .jede 1 Fußartillerie-
Munilionskolonne, die 12. Division 1'/.^ Infanterie-lMunitionskolonnen und
2^/., Artilleric-^NIunitionskolonnen), eine Abteilung Linientruppen (1200 Mann
Infanterie der Garde-Division und 1000 Mann Infanterie der 2. Division)
und ein Teil der Etappen- Transportmittel (400 Handwagen und 2 Etappen-
Proviantkolonnen) konmien nach Likaho und erreichen von da die Gegend
von Witschu. — Man wies ferner jeder Division unter »geheim« ihre
Brückenstelle zu (12. Division Südwestseite von Kurito, Garde -Division
nördlich von Witschu, 2. Division südöstlich von Kaaikasen, da wo sich die
Strömung teilt) und ließ alles für den Brückenbau zu verwendende Gerät
zusammenbiingen. — Die Herbeischaffung der Munition und des Briicken-
baugeräts war am 29. beendet. (Ein Teil des Brückenbaugeräts war auf
dem Wasserwege in Gegend Yonampo gebracht worden, wegen des Feuers
der feindlichen Artillei-ie auf dem rechten Yalu-Ufer konnte man es aber
nicht nach Witschu lieranziehen : immerhin scheint dieser zufällige Transport
zu Wasser für den Feind ein Grund zu der Annahme gewiesen zu sein, daß
wir am unteren Yalu gelandet seien.)
Die Lage bei Tschangsöng '"'^ (am Yalu) und die Heranziehung
der Abteilung Sasaki.
Das Oberkommando der 1. Armee zog die bei Yöngpiei (Yöngpyöng) '^^
imd Unsan'^' als Besatzung stehenden Truppen zum Kam])fe um den Yalu-
Übergang heran; ferner ward die Abteilung Sasaki verstärkt: Führer General-
major Sasaki Nao, Stab der 12. Infanterie-Brigade und 14. Infanterie-Regiment,
3. Eskadron des 12. Kavallerie-Regiments, I. Abteilung des 12. Feldartiilerie-
Regiments ohne 3. Batterie, 1. Kompagnie des 12. Pionier-Bataillons. Die
weiteren Bewegungen sollten dadurch erleichtert werden; man wollte so
nach dem Übergang über den Yalu die rückwärtigen Verbindungen der
Armee schützen und gab am 21. nachts der Etappen-Kommandantur der
I.Armee (Generalmajor Shibuya Ariaki) Befehl, schleunigst etwa ein Kobi-
Infanteriebataillon nach Tschangsöng unter dem Befehl des Generalmajors
126 jiSt- i^ jap.: Nei-hen; kor. (nach Kotö-Kaiiazawa a. a. 0.): Yöng-byön. —
111 km ostsüdöstlich von Witschu.
127 gl* Ml jap . iTn-zan (Unsan) ; kor. Un-san. — 17 km nördlich von Yöngpiei
(Yöngpyöng).
108 Traltz: Japan. Genoralstaliswcrk iibci- dt'ii Japan. -Rtiss. Kiieii 1904/05.
Sasaki zu enisendeii. E.s ninischierte also der Koniinaiideiir do.s 4. Kobi-
Infaiiterie-Reiiiments. Major Yosliida Tci. mit dorn II. Bataillon (ohne
7. Konipaüiiic), Rataillon-skonunandcur Major Kndö Bunnosliiii. am 23. von
Unsaii al). riitrrwons wiii-dc die 8. Kompa^inic nacli Pyüktonj; (Pekton) '**'
abgezweigt, der Rest ei-r jap.: Heki-to; kor.: Pyök-dong. — 87 km nordösUich von Witschu.
Ostchina l : 1 000 000 : Piltong.
'^^ ^RM >B J^P- ■ Shin-sö; kor.: Sin-chhang. — Nach Kartenanlage 3 des
1. Bandes liegt dieser Ort 31 km südlich von Pyöktong (Pekton) und 41,5 km süd-
östlich von Tschangsöng; er fehlt auf allen mir zugänglich gewordenen deutschen Karten.
130 ~i^ y|jj1 -^ft jap . Ei-den-jö ; chin. : Yung-tien-ch'eng. — Auf der unter 129
erwähnten japanischen Karte 15 km nordwestlich von Tschangsöng, nördlich des Yalu;
auf der unter 128 genannten preußischen Generalstabskarte 22 km nordwestlich von
Tschangsöng als -Yungdien» verzeichnet.
'" ^a'p^ J^'P-' Kwan-den; rliin.: K'uan-tien. — 86 km nach preußischen,
32 km nach japanischen Karten nordwestlich von Tschangsöng, nördlich des Yalu.
'^- ^^ Mj jap.: So-san; chin. CKu-shan. — 43 km nordöstlich von Pyöktong
(Pekton).
Trautz: Japan. Geiieralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 109
der Uljergangspunkt für die 12. Division nach Aiisiclit ihres Kommandeurs,
des Generalleutnants Inouye jMitsu, bei Schigupu liegen mußte, befahl man
nunmeln* am 22. der Abteilung Sasaki. am 26. von Tschangsöng aufzu-
brechen und sich bis 28. zwischen Likado ^*^ und Embon ^'^* ihrer Division
wieder anzuschließen.- Nur 1 Bataillon und 1 Eskadron (ohne 1 Zug), unter
Führung des Kommandeurs des 4. Kobi-Infanterie-Regiments, des Oberst-
leutnants Yoshida. sollte unter dem unmittelbaren Befelil des Armee-Ober-
kommandos in Tschangsöng verbleiben und das gegenüberliegende Ufer
und am Oberlaufe des Yalu beobachten. Inzwischen kam Nachricht, daß
1500 feindliche Reiter mit 10 Geschützen anscheinend in Gegend Soden '^°
eingetroffen seien. ^Nlan änderte daher am 25. vorgenannten Befehl dahin
ab, daß 1 Kobi-Infauteriebataillon. 1 Eskadron (ohne 1 Zug), 1 Gebirgs-
batterie und '/a Gebirgsartillerie -Munitionskolonne unter Oberstleutnant
Yoshida der Etappen-Kommandantur zugeteilt und mit der Beo])achtung
der Gegend bei Tschangsöng und dem Schutze der rückwärtigen Ver-
bindungen der Armee beauftragt wurden. Nach dem Aljmarsch der Ab-
teilung Sasaki blieben (bis zum 29. April) als Ortsbesatzung das 4. Kobi-
Infanterie-Regiment (ohne 4., 7.. 8. Kompagnie) und die 1. Batterie des
12. Feldartillerie-Regiments in Tschangsöng, die 3. Eskadron des 12. Ka-
vallerie-Regiments (ohne 1 Zug) in Dschangdscliu '^'"'. 1 Zug der 4. Kom-
pagnie des 4. Kobi-Infanterie-Regiments und dessen 8. Kompagnie in Fyök-
tong (Pekton), ferner die 4. Kompagnie (ohne 1 Zug) desselben Regiments
in Sinchhang und die 7, Kompagnie desselben Regiments in Unsan und
Yöngpiei (Yöngpyöng).
Eroberung der Inseln Kitrito und Samalinda.
Obwohl die Armee mit allen Kräften die Erkvmdung des Yalustromes
betrieben hatte, hatten unsere Trupj^en eben schließlich von den \"orposten des
Feindes auf Kurito, Osekito und Samalinda Feuer bekommen, und das Ziel der
Erkundung konnte nicht erreicht werden ; daher beschloß das Armee-Ober-
kommando, zuerst diese drei Inseln in nnsern Besitz zu bringen. Die Nacht
des 25. ward dazu ausersehen. Die Garde-Division sollte Kurito, die 2. Divi-
sion Samalinda nehmen und jede ihre Vorposten vorschieben. Dann änderte
man die Erkundungsabschnitte: 12. Division von dem Pimkt, wo sich die
133 ^ü ^v yjp] jap-: Ri-kwa-dö; kor.: 1-hoa-dong; chin. : Li-hua-tung. —
10 km östlich von Schigupu.
jjfM ^- ^ j'ip- Eni-bö-ri (^^ = lll^)j chin. Yen-feng-li. — 4,5 km
134
nordnordöstlich von Likado, s. 133.
^^^ ™^ r) J^P- So-den; chin.: Su-tien. — 8 km nördlich von Embon, s. 134,
nördlich des Yalu.
^^^ Ö tH .i^P' Shö-shü; chin. Ch ang-chou. — Übersichtsskizze 1 : 750000:
Tschan schu tin. — 18 km, nach der preußischen Generalstabskarte 18 km, nord-
östlich von Tschangsöng, s. 96.
1 |0 Ti{\iT7.: Jnpan. OeiKMal^tahswerk iilicr dfii Japan. -Hiiss. Kiieg 1904/05.
StröimiiiLi iir>r»llicli vcjii YoiiyiiimulDiiy '^" vereinigt, und ohcilinll): (Jai-de-
Divisiim links von der 12.1)ivisiun überKurito — (Jenk.ido hisSti-aße Witscliu —
Krinlmant.scliön cinselil.. 12. Division vom linken Flügel der Garde-Division
über Sanialindu, wie bisher das tJeländtv an» Unterlauf des Yalu; lerner
unterstellte man die beiden Pionier-Bataillone der Garde- luid der 2. Divi-
sion und die Garde-Kobi-Pionier-Kompagnie dem Pionier-Konunandeur der
Arme»', Generalmajor Kodama Tokutarö. (Der* Kommandeur der Garde-
Kobi-Pionier-Kompagnie, Hauptmann Isliioka Inoshirö, welcher beimßrüeken-
liau üiter dm Täyöngkang '^'' beschäl'tigt war, erhielt am 17. April Belehl,
dort zu bleiben und kam erst am 24. in Witschu an.) Der Pionier-Kom-
mandeur der Armee beauftragte die Pionierbataillone mit der Anlage von
\'erkehrs\\ egen und mit dem Brückenbau iiber den Yalu-Nebenai-m, west-
lich von Yongmimdong und westlieh ^Muntsehenkol '^^ Ferner ließ er
Artillerie in Stellung gehen, um nötigenfalls die Eroberung der beiden Inseln
Kurilo und Samalinda unterstützen zu köruien, und zwar: die 1. Abteilung
des Garde-Feldartillerie-Regiments (ohne I.Batterie) am Nordrand von
Genkado und Witschu, die II. Abteilung (ohne 6. Batterie) auf einer Höhe
etwa 1 000 m südlich von Satschodong, die II. Abteilung des 12. Feldartilleric-
Kegiments (ohne 6. Batterie) bei Y'ongmundong*.
An» 25. 9 Uhr 45 abends begann das von der 2. Division mit der Er-
kimdung beauftragte 30. Infanterie-Regiment (ohne I.Bataillon und ll.Kom-
j»agnie) unter Oberst Baba Meiei mit der Hilfe der 2. Kompagnie des II.
Pionier-Bataillons nordwestlich von Muntschcnkol auf Fähren überzusetzen.
(.Sie bestanden aus je zwei Stalilbooten; es waren im ganzen 8 Fähren.)
Der Feind leistete keinerlei Widerstand. Am 26. iVüh 12 Uhr 15 war das
Übersetzen beendigt und Samalinda erobert.
Mit der Eroberung der Insel Kurito w'ar das 4. Cianle-lnfanterie-Re-
giment, 1 Zug der 2. Kavallerie-Eskadron, die 1. Pionier-Kompagnie und
ein Teil des Brückentrains unter Führung des Kommandeurs des 4. Garde-
Infanterie-Regiments. des Obersten Umesawa INIichiharu, beauftragt. Am
2t>. 2 Uhr morgens sammelte er das I. Bataillon (olnie I.Kompagnie) und
(ia> II. Bataillon am Südrande von Y'ougmundong"^"), die I.Kompagnie nahe
'" Ht I J ^M -J^P- • Kyii-nioii-dö; kor. : Yong-mun-doiig-- — Nicht mit dem
gleiclinamigeii Oit s. 117 zu verwechseln. — Nach der japanisclien Karte 10 im Text
(Bd. 1) liegt dieses Ryiiniondo 4,6 km südwestlich von Suikocliin (s. 98) und 7,2 km
iii.i<]r.stlicli von Witschu, südlich des Yalu.
'""* y^ '^- /_X. jap.: Dai-nei-kö; kor.: Tai-yüng-gang. — Nördlicher Neben-
lliiß des TschüngtscliönkangC>'), mündet mit diesem in dasselbe Delta.
""' v/» ^ti /[>•] J'T" Kü-lioku-dö; kor.: Iloiiig-peuk-dong. — 3,3 km südlich
von Wit.Mliu. Ih-i- ( )ii liegt da, wo auf den preußischen Karten (Kr. Gesch. EinzeKschr.
39/4t») Muiitschenkoi steht, weshalb diese Bezeichnung im Text gewählt ist.
* Es ist das RyümondO 137; — übrigens scheint die Abteilung nahe bei
Ryinnondö keine geeignete Artilleriestellung gefunden zu haben, sondern ist (s. Karte 12
im Text) etna 7(M) m südlich von Schigupu in Stellung gegangen.
Trautz: Japan. Genei'alstabswcik üIh'v den Japan. -Russ. Ki-ifo; 1004/05. 111
dem SiUlraiule von Geukado, das III. ßataillon und drii Zui;; Kavallerie
bei Genkado. Die 4. Kompagnie, zwei Züge dei" 10. Kompagnie und ein
Zug der 11. Kompagnie halfen beim Instellunggeiien der Artillerie. Die
1. Pionier-Kompagnie traf N'orbereitnngen für den Übergang der Abteilung
bei YongmundongC'") und Genkado. Um o Uhr trat das II. Bataillon gegen
den Feind bei Kurito an. Das I.Bataillon (ohne 1. K.om])agnie) sollte sich
in der Linie Yonguunulong — Höhe südlich davon entAvickeln, die 1. Kompagnie
den Yalu-Nebenarm aus Gegend Genkado um 4 Uhr überschreiten und so den
Angi'iff" des 11. Bataillons unterstützen. (Trotz eifrigen Suchens in den letzten
Tagen hatte n)an Furten nicht gefunden, die Strömung war zu reißend und
tief geworden. Schließlich entschloß man sich, den Übergang zu erzwingen.)
Um 3 Uhr morgens waren von der I.Pionier-Kompagnie alle Über-
gangsvorbereitungen getrofien. Das II. Bataillon (Kommandeur Nara Gennin)
halte elf vorher nach Yongmundong zusammengebrachte, schnell gebaute
japanische Boote an den Ül^ergangspunkt nordwestlich von Yongmundong
geschafft; diese Boote waren in der Nacht zu Lande von Witschu herüber-
gebracht worden.
(Mitte April trat der Yalu außergewöhnlich weit über seine Ufer.
Der Hauptstrom war stellenweise anderthalb l)is zweieinhalb, Seitenarme
3 — 4 mal so breit als gewöhnlich. Nach Aussage von Einwohnern würde
sich nach etwa 10 Tagen guten Wetters die Wassertiefc bis auf etwa
I m verringei'u und dann in 3 Tagen auf 50 cm zurückgehen. Trotz eines nur
unbedeutenden Regens hatte am 19. der Strom aber noch inmier seine außer-
gewöhnliche Breite. Das Wasser fiel nur ein klein wenig. Im Flußbett
konnte man mit Böcken nur zwei Brückenglieder an jedem LTfer bauen, und
das vorher vorbereitete Gerät erwies sich als vollkommen unzulänglich.
Vom 24, ab zogen die Pionier-Bataillone der Garde- und 2. Division von
der Fußartillerie, von der Garde-Kobi-Pionier-Kompagnie usw. alle im Schiff-
bau geübten Leute heran. Bei Witschu brachte man starke Planken zu-
sammen und begann in aller Schnelligkeit japanische Boote zu bauen. Die
I I Boote bei Yongmundong eingerechnet, waren bis 29. April 57 japanische
Boote fertig. Bei dieser Gelegenheit erwies sich als besonders störend der
Mangel an für den Schiffsbau geeigneten Nägeln, und es soll alles an Ort
und Stelle vorgefundene Eisen hierzu aufgebraucht worden sein.)
Etwa 3 Uhr 30 morgens, als der jNIond unterging, begann das Über-
setzen. Die 1. Pionier-Kompagnie (ohne 1 Zug) versah den Fährdienst.
4 Uhr 5 landeten am gegenüi)erliegenden Ufer die ersten 20 Mann der
8. Kompagnie. Gerade 5 INIinuteu später, als das zweite und dritte Boot
anlegen wollte, erhielten sie überraschend von etwa 20 feindlichen Schützen
auf 150 m Feuer. Unsere zuei'st angekommene Abteilung schwärmte sofort am
Ufer aus und erwiderte das Feuer. Obwohl auf den Schiffen noch mehrere
Leute von feindlichen Kugeln getroffen wurden, fuhren die folgenden Ab-
teilungen unentwegt im Übersetzen fort. Um 4 Uhr 20 jMinuten war die
ganze 8. Kom])agnie auf dem jenseitigen Ufer eingetroffen. Als auch die
5. Kompagnie da war, wandte sich der Feind nach Westen zur Flucht,
und wenn er auch noch zweimal weiteren Widerstand zu leisten versuchte,
1 12 Thactz: Japan. Oencralstabswcrk über den Japan. -Russ. Krieg 1904,05.
so wnnle er doeli iminei- wieder tlurih die Uiisrigen zuriickgcw orleii. Von
tili- ."). Koinpaiiiiie folgte ihm eine Offizierpatrouille. Inzwischen beschoß
die auf dein linken l'fei- befindliche 2. luul 3. Koinpap;nie um 4 Uhr 11
feindliche Heobaciilnngspostcn auf dem gegenüberliegenden Ufer und unter-
stützte so das Übei-setzen des II. Bataillons.
Von etwa 3 Uhr moigens an leuchtete der Feind aus Gegend Tiu-
rentschin mit einem Scheinwerfer eifrig das linke Ufer ab. Um 4 Uhr 25
steckte er die Häuser auf Kurito in Braiul. Feindliche Wachtfeuer blieben
aufOsekito. bei Tschunkiantai (Matuzeo) und Uihoato '*° brennen.
Um 4 Uhr 50 etwa kam unsere Offizierjjatrouille, welche dem Feinde
gefolgt war, auf der Nordwestseite von Kurito an. Zu diesei- Zeit waren
aiu-h Feinde in Booten eingeschifft. Die unserer Offizierpatrouille folgende
5. und 8. Kompagnie erfuhren davon, und ein Zug der 5. Kompagnie mar-
schierte schleunigt zuerst nach der Nordwostecke von Dorf Kurito'*', dort
erhielt er Feuer von dem Feinde auf dem gegenüberliegenden Ufer des
Hauptstromes. Weil es noch nicht ganz hell war, blieb die feindliche Ab-
teilung, die eingeschifft war. unentdeckt. Der Zug entwickelte sich auf
einer vom Ostrande der Insel ungefähr 500 m entfernten Anhöhe und trat
mit dem Feinde auf dem jenseitigen Ufer ins Gefecht. Nach 5 Uhr er-
reichte die 8. Kompagnie und der Rest der 5. Kompagnie gieiehfalls diese
Anhöhe und nahm am Kampfe teil. Um 5 Uhr 50 etwa trafen auch die
(i. und 7. Kompagnie ein. (Die 6. Kompagnie war beim Übersetzen über
den Fluß im leindllchen Feuer in ^'el•wirrnng geraten. Eines ihrer Schiffe
war imtergegangen und so die Unordnung entstanden. Um 5 Uhr 30 erst
mit Übersetzen fertig, kam die Kompagnie etwas später.) Der Feind auf
dem gegenül)ei-]iegenden Ufer ließ an Toten 1 Offizier, 1 Unteroffizier und
15 Pferde liegen und zog sich in Unordnung nach dem Talgrund im Nord-
westen sowie in Richtung auf den Tigerhügel zurück. Daraufhin sammelte
sich die Masse des II. Bataillons im Dorf Kurito.
Bemerkung*: Dieser Feind, eine Abteilung Jäger zu Pferde
des 22. Ostsibirischen Schützen-Regiments (2 Offiziere, 60 Mann), ließ
am 25. nachts am Fuß des Tigerhügels die Pferde stehen luid setzte
nach Osekito und Kmüto hinüber; dort wurde er bei der Arbeit an
einem Schützengraben von uns beschossen und verlor 1 Offizier (tot)
imd 18 Mann (tot oder verwundet).
1*0 ~T^ >j^^ jap . Ka-do; chin. : Hsia-tung. — 3 km östlich von Antung (chine-
sische Altstadt) auf der Insel Kiasintsa, jap. : -^ ^ }^^. Dai-ma-tö ; chin. : Ta-ma-tao.
Uihoato ist auf der unter 141 erwähnten Karte da gezeichnet, wo das japanische
• Kado« Hegt, daher für den Text als Ortsbezeichnung gewählt. — Gertscii a. a. 0.
nennt einen Ort 4 km östlich von Antung Ikato, s. 226.
'*' Bg *M* jap.: RyQ-un; kor.: Yong-u. — Auf Kurito, da wo auf preußi-
schen Karten (Kr. Gesch. Einzelschr. Heft 30 40) das -Dorf Kurito» gezeichnet ist;
daher ist diese Bezeichnung für den Text als Ortsbezeichnung gewählt.
* Fu-ki pftlß.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. llo
Inzwischen hatte das III., in der Nähe von Genkado befindliche Ba-
taillon (INIajor Eijima Ki) mit einem Teil (9. Kompagnie und 1 Zug der
11. Kompagnie) um 4 Uhr 20 morgens gegen den auf Osekito befindlichen
Feind das Feuer eröffnet. Mit Tagesanbruch zog sich dieser zurück. Die
1. Kompagnie, die sicK auch bei Genkado befand, trat 4 Uhr morgens an
und setzte 4 Uhr 50 auf mitgebrachten Stahlbooten über den Seitenarm
bei Genkado hinüber. Als dann auch der am Ostufer von Osekito haltende
Gegner durch einen Angriff nach dem Tigerberge hin zurückgeworfen war,
rückte die Kompagnie nach Norden vor und nahm den Nordwestrand von
Kurito in Besitz. Um 6 Uhr 39 hörte das Gewehrfeuer auf. Kiirito war
in unseren Händen.
Die Artillerie der Garde- und 12. Division war gar nicht zum Fetiern
gekommen. Um 7 Uhr 45 hatte das 12. Feldartillerie - Regiment seine
Stellung verlassen; jedoch sah die 3. Garde-Batterie etwa 8 Uhr auf einer
kleinen Anhöhe, ungefälu" 300 m nordöstlich vom Tigerhügel, etwas wie
einen feindlichen Stab. Sie schoß darauf, und der Feind ging in Deckung.
Vorher, um 7 Uhr 15 vormittags, hatten zwei Geschütze (es mochte feindliche
Gebirgsartillerie sein) auf dem Tigerhügel Stellung genommen.
Bemerkung*: Die zwei Geschütze waren 37-mm-Kanonen des
12. Ostsibirischen Jäger-Regiments zu Pferde; sie hatten den Brücken-
schlag verhindern wollen.
Gleichzeitig mit der Eröffnung unseres Artilleriefeuers aber zogen
sie sich nach Tiurentschin zurück.
(In diesem Gefecht hatten wir an Toten 8 Unteroffiziere und Mann-
schaften und 28 Verwundete, danuiter 5 Pioniere. Nach Aussage eines
verwundeten Gefangenen vom 22. Ostsibirischen Schützen -Regiment be-
fanden sicli vor uns auch das 23. und 24. Ostsibirische Schützen-Regiment
(jedes zu 3 Bataillonen). Ferner ergaben erbeutete Papiere, daß das ge-
nannte Regiment 142 Jäger zu Pferde zählte. Außerdem erfuhren wir aus
der Abschrift eines Berichts, den ein russischer Leutnant unterm 25. Api-il
dem Kommandeur des 22. Ostsibirischen Schützen-Regiments eingereicht
hatte, daß etwa 2 Meilen flußaufwärts von Kurito das I. Bataillon des
24. Ostsibirischen Schützen-Regiments und Jäger zu Pferde standen.)
Um 1 Uhr nachmittags durchschnitt eine unserer Infanteriepatrouillen
auf dem Kurito gegenüberliegenden Ufer eine feindliche Telegraphenleitung.
(Diese Telegraphenleitung war auf dem rechten Yalu-Ufer gelegt, und wir
erfuhren in den nächsten Tagen, daß sie zur Verbindung mit der Abteilung
des Obersten Truchin gedient hatte.) Die Patrouille brachte 5 erbeutete
Schiffe nach unserm Ufer mit herüber. Um 4 Uhr besetzte das I. Bataillon
des 4. Garde-Infanterie-Regiments unter Major Öta Hirosaburö als Ablösung
Kurito.
* Fu-ki piJlß.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt.
1 1 { Tr.m'tz: Japan. Geneialst.nbswcrk über den «Tapan.-Russ. Krieg 1004/05.
Vollendung der Brücke über den Nebenarm.
Nacli Kro!)ening von .Sanialiiida l)efj;ann das 11. Pionier-Bataillon am 25.
von 8 Uhr abends ab westlicb Satscbodong. die Garde-Kobi-Pionier-Kom-
j>agnie am 27. 4 Uhr 45 nachmittags westlich von Mnntschenkol eine Brücke
zu bauen; die Brücke bei Satschodong wurde am 27. vormittags 5 Uhr 10,
die Brücke bei Mnntschenkol am 28. 6 Uhr 30 morgens fertig. Ferner hat
nach der Eroberung von Kurito das Garde-Pionier-Bataillon unter Oberst-
leutnant Okada Kamakichi am 26. nach 6 Uhr morgens, nördlich von
Geiikado, die beiden Nebenarme überbrückt; am 29. ^norgens waren die
Brücken fertig.
(Zu den erwähnten Bockbrücken wtirde alles geeignete Brückengerät
verwendet.)
Vom 26., 10 Uhr morgens, ab beschossen öfters etwa 8 feindliche
Geschütze aus Gegend Tiurentschin die Brückenstelle von Gcnkado und
Satschodong; man arbeitete daher besonders nachts. Auch in der folgenden
Nacht schoß der Feind, und nicht selten flogen feindliche Geschosse bis
Witschu hinein. So war es täglich, wir haben aber ti-otzdem das Feuer
nicht erwidert.
Festsetzimg des Tages für den Flußübergang und Vereinbarung einer gemein-
samen Operation von Heer und Flotte.
Das Oberkommando der I.Armee erhielt am 25. 4. 6 Uhr 30 abends
vom Großen Hauptquartier eine Direktive des Inhalts, die Landung der
2. Armee werde vom 3. Mai ab stattfinden, und die 1. Armee solle dem-
entsprechend handeln. Nach Maßgabe des Fortschreitens der Brücken-
bau Vorbereitungen setzte man daraufhin den Yalu-Ubergang auf 1. Mai fest.
Am 25. 4., 5 Uhr nachmittags, teilte die 7. Flottille mit, daß die Ka-
nonenboote Maya und Uji, zwei Torpedoboote und zwei kleine armierte
Dampfer die Armee im Kampfe unterstützen würden. (Fregattenkapitän
Nakagawa Shigemitsu war Kommandant der INIaya; man nannte daher seine
Flottille ]Maya-Flottille.) Sie lief in den Hafen von Yonampo ein. Am
1. April war seinerzeit die Nachricht gekommen, von dem in der Tätong-
kang-Mündung befindlichen Geschwader (das Kontreadniiral Hosoya Sukeuchi
befehligte), es beabsichtige beim Übergang der Armee über den Yalu eine
Flottille mitwirken zu lassen; da man beim Armee-Oberkommando in der
Zwischenzeit stets ein Zusammenwirken mit der Flotte im Auge behalten
hatte, wurde die Flottille entsandt und war auch schon eingetroffen.
(Infanteiic-Major Fukuda Gatarö, der in die Absichten des Armee-Ober-
kommandos eingeweiht war, erwartete an Ort und Stelle zur Beratung des
Zusanuneiiwirkons das Eintreffen der Flottille.) ISIit dem Generalstabsoffizier
der Armee waid festgesetzt: die Flottille beschießt etwa vom 29. mittags
ab Antung. Am 30. dampft sie womöglich weiter stromauf und beschießt
die Umgegend von Antung. Am 1. INIai früh fahren die Torpedoboote und
die kleinen arnnerten Damjifer noch weiter stromauf und unterstützen den
allgemeinen Angriff der Armee.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 115
Indessen erhielt das Armee-Oberkoniniando am selben Tage vom
Großen Hauptquartier eine Direktive: die Landung und Operation der
2. Armee sei bis 4. INIai verschoben, man erwarte, daß infolge davon die
Bewegungen, welche die 1. Armee tur 1. INIai vorhabe, auf den 3. verschoben
werden würden. Dieser Aufschul) war Jedoch sehr unerwünscht, denn alle
unsere Voi-bcreitungen waren sehr weit fortgeschritten, und der Feind be-
festigte aufs eifrigste seine Stellung. Auch wäi-e eine Früherlegung um
einige Tage der Landung der 2. Armee und des Angriffs auf den Feind
für die ganze Armee von Vorteil. Man meldete also an das Große Haupt-
quartier: Die L Armee beabsichtigt doch an dem von vornherein festge-
setzten Tage anzugreifen, und hiermit gleichzeitig ging die Meldung ab über
das geplante Zusammenwirken mit der Flotte. Schließlich wurde endgültig
festgesetzt, daß die Armee am 1. 5. angreifen solle.
Verschiedene Vorbereitungen zum Flußübergang.
Von Sonnenuntergang am 27. ab begann das 2. Artillerie-Regiment
(Kommandeur Oberst Tada Yasufusa) und das Regiment schwere Artillerie
(Kommandeur Oberstleutnant Sakai Köshirö) mit dem Einrichten ihrer
Stellung auf Samalinda ; heimlich ward Munition von Mannschaften in der
Stellung aufgehäuft; man arbeitete die ganze Nacht hindurch, luid auch in
der folgenden Nacht noch nahmen die Arbeiten und der Munitionstransport
ihren Fortgang.
Am 28. gab das Oberkommando der L Armee einen Angriffsplan
gegen Tiurentschiu und Umgegend aus. (Anlage 5*.) Für den Yalu-
Ubergang erging ein Armeebefehl; er lautet im Auszug wie folgt:
1. Die 12. Division (ohne 1 Eskadron weniger 1 Zug und ohne 1 Ge-
birgsbatterie) geht am 29. nachts bei Schigupu über den Fluß und
gewinnt bis zum Abend des 30. die Linie Gegend Kareiroko —
Höhe 291 südöstlich von Lisawen. Sie deckt den Flußübergang der
jMasse der Armee. Bis 1 . Mai früh hat sie den Raum zu gewinnen
von Sairoshiko bis zur Höhe westlich von Lisawen.
Sie hat ferner eine Abteiluna; am rechten Yalu-Ufer entlano;
zu entsenden, welche bis 30. 2 Uhr nachmittags die Höhe 192 nord-
östlich vom Tigerhügel in Besitz nimmt. Womöglich ist eine Ab-
teilung nach Kyokako zu entsenden, welche die linke Flanke und
den Rücken des Feindes bedroht.
2. Die 2. Division (ohne 1 Infanterie-Regiment und 1 Kavallerie-Regi-
ment, weniger 1 ** Zug) sammelt sich am 30. bis 10 Uhr vormittags
in der Niederung nordwestlich von Shasando. Sie überschreitet
den Fluß in derselben Nacht von 12 Uhr ab auf der Kriea;sbrücke
**
Siehe VII. Beispiel für einen Befehl (nebst anliegendem Angriffsplan) S. 100.
Anscheinend ein Druckfehler im japanischen Original; nach dem Befehl
Anlage 5, wie er unter VII. wiedergegeben ist, muß es »I72 Züge« heißen; s. auch
Abs. 5 dieses Befehls.
8*
1 K) Trautz: Japan. Ooneralstabsweik üIxt don Japan. -Kuss. Krieg 1904/05.
an der Westseite von Kurilo. ülitTsclireitet den Sattel hinter dem
Tigerhügel und nimmt den Kaum Westrand des Tigerhügels —
östlicher Teil von Kaaika.seii in Besitz.
Das 2. Feldartillerie-Regiment sammelt sich am 30, liis 10 Ulir
vormittags in der Niederung auf der Süd Westseite von Namsandong;
in der Nacht desselben Tages nimmt es eine Stellung ein auf der
Nordseite von Sanialinda und eröffnet mit Tagesanbruch das Feuer
gegen den Feind l)ei Tiurentschin.
3. Die Gai-de-Division (ohne 1 Infanterie-Regiment und 1 Kavallerie-
Regiment, weniger 1 Zug) sannuclt sich am 30. bis 10 Uhr vor-
mittags in der Niederung östlich von Witschu. In derselben Nacht
folgt sie der 2. Division über die Kriegsbrücke und gewinnt bis
Tagesanbruch am l.Mai die Linie Talgrund von Lisawen — West-
ecke des Tigerhügcls.
4. Das Regiment schwere Artillerie geht in der Nacht des 30. bei
Kinteito (auf Samalinda) in Stellung und eröffnet mit Tagesanbruch
das Feuer gegen den Feind auf den Höhen von Tiurentschin.
5. Das 4. Garde-Infanterie-Regiment (da später auf Befehl des Divi-
sion.skommandeurs das I. Bataillon zurückgeschickt wurde, nur
noch 2 Bataillone stark) und das 30. Infanterie-Regiment (ohne die
Besatzung von Yonampo; später wurde auch von diesem Regi-
ment auf Befehl des Divisionskommandeurs das I. Bataillon zu-
rückgeschickt, so daß nur noch 2 Bataillone da waren), ferner das
Garde-Kavallerie-Regiment (ohne 1 Zug) imd das 2. Kavallerie-Re-
giment (ohne 1 '/.^ Züge) bilden die Armee-Hauptreserve und sammeln
sich am l.lMai bis 4 Uhr morgens östlich der Krieg.s1)rücke von
Kurito. —
Außerdem wurde besonders befohlen : das II. Bataillon des 30. In-
fanterie-Regiments übernimmt die Siclierimg der Artillerie auf Samalinda,
und die 11. Kompagnie besetzt Yonampo.
Beurteilung der Lage des Feindes beim Oberkommando der 1. Armee Ende April.
Um diese Zeit, d. h. den l)ls einschließlich 28. April erhaltenen
Nachi'ichten zufolge beurteilte man beim Armee-Olierkonunando die
Lage des Feindes wie folgt: Im Gelände zwischen Tungou (Tunkou) '**
'" iMypi .i^P- T.sfi-ko; chin.: T'ung-kou. — Die auf prcußisclien Karten
entsprechenden Ortsnamen Tung ou (1 :l00f)000) und Tunkou (1 : 750000) sind 127
bzw. 115 km oherlialb Tschangsöng am Nordufer des Yalu vermerkt. Die japanisclie
Kaj-te (1:1000000) zeigt 113 km für die genannte Strecke, die »etwa 50 Meilen«
(=: fast 200 km) des Textes stimmen damit nicht; auf dieser japanischen Karte
ist der Ort ^^'Jm.^^ Tsü-kö-jö; chin.: Tung-kou-ch'eng und in Klammer p^
^/r^X jap.: ShQ-an-ken; chin.: Chi-an-hsien genannt; daß dies derselbe Ort wie
Tsü-kö ist, ergibt sich aus: Morita, Manshfi chishi (^5^[J|, Vm i^l'l'l iill p-o)
3. Bd., Anhang, S. 1.
Tkaütz: Japan. Geiieralstabsvverk über den Japan. -Russ. Krieg 190-1/05. 117
(etwa 50 INIeilen oberhalb Tschangsöng am Yalii) und Sekichüshi '*^
und bei Tschosan befinden sich 9 Sotnien Kavallerie, darunter Chun-
gusen und einige mit unbekannten Achselklappen, die von Mukden
oder Kirui ■** kamen; der Oberstleutnant JNIadritow war dabei. In
dem Gelände zwischen Dahuangou '*^ und Soden 1 Infanteriekomjiagnie
(vvolil vom 24. Ostsibirischen Schützen-Regiment), 8 Eskadrons und
8 Geschütze. In Kajuko ''"' und Umgegend 3 Inianteriekompagnien
vom 24. Ostsibirischen Schützen-Regiment und 4 Eskadrons. — Bei
Fönhuantschön 1 Bataillon Infanterie imd 5 Eskadrons; bei Tansan-
tschyndsa 1 Bataillon Infanterie und 8 Geschütze.
Bei Hamatan (Nord)^*' 3 Bataillone Infanterie. Bei Tiurentschin
12 Bataillone Infanterie (vom 9., 12., 22., 23. und 24. Ostsibirischen
Schützen-Regiment), 8 Eskadrons, 16 Geschütze, 8 Maschinengewehre
und ein höherer Stab. In Gegend Daikoto ^*^ 1 Bataillon vom 22. Ost-
. sibirischen Schützen-Regiment, 1 Eskadron, 8 kurze Kanonen. Von
Antung bis Gegend Tatungou "^ 3 Bataillone vom 10. Ostsibirischen
Schützen-Regiment, 10 Eskadrons, 22 Geschütze, 5 kurze Kanonen.
Beim Daguschan 2 Eskadrons. Alles zusammen also : 22 Bataillone
Infanterie, 47 Eskadrons (Argunsk- und Tschita-Kosaken je das 1. Re-
giment, Ussuri-Kosaken eine starke Abteilung, dabei 75 Geschütze.)
Die besonders nah vor unserer Front in Gegend Seldtojo ^'"^ (südlich
von Kyokako) und l)ei Antung befindlichen Truppen dürften in der
Hauptsache ungefähr 18 Bataillone Infanterie und 30 Feldgeschütze
zählen.
Am 28. ließ das Oberkommando der 1. Ai-mee mit Rücksicht auf eine
etwaige feindliche Unternehmung gegen den Flußübergang der 12. Division
^*^ 'S>Mi^)^ J^P- • Seki-chu-shi; chin.: Shih-chu-tzu. — 9,5 km östlich
von Dahuangou s. 145.
"* ^^ A'K jap. Ki-rin; chin.: Chi-lin. — Etwa 860 km nordöstlich von Mukden.
"^ y^ jVl )^ jap. : Dai-kwö-kö ; chin.: Ta-huang-kou. — 29 km nordöstlich
von Tschangsöng.
""^ rulsry^ J^P- Kwa-jü-kö; chin. Hua-shu-kou. — 1,7 km nordwestlich
von Schigupu, nördlich des Yalu.
'*^ iip^^^®^ J^P-" Gö-mo-tö; chin.: Ko-ma-t'ang oder Hömötan ((f^^
% ) iZ. A^j "'''^^ ^^^ japanischen Kursbuch. — 6 km westlich von Tiurentschin.
^*^ y^TlL^^ J'^P" Dai-kwö-tö; chin.: Ta-huang-t'ao. — 3km südwestlich
von Tiurentschin, nördlich des Yalu.
"^ ^ Ä yft J^P- • Dai-tö-kö ; chin. : Ta-tung-kou. — Ostchina 1 : 1 000 000 :
Datunggou. — 85 km südwestlich von Antung.
^°" ^H§^ J''^P'' Seki-tö-jö; chin. : Shih-t'ou-ch eng. — 2,1km südöstlich
von Kyokako (zwischen Tschingou V^ ]/^, s. 164, jap. : Sei-kö, und Wutoulintsze j^
H^j/^-J-*? jap-: Go-dö-rin-shi).
1 IS Thavtz: Japan. Generalstahswcrk über den Japan. -Rnss. Krieg 1904/05.
im Laufe des Tages alle Unterkunft-sorte der Divisionen recht nah zu.sanimen-
le^|^ jap.: Sei-shü-dö: kor.: Chyöng-jyu-dong; chin. : Ch'eng-chou-
tung. — 7 km östlich von Antiing, südlich des Yalu.
^" ^c TC /Ip) J^P"' Kaku-gen-dö; kor.: Nak-uön-dong; chin.: Lo-yüan-tung.
— 10,5 km südlich von Sei-shü-dö an der Straße nach Yonampo (s. 97).
'^^ ■^^^i^'?' J^P"' Son-ka-hö-shi; chin.: Sun-chia-pu-tzu. — 17 km
nordwestlich von Antung.
'^* ^^Is'tyM' J*P' Ki-jü-kö; chin.: Li-shu-kou. — Nach der japanischen
Karte 1:50000 13,5, nach der 1 : 200000 16, km nordwestlich von Tiurentschin.
15& ^ jJ;|J f ^ jap.: Kü-rei-mon; chin.; Kao-H-men. }^^ ^ il) KT ^ /\.
nach dem japanischen Kursbuch. — 12 km südlich von Fönhuantschön; berühmte
alte Einfallpforte in das Mandschurische Bergland. — Kaolimen ist die Schreibweise
bei Gertsch a. a. O.
*" "/C 7^ ^nl .i^P- Dai-yö-ka; chin.: Ta-yang-ho. — Der Fluß mündet
am Daguschan.
* Li diesem Ort befand sich die 7. Etappe. — Anni. d. Übers,
** Kleine Bagage. — Anm, d. Übers.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 119
Nidnka'*' überschreiten zu können. Zu passender Zeit ließ er eine
Abteilung an die Übergangsstelle voraussenden und die sämtlichen
Trains auf dem linken Nidöka-Ufer nach Shigaden ^'"'^ schicken.
Lage auf dem rechten Flügel der russischen Ostabteilung.
Auf dem rechten Flügel beschossen am 2.i. April 8 Uhr vor-
mittags 4 Schifte des japanischen Geschwaders Niantschan ''". Ein
bei Amisan ^'''^ in Stellung gehender Zug der Transbaikalischcn Kosaken-
Batterie beschoß etwa 4 Uhr vormittags in der Yalu-ISIündung 2 Japani-
sche Kanonenboote und 2 Torpedoboote, traf sie aber nicht. Als
das japanische Geschwader mit 6 sechszölligen (16,62 cm) Kanonen
das Feuer erwiderte, räumten die Russen ohne Verluste die Stellung.
Generalmajor Mischtschenko sah am Abend desselben Tages japanische
Dampfschiffe, die kleinere Schiffe hinter sich herzogen, von Yonampo
nach Keimökö '^' zu fahren. Er befahl, ihre Landung zu verhindern,
und ließ die 1., 3. und 6. Sotnie der Tschita- Kosaken, sowie eine
Batterie bei Amisan Stellung nehmen. Am 27. erhielt er INIeldung,
daß sich bei der Insel Haiandao '^^ 35 japanische Kriegschiffe be-
fänden; er ließ daher die Dayanho-Mündung sperren.
Lage bei der Mitte der russischen Ostabteilung.
Generalmajor Trussow hielt einen Höhenstreifen bei Magu '^^
besetzt. Am 2.5. verdichteten sich die Gerüchte von einem feindlichen
Übergang über den Yalu immer mehr: Man hörte, daß Samalinda
schon in Feindeshand gefallen und 200 Boote dort zusammengebracht
worden seien, ferner, daß der Feind über den östlichen Seitenarm
des Yalu Brücken baue, und daß auch ungefähr 16 km oberhalb von
Witschu eine Brücke begonnen werde. An Generalmajor Kaschta-
linski kam Meldung, daß 2000 Mann feindlicher Infanterie, 2 Eska-
drons und 1 Battei'ie von Osekito aus den Fluß überschritten und
1»^ ■ jM if RJ >'^P"' Ni-do-ka; chin.: Erh-tao-ho. — Linker Nebenfluß des
Dayanho, mündet, aus Richtung Fönhuantschön kommend, etwa 35 km nördlich der
Dayanho-Mündung.
^** Pu ^f ^®1 •'^P' Shi-ga-den; chin.: Shih-ya-tien. — 37km südwestlich
von Fönhuantschön an der Straße nach Daguschan.
'^^ Jfß ^ ^^ J^P-- Rö-rö-jö; chin.: Niang-niang-ch'eng. — IH km südwest-
lich von Antung am westlichen Yalu-Ufer.
160 ^^^^Mj jap : An-min-zan; chin.: An-min-shan. — Berg und Ort mit
gleichem Namen, 5 km südwestlich von Niantschan, s. 159. (S. auch 216.)
^" •ttr^lSi^ J^P" Kei-mö-kö; chin.: Kua-wang-kou, s. 176.
162 y^,^^^ jap . Kai-yö-tö; chin.: Hai-yang-tao. — Etwa 100km süd-
südwestlich vom Daguschan. — Ostchina 1 : lOOOOOi: 'Hai yang dau.
^^^ i^ y^ J^P • Ba-kö; chin.: Ma-kou. — 4 km nördlich von Tiurentschin.
120 Tbautz: Japan. Generalstabsweik über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
nach Lisawen vormarschiert seien. Als Generalmajor Trussow sich
an Generalmajor Kaschtalinski mit der Bitte um Hilfe wandte, befahl
Generalleutnant Sassulitsch dem Generalmajor Trussow, besondere,
wirksame Sieben mgsmaßnahmcn zu treflen, das linke Eiho-Ufer zu er-
kunden und den Übergang feindlieber Truppen zu verhindern; nur wenn
starke feindliche Kräfte erschienen, solle er sich schrittweise nach
Rijuko zurückziehen. Am 26. nachts entsjindte man das in Tiurentschin
befindliche 22. Ostsibirische .Schützen-Regiment und die 3. Batterie
der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade unter deren Bricade-
kommandeur Oberst Meister nach Tschingou '^*. (Die 7. Batterie blieb
auf einer Anhöhe westlich von Weitszekou '®*). Diese Abteilung
hatte den Auftrag, den Weg zur Rückzugsstraße zu sichern. Ferner
wtirde das II. Bataillon des 11. Ostsibirischen Schützen-Regiments und
die 8. Kompagnie des 24. Ostsibirischen Schützen-Regiments, welche
zur Reserve gehörten, nach Gegend Tutschensa '*"' südwestlich von
Tiurentschin geschickt mit dem Auftrag, den Zwischenraum zwischen
den Stellungen von Antung und Tiurentschin zu verteidigen. Das
12. Ostsibirische Schützen -Regiment sollte sein neu eingetroffenes
III. Bataillon mit der 2. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-
Artillerie-Brigade zusammen in der Stellung von Tiurentschin belassen.
Oberst Meister traf am 27. 6 Uhr vormittags in Tschingou ein und
besetzte die Stelhmg. Er sandte Patrouillen auf dem linken Eiho-
Ufer aus und stellte Postierungen in Kyokako und Rijuko auf.
Generalmajor Trussow jedoch hielt die Furt in Gegend Weitszekou
für gefährlich und befahl dem Oberst Meister, von Tschingou aus
auf die Höhen westlich Weitszekou ein Bataillon Infanterie und
2 Geschütze zu schicken. Eine Patrouille der 7. Kompagnie des
22. Ostsibirischen Schützen-Regiments, welches in Weitszekou stand,
traf am 26. nachts in Lisawen auf 40 Mann feindliche Infanterie und
4 Reiter; der Hauptmann 2. Klasse Jantschis schlich sich in derselben
Nacht am Yalu-Ufer entlang bis in die Gegend von Osekito und
bemerkte bei Genkado und Kurito große feindliche Biwakfeuer und
hörte von Kurito her den Lärm der Brückenarbeiten. Oberst Kalzew,
der nach Gegend Yimdien zu gegangen war, meldete, daß starke
feindliche Kräfte den Yalu überschritten, und die Kosaken sich nach
Norden zurückzögen; auch besagte eine Meldung des Obersten Let-
schitzki im wesentlichen, daß sich der Feind mit 5000 Mann der
Gegend Yimdien nähere.
*** j^ yM jap-: Sei-ko; chin.: Ch'ing-kou, s. 150. — Auf der japanischen
Karte über 1 km weiter südlich angegeben als auf der preußischen Karte; nach
ersterer 5 km nordwestlich von Magu, s. 163.
*" Ä.^'yxii jap- I-shi-kö; chin. : Wei-tzu-kou. — 4 km nordwestlich von
Maga, s. 163.
"" zt^"?* j''l'' To-ju-shi; chin.: T'u-ch'cng-tzu. — 4km südwestlich
von Tiurentschin.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 121
Lage auf dem linken Flügel der russischen Ostabteilung.
Der Oberst Tnichin, welcher von Giilutzi '^^ bis in Gegend
Dahuangou erkunden ließ, erhielt am 24. Meldung, die japanische
Armee habe in .Gegend Tschandohokou '®^ den Yalu überschritten;
er befahl dem Kommandeur des Ussuri-Kosaken-Regiments, mit
der 3., 4. und der 5. Sotnie und der 5. Sotnie des 1. Argunsk-Kosaken-
Regiments nach Hsienlungou '''' zu rücken tmd die Lage aufzuklären;
er erfuhr, daß die 1. imd 2. Sotnie Argunsk-Kosaken, vom Feinde ge-
drängt, sich zurückgezogen habe. Am 26. verließ Oberst Truchiu
Hsienlungou und kehrte in die bisherige Stellung zurück, Tschan-
dienna '^" und Soden. Dann zog er mit der halben 2., der 3. und
6. Sotnie Argunsk-Kosaken und 2 Gebirgsgeschützen nach Yundien.
Oberst Letschitzki entsandte an tliesem Tage in die Gegend
zwischen Ambiho'" '-Mündung und Gulutzi das berittene Jagdkommando
des 24. Ostsibirischen Schützen-Regiments vmd ließ es Verbindung
halten mit Tiurentschin. Damals erst legte man eine Telephon-
verbindung auf dem linken Yalu-Ufer zwischen Oberst Letschitzki
und Oberst Truchin, aber sie war unbenutzbar. Auch eine Relais-
Linie zwischen Ambiho-Mündung und Gulutzi konnte nicht in Gang
gesetzt werden.
Am 27. nahm Generalleutnant Sassulitsch auf Befehl des Armee-
Oberkommandos schnell die Verbindung mit Obei'st Truchin wieder auf
und ließ auf beiden Flügeln zum Schutze für die Kavallerie kleine
Infanterie-Abteilungen aufstellen. Auch beim allenfallsigen Rückzuge
dürfe er die Fülüung mit dem Feinde nicht verlieren, insbesondere
sei die Ambiho-Mündung aufs sicherste besetzt zu halten; ferner, da
die Kavallerie in der INIitte der Ostabteilung nicht ausreiche, solle er
von den Kosaken-Regimentern Tschita, Argunsk undUssurije 1 Sotnie
nehmen und hieraus eine Divisionskavallerie- Abteilung formieren; er
erhielt als Verstärkung das 23. Ostsibirische Schützen-Regiment, je die
4. Batterie der 3. und 6. Artillerie-Brigade und das 2. Kosaken-Regiment.
Generalleutnant Sassulitsch schickte am 27. vor Tagesanbruch dem
^" 'ärtt'? J^P-= Ko-rö-shi; cbin.: Ko-lou-tzu. — O^tchina 1 : 1000000:
Kuladsi. — 20 km oberhalb von Witschu am nördlichen Yalu-Ufer.
'^* -^^^fp\ PJ jap-: Chü-den-ka-kö; chin.: Ch'ang-tien-ho-kou (= Mün-
dung des Tschandienho). — Ostchina 1 : 1000000: Tschantehokou. Etwa 48 km
nordöstlich von Antung, am rechten Yalu-Ufer.
169 ^ ^ yg jap: Kö-ro-kö; chin.: Hsiang-Iu-kou (>|(p = -jg). — 28,5 km
nordnordöstlich von Witschu.
"'^ '^^^^^^ni. jap-: Chö-den-jö; chin.: Ch ang-tien-ch'eng. — 9km, nach
preußischen Karten 16 km, südwestlich von Yundien. — Übersichtsskizze 1 : 750 000:
Tschandenna.
i''! ^C 1^ /RJ J*P" Ani-pei-ka; chin.: Am-ping-ho. — Mündet bei Schigupu
,von Norden her in den Yalu.
1*22 Thaui7. : Japan. Generalstabswcrk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
Obersten Letschitzki Befehl, wenn der Feind Lisawen erobere, solle
das I. Bataillon des "24. Ostsibirischeu Schützen-Regiments sich nach
Hunsilas '"- zurik-kzielien, nütij;enfalls weiter zurik-kgelien und sich
mit der Masse der Kosaken-Brigade vereinigen. Oberst Letschitzki ließ
in dieser Nacht ungefähr 3 Kompagnien Infanterie und 4 Geschütze
in Hunsilas eine Stellung nehmen: ferner beließ er zur Sicherung der
Strecke zwischen Am])iho-Mündung und Gulutzi 1 Zug der 1. Kom-
pagnie des 24. Ostsibirischen Schützen-Regiments und 15 berittene
Jäger an einer Stelle 2000 Meter untorlialb der Ambiho-^NIündung,
ferner die 2. Kompagnie dieses Regiments an der Ambilio-Mündung
und die 10. Kompagnie des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments und
2 Gebirgsgcschütze in Gulutzi. Der Batteriechef der Ostsibirischen
Gebirgsbatterie. Oberstleutnant Gussjew, sollte diese Truppen kom-
mandieren. Die 1. und 2, Eskadron des Ussuri-Kosaken-Regiments
wurde jedoch mit der Beobachtung des Zw'ischenraums zwischen
Ambiho-Mündung und Tschandohokou beauftragt. Oberst Truchin
(welcher die halbe 2., die 3. und 6. Sotnie des Argunsk-Kosaken-Regi-
ments sowie 2 Gebirgsgcschütze unter sich hatte) kam an diesem
Tage in Yundien an. Dort beobachtete die 1. Sotnie Argunsk-Kosaken
den Weg, welcher nach Siaopusiho '"^ führt. Die 3., 4. und 5. Sotnie
des Ussuri-Kosaken-Regiments und die 5. Sotnie des Argunsk-Kosaken-
Regimcnts legte er in den Raum Soden — Tschandohokou — Tschan-
dienna. (Man sagt, Generalleutnant Sassulitsch habe bis zum 30. von
diesen Maßnahmen des Obersten Truchin nichts gewußt.)
Aufstellung der (nissischen) Ostabteilung am 28. April.
Am 28. Api'll war die Aufstellung der Ostabteilung im all-
gemeinen folgende: Oberst Schwerin kommandierte das II. Bataillon
des 9. Ostsibirischen Schützen-Regiments, 2 Bataillone und 3 Kom-
pagnien des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments, 2 Kompagnien
des 24. Ostsibirischen Schützen -Regiments, die berittenen Jagd-
kommandos des 9., 10. und 11. Ostsibirischen Schützen-Regiments, die
1. und 2. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen- Artillerie-Brigade
und 1 Maschinengewehr-Abteilung (8 Gewehre) t»ei Antung. (Dabei
sind eingerechnet 2 KomiDagien des 24. Regiments und die I.Batterie,
welche unter Oberstleutnant Yuppe bei Yenwo ''* eine Stellung
besetzt hatten.) Das II. Bataillon des 11. Ostsibirischen Schützen-
1" ^vI>5'Pi"?' J*P-- Kö-seki-ryü-shi ; chin.: Hung-shih-la-tzu. — Am
Ambiho-Üstufor. 7,4 km nordwestlich von Ort Ambiho.
"^ /J"*^"!!! ^ fpj i^P-' Shö-ho-seki-ka; chin.: Hsiao-p'u-shih-ho. — 22, nach
preußischen Karten 15, km nordöstlich von Tschangsöng auf dem nördlichen Yalu-Ufer.
>7* ^pb ^^ jap.: En-\va; chin.: Yen-vvo. — 5,7 km südwestlich von Tiu-
rentschin.
Trautz: Japan. Generalstabswcrk über den Japan. -Rnss. Krieg 1004/05. 123
Regiments und die 8. Kompagnie des 24. Ostsibirischen Schützen-
Regiments standen in Tntschensa. Die Abteihing Tiurentschin
(7 Bataillone und 1 Kompagnie, 2 Jagdkommandos, 16 Feldgeschütze,
unter Generalmajor Kaschtalinski, der am 28. den General Trussow
ablöste) stand "mit 3 Bataillonen vom 12. Ostsibirischen Schützen-
Regiment, der 2. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen- Artillerie-
Brigade unter Oberst Zibulski bei Tiurentschin, mit dem 22. Ost-
sibirischen Schützen-Regiment (ohne 1 Bataillon) und der 3. Batterie
der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade (ohne 2 Geschütze)
unter Führung von Oberst Meister und vom 29. ab von Oberst
Gromow bei Magu und Pototynsa. Ferner standen bei Tschingou:
das I. Bataillon des 22. Ostsibirischen Schützen -Regiments und
2 Geschiitze der 3. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-
Brigade unter Führung von Oberst Gromow und vom 29. ab von
Hauptmann Misclitschenko. Als Hauptreserve stand bei Hamatan
(^Nlitte): das 9. Ostsibirische Schützen-Regiment (ohne 1 Bataillon);
desgleichen das 11. (ohne das II. Bataillon), die 3. Batterie der 3. Ost-
sibirischen Schützen-Artillerie-Brigade, die 2. Kompagnie des 2. Ost-
sibirischen Pionier-Bataillons. Auf dem rechten Flügel befand sich
unter Generalmajor Mischtschenko die Kavallerie-Abteilung, 2 Ba-
taillone und 3 Kompagnien des 21. Ostsibirischen Schützen-Regiments
(1 Kompagnie v^ar mit dem Etappenschutze zvi^ischen Dagushan
xmd Haitschön beauftragt); I.Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-
Artillerie -Brigade, 1. Batterie der transbaikalischen Kosaken- Ar-
tillerie, 1 Regiment Tschita-Kosaken, öSotnien desl.Werchneudinsk-
Kosaken-Regiments (2 '/.^Kompagnien dieses Regiments beobachteten
die Küste zw^ischen Pitszewo ''° und Dagushan).
Die Kavallerie- Abteilung stand vv^ie bisher von östlich Pitszewo
bis zur Keimöka^'^-Mündung, die in der Yalu-Mündung liegt. Auf
dem linken Flügel der russischen Ostabteilung standen die Ab-
teilungen der Obersten Letschitzki undKarzew; erstere (1 Kompagnie
des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments, I. Bataillon des 24. Ost-
sibirischen Schützen -Regiments nebst Jagdkommando, 2 Sotnien
Ussuri-Kosaken und 6 Geschütze der 1. Gebirgsbatterie) beobachtete
die Gegend Ambiho-Mündung — Gulutzi; letzterer war am 28. an
Stelle von Oberst Truchin getreten und kommandierte das 1. Ko-
saken-Regiment (ohne die halbe 2. Sotnie, welche bei Fönhuan-
tschön Relaisdienst tat) und 3 Sotnien Ussuri-Kosaken mit 2 Ge-
schützen der 1. Gebirgs-Batterie. Er war oberhalb der Abteilung
Letschitzki mit der Beobachtung des Oberlaufs des Yalu und
Sicherung der Straße Kuandiansan — Saimatzi beauftragt.
"^ ^iSiJ^i J^P" Hi-shi-wa: chin. : P'i-tzu-wo. — 118 km südwestlich
vom Daguschan.
^Bflv;
|jp^|raj/pj jap.: Kei-mo-ka; chin : Kua-wang-ho, s. 161.
121 Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
Ferner standen in Fönhnantschön 2 Kompagnien des 24. Ost-
sibirischen Scliützen-Rcgiment.s; die T.Kompagnie genannten Re-
giments und das 1. Bataillon des 124. Infanterie-Regiments schützten
den westlichen Fynsiaolin-Paß auf dem Wege Liaoyan — Fönhuan-
tschön. In Daimarei '^' stand das I.Bataillon des 139. Infanterie-
Regiments; 2 Komi)agnien des 24. Ostsihiri.schen Schützen-Re-
giments zwischen Dagushan und liaitschön; 1 Bataillon und 1 Kom-
pagnie Infanterie waren in Liaoyan als Etappenschutz.
An diesem Tage (28.) erkundete der Haujjtmann 2. Klasse Sue-
tschin mit einem Jagdkommando des 12. Ostsihirischen Schützen-Regi-
ments und stieß auf einer Höhe nordöstlich vom Tigerhügel plötzlich auf
den Feind in vStärke von etwa einer Kompagnie. Es gal) 3 Verwundete.
Dann zog der Feind sich auf das reclite Eilio-Ufer zurück. Am
Tage vorher war auf Befehl des Generalmajors Trussow das II. Ba-
taillon des 22. Ostsihirischen Schützen-Regiments mit 2 Geschützen
von Tschingou nach Pototynsa marschiert und hatte den Feind auf
dem linken Eiho-Ufer beschossen.
Entsendung der Verstärkungen zur russischen Ostabteilung.
Generalleutnant Sassulitsch erhielt an diesem Tage eine Mitteilung
vom Chef des Generalstabs, es sei erwünscht, die Ostabteilung zu verstärken
und die weithin zerstreuten Abteilungen der 6. Ostsibirischen Schützen-
Brigade und besonders des 24. Regiments zu sammeln. Wie man erfuhr,
wiu'den am 29. und 30. folgende Truppen nacli Fönhuantschön hergesandt:
2 Bataillone des 23. Ostsibirischen Schützen-Regiments, 4 Sotnien des
2. Tschita-Kosaken-Regiments und eine Halbbatterie der 4. Batterie der 6. Ost-
sibirischen Schützen-Artillerie-Brigade und am 1. Mai: 1 Bataillon des
23. Ostsibirischen Schützen -Regiments auf der Straße über Amping*^'*-
Saimatsy (es sollte der in Gegend Kuandiansan befindlichen Kavallerie-
Brigade Karzew als Rückhalt dienen); ferner nach Kuandiansan die 4. Kom-
pagnie der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade sowie die andere
Halbbatterie der 4. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade.
n. Lage vor dem Gefecht.
Zusammenziehen der Divisionen in engere Ctuartiere.
Die 12. Division, in Kenntnis der Absichten des Armee-Oberkomman"
dos, erreichte am 28., unbemerkt vom Feinde, die Gegend Likado(*^^). Das
12. Pionier-Bataillon marschierte nach Shosuikodo ''° und traf alle Vorbe-
*" ~7C M^ fiM J^P" Dai-ma-rei; chin. : Ta-mi-lin. — 15 km südsüdwestlich
Lansanguan, 3,5 km westlich von Dalindsiapudsi (Ostchina 1 : 1000000).
"* ^C i" J^P' ■ ^'""P^' 5 '^'^'i"- • An-p'ing. — Auf den japanischen Karten meist
Dai-an-pei -y^ W- ^p- genannt, 24 km südöstlich von Liaoyan.
''" . yj> 71^ l—J yff^j J^P-- Sho-sui-kö-dö; chin.: Hsiao-shui-kou-tung; kor.:
Syo-siu-ku-dong. — 2 km östlich von Schigupu.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 125
i'eitungen für einen Flußübergang. (Fahrer Oberstleutnant Ninomia Esotsuki;
die 2. Kompagnie hatte sich am 24. April, der Bataillons-Stab und die
3. Kom])agnie am 25. und später in Likado und Shosuikodo sowie bei
Schigupu aufgehalten, Brückengerät sammeln und sichten und Fähren
bauen lassen. Die der 12. Division angehörende Telegraphenabteilung war
bei der Division, der Brückentrain derselben Division imterstand dem Fühi-er
der Pionier-Al)teilung.) Die Abteilung Sasaki marschierte am 27. 6 Uhr
vormittags von Tschangsöng ab und kam über Geiheirci '^" und Fukuheido '^'
durch enge Bergpfade, die nach Rishodo ^^^ führen, am 29. 8 Uhr 30 morgens
in Likado (i-*-^) an und zur Divisen zurück. Am selben Tage verließen die
Garde-Division ihre zwischen Witschu und Hibokudo '^^ die 2. Division ihre
zwischen Shosuido ^^* und Ryuzando ^^^ gelegenen Unterkuuftsorte. Die Be-
satzungsabteilung von Yonampo ließ einen Zug daselbst und mai-schierte mit
der Masse nach RakugendoO^-), das 2. Kavallerie-Regiment nach Enkado ^^^
(Der Führer der Besatzungsabteilung war Hauptmann Mamoku Benji,
Truppen: 1 1. Kompagnie des 30. Infanterie-Regiments und 2 Abmärsche der
I. Eskadron.)
Anordnungen für den FluBübergang der Masse der Armee.
Weil nicht selten feindliche Artilleriegeschosse in die Nähe unserer
Kriegsbrücke auf der Nordseite von Genkado fielen, hatte das Oberkommando
der 1. Armee, um am 30. den Brückenbau an der Übergangsstelle für die
Masse unserer Armee zu schützen, am 29. dem vorigen Befehl hinzu-
gefügt: 1 Bataillon Infanterie der Garde-Division geht von 6 Uhr abends
ab in Linie Tigerberg — Höhe nordöstlich davon vor; am 30. in der Morgen-
dämmerung geht das Garde-Artillerie-Regiment in Gegend Genkado und
Satschodong, das 2. Artillerie-Regiment und das Regiment schwere Artillerie
auf Samalinda in Stellung; die Vorbereitungen zur Feuereröünung sind zu
treffen.
'^'* 3IJI j^p-^W jap- Gei-hei-rei; kor.: Yöng-phyöng-nyöng. — 180 und 182
sind auf den mir zugänglichen japanischen und deutschen Karten nirgends ver-
zeichnet.
^*' S i?l^ '/f^ J^P-- Fuku-hei-do; kor.: Pu-phyöng-gol. — 17 km südwestlich
von Tschangsöng.
182 ^U ^{^ '/fjf^ J^P" Ri-shö-dö; kor.: I-syong-dong (Päi-sol-gol).
183 1'Jq^ ^a;^ )[f^ j^P" Hi-boku-dö; kor.: Pi-niok-dong. — 5 km östlich von
Witschu.
^^* y\^yK }\^ J^P- Shö-sui-dö; kor.: Syo-sui-dong. — 7,5 km südöstlich von
Witschu.
'^° HM L-U *^I^ J^P- • Ryü-zan-dö; kor.: Yong-san-dong. — 9km südsüdwest-
üch von Witschu.
^^'5 ij^~Ky'(^ jap.: En-ka-dö; kor. : Yön-ha-dong. — 8km südsüdwestlich
von Witschu.
\2G Trautz: Japan. Gencralstabswerk über den Japan -Russ. Krieg 1904/05.
(Die BrQckenstelle, wo die Masse der Armee übergehen sollte, war
häufig gewechselt worden, Je nach Rücksicht auf den Zustand des Flusses,
auf die Menge des Gei-äls oder auf Deckung gegen feindliche Sicht usw.
Im Anfang wollte man zwischen Kurito und Osekito zwei, nördlich Witschu
eine Brücke hauen, aber wegen Unzulänglichkeit des Geräts kam das
nicht zur Ausführung. Dann heahsichtigte man das 2. Artillerie-Regiment
von Samalinda nach Tschunkiantai (]\Iatuzeo) oder Jodo "*' zu ziehen und
hei diesen beiden Orten Brücken zu "hauen (Jodo war damals gerade durch
einen Arm des Yalu in zwei Teile geschnitten). Diese Absicht hat man
aber wieder aufgeben müssen, da zu besorgen war, daß die Brücken, wofür
das Gerät nicht ausreichte und die unmittelbar unter den feindlichen
Kanonen lagen, zerstört werden würden. Die Stelle zwischen Kurito und
Osekito, wo die Strömung gerade von Norden nach Süden Hießt und die
untere Flußbreite 240 m beträgt, wurde mit vorschriftsmäßigem Brücken-
gerät überbrückt. Der Strom unterhalb, der etwa 300 m breit ist, sollte
mit einer Behelfsschiffbrücke überbrückt werden. Weil aber das feind-
liche Feuer über 1000 m weit hinter diese Brückenstellen reichte, diese
Ubergangspunkte also stets gefährdet waren, legte man am 29. die Brücken-
stellen wieder weiter oberhalb, etwa dahin, wo sich der Strom teilt. Dort
wurden Flußbreite, Strömung usw. gemessen, und man berechnete eine für
vorschriftsmäßiges Gerät geeignete Brückenstelle von 430 m Länge. Weil die
Stelle aber von den Höhen nördlich von Tim-entschin unbedingt einzusehen
war, hat man die vorschriftsmäßige Brücke schließlich doch an der früheren
Unterlaufstelle gebaut, obwohl immerhin auch diese Stelle der feindlichen
Sicht nicht ganz entzogen war; das war eben unmöglich. Nur die Behelfs-
schiffbrücke war ganz dem Auge des Feindes entzogen und an eine Stelle
oberhalb der Strömungsgabelung gelegt.)
Die schließlich 12 Uhr 30 nachmittags getroffenen weiteren Anord-
nungen für die Ausführung der Pionierarbeiten an der Übergangsstelle der
Masse der Armee und für den Übergang selbst sind folgende:
1. Pionier-Dienst (Arbeitseinteilung):
2. Pionier-Bataillon: Bau der 1. Kriegsbrücke. Die Brucken-
stelle liegt an der Stelle, wo sich der Hauptstrom und die Seiten-
ströuunig. die von nordwestlich Kurito nach dem ^üdfuße des Tiger-
hügels hinfließt, treffen; Hali)pontonbrücke aus Behelfsgerät.
Verbesserung der Straße, welche von der genannten Brücke am
Berg entlang und am Tigerhügel vorbei nach Eihodsian '*" fuhrt.
Garde-Pionier-Bataillon: Erbauung der 2. Kriegsbrücke. Die
Brückenstelle liegt nördlich der Verlängerungslinie zwischen Kurito
und dem Tigerhügel und unterhalb von der 1. Kriegsbrücke; Ganz-
pontonbrücke aus vorschriftsmäßigem Gerät.
'" _L '/I^ J^P- = Jo-do; kor.: Syang-dong. — Gehöfte im nördlichen Teil
der Insel Kiasintsa, s. 140.
'** Jl'^iffjj^^ jap-: Jö-ai-ka-sen ; chin.: Shang-ai-ho-chien, s. 107.
Tfautz: Japan. Generalstabswork über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 1*27
Anlage eines Verbindungsweges von dieser Kriegsbrücke bis
zum Tigerhügel und von da bis südöstlich von Eihodsian.
2. Ubergangsordnung:
Es gehen über von 8 Uhr abends ab: die Garde-Division ein-
schließlich Armee-Hauptreserve und Artillerie-Regiment auf Kriegs-
brücke 1, die 2. Division (ohne Armee-Hauptreserve, Artillerie-Schutz-
abteihnig, Besatzung von Yonanipo) auf Krieg.sbrücke 2; das Garde-
Artillerie-liegiment nacli der 2. Division auf Kriegsbrücke 2. Die
Armee-Hauptreserve (ohne Artillerie-Schutzabteilung) erhält den Zeit-
punkt für ihren Übergang besonders angewiesen.
Flußübergang und Vorrücken der 13. Division.
Am 30. erließ der Kommandeur der 12. Division um 11 Uhr morgens
in der Absicht den Yalu zu übersclireiten die folgenden auf den Übergang
bezüglichen Anordnungen; er erfuhr gleichzeitig, daß der Feind etwa
250 Mann bei Gulutzi, etwa 50 INIann bei Ambiho, etwa 30 Mann bei
Kwajuko (!■*"), etwa 20 INIann bei Bogiusho^^'' habe:
1. Das 12. Pionier-Bataillon bewerkstelligt unter besonderen Schutz-
maßregeln den Übergang der Brückenschutzabteilung und öffnet
rechtzeitig die Brücke.
2. Das 12. Artillerie-Regiment in einer Stelltuig bei Endaikoku ^''° und
Schigupu unterstützt den Übergang der Brückenschutzabteilung.
3. Die Kolonne Kigoshi (Führer Generalmajor Kigoshi Yasutsuna,
Truppen : 23. Infanterie-Brigade, 1 Batterie, eine halbe Sanitäts-
kompagnie) versieht mit dem 24. Infanterie-Regiment den Brücken-
schutz; sie geht von 12 Uhr mittags ab von der bei Endaikoku
gelegenen Übergangsstelle aus über, wirft den bei Gulutzi und
Ambiho befindlichen Gegner zurück und sichert die Brückenstelle.
Die sämtlichen übrigen Abteilungen marschieren nach Vollendung
der Kriegsbrücken auf das rechte Yalu-Ufer hinül)er und gewinnen
in dieser Nacht die Linie Höhe bei NanhuankouC'-') — Höhe nord-
östlich von Bogyusho.
Am 30. wird eine Abteilung zum Brückenschutz da belassen,
das übrige gewinnt bis zum Abend Raum von den Anhöhen südlich
Kareiroko<3i') ab bis in Gegend Höhe 291 und nimmt die Höhe 192
nordöstlich vom Tigerhügel in Besitz.
4. Die Kolonne Sasaki (Führer Generalmajor Sasaki Nao, Truppen:
47.InfEinterie-Regiment, 12. Kavallerie-Regiment ohne 4 Züge, 1 Batte-
rie, eine halbe Sanitätskompagnie) folgt der Kolonne Kigoshi über
^^® fej^'^M^PH jap.: Bo-gyu-sho; chin. : Mang-nyu-shao. — 5,7 km süd-
westlich von Ambiho, auf dem nördlichen Yalu-Ufer.
'®° ij^Q-^:^ jap.: En-dai-koku; kor.: Yön-tai-kol, — 1 km nördlich von
Schigupu auf dem südlichen Yalu-Ufer.
128 TBAfTz: Japan. Oeneralstabswerk über den Japan.-Russ. Krieg 1904/05.
die Kriegsbrucke. Noch in dieser Nacht geht sie bis Yozaiiko '"'
vor und gewinnt bis zum 30. abends Gegend Laupientschiankou "*.
5. Die Masse der Division (Divisionsstab, 1 Zug Kavallerie, das 12. Ar-
tillerie-Regiment olme 3 Batterien, das 14. Infanterie -Regiment)
überschreitet in dieser Reihenfolge liinter der Kolonne 8a.saki die
Kriegsbrücke.
In der Morgendämmerung des 29. ging die II. Abteilung des 12. Ar-
tillerie-Regiments (Regimentskonniiandeur Oberstleutnant Fujimuro Matsujirö,
Abteilungskommandeur Major Taniaki Tetsujirö) wieder am Abhang der Höhe
südlich von Schigu})u, die 3. Batterie auf dei- Höhe nordwestlich von Shosui-
kodo (*'••) in Stellung. Das 24. Infanterie-Regiment, einige Beobachtungsposten
in der Vorpostenlinie belassend, sammelte sich mit der Masse in Shosuikodo.
l'm 11 Uhr vormittags sah unsere Artillerie ungefähr 40 feindliche Reiter
mit 2 Geschützen vom Ambiho-Tal herkommen. Sobald man das Feuer er-
üflQiete, zogen sie sich, ohne es zu erwidern, in das Tal zurück. Die 12. Kom-
pagnie des 46. Infanterie-Regiments ging von Schigupu vor und schwärmte auf
dem sandigen Ufer westlich davon aus. Sie nahm den Feind auf der Sand-
bank vor ihrer Front bei Amhiho und Kwajuko vuiter Feuer und verjagte
ihn. An diesem Tage schien der Feind zwischen Gululzi und Bogyusho (•**■')
mit seiner Masse (200 Mann Infanteiüe, 600 Reiter und 2 Geschütze) in die
beiden Täler des Puyiho '°^ und Ambiho hinauf und mit einer kleinen Ab-
teilung Ober Kwajuko 046) nach Westen sich zurückzuziehen.
3Iittags war die Vorbereitung der Ubergangshiifsmittel bei Endaikoku
fertig. Das 24. Infanterie-Regiment (Kommandeur Oberst Harada Terutarö)
ging von Shosuikodo '^'^), seinem Sammelplatze, aus vor und begann unter
dem Mitwirken der 2. Pionierkompagnie auf 10 Stahlbooten überzugehen.
Nachmittags 6 Uhr war dies beendet. Vorher hatte der auf der Sandbank
vor vmserer Front befindliche Feind, der auf uns geschossen hatte, sich
bereits zurückgezogen. Das ganz vorne befindliche 111. Bataillon des
24. Infanterie-Regiments (Kommandeur Major Hii-ata Tokimaru) war 1 Uhr 30
nachmittags mit übersetzen fertig. (Jede Kompagnie schwärmte nach dem
Übergang eine Zeitlang gegen die Sandbank aus und übernahm eine nach
der anderen den Schutz des Übergangs.) Die 10. Kompagnie eroberte Ambiho.
Der Rest des Bataillons marschierte gegen Gulutzi vor und nahm 2 Uhr 30
'^' 5%lJjyw .i^P- Yö-zan-kö; chin.: Yao-slian-kou. — Ist auf keiner der
mir zugänglichen japanisclien Karten aufzufinden; aber 3 km nördlicli von Ambiho,
auf dem östlichen Ambiho-Ufer (Karte im Text 12) ist fSlJj J/m j'^^P- Kaii-zan-
kö, chin.: Hsien-shau-kou angegeben. Der Lage nach könnte es der in dem Befehl
gemeinte Ort sein; Hfc (S. 234, viertletzte Zeile unten des japanischen Originals)
müßte dann ein Druckfehler sein.
'°^ y^^r^^^t^ i^P" Kö-hen-shö-kö ; chin.: Lao-pien-cinang-kou (^§
vulgär für Jjwj)- — Etwa 9 km nördlich vom Tigerhügel.
'"*" YBJ ^5 l^f^T J^P-* Ho-seki-ka; chin.: P'u-shih-ho. — Nächster nördlicher
Zufluß zum Yalu, oberhalb des Ambiho.
Trautz: Japan. Generalstahswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 129
nachmittags dieses Dorf. Dann blieb die 9. Kompagnie daselbst zurück;
das Bataillon ging in derselben Nacht noch bis Korei '"^ vor ins Biwak.
Das I. Bataillon (Führer Major Osiiima Shin), welches dem 111. Bataillon
folgend übergesetzt war, ging gegen Gnlutzi vor, und da sich dies als ül)er-
tlüssig erwies, rückte es nach Korei vor. Das II. Bataillon (Führer Major
Okamni-a Kats'saburö) erreichte nnmittell)ai' nach dem Übergang Nanhiian-
koii ("'••) und übernahm gleichfalls mit Fi-ont nach Westen die Sicherung.
Bemerkung: Oberstleutnant CJussjew sicherte in Gegend der
Aml)iho-]Mündung, er führte die 10. K()m[)agnie des 10. Ostsibirischen
Schützen-Regiments, 1 Zug der 1. Kompagnie, die 2. Kompagnie und
15 Mann des berittenen Jagdkommandos des 24. Ostsibirischen Schützen-
Regiments, 1. und ^.Sotnie der IJssuri-Kosaken und 2 Gebirgsgeschütze;
er wußte, daß am 29. etwa 10 Uhr vormittags 1600 Mann japanischer
Infanterie von Schigupu, gedeckt durch das Feuer von 12 Geschützen,
den Fluß überschritten hatten. Er verteilte daher die 2. Kompagnie
des 24, Ostsibirischen Scliützen-Regiments auf dem rechten Ambiho-
Ufer, die 10. Kompagnie des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments
desgleichen auf dem linken Ufer und wies jeder eine vorher aus-
gesuchte Stellung an. Trotz ihres Verteidigungsfeuers daselbst wurde
aber das feindliche Feuer immer heftiger, und die Infanterie hatte,
allmählich auf beiden Flügeln umgangen, 4 tote und verwundete Unter-
offiziere und Mannschaften. Der Oberstleutnant selbst wurde verwundet
und gab den Abteilungen etwa 10 Uhr 45 vormittags den Befehl zum
Rückzug. Die Kosaken blieben in Fühlung mit dem Feinde und in
Verbindung mit Oberst Karzew. Oberst Letschitzki, in der Absicht,
ihm Hilfe zu bringen, rückte mit der von ihm geführten 3. Kom-
pagnie des 24. Ostsibirischen Schützen-Regiments von Hunsilas (i^-) ab
und traf unterwegs den zurückgehenden Oberstleutnant Gussjew. Er
schloß sich seinem Rückzug au und blieb mit 5 Infanteriekompagnien
und 6 Gebirgsgeschützen in Hunsilas. Nur die 1. und 2. Sotnie der
Ussuri-Kosaken stieß nicht zu dem von Oberst Karzew geführten
Detachement, sondern zog sich durch das Puyiho-Tal nach Koroko-
rei '^' zurück.
Generalleutnant Sassulitsch erhielt davon Meldung. (Die Ver-
bindung von Hunsilas nach Tiurentschin wurde dann vollkommen
unterbrochen.) Er glaubte, es handle sich nur um eine kleine Demon-
stration der Japaner, wollte dem Obersten Letschitzki Verstärkungen
schicken und den Feind wieder aufs rechte Yalu-Ufer zurückwerfen.
Er sandte den Obersten Gromow mit 1 Bataillon des 22. Ostsibirischen
Schützen-Regiments nach Hunsilas und dann das Jagdkommaudo des-
selben Regiments (welches einmal aufgelöst, aber wieder neu gebildet
"* ^Öl^S J^P-' Ko-rei; chin.: Ku-lin. — 2,2 kin nordwestlich von Ort Am-
biho, am westlichen Puyiho-Ufer.
vife ^^
1^» ^CiMgyg^gS jaP" Ko-ro-ko-rei ; chin.: Hsiang-lu-kou-lin. — 12 km
nördlich von Hunsilas, s. 169.
Mitt. d. Sem. f. Orient Sprachen. 1915. I.Abt.
1 3(* Trai'tz : Japan. Ocneralstabswcrk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
wunlcii war) in Gogeiul Ainhiliu-iMüiulmiLi. Ohcr.st Groniüw erhielt
den Befehl, noch an diesem Abend nach Lisawen vorzugehen.
In/wischen hatte Generalmajor Kigoshi, mit Rücksicht anf die
Breite des Flusses und auf die langsame Fertigstellung der Kriegsbrücke,
als das Übersetzen der Brückenschutzabteihmg des 24. Infanterie-Regiments
fertig war. dem 01)ersten Hirai !Masaei vom 46. Infanterie-Regiment Befehl
geschickt, er solle anfangen, behelfsmäßig mit seinen 2 Bataillonen über-
zugehen.
Um diese Zeit waren schon 4 Stahlboote nach der Brückenstelle ge-
scliickt, und 10 Uhr 40 abends stellten auch die übrigen Stahlboote das be-
helfsmäßige Übersetzen ein ; sie wurden zur Brückenstelle weggeschickt und
man benutzte dafür chinesische Käline, die etwa 100 INIann faßten, vom
seiienüberliei-enden Ufer. Bis 11 Uhr 50 abends war erst das 1. Infanterie-
bataillon (3. und 4. Kompagnie ohne 1 Gruppe) übergesetzt mid der Rest
des Regiments au der Brückenstelle versammelt. Das I, Bataillon (Kom-
mandeur ^lajor Hanyü Shinsuke) marschierte in Gegend Kvvajuko vor mid
kam aid" Vorposten. Die Brücke, ungefähr 1000 m nordöstlich von Schi-
gupu, war inzwischen 2 Uhr nachmittags begoinien und erst am 30. 3 Uhr
vormittags beendet worden.
(Das 12. Pionier-Bataillon ohne 2. Kompagnie hatte diesen Auftrag
und baute die Brücke mit einer Kolonne vorschriftsmäßigen Geräts und
Belielfsgerät; aber die Brücke war eine »Brücke kleinster Breite«; ihre
Länge betrug 230 m; die Stromgeschwindigkeit 2 m in der Sekunde, die
größte Tiefe 8,50 m. Als der Brückenbau etwa 9 Uhr abends 150 m weit
gekommen war, konnten nicht einmal 3 vorschriftsmäßige Anker auch nur
einen Halbponton festhalten, daher dauerte es sehr lange, bis man einen
mit Steinen beschwerten Anker usw. angebracht hatte, und obwohl man
]Mitternacht etwa als Zeitpunkt für die Fertigstellung angenommen hatte,
so wurde es doch 3 Uhr früh am 30. April, bis die Brücke fertig war.
Weil man aber fürchten mußte, die Anker könnten bei der Bewegung der
schwimmenden Brücken unterläge weggerissen werden, ließ man die Un-
berittenen in Reihenkolonne zu einem und die Pferde mit 5 m Abstand über
die Brücke gehen.)
Als nun auf der Sandbank bei Schigupu die sämtlichen Abteilungen
versammelt waren und über die Brücke rückten, da witrde es wahrhaftig
schon später als 11 Uhr vormittags des 1. Mai, bis das Übergehen zu
Ende war.
Anordnungen der Garde-Division zum Brückenschlag.
Der Kommandeur der Garde-Division, Generalleutnant Baron Ilasega vva
Yoshimichi*, gab am 20. Aj)ril für den 30. nachstehende Anordnungen aus:
1. Die Deckungsabteilung für die Pionierarbeiten (Führer Major Uta
Hirosaburö; Truppen: I, Bataillon des 4. Infanterie-Regiments) geht
* 'Siehe Jahrg. XVII der »Mitteilungen«, Abt. I, Anni. S. 80.
Teautz: Japan. Generalstabswcrk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. löl
am 30. vor Tagesanbruch in Gegend Tigerhügel vor und hat den
Bau der Brücke und der Schanzen dort zu decken.
2. Die Brückeubauabteihnig (Führer Oberstleutnant und Kommandeur
des Garde-Pionier-BataiUons Okada Kamakichi; Truppen: Garde-
Pionier-Batainqu ohne 1 Gruppe, besonders zugeteilt: Garde-Kobi-
Pionier-Kompagnie und Garde -Divisiuns- Brücken -Train) hat am
30. von mittags 12 Uhr ab den Hauptstrom des Yalu nordwestlich
von Kurito und den Nebenarm südöstlich des Tigerhügels mit je
einer Kriegsbrücke zu überbrücken.
3. Die Wegebesserungsabteilimg (Führer Major Ishizawa Seimatsu;
Truppen: I. Bataillon des 2. Infanterie -Regiments) hat den Weg
Osekito — Kurito für die Artillerie auszubessern.
4. Die Schanzabteihmg (Fülirer Artilleriemajor Taketomi IMakitarö;
Truppen : je 1 Abteilimg vom Artillerie-Regiment und Pionier-Ba-
taillon) hat nach Sonnenuntergang beim Tigerhügel Schanzen auf-
zuwerfen und den Vormarschweg für die Artillerie anzulegen.
5. Das Artillerie-Regiment gelit mit je 1 Abteilung vor Tagesanbruch
in Stelhmg, erstens auf einer Anhöhe westlich von Genkado imd
nördlich Witschu bei Chimbokuro ^^^ sowie zweitens auf der An-
höhe südlich von Satschudong und der Höhe südöstlich davon.
6. Das Gros (1. Garde-Infanterie-Brigade ohne 1 Bataillon des 2. Re-
giments, Stab der 2. Brigade und 3. Regiment, 1 Zug Kavallerie,
Sanitätskomj)agnie) sammelt sich am 30. 5 Uhr vormittags mit dem
2. Regiment östlich von HibokudoO^-^>, mit dem Rest südöstlich
von Genkado.
7. Das 4. Garde-Infanterie-Regiment (ohne 1 Bataillon) und das Garde-
Kavalierie-Regiment (ohne 1 Zug) sammelt sich am 30. südwestlich
von YongmimdongC^-'^) und bildet die Armee-Hauptreserve, welche
bis 1. iSIai 4 Uhr morgens Kurito erreicht.
Anordnungen der 2. Division zum Flußübergang.
Der Kommandeur der 2. Division, Generalleutnant Baron Nishi
Kanjirö gab ebenfalls für den 30. Anordnungen aus wie folgt:
1 . Das 30. Infanterie-Regiment (ohne 1 1 . Kompagnie), das' 2. Kavallerie-
Regiment (ohne 1 Y2 2ug) treten zur Armee-Hauptreserve ; das
I. Bataillon des 30. Infanterie-Regiments tritt morgen früh vor
Tagesanbruch zu seinem Regiment zurück.
2. Alle übrigen Abteilungen (außer Artillerie imd Pionieren) sowie die
Sanitätskompagnie (ohne 1 Zug Krankenträger) sammelt sich bis
10 Uhr vormittags in der Niederung nordwestlich von Shasandö (i*^"*).
(Die 3. Infanterie-Brigade ließ die Werkzeuge eines Regiments an
jap.: Chim-bokii-ro; kor.: Chin-peuk-lu. — Auf den mir zu-
gänglichen japanischen und deutschen Karten nirgends verzeichnet.
9*
\'.V2 TiiAt'Tz: Japan. Gencralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
ein Bataillon geben und l)is Mittag des folgenden Tages den Weg
von der Yalii-Gaheliing westlich Kurito auf dem rechten Ufer des
westwärts lließendcn Nebeiiai-ms hessern.)
3. Das Artillerie-Regiment (1 /iig Krankenträger wird iliin beige-
geben) geht morgen vor Tagesanbruch aufSamalinda in Stellung.
4. Das Pionier-Bataillon fängt am 30. mittags 12 Uhr mit dem Bau der
Yalu-Brücke an.
5. Die Abteilung des Hauptmanns Mamoku: 11. Kompagnie des
30. Infanterie-Regiments und ^/^ Zug der 1. Eskadron des Kavallerie-
Regiments (anfangs war es nur 1 Gruppe gewesen) steht bei
Rakugendo ''■''-) und entsendet von dort eine Abtcihmg nach
Seishudot'^i), um in der linken Flanke der Armee zu beobachten.
Kleiner Zusammenstoß am Tigerhügel.
Inzwischen hatte bei der Masse der Armee am 28. der Kommandeur
der Garde-Division zum Schutz einer Erkundung am Tigerhügel die 3. Kom-
pagnie des 4. Garde-Infanterie-Regiments entsandt. Die Kompagnie war auf
erbeuteten Booten übergesetzt und hatte am Nachmittage des Tages den Tiger-
hügel genommen. Ein Zug war weiter vormarschiert und hatte etwa 30 feind-
liche Infanteristen, die sich bei Lisawen befanden, zurückgeworfen; er hatte
den Auftrag, dort zu beobachten. Aber am folgenden Tage, dem 29., etwa
5 Uhr nachmittags (der Divisionsbefehl für den 30. war bereits ausgegeben)
gingen ungefähr 100 feindliche Reiter von YoguO-^) her gegen den Tiger-
hügel vor und eröffneten von der Westseite des Tigerhügels und vom
linken Ufer des Eiho-Nebenarms aus das Feuer. Die Kompagnie antwortete;
nach einer Weile kamen 200 feindliche berittene Jäger mit 3 Geschützen
von der Ostseite von PototynsaO--) her nach Lisawen vormarschiert, und
wir erhielten von der feindlichen Artillerie auf der Anhöhe südöstlich
Pototynsa lebhaftes Feuer, daher zog sich unsere Kompagnie nach der
P\irt bei der Stromgabelung nordwestlich Kurito zurück (die zwecks Er-
kundung mit vorgegangenen Artillerie-Offiziere gingen wieder mit zurück).
Zur selben Zeit fing eine Gruppe der 3. Pionier-Kompagnie mittels zweier
beim Erkunden des Flusses verwendeter Stahlboote und 4 vorbereiteter
Fährboote an — Infanterie und Pioniere mit vereinten Kräften — über-
zusetzen. Dagegen eröffnete der Feind auf Anhöhe 192 (westlich der
Übergangsstelle) ' das Feuer; die Pioniere wurden jedoch von unseren
Vorposten auf Kurito und unserer Artillerie nördlich Witschu aufgenommen,
und um G Uhr konnten sie sich nach Kurito zurückziehen. (In diesem
Gefecht blieben auf unserer Seite 4 Tote und 7 Verwundete, einer wurde
gefangen.)
Bemerkung: Generalleutnant Sassiilitsch gab dem Oberstleutnant
Linda, dem Stabschef dei- 3. Ostsibirischen Schützen-Division, den
Befehl, am 29. nu't dem II. Bataillon des 22. Ostsibirischeu Schützen-
Regiments und den berittenen Jagdkommandos des 10. und 12. Ost-
sibirischen Schützen-Regiments (Je zu 100 Mann) und 2 Geschützen
Traittz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Kuss. Iviieg 1904/05. 133
unter dem Schutze des Artilleriefeuers von Pototynsa gegen die am
Tigerliiigcl übergesetzten japanischen Truppen eine gewaltsame Er-
kundiuig vorzunehniQu.
1 Uhr nachmittags überschritten die Jagdkommandos des 10. und
12. Oslsibirischen Schützen-Regiments bei Yogu den Eiho. Zuerst
deckten sie sich am Abhang des Tigerhügels, und 4 Geschütze bei
Magu eröffneten ihr Feuer gegen den Tigerhügel und die Anhöhe
nordöstlich davon. Soliald das 11. Bataillon des 22, Ostsibirischen
Schützen-Regiments einen Vorstoß von der Eiho-Furt gegen die Höhe
nordöstlich des Tigerhügels machte, antworteten die Japaner, welche
die Höhe nordöstlich des Tigerhügels besetzt hatten, sofort. 2 rus-
sische Geschütze gingen aber trotzdem nach Lisawen vor und in der
Niederung westlich dieses Dorfes in Stellung; da zogen sich die Ja-
paner zurück. Die Jagdkommandos gingen vor und nahmen den
Tiserhüuel in Besitz. Das II. Bataillon des 22. Ostsibirischen Scliützen-
Regiments nahm 5 Uhr 20 nachmittags die Höhe nordöstlich des
Tigerhügels, und die Japaner zogen nach Norden und Osten ab. Die
ja])anische Artillerie bei AVitschu deckte diesen Rückzug. (In diesem
Kampfe blieben auf russischer Seite 2 Tote tmd 13 Verwundete.)
Später erfuhr die Abteilung Linda, daß am Abend auf Osekito und
Ivurito starke japanische Abteilungen sich befanden, und erhielt
Meldung, daß ein Teil davon an der Mündung des Ambiho über-
ging; sie traf daher Maßnahmen zur Sicherung des Tigerhügels. (Oberst-
leutnant Linda gab an diesem Abend das Kommando seiner Abteilung
ab, kehrte zvmi Divisionsstab zurück und meldete die Ereignisse.)
Als der Tigerhügel somit wieder in Besitz des Feindes war, ließ sich
der Plan des Armee-Oberkommandos, ihn am Abend desselben Tages (29.)
mit einem Bataillon Infanterie zu besetzen und so die Brückenarbeiten zu
decken, nicht verwirklichen. Schließlich wurde auch die Heranschaffung
des auf der Westseite von Kurito anzusammelnden Brückenbaugeräts aus-
gesetzt. Am 30. erst haben die jajianischen Brückenbau- und anderen
Arbeitsabteilungen; nachdem sie zunächst den Feind vom Tigerhügel zurück-
geworfen hatten, anfangen können; der Feind jedoch steckte nach 4 Uhr
nachmittags die Dörfer Tschunkiantai (INIatuzeo), Eihodsian und Kaaikasen^^'^')
in Brand. Da es den Anschein hatte, w'ie wenn dort kein einziger Soldat
sei und es unnötig war, Artillerie in Gegend Satschodong zu verwenden, befahl
das Armee-Oberkommando für nächsten Morgen (30.): das Garde -Artillerie-
Regiment soll von Genkado und Kurito aus den Tigerhügel, das 2. Ar-
tillerie-Regiment und das Regiment schwere Artillerie von Samalinda aus
Tiurentschin imter F'euer nehmen. Bisher hatte zwar das Armee -Ober-
kommando beabsichtigt, am 1. Mai mit Tagesanbruch auf einen Schlag das
Artilleriefeuer zu eröffnen, aber die eben geschilderte Lage und das Be-
streben, den Übergang der 12. Division und ihren Vormarsch indirekt zu
decken, fülirte schließlich zunächst zu einem Artilleriekampf. Wenn es dann
auch gelungen sei, mit Teilen der übergegangenen 12. Division am folgenden
I,'i4 Traitz: Japan. Generalstabsvverk über den Japan. -Hiiss. Krieg 1904/05.
Tage Verbindung zu gewinnen, wolltr man den t'hergang erzwingen; der
Abmarsch der Pioniei-arbeiten-Scliutzabtcilung wurde aueii noeli eine Weile
ausgesetzt.
Bewegungen der Abteilung Maya.
Die jNIaya-Abteihnig (wozu noch 2 armierte Dampier gestoßen waren),
erkundete am 20. April, ohne sich dem feindlichen Feuer auszusetzen, den
Flußlauf des Yahi imd das mandschui-isclie Ufer. Am Naclunittage befand
sie sich wieder im Yonampo. Sie beabsichtigte an diesem Tage, den Feind
unterhalb von Antimg, entsprechend dem Fortschreiten unseres Vormarsches,
zu bedrohen. Die Maja ankerte obeilialh von Yunampo. die Uji unterhalb
von Niantschan; die Torpedoboote und armierten Dampf boote fuhren weiter
stromauf und nahmen den Feind auf dem gegenüberliegenden Ufer und
seine auf einer Anhöhe stehende Artillerie unter Feuer. (Bemerkung: Ein
Zug der 1. Batterie der Transbaikalischen Kosaken- Artillerie erhielt Feuei-
von den japanischen Kriegsschiffen beim Amisan, erwiderte es aber nicht.)
Eroberung des rechten Yalu-Ufers durch die 12. Division.
Die an der Spitze der 12. Division befindliche Kolonne Kigoshi
(Führer Generalmajor Kigoshi; Truppen: 23. Infanterie-Brigade, 1 Ab-
marsch der I. Eskadron, 6. Batterie, '/a Sanilätskompagnie) vollendete am 30.
6 Uhr 30 vormittags ihren Flußübergang und vereinigte sich mit den be-
reits auf dem rechten Ufer befindlichen Abteilungen. Die bisher mit der
Sicherung der Gegend Gulutzi beauftragte 9. Kompagnie des 24. Infanterie-
Regiments befand sich bei Ambiho mit dem Auftrage, die Gegend zu er-
kunden und die Kriegsbrücken zu sichern. Der Rest der 12. Division
bildete 2 Kolonnen. Die rechte Kolonne (Führer Oberst Harada; Truppen:
24. Infanterie-Regiment ohne 9. Kompagnie, III. Bataillon des 46. Infanterie-
Regiments, 1 Abmarsch der 1. Eskadron, 1 Zug der 6. Batterie) marschierte
8 Uhr 20 vom Westrande von Nanhuankou ab, über die Nordscite der
Höhe 215 und über Höhe 368 weiter vor. Gegen nur schwachen feind-
lichen Widerstand gewann sie von 1 1 Uhr 30 vormittags bis 3 Uhr nach-
mittags den Raum von den Anhöhen südlich Kai'cikuko*'-'^) bis zur Höhe
301 nordöstlich Lisawen. Die linke Kolonne (Führer Oljcrst Hirai; Trujipen:
46. Infanterie-Regiment ohne III. Bataillon, G.Batterie ohne 1 Zug, 7^ Sanitäts-
kompagnie) marschierte am rechten Yalu-Ufer entlang auf dem zum Tiger-
hügel führenden Wege vor, gewann die Anhöhen 291 und 192 nordöstlich
vom Tigerhügel und verblieb daselbst die folgende Nacht.
Die Kolonne Sasaki (Führer Generalmajor Sasaki; Tru])pen : 47. In-
fanterie-Regiment, 12. Kavallerie-Regiment ohne 1 Abmarsch der I.Eskadron.
1 Zug der 2. Eskadron, 3 Züge der 3. Eskadron, Stab der I. Artillerie-Ab-
teilung und 3. Batterie, '/.^ Sanitätskompagnie) wai- 8 Uhr 10 morgens mit
Übersetzen fertig. Sie marschierte im Ambiho-Tale vor, w^arf unterwegs
ganz schwache feindliche Abteilungen zurück und erreichte um 3 Uhi- nach-
mittags die Gegend Hunsilas. Die 12. Kompagnie des 47. lufanteric-Re-
Trautz: Jajian. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 135
giments und 1 Gruppe der 1. Eskadron wurden nach TenkyosW^ abgezweigt
zum Scluitzc von Flanke und Rücken. Die INlasse ging weiter vor, erreichte
5 Uhr 30 die Nordseite von Laupientschiankou und bezog Unterkunft.
Das Gros der Division (Divisionsstab, 14. Infanterie -Regiment, 1 Zug
der 2. Eskadron, 12. Artillerie-Regiment ohne 1., 3.. 6. Batterie, 12. Pionier-
Bataillon) marschierte nach dem Übergang auf dem rechten Yalu-Ufer ent-
lang weiter und erreichte, Kwajuko(i'^') rechts umgehend, um 2 Uhr nacli-
mittags die Gegend der Anköhen nördhch Höhe 215 (südwestlich Nan-
huankou) und bezog um 5 Uhr in einem südwestlich gelegenen Talgrunde
Biwak. Zu dieser Zeit waren auf dem Höhenzuge bei Weitszekou feindliche
Truppen oder Pionierarbeiten nicht zu bemerken.
Bemerkung: Der an diesem Tage auf dem äußersten linken
Flügel der russischen Ostabteilung befindliche Oberst Karzew^ erfuhr,
daß an demselben Tage japanische Truppen den Ambiho überschreiten
wollten; er beabsichtigte, mit den 3 bei Tschandohokou(^*^®), Soden USä)^
Tschandicnna befindlichen Ussuri-Kosaken-Sotnien (3., 4., 5.) und der
5. Sotnie Argunsk-Kosaken die rechte Flanke und den Rücken zu decken.
Er scluvenkte daher durch das Puyiho-Tal nach Hsienlungouti*^'-') ab.
Oberst Truchin zog sich mit der 1., 3., 4. und b. Sotnie xArgunsk-Kosaken
und der Hälfte der 2. Sotnie sowie mit 2 Geschützen von Yundien
nach Kuandiansan zurück.
Der Aptilleriekampf bei der Masse der Armee.
Alle Artillerietruppenteile bei der Masse der Armee nahmen auf Grund
des Armeebefehls bis Tagesanbruch ihre Stellungen ein : das Garde- Artillerie-
Regiment unter Oberst Kumamoto Masaji, mit der IL Abteilung unter INIajor
Fujitsu Jimichi auf Kurito, mit der I. Abteilung unter Major Taketomi
Makitarö nördlich Genkado und Witschu, das 2. Artillerie-Regiment unter
Oberst Tada Yasufusa gegenüber Tschunkiantai (Matuzeo) auf SamaUnda,
das Regiment schwere Artillerie unter Oberstleutnant Sakai Köshirö südlich
der Stellung des 2. Artillerie-Regiments. Ungefähr um 6 Uhr 10 vormittags
begann etwa 1 Zug feindlicher Artillerie am Abhang des Tigerhügels Ver-
teidigungsanlagen zu bauen, weshalb die 6. Batterie der Garde-Artillerie
dorthin das Feuer eröffnete, aber der Feind, der sich hinter der Höhe deckte,
zog nicht ab. Da er um 10 Ulu' wieder erschien, erhielt er von der 5. Bat-
terie Feuer. Als schließlich auch die 3. Batterie am Feuer teilnahm, ging
er sofort wieder in Deckung. Die feindliche Artillerie bei Tiurentschin,
welche seit 26. sich immer mehr verstärkt hatte, eröftnete jedoch an diesem
Morgen das Feuer nicht. INIan sah, wie zahlreiche russische Truppen auf
der Kammlinie jener Anhöhe sich beAvegten, aber ihre Aufmerksamkeit nur
nach dem Tigerhügel hin richteten. Von unserer Artillerie auf Samalinda
schienen sie gar nichts zu ahnen. Unsere Artillerie, welche fürchtete, daß
*^^ T^ T^ -^-^ jap. : Ten-kyo-shi ; chin. : T'ien-ch'iao-tzu. — 5 km nordwest-
lich von Hunsilas, am westlichen Ambiho-Ufer.
136 Tbautz: Japan. Gencralstabswcrk über den Japan. -Kii^s. Krieg 1904/0.':).
ihre Stellung entdeckt werden könnte, eröffnete das Feuer vorerst nicht.
Als aber nach 10 Uhr 30 2 feindliche Geschütze von der Höhe nordöstlich
Tiurentschin eine Pati'oiiille unseres 30. Infanterie -Regiments beschossen,
welche in 4 Booten bei Tsclmnkiantai (jNIatirzeo) die Wassertiefe des Haupt-
stronis feststellte, und sie in große Gefahr brachten, eröffnete das 2. Artillerie-
Regiment das Feuer mit der I. Abteilung unter Major Yamamoto Isoki auf
die Artillerie nördlich Tiurentschin, die 11. Abteilung unter Major Yamauchi
Seichi gegen die Artillerie auf dem Telegraphenberg '"^ Dann eröffnete
auch die schwere Artillerie gegen die Artillcrieliölio nordwestlich von Tiu-
rentschin und gegen Abteilungen, Zeltlager und Foldställe, die auf der An-
höhe westlich dieser Gegend erkennbar waren, sowie gegen die Artillerie-
liöhe südwestlich von Tiurentschin das Feuer. Sofort antwortete die ganze
feindliche Artillerie (auf dem Telegraphenl)erg mit 2 imd nöi-dlich Tiuren-
tschin mit 6 Geschützen). Ein heftiger Artilleriekampf entbrannte. Der
Feind auf der Höhe nördlich von Tiurentschin hörte jedoch alsbald auf zu
feuern und zog sich zurück. Als er nach einiger Zeit wieder auftauchte
und das Feuer erwiderte, richtete aucli ein Teil unserer schweren Artillerie
heftiges Feuer gegen diesen Feind. Es wurde 10 Uhr 50. Da verlor endlich
die feindliche Artillerie bei Tiurentschin ihre Feuerkraft und schwieg um
1 1 Uhr 6 vormittags gänzlich. Auch unsere Artillerie stellte dann das
Feuer ein.
In diesem Artilleriekampf trafen die feindlichen Geschosse nur das
2. Artillerie - Regiment. Das Regiment schwere Artillerie wurde gar nicht
beschossen, also wird man wohl seine Stellung, da sie hinter einem kleinen
Gehölz lag, gar niclit bemerkt haben.
Inzwischen hatte die II. Abteilung des Garde-Feldartillerie-Regiments
10 Uhr 50 vormittags liinter dem nordöstlichen A])liang des Tigerhügels haltende
feindliche Infanterie bemerkt und richtete darauf ihr Feuer. Der Feind ging
zurück. Um 11 Uhr 6 zeigte sich feindliche Artillerie auf der Anhöhe
östlich von Magu, und als sie gegen die untere Brückenstelle das Feuer
eröffnete, richtete die 3. Garde-Batterie ihr Feuer gegen sie und brachte sie
zum Schweigen. Die 1. Garde-Batterie erfuhr um 11 Uhr 15 in ihrer Stellung
am Nordostrand von Witschu, daß sich anscheinend feindliclie Artillerie in
der Einsenkung nordwesthch vom Tigerhügel befände, und nahm sie unter
Feuer. Die 6. Garde-Batterie auf Kurito unterstützte sie dabei. Endlich
nach 12 Uhr sah man, wie am Tigei^hügel der Feind Feuer an die Häuser
der Chinesen legte und nach Westen zurückging. Das Garde-Artillerie-Re-
giment und die 2. Batterie der schweren Artillerie verwandelten durch ihr
Feuer sein Zurückgehen in Flucht. Hierbei eröffnete die feindliche Artillerie
östlich Magu wieder ihr Feuer (12 Uhr 20 nachmittags) gegen unsere Ar-
tillerie bei Genkado, worauf die 3. Garde -Batterie und das II. Bataillon
schwere Artillerie sofort erwiderten. 12 Uhr 56 mittags hörte hier das
Feuer auf l)eiden Seiten auf.
•1-^:64^111 J''P- Suri-badii-yania (d.h. Reibschüssel- oder Mörserberg).
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 137
Die vorher verstummte feindliche Artillerie bei Tiurentscliin eröffnete
nach 12 Uhr wieder gegen das 2. Artillerie-Regiment ihr Feuer, das von
diesem Regiment und dem Regiment schwere Artillerie erwidert wurde.
1 Uhr 50 war die feindliche Artillerie ganz zum Scliweigen gebracht. An
diesem Tage hatte das 2. Artillerie-Regiment nur 3 Tote, verwundet waren
Hauptmann ]\Iatsuoka Tojirö, Oberleutnant Kakiuchi Toyonan und die Leut-
nants Kanno 3Iasatoshi und Adachi Isoroku, außerdem 18 Unteroffiziere
und Mannschaften.
Da ganz besonders das Regiment schwere Artillerie die feindliche Ar-
tilleriestellung beschossen hatte, war in dieser so gut wie alles zerstört.
Die Geschütze waren entblößt und schienen vollkommen gefechtsunfähig, so
daß der Feind schließlich nicht mehr feuerte. (Wie man später sah, war
eine Lafette itnd ein Munitionswagen vollkommen zerschmettert, und als
eines imserer Artilleriegeschosse in einen feindlichen Munitionswagen traf,
da verbrannte ein gi'oßer Teil der Mimition, ein größerer Teil blieb aller-
dings noch übrig.) Um 2 Uhr 40 hat dann wieder das L Bataillon des Re-
giments schwere Artillerie unter Major Yamanouchi Son gegen ein Zeltlager
hinter Tiurentschin und gegen Feldställe, das IL Bataillon des Regiments
unter Major Matsumaru Matsusaburo gegen die Artilleriestellung bei Tiuren-
tschin Streufeuer eröffnet; um 5 Uhr wurde das Feuer eingestellt.
Bemerkung: Nach 10 Uhr vormittags bemerkte die 2. Batterie
der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade auf der Höhe nord-
östlich Tiurentschin, daß japanische Truppen bei Tschunkiantai (Ma-
tuzeo) den Yalu überschritten. (Von der genannten 2. Batterie war je
eine Halbbatterie mit etwa 1000 m Zwischenraum in einer offenen
Stellung aufgestellt.) Sie eröffnete gegen die Japaner das Feuer. Um
diese Zeit begann die auf Samalinda befindliche japanische Artillerie
(24 Feldgeschütze und 12 Zwölfzentimetergeschütze) aus gedeckter
Stellimg gegen die russische Artillerie zu feuern. Als das Feuer all-
mählich an Heftigkeit zunahm, wagte die 2. Batterie nicht, das Feuer
der Belagerungsgeschütze zu erwidern, und auch gegen die feindliche
Feldartillerie maßte sie bald verstummen. Die bei Magu befindliche
3. Batterie (4 Geschütze) begann auch gegen die Artilleriestellung
nördlich von Witschu zu schießen, wurde jedoch von den japanischen
Belagerungsgeschützen in der Flanke gefaßt imd in kurzer Zeit ver-
nichtet. Nachmittags 1 Uhr etwa eröffnete die 2. Batterie wiederum
das Feuer, aber das heftige Feuer der gesamten jajDanischen Artil-
lerie traf da in ihr zusammen. Munitionsbehälter wurden zur Ex-
plosion gebracht, 1 Geschütz vollkommen zerschmettert, und um 2 Uhr
etwa stellte sie das Feuer ein. Generalmajor Kaschtalinski erkannte die
Nutzlosigkeit weiteren Artilleriekampfes. Er sandte allen Artillerie-
abteilungen Befehl, das Feuer einzustellen und nach Sonnenuntergang
die Stellungen zu räumen. Noch bis 5 Uhr ungefähr setzte die ja-
panische Artillerie ihr Streufeuer gegen Tiurentschin und Umgegend
fort. Die Lage der Besatzung von Signal- und Telephonstationcn
138 Traltz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
wurde äußerst schwierig. Der in der Artilleriestellung befindliche
Generahnajui" Kaschtalinski (welcher trotz einer leichten \'erwinidung
am Kojtf den Oberbefehl nicht abgab), der Kommandeur dei- 6. Ar-
tillerie-Brigade, Oberst ]\Ieister und der Führer der '2. Batterie wurden
verwundet.
Außerdem wurden in der 2. und 3. Batterie 7 Offiziere und
67 Unteroffiziere und ^lannschaften im H. und 12. Ostsibirischen
Schötzen-liegimcnt 3 Offiziere und 26 Unteroffiziere und Mannschaften
setötct oder verwundet.
Vorbereitungen der Garde-Division zum Flußübergang und Anordnungen
für die Bereitstellung zum Angriff.
Die Garde-Division, welche an diesem Tage seit 5 Ulir vormittags
südlich Genkado und l)ei Hüjokudü C**^) versammelt wai", wußte, daß die
12. Division den Flußühcrgang beginne. Die Brückenbauabteilung traf von
9 Uhr ab die \'orbereitungen, luid von 12 Uhr ab begann sie mit dem
Brückenl)au. Die Pionierarbeiten-Deckungsabteilung erhielt den Auftrag,
den Vormarsch der 12. Division begleitend, den Feind auf dem Tigci-hügcl
zurückzuwerfen. Zunächst wurde die Höhe nordöstlich Höhe 192 erobert.
Die Wegebesserungsabteilung erhielt Befehl, sobald sie in die . Nähe des
Tigerhügels komme, sofort mit ihrer Arbeit zu beginnen und, als man end-
lich nach 1 1 Uhr Anzeichen für den bevorstehenden Rückzug des Feindes
vom Tigerhügel ])emerkte, wurde angeordnet:
1. Die 1. Garde-Infanterie-Brigade (ohne I. Bataillon des 2. Regiments)
nimmt morgen am 1. Mai vor Tagesanln-uch das rechte Ufer des
Eiho-Nebenarms in Besitz, von dem Stromteilungsj)unkt des Eiho
(westlich Lisawen) bis zum Westrande der Höhe 87 (nordwestlich
des Tigerhügels).
2. Die 2, Garde-Infanterie-Brigade (ohne Stab und II. Bataillon des
4. Regiments) nimmt morgen vor Tagesanbruch das rechte Ufer
des Eiho-Nebenarms (vom linken Flügel der 1 . Brigade) in Besitz.
3. Das Garde-Artillerie-Regiment geht morgen vor Tagesanbruch am
Nordabhang des Tigerhügels in Stellung gege'nüber dem Räume:
Höhe südöstlich Pototynsa — Anhöhe nordöstlich von Tiurentschin.
4. Das I. Bataillon des 2. Garde-Infanterie-Regiments vmd 1 Zug Ka-
vallerie bilden die Divisions-Hauptreserve und stellen sich am
Nordfuß der Anhöhe 87 (nordwestlich vom Tigerhügel) auf.
5. Alle Abteilungen überschreiten heute am 30. 9 Uhr abends die
obere Brücke nördlich von Genkado (zu dieser Zeit waren schon
zwei Brücken da) und sammeln sich auf der Westseite des Dorfes
Kurito.
Um die Mittagszeit, als das feindliche Feuer abflaute, begann das
Garde-Pionier-Bataillrm (ohne 2. Kompagnie) und die Garde-Kobi-Pionicr-
Komjiaguio (unter Hauptmann Ishioka Inoshirö) mit dem Brückenbau west-
Trautz: Japan. Gcneralstabswci'k übor rloii Japan. -Rnss. Krieg 1904/0.'^. 139
lieh von Kurito. (An diesem Tage 5 Uhr nachmittags hatte die Brücke an-
gefangen werden sollen, um 12 Uhr wtu'de aber das feindliche Feuer
schwächer, mid weil die vorderste Abteilung der 12. Division schon bei der
Anhöhe nordöstlich des Tigerhügels angelangt war, wurde die Zeit abge-
ändert und lun 12 Uhr mit dem Brückenbau begonnen. Weil man aber
die oberhalb anzulegende Behelfs^chiffbrücke von Gegend Genkado strom-
auf fuhren mußte, so konnte währenddessen nicht weitergebaut werden;
man verlor daher sehr viel Zeit für diesen Brückenbau.)
Die Pionierarbeiten-Deckungsabteilung ging unter dem Schutze der
2. Pionier-Kompagnie in Gegend der Stromgabel nordwestlich von Kurito von
12 Uhr 40 nachmittags ab über den Fluß, erreichte um 3 Uhr die Gegend
der dreifachen Wegegabel nördlich des Tigerhügels und erkundete die Gegend
Lisawen. Um diese Zeit war ein lebhaftes Kommen und Gehen feindlicher
Reiter bei Pototynsa und Yogu bemerkar. Die 1. und 4. Kompagnie des
2. Garde-Infanterie-Regiments, welche die Wegebesserungsabteilung bildeten,
rückten hinter der Pionierarbeiten-Deckungsabteilung nach Osekito ab, mit
dem Auftrag, für die Artillerie den Weg zu bessern. Alles übrige blieb
bei diesen Arbeiten auf Kurito. Die Schanzabteilung (von jeder Battei'ie
einige Leute und von der 2. Pionier-Kompagnie 1 Zug) ging hinter der
Wegebesserungsabteilung über den Fluß. Nach Sonnenuntergang wurde
am Nordabhang des Tigerhügels der Schanzen- und Vormarschwegebau be-
gonnen und war bis 1 1 Uhr beendigt.
Bemerkung: Oberst Gromow, der sich in Lisawen befand,
erfuhr, daß am 30. morgens eine Abteilung des japanischen Heeres
von oberhalb Osekito aus übergehe xnid den Tigerhügel angreife. Gleich-
zeiiig habe japanische Artillerie den Tigerhügel und das dahinter-
liegende Gelände bis zum Eiho unter Feuer genommen, daher sei
die 10. luid 11. Kompagnie des 22. Ostsibirischen Schützen-Regiments
nach dem Tigerhügel marschiert. Das dort befindliche II. Bataillon
desselben Regiments nebst Jagdkommando und 2 Geschützen beab-
sichtige allerdings den japanischen Vormarsch zu hindern, doch seien zu
dieser Zeit schon wieder drei feindliche Kolonnen aus Gegend Ambiho-
Mündung im Vormarsch. Das Feuer der Spitzen der linken Flügel-
und mittleren Kolonne wurde eine Weile erwidert, dann aber zogen
sich die Russen auf Befehl des Generalmajors Kaschtalinski, um die
Mittagszeit luigefähr, aufs rechte Eiho-Ufer in die Stellung bei Magu
und Pototynsa zurück (die Abteilung hatte 9 Tote und 41 verwundete
Unteroffiziere und Mannschaften).
Anordnungen der 2. Division für die Bereitstellung zum Angriff.
Die 2. Division hatte sich an diesem Tage seit 9 Uhr 20 vormittags
in Shasando('''4) versammelt.
Ungefähr um die Mittagszeit, als das feindliche Feuer abflaute, fing
die 2. Kompagnie des 2. Pionier-Bataillons (unter Oberstleutnant Ibe Nao-
mitsu) an, das Gerät für die bei der Stromgabelung nordwestlich von
l-JO Tbautz: Japan. Ociicralstabswnk über den Japan. -Rnss. Krieg 1904/05.
Kmito zti erbauoiule Kriegsbrücke lieranzuscIi.-ifTcn. Die 1. Kompagnie be-
gann l)ei der Strouigabeliing am ISüchvestrandc von Kurito mit dem Bau
von Böcken für die Brücke, die bei Tsclmnkiantai (Matuzeo) errichtet
werden sollte.
2 Uhr nachmittag.s ordnete die 2. Division folgendes an:
1. Die 3. Infanterie-Brigade (ohne 1 Bataillon) marschiert 7 Ihr nach-
mittags von Shasaiido ah. iSie überschreitet die Kriegsbrücke über
den t)l)eren Yalii bei Genkado westlieh von Kurito, geht über
den Sattel nördlich des Tigerhügels und nördlich von der West-
ecke dieser Höhe über den Nebenarm vor; sie gewinnt den Raum
von der Grenzlinie zwischen einem (etwa 300 m nordwestlich
vom Tigerhügel gelegenen) .Sandj)latz und Ackerfeld bis nahe
Eihodsianli*"*).
2. Die 15. Infanterie-Brigade (ohne 1 Regiment) folgt der 3. Brigade
und stellt sich in Verlängerung ihres linken Flügels auf. Sie ge-
winnt den Raum bis in Gegend des Straßenkreuzes von Hondojo '®",
etwa 800 m südwestlich Eihodsian.
3. Das II. Bataillon des 29. Infanterie-Regiments luid das II. Bataillon
des gerade auf Samalinda befindlichen 30. Infanterie-Regiments
wird der Division direkt unterstellt.
(Das II. Bataillon des 29. Regiments folgt dem 16. Re-
giment und erreicht die Ostseite des etwa 800 m südöstlich
von Eihodsian befindlichen Steilabfalls, wo es als Reserve ver-
bleibt. Das II. Bataillon des 30. Regiments, welches vor der
Artillerie in dieser Nacht auf der Bockbrücke bei Hondojo
den Yalu überschritten hat, deckt den Stellungswechsel
der Artillerie •)
4. Die Artillerie geht heute nacht hinter dem II. Bataillon des 30. Re-
giments auf der Bockbrücke über den Yalu, wählt bei Tschunkiantai
(Matuzeo) eine Stellung und eröffnet mit Tagesanbruch durch ihr
Feuer den Angriff.
5. Die Pioniere begeben sich nach Ausführung ihres Sonderauftrags
zur Hauptreserve.
Anordnungen der 12. Division für die Bereitstellung zum Angriff.
In dieser Nacht ordnete der Kommandeur der 12. Division folgendes an:
1. Generalmajor Kigoshi mit der 23. Infanterie-Brigade und 1 Ab-
marsch Kavallerie nimmt bis morgen früh (Tagesanbruch) den
Raum: Mitte der .\nhöhe von Santauwan^"" — Höhe westlich von Li-
sawen in Besitz.
'"' 2Ji i^ _[* ,)äp-: Hon-dö-jo. — Die so bezeichnete Stelle liegt an der
Straße von Eihodsian nach Kaaikasen.
^"^ "^ i B Pp jap-: San-do-wan: chin.: San-tao-wan. — 1,6 km iioi-dwest-
lieh von Lisawcn.
Trautz: Japan. Generalstabsweik über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 141
2. Generalmajor Sasaki mit dem 47. Infanterie-Regiment und 2 Ab-
märschen Kavallerie (1 davon war in Tenkj-oshi) nimmt den Raum :
Anhöhen südwestlich Sairoshiko — 23. Infanterie-Brigade in Besitz.
3. Das 12. Kavallerie-Regiment (ohne 4 Züge und 3 Abmärsche) er-
kundet bis morgen früh (Tagesanbruch), unter Belassung seiner
Masse in Sairoshiko, den oberen Eiho und das rechte Eiho-Ufer.
4. Das 12. Artillerie-Regiment (ohne 1 Batterie) geht bis morgen früh
bei den Höhen westlich von Lisawen in Stellung.
Die den Kolonnen Kigoshi und Sasaki zugeteilten Batterien
schließen sich morgen in Lisawen bzw. Laupiöntschiankou ihrem
Regiment wieder an.
Vom 12. Pionier-Bataillon werden 2 Züge dem Artillerie-
Regiment zu Wegearbeiten zugeteilt.
5. Alle übrigen Abteilungen sammeln sich bis morgen früh 5 Uhr
bei der dreifachen Wegegabel ungefähr 1000 m nördlich Santauwan
und treten zur Hauptreserve.
Die Masse der Armee, die Garde- und 2. Division, traten mit Sonnen-
untergang ihre Bewegungen an, sammelten sich bei Genkado, wo sie für
den Übergang die Fertigstelhmg der Brücken abwarteten. Auch das Armee-
Oberkommando kam 8 Uhr abends dorthin.
Bewegungen der Abteilung Maya.
Die Abteilung Maya hatte, wie am Tage vorher, in den Kampf ein-
gegriflfen. Ihre armierten Dampfer waren bis Antung vorgegangen, hatten
ungefähr 400 feindliche Reiter beschossen luid die feindliche Artillerie trotz
deren heftigen Gegenfeuers binnen einer Stunde zum Schweigen gebracht.
Die Abteihuig hatte in der Nacht noch bei Sidaugou^"' demonstriert und
war dann in den Hafen von Yonampo zurückgekehrt. (Bemerkung: Oberst
Schwerin erhielt Meldung, daß von 8 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags
etwa japanische Kanonenboote Amisan beschossen hätten und etwa 10 Uhr
vormittags 4 Torpedoboote nach Niautschan und Gegend stromauf gefahren
und Feuer eröffnet hätten. Er entsandte 1 Kompagnie und 2 Geschütze
nach Sidaugou und von der Transbaikal ischen Kosaken-Batterie 2 Geschütze
nach Niantschan.)
Sicherungsmaßnahmen der Russen bei Tiurentschin während der Nacht.
Bemerkung: An diesem Abend erhielt Generalmajor Kaschta-
linski, welcher sich ungefähr 2000 m ncjrdwestlich von Tiurentschin
befand, Bericht über die Erkundung des Oberstleutnants Linda und
Meldung von Oberst Gromow des Inhalts, daß starke japanische
Kräfte etwa um Mittag von der Ambiho-Mündung nacli den Höhen
auf dem linken Eiho-Ufer zu vorgegangen seien. Er nahm an, daß
^'^^ 03 J^ m- J^P"' Shi-do-ko; chin.: Ssu-tao-kou. — Etwa 1 km südwest-
lich von Antung.
142 Traitz: Japan. Oeneralstabswcrk über di-ii Japan. -Uuss. Krieg 1904/05.
der Feind in dieser Nacht angreifen werde, und meldete dies in einem
Bericht ül)er den Artilleriekamjjf an Generalleiitnaiit Sassulitsch.
ScIdieLMich ließ er durch den Koniniandeur des Vei'teidigungsahschnittes
von Tiurentschin. Oberst Zibulski. die Besatzung von Tsehunkiantai
(Matuzeo) verstärken und in die Schützengräben für die Nacht bis
Tagesanbruch kleine Abteihuigen verteilen; die 2. Batterie der 6. Ost-
silürischen Schützen-Artillerie-Brigade ließ er mit Sonnenuntergang in
der Nähe eines alten Cliincsculagers südwestlicli riurciitschin eine
andere Stelhmg nehmen.
Von 11 Uhr abends ab erfuhr Generalmajor Kaschtalinski je-
doch aus allen ^Meldungen : Der Feind werde am 1. ISIai allgemein
zum Angriff vorgehen. Das Regiment des Obersten Zibulski liabe bei
dem heutigen Artilleriekampf selir schwere Verluste gehabt und werde
kaiun noch am folgenden Tage seine Stellung halten können. Oberst
Groniow hatte bemerkt, daß nordöstlich des Tigerhügels starke feind-
liche Artillerie und etwa 3 Gebirgsbatterien über den Fluß gehen
wollten, und das Geräusch von Wagen auf dem rechten Yalu-Ufer
gehört. Die Artillerie des genannten Obersten habe wegen der Dunkel-
heit der Nacht und des schwierigen Geländes ihren Stellungswechsel
nicht ausfiihren können. Oberst Gi-omow erhielt Befehl, wenn der
Kampf sehr schwer würde, den Train nach Tschingou zu schicken,
und Generalmajor Kaschtalinski versprach ihm. zur Verteidigung der
Eiho-Fiirt IVIaschinengewehre zu entsenden. Vom Jagdkominando des
12. Ostsibirischen Schützen-Regiments ließ er eine Relais-Linie ein-
richten und Tiurentschin und Pototynsa verbinden, ein anderes Jagd-
kommando teilte er der Reserve zu,
Generalmajor Kaschtalinski meldete in dieser Nacht vvi(ider dem
Generalleutnant Sassulitsch die seitherigen Veränderungen der Lage und
gleichzeitig, daß er Beobachtungsabteilungen des Verteidigungsab-
schnittes von Tiurentschin in der vordersten Linie wie heute lasse,
um im Dunkel der Nacht die Höhen hinter Tiui-entschin besetzen
und mit Tagesanbruch die Beol)achtungsabteilungcn zurücknehmen zu
können. Für diese seine Absicht wurde ihm aber die Genehmigung
nicht erteilt.
III. Das Gefecht bei Tiurentschin.
Vorrücken der 12. Division.
(Siehe Textkarte 13 und Karten Anlage 5.)
Die sämtlichen Truppenteile der 12. Division waren am 1. M&i von
Tagesanbruch an in Bewegung. Die Kolonne Kigoshi (23. Infanterie-Brigade,
1 Abmarsch der 1. Eskadron) war etwa 8 Uhr abends aus ihren Unter-
kunftsorten abmarschiert. Die Kolonne Sasaki (47. Infanterie- Regiment,
2 Abmärsche der 1. Eskadron) war 2 Uhr vormittags aus ihrer Unterkunft
aufgebrochen und ül)er Laupientschiankou marschiert. Das 12. Kavallerie-
Trautz: Japan. Generalstabswprk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 143
Regimeiil, unter Oberstleutnant Aiura Tasaburö (obne 3 Abmärsche der
1. Eskadron, 1 Zug der 2. Eskadron, 3 Züge der 3. Eskadron), war
um 3 Uhr früh aus seiner Unterkimft aufgebrochen und über Laupien-
tschiankou niai'schiert. Das 12. Feldartillerie-Keginient war 12 Uhr 30 vorm.
aus seinem Unterkunftsort aufgebrochen und von Höhe 368 über Schang-
hnglukou*"^ und Laupientschiankou mai'schiert. (Die dem Feldartillerie-Re-
giment zur Wegebesserungsarbeit zugeteilte 1. Pionier-Kompagnie ohne
1 Zug, und der der Kolonne Sasaki zugeteilte Stab und die 3. Batterie der
1. Artillerie- Abteilung, sowie die zur Abteilung Kigushi gehörige 6. Batterie
vereinigten sich in Schanglinglukou mit ihren Truppenteilen.) Die sämtlichen
übrigen Abteilungen (Divisions.stab. 14. Infanterie -Regiment, 1 Zug der
2. Eskadi'on, Stab des 12. Pionier-Bataillons und 1 Zug der 1. Kompagnie
und die 2. Kompagnie) brachen um 2 Uhr aus ihrer Unterkunft auf und
waren bis 5 Uhr 30 vorm. auf dem linken Eiho-Ufer zwischen der An-
höhe westlich von Sairoshiko und den Höhen westlich von Lisawen auf-
marschiert.
(Das von den Abteilungen zu durchschreitende Gelände zwischen Am-
biho und Lisawen ist überaus felsig, überall .schwierige Steilabfälle und
dichtes Gesti-üpp. Die Wege waren, obwohl eine Reilic durchgehender
schmaler Pfade vorhanden sind, meist über steile Abhänge führende, ge-
fährliche Bergwege oder Dämme, wo Reiter sich nicht bewegen können.
In der Nacht des 30. konnte die Division kaum durchkommen; allerdings
war der von der Höhe 368 über Sclianglinglukou und Laupientschiankou ge-
wählte Weg weniger schlimm, als man gedacht hatte, aber südlich von
Schanglinglukou wurde er äußerst abschüssig und tief, dazu sehr steinig,
so daß schon für Fußgänger das Durchkommen außerordentlich schwierig war.)
Übergang der 2. Division über den Fluß.
Die 2. Division nahm das 4. Infanterie-Regiment (ohne 111. Bataillon),
unter Oberst Yamamoto Nobuyuki, in die Vorhut und marschierte am 30.
7 LThr abends vom Sammelplatze ab. Die übrigen Abteilungen folgten.
40 Minuten später erreichte sie die Brückenstelle westlich von Kurito, mar-
schiei'te auf und ging um 8 Uhr 10, sobald die Kriegsbrücke fertig war,
sofort über, was l)is 10 Uhr 50 dauerte. Wenn auch die vorderste Abteilung
der Division um 9 Uhr 40 al)ends die Brücke über den Nebenarm (östlich
des Sattels des Tigerhügels) erreichte, so mußte sie doch, weil die Kriegs-
brücke daselbst noch nicht fertiggestellt war, dort nochmals aufmarschieren.
(Man hatte angenommen, daß 9 Uhr abends die Brücke fertig sein
werde, imd die Deckungsabteilung, die nach dem Tigerhügel marschieren
sollte, übersetzen lassen. Weil man aber später sehr viel Brückenpfosten
brauchte und zur Zusammensetzung Zeit nötig hatte, dauerte die Arbeit
^°^ Jt'nl^SiS J^P-- J^-rei-ro-kö; chln. : Shang-ling-lu-kou. — 2 km
nordöstlich von Kareiroko (s. 99).
144 TRAi-r/. : Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Kuss. Krieg 1904/05.
länger; erst um 8 Uhr abends wurde die Brüeke selbst begonnen und luauelite
über 3 Stunden zur Fertigstellung.)
Um 11 Uhr 15 abends war die Brücke erst fertig, und es liegann der
Übergang. Am 1. Mai von 1 Uhr bis 4 Uhr 50 morgens konnte man erst
allmäblicb eine Linie von einem Sandplatz (etwa 1000 m westlieb des Tiger-
in'igels) l)is zu dem abschüssigen Südrand von Eiliodsian gewinnen und dort
aul'marschieren. Ilii-rbei wurde von der Vorhut mit einem Halbzug der
4. Kompagnie an dem Wegekreuz nordwestlich des Tigerhügcls, und von der
3. und 4. Kompagnie (ohne 1 Halbzug) ungefähr 1 500 m westlich vom Tiger-
hügel, der Aufmarsch gedeckt.
Inzwischen liatte das Armee-Oberkommando, welches ein weiteres Aus-
dehnen der Artilleriestellungen auf Samalinda für nutzlos hielt, das 2. Ar-
tillerie-Regiment nach Tschunkiantai (Matuzeo) über den Fluß vorgehen und
das Regiment schwere Artilleiie in die bisherige Stellung des 2. Artillerie-
Regiments Stellungswechsel vornehmen lassen. INIan hatte zwar am 30. von
10 Uhr abends ab das 2. Artillerie-Regiment und das H. Bataillon des 30. In-
fanterie-Regiments als Ai-tillericsclnitz unter Major Takamatsu Tetsutarö auf
der Bockbrücke den Fluß überschreiten lassen, aber dies hatte viel Zeit in
Anspruch genommen, imd bis zum folgenden Morgen vor Tagesanbruch hatten
kaum 1 Infanterie-Bataillon und 1 Artillerie-AI)teilung iln-en tlbergang bewerk-
stelligen können; die übergegangene I. Artillerie-Abteilung war nordöstlich
Tschunkiantai (Matuzeo) in Stellung gegangen.
Das zur Deckung der Pionierarbeiten bestimmte Infanteiüe-Bataillon
iiiarscliierte in der Linie des Nebenarms westlich Tschunkiantai (]Matuzeo)
auf. Die II. Artillerie-Abteilung befand sich in ihrer bisherigen Stellung;
daher hat auch das Regiment schwere Artillerie nur mit seinem I. Bataillon
den Vormarsch in die bisherige Feldartilleriestellung angetreten.
^.(Für das t^bersetzcn der Artillei'ie hatte die 1. Kompagnie des II. Pio-
nier-Bataillons vom ]Mittag des 30. ab in Gegend Genkado 21 Böcke gebaut.
Nach Sonnenuntergang sollten sie nach Tschunkiantai (^latuzeo) herunter-
gefahren werden. Man hatte zuerst 8 Uhr abends als Deckung 1 Infanterie-
bataillon über den Fluß vorgehen lassen wollen, wegen der Verspätung der
Infanterie aber ging es erst um 10 Uhr über, hinter ihm die Ai-tillerie. An
der Uljergangsstelle war die Breite des Flusses 360 m und die Stromge-
schwindigkeit 90 cm. Wegen der vorgerückten Zeit konnte keinesfalls die
ganze Artillerie bis zum jNIorgen übergesetzt sein. Daher ging übei'haupt
nui' die 1. Artillerie-Abteilung über und in Stellung. Inzwischen begann der
Feind mit Artillerie auf uns zu schießen und die Pioniere hatten 3 Verwundete;
in einem Brückenbock staken 9 Kugeln, in einem anderen 7 Kugeln, 1 Brücken-
planke war ganz zerschmettert.)
Übergang der Garde-Division über den Fluß.
Die Garde-Division marschierte am 30. 9 Uhr 30 nachmittags von der
Brücke nördlich von Genkado ab und auf Kurito auf. Vorher war Meldung
gekommen, die Brücke oberstroms sei nur schwer fertigzustellen.
Traut?.: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Rnss. Krieg 1904/05. 145
(Mit dem Ordnen des Geräts für die 310 ni lange Behelfsbrücke
oberstronis, welches zusammengesetzt über 2 000 m stromaufwärts gebracht
werden mußte, konnte erst 5 Uhr nacimiittags begonnen und die Arbeit
erst 10 Ihr al)ends vollendet werden.)
Daher wurde lun 10 Uhr 50 mit der 2. Division ül)er die Brücke an
der Westseite von Kurito der Übergang begonnen, am 1. Mai um 3 Uhr
morgens war er beendigt. Und mittags 12 Uhr 50 hatte die vorderste Ab-
teihmg der Division den kleinen Nebenarm auf der Nordostseite des Tiger-
hügels erreicht. Da aber das tTbei'gehen der 2. Division noch nicht beendigt
war, so marschierte diese Abteilung in der Höhe des Tigerhügels auf. Dann
ward eine Änderung der Marschordnung vorgenommen und die Sanitäts-
kompagnie hinter die Infanterie gezogen. Um 1 Uhr 30 marschierte sie von
der Kriegsbrücke östlich des Sattels (hinter dem Tigerhügel) ab. Von der
]. Garde-Infanterie-Brigade hatte das 1. Regiment (Oberst Yamada Chüsaburö)
südwestlich von Lisawen und das 2. Regiment (Oberst Fukaya Matasaburö)
etwa 800 m nordwestlich der Anhöhe 87 (nordwestlich des Tigerhügels) mit-
einander gleiclizeitig den Eiho-Nebenarm durchwatet, das 3. Regiment (Oberst
Ohara Yoshijirö) von 2 Uhr 30 bis 3 Uhr 30 nachmittags die Furt süd-
vvestlicli des Dorfes Husan^"^ durchschritten. Um 4 Uhr vollendeten sie
zusammen ihren Aufmarsch in Linie: Gegend Eiho-Stromteilungspunkt (westlich
von Lisawen) — Sandplatz etwa 1000 m westlich des Tigerhügels. Das Artillerie-
Regiment hatte um 5 Uhr 5 am Abhang des Tigerhügels in den während der
letzten Nacht angelegten Geschützeinschnitten und Schulterwehren Stellung
genommen. Die Divisions-Hauptreserve, das I.Bataillon des 2. Garde-Infanterie-
Regiments unter Major Ishizawa Seimatsu, war etwa zur selben Zeit beim
Dorfe Husan eingetroffen (desgleichen die Sanitätskompagnie und die beiden
Feldlazarett?); um 5 Uhr 10 langte auch der Divisionskommandeur auf der
Anhöhe nordwestlich des Dorfes Husan an.
Versammlung der Armee-Hauptreserve.
Die zur Armee-Hauptresei've gehörenden Truppenteile, nämlich: das
4. Garde-Infanterie-Regiment (ohne I. Bataillon) unter Oberst Umezawa Mi-
chiji, das 30. Infanterie-Regiment (ohne II. Bataillon und 11. Kompagnie)
unter Oberst Baba Meiei, das Garde-Kavallerie-Regiment (ohne 1 Zug der
1. Eskadron) unter Oberstleutnant Käse Ihn, das 2. Kavallerie-Regiment
(ohne Halbzug der 1. und 1 Zug der 2. Eskadron) unter Oberstleutnant Aki-
yama Fusajirö, sammelten sich am 1. Mai 2 Uhr 30 bis 4 Uhr morgens
am Nordrande von Kurito.
Lage beim Feinde am Morgen des 1. Mai.
Die Divisionen waren am 30. naclits auf keinerlei feindlichen Wider-
stand gestoßen, sie marschierten diesseits des Eiho vor dem linken Flügel
^°^ i/Xi ÜJ (^t^t) J^P-- Ko-san (no niura); chin.: Hu-shan. — 1,9 km nord-
nordwestlich des Tigei'hügels (s. 102).
Mitt d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 10
14(5 Traut?.: Japan. Ocncralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
des Feiiules in der Zeit von 4 Uhr 40 l)is 5 Uhr 30 vormittags auf; es
wurden sofort Scliützengräben ausgeworfen. Zur «Sicherung gegen feind-
h'che Angriffe waren im Morgengranen zahh-eiche Patronillen überall ins
Vorgelände entsandt und Erkundung des Feindes eingeleitet worden. Auch
eine Furt durch den Eiho war erkundet. Von 5 Uhr alj wurde es allmäh-
lich hell; um 4 Uhr morgens waren schon unsere und die feindlichen Pa-
trouillen am Hauptarm des Eiho bei Yogu aufeinander gestoßen; aber noch
immer war die weitere Lage beim Feinde ziemlich ungeklärt, und genau
konnten die Eiho-Furten nicht erkundet werden.
Das Regiment schwere Artillerie wollte, da man feindliehe Artil-
leriestellungen bei Tiurentschin und feindliche Truj)pen auf dem dortigen
Höhenzuge, Biwaks usw. nicht hatte erkennen können, um 5 Uhr 20 vor-
mittags unserer Infanterie Hilfe bringen und eröffnete gegen die Artillerie-
stellungen bei Tiurentschin und auf den Höhen nordöstlich davon das Feuer.
Da der Feind es Jedoch gar nicht erwiderte, so stellte man um ö Ulir 40
das Feuer ein.
Das Armee-Oberkonnnando beabsichtigte, am I.Mai zunächst die Di-
visionen alle bereitzustellen, den Ausgang des Artilleriekampfes abzu-
warten und damit gleichzeitig den Angriff vorzutragen. Aber an diesem
Morgen eröffnete der Feind das Feuer überhaupt nicht. Erst 6 Uhr 30
vormittags, während vor der Front alles ruhig blieb und anscheinend kein
Mensch da war, wurde auf der Anhöhe 77 (etwa 1 800 m östlich von Po-
totynsa) und auf dem Höhenzug südöstlich dieses Dorfes feindliche Infan-
terie in Stärke von 3 Kompagnien sichtbar imd eröffnete gegen eine Pa-
trouille, die sich vor der Front der Gardedivision bewegte, das Feuer. Um
7 Uhr schoß dann feindliche Artillerie auf der Höhe östlich Magu gegen
die vorderste Linie der Reserven der 2. Garde-Infanterie-Brigade.
Das Garde-Feldartillerie-Regiment erwiderte das Feuer, und in einigen
IMinuten schwieg die feindliche Artillerie vollständig. Das Regiment schwere
Artillerie feuerte weiter im Streufeuer gegen Yogu und Magu. Das Armee-
Oberkommando aber ließ die Armee-Hauptreserve bis zur Ostseite des Tiger-
hügels vorrücken.
Angriff der 2. Division bei Tiurentschin.
Inzwischen waren von der 2. Division aus der vordersten Linie ent-
sandte Offizierspatrouillen vor Morgengrauen in das Höhengelände auf dem
rechten Eiho-Ufer vorgedrungen, jedoch nicht auf den Feind gestoßen. Da
nun sj>äter, als es hell geworden war, die Lage l)eim Feinde noch gänzlich
ungeklärt war, gab der Konmiandeur der Division, welcher im Zweifel war,
ob der Feind nicht vielleicht schon abgezogen sei, 7 Uhr morgens den
sämtlichen Abteihmgen der ersten Linie den Befehl, die Lage beim Feinde
aufklären zu lassen. Der Kommandeur der 3. Infanterie-Bi-igade, General-
major Matsimaga INIasatoshi, hatte jedoch schon zur Erkundung um 6 Uhr 40
das I. Bataillon des 4. Infanterie-Regiments (ohne die 3. und 4. Kompagnie)
unter Major Horiuchi Shunnosuke entsandt. Dem erneuten Befehle zufolge
Trautz : Japan. Generalstabsvverk über den Japan.-Russ. Krieg 1904/05. ] 4 /
schickte er 7 Ulir 30 vormittags den Rest dieses Bataillons und das I. Ba-
taillon des 29. Infanterie-Keginients unter INIajor Tahayashi Shichirö eben-
falls aus. Der Konnnandenr der 15. Infanterie-Brigade, Generalmajor Okasaki
Seizö, ließ das 16. Infanterie-Regiment (ohne 111. Bataillon) unter Oberst
Taniyama Takahide in "erster Linie aufmarschieren. Dann traten die In-
fanterie-Abteilungen der beiden Brigaden der Gefechtslage zufolge die erstere
auf die Anhöhe südlich Yogu, die letztere nach den Höhen der alten Be-
festigungen nördlich Tiurent^chin hin den Vormarsch an. Der seit Tages-
anbruch vollständig gedeckte Feind erschien mit Infanterie um diese Zeit
in dem Schützengraben auf der Anhöhe südlich Yogu und in der Linie
der alten Befestigungen bei Tiurentschin. Er überschüttete uns mit Feuei-,
und wir erwiderten es. Teile des 2. Feldartillerie-Regiments, des Regi-
ments schwere Artillerie und des Garde-Feldartillerie-Regiments vereinigten
ihr Feuer auf die feindliche Infanterie bei Tiurentschin und deckten so
unser Vorgehen. Inzwischen waren unsere Aufklärungsabteilungen nach
imd nach ganz dicht an den Feind herangekommen und schließlich bis
aufs linke Eiho-Ufer gelangt. Es war etwa 8 Uhr vormittags.
Der Kommandeur der 2. Division sah, wie die Aufklärungsabteilungen
schnell vorgingen, daß somit jetzt ein günstiger Augenblick sei, über den
Eiho zu gehen. Da gleichzeitig auch die erste Linie der Garde den Vor-
marsch antrat, befahl er um 8 Uhr 20 den beiden Brigaden zum Angriff
anzutreten. Die Reserve, die sich hinter dem linken Flügel befand, rückte
vor. Die bisherigen Aufklärungsabteilungen wateten von 7 Uhr 30 ab durch
den Eiho und etwa 8 Uhr 30 drang die linke Flügelabteilung in die feind-
liche Stellung südlich der Hohe auf der Nordostseite von Tiurentschin ein,
die rechte Flügelabteilung auf die Höhe westlich Yogu plötzlich vor und
jagten den Feind nach Westen auseinander. Sämtliche Abteilungen ver-
folgten und nahmen in der Zeit von 8 Uhr 50 bis 9 Uhr 30 den ganzen
Höhenzug bei Tiurentschin in Besitz. Gegen den in einem Talgrunde vor
der Front Iliehendeu Gegner wurde Verfolgungsfeuer abgegeben. Die den
Aufklärungsabteilungen folgende Masse der 2. Division watete um 8 Uhr 50
etwa durch den Fluß und erreichte die feindliche Stellung. Hierbei gab
die feindliche Artillerie auf der Höhe von Tiurentschin nicht einen einzigen
Schuß ab.
Der Kommandeur der 2. Division war 8 L^hr 40 vormittags vom
Tigerhügel aufgebrochen. Das in Reserve befindliche III. Bataillon des
29. Infanterie-Regiments unter INIajor Hayashi Kagetoshi langte 9 Uhr 50
etwa bei Tiurentschin an. Um 9 Uhr 30 vormittags etwa hatten die feind-
lichen Aufnahmetruppen von einer Anhöhe etwa 2000 m westlich von Tiuren-
tschin mit etwa 4 Geschützen und 1 Maschinengewehr die ihrigen aufge-
nommen. Ein Teil dieser Infanterie hatte sich etwa 1 800 m westlich von
Tiurentschin einer Mulde bei einer Biegung der Hauptstraße und einer
Höhenstellung westlich davon bemächtigt. Daher erging an beide Infan-
terie-Brigaden der Befehl, wenn man den Höhenrand von Tiurentschin ge-
nommen habe, die Verbände zu ordnen und weitere Befehle abzuwarten.
10*
148 Trautz: JaiKui. (icncralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
Sobald alle Ahtcilunji;en auf dem Hühenrande standen, vereiniijto der Feind
auf sie heftifj;es Aitilleriefeucr.
AngriflF der Garde-Division gegen Pototynsa und Magu.
Der Koinniandeui- der Garde -Division bemerkte um 7 Uhr 40 vor-
mittags den Vormarsch der 2. Division gegen die Eiho-Linie, aber er wartete
auf Weisung vom Annee-Oberkonunando bis 8 Uhr. Um diese Zeit waren
die vordersten Truppen der 2. Division im allgemeinen an der Eiho-Linie
angelangt. Ein Teil der 12. Division ging nun auch, da die Lage zum
Vorgehen einlud, mit beiden Brigaden zum Angriff vor. Die 1. Garde-
Infanterie-Brigade (ohne L Bataillon des 2. Regiments) ging (Führer General-
major Asada Nobuoki) mit dem 1. Regiment ohne II. Bataillon auf Höhe 77
östlich von Pototynsa, mit dem 2. Regiment (ohne I. Bataillon) auf Höhe 112
von 8 Uhr 5 vormittags ab zum Angriff vor. Generalmajor Asada ließ
15 Minuten später das in Reserve befindliche II. Bataillon (ohne 7. und
8. Kompagnie) des 1. Garde-Infantcrie-Rcgiments unter IMajor Öba Kageichi
in den Zwischenraum der beiden Regimenter als Verstärkung einrücken, und.
5 INIinuter später erreichte seine erste Linie das linke Eiho-Ufer. Das
heftigste Feuergefecht entbrannte, und beim Feinde schien leichte Unruhe
einzutreten. Auch die 2. Garde-Infanterie-Brigade (ohne 2 Bataillone des
4. Regiments) unter Generalmajor Watanabe Akira nahm sofort mit ihrem
3. Regiment die Höhe östlich Yogu als INIarschriclitung und trat an. Das
in Reserve befindliche I. Bataillon des 4. Infanterie-Regiments unter Major
Uta Hirosaburö folgte hinter dem linken Flügel. Etwa 8 Uhr 10 vormittags
erreichte seine vorderste Linie das linke Eiho-Ufer und eröffnete gegen den
Feind auf den Anhöhen von Yogu und Magu das Feuer, aber der Feind
leistete keinen großen Widerstand. Schon nach ö jNIinuten begann er langsam
ziu'ückzugehen. Daher vereinigte die vorderste Linie sofort ihr Feuer auf
ihn, und man sah, wie die feindliche Artillerie auf Höhe 112 östlich von
Magu im Rückzuge nach Gegend Magu war; wir beschossen sie hierbei heftig.
Die vorderste Linie der Garde-Division durchschritt den Eiho etwa
nach 8 Uhr 20 vormittags. Von 8 Uhr 25 an nahm binnen einer halben
Stunde das III. Bataillon des 1. Garde-Infanterie-Regiments unter Major
Ariyoshi Gaichi die Anhöhe 77. Die 11. und 12. Kompagnie des 2. Re-
giments nahm die Höhe 112. Die vorderste Linie der 2t Infanterie-Brigade
gewann Linie: linker Flügel der 1. Brigade — Anhöhe nördlich von Yogu.
Gegen den zurückgehenden Gegner i-ichteten sie heftiges Verfolgungsfeuer.
Generalmajor Asada .sah, wie der Feind vor seiner Front allmählich auf
Pototynsa zurückging. Der Rest des 1. Regiments luid von der Reserve
der Brigade die 7. Kompagnie des Regiments wateten oberhalb durch, um
von nördlich der Höhe 77 auf den feindlichen Rückzugsweg nachzudrängen.
Um «9 Uhr 5 nahm die Masse des 1. Regiments und die 6. und 7. Kompagnie
(die die Brigadereserve bildeten) die Höhe nordöstlich von Pototynsa in
Besitz und das 2. Garde-Inlanterie-Regimcnt die Höhenlinie nordöstlich von
Magu; sie gaben gleichzeitig Verfolgungsfeuer ab.
Trautz: Japan. Oeneralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 149
Da nun der Feind in Unordnung geriet und sich in Richtung auf
Hodaijoshi-"* und die südlich davon gelegene Höhe 151 zurückzog, haben
alle Abteilungen zunächst auf dem gewonnenen Gelände die Vei-bände ge-
ordnet. Die 2. Garde-Infanterie-Brigade schob um 9 Uhr 10 vormittags ihre
vorderste Linie vor bis in Linie: Höhe westlich INIagu — Yogu. Die Reserve
ordnete ebenfalls nach dem Übergang kurz die Verbände und setzte dann
den Vormarsch in Richtung INIagu fort. Ihr linker Flügel hielt dabei Ver-
bindung mit dem rechten Flügel der 2. Division.
Inzwischen hatte das Garde-Artillerie-Regiment, in der Absicht, das
Vortragen des Infanterie-Angriffs zu unterstützen, von 7 Uhr 50 vormittags
ab mit seiner 2. Batterie den Schützengraben auf der Ostseite von Yogu
und mit den übrigen Batterien die Artilleriestellung östlich von Magu unter
Feuer gehalten. Seine 4. Batterie hatte gleichzeitig den Auftrag, die
2. Division zu unterstützen, und beschoß den Feind in seinem Schützengraben
auf dem Kamm der Höhe nordöstlich von Tiurentschin. Schließlich, um
8 Uhr 10 etwa, begann die feindliche Artillerie zurückzugehen; alle Batterien
eröffneten sofort das Feuer. Aber etwa zu gleicher Zeit eröffnete die feind-
liche Artillerie östlich von Magu wieder gegen unsere im Vordringen be-
findliche Infanterie ihr Feuer, weshalb die 3., 4. und ö. Batterie sie wieder
unter Feuer nahmen und auch zum Schweigen brachten. Um 8 Uhr 20
sah man, wie die feindliche Artillerie den Rückzug in das Tal von Magu
antrat. Die 5. und 6. Batterie schössen nun ebenfalls, und als eine feindliche
Lafette umfiel, ließ der P'eind die folgende Lafette am Abhang südwestlich
von jMagu zurück und zog weiter. Die übrigen Batterien alle beschossen
auch fernerhin die abziehende gegnerische Infanterie. Um 8 Uhr 35, gleich-
zeitig mit der Besetzung der unserer Infanterie gegenüberliegenden Anhöhe,
hörte das Feuer auf, und man traf Vorbereitungen zum Vorgehen. Jedoch
konnte man in dieser Gegend den Eiho nicht durchwaten, weshalb man
schließlich in der Stellung stehen blieb.
Angriff der 12. Division bei Weitszekou.
Der Kommandeur der 12. Division hatte seit 7 Uhr 30 vormittags das
angriffsweise Vorgehen der Garde- und 2. Division beobachtet, und da er
vor der Front seiner Division keine stärkeren feindlichen Abteilungen sah,
noch keinen Befehl zum \'orgehen zum Angriff gegeben, wohl aber inzwischen
durch die vorderste Linie seiner Infanterie Eiho-P\irten erkunden lassen;
es waren aber nur mit größter Mühe drei unzureichende durchwatbare
Stellen gefunden worden.
^'^^ '^ qT^"^ J'^P' Hö-dai-chö-shi; chin. : P'ao-tai-ting-tzu. — 1 km
nordwestlich von Pototynsa (s. 122). Eigentlich ist wohl dieser Ortsname aus P'ao-
t'ai-ting-tzu entstanden (die Übersichtsskizze 1:750000 schreibt auch Pototynsa);
da aber Yujukü, als Stelle auf der Gefechtskarte, am genauesten durch Pototynsa
bezeichnet wird, so mußte Yujuko für den deutschen Leser als Pototynsa wieder-
gegeben werden.
1 öO Thai'tz : Jiipaii. Gencralstabsvverk über den Japan. -Riiss. Krieg 1904/05.
Um 7 l'lir 40 bomorktc die 5. liattcrio des 12. Feldarfillerie-Ref^iinents
i'eiiidliehe Infjuiterie auf der Höhe südlich von Weitszekou und heschuß sie
sofort. Dann nahm die 1. Ahtcihuig des 12. Feldartillerie-Reginients (ohne
1. Batterie) nnter Major Nishinari lleikiehl die östlicli von Magu stehende
feindliche Ai'tillerie initer Fener und unterstützte so ihrerseits das \'<>rgehen
der Infanterie dt-r Gai'dc-Division. 8 Uhr 15 gab der lv(»inniandeur der
12. Division den Befeld zum Angrift".
Das III. Bataillon des 14. Infanterie-Regiments untei- ISIajor Shiwa
Kesaichi und das 12. Kavallerie-Regiment (ohne 3 Abmärsche der 1. Eskadron,
1 Zug der 2. und 3 Züge der 3. Eskadron), die zu dieser Zeit in Reserve
standen, bedrohten, zusammen von Kyokako vorgehend, Flanke und Rücken
des Feindes.
Auch die auf dem linken Flügel stehende 23. Infanterie-Brigade hatte
sich schon, bevor sie den Befehl zum Angriff erhielt, der Angriffsbewegung
der Garde-Division angeschlossen und war angetreten. Von 7 Uhr 50 ab
überschritt sie den F^iho, und um 8 Uhr 30 hatte das an ihrer Spitze
marschierende III. Bataillon des 24. Infanterie-Regiments unter Major Hirata
Tokimaru bereits die Anhöhe nördlich von Weitszekou erreicht. Die INIasse
der Brigade folgte, und um 9 Uhr 10 war sie vollständig aufs rechte Eiho-
Ufer übergegangen. Das auf dem rechten Flügel befindliche 47. Infanterie-
Regiment unter Oberst Shöbara Tom erhielt um 8 Uhr 50 den Divisions-
befehl ziun Angriff und begann über den Fluß zu gehen. Um 9 Uhr 20
war es vollständig auf dem jenseitigen Ufer angelangt. Die um diese Zeit
in Gegend Weitszekou befindliche feindliche Besatzung war sehr schwach
luid leistete fast keinen Widerstand. Als die Unsrigen allmählich ganz
dicht herankamen, ging der Feind schrittweise zurück, ein Teil über
Hodaijoslii (-"'*), ein Teil auf SekitojoO^^). Einzig und allein die in Gegend
Sekitojo befindliche feindliche Artillerie hat von etwa 8 Uhr 30 vormittags
ab den Flußübergang der rechten Fiügelabteilung und den ^''ormarschweg
des III. Bataillons des 14. Infanterie-Regiments und des 12. Kavallerie-Re-
giments unter Feuer gehalten, allerdings ohne ihnen große Verluste zu-
zufügen.
Das in Gegend Weitszekou befindliche 24. Infanterie-Regiment war
auf den Kanonendonner hin 8 Uhr 40 vormittags dort abgerückt und auf
ihn zu marschiert. Das I. Bataillon des 46. Infanterfe- Regiments unter
Major Koitö Yukibumi nahm Verbindung mit seinem rechten Flügel auf
imd setzte mit ihm gemeinsam den Vormarsch gegen Sekitojo fort. Die
Masse des 46. Infanterie-Regiments und das 47. InfiEinterie-Regiment folgten.
Nun ließ der Kommandeur der 12. Division, in der Absicht, den Feind bei
Sekitojo in die Enge zu treiben und gegen seinen Rückzugsweg von
Dairobo^"^ aus vorzugehen, um 9 Uhr 20 die Reserven und das 12. Artillerie-
Regiment zusammen über den Eiho vorrücken. Sofort traten die Abteilungen
an, das Ai-tillerie- Regiment um 10 Uhr 30, das 14. Infanterie -Regiment
M:
} jap. : Dai-rö-bö ; cliin. : Ta-lou-fang. — 5 km westnordwestlicli
von Magu.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Riiss. Ivrieg 1904,05. 151
(ohne in. Bataillon) unter Oberst Imamura Shinkei 10 Uhr 40 etwa, über-
schritten zusammen zwischen Santauwan und Sairoshiko den Eiho und
folgten den in erster Linie befindlichen Abteilungen.
Die Divisionen entrissen dem Gegner etwa um 9 Uhr vormittags die
feindliche Stellung in dorn Gelände auf dem rechten Eiho-Ufer von Gegend
Weitszekou bis Tiurentschin. Die Absicht des Armee-Oberkommandos war,
da man die vordei-ste feindliche Linie für überaus schwach hielt, von der
12, Division her den AngrilV vt)rzulragen : aber die Erkundungsabteilungen
der 2. Division bemerkten gleich, als der Ilauptkampf entbrannte imd daher
bevor das Vordringen des Angritfs der Armee von jener Seite her begonnen
hatte, daß in Gegend Tiurentschin der Brennpunkt des Kampfes lag.
Anordnungen der 1. Armee für die Verfolgung.
Das Armee-Oberkommando ließ 8 Uhr vormittags die Armee-Haupt-
reserve auf Tiurentschin antreten. Als diese am Tigerhügel eintraf imd in
der Absicht, gegen die Linie des Tasahotsy ^'"^ vorzugehen, sofort den Feind
zurückwarf, erging imi 9 U^hr vormittags folgender Armeebefehl :
Die 12. Division geht mit ihrer JNIasse auf Dairobo vor und mit einem
Teil in Richtung Sekitojo. Sie nimmt die Höhe von Loukudun^"' (am
oberen Tasahotsy) und erkundet Gegend Fönhuantschön. Die Garde-Division
geht auf Hamatan (Nord) vor und klärt gegen die Linie Höhe südlich
Zenteishi^*^* — Hamatan (Süd) auf. Die 2. Division nimmt Antimg und klärt
vom Yüanpauschan ^''^ bis Tschitaukou^'" auf, ferner ninnnt sie Verbindung
mit der Flottille.
Vorgehen der 12. Division.
Der Kommandeiu- der 12. Division erhielt um 10 Uhr vormittags den
Armeebefehl. Er teilte dem Generalmajor Kigoshi die 23. Infanterie-
Brigade, die 1. Artillerie- Abteilung (ohne 1. Batterie) zu und ließ ihn auf
Dairobo vorgehen und den Raum von Rijuko bis Loukudun besetzen. Die
übrigen Abteilimgen sollten sich in Dairobo sammeln. Generalmajor Kigoshi
jedoch hatte schon vorher zunächst von Weitszekou den Vomiarsch zur
-°^ ^^^^:^VpT jap. Go-nio-tü-ka; chin. : Ko-ma-t'ang-ho. — Rechter Zu-
fluß des Yalu, mündet unmittelbar nördlich von Antung.
'^'' 3^r dT Vl^ J^P-' Rü-ko-dö; chin.: Lao-ku-tung. — 5,5 km nordwestlich
von Hamatan.
-°* ]0U ~r "J J^P'" Zen-tei-shi; chin.: Cluen-ting-tzu. — 2,6 km nordwest-
lich von Hamatan.
^"^ 7C ^S. LÜ J^P • Gem-pö-san ; chin. : Yüan-pao-shan. — 2 km nördlich
von Antung, 180 m hoher, kahler, steiler Bergkegel, der eine wunderbare Fernsicht
nach allen Seiten bietet ; schon weit vom koreanischen Ufer her sichtbar, fällt er auf
wegen seiner regelmäßigen Pyramidenform mit stark abgeflachter Spitze.
"° -t^jM^y^ jap.: Shichi-dö-kö; chin.: Ch'i-tao-kou. — 2 km westüch
von Antung.
152 Traut/.: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Kiiss. Krieg 1904/05.
Verfolgung fortgesetzt. Sein 24. Infanterie-Regiment war von 9 Uhr 25 bis
10 Uhr 30 allinlUilich bis vor die feindliche Stellung bei Sekitojo angekommen
und grift" ungestüm an. Der Feind jedoch hielt in einem Schützengraben,
welcher dem Höhenrücken von Hodaijoshi entlang angelegt war, und in
einer durch Schulterwehren verstärkten Stellung unsern Vormarsch nach
lilöglichkeit auf und leistete trotz seiner geringfügigen Stärke (Infanterie
etwas Ober 1 Bataillon, Artillerie anscheinend ein ])aar Geschütze) sehr
starken Widerstand. Obwohl die Unsrigen bis auf 400 m herandrängten,
hielt er stand. Inzwischen hatte Generalmajor Kigoshi das I. Bataillon des
46. Infanterie-Regiments auf seinem rechton Flügel in erster Linie auf-
marschieren lassen. Als so der Kampf immer heftiger wurde, ging der
Feind bald in südwestlicher Riclitung zurück, und unsere erste Linie drang
in die feindliche Stellung ein (10 Uhr 30 vormittags). Erst nachdem die sämt-
lichen Abteihmgen westlich Sekitojo ihre Verbände geordnet hatten, nahmen
sie die Verfolgiuig gegen Hamatan hin wieder auf, und der Divisions-
kommandeur gonehmigte diese jNIaßnalime (bei Ankunft des Divisionsbefehls
war es 2 Uhr 45 nachmittags gewesen, und das war schon, nachdem der
Kampf gegen den bei Hamatan befindlichen Gegner begonnen hatte). Die
Iklasse der Division folgte. Inzwischen w-ar das III. Bataillon des 47. Infanterie-
Regiments (ohne 11. Kompagnie) unter Major Öta Rö auf Befehl des General-
majors Sasaki auf dem rechten Flügel des I. Bataillons des 46. Infanterie-
Regiments aufmarschiert, hatte aber den Kampf niclit aufnehmen können.
Nur die 11. Kompagnie nahm, auf dem linken Flügel des 24. Regiments
mitgerissen, am Angriff teil.
Vorgehen der Garde-Division.
Der Kommandeur der Garde-Division war mit der Hauptreserve um
9 Uhr 30 vormittags etwa auf Höhe 77 östlich von Pototynsa angekommen.
Um diese Zeit hatte die 12. Division anscheinend noch nicht ganz ihren
Übergang über den Eiho vollendet. Auf dem rechten Flügel war es zweifel-
haft, ob der Feind nicht etwa einen erneuten Angriff w^agen würde; aber
weil die Lage bei sämtlichen Abteilungen recht ungeklärt war, so rief man
überall nach den Befehlsempfängern. Obwohl nun inzwischen der Armee-
befehl eintraf, kostete das Einholen von Befehlen durch die Truppen
eine gewisse Zeit, und um Mittag erst wurde folgen'des befohlen: Die
2. Garde-Infanterie-Brigade (ohne Stab \md 2 Bataillone des 4. Regiments)
geht unverzüglich bis zu der dreifachen Wegegabelung 1000 m nördlich von
Hamatan vor und sichert die Höhe südlich des Dorfes gleichen Namens.
Die 1. Garde-Infanterie-Brigade soll bei der dreifachen Wegegabel etwa
2000 n» südlich von Kosuishi '*", das Feldartillerie-Regimcnt, dem das Pio-
nier-Bataillon zugeteilt wird, an der Stelle, wo sie gerade sind, verbleiben.
(.\n diesem Tage hatte das Garde-Pionier-Bataillon und das Garde-
Artillerie-Regiment, um ül)er den pj'ho zu gehen, um 1 Uhr nachmittags in
^" • J^ 1')^ "?" J^l'" Ko-sui-shi; chin.: Hu-tsui-tzu. — 4..') km westsüdwest-
n*') westlich von Hamatan
(Mitte) zurück, die 11. Kompagnie nahm unterwegs auf Befehl des
Generalmajors Kaschtalinsky am Gefecht bei Höhe 192 südlich von
KosuishiC-^') teil.
Inzwischen war die 3. Batterie auf Befehl des Obersten Gromow
zunächst einmal nach Pototynsa zurückgegangen, hatte auf dem Wege
1(50 Traitz: Japan. Generalstabswerk über ilen Japan. -Ktiss. Krieg 1904/05.
ihre Bedeckiingsahteiliing verlüron, dann den nach Tschingou fiiln-enden
Weg durch japanische Infanterie verlegt gefunden, sich daher wieder
auf den Weg Tiurentscliin — Magu zinückgewendet, auoli den dortigen
Engweg üherall in japanisdiem Besitz getrotten und heftiges Gewehr-
feuer erhalten. Nunmehr sah sie, rings von Bergen umgeben, niu'
noch den blutigen Weg. sich irgendwo dui-chzuschlagen, vor sich.
Keine andere Rettung mein-. Sie wandte sicli daher dem steilen
Anstieg zu, wo nicht nur die Lafetten niciit folgen konnten, sondern
auch die ^lunitiouswageu liegen blieben, da ihre Bespannung ver-
nichtet war. In äußerster Not spannten sie die Pferde aus und
machten die Geschütze uubraiichbai-. Von zweien warfen sie die
^'eI■schliISse in Brunnen, von den übrigen nahmen die Kanoniere die
Kiclitgeräte mit und Hohen. Nacii allen vier Seiten eilten die Mann-
schaften mit den übrigen Zugpferden über die Berge; nur mit Mühe
vermochten sie noch den Weg Tiurentscliin — Fönhuantschön zu er-
reichen. (An diesem Tage verlor die 3. Batterie 213 Offiziere, Unter-
offiziere und Mannschaften vmd 38 Pferde.)
(icneralmajor Kaschtalinsky hatte, der Weisung des Genei-al-
leutnants Sassulitsch entsjjreehend, von 8 Uhr 30 l)is 9 Uhr vormit-
tags auf den Höhen auf dem rechten Ufer des Hautuehodsy Auf-
nahmetru[)pen aufgestellt. Am 21. April schon war man in dieser
Stellung mit der genauen Erkundung fertig geworden, aber Vertei-
digungsanlagen hatte man keine gebaut. 4 Geschütze der 2. Batterie
der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade wtirden in der Mitte der
Stellung aufgestellt. Auf dem rechten Flügel 8 JNIaschincngewchrc und
die 7. und 8. Kompagnie des 12. Ostsibirischen Schützen-Regiments, wäh-
rend die 1. Kompagnie dieses Regiments die Reserve l)ildete. Das
berittene Jagdkonunaudo des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments
wurde mit der Sicherung der rechten Flanke beauftragt. Um 10 Uhr
sammelte sich die 2., 3. vmd 5. Kompagnie des 12. Ostsibirischen
Schützen -Regiments auf dem linken Flügel der Artilleriestellung,
3 Geschütze der 2. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-
Brigade (1 Geschütz war am Tage vorher außer Gefecht gesetzt
woi'den) unter dem Schutze der Infanterie auf dem äußersten linken
Flügel auf der Höhe des linken Hantuchodsy-Ufcrs in Stellung ge-
bracht, erhielten den Auftrag, das Tal des genannten Flüßchens unter
Längsfeuer zu nehmen. Inzwischen hatte die von 01)erst Zibulsky
geführte 4. und 6. Kompagnie und das III. Bataillon des 12. Ostsibi-
rischen Schützen-Regiments sehr schwere Verluste erlitten und ging
von der Anhöhe bei Tiurentschin nach dem Hantuchodsy-Tal zurück.
Um 9 Uhr 15 voi'inittags etwa zogen sich auch die von Oberstleut-
nant Jabultskin geführten drei Kompagnien des 11. Ostsibirischen
Schützen-Regiments zurück und erhielten den (gerade eintreffenden)
Befehl, den Rüekzvig zu decken. Weil jedoch die Anhöhen nordöst-
lich von Tiurentschin bereits von den Japanern besetzt waren, ließ
der Oberstleutnant sofort auf einem kleinen Hügel auf der Westseite
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den .Tapan.-Russ. Krieg 1904/05. IGl
2 Kompagnien ansschw ärnicn (in ei-ster Linie die 6., die 5. blieb in
Reserve) und hielt bis znni Ende des Rückzuges des 12. Ostsibirischen
Schützen-Regiments etwa 25 Minuten lang diese Stellung. (Oberst-
leutnant Jabultskin und 3 Offiziere wurden verwundet.) Dann ging
er durch das Tal. des Hantuchodsy nach Tudschensa westlich von
Hamatan (Mitte) zurück. Hierbei vereinigte sich die auf Anhöhe 192
südlich von Kosuishi haltende 8. Kompagnie mit den 2 Bataillonen
des 11. Ostsibirischen Schützen-Regiments, welche von der Reserve
des Generalleutnants Sassulitsch abgezweigt waren.
Die japanische Infanterie folgte dem zu allerletzt zurückgehen-
den Jagdkommando des 12. Ostsibirischen Schützen-Regiments und
ging von den Höhen bei Tiurentschin weiter vor. Hinter ihr folgten
geschlossene Abteilungen ; als aber die 2. Batterie das Feuer eröffiiete,
deckten sie sich in der Nähe des genannten Ortes. Um diese Zeit
schoß die japanische Artillerie vom linken Yalu-Ufer aus, jedoch be-
trug der Verlust der 2. Batterie nur 1 IVIann, und die Batterie hatte,
obwohl sie das Feuer gegen die vorderste Linie der Japaner fort-
setzte, keine schweren Verluste.
IV. Das Gefecht bei Hamatan.
Verfolgung durch die 12. Division.
Generalmajor Kigoshi verfolgte den Feind, der bei Sekitojo gestanden
hatte, und den er auf Dairobo zurückgeworfen hatte, weiter imd ließ ihn nicht
zu Atem kommen. In der Absicht, ihm den Weg Tiurentschin — Fönhuan-
tschön zu verlegen, trat das 24. Infanterie-Regiment sofort zur Verfolgung
an und ging gegen Hamatan (Nord) vor. Es besetzte die Anhöhen nord-
östlich davon; das I.Bataillon des 46. Regiments ließ der General gleich
folgen. Um diese Zeit hatte das 24. Infanterie-Regiment seine Verbände
zwar noch nicht wieder ganz geordnet, aber es nahm die zimächst um
11 Uhr 30 vormittags gesammelte 8., 10. und 11. Kompagnie in die Vorhut
(Führer Kommandeur des III. Bataillons Major Hirata Tokimaru) und ließ
es im Laufschritt nach Hamatan (Nord) vorrücken. Der Rest des Regiments
folgte als Gros. Um 12 Uhr 30 mittags kam die Spitze der Vorhut xm-
gefähr 1500 m nordöstlich von Dairobo an, gerade als feindliche Infanterie
und Kavallerie, etwa 400 ]Mann, im Begrifl' waren, von Dairobo zurückzu-
gehen. Ihre Aufnahmeabteilung stand auf den Höhen rechts und links
des Weges bei Dairobo. Die japanische Vorhut (welche nur noch aus der
10. und 11. Kompagnie bestand, da die 8. Kompagnie inzwischen von der
Vorhut wieder zu ihrem Regiment zurückgenommen war) marschierte 1 Uhr
nachmittags auf den Höhen südwestlich von Dairobo auf und ging auf der
Westseite des Weges Antung— Kuandiansan'^^^) vor. Die folgenden Ab-
teilungen machten Laufschritt und marschierten hinter dem rechten Flügel
auf. Um diese Zeit zogen sich starke feindliche Kolonnen immer weiter
nach Westen in Richtung Hamatan (Nord) zurück. Um 1 Uhr 40 schwärmte
Mitt. d. Sem. f. Orient Sprachen. 1915. I.Abt. n
1 C2 TKArrz : Japan. Gciieralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1P04/05.
die ö. Kompagnie des 24. Inlautciic-Rcgiments östlich der Hauptstraße awn^
und zwar auf dem linken Fliigcl der 10. Kompagnie (welche anfänglich
we.stlich der Hauptstraße ausgeschwärmt, dann abei" nach Osten herüher-
gegangen war), und ging dein Höhenzuge südlich Kwankako^'^ entlang
sprungweise vor. Das 1. Bataillon des 46. Infanterie-Regiments (welches
imter den Befehl des Obersten Ilarada geti-eten war) schwärmte ebenfalls
auf der Höhe 223 aus, nalun \'ei'bindung mit der Vorhut und ging vor.
Der F'eind bei Dairobo leistete kin-ze Zeit heftigen Widerstand, jedoch zog
sich seine Masse unter dem Druck unseres Infanterieangrills in den Tal-
grund südwestlich von Dairobo und ein Teil gegen Hamatan (Nord) hin
zui-ück. Unser 24. Regiment verfolgte ihn, und das 1. Bataillon des 46. Re-
giments, auf die Höhe westlich von I)aii-obo vorgehend, nahm die feind-
liche Infanterie und die Trains, welche in westlicher Bichtung durch den
Talgrund vor der Front zurückgingen, von der Flanke her und von vorn
luiter Feuer und jagte sie in unordentlicher Fluclit westwärts in das Tal.
Bei Höhe 229 nördlich von ZenteishK-'^^) nahmen feindliche Truppen die
Fliehenden auf. Inzwischen hatte die Masse der Brigade parallel dem Wege
Antung — Kuandiansan nach Hamatan (Nord) zu dem \'orinarsc]i angetreten.
Um 2 Uhr, als etwa 1000 feindliche Infanteristen auf der HiWie 159 (nord-
westlich von Hamatan [Nord]) auftauchten, griff* das I.Bataillon des 46. In-
fanterie-Regiments den Feind auf den Anhöhen nördlich von Zenteishi an,
während die andern Abteilungen gegen den F'eind auf Höhe 159 im Vor-
marsch blieben. Die Hauptkräfte traten westlich der Straße auf und be-
drängten immer mehr den feindlichen linken Flügel. Von da ab bis 2 Uhr
30 nachmittags zeigten sich feindliche Infanterie und Artillerie auf den Höhen
und an den Abhängen südöstlich von Hamatan (Nord), und etwa 8 Feld-
geschütze und etwa 7 Maschinengewehre führten gegen unsere Infanterie
ein heftiges Feuergefecht. Um 3 Uhr traf das III. Bataillon des 46. In-
fanterie-Regiments unter Major ToyodaRyrisei auf einem Hügel etwa 2 km süd-
westlich von Dairobo ein und blieb doit in Reserve. Gleichzeitig marschierte
das II. Bataillon des Regiments unter Major Tachibana Shichisaburö bei
Dairobo auf. Um diese Zeit rückte unser 24. Regiment dem Feind auf den
Leib, der Kampf wurde ungemein heftig, besonders auf seinem linken Flügel,
wo es in überwältigendes feindliches F'euer geriet. Die Verluste waren
sehr schwer. Inzwischen trat das II. Bataillon des 46. Infanterie-Regiments
(ohne 7. Kompagnie) um 3 Uhr 30 nachmittags gegen die Höhen nordwest-
lich von Hamatan (Nord) an und schwärmte auf dem rechten Flügel unserer
vordersten Linie aus.
Die I. Artilleiie-Abteilung (ohne I.Batterie), welche unter das Kom-
mando des Generalmajors Kigoshi getreten war, traf um 3 Uhr 10 nach-
mittags bei Dairobo ein. Unsere erste Infanterie-Linie wurde, wie der
General bemerkte, vom feindlichen Feuer erdrückt. Schleunigst eilte die
Abteilung auf die Höhe südlich des genannten Dorfes und ging in Stellung.
■"^ B ^^Wi -'^P" K^van-ka-ku; cliin. : Kuan-düa-kou. — 2 km südlich
von Tscliingou.
Trautz: .Tapan. Generalstabswerk über den Japan.-Russ. Krieg 1904/05. 163
Es war gerade 3 Uhr 30. Auch die II. Artillericabteihing unter Major Ta-
maki Tetsujirö, im Gros der Division, rückte vor und erfuhr 3 Uhr 40, als
sie Dairobo dui'chschritt, wie das Gefecht stand. Die 5. Battei-ie ging
vorwärts des rechten Flügels der I. Abteilung in Stellung und beschoß
mit ihr gemeinsam die Infanterie und Artillerie bei llamatan (Nord), so
den Angriff unserer Infanterie unterstützend. Die 4. Battei-ie marschierte
hinter der 1. Abteilung, die 6. Batterie vor deren linkem Flügel auf und
warteten auf einen günstigen Zeitpunkt, griffen jedoch auf Befehl des Divi-
sionskommandeurs vorerst nicht in das Gefecht ein. Um dieselbe Zeit bzw.
kurz vorher war feindliche Infanterie wieder von Osten her eingetroffen
und auf den Anhöhen etwa 1000 m östlich von Hamatan (Nord) aufgetreten.
Sie hatte nach und nach die Gefechtslinie verlängert und unsere vorstoßende
linke Flanke umfaßt. Etwa tun 4 Uhi- machte der Feind wieder einen Vor-
stoß. Die Truppen unseres linken Flügels aber warteten unter dem Schutze des
Artilleriefeuers das Herankommen des Feindes ab und trieben ihn mit
heftigem Feuer wieder zurück. Hierbei war die vorderste den Feind be-
drängende Kompagnie die 5. des 24. Infanterie-Regiments. Sie führte selb-
ständig ein zweistündiges Gefecht, und als allmählich ihre Mvmition zur
Neige ging und der Gegenstoß kam, da starb der Kompagniechef, Haupt-
mann Makizawa Kvilfu, den Heldentod, die Zugführer ersetzten ihn, einer
nach dem andern das Kommando der Kompagnie übernehmend, und fielen
ebenfalls. Die Verluste häuften sich (38 tote Offiziere und Mannschaften
und 68 Verwundete), aber die Kompagnie kämjjfte mit Todesverachtung,
um (den Japanern) die Möglichkeit zu schaffen, den Feind ganz zu um-
zingeln.
Eroberung der zweiten russischen Aufnahmestellung.
Bemerkung: Seit 11 Uhr vormittags war es auf dem Gefechts-
felde allmählich stiller geworden. Auch bei der Abteilung Antung
w^ar nichts Neues vorgefallen und vom linken Flügel der Stellung
von Obei'st Gromow keinerlei Meldung eingetroffen. Jedoch blickte
Generalmajor Kaschtalir.sky nicht mit großem Vertrauen auf das
bei Tschingou stehende Infanteriebataillon und die 2 Geschütze. Er
ließ vielmehr durch das bald darauf eintreffende 11. Ostsibirische
Schützen-Regiment eine zweite Aufnahmestellung besetzen. Das ge-
nannte Regiment rückte um 11 Uhr vormittags etwa nach Höhe 192
südöstlich von Hamatan (Nord). Auf dem Wege verloren sie, von der
Linken Flügelabteilung von Pototynsa und Tschingou ab zurückgehend,
Fahne und Geschütze tmd hörten bei weiterem Zurückgehen, daß
die Japaner von Kwankako her im Vorgehen seien. Sofort sandten
sie den Offizier eines Jagdkommandos zur Erkundung dorthin.
Die Japaner in Stärke von ungefähr einem Regiment waren von
Tschingou nach Dairobo im Vormarsch und, wie man hörte, folgten
ihnen noch 3 Eskadrons. Um diese Zeit befahl Generalmajor Kaschta-
linsky, da das 21. Ostsibirische Schützen-Regiment (ohne IL Bataillon)
unter Oberst Laiming und die 3. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen-
]1*
164 Trautz: Japan. Oeneralstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
Artillerie-Brigade bei Höhe 192 eingetroften waren, auf dieser Höhe
einen Stützpunkt Zugewinnen, sodann dachte er sich über weitere
Anordnungen schlüssig zu werden. Er versuchte zwar noch die Straße
Haniatan (Nord) — Tschingou zu erreichen, traf aber auf japanische
Trup{)en und vermochte nicht durchzudringen. Plötzlich erhielt er
nun den Befehl von Generalleutnant Sassulitsch, nach Fünhuantschön
zurückzugehen. Generalmajor Kaschtalinsky befahl daher, vom linken
Flügel ab anzutreten; die herankommende 11. Kompagnie des 22. Ost-
sibirischen Schützen-Regiments erhielt Befehl, sofort gegen die nach
Süden vordringenden Japaner eine Stellung zu besetzen. Die östlich
SuanschansaC-'-^) von Oberstleutnant Linda geführte erste Aufnalune-
abteilung ließ Generalmajor Kaschtalinsky nach Tutschensa'*''"' zurück-
gehen und traf sodann beim Eintreffen in Tutschensa die weiteren Maß-
nahmen zum Rückzug.
Oberstleutnant Linda ließ, nachdem er den Befehl cilialten
hatte, zunächst die bisher in Reserve befindliche 1. Kompagnie des
12. Ostsibirischen Schützen-Regiments zui'ückgehen. Die 5. Kompagnie
sollte in ihrer bisherigen Stellung verbleiben und diesen Rückzug
decken. (Infolge dieses Auftrags wurde die 5. Kompagnie auch fast
ganz aufgerieben.) 1 Maschinengewehr-Abteilung, die 2. Batterie (7 Ge-
schütze und der Rest des 12. Ostsibirischen Schützen-Regiments) zogen
sich in Ordnung zurück. Weil um diese Zeit das Feuer der Japaner
von den Anhöhen nordwestlich von Höhe 192 aus überaus heftig
war, ließ Oberstleutnant Linda die 9. und 11. Kompagnie zum Gegen-
angriff antreten ; obwohl die 6. Kompagnie vom rechten Flügel aus
daran teilnahm und eine Weile das Feuer der starken japanischen
Abteilungen auf sich zog, kam diese Bewegung doch zum Stehen.
Hauptmann Rakutschin (6. Kompagnie) raffte die 7. und 8. Kompagnie
noch einmal zum Gegenangrift" zusammen und erleichterte so den
Rückzug der Masse des Regiments, da die Japaner nur wenig mit
Feuer naclidrängten. Dann aber 2 Uhr 50 nachmittags vermochte er
sich nur mit ]Mühe unter dem Schutze des 11. Ostsibirischen Schützen-
Regiments in die Talsenkung südwestlich von Höhe 192 durch den
Engweg zurückzuziehen und Tutschensa (-'-'') zu erreichen. In diesem
Gefecht verlor das 12. Regiment den größten Teil seiner Offiziere.
(Insbesondere fielen alle Kompagniechefs von der b. bis 9". Kompagnie,
desgleichen ihi-e Stellvertreter; der Kommandeur des II. Bataillons
und die Chefs der 2., 5., 11. und 12. Kompagnie, auch ihre Stell-
vertreter, wurden verwundet oder vermißt; ferner fielen 4 Oberleutnants
und Leutnants, etwa 8 waren verwundet. Man liildete daher in
Tutschensa aus dem Regiment nur noch 6 Kompagnien.)
^"" JL ^^ "J .i^P-' l^o-jo-slii; chiii.: T'u-cheng-tzn. — Dieser Ort liegt an
der Straße Antung — Fünhuantschön, 8 km nordnordvvestlich von Antung; er ist nicht
mit dem ganz gleichnamigen (s. 166) 4 km südwestlich von Tiurentschin zu ver-
wechseln.
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 165
Bewegungen der Armee -Verfolgungsabteilung.
Die vordersten Abteilungen der Vorhut der Armee -Verfolgungsabteilung
(Führer Major Takakusagi Jüretsu; Truppen: 2. und 3. Kompagnie des
30. Infanterie-Regiments) marschierten 2 Uhr 15 nachmittags nordöstlich
von Tiurentschin ab und auf der Straße nach Fönhuantschün in Richtung auf
Hamatan (Nord) vor. Um 2 Uhr 50 traten sie aus dem Nordweststrande
von Tiurentschin heraus. Dort tauchte imgefähr ein Zug feindlicher Infanterie
auf der Anhöhe südlich Höhe 24 (westlich Thu^entschin) auf und eröffnete
das Feuer. Als die Japaner darauf am Westrande von Tiurentschin aus-
schwärmten und vorgingen, ging der Feind wieder westwärts nach dem
Nordrande der Höhe 95 zurück. Die vordersten Abteilungen gingen sofort
vor und nahmen die Höhe südlich Höhe 24 in Besitz.
(Vorher hatte das Garde-Kavallerie-Regiment, auf dem Wege Tiuren-
tschin— Fönhuantschön vorgehend, eine Weile auf den Höhen nordöstlich von
Tiurentschin haltgemacht, weil der auf den Höhen des rechten Hantuchotsy-
Ufers stehende Gegner sich bisher nicht zurückgezogen hatte, war dann
aber, sobald der Gegner abzog, weiter in Gegend Höhe 24 vorgegangen
und hatte gesehen, wie die feindliche Infanterie eine Stellung nahm von
SuanschansaC-'^) bis Höhe 192 nördlich davon. Es blieb daher etwa an
derselben Stelle wieder halten.)
Um diese Zeit schwärmte die rechte Flankendeckung der Verfolgungs-
abteilung mit der an ihrer Spitze marschierenden 9. Kompagnie etwa 8i)i> m
nordöstlich der Höhe 24 auf einer Anhöhe aus. Die linke Flankendeckung
ging nach Lolungto hinein. Um 3 Uhr 33 war der Feind auf Höhe 95
etwa 2 Kompagnien stark und feuerte, was die vorderste Linie der Japaner
erwiderte. Zur selben Zeit ging die rechte Flankendeckung mit der
9. Kompagnie in erster Linie auf die Anhöhen nordwestlich von Höhe 24
vor, und 3 Uhr 36 erötfneten ungefähr 4 feindliche Geschütze von den An-
höhen nordwestlich von Suanschansa gegen unsere vordersten Abteilungen
das Feuer. Da vmverzüglich etwa 200 Mann feindlicher Infanterie den
südhchen Teil der Höhe 192 nördlich von Suanschansa besetzten, marschierte
der Haupttrupp der Vorhut hinter dem linken Flügel der vorderen Ab-
teilung auf. Um 3 Uhr 45 erreichte die rechte Seitendeckung die Höhe nörd-
lich der Höhe 24 und trat in ein überaus heftiges Gefecht gegen feindliche
Infanterie und etwa 4 feindliche Geschütze auf Höhe 192 westlich davon.
Dann marschierte das Gros der Verfolgungsabteilung hinter seiner Vorhut
in einer Mulde auf, und 4 Uhr 30 verstärkte es den Haupttrupp der Vor-
hut mit der 1., 4., 9. und 10. Kompagnie auf dem linken Flügel der
vorderen Linie und eröffnete gegen den Feind auf Höhe 95 das Feuer.
Die feindliche Artillerie beschoß von einem Abhang etwa 1000 m südöstlich
Hamatan (Nord) unsere Schützenlinie, und 4 Uhr 30 trat das Gros der
Verfolgungsabteilung in der Mulde südlich Höhe 24 an. Zu dieser Zeit
wendete sich das die Vorhut bildende 30. Infanterie-Regiment gegen An-
höhe 95 und blieb im Vorgehen ungeachtet des Feuers von etwa 2 Kom-
pagnien von den Höhen nördlich von Suanschansa.
1G6 Tbautx: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
Verfolgung durch die Garde-Division.
Inzwischen Imtte Generalmajor Watanabe, Kommandeur der 2. Garde-
Infaiitrrie-BrijTJidr, das 1, Bataillon des 4. Garde-lnfaiitorio-Roginients auf
seinen rechten Flügel und das 3.(iarde-Iufanterie-H('giment(()hne III. Bataillon)
auf seinen linken Fliigel genommen und zum Angriff" gegen den Keind vor
der Front antreten lassen. Das III. Bataillon des 3. Garde-lnfanterie-Re-
gimenls unter jNIajor !Matsuniae jMasayoslii wurde als Reserve hinter den
linken Flügel genommen, wo es folgen sollte. Um diese Zeit liatte etwa
ein feindliches Bataillon und etwa 6 (leschiitzc, wie man aus einer Mekhmg
erfuhr, die Gegend Höhe "24 (ungefähr 2.J0Ü m nordwestlich von Tiurentschin)
in Besitz genommen. 1 Uhr 45 nachmittags traf das I. Bataillon des 4. Garde-
Infanterie-Regiments auf den Höhen östlich von Hsiauloufang^^' ein und
nahm gegen den Feind auf den Hölien südlicli dieses Dorfes das Feuer
auf. Der Feind versuchte nur kurze Zeit heftigen Widerstand zu leisten,
ging dann aber bald zurück. Gleichzeitig traf das 3. Infanterie-Regiment
(ohne III. Bataillon) in der Höhenlinie der Höhe 151 ein, und 1 Ulir 50
erhielt Generalmajor Watanabe die Meldung, daß der Gegner, welcher vor
ihm auf den Höhen südwestlich von INIagu stand, zurückgehe. Um 2 Uhr 20
ließ er das II. Bataillon des 3. Garde-Infanterie-Regiments unter Major Ota
Washinsuke als Vorhut gegen Hamatan (Nord) antreten und die übrigen
Abteilungen als Gros auf der Hauptstraße folgen. Um 4 Uhr 5 erreichte
die Vorhut auf der Hauptstraße die Gegend Höhe 24 imd hörte von Westen
heftiges Gewehrfeuer. Es erging daher sofort an das 3. Regiment der Be-
fehl, anzugreifen, und das I. Bataillon des 4. Gardc-Infanterie-Regiments
folgte als Reserve. Das die Vorhut bildende II. Bataillon des 3. Garde-
Infanterie-Regiments schwärmte etwa 4 Uhr 15 auf den Höhen südlich
Höhe 24 aus. Daran beteiligte sich sofort ein im Feuer gegen Höhe 95
stehender Teil der Armee -Verfolgungsabteilung, und es entspann sich ein
heftiges Feuergefecht. Hierbei erreichte die die linke Seitendeckung der
Armee -Verfolgimgsabteilung bildende 10. Kompagnie des 4. Garde-Infanterie-
Regiments die Höhe etwa 500 m südöstlich von Suanschansa und nahm
den Gegner auf Höhe 95 unter Flankenfeuer. So heftigen Widerstand
der Feind auch leistete, er mußte schließlich die Stellung räumen und nach
Westen zurückgehen. Sobald er diese Bewegungen begann, trat das
3. Garde-Infanterie-Regiment und ein Teil der Arniee -Verfolgungsabteilung
(das 30. Infanterie-Regiment und die linke Seitendeckung) zusammen zum
Angriff" gegen Höhe 192 und die Hölien nordwestlich von Suanschansa an.
Die rechte Flankendeckunii; der Armee-Verfula;unends erreichte sie die
Gegend hei Rijuko (Nord). Das 12. Kavallerie-Regiment, welches später ab-
marschiert war, erreichte 4 Uhr 10 nachmittags zuerst Kyokako, überschritt
den Eiho und kam 7 Uhr in Tschiutsaiyüan --* an, wo sie zusammen Unter-
kunft bezogen.
Als der Kommandeiu- der Garde-Division, welcher sich bei der S[)itze
der 1. Infanterie-Brigade befand, 2 Uhr 30 nachmittags etwa Tiurentschin
erreichte, vernahm er aus der Gegend von Suanschansa lebhaftes Infanterie-
und Artilleriefeuer. Nach einer Meldimg der Aufklärer der 2. Brigade be-
fand sich diese Brigade und die Armeevcrfolgungsal)teilung zusammen im
Gefecht gegen einen Gegner bei Suanschansa. Der Vormarsch ward also
fortgesetzt, imd als man etwa bei Suanschansa ankam, ergab sich, daß der
Kampf schon zu Ende war. (Im Gefecht von Hamatan betrugen die Ge-
samtverluste der Armee an Toten einschließlich Offiziere 915, an Ver-
wundeten 379.)
Die 2. Division war, ohne unterwegs auf feindlichen Widerstand zu
stoßen, auf Antung vorgegangen, und ihr 2. Kavallerie-Regiment hatte um
4 Uhr nachmittags diesen Ort erreicht.
Bemerkung: Die Abteilung Antung unter Oberst Schwerin hatte
am 1. INIai die berittenen Jagdkommandos des 9., 10. und 11. Ost-
sibirischen Schützen-Regiments in Gegend Niantschan — Sandogu-^* und
Ikato "^ entsandt. Sie hatte aufgestellt die 2. Kompagnie des 10. Ost-
sibirischen Schützen-Regiments und 2 Geschütze der 1. Batterie der
3. Ostsibirischen Schützen- Artillerie-Brigade bei Sandogu, die 10. und
11. Kompagnie des 24. Ostsibirischen Schützen -Regiments und die
I.Batterie (ohne 2 Geschütze) der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-
Brigade) bei Yenwo. Die übrigen Abteilungen (das 10. Ostsibirische
Schützen-Regiment, das II. Bataillon des 9. Ostsibirischen Schützen-
"' i"^ i'Jli 't'^ "?" •''^P-' Kaku-tö-rin-shi; chin.: Ho-t'ao-lin-tzu. — 3,3 km
westlich von Kyokako, am rechten Eiho-Ufer.
22* ^^ T^ [^ ~?* J^P- Kyü-sai-gwan-shi ; chin.: Chiu-ts'ai-wan-tzu. —
2,5 km westlich von Tschingou.
223 ^ ^ y^ jap.: San-dö-kö; chin.: San-tao-kou. — 11 km unterhalb von
Antung am rechten Yalu-Ufer; die jap. Admiralitätskarte 1 : 72 85.S, Blatt » ^j^ ^ J^
(Amunyokukan)« nennt den Ort "^iM'']^HM Santanranto«, desgl. die jap. Über-
sichtskarte 1:1000000.
226 J^ }^rT ^ .jap-: I-ka-to: chin.: Wei-ho-tao. — Yalu-Insel, 3,5 km öst-
lich von Antung (nach jap. Karte 1 : .50000). — Ikato (Ort 4 km östlich von Antung
bei Gertsch a. a. O.) ist woiil der gleichnamige Hauptort der Insel, s. 140. Die
jap. Admiralstaliskarte gibt für den von Gertsch Ikato genannten Ort die Schreib-
weise "^/>K"/|mJ Kühaton«, (kor. wäre Ui-hoa-dong).
Trautz: Japan. Generalstabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 173
Regiments und die 2. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-
Brigade) standen auf den Höhen nordwestlich von Antung mit dem Auf-
trage, in jener Gegend zu beobachten imd zu sichern. Am ^Morgen
dieses Tages fuhren die japanischen Kriegsschiffe (je 2 Kanonenboote
und Torpedoboote und 4 armierte Dampfer) in den Yalu ein : nach-
dem sie einige Schüsse mit der russischen Artillerie gewechselt hatten,
zogen sie sich stromabwärts zurück.
Oberst Schwerin erhielt um 10 Uhr vormittags etwa von General-
leutnant Sassulitsch den Befehl, alle Heeresvori-äte zu verbrennen und
sofort nach Tutschensa zurückzugehen. Die Abteilung in Sandogu
ließ er nach Kaolimen oder Fönhuantschön zurückgehen, und von
den übrigen Abteilungen eine Hall)kompagnie des 9. Ostsibirischen
Schützen-Regiments in die Vorhut nehmend, bildete er eine Kolonne
aus den Trains, dem Rest des 9. Ostsibirischen Schützen-Regiments,
der 1. und 2. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade,
der 10. und 11. Kompagnie des 24. Ostsibirischen Schützen-Regiments
und ließ sie der Vorhut folgen. Als dann noch die 1. und 3. Kom-
pagnie des 10. Ostsibirischen Schützen-Regiments mit herangekommen
waren, ließ er sie sich anschließen. Aus dem II. Bataillon des 10. Ost-
sibirischen Schützen-Regiments wurde die Nachhut gebildet, welche
hier bleiben und den Rückzug decken sollte. Weil man aber bei
allen Abteilungen nur nach und nach die Leute sammeln konnte,
nahmen die Rückzugsvorbereitungen lange Zeit in Anspruch, und als
die Nachhut Antung verließ, war es wirklich schon etwa Mittag ge-
worden. Schon vorher, etwa 10 Uhr vormittags, waren die Reserve-
abteilungen der russischen Ostabteilung, soweit noch solche übrig
waren (die Hälfte des I. Bataillons luid das HI. Bataillon des 9. Re-
giments, 1 sibirische Pionier-Kompagnie) unter Generalmajor Yatsuinin
von Hamatan (JMitte) abgerückt und hatte bei Loukudun die Ankunft
der Abteilung Antung abgewartet und 2 Uhr nachmittags etwa mit
ihr zusammen den Rückzug nordwärts fortgesetzt.
Oberst Schwerin erhielt um 12 Uhr 30 nachmittags von dem
Fiihrer der russischen Ostabteilung den Befehl, die Nachhut zu führen,
und stellte in Gegend Tutschensa aus den von vorne her im Rück-
zug befindlichen 11., 12. und 22. Ostsibirischen Schützen-Regiment
und 1 Batterie eine gemischte Abteilung in einer Kolonne zusammen.
Als er nach Tutschensa kam, traf er den Generalmajor Kaschtalinsky.
Dieser ließ, imi die lange Marschkolonne abzukürzen, die 1. und
2. Batterie der 3. Ostsil)irisclien Schützen-Artillerie-Brigade, die Trains
und 1 Bataillon vom 9. Regiment von Loukudun aus auf einem nach
Westen führenden Wege nach der 7. Etappenabteilung zu (welche
sich in Tansantschyndsi befand) ihren Rückzug nehmen. (Oberst-
leutnant Kollauwitsch führte diese ganze Abteilung und marschierte
etwa 7 km weit, dann kehrte er, weil der Weg zu schwierig wurde,
auf die Hauptstraße zurück.) Ferner sandte Generalmajor Kaschtalinski,
in der Absicht, den Rückzug des 11. Ostsibirischen Schützen-Regiments
174 Traitz: Japan. Gencralstabswerk über den Japan. -Kuss. Krieg 1904/05.
iiiiil den Verwundetentiansport zu sichern, 1 Kompagnie des 10. Ost-
siliirisrlien 8cliützeii-Ke,c;ini*'"ts in den Engweg von Zenteislii vor und
.stoilti' das lieriltene.lagdkonuuando des l'2.0stsil)irischen.Sthritzen-Kegi-
nients ^östlicli Loukudun auf. Oberst Schwerin mit einem Bataillon
sollte sich in Besitz der Höhen «'isthch von Loukudun setzen. Oberst
Schwerin teilte dem von (Oberstleutnant Gorsky geRihrten II. Bataillon
des 10. Regiments (ohne Ü. Kompagnie) das berittene Jagdkommando zu
und schickte es auf die Höhe von Loukudun, wohin er selbst mit-
ritt. Die Abteilung erstieg etwa 6 Uhr abends die Höhe und hielt
den Vormarsch der Jaj)aner auf. Als sie nach etwa 2 Stunden mit
einem Verlust von 11 Mann den Rückzug antrat, folgte ihr eine ja-
paiu'sche Abteilung und besetzte die Höhe, so daß sie nicht mehr
weiter zurückgingen, sondern gegen die Jajjaner das Feuer aufnahmen.
Angesichts dieser Lage ließ Oberst Schwerin das III. Bataillon des
10. Regiments rechts des Eingangs der Enge ausschwärmen und das
11. Bataillon untei'stützen.
Um dieselbe Zeit befahl Gcnerahuajor Kaschtalinsky den 2 Ge-
schützen der S.Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen- Artillerie-Brigade,
welche gerade von Tschingou zurückgingen, zusammen mit dem
I. Bataillon (unter Oberstleutnant Baron Baratow) des 10. Regiments an
der Hauptstraße südlich von Loukudun eine Stellung zu besetzen.
Inzwischen sah Oberst Sciiwerin, daß die letzte Rückzugsabteilung
und die Verwundeten an dem Aufstellungsort des 111. Bataillons vor-
beigezogen waren und befahl diesem Bataillon und dem II. Bataillon,
zusammen mit den Jagdkoinmandos auf der Hauptstraße auszu-
schwärmen und nach dem Durchzug der Verwundeten ebenfalls den
Rückzug anzutreten. Dem I. Bataillon, dem er 1 Kompagnie des
10. Regiments l)eigab, gab er den Auftrag, die Nachhut zu bilden.
L"m diese Zeit deckte das Jagdkommando des 12. Regiments den
Weg, worauf 1 Bataillon des 9. Regiments und die Batterie marschierten.
Bei Soiuienuntergang zog die Abteilung auf der Hau])tstraße unver-
züglich sich nach Tansantschyndsi hin zurück.
(Die Nachhut trat ihren INIarsch erst 9 Uhi' abends an.) Von
Tansantschyndsi wandte sie sich am 2. Mai, 4 Uhr 30 vormittags,
nach zweistündiger Ruhepause, nach Fönhuantschön ; trotzdem nahmen
die Ja])auer die Verfolgung nicht auf.
V. Lage nach dem Gefecht.
Unterkunft der Armee nach dem Gefecht.
Nach dem Gefecht bei Hamatan bezog die 12. Division bei Dairobo,
die Garde-Division bei Hamatan (Nord) Unterkunft. Die Armee -Verfolgungs-
abteilung marschierte etwas weiter vor luid sicherte gegen Tansantschyndsi
in der Linie des Hamatan-Flusses. Das 2. Kavallerie-Regiment nahm um
4 Uhr 40 nachmittags die Gegend Rokudoko in Besitz, die 2. Division
Trautz: Japan. Generalstabswei'k über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05. 175
um 7 Ulli" 30 abends Antnng und bezogen daselbst Ortsunterkunft. Vom
2. Artillerie-Regiment kam die 1. Batterie um 9 Uhr 50, die II. Abteilung
um 1 1 Uhr in Antung an und kehrten zur Di\ ision zurück. Das Armee-
Oberkonunando l)Iicb an diesem Tage in l'iurcntschin, das Regiment schwere
Artillerie auf Samalinda, Das III. Bataillon des 14. Infanterie-Regiments
und das 12. Kavallerie-Regiment tiatcn am 2. INIai in aller Früiie wieder
an und erreichten etwa 1 1 Uhr 30 vormittags Tansantschyndsa. Der Feind
hatte sich jedoch bereits weiter nach Norden zurückgezogen und keine
Spur von iiun war mehr zu finden, so daß nach Erkundung der Gegend
von Kaolimcn die beiden Abteilungen wieder zur Disision zurückkehrten.
Bemerkung: Die Abteilung Mischtschenko war am 1. Mai vor-
u)ittags in das Geschtttzfeuer der paar japanischen Kriegsschitle auf
dem Yalu geraten. Sie hatte aus einer Stellung bei Amisan und bei
Sandogu mit Gewehrfeuer geantwortet. Um II Uhr vormittags jedoch
erhielt General Mischtschenko in Gegend Madugu'''-' (2 Meilen nörd-
lich vom TatungouC^'*)) von Generalleutnant Sassulitscli den Befehl,
sich in Richtung Kaolimen zurückzuziehen und die rechte Flanke der
russischen Ostabteilung zu sichern. Er beließ in Bj'ojiko-'^^ Amisan,
Niantschan, Dokworei^^* Patrouillen, hielt Verbindung mit der Masse
der Ostabteilung und sammelte 5 Uiu- nachmittags l)ei Shokwpsanshi^^"
das 1. Tschita-Kosaken-Regiment (die 6. Sotuie schloß sich am 2. dem
Regiment au) und die 1. Transbaikalische Kosaken-Batterie und ging
nach Peizaida^^' zurück, wo Unterkunft genonunen wurde. General-
major ^Mischtschenko hatte zwar das in Gegend Dagushan befindliche
21. Ostsibirische Schützen-Regiment nach Fönhuantschön zurückgehen
lassen wollen; da aber der Befehl dazu nicht ankam, so bheb das
genannte Regiment und die 1., 2. vuid 3 Sotnie der Werchneudinsk-
Kosaken wie bisher beim Dagushan stehen, und die 4. und 5. Sotnie
beobachtete die Meeresküste bei Pitszewo(i"''').
Die Abteilung des Obersten Letschitzky (10. Kompaguie des
10. Ostsibirischen Schützen-Regiments, I.Bataillon des 24. Ostsibirischen
Schützen-Regiments, 1. und 2. Sotnie Ussuri-Kosaken und 6 Gebirgs-
geschütze) war seit 29. April l)ei Tenkyos!ii(i^') (auf dem rechten
Ambiho-Ufer an der Straße Antung — Kuandiansan) aufgestellt. Da
^^' ml~^)^ jap.: Ma-shi-kö; chin.: Ma-tzu-kou. — 25 km südwestlich von
Antung.
''" /SÄiS J^P" %ö-ji-kö; chin.: Miao-erh-kou. — 228, 230 und 233
sind auf den mir zugänglichen japanischen Karten nirgens verzeiclmet.
'^ M^ ^ "nM J'^P' ■ ^'^"k"ü-rei ; chin. : T'ung-kung-ling. — 12 km südwestlich
229
von Antung
^^^ /J'^^lJj^J^ J^P-= Shö-kwü-san-shi; chin.: Hsiao-huang-shan-tzu. —
S. 228.
"^ Ö^-Nil J^P" Haku-sai-chi ; chin.: Pai-ts'ai-ti. — 19 km südwestlich
von Antung. Es gibt ein «West-« und ein »Ost-Hakusaichi«.
1 7('i Traut?.: .lapan. General stabswerk über den Japan. -Russ. Krieg 1904/05.
sich am 30. japanische Patrouillen zeigten, ließ Oberst Lctschitzky
am I. Mai früh die 1. und 2. Kosaken-Sotnie auf beiden Flügeln der
Abteibmg aufklären und mit einer halben Sotnie Verl)indung mit der
Masse der russischen Ostabteilung halten. Trotzdem erfuhr er gar
nichts vom Rückzug der Hau))tal)tcilung. (Der Stabshauptmann Krakin
nämlich, welcher den Rückzugsbefehl überl)ringen sollte, war unter-
wegs bei Pototynsa von japanischer Kavallerie angegriffen worden
und im Kiho ertrunken.) Bis zinn 3. Mai blieb Letschitzky mit seiner
Abteilung dort stehen.
Oberst Karzevv (mit der 3., 4. und 5. Ussui-i-Kosaken-Sotnie
und der 5. Sotnie des 1. Argunsk-Kosaken-Regiments), der am 1. Mai
früh l)ei Hsienlungou ('•'■') (nordöstlich von TenkyoshiO^')) stand, ent-
schloß sich, selbständig in Richtung Knandiansan zui'ückzugehen, und
verblieb die Nacht im Tale des PuyihoU^3)^ etwa 10 km nördlich von
Hsienlungou.
Oberst Truchin mit 5 Sotnien des 1. Argunsk-Kosaken-Regiments
vmd 2 Gebirgsgescliützen befand sich seit 30. April in Kuandiansan
und erhielt am 1. Älai die Meldung vom Vormarscli eines starken
Gesners srcfren ihn. Er entschloß sich sell)ständig, um 10 Uhr abends
eine Kompagnie dort zu lassen und mit der Masse seiner Kräfte nach
SaTmatsy abzumarschieren. In Tschanlindsa bezog er Unterkunft.
Die russische Ostabteilung erreichte am 2. Mai in großer Un-
ordnung Kaolimen. Generalmajor Yatsuinin besetzte Kaolimen mit
den von ihm kommandierten 9. und 10. Ostsibirischen Schützen-Re-
gimentern und der 2. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-
Brigade als Nachhut. Das 11., 12. und 22. Ostsibirische Schützen-
Regiment luid die 1. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen- Artillerie-
Brigade vcil)lieben in Fönhuantschön und bildeten zusammen mit den
dort befindlichen 4 Kompagnien des 24. Ostsibirischen Schützen-Re-
giments die Reserve (1 Kompagnie des 24. Regiments besetzte eine
Stellung in der Nähe des Eiho auf dem umgebogenen linken Flügel).
Die an diesem Kampfe beteiligten japanischen Truj)pen zählten
36 Bataillone Infanterie, 8 Eskadrons, 102 Feldgeschütze, 20 Zwölfzentimeter-
Haubitzen, 9 Pionier-Kompagnien. Die Anzahl der Kämpfer betrug unge-
fähr 42500. Davon tot oder verwundet 932. Unsere wichtigste Beute
waren 21 Schnellfeuer-F'eldgeschütze und etwa 1520 Schuß, 8 Maschinen-
gewehre, 1020 Infanteriegewehre. Ferner eine große Anzahl von Muni-
tionswagen und Trainfahrzeugen, an Gefangenen einschl. Offiziere 613, an
Pferden 63.
Bemerkung: Die russischen, unmittelbar am Kampfe beteiligten
Tru[)pen zählten etwa 16 Bataillone (jedes etwa 1000 Mann), 40 Feld-
geschütze, 16 Maschinengewehre, 1 Pionierkomjjagnie), die Verluste
an Toten einschl. Offiziere 614, an \"erwundeten 1144, an Vermiß-
ten 526, an Pferden tot oder verwundet 208. (Die Verluste der
3. Batterie der 3. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade betrugen
Traütz: Japan. Generalstabswerk über den Japan.-Russ. Krieg 1904/05. 177
im Verhältnis zu den Überlebenden 75 Prozent, der Offiziere, 77 Pro-
zent der Unteroffiziere und JMannscliaften, 80 Prozent der Pferde.
Bei der 2. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-Artillerie-Brigade an
Offizieren 75 Prozent, an Unteroffizieren und Mannschaften 67 Pro-
zent, an Pferdeil 80 Prozent, ferner bei den Maschinengewehr-Abtei-
lungen unter 24 Pferden 22 tot oder verwundet.) Außerdem gingen
vei'loren 22 Feldgeschütze, 8 Maschinengewehre, zahlreiche Fahrzeuge.
Der Munitionsverbrauch ist im einzelnen nicht feststellbar; es
wurde l)eini 12. Ostsibirischen Schützen-Regiment die gesamte mitge-
brachte ^lunition verbraucht, welche aus den Munitionswagen ersetzt
wurde; beim 11. Ostsibirischen Schützen-Regiment wurde von 11 Uhr
morgens bis 1 Uhr nachmittags alle Taschenmunition verbraucht und
der Ersatz durch die in die Stellung geholten Kompagnie- und Ba-
taillons-Patronenwagen bewirkt. Auch diese Munition war bis 3 Uhr
nachmittags verbraucht. Die Maschinengewehr-Abteilung verljrauchte
iiiren gesamten Reservevorrat im Betrage von 40000 Patronen.
Der Gesamtverbrauch an Gewehnnunition am 1. Mai betrug etwa
800000 Schuß. Die in zweitägigem Kampfe verijrauchte Artillerie-
nnuiition betrug bei der 3. Batterie der 6. Ostsibirischen Schützen-
Artillerie-Brigade 168 Schuß, bei der 2. Batterie der 6. Brigade
1331 Schuß. Die im Verhältnis zur Gefechtslage geringe Zahl erklärt
sich daraus, daß das überaus heftige japanische Artilleriefeuer, noch
bevor genügend Schuß abgegeben waren, die Batterie vernichtet hatte.
Armeebefehl nach dem Gefecht.
Da3 Armee-Oberkommando hatte nach dem Gefecht wohl die Absicht,
sofort bis Fönhuantschön die Verfolgung fortzusetzen, aus dienstlichen und
Verpflegungsrücksichteu ließ man aber die Truppen eine Weile in den
innegehabten Stellungen halten und gab in der Nacht des 1. Mai folgenden
Befehl (im Auszug):
1. Die Garde-Division nimmt Unterkunft bei Hamatan und klärt auf
im Räume Tynhisan^^^-Okako^^^
2. Die 2. Division nimmt Unterkunft in Antung und klärt auf im
Räume von der Aufklärungslinie der Garde-Division bis zum Yalu.
3. Die 12. Division nimmt Unterkunft in dem Räume östlich der
Grenze der Garde-Division bis zum Eiho-Hauptstrom und klärt
auf zwischen der Aufklärungslinie der Garde-Division und dem
Eiho, insbesondere ist die Gegend Kuandiansan zu beobachten
und einer Abteilung die Deckung der Kriegsbrücke bei Schigupu
aufzutragen.
^*^ "TÜi^Uj jap.: Chö-gi-san; chin.: Ting-ch'i-shan. — Ein 795 m hoher,
felsiger Gipfel, 7,3 km nordwestlich von Hamatan.
^" BES^yS J^P'' Ö-ka-kö; chin.: Yü-chia-kou. — S. 228.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 12
I 78 Trautz: Japan. Oeneralstabswerk über den Japan. -Kiiss. Krieg 19<34/05.
(ileirhzeitig ließ der Pionier-Kommandeur der Armee, (ieneralmajor
Ivodania Tokiitarö zwisclien Witschu und Tiurentscliin rd)er den Yalu und
iilier den Kilio Biükcn liauen; er befehligte folgende Truppenteile: das
(larde-Pionier-Bataillon ohne 3. Kompagnie, das 2. Pionier-Bataillon ohne
3. Kompagnie, die 3. Kompagnie des 12. Pionier-Bataillons, die Garde-
Kobi-Pionier-Komjjagnie. die Kol)i-Pi()nier-Konipagnie der 2. Division ohne
1 Zug und 1 Gruppe und die drei BrücUentrains der G.inle. 2. und
12. Division.
Am folgenden Tage, dem 2. ]\lai, ging das Armee-(.)l)CrUununando
uaeh Antung voi". Die Divisionen I)lleben iu ihrer bisherigen Unterkunft;
die Kavallerie ließ man den Feind weithin verfolgen. (Der Kommandeur
der 2. Division zog an diesem Tage die Besatzung von Yonampo zurück;
sie kehrte in ihren Verband zuiüick.) Ferner wurde der 12. Division be-
fohlen, gegen Kuandiansan und Aiianyamin ■-^••, der Garde-Division gegen
Seliutschan ^^% der 2. Division gegen Siuyan und Dagusban aufzuklären.
(Während des Gefechts waren die Feldtelegraphen-Abteilungen beim Armee-
Oberkommando und hatten dessen Standort bei Genkado mit den Vor-
marschwegen der Di\ isionen verbunden; sie unterstanden weiterhin direkt
dem Armee-Oberkonunandü. Inzwischen hatten die vom Generalmajor Ko-
dama befehligten Pionierabteilungen am 3. Mai den Eilio nordüstlich von
Tiurentscliin und den Yalu bei Tschunkiantai (Matuzeo) mit behelfsmäßigem
Gerät zu überbrücken anoefan";en und waren am 9. damit fertiti.
234 ^g J^ ^Ä PH jap.: Ai-yö-hem-mon ; chin.: Ai-yang-pien-nien. — 24 km
nordwestlich von Kuandiansan. (Ostchina 1:1000000: Yangnien.)
23» ^^ ^^ ^Jt jap.: Setsu-ri-ten; chin.: Hsüeh-li-chan. — 15 km nordwestlich
von Fönhuantschön.
179
T'ao Yuan-ming.
Von A. Bernhaudi und E. von Zach.
Uie in den Mitteilungen des Seminars (Band XV, 1912) veröffentlichte
Studie »Tau Jüan-niing, Lehen und Dichtungen« war ein Versuch, die Persön-
lichkeit dieses Dichters in einer Auswahl seiner Poesien darzustellen. Bei
weiterer Beschäftigung mit seinen Werken fand sich aber, daß einige sehr
bezeichnende Gedichte noch fehlten (/.. B. "Kör])er, Schatten und Geist« sowie
»Erzähhnig beim Weine"), und daß die Übersetzung der gegebenen vielfach
verbesserungsbedürftig war.
Während der ersten Arbeit die nicht mit Anmerkungen versehene
Ausgabe von Su Tung-]/o zugrunde lag, ist jetzt die kommentierte von T'ao
diu ' herangezogen worden. Von zehn Heften, in die der Herausgeber
des Dichters Werke geteilt liat, geben wir im folgenden die ersten fünf.
Die Anordnung ist fast ganz mit der Su Tung-p'os übereinstimmend; wir
bringen die Übertragungen in der Reihenfolge, die sie bei T'ao Chu haben
und setzen an Stelle der schon 1912 veröffentlichten Gedichte die uns not-
wendig erschienenen Verbesserungen.
Einige der neu übersetzten Gedichte boten so große Schwierigkeiten,
daß volle Klarheit nicht erreicht werden konnte, und wir machen auf diese
Stellen im einzelnen aufmerksam, um angehende Sinologen, die unsere Arbeit
zu Studienzwecken benutzen wollen, nicht zu verwiiTen.
(Im Sounner 1914 war die gemeinsame Durcharbeitung von Heft V
noch nicht l)eendet, der fernere Briefwechsel mit dem in Singapore lebenden
Konsul von Zach aber wurde durch den Krieg abgeschnitten, so daß ich
dieses Heft allein fertiggestellt habe. Herr Dr. von Zach ist daher für
Irrtümer und Fehler im 5. Teile nicht mitverantwortlich. A. B.)
m
.]. Giics, Biogi-. Dict. Nr. 1894.
12*
|S() r.iKMiARm und \0N Zach: T'ao Yuan-ming.
I. Heft.
(Verse zu 4 Zeichen.)
1. Unbewegte Wolken.
Kinlcituiig: Das Gedicht -Unbewegte Wolken» gedenkt eines guten
Freundes, der in der Kerne weilt. Der Becher ist mit jungem Weine
gelullt, im Garten beginnt es zu blühen. Was ich sagen möchte, er-
reicht ihn nicht; daher äußert sich mein tiefes Leid in Seufzer und Klage.
Dicht geballt sind die unbewegten Wolken. Fein rieselt der Fruhlings-
regen' nieder; der ganze Horizont ist gleichmäßig in tiefes Dunkel getaucht,
so daß selbst der ebene Weg ungangbar wird. Schweigend sitze ich auf
der östlichen Veranda, und nur der heurige Wein tröstet mich in meiner
Einsamkeit. Mein guter Freund ist weit und fern — lange sitze ich so in
trübe Gedanken versunken.
Die unbewegten Wolkjen sind dicht gel)allt. Frühlingsregen rieselt
fein hernieder; der ganze Horizont ist gleichmäßig in tiefes Dunkel getaucht,
und da.s ilache Land wird zum Strome. Wein ist da, Wein! In Muße
trinke ich am östlichen Fenster. Ich möchte meinen Busenfreund sprechen;
aber wie könnte Boot oder Wagen ihm folgen!
An den Bäumen des östlichen Gartens stehen Äste und Zweige wieder
in Blüte. Wetteifernd entfalten sie ihre neuen Reize und erregen damit
meine Gefühle. Freilich ptlegt man zu sagen*: Tage und INIonde gehen
dahin! — Ob wir es daher noch erreichen werden, auf einer Matte bei-
sammen zu sitzen und über unser Leben zu plaudern?
Flatternd kommt ein Vogel geflogen, setzt sich auf einen Ast in meinem
Ilof(j und, die P'lügel entfaltend, ruht er in Muße. Seine lieblichen Töne
finden Erwiderung. Gibt es etwa nicht andere Menschen in der Welt?
Und doch denke ich zumeist an dich! Ich möchte dich sprechen und ver-
mag es nicht — da ergreift mich hilfloser Jammer.
2. Wandel der Zeiten.
Einleitung: Das Gedicht »Wandel der Zeiten« spricht von einem Spazier-
gang zu Ende des Frühlings. Ich bin ganz frühlingsmäßig gekleidet^
und alle Herrlichkeiten der Natur sind in voller Harmonie. Einsam,
nui" von meinem Schatten begleitet, gehe ich lur nu'ch hin; Freud
und Leid käni])fen in meiner Brust.
Wie mächtig schreitet die Natur im Wandel der Zeit weiter! Wie
heri'lich ist solch ein glückbringender Tag! Ich lege mein Frühlingsgewand
' Wörtlieli: der dieser Jahreszeit entsprechende Regen.
^ Vgl. Shihking; Legge IV, ..09, ferner Tao Yuan-niing P und I*.
3 Vgl. Lunyü; Legge P, 248.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 181
an und will ein wenig' den Lenz genießen^. Die letzten sinkenden Nebel
nehmen alles Trübe von den Bergen ab, der Zcnith ist durch zarten Dunst
verschleiert. Von Süden weht ein Wind, der die jinige .Saat fördern wird.
Dort an der ruhigen Furt, wo sich das Wasser in die Weite aus-
dehnt, will ich mich waschen und baden. An den verschwonunenen Um-
rissen der Ferne habe ich Freude und blicke unverwandt hin. Wenn mau
aussprechen kann, was man auf dem Herzen hat, so ist man wohl zufrieden^;
ich (aber) nuiß mich, diesen einen Becher ei-greifend, einsam vergnügen I
Mein uudierschweifendes Auge trifft auf die ujittlere Strüuumg — da
denke ich zurück an den klaren I *. Dort waren Knaben und Jünglinge
in gleicher Weise beschäftigt, und müßig singend kehrten sie heim. Ich
liebe diesen ruhigen Lebensgenuß^ und sehne mich im Wachen und Schlafen
danach". Ich bedaure nur, daß ich in einem andern Zeitalter lebe; doch
die ferne Vergangenheit ist nicht zurückzurufen.
Tag und Nacht möchte ich in dieser Hütte verweilen; Blumen und
Kräuter sind in Ordnung ausgeptlanzt, Wald und Bambusgebüsch stehen
schützend umher. Eine helltönende Zither liegt auf ihrem Gestell; von dunkel-
farbigem Weine steht da ein halbgefüllter Krug. Aber die Zeiten des
Gelben Kaisers und des Kaisers Yao sind für immer voi'bei; darum ist in
mir nur Betrübnis.
3. Der blühende Baum.
Einleitung: Das Gedicht »Der blühende Baum« enthält Gedanken über
das Altwerden. Durch Wandel und Wechsel von Sonne und Mond
wurde es wieder Sonnner. Seit meiner Kindheit hörte ich die w^ahre
Lehi-e, mein Haar ist weiß geworden, und noch bin ich unvollkommen.
Der herrliche blühende Baum hat hier seine Wurzeln geschlagen;
am Morgen leuchten seine Blüten auf, am Abend sind sie schon verwelkt.
' ^ft "g koiniiit wiederholt in Shihking vor; die beiden Wörter werden von
Legge als -unübersetzbare Initialpartikel« bezeichnet. Wir sind abweichender Meinung
und übersetzen: »ich möchte ein wenig«.
2 Der Frühling konnnt von Osten. Zu seiner Begrüßung begalien sich die
alten Kaiser auf die Ebene östlich vor der Stadt; so erhielt "^^^ die Bedeutung:
"die Natur im Frühling genießen«. Vgl. Liki, ed. Couvreur I, 333 und Shuking,
Legge m, 535.
^ Nach der von T ao Chu abweichenden Lesart : ^ffi ii\ T^ '^ K yfK
* Nach der Lesart: /|§^J^''^; vgl. Legge P, 248.
^ Unter H ist Tien (au der zitierten Lunyü-Stelle) gemeint.
" ^-f$ "i den -\^^ des Ts'ao Chih; vgl. Wen-hsüan, 34. Kap., 6. Ab-
schnitt, wo jfW mit ^h erklärt ist.
182 Ukrnhaudi und VON Za«ii : T'ao Yuau-iuing.
Das Mensclienleben ist jilmlich daucrlos, »ind es kommt die Zeit des Nieder-
yaiij^es. Wenn man das in Kulie bedenkt, liildt man im tiefsten Herzen Leid.
Der herrliche blühende Baum hat hier eine Stütze für seine Wurzeln
;iefnnden. Obwohl sich an» Mor/ren viele schöne Blüten öffnen, dauern sie
doHi leider nicht bis zum Abend. Festijvkeit und Leichtsinn hängen vom
Menschen ab, Glück und Unglück konnnen nicht von außen. Gäbe es die
wahre Lehre nicht — worauf sollten wir uns stützen? Gäbe es die Tugend
nicht — was sollten wir hochschätzen;*
Ich aber, ach! bin ein scli wacher Mensch, meine Natur ist i-oh luid
l)eschränkt. So verflossen mir die Jahre, ohne daß ich in meiner sittlichen
Kntwicklung gegen früher fortgeschritten wäre. Ich strebte ohne Aufhören
danach, aber dabei beruhigte icli mich um so mehr. Je älter ich wurde'.
Wenn ich daran denke (daß ich nichts erreichte), zittert mein Herz und
lullt sich mit Kununer.
Die hinterlassene Lehre meines großen Meisters — wie kaim ich
sagen, daß sie mir entfallen wäre! (Sie lautet:) »Wenn man vierzig Jahre
gelel)t und noch keinen Ruhm erworben hat, ist man da nicht unwürdig,
mit Achtung behandelt zu werden ''?« Daher will ich meinen berühmten
Wagen ölen und meine tüchtigen Renner antreiben. Wenn das Ziel auch
tausend Li weit ist, wie könnte ich wagen, es nicht erreichen zu wollen?
4. Dem Herzog von CKang-shal
F^inleitung: Der Herzog von Ch'ang-sha ist mein Verwandter*. Gemein-
sam stammen wir von unserm Ahnen, dem Kriegsminister ^; aber die
Spaltung des Geschlechts liegt schon weit zurück, und die beiden
Linien sind einander im Laufe der Zeit fremd geworden. Als er duich
Hsün-yang reiste, gab ich ihm dieses Gedicht zum Abschied.
Was aus einem Quell entsj)rang, lloß nach verschiedenen Richtungen ;
die Menschen wechselten, die Generationen entfernten sich voneinander;
* Diese Stelle findet verschiedene Auslegungen; so will man darin eine An-
spielung auf Shihking, Legge IV, 334: "M^i^ 0 S erblicken und danach wäre
zu übersetzen: »ich strebte nach der Tugend ohne Unterlaß, doch am Wein hielt
ich fest, täglich mehr und mehr«. Es ist aber unwahrscheinlich, daß unser Dichter
Reue wegen des Trinkens zum Ausdruck bringt, besonders wenij man eine entgegen-
gesetzte Äußerung in den Totenliedern (vgl. Rernhardi a. a. 0. vS. 25) in Betracht
zieht. Auch paßt es besser in seine Philosophie, daß er sich dabei beruhigt, das
fhitc 7,u wollen, auch wenn er es nicht erreicht.
2 Vgl. Lunyü; Legge P, 223.
^ Der Ausgabe des T'ao Clin folgend, halten wir den Zusatz fi^- jjjf}^ i""
Titel des Gedichts für unrichtig.
' Mit T'ao Clm setzen wir die Zäsur zwischen Ti^ und jjiJJ .
•'' Einem Konnncntar zufolge soll initer dem Kriegsminister Tao She ('^)
aus der Zeit des Ilan-kao-ti gemeint sein: wir beziehen es aber auf T'ao K'an (vgl.
Olles, Riogr. Dict., Nr. 1897), dessen Naclikommen.schaft sich nach chinesischer An-
ordninig in folgender AVeise verteilt:
Bernharüi und von Zaiii: Tao Yuan-miiig. 183
ich liege wach und seufze ', wenn ich an diesen Ursprung denke. AVir
beide brauchen einer um den andern nicht einmal Trauerkleidung zu tragen —
so viele Jahre und Monde sind (seit unsre Familie eins war) vergangen.
Es bewegt mein Herz, daß wir wie Fremde aneinander vorübergehen sollten.
0 bewundei'nswerter, erhabener Verwandter! Du hast diese Halle
erbaut ^ und so wirkt Deine Freundlichkeit wie ein warmer Tag im Winter.
Die glänzende Fleckenlosigkeit Deines Herzens erinnert an Edelsteine. Hier
ptUicken \vir die Frnhlingsblüten, und hier gedenken wir des herlistlichen
Reifs ^ — deshalb sage ich: Du bist wirklich eine Leuchte unsres Geschlechts.
Bei unsrer Begegnung hatte ich, der an Jahren ältere, den gemein-
samen Ursprung vergessen*. Unsere fröhliche Unterhaltung dauerte nicht
lange, und wir gehen nach verschiedenen Himmelsrichtungen auseinander.
Weit entfernt sind die drei Hsiang* und ausgedehnt die neun Chiang.
Wenn auch Berge und Ströme zwischen ims liegen, unsre Boten " werden
immer durchkommen.
rft) iJjL" Herzog von Ch'ang-sha, hatte zahlreiche Kinder, von
1 denen der Kommentar neun Söhne anführt. Est ist
nifht gesagt, der wievielte 'f^ war.
9. 7. 5. 3. 1. 2. 4. 6. 8.
? i' i' •' I^H l^li • ^' l^tS «d^^ :S' Präfektvon
I I Wu-ch'anff.
I®
mm^
soll Präfekt von An-
ch'eng (^^) gewe-
^
[^ ^ , dem die Herzogswürde erblich zugefallen war, ermordete seinen Bruder,
starb aber selbst, ehe er zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Der Kaiser
entzog den Nachkommen des Mörders den Titel und übertrug ihn auf ß^ ^^ .
Dessen Enkel war Yen-shou, der durch Sung-Kao-tsu zum Grafen von Wu-ch'ang
degradiert wurde, weil dieser das Überspringen der Herzogs^^'ü^de auf die Nebenlinie
nicht anerkannte. Wenn T'ao Yuan-niing seinen Verwandten trotzdem als Herzog
bezeichnet, so folgt daraus nicht unbedingt, daß das Gediclit vor der Degradierung
geschrieben sei: es ist ebenso wahrscheinlich, daß unser Dichter sich um die Ver-
fügungen der neuen Dynastie einfach nicht kümmerte.
1 Vgl. Schihking IV, S. 354.
2 Yen-shou hatte in Hsünyang einen Gedächtnistempel für T'ao K'an er-
bauen lassen.
^ Im Frühling und im Herbst fanden besondere Gedächtnisfeiern statt.
* Daß T'ao Y''üan-ming der ältere war, geht aus der Stammtafel hervor;
wir folgen der Lesart J^^ [^ statt J^^ [gl .
^ Die drei Hsiang sind: J^g @, f^Qfß, }^g;Jg.
« Zu ^^ vgl. Tsochuan, Legge V, S. 434^; V, S. 215 ^ übersetzt Legge
»with their baggage«.
1J;<4 Bernhaudi und von Zach: T'ao Yuan-iiiing.
5. Dankgedicht an Ting, Vorsteher von Ch'ai-sang (Hsün-yang).
Mein Gast, mein Gast, der Du zu mir kamst und hei mir verweilest!
Als Richter' wirktest Du stets mit Rechtliclikeit, und Deine Gnade erstreckte
sieh üher hundert Li. In dem, was Du als gut erkanntest, verharrst Du
unabänderlich', und den guten Lehren, die Du hörtest, folgst Du immer'.
Nicht nur, daß wir miteinander prächtig harmonieren, wir machen
auch herrliche Wanderungen gemeinsam. Bald plaudern wir, bald be-
wundern wir die Natur, und ich kann dabei mein Herz ausschütten. Mit
grußer Freude sind wir beisammen, und erst wenn wir trunken sind, kehren
wir nach Hause zurück, um zu ruhen. Wirklich, willst Du mein Herz er-
heitern, so folgst Du mir auf einen Spaziergang.
Wie kann ich anders mein Herz ausschütten, als indem ich Dir diese
Worte mitgebe: »Wenn die Zahl der Erdkörbe * auch nur gering ist, schließ-
lich entsteht doch ein Berg.« Ich bin voll Verehrung für den Scheidenden,
und beim Abschied an der Wegtrennung briclit mir das Herz. Freundschaft-
liche Gefühle folgen Dir in die Ferne und sollen brieflichen Nachrichten
vorangehen.
6. Antwortgedicht an den Archivsekretär P'ang.
Finleitung: P'ang war Archivsekretär der Gardetruppen. Als er von
Chiang-ling nach der Hauptstadt gesendet wurde, kam er bei Hsün-
yang vorüber und wurde mit diesen) Gedicht beschenkt.
Innerhalb des einfachen Tores '^ finden sich Laute und Bücher. Bald
wii-d musiziert, bald werden Verse gesummt. Auf solche Weise finde ich
meine Zerstreuung. Und gibt es etwa keine anderen Genüsse? Ich liebe
diese stille Hütte; am Morgen gieße ich den Garten, am Abend ruhe ich
unter dem Schilfdach.
Was die meisten Menschen für schätzenswert halten, schätzen wir
durchaus nicht. Hätten Du und ich nicht gleiche Neigungen, wie*"' könnten
wir so befreundet sein? Als ich einen guten Freund suchte, da fand ich
wirklich Dich, meinen Herzensfreund. Jetzt sind unsre Herzen befriedigt
und eng verbimden — wie Firstbalken und Dach ' beisammen sein müssen.
' Zu ^Jjjjg vgl. Tsochuan, Legge V, S. 624 ig.
2 Zu ^P^f]5 vgl. Tsochuan, Legge V, 8.128,2, 560,4-
^ Bei diesem Satze sind wir nicht sicher, das Richtige getroffen zu haben.
* Zu i^^ vgl. Lunyii, Legge I^, S. 223; der obige Satz dürfte dalier be-
deuten: Höre niclit auf mit deinen Bemühungen um die Tugend.
^ Zu Iftj P^ vgl. Shihking, Legge IV, S. 207 »my door made of cross picces
of wood«.
« Zu ^ ,yj vgl. Shihking, Legge IV, S. 345, 415.
^ Zu 4>W ^" vgl. Iking, Legge, S. 3867 »ridgebeam and projeeting roof«.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-niiiig. 185
Voll heißen Strebens freuten wir beide (ich ' und Du, mein Freund)
uns der Tugend. Ich hatte wohlschmeckenden Wein, daran ergötzten wir
uns zusannnen; dann führten wir unterhaltende Gespräche und machten
neue Gedichte. Wenn ich Dich einmal nicht sah, wie konnte ich anders als
Dein gedenken?
Ehe wir noch genug beisanunen gewesen sind, müssen wir uns wieder
trennen. Ich geleite Dich auf den Weg und finde keine Freude beim Leeren des
Abschiedstrunkes. Voll Anhänglichkeit blickst Du zurück auf das alte Ch'u
(wo Hsün-yang liegt) und ziehst in den fernen Westen (den Wolken ver-
hüllen). Wenn Du fort bist, werde ich Deine herrlichen Worte nicht mehr
hören können.
Als wir früher voneinander Abschied nahmen, sang die Amsel (da
war's Frühling). Als wir uns jetzt trafen, fielen Graupeln und Schnee in
Menge. Du hast einen Auftrag vom Gouverneur erhalten und gehst als
Bevollmächtigter in die Hauptstadt. Wie kannst Du Deiner Liebe zu häus-
licher Ruhe untreu werden? Doch solange die Amtsgeschäfte nicht erledigt
sind, wirst Du an Ruhe wohl nicht denken können.
Es herrscht heute beißende Kälte, und stürmisch bläst der Wind.
Das Boot, das Dich trägt, eilt hin, und schon schaukelt es in der Mitte
des Stromes. Sei mutig, Reisender, und füiire das Angefangene zu gutem
Ende! Vertraue diesem glückbringenden Tage, der Dich beschützen wird.
7. Aufmunterung zur Landwirtschaft.
Weit, weit zurück im hohen Altertum lebten die Menschen anfangs
stolz und selbstgenügsam; an der Einfachheit hielten sie fest, die Wahrheit
vertraten sie. Später aber, als Erkenntnis und Fähigkeiten erwachten,
konnten sie ihre wachsenden Bedürfnisse nicht befriedigen. Wer hat ihnen
da geholfen? Es muß ein Weiser gewesen sein.
Wer war der Weise? Es war Prinz Chi^ Und worin bestand sein
Helfen? Die Wahrheit zu sagen: im Säen und Pflanzen! Shun hat dann
selbst das Feld bestellt, und auch Yü hat gesät und geerntet. Und in den
Verordnungen des weit zurückliegenden Chou-Reiches nahm der Ackerbau
die erste Stellung unter den acht Staatsämtern ein.
Groß sind die Wohltaten der Natur! Die weite Ebene ist glänzend
grün, Kraut imd Baum wachsen ü[)pig, der Frühlingswind weht frisch und
gelinde. Männer und Weiber eilen in Scharen, die Jahreszeit zur Arbeit
auszunutzen. Die Weiber, die die Blätter der Maulbeerbäume ptlücken,
stehen schon vor Tage auf; die Männer, die den Acker bestellen, verbringen
die Nacht auf dem Felde.
Die günstige Jahreszeit geht schnell vorüber, und die fruchtbringende
Feuchtigkeit dauert nicht lange. Deshalb bedurfte Chi Ch'üeh^ der Unter-
1 Zu -(^ ^ vgl. Shihking, Legge IV, S. 58.
2 Shuns Minister des Ackei-baus ; Giles, Biogr. Dict. Nr. 664.
3 Chi Chueh, vgl. Legge V, 8. 226.
1J>>(J Bkbnharui uud VON Zach: T ao Yuaii-iiiiiig.
Stützung seines Weibes; Cli'ang Cliü und Clueh Ni ' bestellten das Feld ge-
uieinsoliartlich. Betraclitet man Jene Weisen, so findet man sie (trotzdem
sie Weise waren) doch lleißig in den Furchen des Ackers. Ihr, die ihr
nur gewöhnliche Leute seid, dürft dalier um so weniger bald euer Gewand
träge mit der Hand aufnehmen, bald müßig die Arme verschränken!
Des \'olkes Woiilfahrt liegt im Fleiß. Seid ihr lleißig, so leidet ihr
keine Entbehrung. Wenn ihr aber müßig sitzet und euch ausruht — welche
Hoffnungen könnt ihr an das Ende des Jahres knüpfen? Sind dann die
Kornbeliälter- nicht gefüllt, so werden euch Hunger und Kälte gleichzeitig
treffen. Muß man sich nicht schämen, wenn man euch faulenzen sieht?
Konfuzius fi-eilich bemühte sich nur um den rechten Weg und die
Tugend und tadelte den Fan IIsü -^ Tung riunig-shu* erfreute sich an Buch
und Zitlier und vernachlässigte Garten und Feld. Nur wer sich (wie die
genaimten) auszuzeichnen imstande ist, mag sich in Nachahmung hoher
Vorbilder ausschließlich seinen geistigen Bestrebungen hingeben; ihm
werde ich doch Ehrerl)ictung nicht versagen und seine große Vollkommen-
heit preisen.
8. Benennung des Sohnes.
In grauer Vorzeit nahmen unsre Ahnen ihren Ursprung von Yao, dem
Fürsten von T'ao und T'ang\ Aus der Fi-emde kamen sie als Gäste in
das Reich Yü und erfüllten aufeinanderfolgende Generationen mit ihrem
Glanz. Yü-lung machte sieh um Hsia verdient, Shih-wei® half der Shang-
Dynastie.. Erst du, der erhabene Unterrichtsminister", warst es, von dem
sich das Geschlecht ausbreitete.
Es folgte die Verwirrung der "kämpfenden Staaten«, der allmähliche
Verfall der Chou-Dynastie. Da verbarg sich der Phönix im Walde, der
Weise lebte zurückgezogen in den Bergen ; nur der stürmende Drache kreiste
in den Wolken, und der dahineilende Walfisch widersetzte sich der Strö-
mimg. Als (endlich) der Himmel die Han-Dynastie einsetzte, kam unser
Graf von Min® in den Vordergrimd.
0 du majestätischer" Graf von Mini Du fandest Gelegenheit, die
kaiserliche Gunst zu erwerben. Du ergriffst das Schwert und eiltest wie
ein Sturmwind voran. Du begründetest den Ruhm deines Heeres. Bei
J Ch'ang Chii und Cliieli Ni, vgl. Legge L^ S. ^B.
* Nicht das Gewicht, sondern der Behälter aus Korbgeflecht, der die dem
Gewicht entsprechende Menge faßt.
3 Fan Hsü, vgl. Legge I^, S. 265.
* Tung Cliung-shu, vgl. Giles, Riogi-. Dict. Nr. 2092.
5 Vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2426.
* Vgl. Tsochuan V, ^^Oh.^.
' T'ao Shu 1^ ^jte, Unterrichtsminister des j^^, ^g'- Legge, Tsochuan,
V. 75O9.
« raoShe(|^^).
" .Vgl. ShihkinglV, S. 031.
Bernhardt und von Zach: 'Fao Yuan-iniiig. 187
Berg und .Strom wurde geschworen (dich zu belohnen), Ländereien wurden
dir bestinnnt und zu Lehen gegeben. Du tatkräftiger Reichskanzler'! wahr-
lich, du ahmtest die früheren Beispiele nach.
(Unser Geschlecht war) wie ein l)reiter und tiefer Strom, wie ein
blühender, starker Ast. — in viele Arme teilt sich nun der Strom, zahl-
reiche Zweige entspringen aus dem Ast. Den Zeiten des Ruhmes folgten
Zeiten der Vergessenheit, wie denn das Schicksal Aufschwung und Nieder-
gang kennt. ?]rst in der iNIitte unsrer Chin-Dynastie kamen wir in Ch'ang-sha
wieder zu Amt und Ehren.
Du gewaltiger^ Hei'zog von Ch'ang-sha^ du warst voll Verdienst und
Tugend. In dir zog der Kaiser unsere P'amilie wieder zu Rate, dich be-
auftragte er. das Südreich zu beki-iegen. Nach errungenem Erfolge ent-
sagtest du deiner Stellung und kehrtest in die Heimat zurück ; obwohl im
Besitze der kaiserlichen Gunst, warst du in deinem Entschluß unerschütter-
lich. Wer will behaupten, daß solch ein erhabener Charakter unter den
Leuten der Jetztzeit gefunden werden kann?
Strenge warst du, mein Großvater*, der du alles vom Anfang bis
zum Ende mit gleicher Sorgfalt behandeltest. Zweimal Präfekt, bliebst du
rechtschaffen und gerade; dein Wohlwollen und deine Güte erstreckten sich
über tausend Li. O du erhabener, gütiger Vater, du warst ruhig, ohne
Vorurteil und mäßig. Du liebtest zurückgezogenes Leben und verwarfst
Zorn und Jubel.
Ach, ich armer Unglücklicher! Ich blicke zu meinen Vorfahren auf,
ohne sie zu erreichend Wenn ich auf mein Leben zurücksehe, schäme ich
nn'ch meiner grauen Schläfen, weil ich noch immer mit meinem Schatten
allein dastehe. Von den dreitausend Unterlassungssünden ist es wohl die
schlimmste, keine Nachkommen zu haben. Eben denke ich daran, da höie
ich dich weinen.
» T'aoCh'ing(|^^).
2 Vgl. Shihking, IV. S. 607.
^ Tao K'an, vgl. S. 182, Aiiin. .^; sein posthumer Ehrentitel war föf , was in
iM. T'B. angedeutet zu sein scheint.
* T'aoMao, derPräfekt vonWu-ch'ang war; nach andern Iiieß er j^ , nicht 'f^ .
^ Nach 'Pao Chu, der einen frühen Tod von Tao Yuau-niings Vater an-
nimmt (^^fg _[^ vS. 15 u. Ifi), wäre hier zu übersetzen: »Den Vater zu sehen,
war mir vom Schicksal nicht gegiMint«. Fernei- würde sich nach ihm die in der
»Opferrede an die Manen der Schwester Ch'eng« (vgl. Bernhardi, a. a. O. S. 16)
erwähnte Strafe des Himmels, die die Geschwister in Kiangling ereilte, auf den
Tod der Mutter des Dichters (vgl. hierzu besonders Gedicht III, 2) beziehen und
nicht auf den des Vaters; er beruft sich auch auf die von Yen Yen-chih (vgl. Giles,
Biogr. Dict. Nr. 2481) verfaßte Trauerrede auf unseren Dichter (vgl. Wen-hsüan,
57. Kap.), wo bei Besprechung der traurigen Jugend T'ao Yüan-mings nur der Mutter
und nicht auch des Vaters Erwähnung getan wird. Tao Chu setzt sich mit diesen
Ansichten in Widerspruch zu anderen Konunentatoren, und wir wagen es nicht, die
Frage in dem einen oder anderen Sinne zu entscheiden.
188 Bkrnhardi und von Zach: Tao Yuan-ming.
Das (Orakel l)ezeiolinete diesen Tag als glücklichen, die Diagramme
nannten die Stunde eine günstige. Dein Name sei Yen ', deine weitere
Bezeichnung ('li'iii-ssu* (Das bedeutet:) -Früh und spät sei freundlich und
ehrerhietig. Gedenke dieser Worte und habe sie inuner im Herzen"!«
Halte dir stets K'ung Chi* vor Augen und trachte, ihm gleich zu werden.
Wenn in dunkler Nacht einem Häßlichen ein Sohn geboren wurde,
so holt er eilends ein Licht, um zu sehen, ob er ihm ähnlich sei '". Alle
Menschen haben diesen Wunsch — wie sollte ich damit allein stehen! Da
du nun einmal geboren bist, wünsche ich, daß du gut geraten möchtest.
Man pllegt zu sagen, in diesen (väterlichen) Gefühlen sei kein Falsch.
Mit dem Vertließen der Tage und Monde" entfernst du dich allinählig
von der Kindheit. Glück kommt nicht für nichts, Unglück ist leicht da.
Stehe früh auf und gehe spät zu Bett! Diese Fähigkeit ist es, die ich dir
wünsche, und wenn aus dir trotzdem nichts wird, so ist das des Himmels
Bestimmung"!
9. Der zurückgekehrte Vogel.
Flatternd kam der Vogel zurück. Am ]\Iorgen hatte er den Wald
verlassen; in der Ferne war er nach allen Himmelsgrenzen gellogen, in der
Nähe hatte er auf wolk(Mmmhüllten Berggipfeln geruht. Doch als der Wind
ihm widrig war, wandte er den Flug zurück und fand, Avas er suchte. Er
sah den Gefährten, Ruf und Gegenruf ertönten, im Waldesschatten fanden
sie ein schützendes Versteck.
Flatternd kam der Vogel zurück. Bald stieg er auf, bald flog er in
gerader Riclitung, und obwohl er nicht daran daclite, in die Ferne zu fliegen
— beim Anblick des Waldes erwachte sein Begehren. Wolken begegnend,
flog er bald über sie hin, bald unter ihnen fort. Ruf und Gegenruf ertönten,
da kehrte er zurück; imd wie weit die Entfernung auch war, seine An-
hänglichkeit zeigte kein Nachlassen.
Flatternd kam der Vogel zurück. An den Wald gewöhnt, flog er
hierhin und dorthin. Wozu sollte er an Flüge bis zum Himmel denken?
Er freute sich, das alte Nest zu erreichen! Und obgleich er seinen früheren
Gefährten verloren hatte, beantwortete er doch andere Stimmen. Bei Sonnen-
untergang, wenn die Luft klar war, weitete sich ihm die Brust.
Flatternd kam der Vogel zurück. Auf kahlem Zweige schloß er die
Flügel. Er durchzieht nicht mehr wandernd den weiten Wald, er sucht
dichtes Geäst für die Nacht. Wemi sich morgens ein frischer Wind erhebt,
jj^ untadlige und ehrerbietige Haltung; vgl. Shihking, IV, S. 214.
>j<..S ^*'"^'^^' ^S'- Shihking IV, S. 15.
Vgl. Sl.uking m, S. 58 (Tsochuan V, 487i3).
Vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1040.
Vgl. Legge, Texts of Taoism, I, S. 328.
Vgl. Shihking, Legge IV, S. 40.
Vgl. Shihking, Legge IV, S. 101.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-niing. 189
dann vereinigen sich stets schüne .Stiiinnen. Wozu stellt man ihm noch mit
Netz und Schlinge nacli? Wozu bemüht man sich noch um den schon Müden?
IL Heft.
(Gedichte zu 5 Zeichen.)
1. Körper, Schatten und Geist.
Einleitung: Hoch und Niedrig, Weise und Toren hängen voll Unruhe an
diesem Lehen. Sie befinden sich in großem Irrtum. Daher habe ich
Körper und Schatten sich gründlich aussprechen und den Geist in der
Erklärung die natürliche Lösung geben lassen. Die Philosophen dürften
alle derselben Meinung sein.
Was der Körper zum Schatten sagt \
Himmel und Erde gehen ewig nicht unter, Berg und Strom bestehen
ohne Veränderung: Kräuter und Bäume haben eine beständige Natur (der
Einfluß von) Reif und Tau (läßt sie in stetem W^echsel) keimen und verdorren.
Der ^Menscli gilt für besonders klug, und gerade er weiß nicht, dasselbe zu
erlangen. Kaum daß er sich hier zurechtgefunden hat, geht er wieder fort
— plötzlich und olme Anrecht auf Rückkehr. Warum gibt es keinen ein-
zigen wieder (zum Leben) Erwachten? Sehnen sich denn Verwandte und
Freunde nicht nach ihmi* Aber nur die Gegenstände, die ihn im Leben um-
gehen haben, bleiben — und blickt man darauf, so fühlt man Leid und Weh.
Mir fehlt das Mittel, mich zu erheben und zu verwandeln, darüber kannst du,
(mein Schatten.) nicht im Zweifel sein. Drum möchte ich, daß du meinen
Worten Gehör schenkst und niclit leichtliin ablehnst, mit mir vom Weine
zu trinken.
Was der Schatten dem Körper antwortet.
Von einer Verewigung des Lebens kann nicht die Rede sein, und wer
um sein Leben besorgt ist, hat nur mein Mitleid ob seiner Einfalt. Mein
Wunsch wäre wahrlich, über die Kun-hwa-GipfeP zu wandeln, aber für mich
gibt es keinen Weg zu jener Ferne; denn seit ich mit dir zusammen getroffen
bin, sind Lust und Leid für uns beide gemeinsam. Ruhst du im Schatten,
so ist es, wie wenn ich dich (schon) verlassen hätte; doch gibt es keine
Trennung, solange nur die Sonne leuchtet. Dauernd ist diese Gemeinschaft
schwerlich zu gestalten, beide werden wir gleichzeitig in der großen Nacht
erlöschen. Stirbt der Körper, so vergeht auch der Name; wenn wir daran
denken, überläuft es uns heiß. — Wer Gutes tut, hinterläßt Liebe. Warum
suchst du nicht darin deine Erfüllung? Der Wein soll die Sorgen vertreiben
können; aber ist er, damit verglichen, nicht schwach?
• Vgl. hierzu E. von Zach, Kritische Miszellen, S. 34.
^ Die von Genien bewohnten Berggipfel.
190 Hkrmiaiidi niiil von Zach: T'ao Yuaii-miiii».
Erklärung des Geistes.
Das i;r(jße All hat nicht die Kralt, den Kinzehien zu bevorzuj^en, alle
Wesen treten von selbst in lli-sclicinung. Daß der Mensch die Älittelstelhing
zwischen lliinniel mul Erde einninunt, verdankt er doch wohl nur mir, dem
(leiste. So sehr ich auch von dir. u Köi-per, verschiedener Natur bin, sind
wir doch dui'ch die(iebui-t aufeinander angewiesen. ^'er<•iIliJ^t und vonein-
ander abhäniiis;-. teilen wir Gutes und liöses. Wie sollte ich es da nicht mit
dir halten? Die drei erhabenen ]Mt)narchcn, jene gi-oßen Weisen, wo mögen
sie Jetzt sein;' Der alte P'eng ' schi(!n ewig leben zu wollen, abei- auch er
konnte seinem Absicht nicht vei'wirklichen. Alt und jung, alle erreicht in
gleicher Weise der Tod, und welche darunter Kluge, welche Narren waren,
wird dann nicht weiter gezählt. AX'eiiii du täglich im Weine Vergessenheit
suchst, so ist es vielleicht möglich sie zu finden; aber verkürzest du dadurch
nicht noch dein Lel)en? Wenn du Gutes tust, so erlangst du iunuer eigene
Befriedigung, al)er wer sonst wird dicii daiuui loben? Tiefes Nachdenken
zerstört unser Leben. Nein — wir müssen vi«'lmehr dem Schicksal die Tühi-ung
übei-lassend, ziellos in dieser großen Welt der Vergänglichkeit hintreiben,
ohne Freude, aber auch ohne Furcht. Wenn dann das Knde konunt, so laßt
uns sterben, ohne uns deswegen weiter \ iele unnütze (iedaid^eu zu machen.
2. In Muße das Herbstfest-' feiernd.
Fiuleitung: Ich sitze müßig luid iVeue mich dei- doppelten Neun im Namen
(des Festtages). Die herbstlichen Astei'u fiillen den (Jarten, abei' Wein
zu bekommen, ist nicht möglich^; daher bewundere ich mir die Blume
des Tages* und verleihe meinen Gedanken in ^'ersen Ausdi-uck.
Das Lel)en ist kuiv.. luid der Angelegenheiten sind stets viele; drum
liebt der Mensch, lange zu leben. W^enn Sonne und iNIond zu der jetzigen
Konstellation konunen, freut sich ein jeder über die Bezeichiuing des Tages ''.
Dies ist die Zeit, da der Tau am Grase hängen bleil)t und die w armen W^iiide
zu wehen aufhöi-en — da die Luft durchsichtig wird und die Stei-nbilder
klar sind. Von den weggezogenen Schwalben ist kein Schatten mein- da;
doch (schon) hört man die Töne der kommenden Wildgans. Wenn auch
der Wein die hundertfachen Sorgen verscheuchen kann, die Aster ist es,
die die Zeit des Alterns erheitert. Warum sollte der W^eise in der Schilf-
hütte teilnahmslos den Wandel der Jahreszeiten betrachten? Der verstaubte
Becher schämt sich vor dem leeren Kruge, und nur die Blume des kalten
Herbstes entfaltet ihre Blüten. Ich ziehe ilen Rock vor Kälte enger zu-
* Der chinesische Methusalcin ; vgl. Giles, Biogr. Diet. Nr. 1041.
■■' Am neunten Tage des neunten Monats.
3 Nach andrer Lesart: [J^- j^ 4^ ob ^^ i ^lt heurige Wein ist noch nicht
eingetroffen.
* yL ?i? '^'^ Blume des neunten Monats und dieses Festtages: die Aster.
'•• Die doppelte Neun ist ein Symbol der langen Dauer, gleichsam die höhere
Potenz, des Yang-Prinzips.
Bernhardt und von Zach: T'ao Yuan-niing. 191
sammen und dichte in einsamer Muße. Wie meine Gedanken zurückeilen,
erwachen meine tiefsten Gefühle. Die Einsamkeit bringt sicherlich manche
Freuden, und sollte ich nicht meine Bestimminig erfüllen ', wenn ich in iln-
verweilte:'
3. Rückkehr zum Aufenthalt in Garten und Feld.
(Vgl. Bernhardi, oj). cit., 8. -28— 31.)
JI.
Z. 9: Je üppiger Maulbeerbaum und Flachs täglich wachsen.
Z. 10: Desto größer wird auch allmählich mein Besitz.
Z. 1"2: Daß die Ernte verdirbt und dem Unkraut gleicli wird.
IV.
Der Ausdruck bB "ph findet sich mit der angenommenen Bedeu-
tung im Liki (Couvreur I., 58G) und im Chouli (Biot. I., 312), und der Satz
— -J^^S-mBTH wurde dementsprechend übersetzt: »Ein Geschlecht
— ein andrei- Frühmarkt." Der Ausdruck bedeutet häufiger Kaiserpalast
und Bazar (vgl. Tsochuan V., 481/4), und danach wäre die Stelle zu über-
setzen :
Und der Reisigsammler antwortet inir:
»Sie sind tot und hin — da ist nicht einer übrig.
»Wenn man daher sagt, daß Palast und Bazar sich
in einer Generation ändern,
»So sind diese Worte wirklich nicht unrichtig.«
V.
Z. 9 : Wenn sich Freude (an der Unterhaltung) einstellt.
4. Spaziergang am Ufer des Hsieh-Ch'uan-.
Einleitung: Im fünften Jahre der Periode Lung-an^ am fünften Tage
des ersten Monats war das Wetter herrlich milde und die Natur voll
reiner Schönheit. Mit einigen Nachbarn zusammen ging ich an den
Hsieh-Ch'uan lustwandeln. Wir näherten uns dem langen AVasser-
i V^ ^ Tffl 1^ ^ findet sich in Sung Yüs ^ ^||, Ende des ersten
Abschnitts (auch im Wen-hsüan, 33. Buch): «Selbst wenn ich länger verweile, kann
ich nieuie Aufgabe nicht vollbringen.« Vgl. auch Harlez, Poesies chin., S. 106, der
übersetzt: »Mais qu'il tarde danslavie! le malheureux n'accomplit pas son destin.«
* Der Hsieh-Ch'uan döi-fte in der Nälie vom Dorfe Li-li ^eSS hei Chai-
sang ^^ ^^ fließen. Südlich von diesem Dorfe soll ein kleiner Fluß namens -^
^'/^ sein, der den *^ ^ yj^J durchfließt und sich in den Yangtzü ("/t/X)
ergießt; dieser Fluß dürfte gemeint sein.
' 401 n. Chr.
192 Hkrnhahdi und von Zach: T'ao Yuan-ining.
laiire und sahen in der Ferne die Pagude des Lo-hsing-Teinpels '.
Wie es Abend wui-de, schnellten Brasse und Karpfen aus dem Wasser
empor, und die IMoven llogen flatternd umher. Nan-fou's'^ Ruhm ist
wirklich sehr alt, jetzt gibt es dort weder Seufzer noch Klagen
mehr; was die Pagode betrifft, so steht sie ohne Stütze und Zusam-
menhang, und am hohen Ufer ragt sie allein glänzend empor. Wir
dachten an den fernen Ling-Berg' und empfanden Sehnsucht nach
einem vorzüglichen Namen *. In unserm Vergnügen konnten wir uns
nicht satt sehen, und ohne viel überlegen machten wir Gedichte.
Wir l)eklagten das AVeiterrücken von Sonne und Mond; wir be-
dauerten, unsere Jahre nicht aufhalten zu krinucn, und jeder von uns
schrieb sein Alter und seinen Geburtsort nieder, um diesen Tag und
diese Stunde im Gedächtnis zu behalten.
Seit dem Jahreswechsel sind plötzlich schon wieder fünf Tage ver-
flossen. Ich möchte mein Leben zu Umkehr und Stillstand bringen, und
dieser Gedanke bewegt mir die Brust. Um die Zeit auszunutzen, sind wir
hierher spazieren gegangen. Das Wetter ist milde, der Himmel klar und
rein. Wir sitzen zusammen am Ufer des in die Ferne eilenden Wasser-
laufes. Aus der sanften Strömung schnellt die gestreifte Brasse auf; im
weiten PTußtal erhebt sich schreiend die Möve. Das wandernde Auge über-
sieht die weiten Marschen. Sehnsuchtsvoll in die Vergangenheit zurück-
tauchend, blicken wir auf die übereinander liegenden Hügel. Sind sie auch
nicht so schön wie die neun Terrassen des Kun-lun ^ so ist ihr Anblick
doch einzig. Den Krug ergreifend, bewirte ich Freunde luid Gäste; mit
vollen Bechern tun wir einander abwechselnd Bescheid. Wir wissen nicht,
ob uns die Zukimft noch eine solche Stunde bringt! Der halbgeleerte Becher
gibt weiten Gedanken Raum und macht tausendjähriges Leid vergessen.
Daher laßt uns einstweilen die Freuden des heutigen Tages voll genießen;
denn das Morgen können wir nicht mit Sicherheit erwarten.
5. Den Gelehrten Chou, Tsu und Hsieh mitgeteiltes Gedichte
Im verfallenen Hause liege ich krank danieder. Den ganzen Tag ward
mir auch nicht eine einzige Freude! Da unterbreche ich den Gebrauch
' Alle Koiiiiiientare erwähnen hier die Glosse des iflß-^^^'i wonach mit
^©*^j^ der Stcrnschnuppentempel V^ ^^^^ gemeint ist.
'•* Der Kommentar erklärt Nan-fou für identisch mit I^_e., dem Lu-Berge,
'Jan. 1^
auf dem Hni-Yuan dreißig Jahre lang lebte (vgl. Bernhardi, a. a. 0. S. 7, Anm.).
^ Der Konmicntar bringt eine längere Glosse aus den ^^ ßg des Ch'ü-Yuan,
wonach hier unter dem Ling-Berge der Kun-lun v.n verstehen ist.
* Zu ^ ig vgl. Lisao, 2. Stanze.
^ Nach dem Kommentar zum Erh-ya sind es nur drei Stufen. Vgl. auch
Forke, Mu \^'ang und die Königin von Saha (Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen,
Bd. VII, Abt. 1, 1904, S. 153).
* Chou Hsü-chih, Tsu Chi und Hsieh Ching-i, vgl. Bernhardi. a. a. 0. S. 10.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 193
von Arznei und AkujDunkturnadel und denke an Euch, die meinem Herzen
nahe stehen. Die Entfernung, die uns trennt, ist nicht unbedeutend — wie
soll man einen so weiten Weg machen ! Herr Chou erklärt die Lehre des
Konfuzius, Tsu und Hsieh folgen ihm wie das Elcho dem Ton. Die wahi"e
Lehre war tausend Jahre lang in Verfall^ heutigen Tages aber* kann man sie
wieder hüi-enl Die Nähe eines Pferdestalles ist (freilich) nicht der Oi"t, sie
zu erklären; doch die Gelehrten tun trotzdem ihr Bestes. Euer alter Freund
hat einen "Wunsch: Euch möchte er zu Nachbarn haben! Ich wollte, daß
Ihr allesamt abdanktet und mir an das Ufer des Ying^ folgtet.
6. Als ich bettelte.
Mich Hungernden hat man abgewiesen, und ich weiß nicht, wohin ich
mich wenden soll. Auf meiner Wanderung bin ich in dieses Dorf gekommen.
Ich jioche an eine Tür, und es wird mir schwer, Worte zu finden. Der Haus-
herr versteht meine Absicht und zeigt durch freundliche Gabe, daß ihm der
Fremde willkommen ist. Bis zum Sinken der Sonne sind wir in eifrigem
Gespräche : er bringt Wein, und ich leere einen Becher. [Mein Herz ist leicht,
und ich freue mich der neuen Bekanntschaft; Wort an Wort fügend, dichte
ich diese Verse. Ich bin Dir dankbar für Deine Güte, die der jener (be-
rühmten) Waschfrau gleicht; ich schäme mich nur, nicht ein Talent Avie Han
Hsin* zu sein. Auch weiß ich nicht, wie ich Dir für Deine Wohltat danken
soll — mögen darum die verborgenen Mächte Deine Güte vergelten !
7. Die Lustwandelnden unter den Zypressen der Chou'schen
Familiengruft.
(Vgl. Bernhardi, a. a. 0. S. 22—23.)
8. Klagegedicht nach der Art von Ch'u, dem Unterschatzmeister
P'ang und dem ünterpräfekten ' Teng gewidmet.
Die Vorsehung ist verborgen und unerreichbar; die Geister undDämonen
sind dunkel und unergründlich. Seit ich mein Haar aufgebunden traget
1 Derselbe Vers findet sich auch im Trinklied III; vgl. Bernhardi, S. 38.
2 Wir folgen der Lesart ^^ ^ ^^ des Su T'ung-po. Nach T'ao Chu,
qM ^g -+-■ müßte es heißen : damit Ihr meine Söhne unterrichtet.
' Ying-shui in Anhui. Hsü Yu (Giles, Biogr. Dict. Nr. 797), mit dem sich T'ao
Yuan-ming scherzweise vergleicht, wusch sich in diesem Flusse die Ohren aus, als er
das ihm vom Kaiser Yao gemachte Anerbieten, Gouverneur der neun Provinzen zu
werden, gehört hatte. Vgl. Peiwenyünfu ^§ ^ und Petillon, All. ht. S. 508.
* Vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 617.
° ^p f-H '^* nicht der gewöhnliche Unterpräfekt, sondern jener der kaiser-
lichen Präfektur.
^ D. i. seit dem 16. Jahre. Der Ausdruck ^j^^P^ wurde später zur Be-
Zeichnung für Heiraten ; vgl. Couvreur, Dict. class. S. 702.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 13
li)J nKRNHAnui und von Zach: Tao Yuan-ming.
habe ich stets an ^iitc Handlungen gedaclit und niicli vierundfunfzig Jahre
lauii angestrengt. Ahor schon mit zwanzig Jahren traf ich auf Unheil! Nach
kur/.cr Ehe verlur ich mein Weib '. Verzehrendes Feuer wütete zu wieder-
hohon Malen bei mir, Insekten verwüsteten meine Felder, Wind und Hegen
kamen von allen Seiten, und die Ernten füllten meine Scheune nicht. Seihst
die Sunmieitage liindurch muß ich Hunger leiden; in Winternächten schlafe
ich ohne Decke. Wenn der Abend herannaht, sehne ich mich nach dem
Kufe des Hahns; beim Aufgang der Sonne hoflc ich, daß der Tag schnell
vorübergehe. Da es doch wohl meine eigene Schuld ist, wie sollte ich den
Hinunel anklagen, wenn mir auch Sorgen und Kummer vor Augen stehen;'
Ach, vmd der Nachruhm gilt mir nicht melir als aufsteigender Rauch! Tief-
bewegt singe id» einsam ein Klagelied. Chung C'h'i^ kann wirklich ein Weiser
genannt werden.
9. Aotwortgedieht an den Archivsekretär Fang.
Kiiilcitung: ^\'icdel•liolt habe ich Deinen Brief gelesen ; wenn ich ihn zm*
Seite legen will, vermag ich es nicht. Seit Du mein Naclibar warst,
haben Frühling und Herbst zweimal gewechselt. Zuerst gal) es nur
respektvolle Begegnungen zwischen uns, und unversehens war daraus
eine alte Bekanntschaft geworden. Das Sprichwort sagt: »Wenn man
sich oft sieht, entstehen Verwandtschaft und Freimdschaft.« Und wie
sehr gingen unsere Gefühle darüber hinaus! Die menschlichen Ver-
hältnisse sind recht wunderlich, und wir hatten eine Trennung nicht
voi-aussehen können. Soll ich etwa um das, worüber schon Yang Chu^
geseufzt hat, für immer trauern? Ich bin seit vielen Jahren krank
und schreibe nichts mehr. Mein Körperzustand war wohl von jeher
lucht kräftig, nun sind Altei' und Krankheit dazugekommen; aber ich
will dem Chouli^ folgen und mache die nachstehenden Verse zum Aus-
druck meiner Sehnsucht nach unsrer Trennung.
Wie sollte Freundschaft auf alter Bekanntschaft beruhen müssen! Zu-
fallige Bcgegiumgen veranlassen die ersten Gespräche. Wenn der Gast
meine Vorzüge zu schätzen weiß, so kommt er oft, meinen Garten und Wald
zu i)esuchen. In ernster Rede wie im Scherz äußert sich kein gemeiner
Ton, und woran wir uns ergötzen, sind die Wei-ke der Weisen. Wenn gerade
' Während Wang ( J^) von einer frühverstorbenen Nebenfrau spricht,
beliau]>tct Yen Y'eii-chih in seiner Trauerrede auf T'ao Y'uan-ming, daß dieser nie
eine Nebenfrau gehabt habe, so daß nach ihm hier von einer Frau erster Ehe die
Rede sein muß. Jedenfalls bat ihm die Verstorbene einen Solm hinterlassen, wie
aus dem »Schreii)en an meinen Sohn Yet\ und seine Brüder« hervorgeht; vgl. Beru-
liardi, a. a. 0. S. 13: »Ihr aber, obwohl nicht von einer Mutter geboren . . .«
2 Cinnig Tzu-cln, vgl. Giles, Riogr. Dict. Nr. 520 und Petillon, Ali. lit. S. 246;
er wird hier genaimt, weil seine Klagelieder meisterhaft waren.
^ Über Yang Clni vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2370 und besonders Legge.
Prolegomena zu Mencius, II-*, S. 92.
* Dieser Sali ist niciii klar.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 195
ein paar jNIaß Wein da sind, trinken wir sie in iNIuße und finden daran
natürliche Freude. Ich bin gewiß ein verborgen lebender Sonderling und
liabe keine Beziehungen mehr zur Welt. Die Natur verjüngt sich, während
der Mensch der alte bleibt — mit dem schwachen Pinsel möchte ich so vieles
sagen! Der Geist dringt weit hinaus über Tausende von Meilen, während
der Körper durch Berg luid Fluß aufgehalten wird. Du, mit Deiner Liel)e
zur Einlachheit — wann schlägt die Stunde, da Du konmieu und mich (wieder)
aufsuchen wirst?
10. Gedicht, verfaßt am ersten Tage des fünften Monats, in Er-
widerung eines Gedichts vom Magistratssekretär Tai.
Das leere Boot ' mit losen Rudern treibt (der raschen Flut überlassen)
ohne Anhalten. (Mir scheint, es wäre) Neujahr erst eben vorüber^, und
doch nähern sich die Sterne schon ihrer Mittsommerstellung. Unter dem
südlichen Fenster^ zeigen sich noch wenig verdorrte Pllanzen, und der
nördliche Wald steht in reicher Blüte. Alles entwickelt sich unter dem
befruchtenden Sommerregen *, und das Morgenrot bringt günstigen Wind^.
Auf das Kommen muß das Gehen folgen, und auch dem Menschen ist es
bestimmt, ein Ende zu haben. Daueinid glaubt er verweilen zu können,
und doch wartet er nur auf sein Ende. Kann etwa ich Ärmster" gegen
dieses Gesetz des Weltalls ankämpfen? Der Wandel der Zeit mag Ruhe
oder Gefahren mit sich bringen, ich folge nur meinem freien Willen'' und
kenne kein Steigen oder Sinken; am Leben teilzuhaben^, ist schon etwas
Hohes, wozu soll ich noch den Hua-yin-Berg oder den Sung-kao-Berg be-
steigen ^ ?
' Vgl Legge. Texts of Taoism 11., S. 31.
2 Vgl. Legge, Texts of Taoism L, S. 358.
3 Statt ^g-^'|$if^ bringt Tao Chu 0^ p|| ^ Rf 4^ die Som-
merhitze versengt die Natur, wobei ÖH Rm (= ^^ yC^^ i^) ^'"^ Anspielung
aus dem Iking, Legge S. 804 (brightness, repeated) ist.
* Statt ^3)^ bringt Tao Chu jf,^;)||j.
5 Vgl. Chavanncs, Mem. bist. EI., S. 809.
6 Vgl. Lunyü, Legge P, S. 200.
^ W^ >fe findet sich sowohl bei Chuangtzü als im Tzu-Chih-ko ( ^ ^
^Y Dieses lautet:
Mmz^AoZ^innrnz^^
y^o
* ^[3 ^ vgl. Tsochuan V., 46O5 und Chavannes, Mem. hist. III., 414.
^ Anspielung auf Wang Tzii Ch'iao und Tzü Hsien (-J^^t)' ^^^^ ersteren
vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2240, letzterer flog auf einem Drachen nach dem ^S
ItUt-
13*
19G liKRNHAUDi und VON Zach : T'ao Yuan-niiiig,
11. Während der Regenzeit einsam zechend.
Alles Lelieii kehrt ins Nichts zurück, das sagte man schon in grauer
Vorzeit, In frülicren Zeiten soll es in der Welt einen Sung ' und einen
Ch'iao' gegeben haben; wo weilen sie denn jetzt? Alte Freunde bringen
mir Wein und sagen, trinkend werde ich Unsterblichkeit erlangen. Koste
icli vom Weine, so Hieben alle Sorgen; beim zweiten Becher vergesse ich
den Himmel. Wie weit ist es von hier bis zu den Grenzen des Himmels^?
Fürwahr, es gibt kein Früher mehr! Ich fühle micli wie der Wolken-
kranich, der wunderbare Flügel hat und in Kürze alle acht Himmelsgegen-
den im Fluge berührt. Seit ich diese F^insamkeit beobachte und mich vierzig
Jahre lang strebend bemühe, hat sich mein Äußeres längst verwandelt;
wozu davon sprechen, daß mein Herz unverändert geblieben ist?
12. Umzug in ein anderes Dorf.
I.
Früher wollte ich im südlichen Dorfe wohnen; nicht etwa, weil die
Gegend für ein Haus günstig war, vielmehr weil ich hörte, daß viele Leute
einfachen Sinnes dort wohnten und ich mich fi-eute, so manchen Tag und
manche Nacht mit ihnen zusammen verbringen zu können. Länger als ein Jahr
trug ich diesen Plan in mir, heute endlich hal^e ich ilui ausgeführt. Wozu
sollte mein Haus geräumig sein? Haben Bett und Matte Platz, so genügt das
vollständig. Die Nachbarn werden immerfort kommen und mit lauter Stimme
von alten Zeiten sprechen. An herrlicher Prosa werden wir uns zusammen
erquicken und zweifelhafte Stellen unter wechselseitiger Hilfe aufklären.
IL
Im Frühjahr und Herbst sind viele schöne Tage; da steigen wir auf
die Berge und machen neue Gedichte. Wer an des andern Haustür vor-
übergeht, ruft ihm zu; ist Wein da, so wird eingeschenkt und getrunken.
In der Zeit des Ackerbaus (freilich) muß jeder auf seinem Felde arbeiten,
und nur in der Mußezeit denken wir an einander. Wenn wir an einander
denken, legen wir schon die Besuchskleider an, und dann gibt es beim
Plaudern und Lachen keine Langeweile. Aber das kann nicht fortdauern,
sonst ist plötzlich, ohne daß etwas geleistet wurde, die rechte Stunde ver-
gangen. Das Sorgen für Kleidung und Nahrung verlangt seine Zeit; die
angestrengte Feldarbeit wird mich im Erfolge nicht enttäuschen.
^ M "f ^'g^- ^''®^' ^'iogr. Dict. Nr. 377.
^ ^ ^ vgl Giles, Biogp. Dict. Nr. 2240.
Wir lesen ^CÜ^^llt^-
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 197
13. In Beantwortung eines Gedichtes von Liu I-min \
dem Magistrat von Ch'ai-sang.
Berge und Seen haben mich seit langem gerufen; warum zeige ich
noch immer Unentschk)ssenheit? Es ist nur der Verwandten und Fi-eunde
wegen, daß ich es nicht über mich bringe, ihnen zu sagen, ich möchte
allein leben. Ein schöner Tag zieht in niein wunderliches Herz ein ; da
nehme ich den Wanderstab und kehre zum westlichen Lu-Berge ziu-ück.
In dieser Einöde gibt es keine Menschen, nur von Zeit zu Zeit trifft
man auf verlassene Dörfer. Das Schilfdach meiner Wohnung habe ich
l)ereits ausgebessert; von neuem muß das Feld wieder gepflügt werden.
Der Ostwind weht schneidend kalt, doch der schlechte Frühlingswein über-
windet Hunger und Mikligkeit. Ein kleines Mädclien ist freilich kein
Knabe, aber zum Trost für das Herz ist es besser als nichts. Das zweck-
lose Hasten dieser Welt liegt mir seit Jahren und Monden fern und ferner.
Ich pflüge und webe meinen Bedürfnissen entsprechend, was darüber hin-
ausgelit — wozu sollte es mir nutzen? Nach hundert Jahren sind Leib und
Name gleichsam ins Nichts geglitten.
14. Dankgedicht an Liu, Magistrat von Ch'ai-sang.
Der in Aruuit lebende hat wenig Bedürfnisse und vergißt daher manch-
mal den Wechsel der vier Jahreszeiten. (Aber daraus, daß) der öde ^ Hof
voll gefallener Blätter liegt, erkenne ich mit innerer Bewegung, daß der
Herbst schon gekommen ist. Gerade jetzt blühen die Sonnenblumen üppig
vor dem nördlichen Fenster, und die herrliche Ähre reift auf dem südlichen
Felde. Ich aber bin heut ohne Freude, weiß ich denn, ob es (für mich)
ein neues Jahr geben wird? Ich sage meinem Weibe, daß ich meine kleinen
Söhne mit mir nehme und wandre an diesem herrlichen Tage hinaus zu
einem weiten Spaziergang.
15. In Erwiderung eines Gedichtes vom Magistratsassistenten Kuo.
I.
Die Bäume vor der Halle grünen üppig, im Mittsommer füllen sie das
Haus mit kühlem Schatten. Der Südwind kommt in dieser Jahreszeit, und
sein Wehen dringt mir bis ins Herz^ Allem Verkehr entsagend ^ wandle
ich hier in tändelnder Muße. Bald liegend, bald stehend, ergreife ich ein
Buch oder die Laute. Das Gemüse meines Gartens ist noch wohlschmeckend.
1 Vgl. Bernhardi op, cit. S. 9 Anin. 4.
1 Wir lesen ^ statt ;|;^.
2 Wir glauben RH :^^ bildlich auffassen zu dürfen.
^ >§> ^ findet sich auch im ^^^^"^^Wä^i vgl. Bernhardi S. 55.
198 Hernhardi und von Zach: Tao Yuaii-ming.
vom alten Getreide ist bis jetzt noch etwas anfbewalirt worden — und damit
hat das Sorgen für den eigenen Körper seinen Ilöhej)unkt eiicicht. [Mehr
als satt zu werden, ist nicht wünschenswert! Von zerstoßenem Reis mache
ich guten Wein, und wenn er gekeltert ist, schenke ich ihn mir selbst ein.
Meine kleinen Söhne spielen mir zur Seite; sie lernen sprechen, können
aber die Laute noch nicht bilden. Alles dies sind sicher für mich immer
neue Freuden, und ich vergesse darüber meine Armut '. Ich blicke auf eine
weiße Wolke in der Ferne Was ist eins an Tiefe nu't meiner Liebe
zum Altertume?
IL
In den drei Frühlingsmonaten muß etwas Regen fallen; die Zeit des
Herbstes dagegen ist hell und kühl. Wenn sich (um diese Zeit) der Tau
bildet, erheben sich keine Dünste; der Himmel erscheint hoch, die Aussicht
klar. Auf den Hügeln und Bergabhängen ragen steile Felsen. Blicken wir
aus der Ferne hin, so kommt uns alles überaus wunderbar vor. Duftende
Chrj-santhemen erschließen sich im Walde niit Glanz, grüne Zypressen krönen
die Felsen in Reihen. Ich liebe die beständige und reine Schönheit, die
unter dem Reife kräftig wird. Indem ich den Becher ergreife, gedenke ich
der Alten, die zurückgezogen lebten. Nach tausend Jahren nehme ich ihre
schöne Überlieferung auf, ich studiere ihre Einfachheit; aber ich vermag sie
nicht zum Ausdruck zu bi-ingen, und wacker trinkend- ende ich diesen
herrlichen Monat.
16. Gedicht zum Abschied eines Gastes beim Mahle
des Gouvernem's Wang^.
Die Tage des Spätherbstes sind traurig und kalt, die ganze Pflanzen-
welt ist schon verwelkt. W^ährend des Festes »da man auf Frost tritt« sind
wir auf die Höhe gestiegen und feiern den, der heimzukehren gedenkt.
Kälte lagert über Berg luid Marschen, (der Himmel ist klar und) nirgend
mehr ziehendes Gewölk. Alle Ufer der Insel vor uns sind fernhin sichtbar,
der Wind kämpft gegen das Wasser an. Die Nacht steht bevor, und wir
erfreuen uns eines herrlichen Zusammenseins; nur daß es ein Abschiedsmahl
ist, müssen wir bedauern*. Der früh ausgeflogene Vogel kehrt abends zum
* ^ä^Xi Vgl. von Zach, Lexikogr. Beitr. II, 129.
2 JHj^ 1^ (vgl. P'eivvengünfu, Reim |^ ) fnidet sich im Sliihking. Legge IV,
S. 276, wo L. sagt: »yen-yen conveys the ideas of the liappiness of a feast, its
length and its fuiness.« An einer anderen Stelle übersetzt er es mit »tranquil
and serene.« In der Literatur wird es ausschließlich in der ersten Bedeutung ver-
wendet: die ganze Nacht hindurch zechen, sieh unterhalten, usw.
^ Betr. Wang Hnng vgl. Bernhardi S. 7. — Der Konniientar gibt das Jahr 421
n. Chr. an und nennt die Namen verschiedener Zeitgenossen, die an diesem Mahle
teilgenommen haben sollen.
* ^ ^ vgl. Sliihking, Legge IV, 364, 365.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 199
Neste ziiriick, die untergehende Sonne ' sendet ilire Strahlen nielit niehi- nach
allen Kichtungen ans. Der Gehende und die Bleibenden stehen am Scheide-
wege; die Trauer derer in den zurückkehrenden Wagen ist tief. Unsere
Blicke geleiten das hciinkehi-ende Schiff in die Ferne, unsere Herzen, den
Wechselfcillen des Schicksals unterworfen, bleiben zurück.
17. Geleitworte an Yin, bei seinem Abschied von Chin-an.
Einleitung: Yin war früher Sekretär des Annalisten von Nan-fu in Chin-an.
Daher wohnte er in Hsün-yang. Später wurde er Archivsekretär des
T'ai-wei's -und ging nach Osten. Da schrieb ich diese Geleitworte für ihn.
P^s bedurfte nicht langer Zeit, um mit Dir befreundet zu werden. Beim
ersten Zusammentreffen war die Vertraulichkeit schon eine vollständige. Zwei
Nächte' jn'ndurch tauschten wir lautere Reden aus, und immer mehr wurde
uns unsere aufi'ichtige Zuneigung bewußt. Voriges Jahr wohnte ich im
südlichen Dorfe, da waren wir für kui'ze Zeit Nachbarn. Den Waiiderstab
ergreifend, folgte icIiDir auf Deinen Spaziergängen, und wenn wir (beisanunen)
verweilten, vergaßen wir Morgen und Abend. Im Reden und Schweigen*
sind Du und ich von Natur verschieden geartet, und daraus geht hervor,
daß wir (einmal) voneinander scheiden müssen. Ich hätte nicht gedacht,
daß es so bald sein würde — wie Du erwähntest, schon in diesem Frühling!
Brausend kommt der Wind aus Westen, und ruhig zieht die W^olke nach
Osten von dannen. Ül)er tausend Meilen Berge und Ströme hin wird unsere
Unterhaltung kaum möglich sein. — Große Talente verbergen sich nicht
vor der Welt; in der Zurückgezogenheit leben meist die Niedrigen und Armen.
Findest Du (aber) Gelegenheit, hier vorüber zu kommen, so denke daran,
den alten PVeund zu besuchen.
18. Dem Annalisten Yang^
Einleitung: Als der Annalist der linken Armee amtlich nach Ch'in-Ch'uan
ging, verfaßte ich dieses Gedicht und gab es ihm.
Obwohl ich Tor erst nach dem Ende der drei Dynastien^ zur Welt
kam, denke ich doch mit Sehnsucht des Huang-ti und des Shun. Was wir
1 m^ Sonne; vgl. Huai-nan-tzu, Kap. IH, 8. 12.
2 Im Kommentar steht des T'ai-wei's Name Liu Yü (Wll^^ft-); ^'S^- Giles,
Biogr. Dict. Nr. 1375.
' i^'iS '■§•• Tsochuan, Legge V, I. S. 75i,, 477i3, 856i4.
* Vgl. I-king, Legge S. 362: ^ ^ ;^ ^^ ^ |E ^ jf^. |E und
aP^ stehen hier bildlich für »ein Amt ha!>en« und »ohne Amt sein«. (Da Yin es
vorzog, als Beamter zu leben, war eine gelegentliche Trennung infolge seiner Ver-
setzung vorauszusehen.)
^ ^. ;|^ ^^ : der Kommentar gibt das Jahr 417 an.
^ Vgl. Bernhard! S. 40. (Die drei Dynastien sind Hsia, Shang, Chou.)
200 BERNHAHni und VON Zach : T ao Yuan-ming.
von der Zeit vor tausend .Tahren wissen, beruht gerade niir auf den Buchern
der Alten. Die liinterlassenen Si)uren der alten Weisen finden sich alle in
der Hauptstadt des Mitteli-eiches. Vergesse ich etwa, Herz und Augen
dorthin zu wenden? nur die Pässe und Flüsse kann ich nicht überschreiten!
Die neun Lehnstaateii sind eben wieder vereinigt; um zu reisen, läßt man
Seh iti' und Wagen herrichten'. Ich höre, daß Du schleiniigst reisen mußt;
ich bin erkrankt, und so können wir nicht zusammen gehen. Wenn Dich
Dein Weg am Shang-Berge vorüberfülii-t, zügei-e ein wenig, mir zuliebe!
Ich bin Dir dankbar, wenn Du Ch'i und Lu^ fragst, wie es jetzt um ihre
Lebenskraft steht. Wer pflückt noch den purpurnen Wunderpilz ^? Das
tiefe Tal ^ mag längst verwildert sein. ^lan brauchte (damals) für vierspännige
Wagen •* nicht zu sorgen, denn die Armen und Niedrigen^ hatten die Freuden
der Freundschaft. \n ihrem herrlichen Liede hängen die Herzen noch heute,
ol)Wohl sich die ISIenschheit inzwischen weit von ilmen entfernt hat. Wenn
ich — nach Generationen — daran zurückdenke, so erschöpfen sich meine
Worte, al)er meine Gefühle kommen nicht zur Ruhe.
19. Am Ende des Jahres,
in Erwiderung eines Gedichtes vom Adjutanten Chang.
Bazar und Palast wurden zu Gräberstätten''; die Sonne eilt, dem
schnellsten Renner gleich, ihrem Untergange zu. Morgen früh ist nicht
mehr heut, das Jahr ist um — was kann ich dazu sagen .^ Die leuchtende
Jugendfrische des Angesichts ist bereits völlig vergangen, das Haar ist durch-
weg schon ganz weiß geworden. Auch für mich gilt der Ausspruch des
Herzogs Mu von Ch'in^! Sind die Kräfte etwa noch nicht erschöpft.^ —
Gegen Abend erhellt sich andauernder Wind und kalte Wolken verhüllen
die westlichen Berge. Die Luft ist schneidend kalt, und tlatterud kehrt der
Vogel zum Nest zurück. Die Menschheit hat kein dauerndes Bleiben, um
so mehr wird sie von Kunmier und Elend in Fesseln geschlagen. Oft fehlt
es mir an klarem Weine, und ich habe nichts, mein Leben zu erheitern.
Erfolg imd Mißerfolg sind es nicht, die meine Gedanken beschäftigen ; meine
Falten und Runzeln rühren von dem verändernden Einlluß der Zeit her.
Ich suche mich zu trösten und empfinde tief, wie das Entfließen der Zeit
meine Traurigkeit vermehrt.
» Vgl. Shihking, Legge IV, S. 171.
2 Vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 301, 423 und 1881.
3 Die Ausdrücke ^ g, '/|^^, .||3<^i ABS Anden sich in dem
bereits (S. 195, Anra. 7) erwähnten Liede ^ ^ ^ der ^ ff^, die sich zur Zeit
des Ch'in-shih-hwang auf den Shang-Berg zui-ückgezogen hatten.
* Vgl. die Bemerkung auf S. 191, Nr. 3, IV.
6 Vgl. Shuking, Legge UI, S. 628.
Bernhardi und von Zacu: T'ao Yuan-ming. 201
20. Der Sommertag.
Dem Ilsi-ts'ao '-Beamten Hu in Erwiderung seines Gedichtes; dem Tsei-
ts'ao '-Beamten Ku von mir gezeigt.
Im fünften, Jui-p'in genannten Monat erhebt sich fr-iihmorgens ein
südliclier Wind, nicht sclmell und auch niclit langsam; rauschend durch-
weht er mein Gewand. In Stafl'ehi getürmte Wolken verhüllen die strah-
lende Sonne, sanfter Regen rieselt hernieder. Mein Auge streift den west-
lichen Garten, wo mich der Eibisch mit purpurnen BUiten blendet. Jetzt
ist er ungemein lieblich, warum doch muß er wieder verwelken? Von der
Natur im Herzen gerührt, wünsche ich (ebenfalls) die Zeit auszunützen;
stets zürne ich darüber, daß es mir nicht nu'iglich ist, etwas zu leisten.
Traurig erwarte ich die Herbsternte, doch ihr unerfreuliches Aussehen läßt
sie noch als fern erscheinen. Die schweifenden Gedanken lassen sich nicht
imterdrücken, und von Schwermut erfaßt, muß ich einsam seufzen.
21. Klage um meinen Vetter Chung-te.
(Bernhardi, S. 23.)
Auf S. 24, Anm. 2, verbessere f|]l^ nnd j^lß ^ |^ ; auch sei
bemerkt, daß sich der Ausdiuck ^5 ^. schon im Liki, ed. Couvreur I,
S. 116, findet.
III. Heft.
1. Gedieht, das ich machte, als ich gerade zum Archivsekretär
des Generals ernannt war und am Orte Ch'ü-o^ vorüberkam.
Von Jugend auf hielt ich mich abseits der Geschäfte und fand Ge-
fallen an Büchern und an der Laute. Obwohl meine Kleidung ein halblanges
Bauerngewand ist, freute ich mich der Selbstgenügsamkeit und war ruhigen
Gemütes, trotzdem icPi immer arm war. Mit der Zeit wirkte die dunkle
Bestimmung, und ich gelangte auf Umwegen auf die große Straße (der Be-
amtenlaufbahn). Den Wanderstab werfe ich fort und lasse in aller Frühe
zur Abreise vorbereiten. Ich will mich nun für einige Zeit von Garten
und Feld entfernen. Das einsame Schiff zieht in die unbekannte Ferne,
(während) der Gedanke an die Rückkehr mich ununterbrochen beschäftigt.
Geht meine Reise etwa nicht weit? Auf und ab, mehr als tausend Meilen!
Meine Augen ermüden von der Abwechslung der Landschaft, und das Herz
gedenkt der Heimat zwischen all diesen Bergen und Marschen. Wenn ich
' p\^ Ö und mO ^1 scheinen verschiedene Departements des Justizmini-
steriums gewesen zu sein.
^ Das heutige 4^ ^r ^^ in Kiang-su.
202 BKnsHARin und von Z.\rii: T'ao Yiian-niiiig.
zu den Wolken .•mrscliaiu', scliiiiin' ich iiiicli vor tlein ln)clilli('f>('ii(k'n X^oj^el,
wcnrritli :iin W'nsser stehe, ern'ite ieli xor dein hin und her sehießenden
Fisehe. Der reehte Gedanke lebt von Jeher in meiner Brust; wer sagt,
daß ieh inieli (dauernd) vom Selieine fessehi lassen muß!' Nur für kurze
Zeit \\\\\ icli miih den Täuseliungen der Welt ainertrauen, schließlieh
kehre ieli doch — wie l'an ' — in die einsame Hütte zurück.
2. Zwei Gedichte,
im fünften ^lonat des Jahres Keng-tzü'', als ich auf der Heimkehr von der
Hauptstadt (hirch widrigen Wind in Knei-lin aufgehalten wurde, verfaßt.
I.
Weiter und weiter geht es auf dem Wege in die Heimat. Ich zähle
die Tage und blicke voll Wehmut nach meinem alten Hause aus. Erstens
freue ich mich, das liebe Gesicht wieder zu sehen ^, zweitens bin ich froh,
meine Brüder umarmen zu können*. Man bewegt die Ruder — und der
Weg ist steinig imd krumm; man deutet auf die Sonne — und sie ist
schon im Westen verdeckt. Sind Strom und Berge etwa nicht gefährlich;'
Der Heimkehrende denkt an den Weg, den er noch vor sich hat, aber der
Südwind setzt sich seinem Herzen entgegen^! Die Ruder werden einge-
zogen, und ich bleibe in dem verlassenen See. Das hohe Dschungel dehnt
sich gi'enzenlos in die Weite, die Sommerbäume nur ragen mit ihrem dicliten
Blätterschmuck darüber hinaus. Wer sagt, daß das Schiff des Reisenden
noch fern von der Heimat sei? Genau l)eti-achtet sind es (nur) über hundert
Li. Aufmerksam ausschauend, erkenne ich (schon unsere) südliche Berg-
kette. (Nach ihr) seufze ich umsonst! Wann werden wir weiter fahren?
n.
Seit alters werden die dienstlichen Reisen^ als unangenehm be-
trachtet; heut habe ich das zum ersten Male erfahren. Berge und Ströme
sind ganz überwältigend, mit Wind und Woge kann man kein überein-
kommen treffen". Vom Getöse der Wellen hallt der Hjnnnel wieder, und
* Wie es Pan Ku (Giles, Biogr. Dict. Xr. 16('0) in seinem 1^^^' be-
schrieben hat.
* Viertes Jahr Luiig-an, 400 n. Chr.
' Wie schon früher (vgl. I, 8) bemerkt, lassen wir es unentschieden, ob hier
der Vater oder die Mutter gemeint ist. Nach 'Fao Chu wäre es die Mutter. Er
sieht in dem Ausdruck sjl, jjfl eine Anspielung auf das in einer Ode des Shihkings
erwähnte trauernde Herz der Miitter und findet seine Annahme fei-ner durch die
Worte ^V^ijfi-^H^f^h ^-\^ bestätigt, die nach ihm »schon lange auf der Reise,
denke ich mit S( Imsnclit der Mutter« übersetzt werden müßten.
* Vgl. Slniking, Legge III, S. W\b.
■' Vgl. Shihking, Legge IV, S. 50 und Mengtzii, Legge 11-, S. 427.
"' tr ^ '=•• Shihking, Legge IV, 167, 168.
' Betr. |g ^, vgl. Iking, Legge S. 118 und 189.
Bebnhakdi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 203
das Wehen des Stunnes nimmt kein Ende. Schon lange bin icli anf der
Reise nnd denke seimsüchtig der Heimat'; uarnm nniß ich hier anfge-
halten werden? Wenn ich mir im stillen die wSchönheit von Garten nnd
Wald znriickrnfe, (so ist mir, als müßte ich) wirklich den Kreis der Älen-
schen verlassen. Wie viele Jahre der Kraft sind mir noch gegeben? Warnm
noch daran zweifeln, daß es das beste ist, dem eignen Herzen zu folgen?
3. Gedicht,
verfaßt im siebenten Monat des Jahres Hsin-ch'ou^ des Nachts auf der
Reise durch T'u-k'ou^, als ich nach abgelaufenem Urlaub nach Chiang-ling*
zurückkehrte.
Dreißig Jahre habe ich in ]\[uße gelebt, da wurde ich plötzlich in
die Angelegenheiten der Welt verstrickt. Den Gedichten und Geschichten
war ich von jeher aufrichtig zugetan, Wald und Garten wirkten auf mich
anders als anf gewöhnliche Menschen. Warum habe ich dies aufgegeben
und die Heimat verlassen? Von fern her bin ich bis nach West-Ching
gelangt! Zur Zeit des Herbstmondes bewegte ich die Ruder ^ am Flusse
stehend, nahm ich Abschied von meinen Freunden. Gegen Abend erhebt
sich ein kühler Wind, und die Nacht erscheint ruhig und klar. Glanz ist
über das Himmelsgewöl])e verstreut, Schimmer ist über das Wasser ge-
breitet. Ich denke an meinen Dienst und finde keine Ruhe zum Schlafen ".
Inmitten der Nacht reise ich noch allein weiter. Mich wie Ning-Ch'i " zur
Beamtenschaft zu drängen, ist nicht meine Sache ! Meine Gedanken sind beim
Ackerbau. Ich will die Beamtenlaufbahn aufgel)en, in mein Heimatdorf zu-
rückkehren und mich nicht durch eine gute Stelle binden lassen. Unter
dem Strohdach will ich der Walirheit dienen und so einen guten Namen
erwerben.
4. Zwei Gedichte,
im Jahre Kuei-3Iao^ beim Frühlingsanfang, im Gedanken an den alten
Laudmann verfaßt.
I.
Früher habe ich zwar von dem südlichen Gelände sprechen hören, doch
habe ich es diese Jahre hindurch noch nie betreten. Da die dortigen Bauern
* Oder: der Mutter.
2 Fünftes Jahr Lung-an, 401 n. Chr.
^ Der Kommentar sagt : Von vb j^ iK (dem jetzigen ^^ ^ ^M\) 130 Li
flußabwärts liegt T'u-k'ou.
* Vgl. Bernhardi S. 6, Anm. 1.
^ PPtÖ fi"^6t sich im ^^ -^ des Cli'ü-Yuan; es bedeutet »zum Auf-
bruch rüsten«.
6 Vgl. Shihking, Legge IV, S. 338.
■^ Bei Huainantzu; vgl. Petillon, All. lit. S. 225.
* Zweites Jahr Yuan Hsing, 403 n. Chr.
204 Bernhardi und von Zacr: Tao Yuan-ining.
arm sind, können sie sieli der Feldarbeit des Frühlings durchaus nicht ent-
ziehen. Frühmorgens mache ich ineinen Wagen zurecht, denn der Gedanke
an den AuHiruch drängt mich schon. Der A'ogcl freut sich singend über
die neue Jahreszeit, der frische Wind bringt Gutes im überlluß hervor.
Kalter IJambiis beschattet den wilden Bergpfad; die Gegend erscheint aus-
gedehnt, weil nur wenig Menschen da sind. Der alte Landinann ' kommt
mir dal)ei in Erinnenuig, wie er seinen .Stab in die Erde steckte und hei-
tern Gemütes nicht an Fortgehen dachte. ^V.•ls die Wahrheit betrifft, so
scliämc ich mich, (keine) volle Erkenntnis zu haben. Wie gering ist das,
was ich besitze I
II.
Mein Meister' hat nn'r die Lehre hinterlassen, nur wegen der Lebens-
grundsätze möge ich besorgt sein, aber nicht wegen der Armut. Das ferne
Ideal, nach dem ich sehnsuchtsvoll ausblicke, finde ich zu schwer zu er-
reichen, wenn auch mein Herz innig damit beschäftigt ist und stets danach
strebt. (Deshalb) ergreife ich den Pilug und freue mich über die Arbeit
in dieser Jahreszeit; fröhlichen Angesichts ermuntere ich den Landmann,
über das ebene Feld streicht fernher der Wind; die junge Saat freut sich
ebenfalls des neuen Lebens. Wenn ich auch den Ei-trag des Jahres nicht
in Rechnung ziehe, so bringt die Feldarbeit doch viel Freude mit sich.
Auch der Ackerbau hat seine Mußezeit. Hier fragt mich kein W^anderer
nach der Furt^! Wenn die Sonne untergeht, kehren wir alle miteinander
nach Hause zurück, und der Weinkrug tröstet den nahen Nachbarn. Laut
Gedichte hersagend verschließe ich die Zauntür und bin für kurze Zeit
ein Landmann gewesen.
5. Gedieht,
im zwölften Monat des Jahres Kuei-Mao * zu Ehren meines Vetters
Ching Yuan ^ verfaßt.
Indem ich mein Leben hinter dem Tor mit dem Querholz verberge,
trenne ich mich weit von der übrigen Welt. Ich blicke mich um, aber
niemand weiß meinen Aufenthalt. Die Heckeiitür ist bei^ Tage stets ge-
schlossen. Am P^nde des Jahres bläst der W'ind schneidend kalt, und den
ganzen Tag hindiu'ch fällt der Schnee in dichten Flocken; ich neige lau-
schend das Ohr, aber auch nicht das geringste Geräusch ist hörbar, und
das Auge sieht nichts als das Weiß des Schnees, das nicht reiner sein
könnte. Die Luft dringt kalt in Überschlag und Ärmel meines Gewandes
ein; Bambusschale und Flasciienkürbis" brauche ich nicht erst aufzustellen.
' Vgl. Lunyü, Legge l\ S. 225.
2 Konfuzius. •
' m] ) y f"'det sidi im Lunyü, Legge P S. 333; vgl. auch Tao Yuan-niings
l^ft ?S ifi( IB^ Ben.hardi, a. a. O. S. 58.
♦ 403 n. Chi-.
^ Vgl. Bernhard!, a. a. 0. S. 17.
• Vgl. Lunyü, Legge P S. 188.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 205
Im leeren Hause bin ich einsam und verlassen und habe durchaus nichts,
woran ich mich erfreuen könnte. Wenn ich der Reihe nach die tausend-
jährigen alten Bücher durchblättie, so kommt mir immer wieder das hinter-
lassene Verdienst (der aUcn Helden und Weisen) zum Bewußtsein. Obwohl
ich ihre erhal)enen Grundsätze nicht erreichen konnte, habe ich doch genug
Festigkeit erworben, um die Arnuit standhaft ertragen • zu können. Da
ich P'ing-chin - nicht gleichen möclite — wie sollte es töricht sein, im Ver-
borgenen zu leben! Weim ich meine Gedanken zwischen die Zeilen ver-
lege, wer kann erraten, was ich meine?
6. Gedicht,
im dritten Monat des Jahres I-sstt^ verfaßt, als ich — damals Armee-
sekretär des Generalissimus — auf einer Dienstreise nach der Hauptstadt
an Ch'ien-ch'i* vorüberkam.
Es ist schon lange Zeit, daß ich diese Gegenden nicht betreten habe.
Wenn ich morgens und abends auf Berg und Strom blicke, ist alles durch-
aus wie früher. Ein feiner Regen wäscht den hochragenden Wald, ein
kühler Wind lüftet die Wolkenflügel. Was ich an diesen Dingen beneide,
ist, daß Anlage und Verwendung noch nicht getrennt sind ^ Wie steht es
dagegen um mich? Mit Überwindung diene ich jetzt als Beamter! Wenn
aber auch mein Körper davon gleichsam ganz beherrscht wird, konnte doch
mein ursprüngliches Ideal keiner Veränderung unterliegen. Täglich träume
ich von Garten und Feld — wie kann ich noch länger davon getrennt
bleiben? Mein Sinn ist immer darauf gerichtet, mit dem Schilfe heim-
zukehren! Wahrlich, die vom Reif getroffene Zj'presse^ muß mir ein Vor-
bild sein.
7. Rückkehr in das alte Wohnhaus ^
Vormals wohnte ich in dem Orte Shang-ching. Vor sechs Jahren
verließ ich ihn mit der Absicht, wiederzukommen. Heute gerade komme
ich wieder zurück, traurigen Herzens und voll Ursache zu Kummer. Die
Feldgrenzen sind zwar nicht geändert worden, aber die Häuser und ihre
Bewohner sind nicht mehr die alten. Ich gehe rings um das alte Wohn-
haus; von den Greisen der Nachbarschaft sind nui* wenige übriggeblieben.
Auf Schritt und Tritt suche ich die alten Erinnerungen und verweile an
manchen Orten, die mir unvergeßlich sind, absichtlich länger. Der Lebens-
1 Vgl. Lunyü, Legge P S. 294.
^ ^ "^ 1^ (Kung-sun Hung vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1030) wurde zum
Grafen von ^^^^^ ernannt.
3 Erstes Jahr I-hsi, 405 n. Chr.
* Ch'ien-ch'i in Hsüan-chou, Nan-ling-hsien.
^ ... daß sie stets ihrer Natur folgen können.
® Die Zj^resse grünt weiter.
^ Gedicht 7 soll ebenfalls im ersten Jahre I-hsi verfaßt sein.
2()t» Bernhardi und VON Zach: T'ao Yuan-ming.
ti-aiun \erllifßt iiiiierhall) von lumdert .laliien, und täglich wechseln wai-m
tinil kalt. Was ich fürchte, ist das Kintieten einer großen Veränderung,
che meine Lebenskraft noch erloschen ist! Aber das will ich beiseite setzen
und durchaus nicht daran denken; mit einem Becher Weines kann ich diese
Sorge für kurze Zeit verscheuchen.
8. Gedieht,
un sechsten Munat des Jahres Wu Shen ' verfaßt, als mein Haus durch
Feuer zerstört wurde.
An elendem Wege habe ich eine Strohhütte errichtet und mit Freu-
den den glänzenden Wagen des Beamten verschmäht. Da kam gerade im
.Sommer ein starker, langdauernder Sturm, und plötzlich verbrannte mein
Waldhaus. Auch nicht ein Kaum ist übriggeblieben, nur das Boot vor
dem Tore. Der Abend des beginnenden Herbstes ist äußerst lang, der
sich rundende Mond steht unendlich hoch. Früchte und Gemüse sind eben
wieder gewachsen ; aber der erschreckte Vogel ist noch nicht zurückgekehrt.
Inmitten der Nacht stehe ich da, und meine Gedanken schweifen in die
Ferne. !Mein Blick umfaßt die neun Himmel. Seit meiner ersten Jugend
führe icli ein einsames Leben, und plötzlich sind es vierzig Jahre geworden.
Hat sich auch mein Äußeres den Jahren entsprechend geändert, bin ich
doch im Herzen der einsame Sonderling geblieben. Überzeugungstreue und
Festigkeit sind gewiß eine Sache natürlicher Veranlagung, und kein Edel-
stein ist fester. Ich denke an die Zeiten des Tung-hu- ziunick, da man
das überflüssige Getreide inmitten des Feldes aufhäufte. Den Bauch klop-
fend, machte sich niemand Gedanken; man brauchte nur des ]Morgens auf-
zu.stehen und abends zum Lager zui'ückzukehren ! Nachdem ich dies (d. h.
diese glücklichen Verhältnisse) vei-fehlt habe, möchte ich wenigstens (in
Ruhe) meinen Garten begießen.
9. Gedicht,
im Jahre Chi Yu^, am neunten Tage des neunten ]\I(rtiats verfaßt.
Der Herbst nähert sich schon langsam seinem Ende, frierend empfinde
ich Wind und Tau. Die Schlingpflanzen zeigen nicht mehr ihre frühere
Frische, die Bäinue im Garten sterben traurig ab. Die reine Luft läßt
alles Trübe sich niederschlagen, die Grenzen des Himmels dehnen sich un-
endlich hoch. Das traurige Heimchen hat keinen Ton mehr; aber eine
Schar Wildgänse schreit in den Wolken. Wenn ich die mannigfaltigen Be-
ziehungen der Natur untersuche: ist das Leben des Menschen etwa nicht
beklagenswert? Seit Anbeginn ist alles der Vernichtung verfallen, bei diesem
Gedanken erfüllt Trauer mein Herz. W^ie kann ich meine Gefühle befrie-
' Viertes Jahr I-Iisi, 408 n. Chr.
2 H ^ vgl. Giles, Diel. Nr. 2096.
3 Fünftes Jahr I-hsi, 4(i9 n. Chr.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-niing. 207
digenl' An trübem Weine will icli niicli einstweilen erfrischen. Von tausend
Jahren weiß ich nichts, nur den heutii'en Tau; will ich verlängern '.
10. Gedicht,
im nennten Monat des Jahres Keng Hsü^ verfaßt, als ich auf dem westlichen
Felde den ersten Reis einerntete.
Des Lebens Stütze sind die Grundsätze; aber Kleidung und Speise sind
sicher seine wichtigsten Bedürfnisse. Wer braucht sich darum nicht zu
kömmern, sondern kann nur seiner Ruhe leben? Ob man im Anfang des
Frülilings seinen Besitz in Ordnung gel)racht hat, kann man erst zur Zeit
der Ernte sehen. In der Frühe steht man auf und volUjringt ein wenig
Arbeit. W'enn die Sonne untergeht, schultert man die Pthigschar und kehrt
nach Hause zurück. In den Bergen erglänzen Reif und Tau, und das
Wehen des Windes wird auch allmälilich kälter. Hat der Landmann etwa
keine Sorgen? Er kann diesen ISIüIien nicht entgehen! Aljer wenn ihn auch
alle Glieder schmerzen, so hat er doch keine anderen Leiden, die ihn be-
drohen. Nachdem er sein Bad genommen, ruht er auf dem offnen Vorbau
aus und erfj'ischt Leil) und Seele mit einem Becher Weines. Er strebt zurück
in die Vergangenheit, nach der Gesinnung des Ch'ang und Chieh^ und fühlt
sich mit ihnen verbunden, obwohl tausend Jahre dazwischen liegen. 0, ich
wünschte stets in diesen Verhältnissen zu bleiben — ül^er die Mühen des
Ackerbaus wollte ich nicht seufzen!
11. Gedicht,
im achten Monat des Jaln-es Ping Ch'en* verfaßt, als ich im Bauernhaus
von Hsia-sun die Ernte einbrachte.
Der Arme vertraut auf die Ernte und arbeitet mit aller Kraft an der
Biegung des östlichen Waldes. Er klagt nicht darüber, daß der Frühling
mühevolle Ai-beit mit sich l)ringt; a])er er fürchtet stets, dal3 seine Hoffnungen
zuschanden werden. Der mit dem Ackerbau betraute Beamte läßt mich
wissen, daß er einen guten Herbst erwartet, und seine Worte entsprechen
meinen Gefühlen. Der Hungrige freut sich vor allem, sich sättigen zii können.
Schon vor dem Ruf des Hahns lege ich meinen Gürtel an. Die Ruder l)e-
wegend, setze icli über den ruhigen See und fahre den stillen Kanal zurück.
Im dichten Walde und auf fernem Berge erschallt dei- Ruf der Affen müßig
und traurig, klagend weht der Wind durch die stille Nacht; der Vogel des
Waldes freut sich über den dämmernden Moi'gen. Seit ich zu dieser Arbeit
kam, sind drei oder vier Jahre verflossen; die Jalire gehen rasch vorüber
und ich Inn alt geworden; al)er meine Tätigkeit kann ich noch nicht als mir
' MlilTli^'^ ^gl- Sl.ihking, Legge IV, 8.299.
2 Sechstes Jafir I-hsi, 410 n. Chr.
3 Cfiang Chi und Chieh-ni (auch S. 9) vgl. Legge I^, S. 333.
* Zwölftes Jahr I-hsi, 416 n. Clir.
2()8 Hermiahdi und von Zach: T'ao Yuau-iniiiir.
zuwider hezt'iclinen. Von iV'rn (l.-iiikc ich dem Alten mit dem Korbe auf
der Schulter (für seinen Gruß). Ich will mich ein wenig neben dich setzen!
12. Beim Weine.
(Zyklus von 20 Gedichten. Bernhaidi 8. 37 — 48.)
I.
Vers 8: Er geht an allem vorüber,
II.
Vers 5: Strick. Im chines. Texte lies ^ statt ^■.
Vers 6: Um wieviel mehr hat er in früheren Jahren an Hunger und Kälte
gelitten !
IIL
Vers 9 und 10: Hundert Jahre lang sich plagen und quälen,
Was will man damit ei-reichen?
\ai.
Vers 3: Mein Auge schweift über diese Blumen, die mich meine Sorgen
vergessen machen.
IX.
\'ers 14: Wozu sollten wir uns durch die Fesseln dieser Welt binden lassen?
X.
Vers 8 und 9 : Bei geringer Parteilichkeit wäre schon Überfluß dagewesen ;
Doch schien mir das nicht der richtige Weg, um Ruhm zu erwerben.
XL
Vers 3 und 4 : Yen blieb stets arm und starb jung,
Jung hungerte bis ins hohe Alter.
XH.
\'ers 2: Als er in den Dreißigen stand, verließ er pKJtzIich die Welt.
XIV.
Vers 1 bis 3: Mein Freund schätzt meine guten Seiten,
Er ergreift den Weinkrug vmd kommt, mich zu begleiten.
Zweige werden auf den Boden gel)reitet* und wir setzen uns.
XV.
Im letzten chines. Verse lies tfl statt ipl.
XVI.
V^ers 3 und 4: So näherte ich mich dem vierzigsten Jahre,
Und jedes Verweilen hätte mich am Erreichen (meines Zieles) gehindert.
» Zu ^5*r'J ^gl- Tsochuan, Legge V, S. 52I5.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming. 209
XVIII.
Vers 8 liis 10: Wui-dc ci- nicht wegen der Bekriegung eines Reielies Ijeiragt^?
Der Selbstlose aber folgt nur seinem Herzen
Und fehlt nie, weder durch Reden, noch durch Schweigen.
XIX.
Vers 1 des chines. Textes lies ^^ statt ^^.
Vers 3: Wollte ich meine Kitern ei'nähren, so konnte ich nicht ehrlich bleiben.
Vers 7: Und mein unabänderliches Schicksal nuißte sich da erfüllen.
N'^ers 9: Der Reihe nach ändern die Stei'iie ihre Stellung.
XX ^
Vers 1: Hsi und Nung.
Vers 13 und 14: Warum ist in dieser verderbten Zeit
Auch niciit ein einziger mit den sechs kanonischen Büchern vertraut;'
13. Entwöhnung vom Weine \
Meine Wohnung liegt der Stadt benachbart. Lustwandelnd genieße
ich meine ^luße. Ich sitze nur im Schatten hoher Bäume, ich wandle nur
innerhallt der Heckentür. Guten Duft haben nur die Malvcn meines Gai'tens;
wahre Freude machen mir nni- meine kleinen Söhne. Während meines
ganzen Lebens habe ich nicht aufgehört, Wein zu trinken; höre ich jetzt
auf, so ist mein Herz freudlos. Höre ich des Abends auf, so kann ich nicht
ruhig schlafen; höre ich des Morgens auf, so kann ich nicht aufstehen.
Täglich beabsichtige ich aufzuhören, und ich denke dabei durchaus nicht
an die Erhaltung und Bewahrung meines Körpers. Ich weiß nur, daß die
Entwöhnung fih* mich unangenehm sein würde; ob sie meinem Körper
nützlich wäre, weiß ich nicht. Sobald ich aber erkenne, daß die Entwöhnung
etwjis sittlich Gutes ist, werde ich sogleich, am heutigen Morgen noch,
zu trinken aufhören. Wenn ich dann schon einmal aufgehört habe, möchte
ich am IMer von Fu-sang ' stehen — mit frischer Farbe, doch mit dem alten
Gesicht. Wenn es nur noch Millionen Jahre dauerte!
14. Erzählung beim Weine.
Von allen Gedichten T'ao Yüan-mings ist dieses das schwierigste. Bei
llüchtigem Lesen macht es den Eindruck, als ob hier luu- zusanuuenhanglose
1 Zum letzten Verse vgl. ^fß' •'"^- ^^''^^- ^^l^M 1^ f% ""^ ^^''^'^'
Biogr. Dict. Nr. 617.
^ Vgl. die Biograpliie des Tuiig Chuiig-sliu, Giles, Biogr. Dict. Nr. 2092.
^ Zu dem sarkastischen Schluß dieses Gedichtes vgl. Beniliardi, a. a. 0. S. 9,
T'aos Verwendung der Männerniütze.
* In jeder Zeile steht das Zeichen |[-, dessen verschiedene Bedeutungen
■•aufhören« (entwöhnen), "verweilen« und »nur« sich im Deutschen nicht durch ein
gemeinsames Wort wiedergeben lassen.
^ Das Sonnenaufgangs-Land; vgl. auch Bernhardi, a. a. 0. S. 50.
Mitt. J. Sem. f. Orient. Sj-racheu. 1Ö15. I. Al>t. U
210 nKKNiiAiini uiid VON Zach: T'ao Yiiaii-iiiiiig.
Sätze aiaiiiaii(U'rgi'n'ilit wären, wie sie wohl Bezechte in vorgeriakter Naelit-
stnnde zuin besten gel)en mögen. Die Kommentatoren stiiiunen aber darin
iihcreiii, daß die Verse versteeklc Ans[)iiliMigen auf (h'e Ei-niordnng des letzten
(hin - Kaisers (Knng-ti, vgh Gik's, Biogr. Dict. Nr. 17Gö) enthalten, über
welches Ereignis der Dichter damals offener zn s|)rechen nicht wagen din-fte.
In der Deutnng dieser Anspii'lungen gehen sie jedoch weit auseinander nnd
lassen nns überdies bei einzelnen Ansdrücken vollkonnnen im Stich. Im
folgenden versuciien wir eine Obersetzung des Gedichtes nnd der den Kom-
MU-ntaren entnonnnenen Ei-klärnng zn geben, wobei wir ausdrücklich be-
mcrkin wollen, daß wir uns nicht an einen Kommentar gehalten, sondern
aus v< rschiedt'iu'U das ausgewählt haben, was uns am [jassendsten erschien.
tibersetzung. Auslegung.
Die Sonne' glänzt über dem südlichen DerGlanz derNaclikonuneii von Chung
Flachlande, und Li ^ stand im Zenith,
Wechselseitiger Gesang der VögeP ist Und es herrschte anfangs große Blüte;
noch hörbai".
• >bw(ilil das Ilerbstgras noch nicht gelb Sj)ätcr jedoch, wenn auch äußerlich
geworden ist, nichts zu bemerken war,
Weht doch seit längerer Zeit der Wind Machte sich eine der Dynastie feind-
anders (als im Sonuner). liehe Strönumg geltend.
Weiße Kiesel glänzen auf der langen Die glänzende Chin-Dynastie wurde
Sandbank, auf ein kleines Reich südlich vom
Yangtzü beschränkt.
Und der südliche Yo-Berg* hat keine Und der Kaiser hatte keinen Anhang
Wolken mehr. mehr.
Der Matui von Yü-chang hat ein hohes Lin Yü ^, Herzog von Yii-chang, grün
Tor aufgerichtet, dete eine neue Dynastie,
Ch'ung Hua*"' hat seit langem ein wun- In Ling-ling (wo sich Slams Grab
derbares Grab. befindet) ging eine Dynastie zu Ende.
Ich vergieße Tränen und verschließe
meinen Kummer im Herzen;
\'or Trauer schlaflos, lausehe ich sehn-
suchtsvoll auf den Ruf des Hahns.
* Das llexagraiiiiii für Feuer luid Licht verdoppelt, stellt fiii' Sonne, \gl. Ikiiig,
Legge, S. 121; T'ao wählt es hier wegen des Gleidiklanges mit S^^-
■■* Das Geschlecht der Ssii-nia (Chin-Dynastie) soll aus den Nachkoninien der
Cirimg und Li (zweier im Sliukiiig, Legge III, 593, erwähnter Offiziere des Shun)
lier\ orgegangen sein.
^ Im Siiuking. Legge III, 483, i.eißt es llfj ^|^^ Jf^ f]}] ; nur in Zeiten großer
Ulüte (M-schieneu am kaiserliehen Hofe der niäiiiiliclie und der weibliche Pliöuix und
ließen iliren Gesang Iiöreii.
* Der jpiJlJj, we.sllicii vom ]^/j;[^| -Flusse, \\u auch Ling-ling lag, zu dessen
König der letzte Kaiser der ('liin-I)ynastic nach Verzicht auf die Kaiserwürde er-
nainit wurde.
^ Gründci' der Liu-Smig, vgl. Ciiles, Biogr. Dict. Nr. 1375.
^ eil uiig Ibia ist eine nczeicIiMung des Kaisers Sliun.
Bkrnhardi und von Zach: T'ao Yuaii-miiig. 211
Das wunderbare Land braclite glikU- Zur Blütezeit der westlichen Chin war
verkündendes Getreide hervor, das Land ruhig,
Das westliclie Wunder ' wiiv uns unter- Und die westlichen Barbaren erkannten
worfcn. die Oberhoheit Chinas an.
Chu-Iiang^ bel'ehligte die rrujjpen, Zu Beginn der östlichen ("hin brach
Und Mi-sheng^ ging zugrunde. die Revolution des Wang Tun und
des 8u Cli'ün aus, die durch T'ao
K'an und Wen Ch'iao niederge-
schlagen wurde*.
Shan-yang^ kehrte in das untere Reich Ssü-ma Te-wen (Kung-ti) zog sich
zurück, nach Ling-ling zurück.
Ohne einen Tenipelnanien •"' erlangen Um dort eines unrühmlichen Todes zu
zu können ^. sterben.
Wer den Verlauf des Lebens voraus-
sehen kann, preist das Los des Hirten,
Friedlich und iröhlich lebt er und
tauscht mit keinem Herrscher'*.
r'ing-wang' verließ die alte Haupt- Seit die C'liin-Dynastie ihre Hauptstadt
Stadt, nach Nanking verlegt hatte,
In Hsia '" wurden die Barbaren (Hun- Wurde Nordehina von Barbaren über-
} ü) " aui'genonunen. Hütet.
* pi^ soll tür wU stellen: die vier glückbringenden Wmidertiere unter-
warfen sich.
2 Vgl. Tsochuan, Legge V, 844, 845.
^ Shen Chu-liang tötete M4-sheng (auch Po-kung genannt), als dieser sich
7.uni Kaiser machen wollte.
* A'gl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2238, 1778, 1897 und 2303.
" Der Han-Kaiser Hsien-ti wurde von T.s'ao P'ei, Prinzen von \\'ei, gezwungen,
auf den Thron zu vei-zichten, und erhielt den Titel eines Herzogs von Shanyang. Da
er aber dann noch viei-zehn Jahre lebte imd eines friedlichen Todes starb, während
Kung-ti schon ün Jahre nach seiner Abdankung ernioider wurde, hinkt dieser Ver-
gleich; vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1301.
" Fürsten und ausgezeichneten Persönlichkeiten wiid nach iiaeni Tode ein
ehrender Name zugelegt.
' Vgl. Tsocliuan, Legge V, 456i-.
8 Daß unter |> ^ Pu Tzü-hsia (Giles, Biogr. Dict. Nr. 1667), unter ^^
Liu Ch'an (Nr. 1272) gemeint wäre, halten wir für unrichtig und übersetzen in An-
lehnung an Chuang-tzü wie oben.
"■• Dreizehnter König der Chou-Dynastie, vgl. Tsocluian, Legge V, 445 j.
^° |l]^ soll hier für ^l^ß^P in Honan, das heutige Loyanghsien, stehen; doch
ist vielleicht [^ shan^ zu lesen, da 418 n. Chr. Cli'ang-an von dem Hunnen Hc-
lien-p'o-p'o erobert wurde.
11 ^ soll für ^ 1^ (yü) stehen, vgl. Chavannes, Mem. bist. 1, S. 30.
n*
212 Bkrnhardi und \os Zach: T'ao Yuaii-iiiing.
Die beiilt'ii Hügel' sind wiederlit r- Liu Yü unterwarf dtn Yao lliinir- und
gestellt, sorgte für die Gräber der ( liin-
Kaiscr in Lo-yang;
Die drei Zehen' sprechen eine wunder- Das Erscheinen eines dreizehigen Raben
bare Sprache. wurde /u Liu Yüs Gunsten ge-
deutet.
WangTzii * liebte das reine Flötenspiel
Und flog in der Mittagstunde nach
Ho-fen.
Chu-kung * kochte den Trank der Un-
sterblichkeit unter neunmaligem Um-
rühren.
In Muße lebend, entwich er ^ä\>e ein Gehen ohne Wiederkehr, wohl aber ancli den Ruhm
sj)äterer Jahrhunderte. Wann hätte er zurück i-elilickt, nachdem er aul" den
Waffen gestiegen war!' Im Fhigc erreichte ci* den Hof von Ch'in. Kr
legte zehntausend Li ohne Aulenthalt /nriuk und kam dalx-i nacii und
nach durch tausend Städte. Der Plan scliciteite, die Sache kam heraus,
und der Tyrann war wirklich erschreckt und beunruhigt. Leidei" aber war
('hing Iv'o nicht geübt im Erdolchen, luid so konnte? er seine große Auf-
gabe nicht lösen. Obwohl dieser Mami selbst nicht mchi* ist, so lebt doch
sein Haßgefühl noch nach tausend Jahren weiter.
7. Beim Lesen des Shan-hai-Ching ^
13 Gedichte 2.
I.
Im Sommei-, wenn Gras und Bäume wachsen, dann ist das Laub
um mein Zimmer undurchdringlich. Alle Vögel haben doi't gern ihren
Ruheplatz, und auch ich liebe mein Heim. Nachdem gesät und ge-
pllügt ist, kehre ich zurück und lese meine Bücher. In der armseligen
Gasse gibt es keine tiefen Wagenspuren, aber die Wagen meiner Freunde
können eben darin wenden. Wir trinken freudig den Frühlingswein
und genießen das Gemüse aus meinem Garten. Gelinder Regen konunt
von Osten, und ein günstiger Wind begleitet ihn. Wir durchblättern
die Lebensgeschichte des Chou-Königs^ und ergötzen uns an den Bildern
des Shan-hai-Ching. Ob ich nach oben oder nach unten (in das eine
oder das andere Buch) blicke — alles, was es in der Welt gibt, ist
darin enthalten. AVenn ich dabei nicht froh werde — wobei werde ich
es dann?
' Uetreds des |1| '/^ $^ sagt Wieger, Taoisme, Bd. I, Nr. 1019: »Gco-
gi-aphie j)lianta.stiijiie; iiielange d'ancicnne.s traditions, et de fcllles iniaginations. Par
^Rt3E Kouo-p'ou, autcur cclebre, luort eii 324.« Das Weik ist durch Leon de
Kosny ins Fran/.ösische übertragen und in der Zeifscluift »Le Lotus, Mein, de la
Soc. d'Etud. jap., etc.« in unregelmäßiger Folge während der Jahre 1885 — 1892 er-
scliienen. ^ß T^ ist der älteste Herausgeber und Koninientator, nicht Verfasser des
walirscheiniich sehr alten Buches. — M. A. WyHos Bemerkungen zum [Xl '/fi $^
sind von de Rosny in seiner Einleitung wiedergegeben.
^ Das erste dieser dreizelm Gedichte ist eine Einleitung und wird von
Su Tung-po weder als Gedicht gezählt noch als Vorrede bezeichnet. T'ao Chu,
der die Zahl der zusammengehörigen Gediclite nicht angibt, zeigt durch die An-
ordnung des Druckes, daß er das einleitende Gedicht als Gedicht, nicht als Ein-
leitung rechnet.
3 Das Mu tient/.n Cliuan §^^|fl> vgl. China Review Bd. XVII,
S. 223. ^
Rkrnharmi lind von Zach: Tao Yuan-ming. 223
11'.
Der Edelstelnsüller- stellt hoch gebaut, ni ])iirpurnei- Schönheit; die
Ilsi-wang-niu^ erglän/t in liel»rei/enden Farben. Sie ist mit Hiunncl und
Ki-de zugleich geboien, und man kann nicht wissen, wie viele Jahre sie zählt,
lliie Zauberkunst ist unbeschränkt, und es ist nicht nur ein Berg, den sie
bewohnt. Der Wein begeistert mich, und so schreilje ich ein neues Lied —
dabei ziehe ich es vor, die Worte des gewiWinlichen Lebens zum Muster
zu nehmen'.
in.
Sehr ferit liegt der Huai-chiang-ling^ es ist der Hügel des ursprüng-
lichen Gartens*^ (in dem die Genien wandeln). Im Südwesten sieht man
die Gegend des Kun-lun ^ dessen leuchtender Dunst kaum seinesgleichen
^ Vergleicht man dieses und die folgenden Gediclite mit den betreffenden
Stellen im iLl'/Ö^^i so sieht man, daß Tao nicht etwa einzelne Beschreibungen
in Verse gebracht hat, sondern daß seine Phantasie, durch das Ganze angeregt, ein-
zelnes willkürlich ausspann und Auseinanderliegendes zusammenfaßte.
- Zu ^h 'S* ^o'- ^^ Rosny, a. a. O., novembre 1886, S. 253: ^^ | | [ Le
Mont Yuli Chan.
' Vgl. ^ I I [ : »C'est li qu'habite la mere du roi d'Occident. La nicre du
roi d'Occident a une forme humaine, avec uue queue de leopard; eile a des dents
de tigre et rugit violemnient; eile est echevelee et porte des ornements de tcte (en
jade). — Außerdem wird sie im XVI. Bde. kiu-z erwähnt: ^Q ^Q ^F "H: ^^ jjj. —
Mit der StreittVage, wer Hsi-wang-mu sei (vgl. Forke, Mitt. d. Sem., VII. 19ÜI: und
Chavannes, Mcm. hist. V. S. 480), haben wir uns hier nicht zu beschäftigen, sondern
geben nur die Auffassung unseres Dichters wieder, der sie sich als eine anmutige
Fee vorstellte — trotz der wenig anmutigen Schilderung im Shan-hai-Ching. Ihm
war sie eine Zauberin, bei der Mu von Chou die Heimkehr vergessen konnte, wie
Tannhäuser bei Frau Venus.
* Siehe Forke, Mu Wang und die Königin von Saba (Mitt. d. Sem. f. Orient.
Sprachen, Jahrg. VII, 1. Abt. 1904) S. 121: »Darauf wurde (der König) von Se
Wang Mu gastlich aufgenommen. Am Jaspisteich wurde ein Bankett gegeben, wo-
bei Se Wang Mu dem König ein Lied sang. Der König erwiderte es. Die Verse
waren elegisch... - Anm. 5 ^|J ^ III, 3 : ^^ ^ ^ @Ü # ^| ^ jg ftH,
deutsch und ciiinesisch bei Forke, a. a. 0. S. 105. — Der chines. Konmientar er-
wähnt ebenfalls die Gedichte des Königs und der Hsi-Wang-Mu.
- Siehede Rosny, a.a.O. novembre 188G,S. 247, ^'^/X^lij Le mont de
la ri viere HoaV: «. . . . Au sommet, il y a beaucoup de soufre vert, de corail blaue
( J^ J-p weiße Steinkoralle, vgl. Forke, a. a. O. S. 148), d'or et de jade de premiere
qualite En verite, c'est un jardin de l'enipereur (uonnne Ping-pou) . . .«
^ Der Kommentar verschweigt, ob hier -jQ vielleicht nur für '^ steht, so
daß »der geheimnisvolle Garten« zu lesen wäre
' " Au midi, il fait face au mont Kouen-lun. Sa splendeur est eblouissante ;
scs aspecfs sont infinimcnt varics.«
224 liERNHAUhi uiul \oN Zacii : T iU) Yuaii-iniiig.
hat. Die StiaJilcii der hellen Laiig-Kaii-Steine schießen hervor, die Fluten
des klaren Yao-Fliisses blenden mit ihrem Glänze. Ich bedam-e lebhaft,
nicht in den Zeiten des Mu von Chou zu leben und nieht mit ihm durch
diese (hegenden wandern /ii können.
IV'.
Wo wäehst der Zinnobciliaiiin;' An des Mi-Berges Sonnenseite. Er
l)liiht gelb niid trägt rote Früchte; wenn man sie ißt, so verlängert sich
das Leben. Der farblose Saft erstant zu weißem Edelgestein; darunter be-
findet sich dei" herrliche Chin-Yü, der wunderbaren Glanz ausstrahlt. Ist
er etwa nicht das Kleinod des Edlen (der ihn am Gürtel trägt)? War ei-
nicht schon von unserm Kaiser Huang-ti geschätzt?
V.
Es llattern drei grüne Vögel-, die Fai-be ihrer Federn ist ungewöhn-
lich reizend. ISIoi'gens dienen sie der Göttermutter als Boten, abends kehren
sie zum San-we'i-Berge zurück. Durch diese Vögel möchte ich der Hsi-
wang-nui meine Wünsche ül)ermitteln: nichts auf dieser Welt ist mir vonnöten,
niu" Wein und langes Leben.
VP.
Ich lustwandle (im (ieiste) auf dem Berge Wu-kao, in weiter Ferne
sieht man die Bäume von Fu-sang. Die starken Äste breiten sich hundert-
tausende von Klaftern weit, sie sind dicht belaubt und beschatten das Ur-
sprmigsland der Sonne. Der Unsterbliche sitzt am Zinnobei'teich, wo die
Sonne sich Morgen für Morgen badet. Ist ihr Wunderglanz einmal am
Himmel einj)orgestiegen — welches Dunkel wäre da nicht erhellt?
' A. a. 0. S. 243, ^; ijj Le niont Mih-clian: »Eii outic, au nord-oucst, a
•jnatre ceiit vingt lis, il y a le niont Mih. Au soinniet, il y a beaucoup de tan-iiiouli,
arbres roiiges ; ils ont des feuilles rondes, des flcurs jaunes et des fruits rouges qui
oiit le goüt des gäteaux appelc I; si Ion cii niange, on na plus faini . . . La rivicrc
Tan y prend sa source, coule vers louest et va se jeter dans le lac de Tsih (5^)-
Au miiieu il y a beaucoup de jade blanc qui coule goiitte ä goutte et dont la source
est tris agiti'e (yfh VWi i^')^)- L'empereur Hoang-ti seii nourrissait et en olTrait
dans las sacrifices Hoang-ti piit des llenrs de jade de la montagne Mih et
en enseman^a le midi du mont Trhoung-chan. Le jade kin-yu (J^Jnij) ^st le
meiilenr; il est solide et fin comnie du niillet; il a un cclat humide et brillant.«
■•* A.a.O. S. 256, ^^ "fra? ^ iLl ^^ niont de San-wei : »En plus, ä deux
Cent \ ingt lis ä l'ouest, il y a le mont de San-wei. C'est une montagne oü habitent
les San-tsing-nino, les trois oiseaux verts.
3 Vgl. de Rosny, a. a. 0. avril 1889, S. 86: ^;(:.:^|I( Le mont de
Wou-kao: » on atteint au mont de Wou-kao, qui regarde au sud la petite
Hier, et i lest le pays de Fou-mouh (fS'^hCJ- — (Ce pays est cite dans le Tchun-
tsiou tsih-kiaV de Liu-chi (de l'cpoque desSoung), au chap. Kiou-jin. Yu arriva, du cotc de
Test, au pays de Fou-mouh. — Quelques auteurs croient qu'il taut voir iä une di'signalion
du fameux pays enigmaticjue de Fou-sang; mais cette Identification est iucertaine.)«
Bernhardi und von ZAcn: Tao Yuan-ming. 225
VII.
Glänzend erheben sich die Drei-Perlen-Bäume ', die für eine Zeit am
Nürdnfer des Ch'ih-F'lusses- wachsen. Mächtig ragen die Zimnietbäume
im Winde, ihre Stämme sind so gewaltig, dal^ schon acht einen Wald aus-
machen. Zauherphönixe berühren tanzend die Wolken, Geisterphönixe
singen wie tönende Edelsteine. Zwar sind das nicht Kostbarkeiten dieser
Welt, doch erfreuen sie das Herz der Göttermutter.
VHP.
Seit alters sind alle mit dem Tode abgegangen, auch nicht einer er-
reichte dauerndes Leben. Wer nicht sterben und auch nicht altern, sondern
durch Jahrtausende immer der gleiche bleiben will, der muß vom Ch'ih-
Quell trinken, und was auf dem Yüan-Hügel wächst, muß ihm zur Nahrung
genügen. Dann lustwandelt er mit Sonne, Mond und Sternen, und wie
könnte ein solches Leben je enden!'
IX.
Vater Ivua* hatte großen Ehrgeiz; er lief mit der Sonne um die
Wette. Sie kamen zugleich nach Yü-yüan hinunter, da war gewissermaßen
Dagegen findet sich bei de Rosny, a. a. 0. 1891, S. 207, Y^ -^^ la vallee de Tang-
kouh: »Au bas se trouve la vallee Tang-kouh ou ,vallee des eaux chaudes'. Au haut
de cette vallee, il y a l'arbre Fou-sang (rJ^^a c'est un arbre divin qui croit dans
le pays oü le soleil se leve; il ressenible au miirier et sa hauteur est de plusieurs
milliers de tchang). C'est la oü se baignaient les Dix Soleils.« — In der Anmerkung
zu dieser Stelle sowie in der Anmerkung auf S. 184 — 186 desselben Jahrgangs bringt
de Rosny Ausführliches über die Sage von den zehn Sonnen.
1 De Kosny, a. a. 0. 1891, S. 113, ^:j-^|n.J '^^ San-tchou-chou: »Les
San-tchou-chou (ou suivant uiie autre orthographe ~'. /h^^ j^pj" San-tchou-chou, les
arbres ü trois perles) se trouvent au nord du Yen-ho. Ils naissent au haut du Tchih-
choui ou ,Rivipre Rouge'. Ces arbres resseniblent ;i des sapins et, sur leurs feuilles,
il y a des perles.«
- De Rosny weist wiederholt darauf hin, daß 4^ yh^ und ^k yj^ dasselbe
sind. A. a. 0. avril 1885, S. 109 findet sich j^^^\i^ Le mont de Tan-Hioueh.
»A Test, a cinq cents lis, se trouve la montagne de Tan-hioueh, ,1a caverne rouge'.
Au sommet il y a beaucoup d'or et de jade. La riviere Tan-choui, ,riviere rouge'
y prend sa source, et coule au sud pour se jeter dans le bras de mer Pouh-hai
[Iff)}'/^)- II y a "I' oiseau qui ressenible u un coq : il est multicolore et tachete.
On l'appelle phrnix ( M ^) Lorsqu'il boit ou lorsqu'il mange, il a l'habi-
tude de chanter et de danser. Lorsqu'il vient a se niontrer, lEnipire jouit de la paix.«
' De Rosny, a. a. 0. 1891, S. 115, Anm. 3: »Au sommet de la montagne You-
kieou, il croit des arbres appeles pou-tse-chou, arbres de l'immortalite; si Ton mange
(de leurs feuilles ou de leurs fruits) on vit tres longtemps. II y a aussi une source
appellee Tchih-youen, la source rouge; si l'on s'abreuve ä cette source, on ne vieillit
pas (Comm. de Kouoh-poh).«
* De Rosny, a. a. 0. 1891, S. 197, ^ ^ (le pays de) Koua-fou. »Koua-fou
se mit a courir apres le soleil jusqu'au point d'y penetrer. Ayant eu soif, il eprouva
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 15
226 Kf.rnhardi und von Zach: Tao Yuan-niing.
kein Siegel- und kein Besiegter. Seine Wunderkräfte waren ganz außer-
ordentlicl»; einen Fluß austrinkend, fand er noch kein Genüge. Seine liinter-
lassent'u Spuren sind in Tong-liii, und sein Kulun ühoi-dauert sein Lehen.
X.
Das Vöglein ChingWei- iiinuiit mit seinem Schnahel kleine llolz-
späue auf und möchte damit das weite Meer anfüllen. Das Ungeheuer Hsing
'r'ien-' tanzt mit Schild und Sj^ecr, und die gewaltigen Ahsichten (heider)
l)leiheu von ewiger Dauer. Während alle andern Wesen im Tode keine Sorge
mehr hahen, fanden diese heiden auch da nicht Ruhe. Ihre Ahsicht blich un-
erschütterlich im alten Herzen — können sie nach so langer Zeit noch eine
günstige Stmide erwarten;'
XI*.
f'hü-hua breitete seine gewaltige Macht aus, (uid Chin-p'ei hörte nicht
auf seines Kaisers Befehle. Ya-yü konnte sich kaiuii verwandeln, und Tsu-
chiang' starb einsam. (Aber) das Auge des Himmels ist klar, und wenn
jemand Böses tut, so duldet er es nicht. Als die lange Trockenheit groß
genug war, hätten da etwa Goldfasane und Fischadler ihr Genüge finden
können?
le besoin de boire et bat la rivicre Ho et la riviere Wei, niais ces rivieres n'eurent
pas assez d'eau pour ie desalterer. Au nord, il but ensuite uii grand lac. II n'avait
pas atteint le but de sa course qu'il mourut de soif. 8a fanne qu'il avait abaii-
donnce devint, par une metamorphose, la forct Teng-lin.«
' ^i^ra^J" ^'® Tochter des Shen-Nung, s. Giles, Biogr. Dict. Nr. 401.
=« De Rosny, a. a. 0. 1891, S. 180, ^ fli; ^ ß] le pays de Ki-iioung.
• . . . Hiiig-tien s'etarit un jour rendu dans cet eiulroit avec TEmpereur, engagea
uiie dispute, a la suite de laquelle celui-ci lui traucha la tote. On rinhunia sur le
niont de Tihang-yarig. C'est un gcnie qui a les yeux aux nianieiles, la bouehe au
nombril et j)orte un bouclier et une Hache avec lesquels il se livre a la danse.«
* De Kosny, a. a. 0. novembre 1886, S. 24.t. ^m Ml le niont Tchoung-chan.
"En plus, au nord-ouest, ä quatre cent-vingt lis, so trouve le inont Tchoung-chan.
Li-.s enfants (du dieu de cette montagne) se nonunent kou ( «jj/)- Hs ont un visage
d'hoinnic et un coips de dragon. Ces enfants ont tue Pao-kiang (^ja. /I.) ^^'^^
l'assistance de Kin-pcT («ßX'T'i)' ^" ^^^ ^^ ^^ montagne Kouen-lun. L'enipereur
tua aiors Kin-pcT a Test du Tchoung-chan, sur une pente escarpt-e appelee Yao-ya'
f||)^H|j, Kin-peT fut ensuite metamorphose en orfraie ("t-M)- Cet oiscau res-
senible k laigie de nier .... lorsqu'on le voit, c'est un pronostic de giands mouve-
nients miiitaires. II se metamorphose alors et devient un faisan d'or (^B); 'l ^
la meme forme que le liibou, avec des pattes rouges, un bec droit, des taches jaunes
et une tcte blanche. Son cri est connne celui de l'orfraie. Quand on raper\;oit, c'est
un pronostic de grande st'cheresse dans la locaiitc.«
^ Tsu-chiang ist ein anderer Name für Pao-kiang.
Bernhard! und von Zach: T'ao Yuaii-miiig. 227
Xll.
Wird in den Städten der Vogel Cli'ih-clm ' gesehen, so gibt es im
Lande vertriebene Gelehrte. Ich denke an die Zeit des Königs Iliiai^; da-
mals kamen und weilten (der ^'ügel) viele. Auf dem Ch'ing-Cli'in^ gibt
es einen sonderbai-en Vogel, der sagt selbst: »Ich allein kann sehen!«
Eigentlich ist er für die Irrenden geboi-cn und nicht, um den Weisen be-
kannt zu machen.
XIII.
Hat Jemand einen das ganze Reich überstrahlenden Ruhm, so muß
(doch) der Kaiser sein Talent mit Vorsicht benutzen. Warum wurden Kung*
und Kun^ bestraft, wäln-end Shun zur Regierung kam? Vater Chung'^ bot
aufrichtige Worte an, Kiang Kung' dagegen wurde verdächtigt*. Wenn
man nahe dem Tode (noch) über Hunger und Durst klagt, bis zu welchem
Grade des Elends muß man da wohl gelangt sein!
8. Drei Lieder, beim Ziehen des Leichenwagens zu singen.
(Siehe Bernhardi, S. 24 bis 28.)
I.
Vers 11: »Nach tausend Herbsten und zehntausend Jaliren — «
Der Punkt muß wegfallen, da der Satz im Chinesischen mit dem
folgenden zusammengehört.
^ De Rosny, a.a.O. avril 1885, S. 97 bis 99 tbllj '^ mont Kiu-chan:
» 11 y a im oiseau qui ressemble a un hibou et qui a des (pattes semblables
ä des) niains d'honime. Son cri est comme celui de la caille. On l'appelle tchou (^ij-
Quand il crie, on dirait qu'il dit son noni. S'il parait dans un district, beaucoup de
fouctiomiaires sont congedics. ^ Der Kommentar erklärt -H-iff!^ für übereinstimmend
2 Zur Zeit des Huai-Wang wiu'de Ch'fl Yüan vertrieben.
2 De Rosny, a. a. 0. avril 1885, 8. 95 ^a J^ le mont Tsing-kieou: ■> . . . t
... On y rencontre cgalement une espece de pigeon qui a un cri semblable a des
hommes qui s'appeUent. 11 se nomme kouan-kouan ( y|g J^ J. Porte comme talisman,
il evite Tirrcsolution ....<■
* Vgl. Tsochuan, Legge V, S. 223 g.
° %| s. Shuking, Legge III, S. 113.
^ ^g* i W Kuan Chung, der von Huan Kung stets »Vater Chung« genannt
wurde. Vgl. Lunyü, Legge, S. 142.
' ^^^T|0 ^- Vgl. Lunyü, Legge, S, 146. Der Dichter vermeidet das Zeichen
T>H, weil es in dem Tempelnamen seines Ahnen Ch'ang Sha Kung vorkommt.
' 2" ^#l'/ß ''§'• Tsochuan, Legge V, 595^.
15*
228 Bernhard! und von Zach: T'ao Yuan-ming.
9. Gemeinsame Dichtung'.
T'ao Yüan-ming: Die schreiende VVildgans fliegt, vom Winde ge-
tragen — in welche Ferne mag sie wohl ziehen ! Denke ich des armen,
ziiriickgezogenen Gelehrten, wie sollte ich da nicht seufzen?
Yin-chih: Obwohl ich wünschte, neunzigtaiisend Li lioch aufzu-
fliegen, so habe ich doch schließlich keine Kraft ziun Aufsteigen-', Aus der
Ferne rufe ich Wang Tzü-ch'iao ', und eine Wolke benutzend, möchte ich
mich mit ilim erheben,
Ilsün-chih: Der Reiher fliegt mit seinem Geführten hin und her,
in größter Höhe riiln-t er an den Himmel. Sind Tau luid Reif etwa nicht
verderblich? Aber er nuiß (dem andern) folgen und vergißt darüber seine
schönen Federn.
T'ao Yüan-ming: Von den hohen Ästen sind die Blätter abge-
fallen, weithin sieht man des Himmels Blau, Da hoft't er, die fernsten
Höhen zu erreichen, die er doch nicht sehen kann — und so kommen ihm
nur Zweifel (über die Richtung, die er nehmen soll) !
10 \ Rückkehr zum Aufenthalt in Garten und Feld.
Gedicht VI, vgl, Bernhardi, a, a. 0. S. 28, Anm. 1.
11. Frage an den Gesandten.
Der Verfasser ist unbekannt; aus dem Stil schließt T'ao Shu, daß er
der späteren T'angzeit angehörte.
12. Die vier Jahreszeiten.
Als Verfasser wird Ku K'ai-chih (vgl. Giles, Biogr. Dict, Nr. 989 und
Chavannes, T'oung Pao 1904, S. 325) angegeben.
' Über die beiden Freunde Yin-chih und Hsün-chih, von denen Strophe 2
und 3 verfaßt sind, ist nichts Näheres bekannt.
2 Vgl. Legge, Texts of Taoism L, S. 165.
' 3E ~J T^ ^"'^ ^^^^^ '" ^®" Gedichten n, 11 und IV, 14 erwähnt.
* Die Gedichte 10, VI, 11 und 12 lassen wir weg, da sie nicht von T'ao Yuan-
ming selbst herrühren.
Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-niing. 229
V. Heft.
1. Elegie ' auf die Gelehrten, die kein Verständnis fanden.
Vorrede: Einst sclirieb Tuna; Chiing-shu- eine Diditung auf die unver-
standenen Gelehrten, und auch Ssü-ma Tzii-ch'ang' verfaßte eine. Ich
benutzte die mir in Winter, Nacht und Regenzeit* zum Studium ge-
bhebene Muße, um ihre Schriften durchzulesen, und war tief ergriffen.
Denn auf dem Wege der Wahrheit zu bleiben und seine Gedanken
auf die Beobachtung der Gesetze zu richten*, ist die tugendhafte Lebens-
führung des gewöhnlichen Menschen. (Aber) sich rein zu erhalten
von der Berührung mit dieser schlechten W^elt und die Ruhe des
Gemütes zu bewahren, ist die rechte Sittlichkeit des Edlen. Seitdem
nämlich die echte Moral von uns Abschied genounnen hat, ist überall
die große Falschheit emporgekommen. Auf dem Lande vernachlässigt
man die Tugend des bescheidenen Sichzurückziehens, in der Stadt
verwirft man ein Herz, das sich achtlos vorwagt. Die Weisen, welche
die wahre Lehre zur Richtschnur ihres Willens machen, verbergen
ihre Schätze in den Jahren ihrer Leistungsfähigkeit, und die Reinen
und Charaktervollen vergehen in dieser Welt, nachdem sie sich frucht-
los gemüht haben. Daher seufzten Pol" und die vier Grauköpfe'
nach einer Zufluchtsstätte, und Ch'ü Yüan ** ließ am Ende des Li Sao
seinen Kummer in den Worten aus: »Alles ist vorüber!« Ach, wie
traurig ist dieses Los! Wir Menschen erreichen höchstens hundert
Jahre, und wie in einem Augenblicke ist dieses Leben zu Ende.
^ Das Wort §jr mit Ode wiederzugeben, wie bei Nr. 2 dieses Heftes geschehen
ist würde hiernicht gut angehen ; f}^ entspricht den Begriffen der Ode wie denen der
Elegie nur bis zu einem bestimmten Grade.
2 U^^*^? ' ^S'- Chiles, Biogr. Dict. Nr. 2092.
^ (Sj ,P§ -^ ;^ Ssii-ma Ch'ien, vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1750; seine Dich-
tung hieß ^^ — |-^ ^X\ ^ig (Mitleid mit den unverstandenen Gelehrten).
•* Was unter ^ ^^ ^ Q zu verstehen ist, ergibt sich aus ^$» ^ ^.
^ ^.i^ ""'^ /SJll^ finden sich im I-king, Legge, 8.376: to tread the
path of sincerity and to desire to be observant. t^ -Jk\\ im Laotzü, 1. 19. Cap.,
Legge, Texts of Taoism I, S. 62; St. Julien: conserver la purete de la vertu. ^^
ffi^ ist Han-fei-tzil entnommen; Giles, Chin. Dict. Nr. 2179 hat: to remain quietly,
stellt aber die beiden Charaktere um. 'g*:^, vgl. 2. Trinklied, =^ ^H^^^-
6 Q ^, vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1657.
' ^, vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1881.
* ^ [^ ^^ ^ war Amtstitel des Ch'ü Yüan.
21^0 Hernharoi und von Zath: T'ao Yuaii-ming.
Musterhaft zu leben, ist schwer, und als Belohnung wird dem Tugend-
liaften nicht einmal eine Stadt zur Verwaltung übergeben '. Das sind
die Gründe, warum jene alten Schriftsteller unbefriedigt den Pinsel
in die Tusche tauchten. Voll edler Absichten beleuchteten sie den
Gegenstand von verschiedenen Seiten, konnten ihn aber nicht er-
schöpfen. Verständnisvoll nehme ich den Gedankengang in ihren so
herrlichen Erzeugnissen zum Vorbild. Ihre Werke in meiner Hand
haltend, bin ich voll Zaudern. Aber da überkommt mich die Rührung,
und ich schreibe folgende Elegie:
Ach, weshalb ist von allem, was des großen AUs^ Odem empfing, der
Mensch allein mit Geist begabt? Die Natur schenkte ihm ein wunderbares
Verständnis, und Licht ist in seinem Herzen verborgen. Wenn er den
Grundsätzen der drei Herrscher und fünf Kaiser^ der grauen Vorzeit folgt,
wird sein Name der Nachwelt überliefert. In jenen Zeiten gab es solche,
die sich vergnügten, Kegel zu spielen*, und andere, die dem Volke Beistand
leisteten. Aber weder unter den Zurückgezogenen noch unter jenen, die
an die Öffentlichkeit traten, war einer, der nicht seiner Natur gefolgt wäre;
immer stolz, entsprachen sie ihren Neigungen. Diese Zeit floß dahin und
ist nun für immer vorbei. Jetzt sind die Wesen nach ihrer verschiedenen
Art^ eingeteilt''. Ein engmaschiges Netz ist bereitet, und die Fische geraten
in Furcht; ein weites Netz ist aufgestellt, und die Vögel erschrecken. Aber
jene Weisen verstehen die Lage schnell, sie danken schleunigst ab und kehren
zmn Ackerbau zurück. Die höchsten Bei'ge werfen keine Schatten, und
die tiefsten Ströme fließen ohne Geräusch. Wenn ich an den gelben Kaiser'
und an Yao * zurückdenke, muß ich endlos seufzen. Ich bin gern arm und
niedrig und verschmähe eine hohe Stellung. Der reine QuelP fließt dahin
und teilt sich foi-twährend (in klares und trübes Wasser) ; Gute und Böse
bilden zwei verschiedene Arten. Wenn ich untersuche, welcher von den
1 Vgl. hierzu Anm. 11 auf S. 232.
2 -^i^ vgl. Chuangtzü, Legge, Texts of Taoism I, 8.242: the great Mass
(of nature).
' Hi i«t gleich HM 51'^ oder ^j^^M vgl. _^§ß.
47. Kap. (Chavannes, Mein. hist. V., S. 373) und Pan Ku, Tung-tii-fu im Wen-
hsüan, 1. Kap.
■• Ein altes Spiel; Couvreur, Dict. classique, 8. 184, bringt ein Zitat, das er
irrtümlicherweise als dem 1. Kap. des ^ß gp entnommen bezeichnet.
^ ^B ?^ kommt sowohl bei Kuan-tzu wie bei Hsün-tzü vor.
•^ Vgl. I-king, Legge 8.348,4: things are divided according to their classes.
' I^T^S '^^ Ä'S*' vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 871.
« Jg ist ^, vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 242G.
^ Der Ausdruck 'Ä%)j^^ findet sich im öSf^^'^ii^' Wen-hsüan,
59. Kap. In den Ausgaben der Mandschu-Dynastie steht seit 1862 VS für V^.,
das im Personalnamen des Kaisers T'ung-chih vorkam.
BERNnARDi und VON Zach: T'ao Yuan-niing. 231
hundert Wegen ' des Gelehrten der schätzenswerteste ist, so lobe ich mir
keinen mehr als den der Tugend. Wir empfingen des Himmels Gesetz und
die von den Weisen hinterlassenenAVerke; daraus entwickeln sich Anhänglich-
keit und Liebe den Fürsten und Eltern gegenüber, Treue und Gerechtigkeit
für Nachbarn und Ortsgenossen. Einst hielt man die Aufrichtigkeit hoch
und erntete Ruhm, ohne daß man auf krummen Wegen daTiach strebte.
Aber leider änderten sich die Zeiten. Jetzt sucht man alles gleichzumachen'^
und vernichtet das Hervorragende, alle hassen den ihnen Überlegenen. Den
guten Logiker nennen sie unklar, den Ehrenhaften bezeichnen sie als phan-
tastisch. Ein vollkoumiener-* Edler, der über Jeden Zweifel erhaben ist,
erfährt zum Schlüsse nur Kränkungen und muß Verleumdungen hinnehmen.
Obwohl sein Herz Edelsteine und Orchideen'* birgt, ist er umsonst von
duftender Reinheit, und niemand traut ^ ihm. Ach, er wird verkannt! Denn
jetzt sind nicht mehr die Zeiten des Kaisers Yen und seiner Nachkommend
Wie früher sucht er sich durch edles Streben auszubilden. Unentwegt hält
er an der täglich dreimaligen Prüfung^ fest, um seine Tugend zu vervoll-
kommnen und den Anforderungen seiner Zeit zu entsprechen. Aber die
Zeit (da er verwendet werden könnte) kommt und begünstigt ihn nicht.
Wenn kein Yüan^ für Chang Chi" freundliche Worte gesprochen hätte,
wäre letzterer wohl zeitlebens imbemerkt geblieben. Ich beklage den alten
Feng'" im Tribunal, der es nur dem Statthalter Wei verdankte, daß er
dem Kaiser seine Ratschläge unterbreiten durfte. Man sollte fast glauben,
er hätte früher bekannt werden müssen, und doch mühte er sich bis hoch
in sein Alter in einer untergeordneten Stellung ab. Man ist überzeugt.
' Ö ■^~T findet sich im Kommentar des Cheng K'ang-ch'eng (^^) zur Shih-
king-Stelle, Legge IV, S. 99: when a gentleman indulges in such pleasure (a man's
sphere is wide).
2 ^ [^ vgl. Liki, ed. Couvreur I, S. 24.
3 Betr. jg vgl. Lunyü, Legge I, S. 207.
* Bc' T^ rp] gibt das P'ei-wen-yün-fu ein zeitlich späteres Zitat (aus den
Büchern der Sui-Dynastie) an, ohne T'ao Yüan-ming"s Gebrauch dieser Phrase zu
erwähnen.
» Zu ^ vgl. Mengtzü, Legge 11, S. 443.
^ ^ '^ ist Shen-niuig, Giles, Biogr. Dict. Nr. 1695; ^ ^ sind die Nach-
kommen dieses Kaisers; vgl. auch Chang Heng's Tung-ching-fu, Wen-hsüan 3. Kap.
(gegen Schluß).
' Vgl. Lunyü, Legge P, S. 139.
* ^^ vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2571; die Bücher der Han-Dynastie
schreiben ^^ statt jra ; vgl. auch Wieger, Textes histor. L, S. 401.
° j^ ^p ^ ■^■gl- Giles, Biogr. Dict. Nr. 105, blieb zehn Jahre lang unbe-
achtet auf seinem Posten, bis ihn Yüan Yang zur Beförderung empfahl.
1" Über >^j^ und ^^ vgl. ^ |g, 102. Kap. und ChMen-han-shu,
50. Kap.; endlich auch Petillou, AUus. lit. S. 222.
232 Bernhardi und von Zach : T'ao Yuan-niing.
daß es auf dem Markte keine Tiger' gibt; wenn es aber drei Leute be-
haupten, wird man verwirrt. Ich beklage auch den glänzenden Geist des
Ilolineisters (."liia I S dessen weitreichende Ideen in enger ümgel)ung ver-
küuuuern^ mußten. Ich denke ferner mit Kunnner an den tiefen Verstand
des Ministers Tung Chung shu*, der wiederholt in Gefahr war, sich aber
glücklicherweise immer wieder zu retten wußte. Es bewegt mich, daß alle
diese weisen Männer kein Glück hatten, und mein Gewand wird von nieder-
strömenden Tränen benetzt. Von den Herrschern des Altertums habe ich die
edle Lehre überliefert bekommen, die besagt, daß der Grundzug des Ilinunels
(Gerechtigkeit ist, die) keine Neigungen kennt ^. Damit wird eine Be-
ständigkeit angenommen, die vorbildlich wirken soll; als ob ein festes Gesetz
bestünde", wonach dem Tugendhaften geholfen, dem IMenschenfreundlichen
Beistand gewährt werden müsse. Statt dessen sehe ich Po I " bis ins hohe
Alter Hunger leiden und Yen Hui** in jungen Jahren arm sterben; unter
Tränen wurde für diesen um den Wagen zur Beschaffung des Außensarges
gebeten, und traurig aß jener vom Kraute Wei und starb. Warum mußte
für sie Leben und Tod doch so bitter sein, obwohl beide die wahre
Lehre liebten und ihre Handlungen gerechte waren! Ich zweifle, ob darin
eine Belohnung der Tugend liegt, und ich fürchte, daß alle jene Worte Lügen
sind. AVie einsam stehen wir Toren in dieser Welt, wie selten finden wir
einen Weg, der nicht uneben ist. Aber unter den ISIenschen des Altertums
herrschte ein edles Streben, vmd sie waren bekümmert, wenn sie keinen
besondern Ruhm erwerben konnten". Li Kuang^*' diente seit seiner Jünglings-
zeit als Offizier, und w-enn er mit zehntausend Städten" belohnt worden
wäre, hätte er sich nicht beschämt zu fühlen brauchen. Seine ei'habenen
Absichten wurden jedoch durch einen Günstling '"^ des Kaisers vereitelt, und
^ Vgl. Pctillon, Allus. lit. S. 375 ; d. h. man hört auf Verleumdungen.
2 Über Chia I vgl. Giles, ßiogr. Dict. Nr. 321.
3 Der Ausdruck ^HF^^ kommt im 9. Trinkliede T'aos vor; vgl. Bernhardi,
a. a. 0. S. 41.
* Vgl. Anm. 2 auf S. 229.
* Vgl. Shuking, Legge III, S. 209 (Heaven has no affections).
^ Zu -^S — ' vgl. Ch'ü Yüan im ^J©^ "mV. ^^ .
^ Vgl. Anm. 6 auf S. 229.
^ Betr. Yen Hui vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 24ü5. Yen Huis Vater war bei
des Sohnes Tode zu arm, um den damals ül)Iichen Doppelsarg zu beschaffen, und
bat Konfuzius, zu diesem Zwecke seinen Amtswagen zu verkaufen. Konfuzius lehnte es
ab, da er seinen eigenen vSohn auch nur in einem einfachen Sarge begraben hatte.
Vgl. Lunyü P, S. 239.
^ Zu :^ J^ !^ jx. vgl. Li Sao, IV. Abschnitt, 17. Stanze: And I fear that
the cultivation of my name will not have been accomplished.
10 Über ^ ]g vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 1159.
" In der Biographie des Li Kuang (Bücher der Han-Dynastie) steht Ä Ö
statt H^.
^ Gemeint ist hier Wei Ch'ing, vgl. Giles, Biogr. Dict. Nr. 2268.
Bernhardi und von Zach: Tao Yuan-ming. 233
nicht einmal ein Fußbreit Erde wurde ilnn gegeben. Aber seine wahre
Loyalität überlebte ihn urjd entlockte allen Leuten Klagen und Tränen. Wang
Shang ' beobachtete die Gesetze strenge und suchte den Übclständen abzu-
helfen; anfangs fanden seine Worte Anerkennung, aber später überkam ihn
Unglück. V\>shalb war seine gute Zeit so plötzlich vorüber? Warum war
das Unglück stärker als seine Willenskraft;' — Hoch über uns spannt sich
der unendliche Himmel, und hier unten mühen sich die armen Menschen
ohne Rast^. Ich bin bewegt und stehe ratlos (dem großen Rätsel gegen-
über). Wer kann wohl des Hinunels Gesetze ergründen? Darum will ich
lieber-^ bei meiner Arniut verbleiben'' und meinen Neigungen folgen, statt
mich, vom geraden Wege abweichend, in Schwierigkeiten zu verwickeln.
Wenn mir schon die Beamtenlaufbahn-' nicht glänzend erscheint, warum
sollte ich mich meiner zerrissenen Kleider'' schämen? Ist wirklich die Ge-
legenheit versäumt worden, mich heranzuziehen, freue ich mich doch der
Rückkehr zur Ruhe '. Ein einziges Gewand genügt mir als Hülle für den
Rest meiner Jahre, und selbst die beste Bezahlung** in der Hauptstadt ver-
schmähe ich!
2. Ode über die Beruhigung der Leidenschaften.
Vorrede: Chang Heng^ war der erste, der ein Gedicht ȟber die Be-
sänftigung der Leidenschaften« schrieb, und dann verfaßte Ts'ai Yung "^
das seine »von der Beschwichtigung der Leidenschaften«, Beide drückten
sich h\ gewählten Worten aus und machten die Heiterkeit zur Haupt-
sache. Im Anfang ließen sie ihre Gedanken zuchtlos strömen, aber
am Ende kamen sie zu Besonnenheit und zu vorbildlichem Ausdruck.
Sie suchten das Herz mit seinen wilden Begierden einzuschränken,
und damit dienen sie den Späteren wohl als Mahnung und Rat. Zu
allen Zeiten gab es solche Dichter, die sich in denselben Gedanken
trafen und denselben Sinn weiter ausbreiteten ". Ich, in meinem Garten,
1 Über 3g j^ vgl. Giles, Biogr. Biet. Nr. 2218.
2 ^ g^ vgl. Shihking, Legge IV, S. 167 (without rest).
^ In den Ausgaben der INIandschu-Dynastie steht seit 1821 ^^ statt
weil letzteres Zeichen in dem Peisonalnamen des Kaisers Tao-kuang vorkam.
* roj öp vgl. Lunyii, Legge P, S. 294: to endure want.
^ ^-f ^ ^'gl- Chuangtzn (Couvreur, Biet, class. S. 63).
^ Vgl. Lunyö, Legge P, S. 225: tattered robe guilted with hemp.
8 Vgl. dazu ife^, Lunyü, Legge I, S. 221.
^ Chang Heng vgl. Giles, Biogr. Biet. Nr. 55.
1^ Ts'ai Yung vgl. Giles, Biogr. Biet. Nr. 1986.
" MM 'S^- I-'^'^S' Legge, S. .366^3.
234 Bernhardi und von Zach: T'ao Yuan-ming.
habe Muße; da tauche ich den Pinsel in die Tusche, um auch darüber
zu dicliten. Obwohl die Schönheit des Stils nicht genügt, wird doch
wohl über die Gesinnung des A'erlassers keine Täuschung bestehen
können. (folgt Bcrnliardi, S. 48—52.)
3. 0 Heimkehr!
(Siehe Bernhardi, S. 52 — 55.)
S. 54, Z. 4: Das war im 11. Monat des Jahres I-hsi.
S. 54, Z. 7 und 8: Lange genug, daß mein Herz durch den Körper be-
herrscht wurde,
S. 54, Z. 4 V. u. : Bei meinem Spaziergange ruhe ich von Zeit zu Zeit,
S. 55, Z. 9 — 11: — der Welt Getriebe' liegt nun fern von mir. Ich
erfreue mich usw.
S. 55, Z. 16: da; nun gibt es Arbeit usw.
S. 55, Z. 19 — 21: Bald geht es die Windungen des Wasserlaufes ent-
lang, bald usw.
S. 55, Z. 11 — 9 V. u.: Ich wünsche mir nur schöne Tage, an denen
ich einsam spazieren gehen kann; zuweilen will ich usw.
S. 55, Z. 4 V. u.: Mich dem Schicksal anvertrauend, mag ich usw.
^ vgl. Shihking IV, S. 288.
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wu puh wen »Die Vergangenheit hab' ich, ach, nicht erreicht, die Zukunft nicht er-
fahren« : Ts'u-tz'e 5, la; andere Beispiele: Tso-chuan, Chin. Class. V, 797,
Kuoh-yü 15, 8a, Ts'u-tz'e 3, 8a, Han-Fei 15, 3b, Li-ki 5, 17b usw.) und
dann namentlich ungemein oft bei den (nicht negierten oder negierten) Verbis des
Essens imd Wohnens, z. B. |_[j ^B shan kü, Hf* J^ ye cA'm »das Gebirge, die
Einöde bewohnen«, TK"^^ (a1 ^^ '"* *^'^' J*^^ ^^^^ »Getreide essen. Fleisch
essen«. Diese Konstruktion scheint eine dauernde Tätigkeit zu bezeichnen, doch
findet sich auch die herkömmliche Stellung in demselben Sinn. Von nachgestell-
ten Attributen nenne ich Verbindungen wie '^J^ "Hj f^ ^" kiu-wei »der neun-
262 Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton,
Man wird sie also ganz beiseitescliieben und aus dem gesamten Ausnahmeii-
material den Schluß ziehen, welcher dem unbefangenen Urteil schon zuvor
als der natürlichste erscheinen nnißte: daß sich in diesem Wechsel zwischen
okkasioneller imd traditioneller Stellung (um Delbrücks Terminus zu ge-
brauchen) einfach eine größere Beweglichkeit der Sprache bekundet. Jeden-
falls aber wird man fortan Urteile wie dasjenige Fr. Müllers (Grdr. II,
2, 399), daß die Sprache »die Wurzel des ganzen Organismus, den Unter-
schied zwischen Nomen imd Verbum, in der gründlichsten und schärfsten
Weise erfasse«, oder Steinthals (Charakt. 115, vgl. Misteli 169), daß
darin »die Grundverhältnisse der menschlichen Rede — das prädikative, das
attributive und das objektive — fest geschieden« seien, nicht ohne großen
Vorbehalt unterschreiben, ja selbst der Glaube an das Chinesische als eine
Formsprache könnte ins Wanken geraten.
Und wie die chinesische Mauer des Satzgefüges, so hat auch die
Einsilbigkeit eine Bresche, die bisher so gut wie ganz übersehen worden
ist. Ich denke hier nicht an die Zusammensetzungen, denn die gehören
ja, wie man mit Recht betont hat, nicht eigentlich hierher, sondern ich
meine die echten zweisilbigen Wörter: die Doppelungen. Von diesen
hat meines Wissens nur Gabelentz etwas ausfühi-licher gehandelt, doch be-
rücksichtigt auch er bloß die Geminationen, und zwar ganz überwiegend
nur die der vorklassischen Sprache. Aber das genügt in keiner Weise, wie
sich bei genauerer Untersuchung herausstellt. Die cliinesische Doppelung
zeigt vielmehr wohl alle die Formen, die auch bei anderen S])rachen zu
beobachten sind: nämlich außer jener einfachen Wiederholung (Gemi-
nation) den Ablaut- und den Anlaut- resp. A uslaut Wechsel, oder
beides zusammen, sowie endlich auch neben der Verkih-zimg des zweiten
Gliedes diejenige des ersten, die Reduplikation; diese echten Zweisilbler
— die sich als solche dadurch charakterisieren, daß in der Regel zum
wenigsten eine der beiden Silben ohne selbständige Bedeutung ist (und
denen sich übrigens vielleicht noch Suffixbildungen zugesellen) — sie werden
sodann durchaus nicht bloß als schildernde oder malende Adjektive und
Adverbien gebraucht, sondern sie fungieren auch als Substantiva luid
Verba, und zwar im ersten Falle gern als Tier- und, Pflanzennamen
oder auch als Diminutiva, im letzteren öfters als Inchoa ti va und Reci-
proca'; und wenn ich mich auf den Ausweis der ersten 10000 Wörter
schwänzige Fuchs« (Shi-ki usw.), "«T ^fl) i*R ^Ölmi nü-kua she-k'ü -die schlangen-
leiblge Nü-kua« (Wen-süan 11, IIb; vgl. u.a. aucli Ts'u-tz'e 3, 5a, 5b; 7,
2b, 3a). Einige Belege für die Voranstellung des Prädikats wird der Verlauf
der Untersuchung bringen.
* Beispiele. Ablaut: '^^z^ sit-sut . . . »e. Ton« (susurrus), vgl. i^ |
sit-sit "leiser Ton«, ^^ffu" tsuk-tsik «sich respektvoll bewegen«, 'l'j^ 'l'g 't\cn-fuan
»vergeßlich, zerstreut«; Anlautwechsel: J||n 03 ^««-t^ü »Augenblick«, j^f^lj
puat-lat »auseinanderrollen«, »Ton des gespannten Bogens«; Auslaut Wechsel:
Ttt'S| lim-lik »kalt- ; Anlaut- und Inlautwechsel zugleich: >|5{lj tfl tut -nguat
»Kapitell«; Reduplikation: 'Wj 'gl ^pu-puk (alt bu-buk) »kriechen«; Verkür-
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 263
in Ch almers' »Concise Khanghi« stützen darf, die 1591 solcher eigentlichen
Doppelungen enthalten, so machen sie in der klassischen imd nachklassischen
Schriftsprache ungefähr ein Sechstel des ganzen Wortschatzes aus.
Dies ist nun doch wohl keine quantitc negligeable mehr, wenigstens wenn
es sich um eine allgemeine Charakteristik der alten Sprache imd nicht bloß
der klassischen Schriftsprache handelt;' man wird also getrost behauj)ten
dürfen, daß es auch mit der Einsilbigkeit nicht ganz so streng zu nehmen
ist, wie man das zu tun pflegt.
Und so gibt es noch einige andere Erscheinungen, wo der Sprache,
wenn ich so sagen darf, das Korsett ein wenig zu fest geschnürt worden
ist. Man hat in allen diesen Fällen eben doch wohl etwas zu sehr de-
duziert und systematisiert. Das kommt aber in der Hauptsache schließlich
daher, wie mir scheint, daß die vorklassische Sprache bisher recht eigent-
lich das Stiefkind der Sinologie gewesen ist — so sehr, daß sie der Fülle
von Darstellungen der jüngeren Formen meines Wissens nur die zwei Mono-
graphien von Merz und Uhle gegenüberstellen kann. Hätte man die
ältesten Dokumente eindringlicher befragt, als es geschehen ist, so würde
man zu ganz anderen Resultaten gekommen sein. Denn hier imd ganz be-
sonders im Liederbuche (Shi-king), das vermutlich doch die wirklich ge-
sprochene Sprache wenigstens imgefähr verkörpert, sind zuvörderst jene
Unregelmäßigkeiten im Satzbau in so gesteigertem INIaße vertreten, daß die
Stellungsgesetze zwar nicht gerade in alle Winde zerflattern, wie ein eng-
lischer Sinologe (R. Douglas, wenn ich nicht irre) gemeint hat, aber von
einer geradezu verblüffenden syntaktischen Freizügigkeit, bei welcher — ein
ganz mierhörter Fall sonst — anscheinend sogar das genitivische Attribut
seinem Regens mitunter folgen kann, doch beinahe lahmgelegt werden. Das
läßt denn doch wohl nur die eine Folgerung zu, daß wir es bei den Ana-
logien der klassischen Sprache eben mit Ul^erlebseln dieser freieren Stellimg
zu tun haben. Aber auch auf den iMonosyUabismus würde von hier aus
vielleicht ein überraschendes Licht gefallen sein. Denn wenn die Doppe-
lungen in der vorklassisdien Sprache auch einen etwas weniger breiten
Raiun als sj)äter einnehmen mögen (nach dem Shi-king zu urteilen un-
gefähr ein Siebentel des Wortschatzes), so weisen sie dafür nicht bloß
schon alle die oben bezeichneten Formverschiedenlieiten und vereinzelt sogar
jene viersilbigen Verbindungen auf, wie sie der fast nicht mehr einsilbig
zung der zweiten Silbe: y^ »VM 'p'ang-pi « Ton des Wassers « ; i'W jt'0 luk-lu
»Schöpfeimer«. — Pflanzen- und Tiernamen: S||T [g| t,ÄM- c,/« »(Flaschen-)
Kürbis«, |[^ ^^sit-sut (vgl. oben) »Zikade«; Diminutiva: -pK :^ -^ja'eu- -^/eu (alt
beu-leu) »Hügelchen« (aus B. ^Jeu, alt beu »Hügel«), -^^ '^^ ichu- cju »kurze
Jacke«; Inchoativa: j[jj] i^J^^i/eu- ^nieu »trocknen wollen, trocken werden« (desgl.
substantivisch: J^&HMI ^meng- J.ung »der Mond im Begriff unterzugehen«); Re-
ciproea: mi b|J( yep-niep »einander berühren«, V'Wv )wll p'iet-H (aus p'it-lit) »ein-
ander verlassen«, 5^ 1ä ^cÄa-c.72a »aneinanderkleben, einander anhängen« usw. usw.
264 Cosrady: Der altohinesische Fragesatz und der steigende Ton.
zu nennenden neueren Sj)raclie eigen sind, sondern es scheint vor allen
Dingen auch, als lasse sich hier der Anfang eines Dekompositionsprozesses
beobachten, der (zum Teil vielleicht gar initer Erscheinungen, die an unsere
Ablautforuien erinnern) durch Spaltung der Zweisilbler und Selbständig-
werden des einen oder beider Bestandteile einsilbige Wörter erzeugt', und
der sich dann, als Analogon zu der Verkürzung niehrgliedriger Kom-
posita in zweigliedrige, auch in den späteren Stadien fortsetzt (vgl. z. B.
nan »Anbetung«, aus nan-tcu, alt nam-mu =^ sanskr. nanio); die Einsill)igkeit
würde sich also bei einem vielleicht nicht einmal unbedeutenden Bruchteil
des Wortschatzes als eine nicht bereits zur Urzeit — denn für diese hatte
man es ja schon vermutet — , sondern erst in historischer Zeit eingetretene
Entwicklungsform, die Starrheit auch hier als eine zum Teil vielleicht
sogar künstlich geptlegte Erstarrung erwiesen haben.
Bei solcher historischen Betrachtung wäre dann zugleich nicht bloß der
Zusammenhang zwischen der ältesten und jüngsten Stufe, der spiralisch zum
Ausgangspunkte zurückkehrende Gang der Entwicklung, deutlicher hervor-
getreten, es hätte, was wichtiger ist, auch die Isoliertheit des Chinesischen
ein ganz anderes Gesicht bekommen. Denn gerade diese Erscheinungen:
die Reste von freierer Stelhmg und von Mehrsilbigkeit sind es ja, welche
die Brücke von ihm zu den »formlosen« Idiomen seiner Vettern (besonders
des Siamesischen) und weiterhin auch zu der Sprache der übrigen Mensch-
heit schlagen.
leinen Beleg zu diesen (notgedrungen etwas langatmigen) Ausführungen,
der einerseits und zunächst die etwas zu enge Fassung der Regel und das
Fehlen historischer Behandlung erklärt und dann andererseits den —
übrigens ja selbstverständlichen — Wert der letzteren für die innere Ge-
schichte des Chinesischen wie für die Beseitigung der Scheidewand gegen
andere Sprachen beleuchtet, gibt nun der altchinesische Fragesatz.
Denn es ist ja, man darf wohl sagen, ein Axiom, daß die Zweifel-
frage (um die es sich allein hier handelt) oder genauer der Ausdruck
' So z.B. "fa:. Jw ^leu »Hügelchen, kleiner Grabhügel« (das zweite Glied von
^p'eu- Heu, das mit vokalharnionisch abgewandeltem Auslaut als Stammerweiterung
(speziell auch zur Diminutivbildung) häufig ist; ^g ^ju »kurze Jacke« (aus tjchu ^ju
dass. ; vgl. 1^ jis ,<^^" ^^^ »Zwerg« >H^ ffn.''^"^^" »kurzer Tragbalken«); /p ^jen
{a\t ^nim) »weich« (aus ) M^ ^jen- ^jan [aXi nim-ncni] dass.). — Der Prozeß wurde
erleichtert oder womöglich verursacht durch die chinesische Vorliebe für Paraliclismus,
die seit ältester Zeit zweigliedrige Komposita jeder Art zerreißt, um viergliedrige,
antithetisch-parallele Phrasen zu bilden (t3'pisch dafür das moderne -g^ ^ö -^ [^
na-tuTty-na-si »einen Gegenstand nehmen«, aus dem echten Zweisilbler tüng-si »Gegen-
stand«, also wörtlich »nehmen Gegen- nehmen -stand«). — Unsern Ablautformen
analog ist z. B. tp p'ien »Teil«, | puan »teilen« (aus p'ien-puan). Sollte hier
eine chinesische (und idch.) Sonderentwicklung vorliegen ? Denn der idg. Ablaut wiid
ja meines Wissens aus dem Akzent erklärt, der im Chinesischen — vorsichtig aus-
gedrückt — mindestens bei den zweiteilige Geräusche nachahmenden Onomatopoeticis
nicht in Betracht kommt.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 265
der Zweifelfrage im Altchinesischen — wie überhaupt der psychologisch-
rhetorische, der Gefuhlsinhalt der Rede — im Chinesischen bloß durch an-
gehängte Uilfswörtcr (Final- oder besser Schluß[)artikeln) ausgedrückt werden
könne; wenigstens habe ich nirgendwo in der einschlägigen Literatur, so-
weit ich sie kenne, eine gegenteilige Angabe oder auch nur eine greifbare
Einschränkung gefunden.
Und doch trifft das schon für die klassische Sprache nicht völlig zu.
Gewiß, die Konstruktion mit dem Hilfswort ist hier so eingebürgert, so sehr
die Regel, daß es pleonastisch sogar an die Tatsachenfrage treten kann, ob-
wohl sie ja din-ch das Fragepronomen schon hinreichend charakterisiert ist.
Aber es gil)t der Ausnahmen doch genug, um eine Registrierung zum
wenigsten in den Grammatiken zu verdienen; denn sie müssen dem
Anfänger Schwierigkeiten machen. So findet man z. B.:
'tm^L'^^ ju k''i Jen »kam (Jemand) gleich seiner Menschenliebe?« Lun-
Sü XIV, 17, 2.
R^TlriEi "''^ ivang-ye »(warum) sollte ich untergehen?» Tso-chuan, Chin.
Class. V, 510.
3E.^N^ \^ PP ÖE '^^^' ^you H ^yü lel »hat die Fürstin (mir) dem Fei etwas
mitzuteilen?« Kuoh-yü (Jap. Ausg.) 5, IIa.
-^ö ^you (mit nachfolgendem langen Objektsatz) »gibt es...?« A.a.O. 6,
8b/9a; IIb.
4^ tJi ^f- ^^ • • • ^^ f/t )^ j'^ • • • >^ yco chuang hiao fi . . . pnh tsung
liu suh . . . 'fou »sind die Jungen und Starken pietätvoll und bruder-
treu? . . . Folgen sie nicht schlechten Sitten . . . oder nicht?« Li-ki
10 (43), 52a/b.
^^ ^mi~^ WM Je« wei ta »ist nicht der Mensch das Größte?« Li-ki
(zit. Julien, Synt. nouv. I, 204).
S!^|pJ"^^^P A'V ho puh chi »wer von ihnen (es war), weißt du nicht?«
Tso-chuan, Chin. Ciass. V, 519.
■^^^^^^"^^^^ shiTi-Tci-yen-che puh ping »wird derjenige, der seine
Worte ißt (= nicht hält), nicht zu leiden hal)en?« A. a. 0. V, 530.
rj\ ^ "M" ^" rffi -^ W J\. H^ ^^^ ^^ ^^^^ ^^> ^^ puh pei ta nan »die man
beleidigen würde, sind sehr viele, und man sollte nicht ernste Schwierig-
keiten (dadurch) hervorrufen?« Kuoh-yü 1, 8a. Vgl. Shi-ki 4, 6a.
~^ 0 . • . piih y'üeh. . . »ist nicht gesagt. . .? heißt es nicht. . . ?« Lun-yü
XVII, 7, 3.
R ^"tß* WM 'sze-ye »(warum) sollte ich sterben?« Tso-chuan, Chin.
Class. V, 510.
'pf^'Lj Tsin puh wang »wird Tsin nicht untergehen?« Kuoh-yü
1, 19b.
tM W Tm '^ -^ ^"^^ '^'^ ^''^ 'sing 'fou » ist es möglich, das Verfahren zu
prüfen oder nicht?« Kuoh-yü 3, 33a.
260 Conraüy: Der altchinesisclic Fragesatz und der steigende Ton.
moo cr/i '.shfi '"wo erh >/ii paiuj 'wo -liast du inicli nicht einen Jammer-
greis genannt imd mich verjagt und mich oheiidrein nocli verleumdet:*-
K uoli - yii 17, 131).
jftlE itL Uj[ '^ f^ ^^ «*" n>ng ^i-wri tsung ch'a »wäro es niclit besser, sie zu
einer Sclunach tür ihren Ahnentempel zu machen?« Tso- cliuan, (hin.
Class. V, »;90.
^Qj y^ ja. -Hl icu- "iiai li-ye »würde es nicht eine Beleidigung sein?«
Ebenda V. 608.
-^ f^ ^ "tfei Ä:V /w-cA?-y<' »du wolltest sie fangen?« Tso-chuan, Chin.
Class. V, 194.
iMl-^^^^H ^iweipuh^sze «windest du nicht fürchten, daß er stürbe?«
Ebenda V, 646.
^^ iMl ^Ä JffI j3MÄ Ici^nei-erh »würde sie denn nicht verhungern?« Ebenda
V, 295.
Und so noch eine kleine Anzahl verwandter Fälle. Sind aber schon
die Fragesätze dieser Art nicht so ganz »rari nantes in gurgite vasto«,
weil nämlich aucli noch gleichgebaute indirekte Fragen und hypothe-
tische Vordersätze hinzukommen (welch letztere nach Ausweis der
öfters bezeugten Konstruktion mit einer Fragefinale gerade wie bei uiis als
Fragesätze aufgefaßt wurden, wie das schon Misteli, Char. S. 202, wenig-
stens für neuere Sprachen nacliweist), so kann das noch weniger von den
Fragen gelten, die mit S^ 'kan «darf ich wagen...« ^ | k'i'kan ..dürft'
ich wohl wagen...? wie düift' ich«, | '^'Jcan puh und (selten) '^Ü | |
ÄrV Jean puh »darf ich (dürfte ich wohl) wagen, nicht . . .?« gebildet sind.
Ich führe davon, fast waiillos herausgreifend, folgende an :
^jIM^^'J^R ^^" ^^^^ hing-ming ..dürfte ich wagen, dem strafenden Man-
date zu entfliehen?« Tso-chuan, Chin. Class. V, 735.
1 >^i^^fe 'kan juh kao wei ..dürft' ich eine hohe Stellung schänden?«
A.a.O. V, 102 (durch Shi-ki 46, la ausdrücklich als Frage beglaubigt).
E.Ä)^^^^^ cA'en 'kan wei chi .-darf ich wagen dem zuwiderzuhandeln?«
A. a. 0. V, 806.
|fJ^.^ W.>l^^(y^) kan "tjou i sin {chi) .dürfte ich andere Gesinnungen
(Gedanken) hegen?« A. a. 0. V, 735 (645).
I ^^Ty^ Jicin ^you ngan chi ..dürft' ich ruhige Gedanken haben?«
Kuoh-yü 10, 14 a.
) ]^ . • • ^a« wang . . . ..wagte ich zu vergessen...?« Kuoh-yü 14, 4 a;
19, 2b.
iMlJf^^^^' k'i'kanjuhkün ..wie dürft' ich wagen den Fürsten zu dis-
kreditieren?« Tso-chuan, Chin. Class. V, 269.
I I ^^^""pH ki kan wang kün ming »dürft' ich wohl (wagen) des
Fürsten Befehl (zu) vergessen?« Ebenda V, 493.
Conkady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 267
I I i^ pn' ^'* '^on nih ming »wie dürft' ich wagen dem Befehl zu
widerstreben 1'" Kuoh-yü 2, 8a.
I I ^^'■fR ^''* ^kan tze ngai-ye »wie dürft' ich an mich denken;'«
Kuoh-yü 2, 8b.
%^~^^fy 'kan puh hing «dürft' ich's wagen nicht elirerbietig zu sein?«
Tso-chuan, Chin. Class. V, 418, 420; Kuoh-yü 13, 6h.
I I 2^ f >^ 'kan puh iing tsung »dürften wir's wagen nicht zu hüren
und zu folgen?» Ebenda V, 645. — | | j|j§ f^t • • • 'op kan jmli shun
tsung . . .ming »dürfte ich wagen nicht gehorsam dem Befehle zu folgen?«
Kuoh-yü 19, 13b. (Vgl. ebenda 10, 15 a; 18, 13 b.) — ] | ^ f jJt
'kan puh king tstmg ». . . respektvoll zu folgen?« Li-ki 7 (18), 57a;
10 (37), 19a. (Vgl. ebenda 7 [18], 76b, 77a.)
) ] B^^ -^^ (oder ,^< p^) kan puh fing ming {cKeng ming) »dürft' ich
Avagen dem Befehle nicht zu gehorchen (den Befehl nicht entgegen-
zunehmen)?« Tso-chuan, Chin. Class. V, 621, 678, 762. Ähnlich a.a.O.
V, 434, 481, 837 und Kuoh-yü 13, 2a (vgl. auch fj^^^^ 'kan
puh /eng ling »darf ich wagen den Auftrag nicht zu empfangen?«
Shi-ki 87, 3a) viud ausführlicher:
1 1 P^ 0^ :^ ÜIe '^'^'^ P^^ "^^' ming ^shi fing »sollt' ich's wagen nicht
einzig und allein dem Befehl zu gehorchen (etwas anderes zu tun als . .)?«
Tso-chuan, Chin. Class. V, 311, 341, 407, 837.
I ] ^^ "^kan puh pai »dürft' ich (C'hung-erh) wagen mich nicht zu ver-
neigen?« Ebenda V, 185. ] | ] |^ 'kan puh pai teh »sollten wir
uns nicht vor (deiner) Tugend neigen?« Ebenda V, 662; analog W, 421
und Kuoh-yü 5, 2a, 2b; 10, 14a.
I I ^^'I'm(^^) kan puh tsin tsing {yen) »muß ich nicht die Wahrheit
sagen (mich aussj)rechen)?« Ebenda V, 647 (562). ) ] | i^ {sin)
»muß ich mich nicht aussprechen?« Kuoh-yü 10, 6a.
-^ Ä)l >^ P|^ jjiM ^^ ^^ ^'* kan puh wei 'li ^shi 'shi »hätte er gewMgt nicht
einzig der Schicklichkeit zu dienen?« Tso-chuan, Chin. Class. V, 767.
Dieser Typus ist im Kuoh-yü, wo übrigens die direkten Fragesätze
ohne Hilfspartikel rund ein Achtel aller ausmachen, nicht ganz doppelt
(25 gegen 14), im Tso-chuan sogar beinahe dreimal so oft (64 gegen 23)
als jene vorher angeführten vertreten, und gerade er ist es meines Erachtens
auch, der schon a priori eine Erklärung der ganzen Erscheinung an die
Hand gibt. Denn wie vielleicht bereits die Beispiele erkennen lassen, um-
faßt er nur mehr oder minder stehende Formeln, und zwar Formeln,
die in feierlichen Erlassen und Urkunden, in mehr oder weniger zeremo-
nieller Rede verwendet wurden. Dieser in chinesischem Sinne liturgische,
rituelle Gebrauch kennzeichnet sie aber ohne w^eiteres als altererbtes Gut,
als Archaismen, und ihre Altertümlichkeit wird denn auch noch dadurch
beglaubigt, daß sie ganz überwiegend in solchen Werken der klassischen
268 Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
Literatur vorkumineii, die aus ältcreu (^)uellen schöpfen oder zu schöpfen
l)ehaupten, während sie sonst — außer in Edikten — um so seltener zu
werden scheinen, je jünger die Urkunde ist. Wenn also schon in jenen
älteren Werken öfters Parallelfornicn mit Fragepartikel daneben erscheinen,
(z. B. : fij^ ^^ ?4 -^ 'kan wang kiin-hu »darf ich wagen den Fürsten zu ver-
gessen?" Tso-chuan, C'hin. Class. V, 808; fi^ ^^ ^^ ^l^'» ^f- kan puh tsin
sin-hu »dürft' ich wagen mich nicht auszusprechen?« A. a. O. V, 246;
IJFJy yK ^jf Ril 'kan puh king-yä -dürft' ich's wagen, nicht ehrerbietig zu
sein?« Li-ki 9 (24), 4h u. dgl.), so wird man nicht etwa diese für die
eigentlichen und ursprünglichen Formen halten, wie das chinesische Gram-
matiker bei der Fi-age mit ÄE^TgTi I J§i- i'"<^l I ^JV^ m'^- ^nai, wu ning
und wu-yih zu tun scheinen ', indem sie nach ihrem beliebten Rezept, «was
man sich nicht erklären kann, das sieht man als ein Füllwort an« die
Negation frischweg zu einer bedeutungslosen Partikel stempeln; sondern
man wird darin vielmehr Modernisierungen dersell)en Art erblicken,
wie sie auch den 81iu-king z. B. durch das Shi-ki widerfahren sind,
jene anderen aber, und mit ihnen auch die übrigen Fragesätze ohne
Hilfswort, als Üb erleb sei aus der vor klassischen Periode an-
sprechen.
Und das wird denn in der Tat durch die ältesten Sprachdenkmäler
in umfassendster Weise bestätigt. Denn da finden wir zunächst das Urbild
jener Formeln, ja oft w^öi'tlich dieselben, in den ein für allemal geprägten
und gültigen Zeremonialphrasen wieder, die das altehrwürdige Ritualbuch
Ngi-li aufbewahrt hat — und sie sind immer ohne Fragewort gel)ildet.
Z. B.: ^-^y^ :fi?^ 'kan puh tsung »darf ich wagen nicht zu folgen?« Ngi-li
4, 7a, 9a; 12, 31b; vgl. 3, 49a. Jg^f^^^gl^^ I I 1 -mou puh
'kan ku tze, 'kan puh tsung »da N. N. (ich) nicht wagt bestimmt ab-
zulehnen, dürfte er wagen usw.?« 3, 56b.
^£ I I ^^4ft ^rnou 'kan puh king tsung »darf N. N. wagen nicht ehr-
erbietig zu folgen?« 4,5a. 34, 12b.
i^ ^X\ !&)^ 173 M^ I 1 -^ 0^ '^mou puh 'kan ku te'öj 'kan puh ch'eng
ming »da N. N. nicht wagt bestimmt al)zulehnen, dürfte er wagen
den Befehl nicht anzunehmen?« 3, 50a. Vgl. 3, 50a.
"fe^ I I ^litJlM "''^'^'^ 'kan p)nh king sü .durfte N. N. w'agen nicht respekt-
voll zu warten?« 3, 56b.
fl^yK V^ 'kan ptih ngan »dürften wir es wagen nicht vergnügt zu sein?«
12, IIa; 14, 1 a.
I 1 ^'t kan puh isui »dürften wir wagen uns nicht zu berauschen?«
12, 15a; 15, 21b.
^^ 1 I J^^l ^mou 'kan puh suh hing »dürfte (ich) N. N. wagen mich
nicht frühzeitig zu erheben?« 2, 15b usw.
» Vgl. St. Julien, Syntaxe nouvelle, 1,204/5; 185.
Conrady: Der alt chinesische Fragesatz und der steigende Ton. 269
Aber damit nicht genug: prinzipiell dasselbe Bild zeigt die Zweifel-
frage in der vorklassischen Sprache überhaupt, wie das die nachfolgende
Auswahl von Beispielen wohl dartun wird.
;^ n^ YÖ V ^i/ou neng 'pei nyi »gibt es einen Fähigen, den ich verwenden
kann, (die Fhit) zu regulieren?« Shu-king 1,11. Ähnlich ;^ ^^ Ä
ffi| ^IT jjjffl ^you neng 'äen ^chen san ^li »gibt es einen, der meine drei
Riten leiten könnte?« Ebenda IL 1, 23; vgl. II, 1, 17.
Jte|"^^ PTl^'fT ^'^■^^^ y^" 'htii, 'k'o 'ti hing »meine Worte sind ver-
nünftig, können sie ausgeführt werden?« Ebenda 11,3,8'.
S^'|®Wi^ sui'hui,']co chui »obwohl wir bereuen, können wir's (wieder)
einholen?« Ebenda III, 3, 9.
~F* ^^ ^l\ ffl ^^ ^ ^y''^ '^kan ' tung-yung fei fdh »sollt' ich es wagen, nichtige
Strafen (gegen euch) anzuwenden?« Ebenda IV, 7 (1), 14.
^ %^^^~T* ^^^^ 'hart ^vm ^yü »wagt's jemand mich zu kränken?« Shi-
king I, 15. II, 2.
T^ 'Im ^j^ 'f^ ^i^(^^ff süh ^wo ^hou »hab' ich Zeit, an das, was nach mir ist,
zu denken?« E])enda 1, 3. X, 3; II, 5. III. 8.
^j^ Ö ^ ^^ ^^ "wo Jitiang to ^you-chi »habe ich Muße, sie viel zu ge-
brauchen?« Shu-king V, 30, 5.
ik ^Ä 4^ fryy fei Hi-ye 'kan »(es ist) gegen die Sitte, wie sollte ich es
wagen?« Ngi-li 18, 29a.
^^/t^ X>, -^ ptt'^jSh ^C ^"'^ slieng puh ^you ming ^tsai t'ien »hat mein Leben
nicht (Sicherheit durch) das Amt, das vom Himmel stammt?« Shu-
king IV, 10, 6 (Shi-ki 3, 3b durch Fragepartikel modernisiert).
X>k &E^^^^ §0 ^5 i*"^ ^^ ^"^ y" ^&rh pang »werden sie nicht einzig
imd allein Verderben bringen über dein Land?« Llbenda IV, 10, 7.
'ffi^^-^l^n ^is^i kia puh chi »sollten wir in unseren Familien (das) nicht
wissen?« Ebenda V, 16, 3.
'Y'^X^'fCi ^yv puh ^yün »bin ich nicht glaubwürdig? wird mir nicht ge-
glaubt?« Ebenda V, 16, 20.
X>% ^m"^ ^ X\ Kffi ~j^ J^ puh chuh yü man, puh U yü Hi »häng' ich
nicht zusammen mit dem Haar (meines Vaters)? kam ich nicht aus dem
Schoß (meiner Mutter)? Shi-king II, 5, III, 3.
■^ j^ y^ ^, *r^ pn" yp* B^ ^you-Chon puh 'hien, ti ming puh shi ■» waren
die Herrscher Chou's nicht glorreich? kam Gottes Bestimmvmg nicht
zur Zeit?« Ebenda III, 1, I, 1.
1 Legge faßt auch den zweiten Teil des Satzes affirmativ, allein er wird
durch die Hinzufiigung einer Fragepartikel Shi-ki 2, 5b als Frage bezeichnet, was
auch der Zusammenhang zu fordern scheint.
270 Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
^Jf\Wi fJ3 fl^ piih 'hien Shen-peh »ist nicht glorreich der Graf von Shen?»
^Ebenda Ifl, 3, V, 7. Vgl. auch III, 1, II, 5; III, 3, VII, 4; IV, 1 (I) I, II,
IV; IX; III, 1, 1, 3 und
^*^ Ö ;^ puh 'hien huang 'kao »ist niclit glorreich (eigentlich »sichtbar,
angesehen«) := sehr glorreich ist mein erlauchter Vater:'«,
^^^-^^H^^ fien-tze puh 'hien »ist der Sohn des Ilininiels nicht glor-
reich;'« in Inschriften der vorklassischen Periode: Tsi-ku-cliai
Chung-ting-i-ki-k'uan-chi 3, 10a; 6, loa.
^HyK |Ä ) ngoh puh ^wei-^icei »sind die Blüten nicht üppig entfaltet?«
Shi-king II, 1, IV, 1.
V *^*>r^^^ '^-^^ÜM^nH ^^^".9"^ P^^ ning, puh Jcang yin-sze »macht'
ihr"s der liöchste Herr niclit lindel' nalini er nicht hold ihr Opfer dar;'«
Ebenda 111,2, I, 2 (Strauß.)
^J(S >K^^ . . . tuh puh Men . . . »hast du nicht geschaut . . .?« (Versifizierte
Grabschrift eines Würdenträgers des 6. Jahrhunderts v. Chr.) Chin.
Class. IV, 1, Prol. 22.
ä-J£ IS ^[^ 'f^ ^ it^ fei^erh icei tsoh fien-muh »seid ihr es nicht, welche
des Himmels Hirten sind;'« Sliu-king V, 27, 12.
W^*^^^ RT^^^^.^ '^'^ ^^^' •^'^ ^""^ '^'^ ^^^ ^^ "'''* »was ge-
liebt werden kann, ist das nicht der Fürst, was gefürchtet ....... das
Volk?« Ebenda H, 2, 17.
-4t- jji^yD^ A sien 'tsu '/ei jen »waren meine Vorfahren nicht Menschen?«
SJii-king II, 5, X, 1.
äfe ^ 1^ ^J fuh nien Jcüeh shao . . . »denkst du nicht an deine Verbindung
(mit der Vergangenheit) . . .?« Ebenda III. 3, II, 3.
=ftff irrt iS jfiS- ^^'^ ^^^"' ^^^ '^"^^ «gedenkst du nicht {:= gedenke stets) deines
Ahnherrn?» Ebenda III, 1, I, 6 (zit. Tso-chuan, Chin.Class. V,697) '.
^V^>^I/J[ B^ um lun sü H pai »werden wir nicht alle zusammen ins
Verderben sinken?« Ebenda II, 5, I, 5.
Vgl. dazu die indirekten (?) Fragen (an das Orakel) fiE ^ ^ »j^
um '"you hin hui »ob es nicht bald Reue bringt« Ngi-li 28,37a und
^L^^^Wi^ wu ^you ^hm t'an »ob es nicht später Seufzen gibt.«
Ebenda 28, 28b.
^bfiSß/rR^ "u:o wu 'so hien »haben wir nichts, worauf wir schauen?«
— aus einer verlorenen Ode zit. Tso-chuan, ('hin. Class. V, 714^.
^ Als Frage auch durch das zwar wohl nicht vorklassische, aber immerhin
docli ziemlich alte (spätklassische?) Erh-ya beglaubigt, das 3, 13b sagt: •:^^^
yTj^^.jVi "W'w'* "2^ bedeutet: vergiß nicht«.
^ Dem ganzen Zusammenhange nach und ähnlicher Stellen halber kann dies
meines Erachtens nicht affirmativ übersetzt werden, wie Legge tut.
CoNRADv: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 271
lMlifP"Q Jc'i ju yi -betrifft das etwa uns!'" (und ähnlich) Shu-king
IV, 1, 3; IV, 7 (l), 12; IV, 9, 4; IV, 10, 4. (In Shl-ki 3, 1 h, 3a aus-
gebildete Frage.)
-^ ^]^ ^^ lili '/J5^ ^'^ y^ '^^^ p'wÄ-wzeVA »kann es wohl noch ausgelöscht
werden?" Ebenda IV, 7 (1), 12.
^jr jyL ^jf >J^ Y]/^ ^wo kU kan Ttiu wei »wagten wir etwa den Thron zu
erstreben 1*« Ebenda V, 14, 3.
-^ H^ Tfn ÄL P9 I^ ^'* we«^ erh luan sze fang »bin ich wohl fähig, die
vier Weltgegenden zu regieren?« Ebenda V, 22, 25.
^J/ _feL pT X^ "/r ^^ ^^co Hi Tco puh ta Jcien »können wir wohl anders, als
sehr darauf hinschauen?" Ebenda V, 10, 12.
^^■^iMifil. iJian-yen Jci hing »würde sich wohl verleumderisch Gerede
erheben?« Shi-king II, 3. IX, 3.
Und so die erdrückende Mehrzahl der übrigen Fälle: von den 30 un-
bedingt sicheren direkten Zweifelfragen des Shu-king ist nur eine einzige
mit einer fragenden Finale (5p. hu) gebildet, und zweimal (doch erst in den
Shang- imd Chou -Büchern) kommt das initiale -^h* Ici •■^num^^ vor, das
aber als Frageadvei'bium nicht einmal so ganz hierhergehört; das Shi-king
weist unter 74 unanfechtbaren Beispielen eines (vielleicht zwei) mit ^^ hu
und 27 mit initialen Fragewörtern — nämlich 26 mit -^ ^Tii und eines
mit ][tH hu (als reiner Fragepartikel) auf\ und im Ngi-li endlich stehen
den 13 fragewortlosen Formeln zwei mit 5p. hu gegenüber, die aber einem
vielleicht jüngeren Buche angehören. Man darf also sagen: in der vor-
klassischen Sprache^ ist die Verwendung irgendeines Frage-
wortes (die Frageadverbien eingeschlossen) die Ausnahme,
und die einfache, nicht irgendwie spezifizierte Zweifelfrage
wird so gut wie immer ohne Fragepartikel gebildet.
Daraus ergibt sich denn aber eine zweite und wichtigere Folgerung.
Diese Fragesätze unterscheiden sich ihrem Baue nach schlechterdings in
1 Wenn in beiden außer der ja auch in anderen Sprachen gern so ver-
wandten Negation das initiale H Vi eine ziemlich große Rollespielt, so ist das, wie
schon die Lautform zeigt, kein Fragewort, sondern das modale Ar'i (»wohl« u.dgl.).
— Übrigens erscheint in einem Zitat aus verlorener Shi-king-Ode bei Meh-tze
(5,6b) ein weiteres 5p. und bei Sün-tze (11), 20b; 16,12b; vgl. auch Tso-
chuan, Chin. Class. V, 594, in zweien dergleichen fragendes /^ hi\ da es sich
aber um Tatsachenfragen handelt, so gehören sie nicht direkt hierher und sind als
pleonastische Anhängsel außerdem vielleicht Modernisierungen.
2 Das Chou-li gibt seines Stoffes halber, das Yih-king wegen der Un-
sicherheit der Deutung keine Ausbeute, und seine zahlreichen Liederfragniente ent-
halten keinen Fragesatz. Die sonstigen alten Lieder lassen keine sicheren Schlüsse zu.
272 Conbady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
nichts von den Aussagesätzen '. ja dieselbe Wendung kann je nachdem
affirmativ oder fragend sein'; nur sorgfältige Prüfung des ganzen Zu-
sanuncnhanges ist gemeiniglich imstande, den Sinn der sozusagen amphi-
bischen Cicbilde herauszufinden, und wie die gelegentlichen Meinungsver-
schiedenheiten zwischen den Interpreten lehren, führt auch sie nicht immer
ganz sicher ans Ziel. Sollte man nun aber aiuichmen können, daß auch
die gesprochene Sprache — wie sie ja mindestens im •> Liederbuche« vor-
liegt — dem Hörer diese Sisyphusarbeit zugemutet, daß sie die Entscheidung
über Position und Negation, über Ja und Nein, dem subjektiven Urteil
überlassen habe'.' Gewiß nicht, denn sie wäre dann beinahe zum Rebus
und vielfach sogar direkt unverständlich geworden; es muß unbedingt eine
sofort verständliche Unterscheidung vorhanden gewesen sein, und die kann
bei dem iVIangel aller sonstigen Möglichkeiten nur dem Ohr gegolten, kann
nur in dem Uüchtigen Augenblicksgelälde der Gefühlsbetonung gelegen
ha])en. Es ergibt sich also mit zwingender Notwendigkeit, daß das
älteste Chinesisch einen Frageton besessen hat.
Damit ist nun fi-eilich nicht ohne weiteres gesagt, daß er dem ge-
wöhnlichen, d. h. dem bei uns und meines Wissens auch in den anderen
Sprachen mit Gefühlsbetonung üblichen entsprochen habe. Denn nach dem
Urteil Arendts (Handbuch der nordchinesischen Umgangssprache 1 [Lehr-
bücher des Orientalischen Seminars zu Berlin VH] S. 127 f.) und meinen
eigenen Beobachtungen zumal an einer südchinesischen Mundart ist der
Frageton auch der heutigen Sprache nicht ganz fremd — und liier stimmt
er nur dann mit dem unsrigen überein, wenn er auf ein Wort mit an und
für sich schon steigendem Ton — dem eigentlichen »steigenden« {shany'
sheng, der in der Tat so genau imser Frageton ist, daß ihn der Europäer
anfänglich oft genug an falscher Stelle verwendet) und allenfalls auch noch
dem shang-ping — fällt; sonst äußert er sich bloß in einer Erhöhung der
Stimmlage. Er läßt also die Tonbeugung unter allen Umständen unberührt,
1 Denn die anscheinende Inversion von X-\ puh z. B. in m^ 1 '^<^" /^"^
»wage ich's, nicht. . .?« gegenüber | ApT puh 'kan »ich wage nicht« ist bloß eine
scheinbare und hat mit dem Fragecharakter ebensowenig zu tun, wie die auffällige Ver-
bindung X\ ^^ puh '-^you »gibt es nicht« an Stelle des gewöhnlichen (übrigens
ja ebenfalls fragend gebrauchten !) iSi: «'«, die auch in Aussagesätzen (z. B. in der
klassischen Sprache bei Lao-tze, Tao-teh-king K. 10, Shi-ki 38, 1 a) erscheint.
2 So heißt z. B. das oben in seiner gcwöhnliclien Bedeutung angefülirtc X>x §^
puh'hien an anderen Stellen des Shi-king (III, 1. VI, 3; III, 3. II, 7) »ungesehen«
(also das Gegenteil, vgl. die verschiedenartige Interpretation dieser Verl)indung in
derselben Stelle [Shi-king IV, I, I, IVJ im Chung-yung 83,5 und 20, 10, die
beweist, daß es lediglich auf die Gefühlsbetonung ankam), die Phrase ij^ ^ ^^
tgiariff 'tsou kien ist Ngi-li 4, 8b als Aussage: »ich werde eilen (dich) zu besuchen«,
aber ebendoit 4, 4a als die entsprechende jhetorische Frage, d. h. als Verneinung
der Aussage zu verstehen, u. dgl. mehr. Bei gewissen Formeln wie z. B. |JK^ jj^
'kan wen »ich erlaulie mir zu fragen; darf ich...?« bleibt es unklar, ob sie in dem
einen oder andern Sinne gemeint waren.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 273
und diese ausgesprochene Scheu vor einer Kollision mit den Tonakzenten,
die auch Arendt ausdrücklich hervorhebt, mag Edkins veranlaßt haben,
ihn (Mandarin Gramm, S. 11) kategorisch in Abrede zu stellen. Aber eben
sie verbietet auch, aus den heutigen Verhältnissen auf die ursprünglichen
zurückzuschließen; denn sie kennzeichnet den jetzigen Frageton als eine
Kummerform, die unter dem anderthalbtausendjährigen Sklavenjoch der
Töne nicht hat aufkommen können, verkrüppelt ist. Das vorklassische
Chinesisch dagegen hat zwar schon die Einteilung der Wörter in hoch- und
tieftonige besessen — die ja, wenn ich seinerzeit richtig gefolgert habe,
bereits einer noch älteren Stufe zukam — , aber das bot keinerlei Hemmnis
für das Spiel der Gefühlsbetonung, und von den Klippen der Tonbeugungen
war es frei. Denn wenn man ihm diese oder doch wenigstens die steigende
glaubt zusprechen zu müssen, so gründet sich das lediglich auf die her-
kömmliche Reimklitterung der chinesischen Shi-king- Interpreten aus den
letzten Jahrhunderten; und diese ist so voreingenommen, so willkürlich und
gezwungen, daß sie in keiner Weise maßgebend sein kann, und daß man
in der Tat nicht begreift, wie sie ein Legge (Chin. Class. III, 1, Proleg. 104)
für eine kaum zu übertreffende Musterleistung hat halten können. Denn wie
sie der Lautgestalt der Wörter oft die unglaublichsten ^^errenkungen zu-
mutet, um sie in das Prokrustesbett des Reimes zu zwängen, anstatt Asso-
nanz oder Reimlosigkeit anzunehmen ', so läßt sie auch dasselbe Wort lieber
bald im gleichen, bald im steigenden oder fallenden Tone gesprochen
werden, als daß sie von ihrer Annahme von Tonakzenten fest und ent-
schieden abginge. Und doch liegt gerade in dieser naiven Tonküustelei ^
— welche übrigens die Existenz von Tonakzenten de facto schon verneint
— das Todesurteil für die ganze Theorie: will man sich damit doch nur
über die Tatsache weglielfen, daß von 343 oder genau genommen sogar
nur 292 Wörtern, die später den steigenden Ton haben, volle 199 (nach
meiner Zählung, nach Kiang Yung sogar über 200) und beim (späteren)
fallenden Ton ein noch viel größerer Prozentsatz auf anderstonige Wörter
reimen. Das aber läßt eben nur die eine Folgerung zu, daß die Tonakzente
damals nicht die geringste Bedeutung für den Reim gehabt oder mit anderen
Worten — da Gleichheit der Tonbeugung mit der notorischen Ausbildung
des Tonsystems sofort auch die conditio sine qua non für diesen geworden
ist — , daß sie damals noch nicht bestanden haben. Angesichts dessen wird
man dann also jenem alten Frageton wohl unbedenklich dieselbe Hebung
1 So soll z. B. ^ */a Shi-king I, 2, VI, 1 yung, ^ lai I, 7, VIU, 2 Ixk,
^m tsing ebendort tsifc, m}^ tsui I, 3, XVIII, 2 -nen, J^ yeu 11, 2. IX, 1 yuei und
I, 1, I, 3 yi gelesen werden usw. usw.! Eine Merkwürdigkeit des Reimes dokumentiert
es, wenn stumpfer auf gleitenden gereimt wird: tan auf lan hi 1, 10, XI, 3; ki auf
ti hing yik I, 9, 10; shi auf yeu i II, 5. VIII, 3; tao auf cheu chi III, 2. VI, 2 u. a.
2 Hierher gehören leider auch die Fälle, die man so gern als das letzte
Nachklingen des alten Fragetones auffassen möchte, wo nämlich ein später anders-
toniges Wort als betontes Wort eines Fragesatzes im steigenden (d. h. Frage-) Ton
gelesen wird (Shi-king I, 10. V, 2; HI, 1. I, 1; HI, 3. H, 3).
Mi«, d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I.Abt. 18
274 Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
der Stimme zuV)illigen dilrfcn, die den gewöhnlichen, den echten und eigent-
lichen charaliterisicrt.
Eine solche Übereinstimmung wiirde denn ein neues oder vielleicht
sogar das letzte Stück der Scheidemauer niederwerfen, die das Chinesische
bisher von der Mehrzahl der übrigen Sprachen getrennt hat. Aber sollte
nicht auch seiner eigensten Gescliichte, seiner spezielleren Entwicklung ein
Gewinn daraus ziitließenl* Oder wäre dieser Frageton unwiederbringlich
dahin 1' Hätte Frau Sprache, die sparsame Hausfrau, die sonst doch jedes
Schnitzelchen aufbewahrt, dies unentbehrliche Gewürz, das eigentliche Salz
der Rede, wirklich umkommen lassen? Ich glaube nicht. Wenn jene Gleich-
setzung richtig ist, dann hat er sich vielmehr, wie mir scheint, bis auf
den heutigen Tag erhalten.
Mustert man nämlich diese vorklassischen Zweifelfragen auch nur
obenhin, so wird man alsbald bemerken, daß sie sehr oft oder vielmehr
(da die Wörter mit explosivem Auslaut als in dieser Beziehung indifferent
nicht mitzählen können) sogar gewöhnlich ein Wort enthalten, das heute,
wie schon seit der ersten Aufzeichnung der Tonakzente im steigenden
Tone {shang-sJieng), also in unserem Frageton gesprochen wird, und sieht
man genauer zu, so steht dieses Wort in der Regel am Anfang oder am
Ende des Satzes, d. h. an der betonten Stelle. Denn daß der Iktus in
Fragesätzen im Chinesischen von jeher nach Belieben so oder so gelegt
werden konnte, das ergibt sich unweigerlicli aus der Tatsache, auf die
meines Wissens bisher auch noch nicht genügend aufmerksam gemacht
worden ist, daß die klassische Sprache bei der Zweifelfrage denjenigen
verbalen Ausdruck des einfaclien oder zusammengesetzten Fragesatzes —
regierendes Verbimi oder Prädikat — , welchen die angehängte Finalpartikel
als den Träger der Frage bezeichnet, und bei der Tatsachenfrage ebenso
wie die vorklassische das Fragepronomen oder -adverb oder den damit
zusammengesetzten Frageausdruck nach freiem Ermessen resp. je nach den
Bedürfnissen des Rhythmus an Kopf oder Ende, satzeröffnend oder satz-
schließend, anbiingen mag ', und es ist der unmittelbare imd natürliche
^ Voranstelhing anstatt der (nicht weiter zu veibeispielenden) Nachstellung
zeigen z.B.: ^0 ith ^ jJJb ^ ^ -f^i ju-'tze-liu Hi-chi kiLye »ist der Ernst der
Sitte derartig?« oder, um verdeutlicliend unsere Ililfszeiclicn einzusetzen: »(ist) wie
- dies? der Ernst der Sitte« Li-ki 4 (9), 44b; ^^ ^ f^fc^ ^ S "tfc
ja- ^shi-hu isung-che-chi sou ye »(ist) wie - dies? deines Gefolges Diehischkeit« Meng-
tze VII, 2, 30, 2 ; -^ :|g ^ ^ 5J> tze tuh fuh uen-hu... »hast du denn nicht
gehört ? daß . . . » K u o h - y ü 2, 10 b (neben ] ) ^X^ ^ . . . 3^ tze tuh puh wen . . .
hu »hast du nicht gehört, daß ...?«) V^T jK 4^n ^p^ • • • ju puh chi-hu . . . «weißt
du nicht? daß...« Lieh -tze 2, 7 a. So auch -^ • • • ^f- neben ^ö ^S u.dgl. in.
Für die Tatsaclien frage vgl. den häufigen Stellungswechsel von ^föT ^Q
ho- ^you, -ipj* 'Ofl ho-ßi, rrp 'fei" Jn-ho, Tfp ~^ ^pT ju-chi-ho u. a. in der Tatsachen-
frage, und ^S- • ^Y" ^you. . hu neben . , ^3 ^f ■ .'"you-chu. Wo der Inhalt der Frage
Objekt des fragenden Verbi ist, da kann die Konstruktion auch noch durch ein
Conrady: Der altcliincsische Fragesatz und der steigende Ton. 275
Ausfluß liier der Freizügigkeit des Prädikats und dort der Anteposition des
»psychologischen Subjekts«, d. h. der dominierenden Vorstellung. Der
Chinese konnte also gewissermaßen das Fragezeichen — mit dem ja die
Fragefinalcn verglichen zu werden j)tlegen — auch nach vorne rücken,
ähnlich wie das im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelegentlich
auch bei uns geschah, imd er hat es sogar mitunter geliebt, ganz Avie der
Spanier, deren zwei, das eine am Anfang und das andere am Schluß, zu
verwenden ^ Auch die heutige Sprache kennt diese Voranstellung der Frage-
finalen noch^ und sie pflegt bei den ungemein beliebten Doppelfragen das
erste Glied zu betonen •\ So finden wir also:
^ ^^ou* »haben, es gibt« 1
Jj^ ^ \ yg}- die oben angeführten Beispiele.
mf 'kan «wagen« j
diesem nachfolgendes Tfn crh »daß, zu« verdeutlicht werden, wie z. B. in jt\Jpp^
y-^ij^ 3^ rjYj . . sien-shcnff puh 'hui-hu erh. . »Meister, bedauerst du iiiclit? daß. . «
Lieh-tze 1,7b, vgl. Chuang-tze 1(2), IIb u.a., und diese kräftige Hervor-
hebung und Isolierung des Frageausdrucks kommt dann ziemlich oft auch in der
Tatsachenfrage \or, nur daß sie hier das Frageadverbium trifft und es quasi zum
selbständigen Satze macht, z. B. -^ Tf^j . . hi erh . . »wie (käme es)? daß . . « Meng-
tze V, 1. 11, 3; ■^h> . . tfn 'ki . . erh »wieviel (Tage usw.) sind es? daß . .«■ Tso-
chuan, Chin. Class. V, 428, 701, 628. Das zeigt besonders deutlich, wie auch das
satzeröffhende Frageadverb den Iktus tragen konnte.
^ Z. B. -^?-' ^^ X^ 5p. :^ ^^ ^K tze-chi 'k'iao-hu ^you tao ye »des Herrn
Geschicklichkeit? hat sie ein Geheimnis?« Lieh-tze 2,9b (= Chuang-tze 7
(191, 3a); vgl. auch Lieh-tze 8, 5a); dagegen A ^ ^-^ TjT l^j" • • • ^ Jcn-chi
'k'iao ^nai 'k'o. . .hu »des Menschen Geschicklichkeit, kann sie denn. . .?« Lieh-tze
5, 18a; 4^ 5p. ^b jp^^ ^ . . . 5p. sm-hu fu-tze puh yen. . .hu »ist es wahr?
daß der Meister nicht redet?« Lun-y ü XIV, 14, 1 ; ^ 5p. J^ 5p ^ ^ j|^P 5p
-^ä 5p /jX 5p. "^ 4pn ^ ip. ^uo-hu, ^ju-hu, k'i fuh chi-hu; i-hu, uu-hu, k'i chi
chi chi-hu »ich? du? soUten wir nichts wissen? Der Arzt? der Zauberer? sollten sie
es wissen?« Lieh-tze 6, 6a. — Eine genauere Untersuchung der ganzen Bildungs-
weise scheint mir noch nianclierlei interessante Ergebnisse (z. B. für die Bildung
des indirekten 01)jekts durcli "fc^ . . 5p yil .... hu, die sich öfters gerade in Frage-
sätzen findet) zu versprechen.
2 Wie 1^ ßpj "^' Jf^ nin-nn kui sing »Ihr? werter Name« (= »wie ist Ihr
w. N.?«)
3 Vgl. z. B. if? jK xjj 'hdo-ptih-hao »(ist es) gut? (oder) nicht gut?« ;^pT 1^
X\ ^pX VA 'k'ö-i puh ko-i (gesprochen: 'k'öi-bii-k'oi) »geht es? oder geht es nicht?« ;
"M i^ 'S ^yöu-mcl-you »gibt's? oder gibt's nicht?« usw. usw.
* Mit dem Halbkreis links oben bezeichne ich nach der empfehlenswerten chi-
nesischen Weise, die auch die Tonstufe (hoch', tief •^) anzugeben erlaubt, den stei-
genden Ton. Von der Angabe der übrigen Töne habe ich der Übersichtlichkeit
halber abgesehen.
18*
27(5 Coxhady: Der altchiiicsische Fragesatz und der steigende Ton.
ITT ' ko -küiinen, angehen«: in "pT 511 'k'o-hu »gi'lit er an, wic" ;* Sliu-
king 1. 1,9 (dem einzigen Fall von fragender Finale liier), in den
Beispielen und sonst.
-g" 'k eng »bereit sein, willig« : . . IM] | FJ • • ^i k^eng yürh ». . wird wohl
bereit sein zu sagen?« Shu-king V, 7, 11 (wo es auch noch im hypo-
thetischen Vordersatze vorkommt).
p. H »aufboren»; als Fragesatz: »laß ich's dabei bewenden?« Shu-king
V, 9, 17.
•it^t/än »glauben, glaubwürdig« s. Beispiele. — Auch im hypothetischen
Vordersatze Shu-king II, 2, 3: ) -^^^^^yün joh-tze »ist das wirk-
lich so?«
"(M^iDii »beleidigen« S.Beispiele.
I^^hou »später, Spätere« u. dgl. s. Beispiele und Shi-king II, 4,
VIII, 2; III, 3. X, 7.
M§ 'hien »sichtbar«
inH ^5ce »Opfer« > s. Beispiele.
^^ Hi »Sitte«
A^'hiM) »Feuer«: lÜ^^fiE^^ | Ui^wang icu joh 'hun »wird sein Fort-
gang nicht sein wie Feuer?« Shu-king V, 13, 9.
Dazu kouunt noch das immer am Anfang stehende Fragewort -^ 'ki
»nuni", das auch heute noch betont zu werden pflegt, und vielleicht noch
das eine oder andere Wort. In indirekter Frage findet man außer dem
obenerwähnten ^i/ün und 'k^eng noch
>J^ 'hui »bedauern« u. dgl. (s. Beispiele)
und im hypothetischen Vordersatze endlich
g4p 'As »erlauben«: ^*Hr*^4^ 1 ^'" '^^ P^^ '^« »wenn es mein Herr
(= du) nicht erlaubt?« Ngi-li 2, 16b; 3, 50b; ff ;J; | ^ erh-cM
'hü ^wo »wenn ihr es mir erlaubt?« Shu-king V, 6, 8.
Das macht nun schon stutzig und bringt auf den Verdacht, es werde
vielleicht nicht ganz von ungefähr kommen; da jedoch eine wenn auch
unbedeutende Minorität gegenübersteht, so könnte man schließlich doch
noch versucht sein, an einen freilich merkwürdigen Zufall zu glauben. Aber
verfolgt man die Sache nun weiter, so ändert sich das Bild mit einem
Schlag; denn es ergibt sich jetzt, daß diese Erscheinung bei den oben be-
sprochenen stehenden Formeln die Regel ist und daß aucli ein Teil
der übi'igen, nicht in diesen voi-konunenden Wörter — die denn schon ihrer
allgemeinen Bedeutung wegen, als Kleingeld der Rede, zu solcher Ver-
wendung wie berufen erscheinen — bereits in der vorklassischen und nament-
lich dann in der klassischen Sjirache gern in Fragen gebraucht wird,
ja daß einige davon ja sogar zu stehenden Frageformeln geworden sind.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 277
In diese Kategorie gehört vor allem das oft erwähnte, aber noch un-
zählig viel öfter gebrauchte
^pj^ 'han, das zwar nicht ausschließlich (vgl. vielmehr das charakteristische
und schwerwiegende Beispiel aus dem Ngi-li: fei Hi ye 'kan [s. oben]),
aber doch fast immer zu Anfang steht und in dieser Konstruktion gleich
den übrigen hier in Betracht kommenden Hilfszeitwörtern seine Parallele
in den 8. 274, Anm. 1 verbeispielten Fällen hat; ferner
T& hui, wozu auch noch die anscheinend moderne Phrase | -m ^^ |
'hui-ye puh'hui »bereust du jetzt nicht?« (Giles s.v.) anzuführen ist,
und endlich
=4^ 'M, das später auch sonst gern in der Frage vorkommt (vgl. z. B.
^C j ,^ ^p- wang'hü-chi-hu »gibst du das zu, o König?« Meng-tze
I, 1, VII, 10; W '^% I 5li 'Ico fou'hü-hu »kannst du das versprechen?«
Ebenda II, 1,1, 1).
Auch ^^ 'hien darf wegen seiner großen Häufigkeit in vorklassischen
Dokumenten wohl noch dazu gerechnet werden und ebenso das Fragewort
I — ■" K l •
Die zweite Gruppe umfaßt die folgenden vier Wörter:
^ ^you: von der klassischen Sprache stehend gebraucht in den Verbin-
dungen ^ ^& ho-^yöu »was gibt es (Schwieriges) dabei?« z.B. ^^ ..
-^ j^ ^IL I I neng . . wei kuoh-hu, ho-^you »kann er., sein Reich
handhaben (NB. der hypothetische Vordersatz als Frage!), was gibt
es da für Schwierigkeiten?« Lun-yü IV, 13. Die Phrase ist schon
vorklassisch. Mit nachfolgendem pffj erh (s. oben S. 274, Anm. 1) findet
sie sich Tso-chuan, Chin. Class. V, 767. — J^ .. ] | yü . . Jio-^you
(mit derselben Bedeutung); | ) .. '^ ho-^you . . yü »was ist vor-
handen in..?« z.B. Lun-yü VI, 6 ; XIII, 13. ] •• ^ 1 ^o . . cU^you
»was gibt es dabei..? was bedarf es..« z.B. Lun-yü IX, 13,2; XIX,
22,2. ^^ ^^ ^yöu-cJiu (aus ^you-cTii-hu) »gibt es das? ist das so?« Vgl.
dazu die Allerweltsfrage ^yöu-mei- ^you der modernen Sprache (s. S. 275,
Anm. 3).
pT Vf'o : idiomatisch als satzschließendes | 5C. 'Jcö-hu (s. oben), z. B. Meng-
tze I, 2, VIII, 2; V, 2, IV, 3 (hier negiert Jf.'^ ^ puh 'Jc'ö-hu), Tso-
chuan, Chin. Class. V, 386, 394, 430, 433 u. a. Vgl. ferner ~g\^..^
"^k'o puh . .hu »kann das nicht..?« (in der Konstruktion an ä^^^ '^^"'
jmh erinnernd). Ebenda V, 394, 426,456, 463, 554 und schon Shu-king
V, 10, 12. ^W^ 'Jt'i 'k'o-tsai »ist das wohl möglich?« Lieh-tze
^ Arendt (Handbuch I, 108) hält dessen steigenden Ton für emphatisch. Das
trifft nach alledem wohl nicht zu — auch abgesehen davon, daß ein fragender Ton
meines Erachtens nicht emphatisch ist.
278 Conhady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
8,13 a. Hiei'zu -^^ 'föT yf^ PT "ijf^^i- ho pvh-'ko "Was ist Uiiinüji;liches da-
bei?« uml das heutijfe 'ko-i piih 'k'o-i (s. olion) und '/c\i-pi//i-'k\) (dass.),
der Vertreter des älteren W ^^ 'kd [fou.
^ '■'i: klassiscli in den Redensarten | 5p. ^i-hu »soll ich aufhören;'» (und
äiinlicli) ^leng-tze 1, 2. V, 1 ; VI, 1, X, 8, vgl. Tso- chua n (Pei-wen-
yün-l'u s. V.), und ^X\ 2* (j^) " "^ P^^ ^' " " ''" (formelhaft) »ist das
nicht allzu . .!'« vgl. Gabelentz, Gr. Granun. S. 1297; iiachklassisch
^ n^ EL ho-shi^i »wann wird es euden'.'.. (PWYF. s.v.). Vgl. übrigens
noch ^^ ^jf|i iM! 2* Jioh vcei k^i ^i »wie kann er aufhörend' Shi-king
I, 3, II, 1, 2. Im hypothetischen Vordersatz z. B. Meng-tze I, 2, XIII, 1.
Endlich
"o" 'keng^ zu dem ich außer ^j^ ) shuh 'k'eng.. »wie sollte er Lust
haben..;'" (Chuang-tze 1, 8b) allerdings bloß die heutige Formel
f>5^ 1 ^X\ 1 ^ni 'k'en-puh-h'en »ist dir's recht oder nicht?« anführen
kann, die aber doch auch wohl hier mitsprechen darf.
Das sieht nun doch wirklich nicht mehr wie Zufall aus — besonders
da die Anzahl dieser Wörter relativ, im Verhältnis zu den alten Zweifel-
fragen, nicht einmal sonderlich klein ist — , und man könnte wohl schon
einen leidlich plausiblen Schluß darauf gründen. Aber um möglichst sicher
zu gehen, zieht man jetzt auch noch die vorklassischcn Tatsachenfragen
zu Rate. Und siehe da, auch hier dasselbe Ergebnis: ihre später formelhaft
gewordenen oder gern in Fragen gebrauchten Ausdrücke haben den stei-
genden Ton. So finden wir:
J\-- ^tsai »sein, sich befinden": -Vr- ] ngan^tsai »wo ist?" Shi- k ing II, 5,
111,3. Stehende F'ormel; vgl. T'ien-wen (Ts'utz'e 3,3 b), Li-ki,
Shi-ki (Fei- wen-y ün-fu s. v.), und auch noch nachklassisch. Ebenso
^S I vcu ^tsai »wo ist?« und »wie ist es vereinbar mit..?» Meng-
tze I, 1, IV, 5; VI, 1, V,4; III, 1, III, 7; VII. 1, XXXIII, 3. ^ ] Hsai
»wo ist..?« Ts'ien-Han-shu (PWYF. s. v.). — ^5 5p- | wu-hu^tsai
»wo ist er?« Fah-yen (PWYF. s.v.); jf[|, ^ 'S* f^ ^ ^ '^^i ^o
sheh shang Hsai '/ou »sieh einmal nach, ob meine Zunge noch da ist
oder nicht?« Chan-kuoh-ts'eh und Shi-ki 70, 1 a. Vgl. das licutige
■^ I f^ "you ^tsäi-mö »lebt er?« (Giles s. v.). — Es kommt auch
gern im hypothetischen Vordersatz vor: -J-'^^ 'feß ^tsai »wenn du
lebst« Lun-yüXI,22; -^ | 'fu"tsai »lebt der Vater noch. . ." Li-ki.
fiii ^yü »nn't, mitsein«: =^ | shui ^yü »wer ist mit mir?« Shi-king
I, 10, XI, 1—3. Stehende Formel; vgl. Lun-yü VII, 10, 2; XVIII, 6, 4;
Kuoh-y ü.
^4- ^wang »hingehen«: ^fpT ) ho ^wang »wohin soll ich gehen?« Shi-
king III, 3, III, 3; nach Giles (s. v.) noch in der heutigen Sprache,
CoNRADY : t)er altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 270
offenbar als alte Formel. jM | yen ^wang (dass.) Lun-yii XVIII, 2.
(Ebenda XVII, 7, 2 ^wang im hypothetischen Vordersatz.)
»te 'shi »sich verlassen auf": 'tej" | ho 'shi »auf wen könnt' ich mich ver-
lassen?» Shi-king II, .5, VIII, 3. Dieselbe Phrase und g^ | shui'shi
(dass.) im Tso-chuan (PWYF. s. v.).
Vgl. dazu das gleichbedeutende ^(öf 'Itj ho^hu Shi-king II, 5,
VIII, 3 (im Parallelvers zu obigem) und I, 10, VIII, 1, und ^"M -^ ^Jv^^
yen ^you 'so H »wie sollte er etwas haben, woi-auf er sich verläßt?«
Chung-yung XXXII, 1.
^> ^'m »ertragen«: aB .fiL | -j-» hu-ning ^jen ^yü »wie können sie er-
tragen mich (so zu sehen)?« Shi-king II, 5, X, 1 ; 111,3, IV, 4. Vgl.
^pI I ifc^l^^Pl I iÖi *^* '^^o'-jen-ye, sJiuh puh'h"o^jen-ye
»wenn er dies ertragen kann, was kann er nicht ertragen?« Lun-yii
III, 1.
^jP 'sze »sterben«: iSH !^ • • 1 ^'^ pih..'sze »warum stirbt er nicht..?«
Shi-king I, 4, VIII, 3. Vgl. fpf 3^ | ^o J(an 'sze »wie diirfte ich
wagen zu sterben?« Lun-yü XI, 22; ^^ T^0 ] yen chi'sze »wie kannst
du etwas vom Tode wissen?« Ebenda XI, 11 (vgl. auch ebenda IX,
11,3). _y_-S X\ ) Jci wei puh'sze »würde er nicht fürciiten, daß es
stürbe?« Tso-chuan, Chin. Class. V, 646.
■Y^ ^sze »warten«: y?^ ^H "föf 1 puh'sze ho ^sze »wenn nicht den Tod,
was soll er erwarten?« Shi-king I, 4, VIII, 2.
Hier hat die klassische Sprache, soviel ich sehen kann, in der ste-
henden Formel dieser Bedeutung zwar nicht mehr dasselbe Wort bei-
behalten, al)er sie gebraucht dafür bezeichnend genug Synonyme mit
steigendem Ton: ^fof ^^ '''ö ^tai »worauf wartest du noch?« Tso-
chuan, Chin. Class. V, 391; ^ j^ 1 ^ ho- ^i ^tai-chi »womit soll
ich sie erwarten?« Meng-tze 1,2, XI, 1. '(öj* ^ ^o 'teng (dass.):
Hou-Han-shu, Wei-chi (PWYF. s. v.). Vgl. auch ^f^ 'hou »er-
warten«, und daß das einfache 'sze als Frage (»wartet man?«) beliebt
gewesen sein muß, das ergibt sich aus seinem Übergang in die Kon-
junktion »wann, sobald« (s. auch unten S. 280).
VX^i »nehmen«, »aunehmen« : ^^'^ J^ [^ ^üeh ming ho H »was be-
zweckte ihr Befehl?« Shu-king V, 11, 3. Dazu das häufige "fpf J^
ho-^i »wodurch« (»was nehmend?«); ^ij ^ J^ ^ *^^^ ^'ö ^« tsai »was
würdest du dann annehmen?« Lun-yü XI, 25, 3 (s. auch unten S. 281). Vgl.
pT W y?\ 'Tio-^iyou »geht es an oder nicht?« Wei-shu (Tze-tien s.v.).
^ ^Mu »Fehler, Unglück«: f^^^Ä | shui 'Jean chih Tci^Jciu »wer
wagte es, den Fehler auf sich zu nehmen?« Shi-king 11,5, 1,3; =^
1 •fhi shui^Uiu-ye »wessen Unglück ist es?« Yih-king (Siang zu
2S0 CoNRADY : Der altcliinesische Fragesatz und der steigende Ton.
llexagr. 13 (PWYF. s. V.); jnj" | -^ ho '"kiti-ye -was fiir ein Unglück
ist es?« Ebenda (Tuan zu Hexagr. 7).
Diesen mit Vorliebe fragend gel)raucbten, aber an und für sich affir-
mativen Wörtern, deren Zahl sich übrigens bei genauerer Sichtung und
Untersuchung des Materials wohl noch etwas vergrößern würde, gesellen
sich sodann zwei' andere hinzu, welche in dieser ihrer Form von Haus
aus fragend sind und in der Regel denn auch so verwendet werden, nämlich:
^^ 'ki »wieviel(e)?» (»einige"): | j^ 'hi-ho » wieviele 1'« Shi-king II, ö,
IV, 6 und Tso-chuan, Chin. Class. V, 433 (Zitat aus verlorener f'liou-
Ode); vgl. ebenda V, 200 (»wieviel?«); V, 547, 559, 572, 573 (»wie
lange?«) und Kuoh-yü 1,7b, 18b; 2, 18b; Tao-teh-king K. 20 usw.
Adiiominal: ) J|^ 'ki ^li »wieviel Meilen?« T'ien-wen (Ts'u-tz'e
3'-!'); I 0 Tfn ^^ ^fe f Ab '^** J^^ ^^^ P^^ ^^ tsung ..wieviel Tage
noch, und du folgst mir nicht?« (=: »ohne daß du . . «) El)endaV, 426
mit Hervorhebung durch erÄ, vgl. S. 274, Anm. 1; ebenso: | -^ A. WH
IsH'^^i 'ä-/ tsien jen erh kuoh puh wang »wieviel 1000 Menschen
(könntest du nehmen), ohne daß das Reich unterginge« Ebenda V, 628.
Dieselbe Konstruktion beim absoluten 'ki: Ebenda V, 661,701. 'ki »bei-
nahe«: Ebenda V, 720. Bei der Häufigkeit des Wortes erübrigen sich
weitere Verweise.
Dies gilt auch von
.^^ (auch X\, geschrieben) 'fou »(ist) nicht?«, »oder nicht?- (»nein«, »Irr-
tum«), denn seine Verwendung als zweites Glied einer Doppelfrage in
der späteren und noch in der heutigen Schriftsprache ist bekannt
genug (ein Beispiel aus Li-ki s. oben S. 265, aus Shi-ki oben S.278);
klassisch erscheint es dabei öfters auch durch Fragefinale modernisiert
{^'^'fou-hu, Meng-tze II, 1, II, 1; 11, 2, II, 3; II, 2, IV, 1; Jf*^
Li-ki 4 (5), 21b). Etwas anders Shi-king 1,1, 11,3: ^)'^^:gC
hoh'huan (NB. steigender Ton!), höh' fou »welche wasch" ich, welche
nicht?« — Hier wie später treffen wir es dann auch in der indirekten
Frage (darüber wie über die substantivische Funktion dieser Doppel-
frage s. unten S. 286 f.), und endlich wird es vorklassisch vmd klassisch
recht oft im hypothetischen Vordersatze oder als solcher selbst
gebraucht (»wenn nicht«, »ist es nicht so«), z. B. Shu-king II, 4, 6;
IV, 5 (III), 2; V, 15, 3; V, 15, 15 (?); Shi-king II, 5, V, 6 (wenn es da
nicht vielleicht direkte Frage ist).
Eben diese Funktion in Verbindtmg mit der ähnlichen von 'sze (S. 279)
fülirt dann aber der Liste noch eine ganze Gruppe von W^örtern zu. Denn
' Vielleicht drei, wenn nämlich ^1 'shen »wie nun erst. .?, wieviel mehr?,
wieviel weniger?«, wie das nach mehreren der Beispiele den Anschein hat, ursprüng-
lich fragend aufgefaßt worden ist. Trilft dies zu, dann scheint mir gerade hier
der Tonakzent eine Reminiszenz an die älteste Aussprache zu sein, denn das Wort
kommt in dieser Bedeutung meines Wissens nur in der vorklassischen Sprache vor.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und dei" steigende Ton. 281
betrachtet man daraufhin nun die lij'pothetischen Vordersätze aufmerksamer,
so wird man bakl gewahr, daß die Ausdrücke für »wenn« und »wenn
nicht« in der überwiegenden Mehrzahl (9 von 13 bzw. 11 von 15) den
steigenden Ton besitzeil, näniHch folgende':
y^j 'kou (sonst »auch, beinahe, nur, ein wenig«) »wenn, wenn nur«, vor-
klassisch seltener als klassisch, doch vgl. z. B. ) R ^jfj[ Ff R ^f[
'kmi jih sin, jih-jih sin »wenn du dich täglich erneuen kannst, so er-
neue dich Tag für Tag« (Ta-hioh II, 1 nach einer vorklassischcn In-
schrift), wo übrigens wohl besonders gut zu beobachten ist, wie eine
Konjunkion den Iktus erhalten konnte. Mit satzschließendem ^^ H
z. B. Tso-chuan, Chin. Class. V, 540. Auch mit vorangehendem pleo-
nastischem ^^ joh (»wenn«): Chin. Class. II, Proleg. S. 166.
yh ^7iai (sonst »dann«) in der Bedeutung »wenn« anscheinend nur vor-
klassisch, aber dafür um so häufiger; vgl. außer den Beispielen bei
Gabelentz, Gr. Gramm. §656 noch Shu-king V, 13,13; V, 15, 18;
V, 18,23; V, 19,2; V, 29,4 und Shi-king 111,2,1,3 ( | ..^'kou.M).
Es findet sich auch im Fragesatz in der sehr häufigen Verbindung
^lE 7^ wu-^nai »wäre nicht doch..!'«, die auch in der klassischen
Sprache (Tso-chuan, Kuoh-yü und sonst) nicht ganz selten noch
ohne Fragefinale auftritt.
ß|r 'so (sonst »Ort« und — wohl daraus entwickelt — Relativpronomen
im Cas. oblig.) »wenn«, fast immer im Eidschwur (also etwa unser
» so « , » wo « ) : ) '^ ^ ^ ^r ^ ^p jj^ ^ 'so jjmä shaTi-tze-che, ^you
ju cKen tsung »so ich dich nicht töte, mögen die Ahnen von Ch'en
(mich strafen)!« Tso-chuan, Chin. Class. V, 836; vgl. ebenda V, 497,
510, 736, 747, 837 und Lun-yü VI, 26 (welche Stelle Gabelentz
a. a. 0. § 530 als IJnikum anführt, wie er denn merkwürdigerweise
auch die uralte Eidesformel ^&^P ^you ju »so möge.., so geschehe
mir, wie. . « übersehen hat). — Ebenso, aber nicht beim Eide (?) : Shu-
king V, 2, 10. — I '50 wird übrigens zuweilen auch als Frage-
pronomen in indirekter Frage verwendet.
'fß^ "^Ma (sonst »entlehnen« u.dgl.) »wenn, gesetzt, daß«, von Gabelentz
a. a. 0. § 1428 nur als nachklassisch in der Verbindung | '^ "^kia-
'shi angeführt, aber sicher älter, vgl. ] ^^ ^ ^ 5p. »gesetzt, es
könnte geholfen werden, würdest du es tun?« Lieh-tze 7, 7a.
"ß^ '.sAt (»veranlassen, verursachen«) »angenommen, daß«; vgl. G abelentz,
a.a.O. § 1428. Daneben auch i)lconastisch ■^p ) ju-shi »wenn man
annimmt«.
yA H (ursprünglich »nehmen«, »annehmen», s. oben S. 279) »wenn man
nimmt, nehmen wir an ..« (Gabelentz, a. a. 0. § 700; vgl. auch § 698).
' Der Vollständigkeit halber sind auch die erst in der Klassizität belegten
(aber deshalb natürlich nicht immer erst damals aufgekounnenen) mitangeführt.
282 Coshady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
Sehen in dieser Bedeutung, doch wolil schon vcnklassisch (vgh Shu-
king V, 15, 12). In dieser Bedeutting auch fragend: s. oben S. 279.
BE y« (-nicht sein«) »wenn nicht" (von Gabelentz a.a.O. § 1221 recht
stiefnüittcrhcli beliandelt). Analogon zu ^^ß '/«?/, abt-r wesentlich vor-
klassisch, vgh Shu-king V,20, 20; Shi-king 1,8, VI, 4; 11,5, VIII, 1;
I, 3, XVI, 3; II, 5, III, 2, 8. Fragend z. B. Shi-king II, 5, X, 1 (s.
S. 270), doch auch in Aussagesätzen.
Sodann gehört unzweifelhaft hierher
fM (ffpn)'''««^ (sonst »selten, zufällig-), denn es kommt zwar anscheinend
erst seit nachklassischer Zeit als »wenn« vor (und dann u. a. auch mit
angehängtem 5p. hu, das den Fragecharakter gut ins Licht zu stellen
scheint), aber die klassische Bedeutung »ob, ob vielleicht«, die neben-
bei sehr hübsch den Zusanunenhang mit der indirekten Frage zeigt,
ist doch recht nahe verwandt (engl. ?/I). Das Wort scheint bei Gabe-
lentz zu fehlen. Beispiel: ^^^^^ I • ^^f 11 ^ )1S BK
ik Jf K 1/ü shen huoh-yen, ^tany 'so wei t'ien-tao^shi-ye fei-ye »ich zweifle
sehr, oh, was man den Weg des Himmels nennt, so oder nicht so ist«
(d.h. »ob es mit dem sogenannten Weg.... seine Richtigkeit hat«):
Shi-ki Gl, 2a. In direkter Frage ( ] • . ^ fang . . hu »vielleicht. .?«):
Ts'ien- Han-shu 5(), 5b.
Kindlich wird man vielleicht auch die höflich vermutende Schlußpartikel
.^ H »wohl» («f c. Opt.) hier anschließen dürfen, und zwar schon wegen
ilires Hanges zur Bildung hypothetischer und konzessiver Vordersätze
(vgl für jene z.B. Shi-king IV, 1 (1), V (.^); Chuang-tze 1, 6a;
Sün-tze 13, 8b; für diese außer den Beispielen bei Gabelentz,
a. a. 0. § 814 noch Kuan-tze 3, 23 b), dann aber auch, weil sie nach
Gabelentz' äußerst ansprechender Vermutung sowie nach Ausweis
des Schriftzeichens selber, das als Hauplelement ' das obige '\^ ^i ent-
hält, aus diesem Vcrbum entstanden ist, das hier natürlich ebenfalls im
hyjjothetischen Sinne gemeint war. Das Wörtclien hatte sonach ur-
sprünglich wohl bedeutet: »darf ich annehmen?«, upd damit würde es
sich dann dem Gros dieser seiner Funktionsgenossen gleichberechtigt
angliedern; denn das ist ja offenbar aus fragend gebrauchten Verbis
entstanden, soweit es nicht überhaupt immer noch zu dieser Kategorie
gehört. Aber auch unter der übrigen Gesellschaft, so buntscheckig sie
aus verschiedenen Redeteilen zusammengewürfelt ist, befindet sich wohl
kein Wort, dessen Grundbedeutung (wenn überhaupt erkennbar) sich
mit der fragenden Eigenschaft der hypothetischen Vordersätze nicht
vertrüge oder vielmehr nicht direkt auf sie, als den Ursprung
seiner Funktion, hindeutete; auch sie besteht wohl durchweg aus ver-
steinerten Zweifelfragen.
^ Das phonetische Element ist nacli meinen Ermittlungen gewöhnlich nicht
bloß laut-, sondern zugleich auch sinnandeutend resp. gibt die Etymologie an.
CoNRADY : Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 283
Das ist nun rund ein Viertelhundert von WOrtern, die mit mehr oder
weniger stehendem und immer aus vorklassischer Zeit überkommenem Ge-
brauch in der Frage den steigenden Ton verbinden, und sie geniigen wohl,
um dem von vornherein schon merkwürdigen Zusammentreffen von Frage-
bedeutung und P" rageton auch den letzten Schein der Zufälligkeit zu nehmen
— ganz besonders noch deshalb, weil es teilweise Wortgruppen, Serien
synonymer Püindrücke sind (wie bei »warten«, »sich verlassen auf« und den
eben genannten Konjunktionen); denn damit wird der ganzen Erscheinung
ein noch entschiedeneres Gepräge von Gesetzmäßigkeit aufgedrückt. So
darf man also, scheint mir, nunmehr mit einiger Zuversicht behaupten, daß
der steigende Ton hier der Rech tsnachfolger und Repräsentant
des alten Fragetones ist.
Und diese Folgerung wird denn in erfreulichster Weise gestützt, ja
eigentlich beinahe zur Gewißheit erhoben durch die Tatsache, daß bei
mindestens zweien der angeführten Beispiele die fragende Bedeutung durch
Verwandlung des ursprünglichen Tones in den steigenden — also durch
den sog. »bedeutsamen Ton Wechsel« oder, wie ihn Gabelentz a. a. 0.
§ 230 etwas mißverständlich nennt, »Betonungs Wechsel« — aus einer affir-
mativen Grundbedeutung abgeleitet ist. Es sind dies
^^ 'ki »wieviel« (gewöhnlich bei geringer Anzahl gebraucht) : aus ^Tci »winzig,
wenig« u. a., und vor allem
^^ iX>i) fou (alt 'peu, wie das mundartliche p eu und die Nebenform 'pei
bezeugen): aus jK put »nicht«, mit dessen Schrifizeichen es ja ur-
sprünglich und oft genug noch heutzutage geschrieben wird — ein
normales Beispiel für die Wirkung dieses Tonwechsels auf Wörter mit
Explosivauslaut (Abfall desselben und Brechvmg des Vokals infolge
des zweigipfligen Tones, vgl. z.B. ^^M^feu »wieder« aus ] fuk »wieder-
kehren«), das dann zugleich auch beweist, wenn das überhaupt noch
nötig wäre, daß die Form mit steigendem Ton die abgeleitete ist.
Wahrscheinlich gehören aber auch noch hierher
B^ yd: zu 3-fe. ^fei »nicht sein« (obwohl dies freilich mit — nur an-
geblich? — unverändertem Tonakzent auch fragend, wie umgekehrt
jenes behauptend, vorkommt), und
^1 '^shen (s. oben S. 280, Anm. 1) »wie erst . .?«, »wieviel mehr?« usw., das
sich nach Sinn und Zeichen (Hl yin »ziehen« als phonetisch-ideo-
graphisches Element!) recht wohl zu ^ffl ^shen »strecken, ausdehnen
(auf)« (= »dehnt es sich aus auf. . .?«) stellen könnte;
und wie ^[j* 'ä'o »können« vielleicht mit "a* heh »überwinden können«
zusammenhängt (vgl. -pj- 'ho »überstehen können«, Shi-king) und auch
-^ ^you wohl erst durch solchen Ton Wechsel des einstigen Auslauts -Tc
verlustig gegangen ist, den es als Phonetikum noch aufweist, so möchte ich
gern auch noch ^§ 'Men aus ^, i JP hien^ »sichtbar (werden)« und -^ 'k'i
284 Conrady: Der altcliiiiesische Fragesatz und der steigende Ton.
«num- aus dem modalen Hilfswort ^ Jc^i »wolil, etwa« u. dgl, herleiten,
das in der vorklassischen Zweifelfrage so hänfig ist und späterhin dann
öfters geradezu mit jenem wechselt i. Aber hier macht der Unterschied der
Tonhöhe vorderhand noch Schwierigkeit, der meines Erachtens die je erst-
genannten Wörter im Gegensatz zu den zweiten als alte Präfixformen kenn-
zeichnet, während der steigende Ton ja natürlich mit dieser Art Wort-
bildung nichts zu schaffen hat und deshalb nach Ausweis der bisherigen
Beispiele die Tonhöhe unberührt läßt. — Aber wie dem sei, bei 'ki und 'fou
zum wenigsten steht und fällt die fragende Bedeutung mit dem steigenden
Ton, und daraus folgt mit um so größerer Bestimmtheit, daß eben dieser
hier das fragende Element hineinträgt und verkörpert, als der
bedeutsame Tonwechsel sonst überall, wo nicht schon das Stammwort so
betont ist, den fallenden Ton zum Träger der Bedeutungsänderung macht 2.
Aber, so fragen wir nun weiter, wenn der steigende Ton denn aus
dem Frageton entstehen konnte, wie doch Figura zu zeigen scheint, sollte
das dann l)loß in diesen wenigen Fällen geschehen sein, die uns das
Trümmerfeld der vorklassischen Litteratur heraufgesendet hat? Bei der
außerordentlichen Beliebtheit, deren sich die Frageform und namentlich die
rhetorische Frage von altersher in China erfreut, ist doch eigentlich zu
vermuten, daß sich der Vorgang noch öfter wiedei-holt haben werde. Allein
woher die Beweise nehmen, da die Quelle der alten Fragesätze ausgeschöpft
ist? Denn nn't Möglichkeiten oder Wahrscheinlichkeiten, die sich ja wohl
auftreiben ließen ^ ist es doch nicht getan; wir müßten auch hier wieder
eine gesetzmäßig auftretende Erscheinung fordern, wie sie in jenen Wort-
gruppen und stehenden Formeln vorliegt.
Eine solche glaube ich nun in der Tat gefunden zu haben, und zwar
in der großen Sippe jener Komposita von Wörtern entgegen-
1 Vgl. u- a- Ä :|^ jp s^k'i 'kanjuh . . . , T s o - c h 11 a n , Chin. Class. V, 269 und
^ I I '^'i 'kanjuh.., ebenda 312, Ä i|j|[; ^ Jc'i 'kan uang unA -^ | )
Ti 'kan wang .., ebenda 493. — Man möchte übrigens bei diesen fast an den Ton-
wechsel von opa und apa denken.
2 Die wenigen Ausnahmen gehören anscheinend unter die im folgenden be-
handelte Erscheinung. — Nach Arendts Auffassung (Handbuch I, S. 128) würde
auch ein modernes Beispiel in diese Kategorie zu setzen sein, nämlich BK %«
»welcher?«, das er aus | na^ »jener« differenziert sein läßt. Docli liegt die Sache
hier meines Erachtens umgekehrt, denn Ha (in der Form no »welclier?«) ist schon
klassisch (Tso-chuan V, 288) und na^ »dieser« nicht. Indessen hat er unzweifel-
haft recht, wenn er hier wie bei '^^^ 'tseng-mo (spr. 'tsän-7ii^ 'cä'm»^-^'mä^ «Gnade — Ungnade« = »Abhängigkeit« (Tao-teh-
king K. 13).
280 CoNRADY : Dcv altcliincsische Fragesatz und der steigende Ton.
^.iWi ^^^oo-shou -Vögel — Vierfüßler- = »Tiere, Tierwelt- (Shu-king).
S\-ht ,7mn-'-'nn .Mann — Weib» = "die Gesclilechter«. (vgl. iH;; 4:|^ ^»Jm-
'■'pin "Männchen nnd Weibchen-),
denen sich dann noch Komposita wie die folgenden anschließen:
■^^[fh/u-^mu "Vater — Mutter« = " Kitern -.
jÜH^lt '/v?/-'y/ (u. umgekehrt) "Großvater — Großmutter- = »Großeltern,
Ahnen- (Slii-king).
^? 'S^ hiung-^ü »älterer Bruder — jüngerer Bruder« =r »Brüder, Ge-
schwister«.
*^\ M sheng-kiu »Neffe (Vetter) — Oheim- =: "Verwandter weibl. Linie«
(Shi-king).
j|j||] ^ ^shen-kui (u. umgekehrt) »himmlische Geister — irdische Geister- =
"Götter, Geister(welt)« usw. usw.
Bei diesen Verbindungen pflegt nämlich, wie schon die eben deshalb
etwas reichlicher Ijemessenen Beispiele erkennen lassen, das eine der beiden
Glieder^ oder auch beide den steigenden Ton zu tragen: wenn anders
ein Material von nahezu anderthall)hundert Belegen ganz vorwiegend aus
der vorklassischen und klassischen Literatur berechtigt, das als Regel auf-
zustellen — und ich denke doch, daß ihnen gegenüber die ohnehin kaum
allzu häufigen andersartigen Formen verstummen müssen. Diese Eigentüm-
lichkeit aber scheint mir nicht bloß zufällig an die alten Fragesätze zu er-
innern, wo dieser Ton ja ebenfalls am Anfang, am Ende oder an beiden
Polen zugleich erscheinen kann; ich glaube vielmehr, sie läßt sich überhaupt
gar nicht anders erklären als so, daß wir es auch hier mit solchen, und
zwar mit Doppel fragen zu tun haben. Denn zunächst: wie ja zum
wenigsten die Absti'akta im eigentlichen Sinne, jene Komposita, die nach
Gabelentz' Definition (a. a. 0. § 912) »das Ob oder Ob -nicht, das Mehr
oder Weniger einer Eigenschaft oder eines Zustandes bezeichnen«, schon
durch den disjunktiven Charakter der Verbindung (x oder y) ein wenig
von der Frage mitbekommen, so kann man wirklich oft genug bei ihnen
im Zweifel sein, ob sie als Substantiva oder als (indirekte) Doppelfragen
aufgefaßt sein wollen; so namentlich, wenn sie von einem Verbum (be-
sonders 4^n chi »wissen-, [|^ wen »fragen-, g-J- Ja »erwägen« und ähn-
lichen) abhängig sind, wie das recht häufig vorkommt, z. B.:
'J-P ^^ >J/* chi to-'shao »die Anzahl wissen- odei- "wissen, ob es viel oder
wenig ist« : PWYF". n. Shi-tze;
^^ß^^W!^'^ ^"^ ««o7i ch'en, chi ma-jm to-shao »betrachtete er den
Staub, so kannte er die Zahl der Pferdetritte« oder »wußte, ob der
Pferdetritte viel oder wenig waren« : Ebenda n. d. Peh-shi;
1 Am häufigsten das letzte. Das Verhältnis ist 83 (1. Glied) : 31 (2. Glied): 29
(beide Glieder).
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 287
TJ^4^py^^^ wei chi tsang-pi »als du noch nicht Gut und Böse kanntest«
oder 'when you did not know what was good, and what was not good'
(Legge): Shi-king III, 3, 11, 10;
RH , . . ^! ^fe 1^ q^ /l ^E& ^, i^ wen . . . yao-hai ^yüan-kin, jin ma to 'kua
»er erkundigte sich nach der Entfernung der . . . strategischen Punkte
und der Anzahl der Männer und Pferde« oder » . . . ob die Punkte nah
oder fern, die Männer viel oder wenig seien« : PWYF. n. d. Wu-clii;
^ ^^ B^-^ä-t ho fan u-en^shi-fci •.\\aruin ängstlich nach Recht und Un-
recht fragen« oder »fragen, ob es recht oder unrecht ist« : Ebenda
n. Wu Wei;
.^^^^fiE i ^you-wu "am Vorliandensein zweifehi« oder »zweifeln, ob da
ist oder nicht da ist« : Ebenda;
'S A 'MM ^fl^ o^ yüA Jcuan hiu-'kiu »wollte sehen (ob es geben werde) Glück
oder Unghick« : Ebenda n. d. Peh-shi;
^X^^%^^^^^A^ P"^ 'ß^ y^^ Tcung to 'shao »es war unmöglich, die
Menge verdiensthcher Taten auszusagen« oder »auszusagen, ob der
verdienstlichen Taten viel oder wenig waren«, »wieviel Verdienst er-
worl)en werde« : Ebenda n. Shi-ki;
aber auch in Subjektstellung, wie in :
siang kien ki ya^ erh ta-siao k^o hin ye; sJie kü ^sJion, erh sui-"tuan ko
chi-chi »der Elefant, sieht man seine Zähne (einen Zahn von ihm),
so kann seine Größe (ob er groß oder klein ist) besprochen werden;
die Schlange erhebe den Kopf, und die Länge (ob sie lang oder kurz
ist), man kann sie wissen«: Ebenda n. Huai-nan-tze;
-S- ^^ ^^ J[i^ -^ ^^ 5M0« to-shao s7ii k'i tso »die Anzahl der Zählmarken
(ob der Zählmarken viel oder wenig sind) ist verschieden nach dem
Aufenthaltsort (der Spieler): Li-ki 10 (37), 22a;
und im Adverbialverhältnis :
^S tUF W ^, >^ W"» Ä^ IS >{^ • • • ^" '"^''^"^ "y^^ ^^^> ^^' ^^^"" p^^ '"^ '"^
y'ü... »wenn die Frau eine (rituelle) Handlung zu vollziehen liat, bei
großer oder kleiner (unter allen Umständen, ob sie groß oder klein
sei), muß sie bitten, den. . . « : Ebenda n. Li-ki. (Hier liegt die Über-
setzung durch einen Konzessivsatz entschieden am nächsten.)
Ja selbst ein vorangehendes ~W k'i gibt keine volle Sicherheit, denn
es läßt sich in der Regel ebensogut als die modale Hilfspartikel, die schon
vom Fragesatz her bekannt ist, wie als Possessivpronomen 3. Person auf-
fassen; es könnte also
^m* iMl ^^ ^K Hang k^i ^you-wu (PWYF. n. Kuoh-yü) »sie berechneten
sein Vorhandensein oder Nichtvorhandensein« auch heißen: »sie be-
rechneten, ol) es wohl vorhanden sei«;
*^IoI^>^ king ki to-shao (ebenda n. Pao-poh-tze) »ermißt seine
Zahl« oder »ermißt, ob es viel oder wenig ist«.
288 Conhady: Der altchiiiesische Fragesatz und der steigende Ton.
Nur wo (las Kuinpusitum hinter einem unzweideutigen, d. h. durch
das llilfswort p^ chi gebildeten Genitiv oder selber in diesem oder einem
andern Kasus steht, wie in
^jr Jt^ [},H j^ ]JS ^' shu k^i lü-chi chung-hua »er zählt die Anzahl seiner
"T")re.. : PWYK. n. Chou-li;
"^"ü Is^l ^ ^' jMi >Jlic '^ '^^' Ä-Mo/(-r//j ngan-wei fsang-pi -er kennt des
Reiches Ruhe oder Gefahr, Gutes oder Roses- : Ebenda n. Sün-tze;
Im] ^fP -^ "/C /J"^ $t^ ^^ "''^ tintj-chi ta-siao king-^chung -fragte nach der
Di-eifüße Größe und Gewicht«: Tso-chuan, ('hin. Class. V, 292;
]^ßä.^Rn 'tsü-^yü-chi kien »zwischen Nehmen und Geben«: PWYF.
n. d. Komm, zum Wei-chi —
nur da ist es so ziemlicii ' außer Frage, daß es grammatisch als (abstraktes)
Substantivum fungiert.
Ist das nun aber nicht aufs Haar dasselbe, wie wenn wir lesen :
■^n ^T ^> cht k'o-'fou -er weiß, ob es möglich ist oder nicht« (»kennt die
Möglichkeiten«): Kuoh-yü 8, 14b;
-^ aP^^^I^'S^ jwä chi kia tsun-fou »weiß nicht, ob die Familie noch
lebt oder nicht« (»weiß nichts über das Befinden der Familie«): PWYF.
n. T u Fu :
j^ A . . . RH 'fe ^S^ shi Jen . . .wen ts'un-fou »er sendet einen... um an-
zufragen, ob es gut geht oder nicht« (»um sich nach dem Befinden zu
erkundigen«): Ebenda n. d. Komm, zum Li-ki;
RJjS'^-^^ icen kün ngan-fou »fragt, ob der Herr zufrieden ist oder
nicht« (»nach dem Befinden«): PWYF.; vgl. >^ 0 ] 1 ^R ^
»wie ist heute dein Befinden?«: Ebenda n. Li-ki;
^ io] Pj 'ä* -^f^ÖIli! P^^ ^^"^ 'k'o-'/ou, puh hin k'üh-chih »man
fragt niclit, ob es angeht oder nicht (nach den INIöglichkeiten), man
redet nicht (dai)ril)er (ob) Krumm oder Gerade«: El)enda nach Li
Sze; vgl. ;y; |3|] pf :g; dass.: öhi-ki 87, 2b:
=y.' ]pT ^^ mou 'k^o-'/ou »übei'legten, ob es gehen wercte oder nicht« (»er-
wogen die Möglichkeiten«): PWYF. n. Tso-chua n.
^^-äl'/f'^ '^^Ml^^^ jang k^i 'iso-gou, cKang k'i 'chi-fou »er
nimmt (von dem Getreide^) sei es rechts, sei es links und prüft, ob
• Denn selbst hier ist mitunter ein Zweifel möglich, wie z. B. in ^P ^ ^U
-^ IT^ Wi 9~^-chi 'tuan-ch'avg shi-ye »meines Todes Kurz oder Lang (= ob ich über
kinz oder lang sterben werde) ist (eine Frage der) Zeit« : Tso-chuan, Chin. Class.
V, 2G3; [y] R y^ S. ^^ uen jih-chi 'tsao-ycn^ »erfragt des Tages Früh oder
Spät« (=r »ob es...«): Ngi-li 4,17a.
2 Gewühnlich bezieht man die Stelle auf die Lebensmittel, die den Fcld-
arbeitern hinausgcbraclit werden, aber der Ztisanimenliang scheint mir die obige
Auffassung zu verlangen.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 289
es gilt ist. oder nicht« (»nimmt von seinen beiden Seiten und prüft
seine Qualität«): Shi-king 11,6, VII, 3;
TB^ ^. j^P -BL yßi ^S^ shi moh chi k'i jan-'/ou »niemand von den Zeit-
genossen weiß, ob es so ist oder nicht« (»weiß das Ja oder Nein,
Richtigkeit oder Unrichtigkeit«): Shi-ki 63, Ib;
^1^ -^P "B: ^ fe ^^ tcei chi mu-chi tsun-fou »nicht weiß ich mehr meiner
Mutter LeI)en-oder-nicht« (»Befinden«): PWYF. n. Tso- chuan;
^^ ffi^ '^ f ^ ^ ^: ^ä* |>mA Hang Ts'i-teh-chi feng-fou ..man erwägt nicht
der Tugenden von Ts'i Reichlichkeit-oder-nicht« (»Menge«): Ebenda n.
Kuoh-j'ü;
^^ -^ i^ ^^ ^9b itt ^ "tÖi Pö-<^'^' tsi-fou tsai tze hui ye ..der Herrschaft
Hilfe-oder-nicht (Rettung oder Untergang) beruht auf diesem Bündnis« :
Ebenda n. Tso-chuan;
IS^ ^ ,A> ^ B|j cJiu'lio-fou-chi Men »verweilen zwischen Können-oder-
nicht« (»zwischen den Möglichkeiten schwanken«): Ebenda n. Hou-
Han-shu.
Und damit ist dann oiTenbar ein zweites und stärkeres Argument
gewonnen : daß nämlich die Adversativkomposita tatsächlich mit notorischen
Doppelfragen identisch sind. Denn diese Verbindungen mit '/om, die hier
(wie übrigens auch sonst noch) so ganz wie jene, teils als ein Mittelding
zwischen Fragesatz und Nomen, teils als zweifellose Abstrakta gebraucht
werden, — sie sind ja die echten und unbestreitbaren Doppelfragen, von
denen schon oben die Rede war. In der Tat ist die Familienähnlichkeit
zwischen beiden Typen, welche denn auch die Sprache durch Koordinierung
(z.B. "^B^Bu-S^ Tiui-tsien neng-fou »Vornehme und Geringe, Fähige
und Unfähige« : PWYF. n. Hou-Han-shu) und Parallelgebrauch (vgl. die
Beispiele) anerkennt, so groß, daß man zuweilen wirklich schwanken
mag, ob eine solche ybu-Bildung nicht in die andere Liste gehört, z. B.
^ ^^ 'chi-fou oder 0t^ß-, welch letzteres ja auch »Ja oder Nein« be-
deutet. Und so ist es denn auch kein Wunder, wenn mindestens eine da-
von mit fliegenden Fahnen in das Nachbarlager übergegangen ist, nämlich
das oben verbeispielte ^^-S* tsang-p'i (dem man vielleicht noch ^^^^
joh-p'i »Gute oder Böse«, Shi-king 111,3, VI, 4, zugesellen darf); denn
mag der Chinese dem zweiten Gliede hier auch die Bedeutung »schlecht«
imd — offenbar nur infolge seiner famosen Reimklitterung — die Aus-
sprache 'p^i an Stelle des ursprünglichen und beglaubigten 'pm beilegen —
es ist doch nichts anderes als das wohlbekannte fragende '/ou.
Wenn sicli unter den Komponenten dieser Ausdrücke sodann ge-
legentHch auch solche Wörter finden, die uns schon als gerne fragend ge-
brauchte bekannt sind, wie ^ ^you in | ^ ^you-icu oder ^ 'kiu in
Ajc I hiu-Mu, so will ich dem keinen sonderlichen Wert beimessen; aber
dafür fällt lun so schwerer ins Gewicht, daß die antithetischen Komposita
auch als unzweideutige und unverkennbare Fragen, und zwar in
der Regel als echte Dop p elf rage'n konstruiert sein können. Ein Zeugnis
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. 1. Abt. 19
290 CoNRADY : Der altchincsisohe Fragesatz und der steigende Ton.
dafür ist ja schon ohcn (S. 2S"J) d;iu;e\vcsen : jener skeptische Ausspruch des
S lii - k i ^ • • • ffi^ ^ jM Ü JfP ^[i If P ^^^'^^ • ■ ■ '^(i"if t'ien-tao '-shi-ye fn-ye
»ich zweifle, ob vielleiclit . . . der Weg des Himmels so ist oder nicht so ist«
(•ol) es damit seine Richtigkeit hat«)j vgl. noch ferner:
-^IfP^IfP JutTflia^^ '"shi-ye fei-ye, lih erh wany cid »ist es Wahr-
heit, ist es Täuschung? ich steh' und schau' sie an«: Han Wu-tis
Li-fu-j en- ko, Kii-shi-yüan •2,5a;
-^ fläjj^ ik fii^ '"shi-yü fei-yü »ist es so, ist's nicht so?«: PWYF.
Das ist die normale Konstruktion der klassischen Doppelfrage, und sie
findet sich wieder in derjenigen mit ^ — jji/ huoh — huoh »vielleicht —
vielleicht, bald — bald, sei es — sei es« u. dgl.. z. B. : ^ 'S^ t^ ^ct huoh
'//«■ huoh tsang »sei es schlecht, sei es gut, teils gut, teils schlecht'- (PWYF.
n. Yang-tze), | ^^ | 'Kf huoh Jc'ün, huoh ^yu »bald in Rudeln, bald
in Paaren«: Shi-king II, 3, VII, 3; 1 ^ 1 {^^ I fÜ ' ^ huoh Hi
huoh ^ngou, huoh fei huoh 'tsou »bald (ist's) ungerade, bald gerade, bald fliegt
es, bald läuft's« (PWYF. n. Huai-nan-tze), die ja ebenfalls, wenn nicht
den fragenden, so doch den disjunktiven und den Satzcharakter dieser Ver-
bindungen deutlich hervortreten läßt. Mindestens im ersten Falle geht
auch wieder die ^bw-Form parallel: 0t ^^^^^^ jan-hu 'fou-hu »ja oder
nein? habe ich recht oder nicht?» (Gabelentz, a. a. 0. § 663), und
sicherlich auch im zweiten; doch habe ich kein vollkommenes deckendes
Beispiel dafür gefunden. — Nach ganz demselben (in der chinesischen Vor-
liebe für Rhythmus und Antithese tief begründeten ') Prinzip gebildet und
zweifellos eine Frage, wenn auch eher eine doppelte als eine Do])pelfrage,
eher kumulativ als alternativ, ist dann zu guter Letzt auch das vorklassische
ÄBE/Kte-^ (f/!fc^~f iM) "'""'**^<' wu-ta {tsung Jcung yü mal) »waren
es nicht Große, waren es nicht Kleine? (die dem Fürsten auf seinem
Wege folgten)« = »Groß und Klein (Jung und Alt) folgten«: Shi-
king IV, 2, III, 1;
denn | wu ist natürlich nicht etwa ein bedeutungsloses Füllsel (wofür es
ja die Chinesen so gern erklären), sondern es enthält »wie so oft in der
vorklassischen Zeit die Frage. Vgl. das analoge &E -^ fiE ^;/^ wu-chang
wu-yu »Alt und Jung«, das ein Kommentator (Kaiserl. Ausgabe 21, T2a)
dafür braucht. Auch gehört jedenfalls das disjunktive ^ ^ . . . iffi yj>
vm-ta ... wu 'siao, Wi A\ ... 1^ -^ ^wang-siao, . . . ^wang-ta »wie groß
(klein) auch immer«, »sei es noch so groß, sei es noch so klein« des
Shn-king (II, 2, 12 resp. IV, 4, 8) hierher, nur daß sich da frühzeitig die
verstärkende Bedeutung festgesetzt hat, welche die rhetorische Frage ver-
leiht (vgl. ^X^WX puh-hien »ist nicht berühmt«? = »sehr berülmit«), und
daß die beiden Bestandteile in folgerichtiger Übertragung jenes rhythmischen
Grundgesetzes auf den eigentlichen Satz als Gegenstück in einem größeren
» S, oben S. 264, Anm. 1.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 291
Parallelsatz verwendet sind. Möglicherweise darf auch ^ ^^ ^BE W wu-
tung, icu-^hia »im Sommer, im Winter« von Shi-king 1, 12, 11, 3 dazu-
gestellt werden.
Und dem schließt sich dann endlich als letzter Trinnpf die ent-
scheidende Tatsache an, daß nicht bloß diese Adversativkomposita selbst,
obgleich nur in wenigen Vertretern, heutzutage wie mindestens schon in der
T'ang-Zeit direkt als Fragewörter gebraucht werden: ^^^ to-shao,
^% to-hua >.wieviel?.. (vgl. ^ ^ jÜ, M S, if£;S ^D ^^^ •■=^"'"
Nacht kam das Getöse von Sturm und Regen, die Blüten fielen, weißt du
wieviel?" PWYF. n. Meng Hao-jan), ^ M^ to-tsan »wann?«, — sondern
daß überhaujit ihr ganzes Bildungsprinzip in den so überaus be-
liebten Doppelfragen der modernen Umgangssprache fort-
lebt, die durch simple Nebeneinanderstellung von Position und Negation,
ohne Hilfe von Fragepartikeln, zustande kommen und meist die einfache
Frage vertreten: jj^^^^^ ^hdo-püh-^hao »(ist es) gut? (ist es) nicht-gut?«
= ist es gut (oder nicht)?«, »bist du damit einverstanden?«, ^^^ ^ ^^
//(- ^^ ^tsai-hid piih-^tsai-Jcia »ist er zu Hause?« usw. usw. Das ist denn
zugleich so einer der Fälle, wo eine uralte Ausdrucksweise nach langer
Totschweigimg plötzlich in der heutigen Sprache wieder aufersteht; denn
der klassischen ist sie meines Wissens fremd, und selbst die entsprechende
mit Fragewort ist wohl selten — ich finde wenigstens nur ein Beispiel
dafür aus Meng-tze: ^fe 5E. ]^ | ) ngi-hu puh-ngi-hu »war das redlich
oder nicht?« (V, 2, IV, 2) und ein nicht einmal ganz genau passendes au«
Lieh-tze* :^ ^^ | X\ | hi wei hi puh-wei »handelt es etwa? oder
handelt es etwa nicht?« (6, 7b) in meinen Exzerpten: sie hat statt dessen
eben iJire Form auf ^^^'/ou, die dann als die elegantere, den »Geruch
des Altertums« tragende auch in der heutigen Schreibsprache (um mit
Wustmann zu reden) tür die volkstümliche eintritt.
Dies muß nun doch, scheint mir, alle etwaigen Bedenken bis auf den
letzten Rest zerstreuen. Gleichwohl ist es nicht überflüssig, auch noch auf
die Analogie des Tibetischen hinzuweisen, wo alternative Verbindungen
genau wie die Doppelfragen durch Anhängung der fragenden Finalpartikel
an das erste Glied — also der Iktus der Frage auch hier wie speziell in
jener neuchinesischen Form auf dem Anfang! — gebildet werden: gser-
dngul-am zangs-kyi hum-po »Gold, Silber (Fragepartikel), Kupfer-ner Krug«
= »Krug aus Gold, Silber oder Kupfer« (Jäschke, Tib. Grammar S. 76),
und demgemäß auch als Doppelfragen fungieren Vönrnn: nga-am Ico (»ich?
er«) »ich oder er?« (Csoma de Koros, Tib. Grammar S. 105). Denn sie
beweist zu gleicher Zeit, daß auch anderswo die Doppelfrage unter Ver-
zicht auf ihren Satzcharakter wort- oder begriff bildend zu wirken
vermag: diese Verbindungen können ja, wie das erste Beispiel zeigt, ohne
weiteres wie einfache Wörter gebraucht werden. Es ist ja in der Tat auch
nur die Abwesenheit des Frageworts, die alleinige Verwendung des Gefühls-
tones, was die chinesische Form vielleicht auffällig oder verdächtig machen
19»
292 CoNBADv: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
könnte; denn die Wortbildung durch eine äußerlich gekennzeichnete Frage
üchort weder im Chinesischen noch in anderen Si)rachen zu den absoluten
Seltenheiten. So finden wir beispielsweise dort: ^ ^t ^P ^ jiif ^ yÄ
xcu jtt-chi-ho-^i »so ist wohl auch keine Abhülfe möglich« (Ta-hioh X, 23;
vgl. Ts'u-tz'e 3, 18b Komm.) — wörtlich: »es gibt kein Wie-steht's-dainit«,
zu ifrp ^ "fpf Jtt-rhi-ho »wie steht es damit? wie soll man sich dazu ver-
halten?" (»wat sali Een dorbi dauhn?« würde es Jung-Jochen übersetzen);
ÄE ^ 'fpf w?« nai-ho »es gibt kein Mittel« (Shi-ki 6, 321)) — wöi-tlicli:
»es gibt kein Was-hilft-es«, zu | ) nai-ho »was hilft es?« (z.B. ^ | |
lii nai-ho dass., Shi-ki 3, 1 b, 3a, 3b = Shu-king it ^p "q lii-ju-yi
s.o. S. 11); ÄE^g'för wu 'ki-ho »binnen kurzem, bald« (Giles Dict. n.
PWYF. s. I Ao) — wörtlich: »es gibt nicht wieviel (Zeit)?«, zu dem be-
kannten 'Äv, das selber gleich seinen Genossen die Bildung eines neuen Be-
griffes durch den Frageton illustriert; &£ "föj" ^ ^ Ifß rjcu-ho- ^you-chi
hiang »das Dorf des Nichthabens-was-gibt-es« = »Nirgendheim,
Wolkenkuckucksheim« (Chuang-tze 1, 10b) usw. Und was die idg.
Sprachen angeht, so bietet ja namentlich das Sanskrit eine Fülle von geradezu
klassischen Beispielen mit seinen Formen wie kimpurusha »Kobold, Zwerg«,
kinnara (kimnara) — dessen tibetische Übersetzung mi-am-chi »Mensch?
(oder) was?« bezeichnenderweise wieder in das vertraute Geleise der
Doj)pelfrage eingelenkt hat — kimsakhi »ein schlechter Freund«; kimkar-
tavyata, kimkäryatä^ »das ,was zu machen'?« PW ('any Situation in vvhich
one asks himself what should be done': Apte, Skr.-Engl. Dict. s. v. kirn);
kimkara »Sklave, Diener«, yo^Ä-an« »was vornehmend?«, yadvada »ins Blaue
schwatzend« usw. usw. — Formen, die außerdem wenigstens teilweise jenen
chinesischen näherstehen, weil sie nach 0. Richter (in seiner lehrreichen Ab-
handlung über »die unechten Nominalkomposita des Altind. und Altiran.«, Idg.
Studien Bd. IX S. 188, deren Kenntnis ich dem freundlichen Interesse Brug-
mann's verdanke) »syntaktisch ... sozusagen abgekürzte, in ein Wort zu-
sammengedrängte Nebensätze« sind; aber auch europäische Gebilde wie das
berühmte ,vasistas' und vielleicht noch ,^Ir. What's-liis-nanie', dessen chine-
sisches Äquivalent ^£ ^mou »N. N.« den steigenden Tpn aufweist, dürfen
hier wohl eine Stätte finden. Der Fragecharakter jener Adversativkomposita
scheint mir also nach jedei- Kichtung hin befestigt und gerechtfertigt.
Und damit wäre denn wohl der oben geforderte Beweis für die aus-
gedehntere Erhaltung des alten Fragetons geliefert, soweit das in solchen
Dingen möglich ist. Denn sind die Advei'sativkomposita versteinerte Doppel-
fragen, so darf auch bei ihnen der steigende Ton aus jenem, und wiederum
mit vmi so größerem Rechte hergeleitet werden, als uns auch hier derselbe
"bedeutsame Tonwechsel« entgegentritt — der z.B. ^ "^hung »gewichtig,
schwer« aus ) jih\ng »Dicke«, i^ ^fen »schwer» (vom Boden)' aus
) ufen »Erdhügel, Grabhügel« oder m^ 'kui »Gespenst, irdischer Geist«
* l" I \m ^fen-tlu »schwer oder leicht« (vom Boden): Shu-king III, 1,58.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 293
aus H^ Jiui »zurückkehren« (doch nicht in dem sj)ekulativen oder gar
sentimentalen Sinn des »zum Ursj)rung Zurückgekehrten« oder des »Heim-
gegangenen«, wie in der chinesischen Erklärung", sondern im Sinne des
Revenant) differenziert hat — , und das erweitert dessen "Wirkungskreis
mit einem Schlag auf das Sechs- bis Siebenfache seiner bisherigen Größe,
so daß die Wörter mit Frageton-entstammtem steigendem Tone nunmehr
sogar einen recht artigen Prozentsatz ihrer Gattung ausmachen.
Diesem Ergebnis gegenüber will es nun nicht mehr viel besagen, daß
die Fragepronomina, Fragewörter und Fragefinalen wohl mit einziger Aus-
nahme des oben behandelten 'Hi den gleichen oder eingehenden Ton, und
zwar zumeist in der Tiefstufe, haben. Im Gegenteil scheint mir diese Ein-
mütigkeit in der Beil)ehaltung des ursprünglichsten und ganz indifferenten
Tonakzents, die vermutlich doch kein Zufall ist, zu zeigen, daß sie ent-
weder zu vielerlei Betonungen über sich ergehen lassen mußten, lun eine
davon dauernd annehmen zu können, oder eher noch, daß sie dem Iktus
und seinem tonverändernden Eintluß überhaupt nicht ausgesetzt waren.
Gerade das Fragewort und namentlich die Finale wird ja in der Regel nicht
der Träger des Fragetons sein. Und eine zweite Unstimmigkeit ist vollends
wohl nur scheinbar, ja trägt vielleicht sogar noch zur Verstärkung der Position
bei, daß nämlich auch ein gutes Teil der Synonymkomposita dieselben
Tonverhältnisse wie jene adversativen aufweist. Verbindungen wie:
^ M^ ^ A'en- -^moM »Feld — Acker (Morgen)« = »Felder« (Shu-king);
IMl Sl 5-ywara-pM »Obstgarten — Gemüsegarten« = »Gärten, Gärtner«
(Chou-li);
1^^«^ ^M?i^-'Ä:o« »Schlamm — Staub« = »Schmutz« (Ngi-li);
P^ Ö ^men-^hu »Tor — Tür« (zweiflügelige Tür — einflügelige Tür) =
» Türen, Familien « ;
B^ 3x: i-^^"5'-''^0M »blind (mit Pupillen) ^ — blind (ohne Pupillen)« r= »Blinde,
Musiker« (Shi-ki n g). Vgl. ^^ g^ 'Icu- '"meng, "g* ^. ^mang-ku »blind« ;
^^ 'ku-'sou »der Blinde« (N. von Shun's Vater);
niH ^^ ^p'eng-^i/u »Genosse — (Blut-) Bruder ^ = »Fi"eund, Freunde«;
' ^^li-tfc, l§ÄÄ^ '^"'' r-Gespenst«, vgl. Shi-king II, 5,
V, 8) bedeutet kui (»zurückkehren«), es kehrt zu seiner wahren Wohnung zurück«:
Lieh-tze I,6b (vgl. auch Erh-ya,Li-ki u.a.); ■Jf^fl^ A@l§ A" •
Slj/t: A '^ ^T^ K »im Altertum nannte man die Toten Zurückgekehrte (Heim-
gegangene) ... dann sind die Lebenden Wandernde (Pilger)«: Ebenda I, 8b. Das
sind Vorstellungen, die wir für die älteste Zeit gewiß nicht voraussetzen dürfen.
^ Die Bedeutung »Bruder« für "^ ^yn (sonst »Freund«) kommt mehrfach im
Shi-king vor (II, 3, III, 6; III, 1, VII, 3); daß Blutbrüderschaft gemeint sein kann,
möchte ich aus einer der alten Formen des Schriftzeichens schließen, die zwei unter
dem Handgelenk durchschnittene Hände zeigt. Blutbrüderschaft durch Ritzen des
Armes war vor alters wenigstens in »Südchina gebräuchlich (vgl. Lieh-tze 5, 17 a;
bei Eheversprechen: Tso-chuan, Chin. Class. V, 119).
294 Conbady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton.
^^^R ^f^^-^^^f »Pilugstcrz — Pllugsdiar« = »PlUig-.;
^^ huo-'pao »Gilter (Waren) — Schätze- =z >• Reichtümer» (Shu-king);
-I- J4|l 'fn-ti^ »Boden — Erde« =z »Land, Gebiet";
P|/c '/W '^*"^^-^^*' »Gräbchen — (iräben (Rinnen — Kanäle)" t=z »Kanäle«
(Slni-king);
^^^Ö ' shu-tsih (und nnigekehit) »Hirse — klebrige Hirse« = »Hirse, Ge-
treide« (8hi-king);
^^^S t^sao-'mang »Gras — Dschungel« = »bäurisch« (Meng-tze);
^ -^ 'kuany-ta-^ »breit — groß« = »weit«;
M: $^ ^lian-^lcan »dürr — trocken« = »trocken und dürr«;
l'd J^ tsun-toli »ausinessen - — abmessen« r= »erwägen, berechnen» usw. usw.
sind in der Tat häufig. Aber, wie schon die Beispiele zeigen, auch bei
den Synonymkomj)ositis decken sich die zwei Begriffe wohl niemals voll-
kommen, es ist also immer ein wenn auch noch so schwacher Gegensatz
vorhanden, welcher denn auch von den Chinesen durch Verwendung der
beiden Glieder als Antithesen im Parallelsatz (z. B, ^^ Hei und ^-G ^sze\
Yih-king, Hi-tz'e) gebührend anerkannt wird, und sie enthalten darum
auch nicht selten die gleiche Verallgemeinerung des Begriffs (zu abstraktem
oder pluralischem Ausdruck), die uns von jenen andern her bekannt ist,
ja die Grenze ist oft so fadendünn gezogen, so verschwimmend, daß man
in Verlegenheit ist, in welcher der beiden Kategorien man das Wortpaar
unterbringen soll. Wo also der steigende Ton hier nicht überhaupt von
der Zugehörigkeit des betreffenden Wortes zu einem Adversativkomj)ositum
herstammt, da wird er vernmtlich entweder auf derselben Ursache wie bei
dieser oder auf Analogiebildung beruhen. Und dieser letzteren mag wohl
auch der steigende Ton bei Wörtern entgegengesetzter Bedeutung, die nicht
als Komposita vorkommen (wie ^j|/ -^tro, -p ^yü »ich»: v4r ^'w, ^^ ^erh
[alt ^m, vgl. modernes |y^ ^ni\ yh ^nai »du«), seinen Ui'Sjjrung verdanken
— wenn das betreffende Kompositum nicht etwa bloß nicht erhalten ist'.
Sollte das richtig sein, so würde unserm Material eine neue und so
beträchtliche Vermehrung damit zuwachsen, daß die 'schon zuvor nicht
gerade fernliegende Vermutung doppelt gerechtfertigt wäre, der steigende
Ton möchte nicht bloß teilweise, sondern überhaupt aus dem alten Frage-
* Mit noch größerer Sicherheit darf man es wold auf das Konto der Analogie-
bildung setzen, daß die neuere Sprache bei Advei'sativkonipositis den alten ein-
gehenden Ton gerne mit bedeutsamem Tonwechscl in den steigenden \cr\vandelt
hat, z. B. in 'mt| H^t ki-koh (aus k'ot) »hungrig u. durstig« ; '^ ^^ k'uan-chai
(tsek) »breit u. eng = Breite« ; *»' ffn 'kuh-'hsüeh (kut-hiucf) »Knochen u. Blut =
Verwandtschaft« ; nR '^^ ^yü- Himch (ttiuet) »Regen u. Schnee« ; Jt^ T] 'ch'ih
{ch'ikytiun »Elle u. Zoll = Längenmaße«; Mj i^ shan-kuh (kuk) »Berg u. Tal«;
Yiyp 't![|! chih (chik) -cliuh »erhöhen u. erniedrigen«.
Conhady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 295
ton entstanden sein. Das würde der Theorie von der Entstehann; der stei-
genden und fallenden Tonheiigung aus dem Tonsandhi — der gegenseitigen
Tonanpassung in der lebendigen Rede — , die ich seinerzeit aufgestellt habe,
vollends den Garaus machen, zumal diese Genesis auch beim fallenden
Tone zweifelhaft zu werden beginnt; denn es scheint allerdings, als ob er
ebenfalls einigen Anspruch auf Abstammung aus der Gefühlsbetonung hätte.
Die Untersuchung ist hier freilich schwieriger als beim Frageton, weil die
Ausrufe und die sonstigen hier in Betracht kommenden Sätze lange nicht
so scharf umrissen, so unverkennbar sind wie der Fragesatz; doch habe
ich bis jetzt immerhin schon feststellen können, daß die in stehenden Aus-
rufen und Mahnungen oder sonst gern ausrufend (usw.) gebrauchten Wörter
der vorklassischen Sprache späterhin den fallenden Ton zu haben pflegen '
— also ein vollkommenes Gegenstück zu der anderen Erscheinuno; und
darum als eine Ai't Gegenprobe eine weitere Stütze für ihre Deutung. In-
dessen möchte ich diese Hypothese doch nicht ganz zum alten Eisen werfen;
denn das Tonsandhi ist in der neueren Sprache mit allen ihren Mundarten
noch sehr im Schwange und hat hier so zw'eifellos auch analoge Ton-
^ Man vergleiche die folgende Liste der hauptsäcliliclisten davon : ffl<^ king :
I il^ king'-tsai »sei ehrei'bietig!« : Shu-king U, 3,7 u. ö. (zus. 11 mal); vgl.
Shi-king IV, 1 (3), lU u. ö., Ngi-li 3,52b; Inschriften: Tsi-ku-chai 3, 3b;
6, 24a. — ojV kie- \ "ot kie-tsai »sei vorsichtig!«: Shu U, 2, 6 u. ö. (zus. 5 mal);
Shi III, 1, IX, 1; vgl. Ngi-li 3, 52b. — ^^ nien^: \ ^fe nien^ -tsai »denk'
daran!«: Shu II, 2, 7 usw. (10 mal); Shi I, 11, III, 2. — tg mou^: | ^ mou^-
tsai »betätige dich..!-: Shu II, 1, 19 (und noch 5mal). — ^ft kV: »wirf ab!«:
Ngi-li 2, 16a; mit Negation prohibitiv »verwirf nicht!«: Shu V, 17, 8; Shi UI, 2,
IX, 2. — jlp sJiun »halte fest an..!«: Ngi-li 2, 16a; »möge er festhalten!«:
Shi IV, 2, III, 3. — ffl yung^ »mögen sie gebrauchen!«: über 60mal in stehenden
Phrasen der Inschriften (Tsi-ku-chai 4, 19a — 8, 11 a). — i^ sin: flE | vm
sin: »glaube nicht! trau nicht!«: Shi 11,7, V, 1 und sonst; ] sin »wirklich« (in
Beteuerung): Ebenda II, 6, VI, 1 u. ö. — 41^ shen^ »hab' acht auf..!«: Shu II,
4, 2 usw. (zus. 7 mal); Shi H, 4, II, 3 (u. noch 5 mal); Ngi-li 2, 16b (= Shi III, 3,
II, 8); 1 shen^ »wirklich«: Shi II, 5, IV, 1 (^ | ÖE ^ yü shen^ um tsui »ich
habe wirklich keine Schuld!«). — -^ kie »groß möge sein..!« Shi 111,2, III, 1
u. o.; Ngi-li 2,16 b (=: Shi a.a.O.). — Ä u-an^ »10000«, in der stehenden
Formel: xx Ä ;^£ ^x x wän^-nien »dem xx 10 000 Jahre!«: Shi 11,6, IX, 2, 3
u. 5. (zus. 15 mal), desgl. öfters in den Inschriften ; sie ist in der Nebenform ] ^^
wan^-sui der Almherr des bekannten japanischen bdnsai geworden. — -^ ta^:
I ^H; »groß ist fürwahr..!«: Shu IV, 6, 9; Chung-yung XXVII, 1, 3; Lun-
yü m, 4, 1; IX, 11, 1- — § /«■': ÖE I -mißachte nicht. .!«: Shu V, 9, 5 u. ö.;
Shi in, 3, VII, 1 (vgl. ni, 3, VI, 4); Tsi-ku-chai 6, 24a.
29G Conhady: Der altcliinesische Fragesatz und der steigende Ton.
Veränderungen erzeugt — lassen sich die Unterschiede in der Tonbeugung
desselben Wortes in den einzelnen Dialekten meines Erachtens doch gar
nicht anders erklären als aus der notorischen Verschiedenheit dieser ihrer
Sandhigesetze — , daß dergleichen auch für die älteren Perioden kaum ge-
leugnet werden darf. Man wird sich also mindestens vorderhand noch
damit begnügen müssen zu sagen, daß der steigende Ton sehr häufig
(und vielleicht sogar zuerst) aus dem Frageton hervorgegangen
ist — ein Endergebnis immerhin, das, wie ich mit freudiger Genugtuung
sehe, wenigstens in Kern und IIau])tsache mit Wundt's Erklärung der Ton-
akzente (Völkerjisych. I, 2, 8. 401/2) übereinstinunt und auch auf ähnlichem
Wege gewonnen ist.
So hat also Mutter Sprache auch den llüchtigen Hauch eines psycho-
logisch-rhetorischen Tones eingefangen, verdichtet und in der großen
Konservenbüchse der Tonakzente untergebracht, ganz wie sie lange zuvor
schon den logischen Akzent in der höheren Tonserie festgebannt hatte,
und das scheint denn auch ganz ähnlich folgenschwer, ähnlich epoche-
machend (im eigentlichen Sinne des Wortes) gewesen zu sein wie dies
letztere Ereignis.
Denn es macht doch ganz entschieden den Eindruck, als ob die
Bildung der Zweifelfrage durch Finalpartikeln, die mit der klas-
sischen Sprache zur Regel wird, in ursächlichem Zusammenhange mit jenem
Kondensicrungsvorgang stände oder, mit andern Worten, als ob sie der
Ersatz für den verlorenen Frageton sei. Dem scheint ja freilich
entgegenzustehen, daß sie anscheinend schon in der vorklassischen Periode
vorkommt, während anderseits die klassische auch in nicht formelhaften
Ausdrücken noch den partikellosen Typus verwendet, und daß sich endlich
die klassische Dichtung — von Lao-tze* bis zu den »Elegien von Ts'u«
und den Philosophen des 3. Jahrhunderts v. Chr., ja bis in den Ausgang der
Han-Zeit — reimtechnisch in nichts von der älteren unterscheidet. Allein
das sind wohl keine ernstlichen Hindernisse. Denn das finale 5p. ^Ä«
der vorklassischen Texte dürfte in den ])aar Fällen, wo es überhaupt so
vorkommt, vielleicht nicht sowohl als Fragepartikel, denn vielmehr —
im Einklang mit der sonstigen Bedeutung solcher Wörtchen dort — als ein
interjektionsartig gebrauchtes Fragewort^ aufzufassen sein (so z. B. des
hohen Alters der Stelle wegen jedenfalls im pj]' 5j^ 'k'o-?iu Shu-king I, 9
= »geht er an? wie?«) und somit höchstens insofern mit der jüngeren
Konstruktion zusammenhängen, als es iiir einen be([uemen Anknüpfungs-
punkt gewährte; in jenen partikellosen Fragesätzen der Klassizität sodann
wird man ihrer verhältnismäßigen Seltenheit wegen bloß ein letztes Ver-
glimmen des einst so lebendigen Feuers erblicken dürfen — was dann zu-
' Dessen Tao-teh-king übrigens in weit größerm Umfang versifiziert ist,
als man bisher erkannt zu haben scheint.
2 Gabele ntz (Gr. Gramm. § 807) möchte für ) Jiu zwar verbalen Ur-
spnnig vciinuten ; aber meines Erachtens sichert ihm schon die Etymologie (vgl.
rtB Jiu »wie? warum?") die Zugehörigkeit zu den Fragewörtern und -pronomina.
Conrady: Der altchinesische Fragesatz und der steigende Ton. 29/
gleich wohl einen Fingerzeig für die Datierung des steigenden Tones:
nämlich auf den Anfang der klassischen Periode, gäbe * — , und vollends
die klassische Reimteclmik macht doch allzusehr den Eindruck einer be-
wußten Nachahmung der früiieren, als daß sie für einen glaubwürdigen
Zeugen gelten könnte. Man wird also doch wohl berechtigt sein, an jener
Deutung des klassischen Fragesatzes festzuhalten.
Diese Neubildung ist nun aber recht eigentlich ein Wahrzeiclien der
klassischen Sprache, und zwar so sehr, daß das Vorhandensein oder Fehlen
der Finalpartikel meines Erachtens fortan als ein nicht unwesentliches Hilfs-
mittel der Textkritik, als Kriterium für das Alter eines zweifelhaften Werkes^
dienen kann. Wenn also die Versteinerung des F'ragetons (mit der ver-
mutlich die der Gefühlsbetonung überhaupt Hand in Hand ging) auch
nicht eine so völlige, das ganze Wesen der Sprache verändernde Revolution
hervorgerufen hat wie jener Übergang von der Agglutination zur Isolierung,
deren Denkmal die höhere Tonreihe darstellt, so hat sie doch wohl ihren
redlichen Anteil, vielleicht sogar den Löwenanteil, an dem Aufkommen
einer neuen Sprachperiode gehabt. Die größere formale Gebundenheit
der klassischen Sprache, die sie fast als den adäquaten Ausdruck der be-
rüchtigten und in der Tat schon damals leise beginnenden geistigen »Er-
starrung des Chinesentums« erscheinen läßt, — sie ist nicht an letzter Stelle
auch ihr Werk; aber eben damit zeigt sich auch — und dies führt dann
wieder auf den Anfang dieser Erörterung zurück — daß die Starrheit auch
in diesem Falle nichts Ursprüngliches, sondern ein langsam Gewordenes,
eine Erstarrung ist.
* Einen direkten Beweis dafür, daß der Frageton in der klassischen Zeit er-
loschen war, möchten die phonetischen Elemente zu geben scheinen. Denn
ihre ad hoc unternommene Untersuchung hat mir das bisher unbekannte Resultat
geliefert, daß sie mit dem Laut allermeistens auch den Toriakzent übertragen, und
da nun dieses Prinzip der Zusammensetzung in größerm Umfang erst in der Zeit
nach Konfuzius verwendet worden scheint, so ergäbe sich eben, daß der steigende
Ton damals vorhanden war, mithin sein Urheber, der Frageton, abgewirtschaftet
hatte. Da jedoch phonetische Zusanmiensetzungen auch schon früher vorkommen,
so könnte hier nur durch eine ganz genaue, jedes einzelne in Betracht kommende
Schriftzeichen zurückverfolgende Prüfung die nötige Sicherheit gewonnen werden.
2 Wie z. B. des unter Kuan-tze's Namen gehenden Buches, das hiernach
stilistisch nicht dem 7. Jahrhundert v. Chr., sondern der klassischen Periode zu-
gewiesen werden muß.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. I. Abt. 20
298 BQcherschau.
Büclierschau.
Ernst Boersclunann: Die Baukunst und Religiöse Kultur der Chinesen.
Band II: Gedächtnistempel. Berlin 1914, G.Reimer, geh. 36 M.
Uieser zweite Band des großen Werkes über chinesische Baukunst bildet
eine würdige Fortsetzung des in dieser Zeitschrift (Jahrgang XV S. 206 f.)
besprochenen ersten, welcher die Tempel der heiligen Insel P'u-t'o V)ehandelt.
Während diese dem fremdländischen Buddliismus ihre Entstehung verdanken,
tritt uns in den Gedächtnistempeln eins der Hauptmotive der altchinesischen
Religion, die Ahnenverehrung, entgegen, denn diese Tempel sind speziell
dem Andenken berühmter JNIänner der Vorzeit und den Ahnen angesehener
Familien geweiht. Das Werk ist durch sehr zahlreiche, vorzügliche Illustra-
tionen geschmückt, welche auch demjenigen, welcher China nicht aus
eigener Anschauung kennt, eine gute Vorstellung von seinen religiösen Bau-
denkmälern geben. Eine große Menge von Tempeln aus allen Teilen des
Landes werden uns so in Wort und Bild vorgeführt. Besonders eingehend
sind behandelt der Tempel des Chang Liang in Schensi, der örl Lang Miao
in Ssechuan und der bekannte Konfuziustempel in Küfu. Die sorgfältige
Aufnahme aller dieser Tempel durch einen Fachmann hat noch einen be-
sonderen Wert: es wird dadurch das Andenken an diese ehrwürdigen
Kultusstätten, von denen viele schon jetzt dem Verfall entgegengehen oder
durch skrupellose Sammler und Händler zum Teil schon z'erstört sind, der
Nachwelt bewahrt. Der Verfasser beschränkt sich nicht auf eine bloße fach-
männische Beschreibung der Bauten rmd eine Kritik ihrer Konstruktion,
sondern behält dabei stets das religiöse und kulturelle Moment im Auge.
Er berichtet von den geschichtHchen Erinnerungen, welche an den Bauten
haften und den Traditionen, die noch heute im Volke leben. Durch die
Übersetzung zahlreicher, in den Tempeln angebrachter Inschriftentafeln
zeigt er, was die Chinesen bei der Errichtung dieser Bauwerke gedacht
und gefühlt haben. Sehr poetisch und schön sind die eingestreuten Tage-
buchnotizen, welche den Leser in die richtige Stimmung versetzen und ihm
die Schönheit chinesischer Tempel und der umgebenden Landschaft er-
schließen. Der Verfasser liebt seinen Stoff und besitzt die Fähigkeit, auch
andere dafür zu begeistern. In der Kunst der Schilderung und dem feinen
Bücherschau. 299
Verständnis für eine fremde Volksseele erinnert er an Hackmann. Sein
Werk ist noch nicht eine Geschichte der chinesischen Baukunst; um eine
solche schreiben zu können, müssen noch mehr cliinesische Gescln'chtsquellen
in Übersetzungen vorliegen. Vorläufig hofft der ^'erfasser aus den Merkmalen
einzelner Bauten Anhaltspunkte für die baugeschichtUche Entwicklung und
für die Datierung zu gewinnen. Daß er es nicht unternimmt, geistvolle
Entwicklungstheorien aufzustellen, können wir nur billigen, denn dafür
fehlen zur Zeit noch die nötigen Unterlagen. Auf das Studium der chine-
sischen Baukrnist werden diese Veröffentlichungen sehr anregend wirken
luid für eine spätere systematische Darstellung, die uns jetzt noch fehlt,
eine Fülle von zuverlässigem Material bieten.
A. Forke.
Berlin, gedruckt in der Reiclisdruckerci.
Mitteilungen
des Seminars für Orientalische Sprachen zu Berlin
Zweite Abteilung
3
Westasiatische
Studien
Redigiert von
Prof. Dr. M. Hartmann, Prof. Dr. 0. Kampffmeyer
und Prof. Dr. F. Giese
1915
Bedin
Kommissionsvedag von Georg Reimer
Inhal 1.
Seite
Venizelos und Neugriechenland. Von Johannes E. Kali tsunakis . . . 1
Biblische Legenden der Schfiten aus dem Prophetenbuch des Hoseini. Von
Walther Aichele 27
Talniudische Rechtsurkunden. Von Dr. S. Fuchs in Luxemburg 58
AbüHiläl el-'Askerl, Das Kitäb »el-mu'gam fi baqijati 1-esjä'«. Von 0. Rescher 103
Studien und Mitteilungen der Deutschen Marokko-Bibliothek. L Marokko-
Literatur. Zweite Hälfte. Von G. Kampffmeyer 131
Index zur »Marokko-Literatur« I (1911) und H (1915) 170
Bibliographische Anzeige: Elementa Persica. Persische Erzählungen mit kurzer
Grammatik und Glossar von Georg Rosen. Neu bearbeitet von Friedrich
Rosen. Leipzig, Veit & Co., 1915. VI. 195 Seiten. 8°. Besprochen von
Gotthüld Weil 187
Venizelos und Neugriechenland
Von JoiiANNKS E. Kalitsunakis.
' rLreigiiisse zu behandeln, die noch wegen ihrer weltgeschichtlichen Bedeutung
lebendig in der Hrinnerung aller sind und welche man selbst nicht teilnahms-
los miterlebt oder verfolgt hat, ist um so weniger leicht und ungefährlich,
als man sich selbst manchmal in der Beurteilung nnd Wertschätzung dieser
Dinge als nicht ganz iniparteiisch zeigt. Es kommt noch die Schwierigkeit
hinzu, daß man über Personen reden muß, die noch lange nicht ihre
Tätigkeit abgeschlossen haben, sondern sich noch mitten in ihj-em Arbeits-
feld befinden.
Übei- mein Thema zu reden, heißt eigentlich die (ieschichte der
vielbewegten Insel Kreta in den letzten fünfzehn Jahi-cn und diejenige des
Königreichs Griechenland in den letzten drei Jahren behandeln. Denn in
der Geschichte Kretas nnd Griechenlands gibt es selbstverständlich mehi-ere
Berührungsi)uidi.te; tnid es fällt gleich auf, wie oft man einen Namen
trifft, den Namen eines JNIannes, der für die Freiheit und den Fort-
schritt seiner Heimat und seines Vaterlandes mit der ganzen Kraft seines
Körpers wie auch seines Geistes gestritten hat. Dieser ]Mann ist P]leu-
tlieri(js K. \'enizelos (Bci'(^:?.oc).
Ks ist nicht übei'trieben, wenn man die Behauptung aufstellt, daß es
seit der Gründung des griechischen Königreichs 1832 keinen bedeutenderen
Staatsmaini in Gi-iechenland gegeben hat als \'enizelos. Die Pei-sönlichkeit
dieses leitenden Staatsniaiuis ihi-em Wesen und Stieben nach zu verfolgen,
über sein ^\^)llen und Tiui, über sein Ringen und Wirken ein festes und
sicheres Urteil zu gewinnen, das trägt schon in sich selbst reichen Lohn.
Wer war Venizelos!' Woher kam ei*-' Was bedeutet ev?
Geboren ist er am 11. August 1864 (a. St.) in dem Vorort Murnies
bei Canea auf Kreta. Seine Vorfahren llüehteten etwa im Anfang des acht-
zehnten Jahrhunderts aus Sparta nach Kreta, um sich vor den Türken zu
retten. Der ursprüngliche Familienname hieß Ki-ebbatäs (K5f/3,Ö«r«c), und
\'enizelos wai- lusprüuglich ein Taufname in der Familie, bis dahin vielleicht
unbekannt aul" Kreta oder wenigstens nicht gebräuchlich. Man faßte nun-
niehr den Namen Venizelos als Familieimamen auf, der den Namen Krebbatas
vollständig verdrängte. Man gebrauchte walu-scheinlich eine Zeitlang beide
Namen, bis der Name Ki'cbbatäs mehr und mehr in Veri-essenheit «•eriet. Der
' Zum großen Teil als ölfentliclier Vortrag gehalten am Orientalischen Seminar
in Berlin am 20. Februar 19U. — Einige Anmerkungen fügte ich beim Drnclc iiinzu.
Der aufmerksame Leser wird sie nicht ganz überflüssig finden.
Mitt. fl. Sem. f. Orient. Spiacbcn. 1915. H. Al.t. 1
2 Kai.itsl'nakis: Venizelos und Neiigriecheiiland.
Name staiuint vielleicht aus dem Italienischen, manche wollen es aus Buen
Angelo ableiten. Denselben Namen finden wir in Patras und Athen als
Namen größerer griechischer Familien. Eine Faniilie Krebl)at;'is gibt es im
Peloponnes (z. B. in Sparta) noch Jetzt.
Seine Schulbildung genoß Venizelos auf Syra, und nur die beiden
ersten Gvnuiasialklassen machte ei- in Athen durch, in dem damals bekaiuiten
Lvzcum von Antoniades. Er trieb darauf Jiu*istische Studien in Athen und
wiu'de im Jahre 1887 zum juristischen Doktor promoviert. Sodann ließ er
sich in ("anea nieder, um dem Beruf als Rechtsanwalt nachzugehen. Es hat
nicht lange gedauert, und mau erk;unite in der Person des kaum Vierund- 1
zwanzigjährigen eine juristische und rednerische Kraft ersten Ranges. Bei
seiner beruflichen Tätigkeit nahm er vielfach teil an der Verwaltung der
griechisch-christlichen Gemeinde von Canea und wurde frülizeilig, dank auch
seinen Familienverbindungen, Deputierter in der damaligen Kammer der
autonomen türkischen Provinz Kreta. Schon im Jahre 18S9 als 25 jähriger
^Nlann entwickelte er eine lel)liafte Tätigkeit in der kretischen Kammer,
die unter dem Vorsitz des Generalgouverneurs der Insel, Nikolaki-Pascha
.Sartinski in Canea tagte ' und machte seinen Namen in weiteren Kreisen
bekannt. Sein rasch ei'fassender und leicht verarbeitender Geist und seine
hinreißende Beredsamkeit, die sich immer durch tiefe Gedanken auszeichnete,
machten ihn nicht nur zu einem vor Gericht gefürchteten Gegner, sondern
auch in der Kammer zu einem energischen und hochbegabten Vertreter des
Landes. Durch eifrige Studien wurde er später vertratit mit dem politischen
Leben der großen europäischen Kulturvölker.
Den rechten Anlaß al)er, seine Persönlichkeit zur vollen (icltung zu
bringen, gaben erst die politischen Ereignisse und grauenvollen Kämpfe auf
Kreta während der Jahre 1896 bis 1897.
Es sei mir gestattet, einen kurzen Rückblick auf diese Ereignisse und
ihre Ursache zu werfen als Erläuterung und Ergänzung unserer Hauptauf-
gabe. Auf Ki-eta wütete seit 1888 bis 1896 fast ununterbrochen ein Auf-
stand-. lu) Jahre 1889 wurden Privilegien der Insel, die ihr der Vertrag
von llalepa ^ vom Jahre 1878 gewährte, von der Pforte willküi-lich aufge-
hoben, unter dem Vorwande, die parteipolitischen Kämpfe auf der Insel ge-
böten diesen Schritt. Die Christen der Insel verlangten danirilu-e Vereinigung
mit dem Königreich, die Mohammedaner opponici-ten dagegen. Beide Teile
schonten einander Dicht, und es kam zu blutigen Kämpfen, zumeist im
Innern der Insel; 8000 Wohnhäuser, 152 Schulen, 57 Moscheen und 14 Kir-
chen wurden zerstört. Der chi-istliche Gouverneur Nikolaki-Pascha vSar-
' Vgl. KPHTII, 'E»]U£p?; t^; Wvur,; Atoixrcex-c, Jahrgang XXI (1889).
^ Vgl. Ed. Driauit, La Question d'Orient depuis ses origines ju.sijuW nos
joiirs, Paris 1898, S. 259 IF. — C. Alb in, L'ile de Crete, Paris 1898, S. 165 IT. —
A. J. Reinach, La question cri'toise vue de Crete, Paris 1910, S. 52ff. — N. Jorga,
Geschichte des Osnianischcn Reiches, Bd. V, Gotha 191.3, S. 5.50fr.
^ Xalsra, üstliclier Vorort von Canea. Intütnlichenveise wiid er öfter von
namhaften Historikern mit der asiatisch-tiirkisclien Stadt Aleppo (Ilaleb, altgriech.
Clialybon) vei-wechselt.
Kalitsunakis : Venizelos und Neugi'icchenland. 3
inski zeigte sich uniahig, dei- Lage Herr zu werden, iiiul wurde abberufen.
Sein Nachfolger war jetzt ein Türke, Schakir-Pascha, der ziigleicli zun» Zi\il-
und Militärgouverneur ei'uannt wurde. Die Christen der Insel verlangten
natürlicherweise die "Wiederaufrichtung des Vertrages von Haiepa, die Pforte
wollte aber nicht darauf eingehen, indem sie bald leere Redensart(!n, in denen
die schlauen Effendis des Divans von jeher Meisler waren, versprach oder
bald sich gar in verächtliches Stillschweigen hüllte; es erschien sogar nach
Unterdrückung des Aufstandes durch die türkischen Ti-upjjen (Mu Fernian,
durch welchen der Vertrag von Halei)a bedeutende Einschränkungen ei-fuhi-.
Vor allem der Wali konnte jetzt auch Mohammedaner sein, d. h. richtig
aufgefaßt, er sollte Mohammedaner sein, inid zwar mit erweiterter Kom-
petenz; die Zahl der Deputierten dei- autonomen Kammer wurde auf
35 Christen (statt 49) und 22 Mohanunedaner (statt 31) reduziert. Die Gen-
darmerie wurde ferner nicht mehr aus Eingeborenen, sondern aus allen
Provinzen des Kelches, vor allem ans Albanien, rekrutiert; die Steuern und
Zolleinnahmen sollten nicht mehr allein zum Bestreiten der Ausgaben der
\"crvvaltung der Insel, sondern auch für den türkischen Keichsschatz bestinunt
sein, um nur die Hauptsachen zu erwähnen. Die Tliristen konnten sich mit
diesem Ferman keineswegs befreunden, deshalb unterl)lieb die Eiiil)enifiuig
der Kanuner in den folgenden sieben Jahi-en, wo der strenge Älalumid
Dschclaleddin-Pascha, der S[)äter sogar Minister wurde, die Insel verwaltete.
Kv trachtete danach, mit unerbittlicher Strenge und eiserner Faust jede Be-
wegung niederzuschlagen; alles dies in einer Sache, die sich nur durcli weise
Mäßigung inid vei'ständnisvoUes Eingehen aufgerechte Forderungen behandeln
ließe. Hand in Hand mit den Übergriffen der Regierung ging der tibermut
der M(J.iammcdaner auf der Insel. Diese sieben Jahre wai-en eine Zeit voll
Spannung, Ungewißheit und Besoi'gnis.
Mit dem Jahre 1895 kündigt sich eine neue Epoche der orientalisclien
Verwickelung an. Es erhob sich nämlich in diesem Jahre im Innern des
Landes eine Schar von Aufstä-ndischen, die die baldige Wiederherstellung
der schwer erkauften Pi'ivilegien der Insel verlangte und mit einem Aufstand
der ganzen Insel die Pforte bedi-ohte '. Die Pforte, in der Erwartung von
schlimmeren Komplikationen, schickte nach Kreta als Gouverneur den Grie-
chen Alexander Karatheodory-Pascha; gegen diesen ei'hob sich aber das mosli-
mische Element, ja selbst der- iMilitä,rgouverneur Emin-Pascha. Die Pfoite lief
Karatheodory ab und schickte wieder einen Türken, Turkhan-Pascha, als Wali.
Im Herbst 1895 war die Laije der Pforte infolce des armenischen Aufstandes,
' Schon doi' Berliner Vertrag besagt in seinem 23. Artikel »Die hohe Pforte
verpflichtet sich, auf der Insel Kreta das organische Reglement von 1868
gewissenhaft zur Anwendung zu bringen und dabei die etwa billig er-
scheinenden Abänderungen zu treffen. Analoge, den örtlichen Bedürfnissen anzu-
passende Bestimmungen sollen, ausgenonuneu bezüglich der Kreta gewährten Ab-
gabenfreiheit, gleicherweise in denjenigen übrigen Teilen der europäischen Türkei
eingeführt werden, für welche eine besondere Organisation durch den gegenwärtigen
Vertrag nicht vorgesehen ist usw.« s. vonLiszt, Das Völkerrecht, systematisch dar-
gestellt, 9. Aufl. " Berlin 1913, S. 384.
1*
4 Kalitsl'kakis: Venizelos und Neugriechenland.
als die (iroßuiächte auf der Einfülirung von Reformen liestanden und ilu-e
Flotten sich drohend im Ägäischen Meere zeigten, sehr schwierig. Auf Kreta
(h-jingtc man infolgedessen um so mehr zu der Wiedererlangung der besei-
tigten Privilegien; die Bewegung wuchs, es kam sogar zu der Belagerung
einer türkischen Besatzung in Wamos ', welche die TürktMi im April 1896 nur
unter großen Verlusten retten konnten. .letzt kam es zu den erhilterteu und
grauenvollen .Straßenkämpfen in Canea im Mai 1896, deien Augenzeuge ich
selbst war. Der .\ufs(and verbreitete sieh rasch auf der ganzen Insel ; die christ-
lichen Dörfer in der Nähe der Städte wurden, wie gewöhnlich, von den Türken
ausgepliiudert und niedergebrannt; die Christen rächten sich auf ähnliche
Weise und vernichteten die türkischen Dörfer im Iiniern des Landes. Die
Folge davon war die Einmischung der Großmächte, welche auf den Vorschlag
Rußlands den Sultan endlich veranlaßten, diu"ch ein Irade vom 1. September
de.sselben Jahres den Kretenserii eine noch größere Selbständigkeit zu ge-
währen. Die Ausführung dieser Reformen sollten die Konsuln selbst über-
wachen. Der Gouverneur sollte Christ sein, und seine Ernennung sollte nur
im Einverständiu's mit den Großmächten vor sich gehen Die Gendarmerie
sollte durch europäische Offiziere organisiert werden. Das Finanz- und
Gerichtswesen wurde so geordnet, daß der Insel eine gewisse Unabhängig-
keit in diesen Punkten zugesichert wurde.
Trotz der traditionellen Verschlepptmgspolitik, die sich die Pforte vor
allem in den kretischen Angelegenheiten zur Regel gemacht hatte, fürchtete
s'ie diesmal, unter dem Druck der entscheidenden Schi-itte der Großmächte,
diese Politik nicht anwenden zu dürfen. Die Insel begann sich zu beruhigen,
der neue Gouverneur, Georg Berovitch-Pascha, landete in Kreta, ein englischer
Oberst wurde erwartet, die tapferen Montenegriner kamen als Gendai-merie der
Insel, eine Anleihe wurde geplant, und alle Anzeichen waren da, daß die Ruhe
endlich wieder in dieses vielgeplagte, arme Land wiederkehre. Plötzlich, wie
auf Verabrediuig, erhoben sich die ]Mohammedaner in den Städten — denn auf
dem Lande konnten sie nichts ausrichten — gegen die Anwendung dieser
vom Sultan feierlich eingeleiteten Reformen, steckten das christliche Viertel der
ll;ni[)lstadt der Insel in Brand, metzelten mehrere hundei-t Personen nieder
und j)Iünderton alle christlichen Läden, die sie erreichen konnten. Alles dies
geschah unter den Augen der Konsuln und der Kriegsschiffer,' die vor Canea
ankerten. Der Gouverneur Berovitch-Pascha hatte keinen Platz mehr in
der Stadt, er llüchtete in eins der griechischen Kriegsschilfe, die inzwischen
eintrafen, und von dort aus Höh er nach Venedig, wo er jetzt noch lebt.
Nachdem seine weiten Landgüter in Albanien von der türkischen Regierung
konfisziert worden waren, zahlten ihm die ki-etische und jetzt die griechische
Regierung eine Pension. Zum erstenmal seit der Gründung des König-
reiches erschienen also jetzt griechische Kriegsschiffe vor Kreta. Früher
mieden sie innner ängstlich die Gewässer der anmutigen Insel, um nicht
durch ihre Anwesenheit den Funken in das Pulverfaß des Aufstandes zu
werfen. Jetzt aber lagen sie doi-t, um die L.uidiuig türkischer Trupi)en
' Bapo;, ui der westlirlien Provinz Apoköronas.
Kalitsi-nakis: Vciii/.elos und Nengiicchcnlainl. 5
auf der Insel nötigenfalls auch durch Gewalt zu verhindern. Außer den
griechischen waren auch, wie schon oben beniei-kt, Kriegsschiffe der Mächte
dort, darunter auch der deutsche Kreuzer »Kaiserin Augusta«, der am
21. Februar vor Canea einlief. Wenige Tage nach dem Eintreff"en der
griechischen Kriegsschiffe landeten auch griechische reguläre Truppen auf
der Insel unter dem Befehl eines Adjutanten des Königs, des Obersten \\assos,
der auch die Besitzergreifung der Insel im Namen des Königs der Hellenen
proklamierte. Die flächte, deren Truppen inzwischen die Städte der Insel
besetzten (darunter waren auch 95 deutsche Seematrosen), mißbilligten dieses
Vorgehen der Griechen und erklärten die Annexion als unzulässig, wohl
aber erklärten sie die Autonomie der Insel unter der Suzeränität des Sultans
als geboten. Sie proklamierten auch dieselbe mit Zustimmung der Türkei
am .")./17. März 1897 '. Der von den Mächten verlangte Abzug der griechischen
Truppen innerhalb sechs Tagen erfolgte nicht; denn in Athen fühlte sich
die Regierung nicht stark genug, um diesen Schritt vor dem griechischen
Volke zu verantworten. Es kam dann zu dem unglücklichen Griechisch-
Türkischen Krieg von 1897, dessen Ausgang die Kreter nötigte (am
16./28. Oktober 1897) die Autonomie der Insel unter türkischer Oberhoheit
anzunehmen ^ falls die türkischen Trupjien die Insel räumten. Während
der griechisch-türkischen Friedensverhandlungen verhandelten die Mächte
mit der Pfoi'te weiter über Kretas Zukunft, und zwar sowohl hinsichtlich
des Gouverneurs als auch der Miliz, die nach Abzug der griechischen Avie
auch der türkischen Truppen für die Sicherlieit auf der Insel sorgen sollte.
Daneben verhandelten die Admirale der vier Flotten (Deutschland und Öster-
reich hatten sich inzwischen zurückgezogen und «die Flöte im Konzert nieder-
gelegt« '•') mit der Versannnlung der Aufständischen, deren ei'ster Präsident der
damals 33jährige Venizelos war. Am 25. August 1897 (a. St.) schrieb Venizelos
an den Vorsitzenden der Admirale, den italienischen Admiral Canevaro, der
später italienischer Minister des Äußern wurde, unter anderem auch folgendes:
»Ich bin fest überzeugt, daß die einzige Lösung der Kretafrage nur die Ver-
einigung der Insel mit Griechenland sein wird. Aber diese meine Überzeugung
verblendet mich nicht, die Gebote einer Realpolitik zu übersehen. Seitdem
das Königreich Griechenland seine Truppen zurückziehen und der Autonomie
der Insel zustimmen nuißte, vertrete ich inuner den Standpunkt, daß wir
die Beschlüsse der Mächte ohne weiteres anzunehmen haben und die uns
gewährte Autonomie als eine neue Station auf dem Wege zu der Vereinigung
mit dem Königreich betrachten müssen. Ich bin weiter fest überzeugt, daß der
unhaltbare Zustand, in dem sich die Insel befindet, bald aufhören wird
und durch die Einführung dei- versprochenen vollkommenen und wirklichen
^ «La Crete sera dotee par les Piiissaiices d'nii rogiine autonome absolurnent
effectif sous la haute suzerainete du Sultan.»
2 .Sie erklärten, sie nehmen das Versprechen der Mächte an: » d'assurer ä
l'ile un regime d'autonomie coniplete et absolurnent effective destinee ä doter la Crete
d'uu gouvemement separe sous la simple suzerainete du .Sultan, sans aucuiie ingerence
turque dans les affaires intcrieures de l'ile •>. Blue-Book, Turkey 3, 1898, Nr. 238, 2.
^ Vgl. die Rede von Bülows im Reichstage am 8. Februar 1898.
ß Kalitsunakis: Veiiizelos und NeugriecliciilaiiH.
Autoiutinip und durcli dio KiitlVi-mini; ;dIor tüikisclKMi Tnippoii riiie n«^iio
Ära der i'riedliclini iiiid kiiltiii-cdlcii Kiitw ickluiiu; dieses unglücklichen
I-andes ci"f()li;eu wird»'. Nach \'eni/.eli)S wurde .1. Sphakiaiwikis Vorsitzender
der Aufständischenversainndung. Kr wurde von \'eni/.elos in atifojjferndei'
Weise in seinem Amte unterstützt.
So /.ogcn sich die Dinge hin his Juli 1898, als auf Beschluß der Adnu'rale
ein Komitee aus der Versammlung gewählt wui'de, welclics die Verwaltung
der Insel ühernahm. Diese erste autonome Behörde der sich allmählich von
der Türkei losreißenden Insel bestand aus sechs Personen, und unter diesen
war auch Venizelos. Doch was half alles Kämpfen und Kingen! Die türki-
schen Truppen blieben innner weiter auf der Insel, und gerade dies hielt
die Entwicklung der neuen Ordnung im höchsten Maße auf. Die türkische
\'erblendung aber, die sich inuncr in der Vei'waltung zeigte, löste sogar auch
diese Schwiei'igkeit. Als die Englä.nder, die die größte Stadt der Insel,
Heraldeion (Candia), besetzten, im September 1898 die Erhebung des Zehnten
ins Werk setzen wollten, kam es am 25. August (6. Sept.) zu den grauen-
vollen Ausschreitungen in dieser Stadt, wobei auch das türkische reguläre
Militär eifrig mithalf. Die Türken steckten das christliche Viertel nacii der
altbewährten Methode in Brand und töteten nicht nur Griechen, sondern
auch Matrosen und Offiziere der Kgl. Englischen Marine, ja sogar den
doitigen englischen Vizekonsul Kalokaii'inös, einen Griechen von Geburt.
Dann't war das Schicksal der türkischen Armee auf der Insel besiegelt. Die
Mächte verstärkten zwar ihre Kräfte auf der Insel, die Pforte aber auch ihre
A'erschleppungstaktik. Die englische Regierung ei-klärte inzwischen unum-
wunden, daß sie in ihrem Distrikt der Insel keinen türkischen Soldaten mehr
dulden würde, und traf alle Maßregeln, die vollständige Ausführung dieses
Entschlusses durchzuführen,. Im Oktober 1898 richteten alle Mächte ein
KoUektivultimatum an die Pforte und erklärten ihr, sie seien entschlossen,
vorzugehen, denn dies ge!)iete die Ilmnanität tuid die Sorge um den Frieden.
Die Tage der türkischen Herrschaft neigten sieh dem Ende zu. Die Pforte also
wurde aufgefordert Ȋ ra[)peler dans Ic delai d"un mois toutes les troupes
tnrqneS", widrigenfalls die Mächte »se vcrrcront dans Tobligation de re-
courir immediatement a des mesures decisives«. Der Pforte blieb nichts
welter übrig, als ihr Militär und ihre Funktionale, wenn'auch mit einem
gewissen Widerstehen, abzuberufen. Und so entledigte sich Kreta eines
schweren Joches, das es mehr als 250 Jahre lang trug. Die Suzeränität des
Sultans auf der Insel zeigte eine osmanische Flagge, die zusammen mit den
Flaggen der viei* Schutzmäehte auf einer einsamen Felsenklippe am Eingang
der großen Stidabai gehißt wurde. Dieselbe Klippe war auch seltsamei*-
weise die letzte Station der venezianischen Flagge. Im Dezend)er 1898
landete der Prinz Georg von Grieehenland, der älteste Bruder des jetzigen
Königs, auf Ki-eta utid übernahm die Ver\yaltung der Insel als Oberkom-
missar ( Trr«rcc AjaoT7Tov ^pcvr\ua. tcu Kp»]-
Tixot Kaw. Kiqpvccei Ty\v avAaptr^ciav tr^r Kpr;T»]? xaf t/jV eVwciv airrJ^? fjsra Tr; EXXa5c;
CTt'ji^ UET aurric UTtojikkcr^ a^iaipsTOv •/(a.i a^iacnaciov cwiayuatiiiov Hacit^unv. \\aca.r)fjiEpi3o; -rr-i; KußEpi/r;c-£w; \v KpriTV], von
demselben Datum, äpi9u. 1).
Kalitsunakis: Veiiiz.olos uiirl NeiigriccIuMilaiid. 9
Königs gefüllt, die clifistlichcn Beamten schwuren tlen Anitseid auf den König
der Hellenen usw. Durch ihre Note vom 15./-8. Oktober 1908 erklärten die
Mächte, daß sie nicht abgeneigt seien, die Erörterung der Vereinigung mit
Wohlwollen ins Auge V.u fassen, falls die Ordnimg auf der Insel nicht ge-
stört werde '. Das von dem iumicm Kegime aber überrnschend gesteigerte
chauvinistische Nationalgcfülil der Türken wollte nicht nur von einer Ver-
einigung der Insel mit Griechenland nichts wissen (auch eine Entschädigimg
wurde abgeschlagen), sondern lehnte irgendeine iSchmälerung der angeblichen
Rechte der Türkei cneigisch ab. ja man träumte von einer Wiedererobcrmig
der Insel.
Im Juli 1909 beschloß man auf Kreta nach dem Abzug der Truppen der
JMäciite die griechische Flagge, die sonst überall auf der Insel die autonome
kretische ersetzt hatte, auch auf der Bastion Firkä der Hafenfestung von
Canca aufzuziehen. Dort wie auf einer amtlichen Stelle war die kretische
Flagge bis 13./2t!. Juli 1909 nn't den vier Flaggen der Schutzmächte gehißt
worden. Die Pforte suchte um jeden Preis einen Casus belli gegen Griechen-
land zu finden, um von den inneren Wiri-en abzulenken. Dies gab den ge-
wünschten .\idaß zu drohenden Schritten der Pforte in Athen. Venizelos, der
Mitglied des regierenden Ausschusses war, erkaimte sogleich die erschreckende
Gefahr und empfahl dem Landtag dringend, dem Wunsche der Mächte nach-
zugeben, um der Gefahr des Krieges mit der Türkei entgegenzuarbeiten. Es
handelte sich, sagte Venizelos, in diesem Falle um die Hissung der griechischen
Flagge nur an dieser Stelle, der Standpunkt der Mächte — ■ deren Wohlwollen
tiir Kreta so nötig war — , daß der Status(|uo der Insel so bleiben müßte, wie
er am Tage des Abzuges der europäischen Truppen war, war gerechtfertigt.
Überhitzte und unversöhnliche Patrioten in dem Landtage wollten nichts von
Nachgeben wissen. Vergebens suchte Venizelos in Mäßigung und staats-
männischer Einsicht ihnen (in der Sitzung vom 4./17. August 1909) klarzu-
machen, daß das Interesse des Landes verlange, den Mächten in diesem un-
wichtigen Punkte nachzugeben, das sei das klare Gebot der Notwendigkeit^.
»Die Forderung der Mächte«, fuhr er fort, »ist völkerrechtlich gerecht-
fertigt. Nach dem Völkerrechte sind zwar alle Staaten gleich, die Groß-
mächte aber haben sich das Recht der Einmischung in die inneren Ange-
legenheiten der kleineren Staaten angeeignet. P^s mag sein, daß dies den
Ehrgeiz der kleinen Staaten verletzt; man kann aber nicht leugnen, daß da-
mit eine allmähliche Umgestaltung des Völkerrechtes zum Nutzen der Kultur
sich vollzieht. Diese Umgestaltung wird vielleicht einmal die Organisiei'ung
Europas nach dem Muster der Vereinigten Staaten Nordamerikas unbewußt
herbeiführen." All dieses half Jedoch nichts. Da die Mächte aber diese
Hartnäckigkeit der eifrigen Patrioten nicht dulden wollten, landeten in der
Frühe des 18. August 1909 bewaffnete Matrosen der inzwischen vor Canea
' « Elles (les quatre Puissances Protectrices) iie seraient pas eloignces nean-
iiioins d'envisager avec bienveillance la discussion de cette question avec la Turquie,
si l'ordre est niainteiiu daiis l'ile, et si d'autre part la securite de la population rmisul-
maue est assuree. »
2 Vgl. seine Rede in der Zeitung von Canea Kr,pvB, IL Avyova-jov 1909, Nr. 121 .
10 Kautsl'sakis: Veiiizelos und Neugriecheiiland.
einjietroffV'iion Krie.üj.sscliifTe, dii' den Flap;genmast — die Flagge \v;ir noch
nicht gehißt — ahschnittcn und in vier Teile unter sich verteilten !
Damit aber waren die Schwierigkeiten, mit denen man doi-t zu
kiiinpfcn hatte, nocli nicht erschöpft.
Ms entstand später die Frage der Beteiligung Kretas an den griechischen
^\'alIlen, welche ahcr die Mächte diu-ch ihre Note vom 30. Januar/12. Fe-
l»ruar 11>10 untersagten', sowie auch die Frage dei" Zulassung der moham-
medanischen Deputierten in den Kretischen Landtag oiuic Leistung des Treu-
eides auf den König der Hellenen "■'. In bezug auf die damals viel bestrittene
Frage, ob der Sultan Suzeränität oder Souveränität auf der Insel
haben solle luul im allgemeinen über die internationale Lage Kretas, seiner
Rechte und seiner HofFnimgen, überreichte der unter dem \'orsitz von Veni-
zelos die Insel verwaltende neuer Ausschuß am 16./29. Mai 1910 den Schutz-
mächten eine Note als Antwort auf die erwähnte Note vom 12. Februar 1910
und zu gleicher Zeit im Anschluß daran ein ausführlicheres Memoire, in
dem er seine Auffassung von dem geltenden Statusquo darlegte und in dem
er die Mächte bat, die Frage doch nur in nationalgi-iechischem Sinne zu
lösen, denn Jede andere Lösimg würde keine Garantien von Dauerhaftig-
keit bietend
Die Zulassung der 31uliauunedaner in der Kammer im Juli 1910 ohne
Treueid auf den König der Hellenen, die ich kurz vorher erwähnte, erwirkte
Venizelos nicht leicht und nicht ohne persönliche Uefahr. In der historischen
Sitzung des Landtages vom 26. Juni/19. Juli zeigte «Venizelos mit Umsicht,
Klugheit und Festigkeit die Tragweite der beiden Übel, des Unterwerfens
' «Les Coiisuls (Jeiiöraux de (. . .) sont charges par leurs Gouvenienients de
notifier (. . .) que les quatre Puissances ne sauraiont adniettre la partioipation de la
population de l'fle aux elections qn'il est queslion de faire en Grcce. Si malgre la
notifiration de roppositioii fonnclle des (juatre Puissances celto participatioji paraissail
devoir sc produire, Elics pirndiaieut des niesures cffcctives pour cu enipechei' la
rcalisation.»
2 "Les Consuls Gcneraux de (. . .) ont riioimeur de faire savoir au Coinite Exc-
curif Crctois que si l'Asseniblce Crötoise, au nioiuent de sa proehaiue reunion, uc
rcvoit pas les deputes appartcuant ä la confession Musulniane, saus exiger d'eux la
prestatiou d'un serment contraire k leur sentiuient, les quatre Paissances Pi-otectrices
aviscront ä tellcs niesures (jui leur paraitront opportunes pour regier la Situation
en C'rcte» (Note vom 27. Mai/9. Juni 1910).
^ Es hieß dort unter anderem : «Le peuple f'refois, qui sort ä peine d'.une
lutte inegale et cruelle, a la conscienoe profonde de son droit. Sa cause lui est
sacree. Ses revendications sont legitimes; rien ne pourra Ten dctourner. L'histoire
des dernieres annces et les faits exposcs dans le Memoire ci-joint prouvent assez
que la Crete ne peut vivre en deliors des institutions grecques. L'attraction nationale
vcrs la Patrie-mere est teile que tont Göuvenicnicnt autre que le Gouvernement
Hullenique doit erder sous rimpopularitc et la dösalFection publique et le manque
dautorite; nnl autre, aussi fort soit-il, ne peut ofTrir en Crete les garanties indis-
pensables de duröe et de secuiite, qui apporteront au pays la confiance et le bieii-
etre dont .il -a tant besoin» (s. Jlapap-cr-/ua Trc 'E4>*ipefi^oi; usw. vom 31. Matou 1910
api9p. 30. — Die Denkschrift s. im Anhang).
Kalitsunakis: Venizelos und Neugrieclienland. 11
unter den Willen der Schutzniächte und des Trotzes; er zog in einer muster-
gültigen Rede aus beiden Übeln die Schlußfolgerungen und zeigte, wie groß,
wie unermeßlich groß die Kluft ist zwischen der j)()litischen Stimmung imd
der j)olitischen Tat. Unbeirrt durch Drohungen suchte er die Kreter zu
einigen und Trennendes zu l)eseitigen. Er schloß seine Rede, ihm sei nur noch
kurze Zeit zum Leben ])esc]iicden, aber diese Zeit gehöre dem Vaterlande '.
Die Schwierigkeiten mit der Kretafrage ^ die sich immer gefährlicher
iur das Königreich Griechenland gestalteten, und die damaligen schwachen
Kräfte Griechenlands, das trotz des erregten Gefühles für die Ehre des
griechischen Namens die Drohungen und Herausforderungen der Pforte über
sich ruhig ergehen lassen mußte, riefen eine Militärrevolution in Athen
hervor. Es wm-de ein Militärbund gebildet, unter dessen Kontrolle die Re-
gierung arbeiten mußte. Dieser Bund nalim die Zügel der Verwaltung in
die Hand und verlangte eine völlige Reorganisation der Armee und der
Marine sowie eine radikale Änderung des Staatslebens. Die Lage aber in
dieser innergriechischen Krise wui'de auch für den Bund allmählich un-
bequemer, und der \'orschlag, den man schon im Januar 1910 machte.
Venizelos ans Kreta herbeizurufen und mit ihm die Lage zu besprechen,
fand den allgemeinen Beifall^.
Wie standen nun damals die Dinge in Griechenland? Derjenige, der
Griechenland und seine Verhältnisse genau kennt, mußte sich in den letzten
25 Jahren über die Kommentare wundern, mit denen beachtenswerte Organe
der westeuropäischen Presse die Lage in Griechenland und Ki-eta begleiteten.
Die politischen und sozialen Bestrebungen des griechischen Volkes, die Ur-
sachen, die seinen Fortschritt hinderten und liemmten, selbst der sonst ver-
derbliche Einfluß des Parteiwesens auf die geistige Elntwickelung des Volkes
usw. waren Fragen, welche fast immer falsch beurteilt wurden. Man ver-
kannte immer die Bedingungen, xuiter welchen das Königreich errichtet
wurde und sich von dem politischen Joche fremder Gewalten losgerim-
gen hat. Es waren Bedingungen, welche seine F^xistenz immer wesentlich
beeinträchtigten, ja sogar bedrohten. Durch das Londoner Protokoll von
1830 wiu"de Griechenland zu einem souveränen Königreich erklärt. Leider
waren die geographischen Grenzen des Königreiclies so eng gezogen, daß
ein Prinz, der zum König ernannt werden sollte, der Prinz Leopold von
Sachsen-Kobui'g-Gotha, die Königskrone, die ihm von den Griechen und
den Schutzmächten angeboten wurde, ablehnte. Er bemerkte unter anderem,
die von den Mächten garantierte Grenzlinie sei zu eng gezogen, um Griechen-
land lebenslahig zu machen. In dem ewigen Bestreben Griechenlands, seine
Konnationale in der Türkei zu schützen, wird der zukünftige Historiker
1 Diese Rede erschien in der Zeitung von Oanea Krpu?, 29. 'lom/oi; 1910.
Nr. 165.
2 Vgl. (Steph. Dragounies) Evojrig, Kp/]T(xcv vTiöixvYifia, Athen 1909, vS. 1—32.
^ Vgl. den Leitartikel »Griechenland und Kreta« in der Vossischen Zeitung
(Nr. 33, 20. Jan. 1910), in welchem aber manches aus einem falschen Standpunkt be-
urteilt wurde.
12 Kalitsunakis: Vriii/.clos und Nt.Migri«'clKMil;iiiH.
(las llaiij)tleiden dieser Periode der ffriecliisclien Gescliichte linden. Wer
das griechische Volk daniin schelten will, dein fehlt die Fähigkeit, die Leiden
Verwandter zu empfinden, und auch die Fähigkeit, den grieciiischen Patrio-
tismus, der nun einmal anders geartet ist als der anderer \'ölkei", zu erfassen.
Endlich wurde in dem Prinzen Otto von Bayern, dem Sohne des griecheii-
freundlichen Königs Ludwig, ein Thronkandidat, der allen Mächten und
Parteien genehm war, gefunden. Vom Jahre 1833 bis zum Juni 1835 über-
nahm eine bayerische Regentschaft die Zügel der Regierimg. Es war ihr
aber nicht beschieden, sich bleibende Verdienste zu erwerben. Sie machte
1835 der Regierung des inzwisclien volljährig gewordenen Otto Platz.
"Während der langen Regierungszeit Ottos wuchsen Bildung und Ge-
sittung, Handel und Ackerbau im Lande blühten auf, doch die Sehnsucht
des Königs und des Volkes nach Ausdehnung der Grenzen des Landes bliel»
unerfüllt. Die Aufstände in Kreta und die Erhebung der Griechen in E[)iriis
und Thessalien im Jahre 1(S54 hatten keinen Erfolg. Im Oktober 1862 mußte
der König einer Revolution weichen, welche, von seiner eigenen Armee unter-
stützt, i'ast ohne Blutvergießen verlief. Nach der Vertreibung Ottos ergriff
eine jjrovisorische Regierung die Zügel der Verwaltung, und nach kurzem
Interregnum wurde der Jimge Prinz \\'illielin von Dänemark als König
(ieorg 1. im Jahre 1863 auf den griechischen Thron lierufen. Die an seine
Thronbesteigung sieh knüpfende Voreinigung der Ionischen Inseln mit
Griechenland war eine Erwerbung, die für die neue Dynastie günstig
war. Im Jahre 1881 kam dann ein zweiter größerer Gebietszuwachs durch
die Al)tretung eines größeren Teiles von Thessalien und eines Teiles von
Epirus. Selbst nach dem unglücklichen Krieg von 1897 wurde durch
Griechenlands kühnes Eingreifen unzweifelhaft die kretische Frage gefiu'dert,
denn mit der Autonomie der Insel wurde die heutige Annexion vorbereitet.
König Georg, dessen Märtyrei-tod allgemein und aufrichtig von der Nation
beklagt wurde, hätte vielleicht eine geschichtlich iK)ch wichtigere Rolle in
der Wiedergeburt Griechenlands spielen können, wenn er sein Volk in seinen
Absichten und Plänen noch mehr verstanden und ermutigt hätte; er war
kein Mann einer stolzen Initiative oder eines bestinunten j)olit.ischen Zieles.
Er ließ klugerweise den verschiedenen politischen Parteien, die ans Ruder
kamen, freie Hand und Bahn, trug aber auf diese Weise zu der Bildung
von Parteien l)ei, die wohl einen Führer, jedoch keine Prinzipien hatten.
Er hielt sich fast stets mit großer Peinliclikcit von dem direkten Eingreifen
in die tobenden Parteildimpfe fern. Gewiß nicht zum Nutzen des Landes.
Er hatte ferner keine großen soldatischen Interessen und verabsäumte eine
rechtzeitige Schulung der Nation durch den Heeresdienst. Griechenlands
Lage wurde von den Jahren 1866 — 1869 lebhaft berührt. Im Jahre 1886
versuchte Delijannis, seinem Vaterland'e einen weiteren Gebietszuwachs zu
verschaffen und für den in Mazedonien durch die Bulgaren gefährdeten
Hellenismus einzutreten. Dieser Vei'such aber endete nu't einer Demütigung
des Königreiches und verursachte nur unnötige Geldausgaben. Die Schulden-
last wiiclrs allmählich durch kostspielige Wegebauten, durch den Bau von
Krieg-sschüFen, durch die Unterstützung der immer nach Griechenland fluch-
Kalitsunakis: Venizelos und Neiigriechenland. 13
tenden Kreter, während durch Ül)erpi'üduktion die Preise des die finanzielle
Lage des Landes hestinnnenden Produktes, der Korinthe, fielen, so daß
ein .Staatsbankerott stattland, der dem Lande uiiernießliehen Schaden be-
reitete und (ii-ieclienhinds Ansehen untergrub. Unter solchen mißlichen Um-
stünden nuißte das Künigi-eich im Jahre 1897 den Krieg gegen die Tüi'kei
unternehmen, es fand sich einer erdrückendentlbermacht gegenül)er und unter-
lag. Trotzdem schienjetzt eine stille und emsige Arbeit zuder Wiederaulrichtung
des Landes und des Staates zu beginnen, aber es fanden sich nicht die rechten
Männer, die die Führung übernehmen wollten oder konnten; die Parteien
wüteten weiter, für die Entwicklung des Nationalwohlstandes, für die Be-
seitigung der großen Schäden in der Verwaltung, für den Ausbau der Wehr-
kraft geschah sehr wenig. Dazu kamen die Schwierigkeiten mit Kreta, zu-
sammen mit der allgemeinen orientalischen Fi-age. Die Hoffnung, daß die
alten Politiker etwas Tüchtiges leisten konnten, mußte man den Kindern
überlassen. Deshalb war es klar, daß Venizelos von der ganzen Nation
warm und herzlich begrüßt wurde, als er sich erbot, die Führung in der von
allen sehnlichst erwarteten Wiederaulrichtung des Landes anzunehmen. Das
von Natur unglückselig ei-scheinende Volk erkannte in ihm den Mann, der
nicht nur den Willen, sondern auch die Kraft hatte, das Elend der Zerrissen-
heit uml Zerplitterung, das er scharf vor Augen sah, zu beseitigen. Venizelos
kam also als aufrichtiger \^ermittler und mit dem gerechten Bewußtsein, daß
er fähig sei, in der ernsten Zeit ein gutes Wort zu s[)rechen.
Man konnte sich erfreuen an diesem Anblick höchster Menschenkraft,
die jetzt Venizelos entfaltete. Ein gewaltiger Maini i-üstete sich, inmitten
großer Gefahren im verwegenen Kampfe gegen alle und alles, die Führung
zu übernehinen und verworrene Verhältnisse zu bemeistern, zum Heile
seines V^aterlandes. Er war der richtige Mann; der einzige vielleicht, der
sein V^aterland in jener schwei-en Stunde aufrechterhalten konnte. Solange
er auf Kreta tätig war, fehlte ihm jede Möglichkeit, auf die griechischen
\'erhältnisse erfolgreich einzuwirken. Er legte also seine kretischen Ämter
nieder und ging nach Athen, überzeugt, daß auch das verbittei-te Volk an
seiner Seite stehen würde, entschlossen, ihm in seiner mühevollen Arbeit
der Aufrichtung des Staates zu helfen. Nach manchem Hin vmd Her über-
nahm er am 18. Oktober 1910 die Bildung eines Ministeriums in Athen und
brachte so die stauende Masse des griechischen Volkes in Bewegung. Man
mag nun streiten, ob Venizelos seine E^poche oder die Epoche und die
Gunst der Umstände ihren Mann geschaff"en hat; zeitlich fällt dieser Auf-
schwung mit dem Auftreten dieses Genies zusammen, und gerade das ist
ein großes Verdienst des verstorbenen Königs, wie es auch von anderen
richtig bemerkt worden ist '. daß er allen Gerüchten sein Ohr verschloß und
Venizelos mit der Bildung des INIinisteriums betraute. Seiner schwierigen
Aufgabe hat er sich mit einer solchen Hingebung gewidmet, für die ihm
die Nation bleibenden Dank schuldet. Venizelos gab gleich zu verstehen.
' Vgl. Pavlos V. Giaiinelia in seinem Aufsatze »Österreichs Interesse an
Griechenland» in der Ost erreicliisclien Rundschau 1913, Bd. XXV, S. 97 — 104.
14 Kalitsunakis: Venizelos und Neugriechenland.
(laß er sich in eine ai)eiiteiR'rliclie Politik nicht cinlassi'ii wollto und daß
die Unigostaltung der inneren Politik unhedinj^t auch zur Änderunj; der
äußeren fiihren müsse. Er hatte schon am 20. September dem Kfuiifj!; erklärt,
daß er die Bildung eines IMinisteriums nur dami ühernehmen würde, wenn
der Ivünig ihm das Recht der Auilösung der Nationalversammlung geben
würde, ialls diese durch Tumulte ihre Umwandhujg in eine konstituierende
erzwingen sollte. Gegen eine solche Umwandlung, die für (Ji-iechenland
imabschbai'e Folgen liaben kiumte, erklärte sich Venizelos, entgegen dem
Willen des Volkes. In seiner [irogranunatischen Rede, die er, vom Volke
bejubelt, in Athen am 5./ln und die Nachteile der schlechten
Staatsverfassung in seinem bekannten Si)ruche gekennzeichnet: ,W^eiMi der
lierrscheu in der monarchischen, die wenigen in der oligarchischen und die
vielen in der demokratischen Staatsverfassung zum allgemeinen Wohl regieren
wollen, so ist das die richtige Staatsverfassung; falls aber alle niu- ihr eigenes
Interesse im Auge haben, so sind es yXbwcge von der richtigen Staatsver-
fassung, die den Staat dem Unglück entgegenführen' '.« Venizelos sagt ferner:
• Die konstitutionelle Staatsverfassuntr bestinunt den Könin als einen mächtigen
' Vgl. Poiitica 1279, 17. rxpavipov wi cc-cti nsv nciXmiat to xcivr, cru(jic|)spov cxoncvaiv,
uvTUi jj'sv cp9tti tvyyävovc-iv cvcai kutu to dn\'2'!; ^i/.oLiov, ocai Ss to crcjjsTfpoi/ jiovov twv ap-
)(ovtj;v, r^uafiTfiUsvai xal wacat jrapExßacsi; twv op9C)v ndXnti'Zv itancrinul yuf>, ^ ^£ TtcXii;
y.civ'j.• iiotifient au peuple cretois le mandat
de Haut Commissaire confie au Prince Georges de Grece, qui « a reconnu la haute
suzerainete de S. M, L le Sultan et s'est engage a prendre des mesures pour la
sauvegarde du drapeau turc qui fiottera seulenient sur Tun des points fortifies
de Tile «.
Au pavillon turc etait substitue dans l'ile le pavillon cretois, arrete par les
Ambassadeurs ä Constantinople et qui rappelait le pavillon hellenique.
Le regime autonome dote ä la Crete par les Puissances regoit ainsi sa pleine
application. II est defini quant ä ses details dans la Constitution, souinise aux
Puissances, approuvee par elles et proniulguee par le Haut Commissaire dont le
premier soin, d'apres l'adresse au Roi des Hellenes, devait etre, d'accord avec
l'Assemblee Nationale, d'instituer un Systeme de gouvernement autonome.
C'est bien les attributs d'un gouvernement autonome dans la plus large niesure
possible que cette Constitution consacre.
• La Crete forme un Etat qui jouit d'une autonomie complete dans les conditions
etablies par les quatre Grandes Puissances •■ (Art. 1er).
Ces conditions ont cte specifiees dans les notifications susmentionnees des
Puissances.
De liens eflectifs avec la Turquie il n'en reste aucun.
L'Etat Cretois n'est point tributaire de la Sublime Porte.
Le grec est la langue officielle. La justice est rendue au nom du Prince, qui
est le chef supreme des forces arniees, confere les grades niilitaires, nonune et revoque
les fonctionnaires publics et les Cadis, promulgue les lois, decerne des decorations,
a le droit de gräce et d'amnistie, etc.
L'Etat Cretois a encore le droit (Article 30) de passer des traites, de battre
nionnaie, etc. Usant de ce droit il a fait executer, avec Tautorisation du Gouvernement
Frangais, ä la Monnale de Paris la frappe de monnaies divisionnaires et de billon
22 Kai.itsunakis: Vcnizclos uiifl NeiigricdiCiiliiii(l.
rrrtoisps; il a adhörr a ri^nion postalo et ä la Convention Teh^graphique Internationale
et s'cst fait rcprr.sentcr ä toutes Ics Conferences Internationales tennes en l'espcce.
A l'in.star des autres adniinistrations, Postes, Trirgraphes, etc., les Douanes
cn-toises devenaient absoiunient independantes de edles de la Turquie et, comnie
de droit, le connner.ce tnrc t'tait assiniilr par dt'cret au eotnnierce des Etats etrangcrs
et souniis ü des droits d'iniportation et d'cxportation. Le Gon\ crncMient ottonian
ayant proteste anprcs des l'uissances contre eette inesure et dcciarc que » si eile
n't'tait pas iniinrdiatenient rapportee, il aviserait aux nioyens qu'il jugerait opportuns»,
les Puissances deciderent que - rautononiie douanicre decoule de Tautonomie politique
et administrative conferc'e ä lile et que par consequent Tapplication d'un droit de
douane aux marcliandises ottomanes est h'gitinie". La Tur(juie donna suite alors ä
sa dcclaration et souinis aussi les marcliandises cretoises au traitement diffcrcntlel
nppliqne aux Etats rtrangers.
II n'est pas jusqu'au regime des Caj)itulations (jui n'ait subi dun coninnui
accord entre le Gouvernement autonome et les Puissances certaines modifications.
Constituee en Etat nouveau et ne faisant plus efTectivenient partie de l'Empire
Oftoman, la Crctc de\ait supporter une jiart de la dette publique de l'Etat dont eile
venait d'ctre separee. Malgre l'öpnisement financier oü se trouvait le pays, loin de
cherclier ä se soustraire ä une Obligation decoulant de la nouvelle Situation inter-
nationale de l'ile, le Gouvernement cretois proceda en date du 12/25 aout 1901 avec
l'Administration de la Dettc Publique Ottomane ä la conclusion d'une Convention
assurant le j)aiement integral de la charge incombant ä l'Etat cretois. Une dccision
des Ambassadeurs ä Constantinople, appeles par un compromis entre les deux parties
ä arbitrer sur un point litigieux, temoigne de l'asscntinient des Puissances Protectrices
h ra])plication h la Crete du principe snsenonce resultaiit de sa Separation de la
Turquie.
Tels sont en n'sunie les droits dont la Crete, au lendemain de l'introduction
de l'autononiie, avait dejä l'exercice exclusif, exercice d'autant plus significatif que
la Sublime Porte avait revendiqiie pour eile bon nombre de ces droits par sa Note
du 30 octobre 1898, de latpielle les Puissances n'avaient tenu compteaucun; et c'est
la un fait qui ä lui seul suffirait pour donner la mesure des droits supremes que
les Puissances avaient sauvegardcs ä la Turquie en Crete.
Au point de vue interieur lEtat cretois exerce la souverainete territoriale la
plus complete; vis-ä-vis de la Turquie c'est bien l'autonomie la plus large et la plus
effective.
La seeonde Constitution, egalement votee par l'Assemblee Cretoise et approuvee
par les Puissances Protectrices, ne fait que develoj)per et consacrer inie fois de plus
les droits qui appartiennent ä la Crete.
Si dans la forme du gouvernement ainsi etabli par les Puissances, le peuple
cretois n'a vu, ä juste titre, cju'une etape vers l'union avec la Grece, pour les Puissances
elles-niemes le Statut politiipie de l'ile n'etait pas moins, par sa nature, une transition
vers cette Solution futurc (pfil prepare et reflete deja. L'attitude des Puissances et
leurs declarations eiivers la Crete en sont le gage precieux et un temoignage qui
n'admet pas de doute.
Ainsi, par leur dcclaration du 3 avril 1005 bien qu'-ElIes estiment qu'il n'est
I)as possiltle, dans les conjunctnres actuelles, de modifier le Statut politique
de la Crete - les Puissances • promettent de ne pas annexer l'ile elles-mcnies et de
ne pas permettre rainiexiun par une autre Puissance contre le gre des habi-
tants. • Si, ainsi qu'il est porte ä la fin de cette declaration, les satisfactions y
eontenucs •■ doivent etre considerees conmic le maxinmni de ce qu'clles peuvent con-
sentir presentement - , les Puissances Protectrices n'y marquent-elles pas d'une
1
Kalitsunakis: Venizelos iind Ncugricchenlaiid. 23
fagon significative pour l'avenir leur Intention de faire entrer dans leurs conseils la
volonte des habitants, ph'ment d'autaiit plus important que cette volonte dont il sera
tenu conipte s'est imnuiablenient et toujours nianifestee pour l'union avec la Grece ?
C'est ce nieme princijje dont s'est inspiree et a prevu l'application la Con-
stitution cretoise lorsqu'elle ptal)lit dans son article 119 que: <• Lorsque le monient
sera venu de deniander au peuple cretois son avis sur son etablissement definitif,
on rcunira ä cet eflfet la Chanibre qui aura precede celle dont les pouvoirs viendraient
d'expirer ou aurait ete dissoute. »
Un an apres dans leur Note eollective du 10/23 juillet 1906 les Puissances
Protectrices dcciarent que : tenant ■■ ä mar(juer au peuple cretois l'intcret (|u"elles lui
])ortent en menie temps (jue leur dcsir tres sinccre de tcnir conipte dans la niesurc
du possible de ses li'gitimes aspirations» elles »jugent possible d'elargir dans
Uli sens plus national rautononiie de l'ile". En faisant part de leurs decisions au
peuple cretois les Puissances Protectrices » ne doutent pas qu'il ne se rende conijite
que tout pas en avant dans la rcalisatioii des aspirations nationales est
subordonnc ü retablissement et au niaintien de l'ordrc et d'un regime stable •>.
A cet effet les Puissances Protectrices se sont niises d'accord pour attribuer
au Roi des Hellenes le droit de designer ä l'approbation des Puissances Protectrices
le Haut Commissaire en Crete toutes les fois que le poste en deviendra vacant et
elles ont arrete : <• La refonne de la gendarnierie et la creation d'une milice oü les
Clements cretois et hellenique pourront etre developpes progressivement, sous la
reserve que les officiers helleniques dont on ac.cepterait le concours seront rayes des
cadres d'activite de Tarniee hellenique >• ; •• Le retrait des forces internationales,
aussitot que la gendarnierie et la milice cretoise seront formees et niises sous les
ordres du Plaut Comniissaire •• etc.
La preniiere de ces coHcessions, qui ■• dans l'idee des Puissances Protectrices
fait partie integrante des reformes » destinees ä elargir dans un sens plus national
l'autonomie de l'ile, est consentie, aux termes de la Note eollective presentee au
Roi des Hellenes le 1/14 aoüt 1906, «■ afin de reconnaitre d'une maniere
pratique l'interet que S. M. le Roi des Hellenes doit toujours prendre ä la
prosperite de la Crete ». La part faite au Roi des Hellenes dans la nomination du
Haut Commissaire de l'ile n'est-elle pas la süre garantie de la Solution finale qu'elle
indique ?
Pour ce qui concerne le Sultan, cette nomination, une fois faite, sera portee
ä sa connaissance (Note ä S. M. le Roi du 1/14 aoüt 1906).
Et lorsque bientot apres sous l'administration supreme du Haut Commissaire,
elu du Roi des Hellenes, se poursuit l'application des reformes arretees, les Puissances
Protectrices en precisent encore le sens et la portee : Elles pourvoient au niois de
novenibre 1906 au remplacenient des Carabiniers Royaux Italiens au commandement
de la Gendarnierie par des officiers de l'arniee hellenique, rayes des cadres d'activite,
et, au mois de juillet suivant, elles autorisent l'appel des officiers et sous-officiers
hellenes necessaires pour l'organisation de la milice qui est destinee ä remplacer les
troupes internationales d'occupation.
Ces troupes, le peuple cretois leur est profondement reconnaissant, car elles
ont contribue pour une large part ä son affranchissement d'un joug qui paraissait
infrangible. Mais la Situation de fait qui decoule de leur presence n'est-elle pas une
entrave ä la realisation des voeux nationaux ? Les Puissances le savent : en levant
l'occupation elles donneront un nouveau temoignage de leur bienveillance pour la
Crete et elles feront le pas decisif qui l'acheminera sürement vers raccomplissement
de ses futures destinees.
24 KAi.nsi'NAKis: Vfiii/.t'los und NfUgrit' i!» mai 1910.
27
Biblische Legenden der Schi'iten aus dem
Prophetenbuch des Hoseini.
Von Walthkr Aichele.
iVlit der vorliegenden kleinen Sammlung von Prophetengeschichten, die ich
ans den ki^as al-'anbijä' des Hoseini zusammengestellt habe, möchte ich der
Legendenforschung neues Material mitteilen. Bei ihrer Auswahl war es mein
Bestreben, gerade auch das ■ — es ist freilich verhältnismäßig recht wenig — ,
dem der schi'itische Ursprung seine Note besonders aufgeprägt hat, nicht
unberücksichtigt zu lassen.
Hoseinis Prophetenbuch ist in Europa, soweit ich sehe, nur in den
beiden, meinen Editionen zugrunde gelegten Berliner Handschriften vor-
handen, die im Ahlwardtschen Katalog, Bd. I, unter Nr. 1025 (Pet, 633)
und 1026 (Pet. 78) kurz beschrieben sind. Doch ist die Beschreibung Ahl-
wardts in einigen Punkten zu ergänzen und zu verbessern. So ist festzu-
stellen, daß die beiden Handschriften von Anfang bis zu Ende, von unbe-
deutenden Schreibversehen abgesehen, wöi'tlich, sogar in Schreibfehlern,
miteinander übereinstimmen'. In Pet. 633 — ich zitiere im folgenden stets
nur diese Handschrift — ist auf f. 191a keine Lücke anzunehmen, sondern
hier ist das eigentliche Werk, die Prophetengeschichten, zu Ende, nicht
schon f. 187a, wie Ahlwardt annehmen möchte. Vi'. 188a — 191a enthalten
zwölf Anekdoten frommer Israeliten, denen f. 191a der, wenn auch ganz kurze,
Schluß des Werkes angefügt ist. Die nach dem leeren Raum ff. 191a — 192 a
mitgeteilten Erzählungen und Gedichte, von Muhammad und seiner Familie
handelnd, ff. 192 a — 223 b, sind recht fragmentarisch und haben mit dem
eigentlichen Werke nichts mehr zu tun.
In der Vorrede teilt der Verfasser Abdallah b. Muhammed Radi al-
Hoseini mit, sein Buch sei ein Auszug aus dem umfangreichen Werke des
Maglisi. Da nun Ta'labi seine Prophetengeschichten in verschiedene ,jJ>^
eingeteilt hat, glaubte Ahlwardt, »INIaglisi« als Beiname Ta' labis und sein
Prophetenbuch als die Vorlage Hoseinis ansehen zu müssen. Diese An-
nahme bestritt dann Lidzbarski in seiner Dissertation: »de propheticis, quae
dicuntur, legendis Arabicis«, S. 25, besonders aus dem Grunde, weil er bei
lloseini manches fand, das bei Ta'labi fehlt. Hoseini habe nur dem imi-
fangreichen Werk des Ta'labi — daß dieser mit dem Namen Maglisi ge-
meint sei, nimmt auch Lidzbarski an — ein anderes, kürzeres an die Seite
stellen wollen. Aber auch die Ansicht Lidzbarskis ist nicht richtio;. Aus
* Ich möchte fast glauben, daß Pet. 78 eine unmittelbare Abschrift von
Pet. 633 ist.
28 AirnKLE: Bibl. Legenden d. Sclu iten aus dem IVophe.tenhucli dos HoseinT.
Hoseinis Worten dail" keinesfalls {beschlossen werden, Ta'l;il)i stände in
ir"endcincr Hezichnng /n seiner Arbeit. Mailisi ist durchans nicht identisch
mit Ta'lalti. tiher die Veranlassung, ein Huch iil)er die Legenden der friihcren
I*ro|»heten abzufassen, und iiher seine Quelh^ sagt Hoseini selbst folgendes:
jl -L^L. ^ 1^^ Wu ^LIL^ o^-j V^i^j ^^^ L^jj JjVb ir^Vl
JsX' jL ^lic t;,TvL^l_j tUVi ^r^-^j juX^\ jLuij ^iv^lLl jl;''l Jl JiJl j
j_^>l c.">l5- ._^'lr ^ OC;/ U -U J^J _^UJ ^j/j ^^' -«^.J ^r-^A.' J^ 'ojfi
J^^' ._^ i^'j ^_^ jj^ li jiö (»4:^ -^^1 o^y-^ '^^ o^b ,^1 Jt*^l j
<^'>\i- (sie) '^j-ä»i' ir*-^ ^^-^ «—^ j^ C--=^l pU—^, 1 «^ -VlJb'^ pLDl «dl
jv«*j^l (•*r^> '^^> Lju ^ awI o|>^ jiv^Alil J--;Jlj j\ä!LJi tU'Vl Jl^l
aiH ^>U ^ jl^Vl ^Vl ^ ^j;i jl^Vlj jl'Vl j* Ait i^j l-v-^
^*^i y j^ j-L j^ ^^_ f l. y jl J^l
J* tUVl ^r^^ J* ^U\ IJU J (f. 21)) ^1 L ^^ ^Ü.lc
tl-CJVlj (»frtlul. 4ASl 1^1 J- Jll ILl' Oa._ ^^U1 jLUl j jl ^ UJl loUl j^
^1 U j/T jl VI ^*A^^ ^l^ l^ ^U57 di)i je ;UJ ^Uiij ^iyl Jci-Vl j
,yti_^ ^^:>j^.j jiy VI ji^ ^i"^t ;.i^i ^^1 ^uu'ij ;.>ui |ui ^lvi
i^i^j J\ii5il frl^üll öj«3j (>'^1 JLs- jl^^Vl ^Vl jL:»-! c^U-j j|^r-Vl
ÖAi j_« A_»l^ <-ö"^A>- |-*jä>j jrv*i)lj ,Aj>-ylj jfWÜlj öi)1 "L? c^^ j^ «U— .iS
»Ks sagt der entflohene Sklave, der widerspenstige, in die Meere der
.Sünden und Empörungen versunkene, der von den Geschöpfen am meisten
seines reichen Herrn bedürftige !'\bdalläh, der Sohn des Mul.iammed Radi
al-Hoseini — Allah vergelte ihnen beiden mit Gutem, er gewähre ihnen das
Beste des Jenseits und des Diesseits, er mache sie gefügig zu seinem Ge-
horsam und zu seinen Wünschen und mache ihre zukünftige Lage besser
als ihre vergangene — : im Hlickcii auf die Traditionen dci" Dahingegangenen
und die Nachrichten der Vorfahren und die Geschichten der Propheten und
Gesandten .ist eine Ermahnung für den, der nachdenklich ist, eine Warnung
' Vielleicht verschrieben ans: ^y^Sa^ , .^zjC^ , i}^^ oder j-^om ,
Aichele: Bibl. Legenden d. Schfiten ans dem Prophetenbuch des Hoseini. 2D
für den, der einsiclitig ist, eine Speise für den Geist und eine Beruhigung
für das Auge. Nachdem ich zu Ende war mit der Abfassung des Werkes
»Galil al-'ujrm« über die Begebenheiten des Propheten und der Angehörigen
seines Hauses — die Segnungen Allahs über sie — (es hatte eine unge-
wöhnliche I'orm und wunderbare Fasson, der die Geister zufliegen und an
der sich die Ohren ergötzen), da nahm ich mir vor, eine kleine Schrift zu
verfassen, die die Hauptsache enthalte (■*) der Geschichte der vorangehenden
Propheten und der früheren Gesandten — die Segnungen Allahs über unsern
Propheten und seine Familie und sie alle — , insofern als ich meine Auf-
merksamkeit auf die TraditioTien und Nachrichten lenkte, die überliefert
sind von den reinen Imämen — auf ihnen ruhe dei- Frieden des viel ver-
zeihenden Königs. Denn alles, was niclit ausgeht von diesem Hause, das ist eitel,
vmd alles, was nicht von ihnen (den Imämen) — der Friede sei über ihnen —
herrührt, das ist uiuiütz, mit Ausnahme der Prophetengeschichten, die in diesem
Abschnitt zusannnengestellt worden sind. Denn das alles, oder doch der größte
Teil davon, rührt her von den Pfaden der blinden Menge. Jedoch in den Nach-
richten derLeute desHauses unseres Propheten,denen zu folgen, ihren Worten und
Taten nachzueifern und sie aufzunehmen Allah uns befohlen hat, ist fürwahr ein
Ersatz und eine Hintschädigung für jenes (d. i. für die sunnitischen Traditionen).
0 Gott, es wird das sein (mein Buch wird das enthalten), was zu-
sammengestellt hat der kenntnisreiche, hochgelehrte und treffliche Gelehrte,
der einsichtsvolle Forscher, der Taucher der »Meere der Lichtstrahlen«,
der Berger der Perlen der Geheimnisse, der Diener der Nachrichten der
reinen Imäme, die Anmut der Überlieferer, der Glanz (Hos. sagt: »Butter»)
der das Recht festlegenden Gesetzesgelehrten, die Leuchte (»Reinheit«) der
Weisen und Theologen, der große Gelehrte al-Maglisi — AUäh erbarme
sich seiner. Denn es (das Werk des Maglisi) erreichte fürwahr das Extrem
und überschritt die äußerste Grenze. Jedoch ist es gleich seinem Titel ein
gewaltiges Meer, das Mageres und Fettes, Wohlfeiles und Kostbares birgt.
Und dies (Hoseinis Werk) ist nun ein reiner Auszug und ein erlesener
Teil, äußerlich und innerlich. Und AUäh ist der, den man um Hilfe an-
flehen muß, und auf ihm ruht das Vertrauen.«
Wenn auch der- von späterei- Hand, Pet. 633, vorgesetzte Titel ^1^=-^
«.
'^L'VI ^\ Jls einführt.
Was sollte ihn denn nun vcj-anlaßt haben, den Ta'labi zweimal ••al-^L^glisi«
zu benennen und ihm nun auf einmal wieder seinen gewöhnlichen Namen
■•at-Ta'labi« zu geben; ihm an jenen beiden Stellen als seinem Gesinnungs-
verwandten ein fronnncs »Allah ('rl)anne sicli seiner- mitzugeben, ihn hier
aber ohne diesen l'ronnnen Wunseli passieren zu lassen?
Doch wer ist Maglisi, dessen ^\'erk von Hoseini ausgezogen wurde i*
Kinen ganz kleinen Anhaltspunkt haben wir noch außer dem Vei'fasser-
namen, um vielhMcht jenen Gelehrten und sein Werk feststellen zu können.
Der Werktitel nuiß nämlich das AVoi-t j^ »Meer« enthalten. »Demi es (das
Werk) ist seinem Titel entspreciiend ein gewaltiges Meer« sagt ja Hoseini in
seiner Vorrede selbst. Unsere arabischen Bücher- und Gelehrtenlexika —
wenigstens die zugänglichen — haben al-Maglisi freilich nicht verzeichnet.
Dagegen finden wir die gewünschte Auskunft in (h. Rieus »Catalogue of thc
Persian JManuscripts in ihe British Museum« und in W. Pertschs Verzeichnis
der persischen Handschriften zu Berlin. Rieu macht irämlicli ^Mitteilung
über einige persisch geschriebene Werke des Muhammed Bäkir b. ]Mu-
hammed Taki Maglisi (1, S. 20b, 21 a, 154b). Diese persischen Schriften
sind nun — wie Rieu aus ihi-en Vorreden cntninnnt — zum Teil Auszüge
aus dem großen ai-abisch geschriebenen Wei'k desselben \'erfassei-s, das
• biliär al-anwäi-« betitelt war. Pertseii bespricht (S. 58 sq.) eine Abiiand-
lung über die Werke das Muhanuiied Bäkii- ^lailisi, in der in je einem be-
sonderen Teil dessen zehn aral)iseli inul ncuuundvierzig persisch abgefaßten
' Vgl. ZDMG LX, 213ir.
■^ Nändidi: die Tradition des Il)n 'Abl)äs aus der Geschichte der Asia, Ta'labi
(Kairoer Druck 1324/1900) S. 117 u. =r Hoseini f. 9Ga; die Beschreibtuig des Thrones
Salonios, TaiabT S. 101 ^z lIoseiiiT f. 141bsij(). ; die Gescliidite der Bilkls, Ta'laln
S. 194 s(j. = Hoseini f. 1.38 s6 (j-Jj \^% j^as. ^\ Jj ^J\ ^[^\ je Jj^^i jC^ji\ jy>\ l JUJ [^IJl
■^\ ^ \^\ [ p^"-29 j' j6 [jj-^^ J' jj^^ J:^ j^j .j^^ ^y^ ^J
»Es berichtet 'Ali b. al-Hosein Zein al-Äbidin von seinem Vater, von seinem
Großvater 'Ali b. Abu Tälib — das Wohlgefallen Allahs ruhe auf ihnen — ,
daß ein vornehmer Taniimit namens Amr [drei Tage vor seinem Tode] zu ihm
* Hoseinl und die Berliner Ta'labl-Haiidschrift lesen J^/^-
'^ Kor. 2540 50,2.
^ Die Ta'labl-Hs. liest besser c^-^ .
Mitt. J. Si-m. f. üricut. S[jracLLn. 1915, 11. Abt. 3
!{ t Au ia:i.K: Hil)!. Lrgoiiden «1. Srhriteii ans dfin I'rdplietciihiicli des llosciii'.
kam und sprach: «O Fürst der Gläu})igen, erzähle mir von den Ashäb ar-Rass,
zu wt'lcher Zeit sie Ichton, wo iliic Wohnstätten lagen, wer ihr König war,
oh Alliih einen (Jesandten zu ihnen geschickt hat oder nicht und woran
sie denn zugi'unde gegangen sind. Denn ich finde im Buche Allahs —
mächtig und erhaben ist er — ihre Erwähnung, aber nicht finde ich ihre
Geschichte." Da sprach zu ihm 'Ali, der Fürst der Gläubigen — Allah habe
Wohlgefallen an ihm — : »Fürwahr du iVagst mich nach einer Überlieferung,
nach der mich vor dir noch niemand gefragt hat und die (dii-) nach meinem
Tode niemand erzählen wird [außer auf meine Autorität hin. Nicht steht
im Buche Allahs — mächtig und erhaben ist er — ein Vei'S. dessen Er-
klärimg ich nicht wüßte und an welchem Orte, in der Ebene oder auf dem
Berge, und zu welcher Zeit, in der Nacht oder am Tage, er heraljgekommen
ist. Denn hier — und er wies auf seine Brust — ist wahrlich Wissen in Menge.
Aber wenige sind, die es suchen. Doch in Kürze werden sie Reue emp-
finden, wenn sie mich missen.] Und das, o Tamimit, ist ihre Geschichte usw.«
Meines Erachtens ist nun die vorstehende Anekdote in der erweiterten
Form bei Ihn Bäbüje das Ursprüngliche. Der sunnitische Sammler — sei es
nun Ta'labi selbst oder ein anderer vor ihm — mußte aber notgedrungen,
der in ihr sich ausdrückenden .schi'itischen Tendenz, soweit es anging, die
Spitze abbrechen. Daß ihm das freilich nicht völlig gelungen ist, besagen
deutlich die W^orte »die (dir) nach meinem Tode niemand erzählen wird«,
die ihm weiter nicht anstößig erschienen, die aber unserem Auge ihre schi-
'itische Herkunft nicht verbergen können.
Wenn auch nicht durch die ganze Erzähhuig hindurch, so stinunt
doch in einzelnen Sätzen die Geschichte des Propheten JJälid b. Sinän aus
dem Stamme der Abs (I.Ioseini f. 187 a sq.), die dem Käfi des Kulinl ent-
nommen ist, wörtlich überein mit der Legende, wie sie bei Ihn Kuteiba
(Handbuch der Geschichte, hrsg. von Wüstenfeld, S. 30), Mas'üdi (Les
pr-airies d'or I, S. 131 sq.) und bei Damiri (s. v. ^«Jl im zoologischen Wörter-
buch) erzählt ist. —
Als bemerkenswert ist noch zu notieren, daß in dei- dem Käfi des
Kulini entstammenden Idris-Geschichte (Hoseini f. 21b) Idris die Rolle des
Elias in der Legende von Naboths Weinberg spielt. DaB sie beide auf
wunderbare W^eise der Erde entrückt werden, hat wohl diese Confusion
veranlaßt. Die verschiedene Namensform des Elias im Arabischen ( ,-Ul)
und im .Syrischen (|A.J) war dagegen jedenfalls die Ursache, daß in den
ki-as al-anbijä des liäwandi (lloseinl f. r20a sq.) verschieden von dem
Propheten Elias ein Anführer von 400 Israeliten, LDi mit Namen, auftritt,
der allei'dings auch wie der Pr(jphet den König crmahnt, von seinem götzen-
dienerischen Weibe abzulassen.
Den Texten möchte ich noch vorausschicken, daß mit den Tradenten-
Namen al-Bäkir ', as-Südik und ar-Ridä der fünfte, sechste und achte
schi'itischc Imäm gemeint ist. —
• Nicht jJUl -al-Bäkl«, wie Salzberger an einer — von mir leider nicht
notierten — Stelle seiner nachgeiianuten Dissertation liest.
Aichele: Bibl. Legenden il. Sclifitcn aus dem Prophetenbucli des Hoseini. 35
Aus Hoseinis Prophetenlnich hat bereits Salzberger in seiner Disser-
tation: »Die Salomosage in der seniitiscben Literatur« 1907 einige Legenden
mitgeteilt, ohne daß er jedoch den Versuch gemacht hätte, die von Hoseini,
bezw. Maglisi, kompilierten Quellen literarhistorisch festzulegen. So ent-
steht meines Eraciitens ein etwas schiefes Bild, wenn er iiber Hoseinis Dar-
stellung gegenüber der des Ta'labl urteilt (S. 24): »Der bedeutsame Untei'-
schied . . . liegt in der weit größeren Verherrlichung des Helden bei Hoseini.
Von einer .Sünde und Heimsuchung Salomos ist nicht mehr die Rede.«
Das sieht so aus, als ob die zwischen Ta'laln und Hoseini liegende Zeit-
spanne die Salomolegenden in der Weise beeinllußt hätte, daß Salomo je
s[)äter, desto fröumier und tugendhafter dargestellt worden wäre. Darauf
kommt es aber für die .sagengeschichtliche Untersuchung herzlich wenig an,
wann der Kompilatoi- die ihm in fester Form schon vorliegenden Legenden
in einem eigenen Werke zusanunenstellt. Wie oben gezeigt ist, gehört die
Mehrzahl der Quellen Hoseinis etwa derselben Zeit an w i e T a ' 1 a b i.
Salzberger hat eben nicht erkannt, daß Solomo bei Hoseini ein schi'i tischer
Prophet ist mit allen Voj'zügen, die einem solclien von Anfang an Aom
Dooma vorgezeichnet wurden.
Texte.
I.
Im TafsIr des Ajjäsi wird erzählt:
iSj\y^ -^^1 \rh'^ <-> "^^ ^^ l^l^l jj^ .-^ ^Jj (Hüseini f. 112b)
6j.i-l \lx^ ^>-jJ 'j\-^^\j ^>U)lj aLLJI Las j ^
y'^ V c^-? *^y^ ojliU (J -*.i-l _/ ^ UajI (j^ iaÄ— jl j>^\ M^ U^
je- j^\ c-iL-j düjj Ur^J j>Js\ j UUll jIcj ^U- '•^\ ^ ^jVl J\
1 Beide Hss. statt ^S\y>^: ^jIjj»-«
2 Vgl. die Erzählung^ Kor. 18,69-8L
^ Statt 4)^; - statt 1 ist in den Hss. beinahe die Regel; ebenso > statt c •
^ Statt t_*oi^; j^ anstatt > ist in den Hss. gewöhnlich.
3*
!U) Aiciui.k: Hilil. I.fgPiulfii d. Scliritfii ans dfiii I'in|ilictciiltiic!i dvs Hoseiir.
Jl V>ilj J/-^^^ ^»^jVL* *^-J^ J^ »j^ ö* «-^^ c^ j^\» i— * '^^^-^
Qj ^^j'\'\ j ^-J^ ^' »^-^1 Jl -U-aj y_/iilj Jy~^^ ^^^ ^'-^ ^ ^«^ ^^
«.^^ji -uit CjjJ ä^ä)l «-^ c,^ ^^ -^ J-^1 i^ j\ J>" j^\ j *^1 *-«J
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Jls J^' L. ^liA! j«b JUs Jls Jil >« -C« J^lj j_/^ •r'^J jILj J»-^
j* dl) ,«i^ jl jjl^ L «dl (130b) ^" ^l c^jls ^'j J«s AS <;i, ^Ul J\&
-»i-lj AJlJLj "C-aCj ^lläs 4;'lJLj jj ^UJl 1JU> ollj Ifr j*5>t3l Ttv^Ül l-los» jl ^j«b l
'r' j^. j\ t/*J U.»^ yjliJl (Jl ^j Is 'CiL. »_JW (j l^sAs x^Jj ^1 j^« jl ^
Ai-lj jU-jJl ^ lüT ^^y, ^j JiA jl o^J jLl^Ül Ol ;»Sj1j ^.uÜl ^IC-
Jt Oli)l ^^~i*lj J^i-l (-^^^b '^^^ *-^ '*^J ^.i» jj* -'^^ t^ '-'^ '^^
• AÜl cTjl l«
III.
'^ i^. J cf^* -^-^-^ J^ J>^; j*-a^l Jls '.^r^ ä J-«-^! jcj (1301))
jl ^U-l AS ^ j l JUs w»!^! jijb Ji-As 4) l^'l u^ <:u. l-u. *U.j -Co, 1-v^
' D. i. der, von den Iniäniiteii niclit anerkannte, siebente Iniani der Ismä'iliten.
ArrHKi.F: Bibl. Legenden d. Schfiten aus dem Prophetenbucli des HoscinT. 37
oj l; J^ ^^^i (131a) jsjb Ji-AJ ^Vi UlLi^ij <äx yj~s>j aI^ UÄi-lj
U jJ «J^ J C^^ ijJi\ jl Ol ^' «Uli t^jls oXs^ l: J^'i^l |y^ ^-^ -^
.oLi-l ^^ ^^ io-l jl
IV.
^. "^ t> J^ jL ^1 ^ [^J\ j, j_^Jl J JjA^l ciJJ (131b)
jjb ->«ia^ -l^~^ c/* »-l/ - ^ cr~^^ -^'*' ^-^^■^ i}^ ijr^^ ^ y^^ il (3^,
J^\ jlkJ e^'l (j r-,/=^ jl-^l Jl (132a) j^yi TT^r^ J^\ -^^ fisj aJ^J^
j 1^ :>jb Ai^l» jl.-^ ü' iiJjl jb j j^^l -i^Ä-i *-l -^ j^ ^ly ^u:^! J^' ^' J~Ä~ \j^\ '=\y\ bis j;^ÜI yi
j6yLll Ljjl ^9 (.JiJ ^_j^^l fUl Ljjl ^A9| jl «L^U Jl ^.j^i «Clj^^p ^^
^jjj IjjjI Jcii» ^IäS o^ 1^1 ("Ul <«^ (jl Ä^IT .|j aJI ^Ij 41 dl Jlij «C^ jt e-u pt or^ Jls '^^li/*!;' -^jl-s
aJLs>-Ia)1) -r ./vÜI yi J rj»- j^ ^TjLa jjl^l Jl -Uli tUi'l ^j^ U.' jA-j'
jl y^ uIi jsjb jl s^3 juj ■ -^1 «^^^ "^ )^l ^ ^=*- J-'rJ j^ -^^ (3^ ^
\.'^jS\ JUJ SA>-|j 4j>c^ Jj 4Ä«i j_^-~J A-J a! cf'l 1-^ jl -i»lj-^l e-lj-^
Jlj^^dUU AiJ JUs -Ot ^III (132b) Jp p^ jjb J^ V^\ j J>-?
J^ Aip (J^aII jt J-i ij dUj jp öiJl ^-dl JL.^ 1 ^«b-U Jl di::^«;
1 Statt y-'.
2 Bei Talabl lautet der Name jl>^, bei Masudi jl^- Letzten Endes
wird die «chwankende Namensfonn auf innr, 11. Sam. 11,3, zurückgehen.
3 Kor. 2, 151.
4 Kor. 38, 2 L 22.
5 Kor. 38, 23.
!^8 Au hki.k: Hibl. I.efjoiiden d. Sclii'iton uns Hoin Proplieii'iilnicli des Hoseini.
V.
j^ ^^^\ \:i ijC. -vJU^ili ^j JUVb JUSVI jj (1321.)
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' Kor. 38, 25.
» Pet. 78 «cLLi^.
* Besser wäre wohl C— 5>-ls zu lesen.
Aichele: Bibl. Legenden d. Schl'iten aus dem Proplietenburli des Hoseini. 30
VI.
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VII.
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1 Vgl. Jesaja 21, 7.
2 Ich konnte die Stelle dort nicht finden. Sie ist aber wohl auch nur eine
Konfusion von Habak. 3,4 und Jes. 21,7.
3 D. i. Habakuk.
* Hab. 3, 3 und 3, 15.
^ Deuteron. 33, 2 .
10 AicHKi.n: Hibl. Legenden d. Sflii iten aus dem Pruplieteiiljudi des Hoseiiii.
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' Kor. 21, 87.
"^ Hier müssen ein paar Worte ausgefallen sein, die besagten, daß er ein
Schiff bestieg.
3 Kor. 37, 141.
* Kor. 37, 142.
4 D. i. 'All.
" Der Name ist in beiden Hss. unvokalisiert. So finde ich ihn vokalisiert
in der Überschrift eines Gedichts des 'Uniar b. Abi Kabi'a, Nöldeke, Delectus S. 20.
"> Kor. 21,87.
AirHELK: Bibl. Legenden d. Schfiteii aus dem Proplieienbuch des Hoseiiii. 41
I^jÜ C-1«1 ^^ kl^b V _J^ AJy y^J -^ ly^lj "^^^ (Jl /*^J-J '^•^ ^ ^^ -Lr*
VIII.
Jli Jli pi^ J^Ul ji^ ^ jlL-l jl^l j ^_5XC!| ^^j^ (174a)
13^ ^UVl ^ ^ ;i^l jb "j-l Vj a! ^1 V ^, j^ JLM-^ J\ >
jj)_-us L4J jl^ jL^^ aJ jb Jj^fl^l ^ iJ^jL j^ Isi« jlj <^j cuj? ö_;0^
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Jir 1 jl ^'li CL- Js aJ Jlij \cft-^l j^^ jT* 1ä5j 1ä5^ ji^ Jl e^^
» Kor. 37, 146.
2 Kor. 37, 147.
3 Kor. 10, 98.
* Der Text ist unvollständig. Der König muß erst seinen Vertrauten bitten,
die Reise zu machen, ehe dieser seine Maßnahmen trifft.
5 So beide Hss. statt UL^-jl-
|"J Auhki.k: IJibl. Lt-gciidt-ii d. Schriten aus dem Propliott'iil)ucli dos IIosciiiT.
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A.^1 jui V u a) J^ >Vi. Myuj aji^ ji o^^:>j >vi iyi*j 4;i^ Ji
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^.^l:i jL*>Ul Ul::^^ uTUiii^li jv^^Ül Jl o^ «_;J-l^ b^U ^1 Jl (i75a)
IX.
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^ %ljU j^ ^. 12 \5*>\i^l ^U (153a) Up Jitlj ^j!l ^ii:v \, 1Aj-1j \J\aC^ V^^ Ji_»LLo 4^J <)'IL-1 lilj V_^ jlii^Ä^ eilt
4iü- <«L»\j A^^il^ "^^i^ ^i\j «t'^-l« (j jIjwj oj-Uj ^j jIa) x\ *^> j\ aJj
^^W Aäin« ÖJoAs- 'UaJl (j ijlj *Ja^ ^J\ j ^J Uit ^j-^ eX- iilj j\_J^Vl
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1 jjfc \i aJ J'lJi L^ --Ü1 jrlJlj ly."^ >co ^i' ^Js" A--a)l ^--ai" öj^l Jljr" V t-\^\
* So statt lj»U-
2 über das Suffix vgl. Reckendorf, Die syntaktischen Verhältnisse des Ara-
bischen § 102 (S. 256).
' So lesen beide Hss. Die Worte geben aber keinen Sinn. Meine Über-
setzung gründet sich auf die mir von Herrn Prof. Reckendorf vorgeschlagene Konjektur,
c
Aicrki.k: Bibl. Legenden d. Sehnten ans dem Prophetenbuch des HoseinT. 43
j_^lj JÜsj ^'^j*^J ^_jj jy^ J^ öJJ jf ^ IJjfc JIj l'x- (_$4!1 OtrT^
bis j^A, Li ^r-_^^ 4r"^ 'CjälL-^ Vi prjj~^ L^ j^U>J c_^l jlj iS^j^3
^j '>^,[^\ ^y>^ ^ t>) ^j ^»■^. ö^ C^. ü^ <-jJ^\ *4Ü>tI-l (153!)) o^»*—
CoU'j frUJl Jl Oj-^ (V'-^J ü^^l ^^y^-^ (3^ C-«^! li:l J\d (^JcLa-j
jC«yi l^:i ^y\ ly._ Jls «i^Llj Jt Jl «üaJl öJu LS ^ ^S JUs J^_ ^_^'
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jp^ ^-^^, V d=Ti C^ ^ ^^ jl J^ l^L^^JzJlj «Lk- j (j^jVl J>-^_
.JA "^ ^ t^^^-?
' So beide Hss. Zu lesen ist: "^J*^"
2 ^ in der Bedeutung «Allah im Gericht gegenüber treten" ist koranisch.
Vgl. Sure 6, 31 und passim.
3 Vgl. Kor. 19, 2.3.
11 AuHKi.t: Bibl. l.fgcndeii d. Sclii'ileii ;mis driii I'iopli.-toiilmcli dos Hoseiin.
XII.
'^^ J^j ^\ t'lj '■^ J (168a) ^x)j ^c^\ j>J öl^l ^[^ oy:__ 4!j Vj ^-Ä^^
XIII.
llul ,Jda)_ ^\J^ U*>_ •^Jb ^^1 "^ -^^ r^ t5^;^ j^ (^JJJ (168a)
^^Ä^ y> \i\& ly^t :>^ °\y\ V' ^^^ ^^"^ "H (>• ^'*t^ "^ '^-•4/ '^^ '■^
^J l5J^ "-v^ J^' C-W ^_^H Jlij "ulc- oX ^^ -^1 <^ \i\* ol'ls J-;»- ^
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Ua^I ^^^..fly:* ^_j>_ ^Ic vJV\ ^jl ^c/^ j i>*»^Vj c^-^_ W^Ä^ ^J^^ ^.^
XIV.
^j'j)i\ j-^j öU-^x ^L* ^cJi^j ^W- ^^^^ (J/ ^_5-jlC. UJx^ 4_Lij (168a)
JliJ «VtU öiJ ^otia-i»lj iUi-Jkl ^cjjÜl ^jS J-V^ <^ '^j\ r-4^\ ^_5-^ J^
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XV.
*^^ ^^^ j', J\i -C« ^_ ,„^j ^ jÜl nß; j oj ^j^yi c^jj (168b)
^^^-At JUi U^ jX^ jl ,^5-^ Ü jjj;^ ly^^x:- p^ IjlläJ ,^5-JiC Sj_^ Jp
r-_/>cJ l"\ '^^^^-^-y- <■*— ■! ^* d^j J^äj ÄjJ-l. >.^1 aL> -UJu t^^^ J-» 4.^l^V
.tiAli A^fci -j^ >5-''^ "^^ -^'JJ e^-i-=>J oJCSj ojJ^l» (C*-*^ u'i J*^ (^M
So beide Hss. Ich nehme an, daß der Name aus ^^j^ -Sergius« ver-
schrieben ist.
Aichelk: Bibl. Legenden d. Schfiten aus dem Prophetenbucli des Hoseini. 45
Übersetzung.
I.
Der Vogel Muslim.
(Zu vergleichen ist die Anekdote in Taharis Annalen, Band I i, S. 424.)
In den Büchern einiger unserer Genossen (steht gesclirieben), daß
unter den Reh"quien eines der Messiasjünger ein Blatt gefunden wurde, wo-
rauf eine Schrift in syrischer Schreibweise ' stand, die aus der Tora über-
setzt war, folgenden Inhalts:
Nachdem Mose und JJidr — der Friede sei über ihnen - — wegen
der Angelegenheit des Schiffes, des Knaben und der Mauer in Zwist ge-
konunen waren und iSIose — der Friede sei über ihm — wieder zu seinem
Volke zurückgekehrt war, fragte ihn sein Bruder Aron, was er von IJidr
erforscht und was für Wunder des Meeres er gesehen habe. Da sprach
er: »Während ich und Hidr an der Meeresküste waren, da ließ sich gerade
vor uns ein Vogel hernieder, der einen Schluck Wasser in seinen Schnabel
nahm und ihn gegen Osten spritzte. Dann nahm er einen zweiten Schluck
und spritzte ihn gegen Westen, dann einen dritten und spritzte ihn gegen
Himmel, dann einen vierten, den er auf die Erde hinspritzte, und dann
nahm er einen fünften und ließ ihn wieder in das Meer zurückfallen. Wir
gerieten deswegen in Verwunderung und ich fragte Hidr darnach, aber
er konnte keine Auskunft geben. Da gewahrten wir einen Fischer, der
fischte. Der schaute uns an und sprach: ,Was ist? Ich sehe euch da in
Nachdenken imd Verwunderung wegen des Vogels'. Wir sprachen : ,Das
ist es'. Er sagte: ,Ich bin ein Fischer und habe (darüber) Kenntnis, und
ihr beide, ihr Propheten, habt keine Kenntnis'. Wir sprachen: ,Wir
wissen nichts, außer was uns Allah gelehrt hat'. Da sprach er: ,Das ist
ein Meervogel, der Muslim genannt wird, weil er, wenn er schreit, in seinem
Schrei das Wort ,i\Iuslim' hören läßt. Mit dem Spritzen des Wassers aus
seinem Schnabel gegen den Himmel und die Erde, gegen Osten und Westen
hat er darauf hingedeutet, daß nach uns ein Prophet gesandt wird, der den
Osten und Westen Ijeherrscht, der zum Hinunel emporsteigt und in der
Erde begraben wird^. Dami^, daß er das Wasser ins Meer spritzte, will
er sagen, daß das Wissen der Weisen neben seinem Wissen ist wie dieser
Tropfend Und sein Wissen wird erben sein Nachfolger und Vetter*'. —
Da ruhte der Streit, in dem wir uns befunden hatten, und jeder von uns
schätzte sein Wissen gering, nachdem wir uns selbst bewundert hatten.
Hierauf entschwand der Fischer vor ims, und wir merkten, daß er ein
Bote war, den Allah — erhaben ist er — zu uns gesandt hatte, uns zu
belehren, weil wir Vollkommenheit beansprucht hatten.«
^ Ü. h. iu der sog. Karsünl-Schreibung.
2 Das kann ursprgl. nur auf Jesus gehen, ist aber hier auf Mubannned um-
gedeutet.
^ Erg.: "im Verhältnis zum Meer».
' D. i. AI:.
4G Aichkle: Hibl. Legenden d. Si-hfifon aus dem Prophctenbucli des Hoseinl.
David als Rieliter.
II.
Im »Kfifi« wird auf die Autorität des Bäldr liin — der Friede sei
ril)er iliiii — ei'zälilt, uie er sprach: David l)at seinen Herrn, ihm ein Ur-
teil des .lenscits zu zeigen. Da oflenharte ilim AUäh: «0 David, das, wo-
rum du micli gebeten hast, habe ieh noeli keinem nieinci* Geschöpfe ent-
hüllt, und es geziemt auch niclit, daß jemand außer mir (h-inacli lu-teilt«.
Das hinderte ihn al)er nicht, AUäh nochmals zu bitten, ihm ein Urteil des
.lenseits zu zeigen. Da kam (Jibril zu ihm und sprach: »Du hast deinen
Herrn um etwas gebeten, was vor dir noch kein Prophet gel)cten hat. O
David, worum du gebeten hast, hat Alläli iu)ch keinem seiner (Geschöpfe
enthüllt, und es geziemt sich nicht, daß jemand außer ihm darnach ui-teilt.
Al)er Allah — erhaben ist er — hat doch dein Gebet erhört und verleiht
dir, was du gebeten hast: Das Urteil, das den beiden ersten Prozeßgegnern,
die morgen vor dich treten werden, gesprochen werden soll, wird ein Urteil des
Jenseits sein«. — Als am andern Morgen David im Gerichtssaale saß, kam
ein Greis mit einem Jüngling am Arm, der eine Weintraube bei sich hatte.
Der Greis spracii: »O Prophet Allahs, dieser Jüngling drang in meinen
Garten ein und verdarb meinen Weinstock und aß davon ohne meine Er-
laubnis-. Da sagte David zu dem Jüngling: «Was sagst du?« Da gestand
der Jüngling, daß er das getan habe. Aber .Mläh — erhaben ist er —
offenbarte ihm: «O David, wenn dir das Urteil des Jenseits enthüllt wird
tuid du willst darnach zwischen dem Gieis und dem Jüngling richten,
so wird es dein Herz nicht dulden, und dein Volk wird nicht darein
willigen. Dieser Greis, o David, fiel über den Vater dieses Jünglings in dessen
Garten her, tötete ihn, nahm ihm seinen Garten und raubte ihm 40 000
Drachmen, die er an der Seite seines Gartens vei-grub. Reiche darum dem
.lüngling ein Schwert und befiehl ihm, den Kopf des Greises abzuschlagen,
und üljcrlasse ihm den Garten und lasse ihn an der und der Stelle im
Garten graben und sein Geld an sich nelnnen.« — Da erschrak David
darüber imd vci-sammcltc die Gclehiten seiner Genossen, setzte sie davon
in Kenntnis und führte das Urteil aus, wie Allah es offenbart hatte.
111.
(Diese Legende wird ebenfalls aus dem »Käfi« des Kullni, im unmittel-
baren Anschluß an die vorige, zitiert.)
Von Ismail b. Ga'far, der erzählt: Es stritten zwei Männer vor dem
Propheten David wegen einer Kuh. Der brachte einen Beweis, daß sie
ihm gehöre, und jener, daß sie vielmehr sein Eigentum sei. Da trat David
in die Gebctsnische und sprach: »0 mein Herr, für mich ist es zu schwer,
zwischen diesen beiden zu richten, drum sei du der, der richtet.« Da offen-
barte Allah — erhaben ist er — : »Geh hinaus, nimm die Kuh von dem, in
dessen Besitz sie ist, und gib sie dem andern. Jenem aber schlage den
Kopf ab.« Da schrien die Isi-aeliten und sprachen: »Dieser hatte einen Be-
Aiciikle: Bihl. Legenden d. SchT'itcn ans dem Proplieteiiimch des Hoseini. 47
weis und jener hatte einen gleich kräftigen Beweis, und am meisten An-
recht, sie zugesprochen zu bekommen, hatte doch der, in dessen Besitz sie
war. Und nun nahm ei" sie von diesem, schhig ihm (sogar noch) den Kopf
ab und gab sie dem andern.« — Da ging David in die Gebetsnische und
sprach: "0 mein Herr, die Israeliten schreien wegen des Urteils, das ich
gefällt habe." — Da offenbarte ihm AUäh — erhaben ist er — : »Der, in
dessen Besitz die Kuh war, traf den Vater des andern, tütete ihn und nahm
ihm die Kuh. Aber, wenn (wieder) eine derartige Sache vor dich gebracht
wird, so entscheide du unter ihnen nach deinem Gutdiinken und bitte nu'cl;
nicht (mehr), unter ihnen zu richten bis zmn (jüngsten) Gericht.«
IV.
Davids Sünde.
(Durch diese Anekdote werden die Ausführungen INIas'iidis, Les
prairies d'or I, S. 109 f., treff'lich illustriert.)
Es überliefert Sadük ' in den »'ujün« von Ridä — der Friede sei
über ihm — , daß er an 'AH b. Muhammed b. al-Gahm Fragen i-ichtete und
sprach: »Was sagen denn die Leute auf euerer Seite" über David — der
Friede sei über ihm?« Er sprach: »Sie erzählen, daß David beim Gebet
in seiner Geljetsnische weilte, als sich ihm Iblis in der Gestalt eines Vogels
zeigte, der schöner war, als ^'ögel zu sein ptlegen. Da unterbrach David
sein Gebet und erhob sich, um den Vogel zu fangen. Der Vogel llog aber
hinaus in den Hof. imd David eilte hinter ihm her. Dann llog dei" Vogel
auf das Dach, und David stieg hinauf, ihn zu suchen. Als sich der Vogel
darauf in den Hof des Uria b. Hassan hinabließ, sah ihm David — der Friede
sei über ihm — genau nach. Da gewahrte er die Frau des L^ria, die badete. Und
wie er (David) sie so betrachtete, gewann er sie lieb. Den Uria hatte er
zu einer kriegerischen Unternehmung ausgesandt. Nun schrieb er an seinen
(ürias) Vorgesetzten: , Stelle Uria vorne hin in der Schlacht'. Da wurde
Uria vorne hingestellt und erlangte den Sieg über die Ungläubigen. Das
war David lästig, und er schrieb ein zweites Mal an ihn (den Vorgesetzten
Urias): ,Stelle ihn vor die Bundeslade'. Da wurde Uria vor sie gestellt
und fiel, und David heiratete seine Frau.«
(Der Imäm) — der Friede sei über ihm — schlug mit der Hand an
seine Stirn und sprach: »Wir sind Allahs und zu ihm kehren wir zurück.
Ihr warfet also einem Propheten Allahs Nachlässigkeit in seinem Gebet
vor damals, wie er hinter dem Vogel her hinaus (in den Hof) gegangen
(sein soll), ja, sogar Hurerei und (schließlich noch) eine Untat.« — Da
sagte er (All b. Muhammed b. al-Gahm) : »0 Sohn (Nachkomme) des Ge-
sandten Allahs, was war denn dann seine Sünde?« — Er antwortete: »Wehe
dir, denn David glaubte nur, daß AUäh — erhaben und mächtig ist er —
kein Geschöpf geschaffen habe, das weiser sei als er. Da sandte Allah —
1 D. i. Ihn Babüje.
2 Nänilich auf der sunnitischen.
48 Akiiki-k: Hiltl. Legenden J. Sehnten aus ilctn I'rojilictt'nlun-h des HoseinT.
erhaben und inäclitig ist er — die beiden Boten zu ilini. Die stiegen über
die Mauer in die Gebetsnische und si)rachen : »Wir sind zwei I'ro7,eßli(i(Miliiii-li des Hu-Noiin,
«Icr Glanz des Müiules.'« Sie erwiderten: -In der Tat, das liat Jesaja j;e-
sairt.« — Hierauf fuhr er fort — der Friede sei iiber ihm — : «Und der
Prophet Jesaja hat in betreff dessen, was du und deine Genossen sagen,
in der Tora gesagt: ,lch sah zwei Heiter, denen die Erde erglänzte. Der
eine ritt auf einem Ksel und der andere auf einem Kamel.' Wer ist nun
der Kselreiter und wer der Kamclreiter!'» — Das Haupt der Judenschaft
antwortete: »Ich kenne sie beide nicht; tue di'um du mir sie kund.« —
Da sprach er: »Was den Eselreiter betrifft, das ist Jesus — der Friede
sei iil)er ihm — und was den Kamelreiter betriffst, das ist Muhanuned —
Allah segne ihn und gebe ihm Heil. Willst du das aus der Tora heraus-
leugiien?« — Er entgegnete: »Nein, ich leugne es nicht». Dann fragte er
ar-Kidä — der Friede sei über ihm — : »Kennst du den Propheten Haba-
kuk?« — Er antwortete: »Jawohl, ich kenne ihn. Er hat ja gesagt, und
auch euer Buch sagt es: , Allah brachte die Klarheit vom Berge Färän her,
und die Himmel werden voll vom Preise Ahmeds und seiner Gemeinde.
Seine Rosse tragen im Meer (ihre Last) wie auf trockenem Lande. Er
wird uns ein neues Buch nach der Zerstörung Jerusalems bringen.' JNIit
diesem Buche meint er den Kor'än. Kennst du diese vStelle und glaubst
du daran?« — Das Ilaujjt der Judenschaft erwiderte: »Wahrhaftig, das hat
Habakuk gesagt, und wir verleugnen sein Wort nicht.«
VII.
Jonas.
Es ülierlicfert al-Kununl in seinem Talsir mit eiiici" glaubwüi-digen
auf as-Sädik zurückgehenden Traditionskette, der erzählt: Viui niemaiul
hielt Allah die (bereits anzubrechen drohende) Strafe zurück, außer vom
Volke des Jonas. Jonas pflegte sie zum Islam aufzufordern, sie aber wiesen
dies zurück. Da trachtete er darnach, sie zu vertluchcn. Unter ihnen aber
waren zwei Männer, ein Frommer und ein Weiser. Jener hieß Malihä
und dieser Ashadübil. Der Fromme riet Jonas immer, sie zu verfluchen,
der Weise dagegen suchte ihn davon abzubringen und pflegte zu sagen:
»Verfluche sie nicht. Denn Allah wird dich (zwar) erhören, aber er will
nicht den Untergang seiner Diener.« — Dennoch nahm er den Kat des
Fronnnen an, ohne auf die W^orte des Weisen zu hören und verfluchte sie.
Da offenbarte ihm Allah: -Die Strafe wird in dem und dem Jahr, in dem
und dem Monat, an dem und dem Tage üljer sie kommen.« Als die Zeit
nun nahte, ging Jonas mit dem Frommen von ihnen fort; der Weise aber
blieb dort. Als nun an Jenem (bestinunten) Tage die Strafe herabkam,
sprach der Weise zu ihnen: »O ihr Leute, wendet euch in eurem Schrecken
zu AUäh, vielleicht erbarmt er sich euerer, daß er die Strafe von euch
zurückhält.« Da fragten sie: »Wie sollen wir handeln:'« Er antwortete:
»Gehet hinaus in die Wüste und trennet die Weiber und die Kinder, die
Kamele und ihre Jungen, die Rinder und ihie .lungen luul die Schafe und
ihre Jungen. Dann weinet und betet.« Da gingen sie hinaus, taten das
Ai('Hi;i,k: 15il)l. l.cgcnclcn d. ScIiT'itcii aii^. dem ['roplictoiilnicli drs HosciiiT. 51
und scliricn und weinten. Nun erbarmte Allah sich ihrer, hielt die Strafe
von ihnen ab und verteilte sie auf die Berge. Sie war aber (bereits schon)
herabgekonimen und hatte sich ihnen genähert. Alsdann kam Jonas herbei,
um zu sehen, wie Allah sie hatte umkommen lassen. Da erblickte er Land-
leute beim Besäen ihres Landes. Die fragte er: »Wie ist es dem Volke des
Jonas ergangen?« Sie antworteten ihm, ohne ihn zu erkennen: »Jonas
vertluchte sie luid da erhörte ihn Allah, und die Strafe kam auf sie heral).
Da aber versammelten sie sich und weinten. Nun erbarmte Allah sich ihrei-,
hielt jenes (Unheil) von ihnen ab und verteilte die Strafe auf die Berge.
Sie aber suchen nun Jonas, um ihm Glauben zu schenken.« Da ward Jonas
zornig und ging weg, im Zorn darüber seinem eigenen Kopfe folgend, wie
Alläh erzählt hat, bis er an die Meeresküste gelangte. — AUäh aber sandte
einen gewaltigen Fisch. Der versperrte ihrem Schiff' den Weg. Als Jonas
auf ihn hinsah, entsetzte er sich und zog sich in das Hinterteil des Schiffes
zurück. Der Fisch aber drehte sich nach ihm um und öffiiete seinen Rachen.
Da traten die Schiffsleute hervor und sprachen: »Unter uns ist ein (gegen
Gott) Widerspenstiger.« Als sie nun unter sich losten, kam das Los des
Jonas heraus. Denn das ist das Wort Allahs — mächtig und erhaben ist
er: »Da er das Los (mit ihnen) warf, gehörte er zu den Widerlegten.« —
Da drängten sie ihn hinaus und warfen ihn ins Meer. Rasch verschlang
ihn der Fisch und beherbergte ihn im Wasser.
Es fragte (einmal) ein Jude den Fürsten der Gläubigen nach einem Ge-
fängnis, das die Seiten der Erde umkreist habe. Da erwiderte er — der
Friede sei über ihm: »Das war der Fisch, der den Jonas in seinem Bauche
einsperrte. Denn er trat ein in das Meer von Kulzum, dann schwamm er heraus
in das Meer von Ägypten, dann schwamm er in das Meer von Tabaristän hinein,
dann wieder heraus in den Tigris der wasserlosen Wüste. Hieraufzog er mit
ihm unter die Elrde, bis er den Kärün erreichte. Kärfin war in den Tagen
des Mose untergegangen, und Alläh hatte einen Engel über ihn gesetzt, der
jeden Tag in der Gestalt eines Mannes zu ihm in die Erde hineingehen
sollte. Als nun Jonas im Bauche des Fisches Alläh pries und um Ver-
zeihung antlehte, hörte Kärün seine Stimme und spracli zu dem Engel, der
über ihn gesetzt war: ,Laß mich sehen, denn ich höre die Stimme eines
Menschen.' Da offenbarte Alläh dem Engel: ,Laß ihn sehen'. Nun ließ
er ihn sehen. Da fragte Kärün: ,Wer bist du?' Jonas antwortete: ,lch
bin der schuldige, sündige Jonas, der Sohn des Mattä'. Alsdann fragte er:
,Wie ist es dem für Alläh so heftig eifernden Mose, dem Sohne des 'Lnrän,
ergangen?' Er erwiderte: ,Ach, er ist tot'. Da fragte er: ,Und wie ist
es dem gegen sein Volk so gütigen und mitleidigen Aron, dem Solm des
Tmrän, ergangen?' Er antwortete: ,Er ist tot'. Nun fragte er: ,Und
wie ist es Kabain, der Tochter des Tmrän, die mit mir verlobt ' worden
^ Diese — in uusern Wörterbiicheni allerdings iiiclit angegebene — Bedeutung
\on ^^^^ leite ich ab aus Ja'küb", Historiae ed. Houtsnia I, S. 74, unten. Dort wird
von den Evangelisten (tJ^'^Vl i_J>^l) gesagt: ÖU..»^ wiD ^^ jl üj^J
4*
f>2 Ahiiki.k: l'iilil. Lcgciidoii d. Schi itcii an^ Hfiii I'roplii'tciilnitli des IJoxciiii.
war, crgaiif^cn?' Kr entgegnete: ,Ach, es ist niemand mehr am Lel)cn
von der Familie 'Imräns'. Da s[)racli Käriln : ,Ach, wie leid ist es mir
inn die Familie "Imrünsl' Das belohnte AUäh und befahl dem Kngel, der
iil)er ihn gesetzt war, die Strafe während der Zeit dieser Welt von ihm zu
nehmen. Da nahm er sie ihm ab '. Als Jonas das sah, rief er in der
Finsternis: ,Ks gibt keinen Gott außer dir; dir sei Preis. Wahrlich, ich
gehörte zu den Frevlern.' Da erhörte ihn AUäh und befahl dem Fisch, ihn
an die Meeresküste auszuspeien. Weil aber seine Haut und sein Fleisch
"•eschw linden waren, so ließ AUäh einen Kürbisstrauch, nämlich den Dubbä,
iiber ihn wachsen. Der beschattete ihn vor der Sonne, daß er ruhen konnte.
Dann aber ließ AUäh den Strauch von ihm weggehen, und die Sonnen-
strahlen iielen auf ihn herab. Als er nun ungeduldig wiu'de, offenbarte
ihm AUäh: ,AVarum erbarmst du dich nicht über hunderttausend oder noch
mehr und bist (jetzt) selbst ungeduldig über den Schmerz eines Augen-
blicks 1" Kr erwiederte: ,0 mein Herr! Verzeihung, Verzeihung!' Da
gab ihm AUäh die Gesundheit des Leibes wieder. Kr kehrte zu seinem
Volke zurück, imd sie glaubten an ihn. So sagt ja das Kor'änwort: ,Und
wenn es keine Stadt gegeben hätte, die glaubte und der ihr Glaube nützte,
so (war das) doch (der Fall bei) dem Volke des Jonas'.«
VIII.
Das Urteil des jungen Daniel.
(Parallelen zu unserer F^^rzählung hat J. Perles in seinem Aufsatz:
»Kabbinische Agadas in 1001 Nacht« in Frankeis »Monatsschrift für Ge-
schichte und Wissenschaft des Judentums« 1873 zusammengestellt. Zu ver-
gleichen ist auch Salzberger, »Die Salomosage in der semitischen Literatur«,
S. 55.)
Es überliefert Kulin'i im »Käfi« mit einer glaubwürdigen, auf as-Sädik
— der Friede sei über ihm — zurückgehenden Traditionskette, der sprach:
»'Ali erzählte, daß Daniel ein Waisenknabe war, der weder Vater noch
Mutter mehr hatte. Eine alte Israelitin aber nahm ihn auf und erzog ihn.
reJl .5ji.i -^J (V V— «i—^ A) J^ i^y^J ^^'ä'' »'clit anders heißen kann als -sie
sagen, daß INIaria mit einem Manne Namens Joseph, aus der Nachkonunenschaft des
David, verloht war-. — Daß -£-•—' diese Bedeutung vielleicht erst in christlich-ara-
bischen Kreisen unter dem Einfluß der Evangelienstellen Matth. 1, 8, Luk. 1, 27 an-
genommen hat, wo man uy/jCTEv^^vai »verlobt werden« mit uvrc^rivai «erwähnt werden«
zusammengeworfen und dies letztere eben mit ^y*-^ übersetzt hätte, diese Vernmtung
kann ich freilich nur mit allem Vorbehalt aussprechen. — Oder sollte sich die Be-
deutung -verloben« aus ig*^ im Sinne von "die Worte aWI /v~) aussprechen« ent-
wickelt haben?
• Nicht den Kärün (Korach) selbst, aber doch seine Söhne, die auf dem
ins Urmeer eingesenkten Grundstein stehen und beten, bekommt Jonas im jüdischen
Midrasch zu sehen, Wünsche, Aus Israels Lehrhallen II, S. 397 f.
AiCHKLE : Bibl. Legenden d. Sclü'iten aus dem Prophetenbuch des Hoseini. 53
(Damals) regierte nun ein israelitischer König, in dessen Diensten zwei
Richter standen. Diese besaßen einen Freund, einen fronunen Mann, der
eine schone, anmutige Frau hatte. Der pUegte zum König zu gehen, um
sich mit ihm zu unterreden. Als der König (einmal) einen Mann nötig
hatte, den er in einer Angelegenheit aussenden könnte, sprach jener zu den
beiden Richtern: »In eure Vormundschaft übergebe ich meine Frau als ein
Gut«. Nachdem sie sich einverstanden erklärt hatten, ging er fort. Die
beiden Richter aber kamen vor die Türe des Freundes und verliebten sich
in seine Frau. Da sie sie aber verführen wollten, weigerte sie sich. Nun
sjjrachen sie zu ihr: »Bei Allah, fürwahr, wenn du es nicht tust, so be-
schuldigen wir dich bei dem König imter Eid des Ehebruchs. Alsdann
werden wir dich steinigen.« Sie entgegnete: »Tut, was euch beliebt.« Da
gingen sie zum König, setzten ilui in Kenntnis luid bezeugten vor iluu,
sie habe Ehebruch begangen. — Damit kam nun eine äußerst unangenehme
Sache über den König, sein Kummer ihretwegen ward heftig, und er verwun-
derte sich über sie. Doch er sprach zu ihnen: »Eure Anklage sei ange-
nommen. Steinigt sie aber (erst) nach drei Tagen.« In dem Lande aber,
in dem er regierte, ließ er ausrufen: »Kommt herbei zu der Hinrichtung
der frommen N. N., denn sie hat Ehebruch begangen. Die beiden Richter
haben das gegen sie bezeugt.« Auf diese Weise veranlaßte er viele Leute
(zu kommen). Der König aber fragte seinen Minister: »Was hast du für
eine Auskunft in dieser Sache?« Er antwortete: »Darin weiß ich keinen
Rat.« Am dritten Tage nun — das war ihr letzter Tag — ging der Mi-
nister aus. Da gewahrte er nackte Knaben, welche spielten. Unter ihnen
war Daniei; er erkannte ihn aber niclit. Daniel rief: »0 ihr Gefährten,
kommt her! Ich werde der König sein, du o N.N. die Fromme, und der
und der werden die 1)eiden Richter darstellen, die gegen sie zeugen.« Als-
dann scharrte er einen Erdliaufen zusammen, machte ein Schwert aus Rohr
und sprach zu den Knaben: »Nehmt diesen bei der Hand und bringt ihn
an den und den Ort«. Hierauf rief er einen der beiden herbei und sprach
zu ihm: »Sage die Wahrheit, denn wenn du nicht die Wahrheit sagst,
werde icli dich töten«. — Der Minister aber stand da, sah und hörte es. —
Da sagte jener: »Sie hat Ehebruch begangen«. Er fragte: »Wann?« —
Er erwiderte: »An dem und dem Tage«. — Er fragte: »Mit wem?« —
Ei- antwortete: »Mit dem N. N., dem Sohne des N.N.« — Er fragte: »Und
w^o denn?« — Er antwortete: »An dem und dem Ort.« — Er sprach:
»Bringt ihn zurück an seinen Platz und führt den andern herbei.« Da
brachten sie ihn an seinen Platz zurück und führten den andern herbei.
Zu ihm sprach er: »Was bezeugst du?« — Er erwiderte: »Ich bezeuge,
daß sie Ehebruch begangen hat. « — Erfragte: »Wann?« — Er antwortete:
»An dem und dem Tage.« — Er fragte: »Mit wem?« — Er antwortete:
»Mit dem N.N., dem Sohne des N.N.« — Er fragte: »Und wo denn?« —
Er antwortete: »An dem und dem Ort.« — Da nun aber der eine dem
andern widersprach, so rief Daniel: »Allah ist groß! Sie haben falsches Zeug-
nis gegeben. Du N.N. rufe aus unter den Leuten: ,Sie haben falsclies Zeugnis
gegen die N.N. abgegeben; darum kommt herbei zu ihrer Hinrichtimg.'«
54 Ai<'Hti.E: Bibl. Logeiidpii d. Schfiteu aus tifiii Prophetenhiirli des Ijosoim.
Da ging dcv Minister eilends /.um Künij; und eiv.äldte iinn das. Der
König aber sandte nach den beiden Kielitern. Aneli diese widei-spraclien
sich nun, wie sich die beiden Knaben widersprochen hatten. Da ließ der
Koni"- das unter den Leuten ausrufen und befahl, sie beide hinzurichten.
IX.
Jahjä b. Zakarijjä und der Teufel'.
Es überlieferte der Kleister ^ in (der Schrift) al-'aniäli von ar-Ridä,
von dessen Vater, von as-Sädik — der Friede sei über ilan — , von dessen
\'ätern, daß IbHs zu den Propheten seit Adam — der Friede sei über ihm — ,
bis Allah den Messias sandte, zu kommen pflegte. Da si)rach er dann nu't
ihnen und richtete Fragen an sie. Bei keinem von ihnen aber war er ver-
traulicher als bei Jahjä, dem Sohn des Zakariyä. Jahjä sprach zu ihm:
-O Abu Murra^I Ich habe eine Bitte an dich.« Da antwortete er ihm:
-Du bist zu mächtig, als daß ich mich einem Wunsche von dir widersetzen
könnte. Bitte mich, was du willst, ich werde dir in keiner Sache, die du
wünschest, widersprechen.« Jahjä sprach nun: »0 Abil Murral Ich wünsche,
daß du mir deine Schlingen und Netze zeigst, mit denen du die Menschen
jagst.« Iblis entgegnete ihm: »Eine Freude und Ehre (wird mir das sein)!«
und sagte ihm für den andern Tag zu. Xm andern Morgen nun saß Jahjä
in seinem Hause und wartete auf das Versprochene. Die Türe aber hatte
er geschlossen. So bemerkte er nichts, bis ei" ihn in einem Guckfenster-
chen, das sich an seinem Hause befand, erblickte. Sein Gesicht aber hatte
das Aussehen eines Affengesichts* und sein Körper die Gestalt des Schweines.
Seine Augen waren der Länge nach gespalten, und auch seine Zähne und
sein Mund waren in einem einzigen, gewaltigen Längsschnitt getrennt.
Weder Kinn- noch Wangenbart trug er. Vier Hände Iiatte er, zwei vorne
an der Brust und zwei entgegengesetzt an der Rückseite. Seine Fersen
befanden sich an seiner Vorderseite und die Zehen ^ an seiner Rückseite.
Er war angetan mit einem Kaftan. Seine Taille aber war mit einem Gürtel
umschnürt, an dem rote, gelbe, grüne und allerleifarbige Fäden hingen.
In der Hand trug er einen mächtigen Stab. Auf seineiTi Haupte aber war
ein Helm. Daran hing ein Stück Eisen, das einem Haken ähnlich war.
Als ihn Jahjä — der Friede sei über ihm — genau betrachtet hatte, fragte
er ihn: »Was bedeutet dieser (Jürtel, der um deine Taille ist;'« Er er-
* Vgl. zu dieser Legende Ansbacher, Die Abschnitte über die Geister und
\vunderl)aren Gesciiöple aus QazwiiiJs Kosniograpliie (Eil. 190')), S. 9, 10, 23 u. 24.
'•^ Nämlicli 11)11 Habuje.
' D. 1. der Teufel; s. Ibu a!-AtIrs Kinija-Würterbucli ed. Seybold, Zeile 3005 f.
* Daß die Vorstellung des Teufels in Affengestalt im Orient allgemein ver-
lueitet ist, zeigen die Beispiele, die G. Jacob im Aufsatze: Ein ägypt. Jahrmarkt
im 13. JaJirlHuidert (S. 31) anrülirt. Sitzuugsber. d. K. Bayr. Akad. d. Wiss., Pliilos.-
pliilol. n, bist. Klasse, 1910.
• '' In diesem Zusanunenbang kann ^l^\ kaum "Finger" bedeuten.
AifnEi.K: Bibl. Legenden d. Scliriten aus dem Proplictenburli des HoseinT. 55
widerte: »Er stellt die Religion Zoroasters dar. Ich bin der, der sie ein-
geführt und für sie' herausgeputzt hat.« Dann fragte er ihn: »Und was
bedeuten diese verschiedenfarbigen Fäden;'« Kr antwortete ihm: »Das sind
alle Farben der Frauen; die Frauen färben sich unaufhJirlich mit Farben,
bis diese fest zusammenhängen mit ihi'er eigenen Hautfarbe. Und so be-
zaubere ich dann die Leute mit ihnen. Darauf fragte er ihn: »Und was
bedeutet dieser Stab, den du in deiner Hand hältst 1'« Er entgegnete: »Das
ist der Sammelort jeglichen Vergnügens, (des Spiels) der Laute, der Harfe,
der Zimliel, der Trommel, der Flöte und Pfeife. Denn siehe, wenn die
Leute bei ihrem Wein sich niedersetzen und kein Vergnügen daran finden,
da schüttle ich dann den Stab in ihrer Mitte. Wenn sie das hören, kommt
eine freudige Erregung über sie. Die einen tanzen, andere schnalzen nu't
den Fingern und wieder andere zerreißen ihre Gewänder.« Weiter fragte
er ihn: »Was ist deinem Auge am angenehmsten.^« Er antwortete: »Die
Weiber; sie sind meine Netze und Sclilingen. Wenn sich die Flüche und
Verwünschungen der Frommen wider mich vereinen, dann wende ich mich
zu den Weibern und lasse es mir bei ihnen wohl sein.« Nun fragte ihn
Jahjä: »Was hat denn dieser Helm zu bedeuten, den du auf deinem Kopfe
trägst?« Er erwiderte: »Damit schütze ich mich gegen den Fluch der
Gläubigen.« — »Und was ist dieses Eisenstück, an dem ich einen Haken
sehe?« — »Damit wende ich die Herzen der Frommen um.« — Jahjä.
fragte: »Hast du dich jemals auch schon meiner einen Augenblick bemäch-
tigt?« Er antwortete: »Nein, aber doch ist etwas an dir, das mich ergötzt.« —
»Was ist das?« fragte Jahjä. Er sprach: »Du lüst ein eßgieriger Mann.
Denn sooft du das Fasten brichst^, ißt du und bekouunst Magenbeschwerden.
Und das hält dich dann von einem Teil deines Gebets und deines Kijäms^
in der Nacht ab.« Da sprach Jahjä — der Friede sei über ihm: »Ich
schwöre Allah einen Eid, daß ich mich nicht mehr von Speisen satt essen
werde, bis ich ihm gegenübertrete*.« Iblis aber sprach zu ihm: »Und ich
schwöre AUäh einen Eid, daß ich keinen Gläubigen mehr aufrichtig beraten
werde, bis ich ihm gegenübertrete.« Dann ging er weg und kehrte darnach
nicht mehr zu ihm zurück.
Jesuslegenden.
X.
In (dem Werke) »al-'ilal« wird erzählt mit einer bis Wahl) ziu-ück-
reichenden Traditionskette, der sprach:
Als die Geburtswehen die Maria — der Friede sei über ihr — zu
dem Palmstrunk getrieben hatten, da hatte sie sehr unter der Kälte zu
leiden. Joseph, der Zinunermann, nahm daher Holz und legte es rings um
sie gleich einem Zaun. Dann zündete er es an. Die Hitze des (brennenden)
' Nämlich für die Anhänger dieser Sekte.
2 D. h. nach Ablatif der \orgesc.hnehenen Fastenzeit.
^ Das Geradestehen heim Gehet.
■* Nämlich im Gericlit.
56 All hki.k: Bibl. Legenden d. Söhnten ;lll^- dem Propliftcnbnfli des HoscinT.
Ilulzes traf sie nun von allen Seiten, so daß sie warm hatte. Er aber
hrach ihr sieben Nüsse auf, die er in seiner Reisetasche gefunden hatte
und gab sie ihr zu essen. Aus diesem Grunde nun zünden die Christen
in kalten Nächten Feuer an und spielen mit Nüssen.
XL
Es uberliefei'te ar-Räwandi vom (Propheten) — Allah segne ilni und
gebe ilim Heil — , der sprach: Iblis kam zu Jesus undsj)rach: »Behauptest
du nicht, du würdest die Toten lebendig machen?« Jesus erwiderte: "Aller-
dings.« Da sprach Iblis: -So stürze dich selbst von der flauer herab'.«
Jesus aber antwortete: »AVehe dir! Fürwahr, der Kncclit soll seinen Herrn
nicht versuchen'*.« Iblis fuhr fort: «O Jesus, vermag dein Herr die Erde
in ein Ei hineinzufügen;' Das Ei hat ja auch ihre Gestalt.« Da antwortete
er: »AUäh — erhaben, mächtig und groß ist er — wirft man nicht Schwäche
vor. Aber was du sagtest, wird nicht geschehen.«
XII.
In (der Schrift) »ma'äni al-ahbär« (wird) vom (Proj)heten) — Allah
segne ihn und gebe ihm Heil — (erzählt), der sprach: »Es redete Jesus,
der Sohn der Maria, in einer Predigt, in der er sich an die Israeliten
wandte: "Ich kam in eure Mitte, und meine Zukost ist der Hunger, meine
Speise, was die Erde für die wilden Tiere und das Vieh hervorsj)rießen
läßt, mein Leuchter ist der Mond, mein Ruhebett der Erdboden und mein
Kissen der Feldstein. Ich besitze kein Haus, das der Zerstörung anheim-
fällt, keine Habe, die zugrunde geht, keine Kinder, die sterben, kein Weib,
das in Trauer versetzt wird. Ich erwache des Morgens, und nichts ist
mein eigen, und doch bin ich der reichste der Menschenkinder.
XIIIl
Es wird überliefert, daß Jesus — der Friede sei über ihm — , als
ihn eines Tages heftiger Regen und Donner überraschte, alsbald suchte,
wo er Schutz finden könnte. Da gewahrte er in der Ferne ein Zelt. Er
ging darauf zu; da er aber eine Frau darin antraf, entfernte er sich wieder.
Plötzlich erblickte er eine Höhle in einem Berge und ging hinein. Da war
ein Löwe darinnen, dem legte er die Hand auf und sprach: »0 mein Gott!
Jedem Ding hast du eine Wohnstätte gegeben, nur mir hast du keine ge-
geben*.« Da offenbarte ihm AUäh — erhaben ist er: "Deine Wohnstätte
• Vgl. Matth. 4, G, Luk. 4, 9.
2 Vgl. Mattli. 4, 7, Luk. 4, 12.
' Wird in den IIss. unmittelbar an Nr. XII angelugt, und es ist darum nicht
y.weifelliaft, daß auch diese Anekdote aus Ihn Bähüjes Schrift »maäni al-aljhär«
entnonniien ist. Sie hat ja dieselbe Tendenz wie Nr. XII und wird darum aucli
dort in demselben Zusanunenhang erzälilt gewesen sein.
* Vgl. Matth. 8, 20.
Aichki.k: I»il)I. Legondou d. Schl'itcn aus dem Piophetculmcli des Hosoiiif. 57
steht ia dem festen Wolinplatz meines Erbarmens und meiner Macht. xVni
Tage der Auferstehung werde ich dir hundert Huris zu Frauen geben,
die ich mit meiner Hand erscliaffen habe. Bei deiner Hochzeit werde ich
ein Festmahl geben, viertausend Jahre lang; ein Tag davon wird die Dauer
der Welt haben. Und ich werde ausrufen lassen: »Wo sind die, die in
der Welt enthaltsam waren ;' Kommt herbei zu der Hochzeit des enthalt-
samen Jesus, des Sohnes der Maria.«
XIV\
Man erzählt: Während Jesus, der Sohn der Maria, (einmal) dasaß,
arbeitete ein alter Mann mit einem Spaten imd grub den Boden um. Da
sprach Jesus: "0 Gott! beraube ihn der Lebenshoffnung.« Sogleich legte
er den Spaten nieder und streckte sich selbst auf den Boden hin. So blieb
er eine Weile. Alsdann sprach Jesus: »0 Gott! gib ihm seinen Lebens-
mut wieder.« Da erhob er sich und machte sich wieder an die Arbeit.
Jesus stellte ihn darüber zur Rede. Er gab zur Antwort: »Während ich arbeitete,
da redete es auf einmal in mir: ,wie lange willst du noch tätig sein, und
du bist doch ein sein- alter Mann.' Da warf ich den Spaten weg und
legte mich nieder. Dann aber sprach es in mir: ,bei Allah, es gibt fiu' dich
kein Entrinnen aus dem Leben, das du noch zu leben hast.' Da erhob ici»
mich (und griff wieder) nach meinem Spaten.«
XV.
Es iiberliefert at-Tabarsi — AUäh erbarme sich seiner — in (seinem
Werke) »magma' al-bajän« auf die Autorität des Wahb b. Munabbih hin,
der sagt: Jesus ging mit siebzehn seiner Jünger in ein Haus, Da belagerten
sie^ sie. Als sie aber bei ihnen eindrangen, gab AUäh jenen allen das
Aussehen Jesu. Darum sprachen sie zu ihnen: »Ihr habt uns bezaubert.
Du wirst dich uns (aber) zu erkennen geben, o Jesus, oder wir töten euch
alle.« Da sagte Jesus zu seinen Genossen: »Wer von euch wird heute
sein Leben um den Paradieseslohn (fia- den Preis des Paradieses) dahin-
gebca?« Darauf aatwortete eiaer voa ihaea, Sergius mit Namen: »Ich«.
Dann ging er zu ihnen hinaus und sprach: »Ich bin Jesus.« Sie ergriffen
ihn, töteten und kreuzigten ihn. AUäh aber erhöhte .Tesus noch an jenem
Tage.
• Ebenfalls aus den »lua'änT al-ahhär». — Vgl. auch die ])ekannte Äsopsclie
Fabel »der Greis und der Tod".
■^ Nämlich die Juden.
58
Talmudische Rechtsurkunden.
\'(>ii Dr. 8. Fuchs
in Liixeinliiifg.
V orliegeiule Ahhandlung liildet die Fortselzung zu meinen 1912' und 1913*
erschienenen Arbeiten über talmudiscbe Recbtsurkunden. Auch die hiei-
vorireführten Doktunentenfornudare^ stannnen aus dem Urkundenbuch des
R. Jchuda l)eu Barsilai *. Ks scliien aucli diesmal angebracht, den einzehien
Urkunden wenigstens die wesentlichsten Bestinnnungen über das zu be-
handelnde Rechtsgebiet, unter Berücksichtigung der Terminologie, voraus-
gehen zu lassen und sämth'chen Ausfülirungen den großen talnuidischen
Rechtskodex Mi§ne Toia des Maimonides zugrunde zu legen. Ist doch das
systematische Verfaliren dieses bedeutenden Gelehrten l)esonders geeignet,
um in das talmiulische Recht erfolareich einzuführen.
' VcrüffeiitUcht in den Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen
an dei- Köiiigliclien Kriednch-Willielnis-Universität zu Berlin, iioiausgegeben von dem
Direktor, Prof. Dr. Eduard Sixhau. Geli. Ober-Regierungsrat. Jahigaiig XV. Zweite
Abteilung: Westasiatisclie Studien. Berlin 1912. Im Laufe vorliegender Studie nur
als Westasiatische Studien zitiert.
'^ Veröffentlicht in der Zeitsclirift für vergleichende Reclitswissenschaft.
Band XXX. Stuttgart 1913.
^ Kür/.ere und in aramäischer Sprache abgefaßte Formulare entliält der erste
Teil des geschätzten lialachischen, um 1170 verfaßten Werkes Sefer ha-Ittur von
Jsak ben Abba Mari ans Marseille. Ich zitiere nach der Leniberger Ausgabe von 1860.
* Sefer Haschetaroth, herausgegeben \ on S. J. Ilalberstam. Berlin 1898. In
un.serep Arbeit als S. H. zitiert. Über die fruchtbare literari.-*che Tätigkeit des
R. Jeliuda ben Barsilai bericlitet Halberstam in der Einleitung zum Jezirakommentar
desselben Verfassers. Auf Grund unseres S. II. können wir noch folgendes fest-
stellen. Als der Verfasser sein S. H. schrieb, war sein Gesetzeskodex noch nicht
fertig, denn in der Einleitung zur Annullierungsurkunde S. 16, zur Burgschaftsurkunde
S. 67 und zum Bedinguiigsdokumeiit S. T24 weist er auf später abzufassende Ab-
srbnitte hin: '"^''"rr ^IIP'. >*';?'^!~r "^'^r T'T? "5* »Wir werden es mit Gotte.s Hilfe
am entsprechenden Orte noch erklären.« So erfahren wir auch, daß er ausfüiirliche
Abschnitte über -y-i-i: n-sin, flber rna-'yi nijVap ms^n, und über shs^iDsi '{'^'in ma^n
-iri"tts ristn* beabsichtigt hatte. Von seinen abgeschlossenen Abhandlungen zitiert
er mehrere, und zwar die filier Eid, Zeugenaussage, Elieschließung, Ehescheidung.
Wittvvenversorgung, Scliwagerehe und Sklavenrecht. Vgl. S. H. S. 0. 26. 27. 29.
39. 53. 62. 86. — L. Blau behauptet (»Die jüdische Ehescheidung" II. Teil.
Budapest 1912, S. 13, Anm. 2), die in Spanien unverständlich gewordenen aramäischen
Dokumente ins Hebräische zu übersetzen, sei ein Hauptzweck unseres S. H. gewesen.
Fi'cns: Talimulisclie Reelitsurkuiidcn. 59
Aiifh diese Abhandlung in den Mitteilungen des Orientalischen Senn'nars
an der Königliehen Universität zu Berlin veröffentlichen zu dürfen, erlnllt
mich mit größtem Danke fi'a- meinen hochverehrten Lelner. Herrn Geheimen
Oberregierungsrat Prof. Dr. Eduard Sachau.
Sämtliche Rechtsurkimden des Talmuds, mit Ausnahme des Scheidungs-
dokumentes, sind objektive ^ Urkunden. Der Scheidebrief allein ist eine
subjektive* Dispositivurkunde^. Nehmen wir aber die Einteilung* an, wonach
die Urkunden, je nachdem sie vor einem öffentlichen Eunktionär oder ohne
Zuziehung eines solchen ausgestellt werden, öffentliche oder private Urkunden
sind, dann umfaßt das talmudische Recht dreizehn öffentliche und sechsund-
siebzig private Urkunden-'.
Folgende Dokumente haben öffentlichen Charakter: a) Adrakta^,
b) Ascharta dedaine ', c) Epitropsüta^ d) Iggeret Bikkoret^ e) Chaliza ''',
f) Merchesa ", g) Psak Diu '2, h) Hatfasa ^^, i) Tirpa **, k) Iggereth Mazon '%
1) Prosbul '", m) Schimmusch ^', n) Schümä '^. Alle diese erfolgen durch den
Gerichtshof, die übrigen bloß vor Zeugen.
Wir Avenden uns jetzt der Fortsetzung zu.
Die Schenkungsurkunde ^^
Für den Schenkungsakt gelten die nändichen Formalitäten, welche beim
Kaufakt in Betracht kommen. Mobilien hebt der Empfänger; oder, wenn
dies nicht möglich ist, zieht er sie an sich. Immobilien und Sklaven gelten
^ Objektiv ihrer Stilisierung nach, weil in ihnen »der beurkundete Hergang
vom Standpunkt eines unparteiischen Beobachters in der di'itten Person referiert
wird". S. Mitteis, Grundzüge der Papyruskunde H, S. 49 f.
- Vom Standpunkte seiner Stilisierung. weil in ihm -die Parteien selbst, in der ersten
Person redend, die Urkunde redigieren«. Vgl. Mitteis a.a.O. Ursprünglich waren alle
Urkunden subjektiv. Vgl. Blau a.a.O. über subjektive Schuldiukunden in tannaitischer Zeit.
' »Weil das Rechtsgeschäft gerade erst durch die Errichtung der Urkunde
zustande kommt.« Vgl. Mitteis a. a. 0.
^ Mitteis a. a. O.
'" S. H. S. 2.
•^ Vgl. Westasiatische Studien, a. a. 0. S. 83.
' Ebenda S. 85.
« Ebenda S. 101.
9 Ebenda S. 94.
'" Dispensation von der Leviratsehe.
11 Zeitschrift für vergleichende Reciitswissenschaft a. a. O. Absdinitt V.
»2 Urteil s. S. H. S. 36.
•3 Westasiatische Studien a. a. 0. S. 106.
"• Ebenda S. 86.
i-" Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaften a. a. 0. Abschnitt VII.
IC Erklärung vor Gericht. Vgl. S. H. S. 69.
'" Westasiatische Studien a. a. 0. S. 91.
is Ebenda S. 92.
1» S. H. S. 22; Baba Bathra 137 ff.. Gittin 14a und 29a. >nschne Tora:
-:!;r -"=- "'='-, Kap. IIb; Tur: ::si-: ^^-n § 241.
ßl) riTcns: T.ilmudische Rechtsmkuiult'ii.
als geschenkt erst, wenn der Empfänger dieselben entweder in einer Weise
in Besitz nalim, welche auch lur den Kauf geltend ist', oder die Schenkungs-
urkiuule sich bereits in seinen Händen befindet. Keineswegs genügt eine
nn'indliehe Abmachung; solange diese allein besteht, können beide Parteien,
grnau wie beim Kauf zurücktreten.
Mündliche Abmachungen haben nur Gültigkeit, wenn die Schenkung
ein zu tilgendes Guthaben oder ein zurückerstattetes Depositum umfaßt, sogar
auch daiui, wenn die Schenkung auf indirektem Wege erfolgte, Z. B. A sagt
zu B: Gib die Summe «, welche du mir schuldest, dem C In diesem Falle
ist C rechtmäßiger Besitzer geworden, und ein Zuriicktreten ist nicht mehr
zulässig.
Für die Schenkung wäre ebensowenig wie für den Kauf das Vorhanden-
sein von Zeugen notwendig, doch nur mit Rücksicht auf lügnerisch Veranlagte
müssen auch \'erzic]itleistungen und Schenkungen vor Zeugen erfolgen.
Die Schenkung bedingt eine genaue Bezeichnung des Objektes; es hätte
also ein Akt gar keine Rechtskraft, w'enn darin stünde: Ich schenke dir eines
meiner Feldei'.
An Bedingungen '^ gekniipfte Schenkungen werden erst mit dem Ein-
treffen der Bedingung rechtskräftig. Hat der Empfänger den Besitz angetreten,
die Bedingung jedoch ging nicht in Erfüllung, so ist die Schenkung ungültig,
und der Empfänger erstattet einen Ersatz für die Nutznießung.
Eine Schenkung, bei der bedungen wird, selbe nach einer bestimmten
Zeit^ zurückzunehmen, ist, gleichviel ob sie Mobilien oder Immobilien lun-
faßt, bis zu dem besagten Zeitpunkte gültig. Erfolgt unter solchen Umständen
die Schenkung eines Objektes, und der Beschenkte weiht dasselbe xmterdessen
dem Heiligtum, so bleibt der Gegenstand geweiht, vorausgesetzt, daß die
Schenkung mittels folgender Worte ausgesprochen wurde: »Dieses Objekt
' Durch Übergabe des Geldes und da, wo der Gebrauch besteht auch eine
Uikunde 7.u schreiben, erst dann, wenn der Kaufakt ausgestellt ist, oder durch Be-
sitzergreifung, indem man sich in Gegenwart des Schenkers oder auf dessen Aiif-
fotderung hin auch während seiner Abwesenheit in dem geschenkten Felde, Hause
usw. etwas zu schaflTcn macht, z. B. man sclilloßt das Haus, umhegt das Feld mit
einem Zaun oder Ähnliclics, allerdings nur solches, womit man' dem Objekte nützt.
Bei Sklaven ist in diesem Falle erforderlich, daß sie z. B. dem Empfänger die San-
dalen lösen, zuschnüren oder Ähnliches ausfülu'en. Vgl. Maimonides, a. a. 0. r.'ss-
—■•r: Kap. I ff.
^ Bedingungen, die an einen Kauf, Schenkungsakt, an eine Eheschließung, Ehe-
scheidung geknüpft werden, Hellten sidi, was die Deutlichkeit der Verabredung betrifft,
nach Numeri XXXII, 29 und 30. — Daselbst wird ganz genau angegeben, wie mit den
Rubeniten und Gaditen zu verfahren sei, wenn diese ihr Versprechen halten und
welche Folgen es für sie haben müsse, wenn sie ilirem Versprechen untreu werden.
Es nmß daher auf viererlei geachtet werden, 1. daß die Bedingung 5"r2 »doppelt«
sei, indem beide Möglichkeiten Erwähnung finden; 2. daß "sf' 3""p '~ der bejalumde
Teil dem verneinenden \orausgehe; 3. daß "i??';^ o-i'p ■'s:»^ die Bedingung vor der
Folge Erwähnung finde; 4. daß die Ausfuhrung ""5"'7ilV "'rLSsr 'z-r sidi auf eine Sache
beziehe, die ausführbar ist. Vgl. Maimonides, Hilchotii Ischnth, Kap. VI;,.
3 Z'IT- T3T
Fuchs: Taliiiudisi-Iie Reditsurkunden. 61
schenke icli dir unter der Bedingung, daß du es wiedererstattest." Lautete
jedoch die Formel »unter der Bedingung, daß du mir es wiedererstattest«,
dann gilt der Gegenstand nicht als geheiligt ', denn es wurde ja die Wieder-
gabe des Gegenstandes für den fernem Gel)rauch des Schenkers bedungen.
Wiewohl eine Schenkung an einen Götzenanl)eter unstatthaft ist, so
bilden doch eine Ausnahme davon diejenigen Heiden, die im heiligen
Lande sich vorübergehend oder beständig aufhalten, da für
die Existenz dieser^ laut Gesetz der Tora, Sorge getragen
werden soll.
Schenkungen, die einem Sklaven oder einer Ehegattin zufallen, gehen in
den Besitz des Herrn bzw. des Ehegatten über, auch dann, wenn an die
Schenkung die Bedingung geknüpft wurde, daß dem Herrn bzw. dem Gatten
kein Anrecht auf dieselbe zustelle. Ist jedoch etwas Persönliches bedungen
worden, z. B., daß die Frau für das ihr geschenkte Geld sicli Kleidung
kaufe oder daß sie es nacli Belieben verwende oder daß der Sklave sicli
damit loslöse, in diesen Fällen hat der Gatte bzw. der Herr keinerlei An-
recht auf das geschenkte Gut.
Fällt dem Sklaven eine Schenkung seines Herrn zu, so erwirbt er
die Freiheit nur dann, wenn der Herr ihm seinen ganzen Besitz ohne irgend-
eine Einschränkung verschrieben hat.
Das Schenkungsobjekt wird herrenlos^, sobald der Beschenkte es
einmal angenommen und sodann wieder zurückgewiesen hat, und nur wenn
letzterer verhindei'n möchte, daß irgend jemand das herrenlose Gut sich an-
eigne, erst dann kehrt die Schenkung in den Besitz des Schenkenden zurück.
Eine Schenkung ist auch dann rechtskräftig, wenn sie in Abwesenheit des
Beschenkten erfolgt, und gilt hierbei der Grundsatz, wonach man einem
Abwesenden wohl eineir Vorteil verschaffen, nie jedoch einen Nachteil zu-
fügen könne*.
Wenn A eine Schenkung dem B durch Vei-mittlung des C zuwenden
will, dann muß der Auftrag mit den Worten »gib«'^ oder »erwirb«" erfolgen,
durch einen Ausdruck wie z.B. »bringe«'' könnte die Schenkung, solange sich
das Objekt in den Händen des Vermittlers befindet, widerrufen werden; wenn
jedoch derSclienker inzwischen stirbt, dann ist die Schenkung auch im letzteren
Falle gültig, da es Pflicht ist, den Befehl eines Verstorbenen auszuführen^.
Der Beschenkte muß geistig normal sein, will man jedoch die Schenkung
einem Geistesschwaclien zuwenden, dann geschieht dies durch einen Dritten,
einen Bevollmächtigten.
1 B. Bathra 137 b.
2 ■n--'r:-^ ""''s': "Jjs;:; ■>;2': wörtlich : weil b e t r e f f s di e s e s i s t d i r b e f o li 1 e n ,
daß du ihn ernährst.
* 'h •pzr; -i^s"! r:s2 ti'rq D-jsV 'j"'?'^
nt- i-a^ D'pV rris*:
(\'2 KiTiis; 'l'iilmiidiM'lic K'oi'IiImmLiiikU'ii.
Kill Miiidcr.jiiliii.nei- erwirbt ilas (Jescliciik ci'st in dciii Aiigoiililicko,
da man es ihm einhändigt odei- auch diiich \'crinifthin}; eines Dritten: ein
(iroßjährigei- hinu;egen schon ki-al"t seines Gnindliesitzes (Uoi' des Hauses),
falls ihm die Sclienkung in seiner Al»\vcsenheit ' zugewiesen wiid. In Kv-
mangehing eines Hofes genügt auch eine sonstige Liegenschaft, aber nur
dann, weiui dei- Beschenkte im AugonbHckc der Sclienkung in unmittel-
baier Nähe dieser Liegenschaft sich befindet und erklärt, daß dieses Feld
da/.u diene, lun die Schenkiing lechtskräftig zu gestalten. Hofindet sich
der Beschenkte im Momente der Schenktuig auf öffentlichem Gebiete oder
im Felde eines Fremden, so erwirbt er die Sehenkung erst durch per-
sönliche Übernahme.
Der Sehenkimgsakt hat mit dem Scheidebrief gemeinschaftlich, daß
der Beauftragte seinen Aufti-ag nicht weitergeben darf an einen andei-n
Bevollmächtigten •'.
Im allgemeinen gilt die Kegel, daß der Beschenkte entweder durch
Übernahme der Urkunde in den vollen Besitz der Schenkung gelangt oder
durch die Vermittlung eines Dritten, dei- diese für ihn erworben liat^. Der
Beschenkte schwört den Antreil)iu)gseid^, sobald ei' beliaui)tct, daß ihm der
Gegenstand aufgezwungen oder nur zur Aufbewahrung gegeben wuide;
dem Schenkgeber hingegen wird ebenfalls der Antreibungseid auferlegt, so-
bald er l)ehauptet, daß der Gegenstand ihm geraubt wui-dc oder daß er
denseli)en nur zur Aufbewahrung gab.
Die Schenkungsurkunde ist anfechtbar, wenn in ihr nicht geschrieben
steht, daß die Schenkung in öffentlicher^ Form erfolgt, gewissermaßen vor
aller Welt.
Ging der Schenkung ein Modäadokuniciit" voran, so wird die Schenkung
ungültig; denn bei einer Schenkung richtet man sich innner nach der Ab-
sicht des Schenkgebers ^. Fs ist daher eine Sclienkung auch ungültig, wenn
z. B. jemand, in der Meinung, daß sein Sohn auf einer Seereise ums Leben
kam, all seine Güter verschenkt hat und der vermißte Sohn heimgekehrt
ist. In diesem Falle ist ja klar, daß es keineswegs die Absicht des Vaters
sein konnte, den Sohn zu benachteiligen, darum nimuit man stets die
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■T D^~ns ■>■;;;> W -z «b -snr s-j "s ^^^5 rrn-sr; -lau: y-^yyö ^? nrT 5?;:':" ^s
* ns"ir rc^'^r von n^w~ antreiben. Es ist dies der Eid, den die nacliniisclini-
sclicn Gesct/.cslelirpr cingefülirt haben und der dazu dient, um den Beklagten, so
dieser die gan7.e Schuld alileugnct, zum Geständnis der Walirlieit an7,utreil)Cii. Laut
Verordnung der Misclina geht der Beklagte, wenn er die ganze Sclnild leugnet, frei
aus. Vgl. Schebuoth VI,.
8 Vgl. über dieses Dokument in der Zeitschrift für vergleichende Rechtswissen-
schaft, Rand XXX, 1013, meine Abliandiung .Talmiulisclie Reditsurkunden« Ab-
schnitt IV.
^ 1""~ ^'.~ "~5* '*';'* ~;'5:r 'Cr'~'~ T^.
Fl'ui^: Talmudisclie KeclitMirkundeu. 63
Ahsiclit des Sclicnkgehers in Erwägung'. Falls der Vatei- aber irgend-
einen noch so kleinen Teil seines Besitzes für sich znrückbehielt^ ist die
Schenkung dennoch rechtskräftig. In ähnlicher Weise ist die Schenkung
an einen vom Vater bevorzugten Sohn oder an eine Gattin erst giiltig,
wenn der Schenkgeber etwas für sich zurückbehielt; hat er dies unter-
lassen, so besteht bloß ein ^'ormundschaftsve^hältnis^ zwischen dem Be-
schenkten und den andern Brüdern bzw. zwischen der Gattin und den
sonstigen Erben. Erfolgte die Schenkung an den bevorzugten Sohn und
noch an einen Fremden, an die Gattin tmd noch an einen Fremden, so
steht in beiden Fällen diesem Fremden die Hälfte der Schenkung zu, und
sowohl Sohn als Gattin bekleiden bloß das Vormundschaftsamt.
Wendet ein Ehemann sein ganzes Vermögen der Gattin zu, so ver-
liert letztere ihr Anrecht auf die in dem Ehevertrag* festgesetzte Sunune.
Schenkt der Vater seinen Kindern und bedenkt zu gleicher Zeit auch
seine Gattin mit einem noch so geringen Teil der Inunobilien, so verliert
die Gattin auch in diesem Falle das Anrecht, um die Sunune ihrer Eiie-
verschreibung durch Säsierung der den Kindern ° zugedachten Güter zu er-
heben ^ Behielt der Gatte einen Teil der Immobilien für sich oder er schenkte
seiner Gattin bloß beweglichen Besitz ", dann bleibt ihre Forderung betretis der
Eheverschreibung rechtskräftig.
Eine Witwe, die, um ihr Vermögen in Sicherheit** zu bringen, dieses vor
ihrer Wiederverheiratung ihrem Sohne oder einem Fremden als Schenkung
zuwendet, erhält ihren Besitz wieder", wenn der Gatte starb oder sich von
ihr scheiden ließ, vorausgesetzt jedoch, daß sie seinerzeit dem Beschenkten
ihren gänzlichen Besitz zugeeignet hat.
Das Verlobimgsgeschenk '°, gleichviel ob es aus tausend Denaren l)e-
stand, gleichviel ob Braut oder Bräutigam das Verlölmis gelöst hat, wird
nicht zurückerstattet. Sonstige Geschenke", die während der Verlobungs-
zeit erfolgten, erstattet man zurück, wenn der Bräutigam die Verlobung
1 •jni:- hy^i ■ji-Tc-s aV'^y^, oder in der babylonisch-aramäischen Form: -rr 's-its
s:-':-s, B. Bathra, S. 132 a.
3 SS— j-rs, IrriTccTTs;. Vgl. Westasiatische Studien a. a. 0., S. 101.
* Über den Ehevertrag vgl. meine »Talmudischen Reclitsurkundeu« in der
Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, Bd. XXX. 1913. Abschnitt VI.
» Starb jedoch inzwischen ein Sohn, so steht der Frau das Reclit zu, aus
seinem Teile die Eheverschreibung zu beheben.
•^ r£— -j rrs^ zur Säsierungsurkunde vgl. Westasiatisciie Studien a. a. 0., S. 86.
^ "~"t1 eine Frau, die zu einer Rechtsinstitution Zuflucht ninnnr, um ilir Ver-
mögen zu schätzen.
" Die Nutznießung — i^"""'?. — bis zum Tage der Wiedererstattung gehört in
solchen Fällen immer ohne weiteres den Beschenkten.
lö Gemeint ist der Gegenstand aus dem Besitze des Bräutigams, mittels
dessen das Verlöbnis rechtskräftig wird. Vgl. Zeitschrift für vergleichende Rechts-
wissenschaft a. a. O. Abschnitt VI.
" n-r^sc, aijfißoXa, Ehepfand, Beitrag zu den ]Mahlzeiten eines Hochzeitsfestes.
()4 Ficiis: r.ilniiifiix'lie K'cfliisiiikiiiidcu.
löst. Ist rs die IJiaut, (li(> zurücktritt, erstattet man s()j:;ar iWr Kosten,
Wflclic ilinrli Speise iintl Trank entstanden sind, ferner ersct/.t man aneli
die l)ci solchen \'erlol>nnjj;sfestliclikcitcn verteilten Geschenke an die Kidtns-
dieiicr. Ks konnnt dabei die Hegel /nr Anwendung: »AVer Geldschaden
vernrsaclit, der ist verpflichtet, die Entschädigung zu zahlen '.-
Geschenke ^ die der Bräutigam in harem Gelde von seinen Freimden
em[iningt. gellen eigentlich nicht als Schenkungen; denn \\enn der schenkende
IVeund sich unter gleichen Bedingungen' verlobt, steht ihm das Recht zu,
sogai- auf gerichtlichem Wege, ein Geschenk von gleichem Werte einzu-
Ibrdern. Bestand das Geschenk nur aus einem Denar, dann steht dem
Schenker im gegebenen Falle kein Anspruch zu auf ein Gegengeschenk;
denn der eine Denar wird als Entschädigung für die genossenen Speisen
betrachtet. Ob ein Gegengeschenk auch von den Erben des Beschenkten
eingefordert werden kann, hängt von den Oi-tsgepllogenheiten ab. Stirbt der
Hochzeitskanicrad gleich nach den Hochzeitsfestlichkeiten, so erstattet der Vater
des A'erstorbenen eine Entschädigung. Geschenke für ein Hochzeitsfest., die in
Naturalien — z.B. Wein, öl, Früchte — erfolgen, bedingen kein Gegengeschenk.
Unser S.H. gibt folgenden Text für das Formular der Schenkungsurkunde*.
Wir, die Unterzeichneten, bekunden mit deutlicher Aussage: Es
sprach zu uns A, Sohn des B (und ist A verheiratet, dann wird auch
der Name seiner Frau in allen Urkunden genannt, und zwar noch vor dem
ihres Mannes, und so schreibt man dann: Es sprachen zu uns die Fi-au C,
Tochter des D, und ihr Gatte A, Sohn des B ^), es ist unser freier Wille, und es
geschieht ohne irgend eine Spur von äußerem Zwang, sondern gutwillig und
mit klarem Verstand wenden wir von jetzt ab dem E® eine vollkommene
Schenkung zu in f'orm jenes Hauses und Hofes. (Ist es ein Feld, so schreibt
man: jenes Feldes, welches wir im Bezirke . . ., im Distrikte . . ., im Orte,
genannt . • ., besitzen. Das Feld bringt soundso viel Getreide. Oder man
schreibt auch: es sind darin . . . Girujoth ', Modioth\ je nach Ortsgel)rauch.
samt seinen Erkennungszeichen und Grenzen. Bei genauer Angabe der
Grenzen ist nicht nötig, daß auch die Beschreibung der Länge des Feldes
erfolge, es genügt zu schreil)en: Jenes durch seine Grenzen bezeichnete
Feld, welches wir am Orte X besitzen, und dies sind seine Grenzen. Von
'^ n'TiiiD wörtlich: Hoclr/.eitskaineradscliaf't. Kraft eines .solchen Geschenkes
hatte man das Recht, am Tische des Bräutigams als Gast zu erscheinen. Soldie
Teilneiimcr heißen ■|"';"'r4ii".
3 Heiratete der Beschenkte eine Jungfrau, kann der Sclionkgebcr kein Gegen-
geschenk heanspruchen, falls er eine Witwe elielielit.
* S. II. S. 22 s-i-^ rrn'i ::^ .Schenkung eines Gesunden im Gegensatze zu r^i^}'^
','-': s->33; Schenkung eines Schwerkranken.
*• Die eingeklammerten Sätze sind ebenfalls im Formular des S. II. enthalten.
•"' Vor "5 ":n"r ist zu ergänzen: ■':"'^s p "'2iWi.
" t«-r; Pfcii. Aus dem parallelen Ausdruck n-s'^-j^': ist zu schließen, daß ein
Maß gemeint ist.
8 »'-i'"^, us5>£o;, -U Getreidemaß.
Funis: Taliiiudisc'lic Keclitsiukuiirlcii. 65
der einen Seite ist es begrenzt dnrch «, von der zweiten ' durch ß, von der
dritten durch 7, von der vierten durch h. Alles, was sich innerhalb dieser
obenerwähnten vier Grenzen befindet, gaben wir diesem E, die ganze Tiefe
und H()he^ das Recht des Gehens und Kommens, samt Erde und Garten-
boden, samt Gehölz und Gestein, was als »Feld« bezeichnet wird und was
nicht als Feld bezeichnet wird, bebautes und unbebautes Gelände, frucht-
baren und unfruchtbaren Boden, samt allem Ertrag und Nutzen, der sich
daselbst befindet, von der tiefsten Tiefe I)is zur höchsten Höhe, von jetzt
ab bis auf ewige Zeiten. Es schreite dieser E zur Besitzergreifung dieses
Feldes oder dieses Hauses und sei berechtigt, darin zu wohnen, es zu erben
und zu vererben, es zu verschenken, an wen es ihm lieliebt, darauf zu bauen
oder niederzureißen, einen Pächter' zu entfernen, einen anderen einzusetzen,
es zu bestellen, zu bepflanzen, zu pflügen, zu säen, ganz nach Belieben es
zu verschenken, sowohl er als auch seine Rechtsnachfolger; denn von jetzt
ab gebe ich ihm mit ganzem Herzen diese Schenkung, ohne auch nur das
Geringste für mich und für meine Rechtsnachfolger zurückzubehalten, keine
Spanne oder mehr, auch keine Spanne oder weniger. Von jetzt al) entferne*
ich mich in vollständiger Entfernung für immer. Es blieb weder für mich
noch für meine Rechtsnachfolger irgend etwas Greifbares oder irgend ein
Anteil z(u-ück. Und was diese Schenkung betrifft, so ist sie eine vollständige^
Schenkung, eine Schenkung von jetzt ab, die Sclienkimg eines Gesunden, eine
öfientlich erfolgte Schenkung, bekannt und offenbar aller Welt, eine ewige
Schenkung, festgesetzt und beschlossen gemäß Satzung und Vorschrift, woran
nichts zu ändern, kein Zurücktreten mehr möglich. Ich gab es ihm, händigte
es ihm ein und für seine Erben nach ihm. Niemand wehre es ihm und
avich nichtseinen Rechtsnachfolgern; denn mit ganzem Herzen habe ich die
Schenkung vollzogen, von jetzt ab. Wer nun auch von den vier Enden
der Welt kommen würde, ob Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester,
ein nahe Verwandter oder ein entfernt A'^erwandter, ein Erbberechtigter
oder Erblasser, Jude oder Heide % ob mit unserer Einwilligung oder ohne
unsere Einwilligung, der sich erhel)t, um etwas geltend zu machen oder um
• Zu ergänzen "[31 ip "^yo ^s':.
2 Wörtlich: Von der Tiefe der Erde bis zur Höhe des Fiinianieufs.
3 D->-s Pächter, der einen bestimmten Teil seines Ertrages als Pacht in Na-
turalien entrichtet.
* Es handelt sich hier um die Zession, für welche ursprünglich eine be-
sondere Urkunde abgefaßt wurde. Aus den Papyri erfaliren wir, daß jeder Ini-
mobiliarverkauf durch zwei Urkunden bedingt ist. In der einen, »die Urkunde des
Silbers«, wird das Kaufgeschäft abgeschlossen, in der zweiten, -die Urkunde des
Fernseins«, wird das Kaufobjekt dem Käufer überlassen. So nennen sich drei
aramäisch -jüdische Rechtsurkunden von Assuaii und Elephantine ausdrücklich als
pn-itt -^sD, d. h. Urkunde des Fernseins. In den rabbinischen Formularsamnilungcn be-
gegnen wir ebenfalls der Zessionsurkunde. Vgl. S. H. S. 66. Über «TrocrTacrio^ und
-1^3 ^is'c Vgl. Blau, Papyri Und Talmud, Leipzig 1913, S. 20.
5 S. H. S. 23. 1. n;>ra^.
^ "is'2-'S wörtlich Aramäer.
Mite. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. II. Abt, 5
(■)() p'i'ciis: Talimidisflie KcclitMirkmirleii.
Eins|fnicli zu crliflicn oder iigciulcin Urteil lieran/iizielicn gegen diesen K
oder gegen seine Reclitsnachfolger, oder sonstige Kinwände zu niaclicn be-
trctTs dieser Schenkung, um sie teilweise oder gänzlich fih- ungültig zu cr-
kliiicn, so seien die Woi'te des Klägers nichtig, gleichgestellt einem zer-
brochenen Tongefäß, das nicht mehr zusammengefügt werden kann. Weder
isi-aelitische Richter noch Richter anderer Völker sollen die Macht haben,
ebenso keinerlei schriftliche Urkunde. Bestätigung, gleichviel in welcher
Sprache abgefaßt, gegen diese Urkunde in Umlauf gebracht, sie teilweise
oder gänzlich ungültig erklären zu können, es sei jene Urkunde oder Be-
stätigung null und nichtig, imd soll sie nicht Gegenstand eines Prozesses
werden können, weder israelitische Richter, noch die Richter der andei-n
\"ölker sollen diesbezüglich eine INIacht hal)en. Mir und meinen Rechtsnach-
folgern liegt es ob, fortzustoßen, zu entfernen, abzuschütteln von ihm (dem Be-
schenkten) jeglichen Einwand und jegliche Urkunde bezüglich dieser Schenkung
und für selbe zu seinen wie auch zugunsten seiner Rechtsnachfolger, das
Kigentumsrecht geltend zu machen, ohne daß für den Beschenkten der
geringste Schaden entstehen könne. Jegliche Art von Protesterklärungen, die
wieder mit anderweitigen Protesterklärungen zusammenhängen, die wir qv-
gehen ließen oder die wir noch ei'gehen lassen werden, diese allesamt er-
klären wir aus freiem Willen, ohne Zwang, in euerer Gegenwart füi- nichtig,
damit keinerlei Folgerung aus ihnen je geschlossen werde '. Ks sprach der
Schenkgeber: Schreibet diesen Schenkungsakt und siegelt ihn''' auf der Straße,
auf dem Marktplatze, vor aller W^elt', damit es nicht den Anschein ha])e,
als wäre dies eine geheime^ Schenkung oder die Sdienkung eines Stei-bens-
' Besteht seitens des Schcnkers irgendeine Protesterklärung, dann ist in diesen)
Falle die Abfassung einer weiteren Urkunde, der sogenannten Bittul Modäa, notwendig.
Über das Bittuldokuinent vgl. S. H. S. 16 f. — fcmor meine ••Tahnndisclie Rechts-
urkunden« in der Zeitschiift für vergleicliende Keclitsvvissenschaft, 1913, Ahscluiitt IV.
In sein- genau abgefaßten Fornuilaren steht auch noch: "»w 'pi it nT>-ns3 -«sika -»ro^Kr
■^'j-irzn Wj-'a rz'. nv-r.ar. r,o irn»-;-im lyn?: \o Isv^sa ich habe mich mit dem Sclienker
betreffs dieser Haftbarkeit und der Anulliening jedwelchcr Protesterklärung beraten
und haben wir ilin auf die Tragweite der Haftbarkeit und der Annullierung der Pro-
testerklärungen aufmerksam gcmaclit. Vgl. S. H. S. 23.
'■i nrn bedeutet siegeln inid unteiv.eiciineii. bi alter Zeit war ja Siegel und
Uutcr.sciirift eins. Wichtig vom Standpunkte der Archäologie ist die
Notiz im Talmud Gittin fol. 87b: ""'lo STcr: a-. »mnn ss-'jn 'n s^ns ■'•'is a^
sh-2': -i-'s tiz'- a-i -a -a- ;•<>' s-'^r:- ai ..Raw (Gründer einer Akademie in
Sura um 219, besaß große Reichtümer und verwandte selbe zur UntcrstQtxung
seiner zahlreichen Schüler) zeichnete einen Fisch als Unterschrift; Rabbi
Chanina (Mitverwalter des Patriarchats in Palästina um 219) einen Palmzweig;
Raw Chisda (berühmtes Oberhaupt der Schule in Sura um 290) den Buchstaben
Samech; Raw Hos'aja (Schulhaupt in Scplioris und Cäsarea um 2.iO) den Buch-
staben Ajin und Rabbali bar Rab Hu na (Schulhaupt in Sura um 322)
■/.eichnete ein Segel.« — Die Buchstaben o und 'J wurden wahrscheiniich ge-
wählt, weil sie für den jeweiligen Namen charakteristisch waren.
•'' «^'t^;""* "«PF';°''« Öffentlichkeit.
* sr-^a: Verborgenheit.
Fucnis: Taliiiudisclic Kcclilsurkuiidoii. 67
kranken, die rückgängig geniaclit wenlcn kann, es ist vielniehr eine ah-
gesclilossenc Schenkung, eine Schenkung vor aller Welt, die nie mehr
rückgängig gemacht werden kann und von der man überall Kejintnis hat.
So sprach ferner dieser A: Die Haftbarkeit und Ei-schwerung betreffs dieser
Schenkung nahm ich auf mich und nach mir auf meine Erben, kraft des
Besitzes von vier ElUen Bodens, gemäß der Haftl)arkeit und Erschwerung,
die für alle Schenkungsakte bestehen; denn für diese besteht Haftbarkeit,
verordnet von den Weisen, eingeführt in Israel, von heute bis in alle Zeilen.
Es ist dies keine Scheinzusage, auch kein l)loßes Urkundenformular, Wir
haben den Kinjanakt mit A, Sohn des B, vollzogen betreffs all dessen, was
ol>en gesch.riel)en imd deutlich ausgeführt ist, mittels eines für den Kinjan-
akt tauglichen Gegenstandes. So geschehen vor uns ' usw. ^
Die besondere Schenkung, welche der Gatte seiner Gattin, außer der
im Ehevertrage ^ zugesagten Wiederlage, zuwendet, findet in der Urkunde,
'T^rtb niriTa*, spezielle Schenkung genannt, ihre Regelung. Barcelonis Doku-
mentenbuch führt folgendes Formular an.
Wir, die unterzeichneten Zeugen, bekunden mittels deutlichen Zeug-
nisses, daß A, Sohn des B, zu uns sprach: Seid meine Zeugen, vollziehet den
Kinjanakt mit mir, schreibet in jeder vorteilhaften Ausdrucksweise, unter-
zeichnet es und gebet es der C, meiner Frau % damit es ihrer Hand zum Vorteil
diene, betreffs dessen, daß ich ihr aus freiem Willen, ohne welchen Zwang,
sondern mit ganzem Herzen, mit Zuneigung, mit vollem Verstände und mit
wohlwollendem Auge, als vollständige Schenkung, von jetzt ab, als besondere
Schenkung gegeben habe jenes Haus samt Hof oder jenes Feld. Dies sind die
Grenzen, und alles was innerhalb dieser vier Grenzen sich befindet, alles gab
ich ihr als spezielle Schenkung; es ist eine vollständige Schenkung, eine fest-
stehende und ewige, eine beschlossene und festgelegte, von der untei'sten Tiefe
bis zur höchsten Höhe, eine Schenkung für alle Zeiten, eine öffentliche Schen-
kung, eine Schenkung, die bei Lebzeiten erfolgt, eine Schenkung von jetzt
ab, die auch nie mehr rückgängig gemacht werden kann. Es sei diese
Schenkung, die ich ihr zugewendet habe, gleichgestellt dem Falle, da jemand
seinem Freunde eine Schenkung macht; sie sei nicht wie eine an die
Kethuba bedingungsweise angefügte Zusage", sondern eine abgeschlossene,
1 Ein küi'zeres, dalier wahrsclieinlich älteres, von Wiederholungen freies For-
mular für die Schenkungsurkunde ist im halachischen Werke Ittur, ed. Lembcrg,
1860. I. fol. 54 b enthalten.
^ Zu ergänzen: am Tage . . ., im Monate . . ., des Jahres . . . gemäß der
Zeitrechnung, welche wir hier im Orte . . . gebrauchen. Wir haben geschrieben,
gesiegelt und händigen es dem E ein, damit es ilun zum Beweise und zum Vor-
teile diene.
^ Vgl. meine Abliandlung »Talnmdische Rechtsurkunden •■ in der Zeitschrift
für \ergleichende Rechtswissenschaft 1913, Abschnitt VI.
* S. H., S. 56.
•^ L. ■'^•rs.
^ Siehe meine Abhandlung in der Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft
1913, Abschnitt VI.
5»
^^ Fit iis: Talmudisclic Kcilitsurkuiiden.
m'iltigp, mit allen v<»iliaiulencn Verstärkungen geregelte Schenkung. Von
jetzt an gehe diese C, meine Frau, und erwerbe es fiir sich als eine ab-
geschlossene Zuwendung. Es steht ihr frei, es zu erben und zu vererben,
CS weiter zu verschenken und über diese Schenkung ganz nach ihrem Be-
lieben zu verfügen. Niemand kann es ihr wehren und audi mir stehe nicht
das Recht zu, in irgendeinem Punkte einen Einwand zu erheben. Mit
wohlwollendem Auge habe ich ihr diese Schenkiuig gegeben; meine Macht,
nieine Gewalt, mein Anrecht wie auch das Anrecht und die Gewalt meiner
Kechtsnachfolger habe ich betreffs dieser Schenkung gänzlich entfernt; ich
habe diese Schenkung dem Datum der Kethuba gegenüber postdatiert, damit
sie nicht wie eine an die Kethuba geknüpfte Bedingung angesehen werde,
sondern wie eine besondere Schenkung, eine vollständige, eine Schenkung
nach der Heirat. Die Tragweite einer Schenkung nach der Heirat ist mir
wohlbekannt; denn es haben die Weisen ausdrücklich gelehrt, daß die Frau
die Schenkung gänzlich erwirl)t, so daß dem Ehegatten nicht einmal die
Nutznießung davon zusteht. Dieser Schenkung' hal)e ich ein ^'on■echt
anderen Zuwendungen gegenüber eingeräumt, damit sie berechtigt und be-
vollmächtigt sei, mit dieser Schenkung ganz nach ihrem Boliol)on zu schalten;
denn nichts habe icli von dieser Schenkung für mich zurückl)ehalten, weder
Nutznießung noch . . . ; es besteht kein Einwand, kein Beweis, keine For-
derung und keinerlei Anrecht. Wir Zeugen, haben diesem A bekannt-
gegeben: wisse, daß die Rechtskraft dieser Schenkiuig, die ein Mensch
seiner Ehefrau zuwendet, die nämliche ist, als würde er die Schenkung
einem andern zuwenden. Wenn, Gott l)ehüte, Zorn, Streit, Zwist zwischen
ihnen auftreten sollte, so stehe ihr, obwohl sie in seiner^ Gewalt ist, frei,
diese Schenkung nach Belieben weiter zu verschenken, sogar wenn, Gott
behüte, sie die Ehescheidung vornehmen wüi-den''. Es erklärte sich dieser
A einverstanden und unterwarf sich all diesen Bestimmungen, und sprach:
Diese Schenkung habe ich bereits in ihre Hände endgültig gelegt, damit sie
bei Lebzeiten wie auch für Todesfall ganz freiwillig darül)er verfüge. Diese
Schenkung erfolgt öffentlich und ist Jedermann 1)ekannt, gemäß aller Schen-
kungen, die ein Gesunder zuwendet, und niclit ist es eine Schenkung eines
Sterbenskranken, vielmehr ist es eine Schenkung eines Gesunden, erfolgt
mittels aller denkbaren Rechtsansprüche, mittels Annullierung aller Protest-
erklärungen, entsprechend der Verordnung und Bestimmung der Weisen,
nach Sitte und Rechtsnorm. Die Haftbarkeit und Erschwerung der Urkunde,
welche eine besondere Schenkung i-egelt, erkenne ich für mich und meine
Rechtsnachfolger für verpllichtend an, gemäß der Haftimrkeit aller Ur-
kunden, in denen eine spezielle Schenkung geregelt wird, die in Isi-ael ge-
bräuchlich sind, von heute l)is in Ewigkeit. Nicht ist dies eine Scheinzusage,
1 L. 'T vor -"»tt:.
■ ' X. rrrrn.
3 Einige schreiben diesbezüglich in die Urkunde: Sollte, Gott behüte, irgend-
ein Unglück eintreten, so behebt sie diese Sclieukung gänzlich, außer der ilir zu-
koinmenden Ehevcrschreibungssumiue.
Fuchs : Talinudische Rechtsui-kunden. 69
und nicht ist es ein l)lüßes Urkundenlbnniilar. Wir haben den Kinjanakt
mit A zu Gunsten dieser C, seiner Frau, vollzogen betreffs all dessen, das
oben ausgeführt und deutlich auseinandergesetzt wurde, mittels eines für
den Kinjanakt tauglichen Gegenstandes. So geschehen vor uns am . . . Tage,
im Monat , . ., im Jahre . . .. gemäß der Zeitrechnung, die hier in unserem
Orte gebräuchlich ist. Wir haben geschrieben, unterzeichnet, händigten es
dieser C ein, damit es in ihrer Hand zum Beweis und zum \^)rteil diene '.
Schenkung eines Sterbenskranken'-.
vSchenkungen, die durch .Sterbenskranke erfolgen, bedürfen keines
Kinjanaktes^ — ein solcher kann jedoch trotzdem stattfinden, und wenn der
Kranke es wünscht, sogar am Sabbat.
Jeder, der bei der Verfügung des Sterbenskranken anwesend war,
wird als Zeuge betrachtet.
Die Schenkung eines Schwerkranken kann erst nach seinem Ableben
angetreten werden — und auch dann wird erst die Elheverschreibungssunmie
abgezogen, ferner das Nötige, um die Witwe und die Töchter zu versorgen.
Hat der Kranke seinen ganzen Besitz verschenkt, so ist die Schenkung un-
gültig für den Fall, daß der Sterbenskranke wieder gesund wird*; doch muß
der Kranke nachdrücklich ])etonen, daß es sein ganzer Besitz ist.
Schenkungen, welche man vor Antritt einer Seereise, vor Anschluß an
eine fortziehende Karawane, vor dem Abmarsch mit einer Kriegstruppe, oder
' Am Schlüsse des Kapitels über Schenkungen schreibt Mainionides : n-ip^^isn
s:riJ' -iirs: iini a"ls■>^;a ss "i^v -fi^3 S'är.z ain-j^a sVx ans-s ruhJi i'isa-i sV r.wa ■';ü;st Di-iTain
r-ini ri'jhi. Wahrhaft fromme und werktätige Menschen sollen keine Schenkungen
annehmen, sondern auf Gott, dessen Name gepriesen sei, vertrauen ; auch ist bereits
in der Schrift, Proverb. XVI27, gesagt worden »wer keine Gaben annimmt, solche
haßt, der wird leben». Der Komentator ~::o'o ti,to bemerkt zu dieser Ausführung des
Mainionides : "h ■'n-is" rnt-.'ii rrza psnon^ Wais hj^ ■'\s-i Es geziemt für den In-
tellektuellen, daß er sich mit dem Notwendigen begnüge, auch heißt es im Mischna-
traktate Pea, daß, wer da nötig hätte. Gaben anzunehmen, dies jedoch meidet, stirbt
nicht früher, ehe er — von Gott gesegnet — genügend besitzt, lun andere ernähren
zu können . . . und wer mit seiner Gottesfurcht Ernst macht, der jagt keineswegs
dem Besitze nach, da dies eitel ist . . . Neid untergräbt das Leben des Menschen
und nur, wer mit seinem Anteile zufrieden ist . . . dient seinem Schöpfer in rich-
tiger Weise.
2 yro ai2:£j, abgekürzt ^'"^. Vgl. Maimonides: rijrrn -113T rnsV-, Kapitel VIII (f.,
S. H., S. 75 ff.
* Begi'ündung: a^^->y v-z' yn'v :>i^a3 rVy inyn rj-ian ahv 112 damit der Kranke
sich nicht gräme bei dem Gedanken, daß seine Bestimnmngen, weil im gegebenen
Momente ein Kinjanakt niciit stattgefunden hat, unausgeführt bleiben. Vgl. Mai-
monides, ibid.VIIIa.
* "^rn -iizy ns Wenn er aufsteht, kelirt der Besitz zurück, denn s^i- n-ji t?is
es besteht die Voraussetzung, daß er die Schenkung nur für seinen Todesfall ge-
macht haben will, und ebenso verhält es sich, wenn er sein ganzes Vermögen dem
Heiligtum zugewendet, herrenlos erklärt oder den Armen zugesagt hat.
70 Pucns: Talmudische Reclifsurkunden.
wäJirend einer Kiaiikhcit, die sich iimiiei- melir aiisdelint, zin\ endet, sind denen
«gleichgestellt, die von Sterhenskraiiken erfolgen; die Vollziehung des Kinjan-
aktes ist daher nicht ohligatorisch. d(Min im Todesfälle halten die goti'otrcncn
W-rfügungen volle Geltung'.
Die Urkunde, welche nach dem Tode des Schenkgehers zugunsten
des Beschenkten ausgestellt wird, enthält den Vermerk »in folge der-
selhen Krankheit, welche ihn zur Schenkung veranlaßt hat, starh er«'.
Denn für den Fall, daß dies nicht in der Urkunde stünde und man für
die dieshezügliche Behauptung auch keine Zeugen heihringen könnte, so wäre
die Schcnkimg ungültig, da die Erhen geltend machen könnten, daß der
Ki-anke sich von jener Krankheit, unter deren Eindruck die Schenkung
erfolgte, erholt hat und an einer andern starh. Audi wenn der Sterhens-
kranke verfügt, daß man seine Schenkung bis zu seinem Tode geheimhalte,
so ist dies nicht als eine verboi'gcne Schenkung anzusehen.
Die Gültigkeit der Schenkung bedingt, daß letztere erfolgt sei durch
einen der Ausdrücke: X nehme all meinen Besitz an sich, X nehme einen
Teil meines Besitzes, X ergreife — gewinne — erwerbe — hal)e das
Vorrecht — erbe. Durch Ausdrücke wie: X stehe auf meinen Gütern
— lehne sich an sie an, wird die Schenkung ungültig.
Ein Prosclyt kann seinen Besitz nur auf die Sölnie vererben, die ihm
nach seinem übertritt zum Judentum geboren wurden.
Jedes Geständnis des Sterl)enskranken, daß sich auf Darlehen, Pfänder
bezieht, ist als richtiges Geständnis zu betrachten; ebenso sind seine sämtlichen
Verfügungen vmd Wünsche, die sich auf P'reilassung von Sklaven, oder auf die
Erleichterung ihres Dienstes beziehen, genau auszuführen. Dem Sterbens-
kranken steht das Recht zu, so oft ihm beliebt, die Schenkung zu ändern, d. h.
selbe einem andern zuzuwenden, daher ist als der rechtmäßigBeschenkte immer
nur derjenige anzusehen, dem er sie zuletzt zugewendet hat^; wurde jedoch ein
schriftliches Dokument abgefaßt und der Kinj'anakt vollzogen, der Aiisdi-uck
"gehe, ergieife den Besitz und erwii'b« gebraucht*, dann ist die Schenkung
rechtskräftig, auch wenn der Schwerkranke seinen ganzen Besitz vei*-
schrieben hat. Hat er einen Teil des Vermögens an A verschenkt und
auch den Kinjanakt vollziehen lassen, nachher aber an B, ebenfalls (uiter
Vollziehung des Kinjanaktes, sein ganzes Vermögen verschenkt, so erwii-bt
bei Tode.sfall A seinen Teil und B den Rest; bei Wiedergenesung kann
bloß A sein Anrecht auf den Teil geltend machen — B jedoch geht
ganz leer aus.
Der Kauf, den ein Schwerkraidier abgeschlossen hat, ist gültig; so
er aber sein ganzes Vei-mögeu vei'kauft hat, kann er doch nach erlangter
» ■;■'— r-::- ■j-'^t:* r-=-: ""-r; soine Worte sind einer geschriebenen und einge-
händigten Urkunde gleichgestellt.
3 rf^ra -ly t'itrth ys v or darf die Schenkung rückgängig machen his vor
seinem Tode.
♦ !-•'*; •^,', rar ana vgl. den Kommentar ^■-'^'^ "iv"; zur Stelle.
Fuchs: Talmudische Rechtsurkunden. 71
Genesung, vorausgesetzt, daß die Kaufsumine noch gänzlicli vorhanden ist,
znrücktreten.
Kommen Zweifel aul', ob die vSchenkung bei voller Gesundheit er-
folgte oder im Zustande schwerer Krankheit, so hat der Beschenkte den
Beweis seiner Behauptung zu erbx'ingen. Sind keine Zeugen vorhanden,
dann schwört der Schenkgeber den Antreibungseid ' und behält die Schen-
kung, wenn es sich um Immobilien handelt; so es aber Mobilien sind,
die sich bereits in der Hand des Beschenkten befinden, wird dem Beschenkten
der Antreibungseid auferlegt, denn er könnte ebenso auch geltend machen,
daß die liesagten Mobililien überhaupt ihm gehören.
Fand man an der Hüfte einer Leiche einen Schenkungsakt befestigt,
so ist derselbe ungültig, weil anzunehmen ist, daß der Schenkgeber sich
eines andern besonnen hat, war doch der Beschenkte noch nicht im Be-
sitze der Urkunde.
Bezeichnet der Schwerkranke einen seiner Söhne, eine seiner Töchter,
einen seiner Brüder oder einen der Erben als alleinigen Erben, so erben die
übrigen Söhne, Schwestern, Brüder nicht mit. Heißt es in der Schenkungs-
urkunde, die ein Gesunder ausstellt »von heute und nach dem Tode«^ so
kann die Schenkung erst nach Ableben des Schenkgebers angetreten werden;
enthält sie den Vermerk »bei Lebzeiten und im Tode«^, so ist die Schen-
kung noch bei Lebzeiten des Schenkgebers einwandfreier Besitz des Be-
schenkten, kraft des Ausdruckes »bei Lebzeiten«, denn die Worte »und im
Tode« besagen soviel als: von jetzt bis in alle Ewigkeit, und dienen nur
zur Ausschmückung des Urkundenstils *.
Unser S. H. enthält^ folgende Formulare für das Testament":
L
Wir, die endesgefertigten Zeugen. So geschah es: wir machten dem
A, Sohn des B, einen Krankenbesuch und fanden ihn krank liegen auf
seinem Bette, seine Sprache und seine Rede war wohlgeordnet in seinem
i no- r\'j-iz-ä im Gegensatze zu Di:ii-;n ny-^rr: Richtereid. Beide Eide werden
zwar in Gegenwart \ou Richtern geleistet, jedoch während der letztere bedingt, daß
der Eid in Gegenwart einer Torarolle, die der Vorsteher oder Vorbeter der Syna-
goge in der Hand hält, geleistet werde, ist beim ersteren unerläßlich, daß der
Schwörende die Torarolle selbst in seinen Händen halte. Die Gegenwart der Tora-
rolle sollte dem Schwürenden die Heiligkeit des Eides vor die Seele führen. Der
Antreibungseid findet Anwendung in all den Fällen, wo die Tora keinen Eid ver-
langt, die Rabbinen jedoch einen solchen angeordnet haben. Richtereid wird der
Eid genannt, den das Gericht anordnet, gleichviel, ob derselbe von der Tora oder
nur von den Gesetzeslehrern gefordert wird. Vgl. Hosen Mispat § 87; Hamburgers
Realenzyklopädie für Bibel und Talmud, 1884. Abt.'l., S. 2G8 ff.
•• S. 78.
" lieltriiisch nsTis TJ'ö, aramäisch smpsn 'ü.
7*2 Funis: T;iliiiudi>clie Heclitsurkuuden.
Mmulf, t'i- wußte zu spreclit'u und zu ant\\H)rten, j^anz richtig, er konnU'
bejahen und verneinen; sein (Jcist war klar wie der anderer Menschen,
die heruu»gehen. Da sprach er zu uns: »Meine Hen-en, ich' hin krank
und lurchte, daß ich infolge dieser Krankheit j)h")tzlifh sterben könnte,
somit mache ich vor euch mein Testament.« So spracli er zu uns: »Ich bin
krank und gelie dem Tode entgegen, es ist niemand da, der mich umgebe
und mich bediene, mit Ausnahme des C, Sohn von D. dieser soll mich
umgeben und uuch l)edienen,, solange ich am Lel>en bin, und mir zur
Hülfe sein. Nach meinem Tode nehme er alles, was ich besitze. So ver-
ordne ich es testamentarisch, in eurer Gegenwart, als endgültiges, abge-
schlossenes Testament, als Testament eines Scliwerkranken.« In jener Stunde
übergab er ihm alles, was er besaß. Dieser C bediente den A bis zu dessen
Ableben. Infolge derselben Krankheit starb A, und ein anderes Testament
.seinerseits besteht nicht, nur dieses. C forderte uns auf, als Zeugen schrift-
lich zu ])ekunden und zu unterzeichnen beti-effs dessen, was ihm A, Sohn
des B, in unserer Gegenwart testamentarisch hinterlassen hat. Wir schrieben
ihm die Testamentsurkunde, ganz dem entsprechend, was wir aus seinem
Munde gehört haben. Wir haben geschrie])en, gesiegelt, es dem C ein-
gehändigt, damit es ihm zum Beweise und zum Vorteile diene.
II.
Wir, die unterzeichneten Zeugen, besuchten den A usw. bis': und
sein Geist war vollständig intakt wie der anderer Menschen, die gesund
herumgehen ^. Meine Herren — sprach er zu uns — , ich bin krank und
befürchte, daß mich der Tod plötzlich befallen könnte*, somit mache ich
in eurer Gegenwart mein Testament. Es ist ein Testament, das abgeschlossen
wird für den Todesfall. Meinem Sohne B gebe ich soundso viel von meinen
Feldern und soundso viel von meinen Mobilien. Dem C hinterlasse ich
soundso viel Innnol)ilien und soundso viel Mobilien. Von jetzt ab und
nach meinem Tode soll B auf die erwähnten hnmobilien und Mobilien,
wie auch C auf die erwähnten Immobilien und Mobilien ein Anrecht haben:
denn so verfüge ich vor euch kraft dieses endgültigen Testamentes, welches
für den Todesfall erfolgt. Niemand kann es ihnen wehren, in meinem
Namen, usw. bis: und wir Zeugen wissen, daß A infolge dieser Ki-ankheit
staib^ Sein Testament ist ein endgültiges; denn nicht hat er nachträglich
diesbezüglich^ anderes verfügt. Die beiden, B und C, baten uns Zeugen,
* Unser Text führt die Worte des Kranken in dritter Person an: "^in Nin
er ist krank, •'^trtr. yo mt:-' «'s» er könnte infolge dieser Kranklieit sterben, aiina xir» ni*
solange er am Leben ist. Es liegt dieser Ausdrucksweise oircnhar eine aber-
gläubisdic ^^n■cllt zugrunde.
^ Zu ergänzen nach obigem Fornmlar.
2 Wörtlich: die auf ihren Füßen gehen.
* Auch hier in dritter Person, wie in obigem Formular: er ist kiank und
hrfürclitet, er könnte eines plötzlichen Todes sterben.
^ las fortgclien, Abschied nehmen. S":W ^z'^ ■^?h"''>! ins Jenseits eingehen,
wörflii'h: in das Haus der Ewigkeit.
" lliditiger vielleicht: s:"';:" ]V~r-
Fuchs: Talinudjsche Rechtsui-kunden. 73
daß wir schreiben und siegeln mögen, alles was A vor uns testamentarisch
verfügt hat. Wir schrieben ihnen diese Testamentsurkunde ganz gemäß
dem, was wir aus seinem Munde vernommen haben, und gemäß dem, was
er uns befahl. Wir ha])en weder etwas hinzugefügt noch fortgenonunen.
Alles vielmehr haben wir geschrieben und gesiegelt, entsprechend dem, was
wir aus seinem Munde gehört haben, und händigten es dem B und C ein,
damit es in ihren Händen als Beweis und Vorteil diene.
Diesem Abschnitte über Schenkung und Testament seien auch noch
die allgemeinen Bestinmiungen über das Erbrecht beigefügt.
Mischna Baba Bathra VIII g bestimmt: Wenn ein Mann stirbt und hinter-
läßt keinen Sohn, so sollt ihr sein Erbe an seine Tochter übergehen lassen'. Ein
Sohn geht also der Tochter vor (d. h. eine Tochter erbt nichts, falls ein Sohn
da ist) und alle Nachkommen (männliche oder, wenn keine solche da sind,
weibliche Deszendenten) des Sohnes gehen der Tochter vor (diesem gegen-
ü])er behaupten die Sadduzäer: die Tochter erbt mit des Sohnes Tochter).
Die Tochter geht den Brüdern (und auch dem Vater des Verstorbenen)
vor und alle Nachkommen der Töchter gehen den Brüdern vor. Die
Bruder gehen den Vater-Brüdern vor, und die Nachkonunen der Brüder
gehen den Vater-Brüdern vor. Dies ist die Regel: Von einem jeden,
der in der Erbschaft vorgeht, haben auch dessen Nachkommen dieses Vor-
recht. Der Vater al)er geht allen seinen Nachkommen vor«"^.
Der Erstgeborene erhält aus den Gütern des Vaters einen zwei-
fachen Anteil. Dem Vater steht das Recht zu, seinen Besitz nach Belieben
zu verschenken, soltald er aber seine Schenkung als »Erbschaft" be-
zeiclmet, sind seine V^erfügungen ungültig, da er das Gebot der Tora,
welches den Söhnen gleichen und dem Erstgeborenen einen doppelten Teil
als »Erbschaft« zusichert, nicht verdrängen kann. Auch den eigenen
Kindern kann der Vater seinen Besitz nach Belieben »verschenken«, z. B.
dem Erstge})orenen nur einen Teil, den andern Kindern ungleiche Teile zu-
wenden *.
Haben die Söhne ihren Teil als »Erbschaft« erhalten, dann besteht
für sie die Pflicht, für ihre Schwestern zu sorgen und, wo die Hinter-
lassenschaft klein ist, wird aus dei'selben vor allem der Unterhalt der
Töchter bestritten und die Söhne — und müßten sie betteln gehen — er-
halten nur den Rest.
Wer die i-echtmäßigen Erben übergeht — ist den Gesetzeslehrern
nicht angenehm (Ij^sn >7ni3 Qiiasn JTn )-'ia) und auch in dem Falle,
wo die rechtmäßigen Erben infolge ihres unsittlichen Lebenswandels ver-
dienen würden, daß sie leer ausgehen, auch da erfordert es die gottes-
fürchtige Gesinnung, daß man nicht Zeuge sei bei einem Testament, das
die rechtmäßigen Erben überseht*.
1 Num. 27,.
2 So nach Hoffmann, Misnaiot IV, Berlin 1898, S. 128.
^ Vgl. Baba Bathra 147 a.
* Vgl. Maimoiiides, Misne Tora, hi^ns n-isVn. VIi,.
71 FiTiis: Taliimdisdie liechtsurkmidcn.
Die Frau Uaim ihren Mann iiiclit lieerlicn, dci' Mann liiiij^egen erht
allen He.sit/ seiner erwähnt die Auffassung des karäischen
Gelehrten R. Levi, wonach der Gatte Erbe seiner Gattin auch in dem Falle
ist, wenn das dieser Ehe entsprossene Kind gestorben ist; denn das ver-
storbene Kind beerbt seine Mutter und vererbt den also ererbten Besitz
dem Vater. — Es liegt dieser Ansicht die Lehre zugrunde, wonach der
Verstorbene b^nSTSl bm: d. h. nicht bloß vererbt, sondern auch beerbt, jedoch,
so bemerkt Elia Baschjazi, ist diese Auffassung eine alte aber nicht verbreitete,
besagt doch die Hauptstelle im Pentateuch: »Ihr sollt seine Hinterlassenschaft
geben« usw., und ist ja dieses »geben« bei einem Toten nicht ausführbar.
Dieser kurze Überblick über das karäische Erbi-echt, das, wie
wir sehen, noch im 15. .lahrhundcrt Schwankungen unterworfen war,
rechtfertigt die Ausführungen, die der Dichter und Philosoph Jehuda
Halevi (1085) einem jüdischen Geleluteii in den Mund legt^: ^^"ü D9)Stßn
cn^rn in i-^n^xo rrbnpn is i^ca ^b -niDTW ttü nmn z-^Kipb -nnn br ins
■j^nis n« in'^m i^d^iz is D'^'a^uis "« "npDia is5 rmciatt rpibnia Hast du,
König von Kusar. gehört, daß di«; Karaiten über einen der erwähnten
Gegenstände, etwa über Massora, \'okalisation, Akzentuation, Erlaubtes
und Verbotenes oder Rechtssachen ein auf Überlieferung beruhendes und
keiner Streitigkeit unterworfenes Werk liaben?
Der Seheidebrief \
Die wesentlichsten Bestimmungen für diese Urkunde leitet die tal-
nujdische Gesetzgebung aus der diesbezüglichen l)i))lischen Hauptstelle
Nummer XX1V,_^ ab.
Die Scheidung kann nur mittels eines schriftlicheh Aktes erfolgen,
der in den Besitz der Ehefrau gelaugt sein muß.
Der wesentlichste Bestandteil des Scheidebriefes ist in den "Worten
D^S bsb rnri^ia rix "^"in d. h. du bist somit erlaubt für jeden andern (der dich
heiraten wird). So wäre der Scheidebrief nichtig, wenn statt dieser Formel
darin stünde »du bist nun frei«.
Aus der biblischen Bestimmung »er schreibe für sie den Sclicidebrief
und gebe ihn in ihre Hand« folgerte nun, daß die Ausfertigung und tlber-
^ Ebenda Vo\. 139 b. im Anscbliiß au das zehnte Gebot des Dekalogs.
•■' Vgl. Ku^an ed. D. Casscl, Leipzig 1869. S. 247 ff.
3 S. n; S. 25. — Mainionides: rc'-v- n-5>r Kap. I-XIH.
Fuchs: Talmudisclie Rechtsurkuiidcn. 77
gäbe dieser Urkunde unmittelbar hintereinander stattfinden müsse'. Wenn
z. B. die Scheidungsurkunde auf ein Knhhorn geschrieben wurde, muß die
Übergabe der Kuh sofort erfolnen, hat man das Hern vorerst ahgetrennt,
so ist die Scheidungsurkunde ungültig.
Die Übergabe des Scheidebriefes ist nur in Gegenwart von Zeugen
gültig, gleichviel, ob es dieselben sind, die den Scheidelirief mit unterzeichnet
haben, denn die Scheidung ist erst durch die tM)ergabe des Dokumentes
rechtskräftig-'.
Die Zeugen der ül)ergabe lesen vorerst das Dokument, bevor es der
Frau eingehändigt wird. Wenn die Zeugen nicht schreiben können, so
zeichnet man ihnen mit Speichel oder mit sonst etwas, das keine Spuren
zurückläßt, den Namen vor, und die Zeugen schreiben nach. Es besteht
diese Erleichterung nur für den Scheidebrief, denn die Gesetzeslehrer wollten,
"daß die Töchter Israels nicht an ihre Männer gebunden seien«'. Die An-
wesenheit des einen Zeugen ist erforderlich in dem Augenblicke, da der
zweite unterzeichnet. Nur die ortsgebi-äuchliche Ära konunt fih" die Datiennig
des Scheidebriefes in Betracht. Im allgemeinen war außer der Welt-
schöpfungsära die seleuzidische* im Gebrauch. Die Urkunde konnte,
obwohl es in dem Bibelvers heißt -er schreibe ihr- auch durch einen
Berufsschreiber' ausgestellt werden, in solchem Falle ist das Schreiber-
honorar zu Lasten der Frau. Der berufsmäßige Schreil»er darf sich im
voraus Formulare anfertigen, er läßt luu- Platz frei für den Nau)en des
Mannes, für den der Fi-au, für das Datum und für die fünf Worte PS ^"in
ms* jd^ tT\tW2. Dem Namen fügt man auch noch die Bemerkiuig hinzu, daß
alle andern Namen, unter denen die betreffenden Parteien bekannt sind,
mit inbegriffen sind.
Als zulässiges Schreibmaterial galt: a) schwarze Tinte, b) rote Farbe,
c) Gummi, d) Kupfervitriol ^ e) Gallaj)felsaft''. Auch die beschrieben
gewesene radierte* Seite des Papiers konnte verwendet werden, ebenso
Pergament", Ostrakon ^'\ Ptlanzenblättei" ^'. Man darf die Scheidungsurkuude
3 nijw Vs-iri n-ija rni sVr
* Auch als M""j4 1!?'? aera Coiitractuuin bekannt.
5 -'£10 oder -"^=5, XißXap
G a-n:;::];'] oii-p s-;:b i"»-!
3 s;Pi£- J£4)^apa
'° D-rt Der Tahmid kennt auch Verlolmng.s- luid Ehekontrakte auf Ostrakon
geschrieben. Vgl. Sota Ij. Kiddusin 9a, 26 a. Jebam. 52a. In B. Bathra 51a ist
von einem Kaufakt, geschrieben auf Ostrakon, die Rede.
^1 Oliven-, Johantiisbaum-, Kürbisblätter, Lauchhaut, Zwiebel-, Schierlings-,
Gi'finzeug-, Rohrblätter fanden auch als Schreibmaterial Verwendung. Sabbat fol. 108
erwähnt auch Vogel und Fischhaut als Schroibmaterial. Außer diesen ist auch von
7fi Kr< iKs: Talinudisflu^ Kcrlil>uikuiidoii.
niK-li auf ili»' llaiul ciiu's Sklaven liitow ici-on ', aiil' das Ihnii ciiici- Kuli,
wie bereits oben erwälint. sehreilien, auf Leder eiiirilzcn. Jede Ix-liehige
Scliriff-* uniiltig. Verlöschte, vergessene und
Hirsdigeweili, von Stein-. Gold-, Metall- und Ilolztafeln die Rede. Vgl. L. Blau, Die
jüdische Ehesclieiduiig und der jüdisdie Sclieidcbriof, 34. und 3.^. Jalircslieridit der
Laudcsrabbinerscliide Budapest 1911. 1912.
> —"- rz-r'sz -zu hv --;■' W p-pn -j~ rir Diese Eiiinclitung ist der beste Beweis
lür die urspiüiigiiclie kurze Fassung des Sclieidebi'icfes.
^ Aus Sabbat Fob 115 a zählt folgende Schnfteu auf: h'-:?v ri-a-'i" n-i-": n^-jsv-
r-r"', die ägyptische, uiedisclie, hebräische, olauiitisclie und giiechisohc Schrift.
^ ';■':■'■':< '- ■ji'i'i"": s~7 sVi
* s~J iu Leidenschaft eutbreuuen.
Für IIS : Taliimdisclie Kcclitsiirkundcii. 79
iiacliträglicli zw isclu'ii den Zcilei\ gcschriehenc fJuclistahcn sind nui- im 'l'oles,
nicht aber im Torel"' der Urkunde zulässig. Im Toret' vorgenommene
Korrektiu'cn sind nur dann giUlig, wenn sie am .Schlüsse der Urkunde
nochmals ausdrücklit h Erwähnung finden, z. B. »der Buchstabe X ist
zwischen"^ der Zeile- oder dei- Buchstabe Y steht auf einer radierten'
Stelle.
Hin und derseH'C Scheidebri<,'t'kaim vn gleicher Zeit auch mehrere Scliei-
dungeii auss|)rechen, voransgeset?<, daß die Namen der verschiedenen Männer,
die diese Scheidungen vornehmen, wie auch dieNamen ihrer Frauen, denen der
Scheidebrief vor Zeugen überbrachl wird, deutlich genannt sind. Auch können
beide Seiten eines Pergamentes für zwei verschiedene Scheidebi'iefe verwendet
werden. Die Scheidung l)eginnt mit dem Momente, wo die Urkunde in den
Besitz der Frau gelangt \ gleiclnicl, ol) diese ihr eingehändigt oder zu j^e -
werfen wurde. Die Einhändigung kann auch durch einen Bevollmächtigten
erfolgen, und die Scheidimg ist refhtsgültig, wenn die geworfene Urkunde
auf das Eigentum ^ der Frau fiel. Die Übernahme des Scheidebriefes kann
auch durch einen von der Frau bezeichneten Dritten erfolgen. Dieser heißt
nb3p IvhlD und ist zu unterscheiden von Hrb'^H tT^bTS, dem Boten, den der
Mann betraut, um seiner Frau den Scheidebriei' zu l)ringen, und von
nXS'^rt rr^blT, dem Boten, den die Frau beauftragt, um den Scheidebrief
abzuholen. Während in dem IMomente, wo ein rtbsp rr^bo" die Urkunde
in Empfang nimmt, die Frau auch schon geschieden ist, bedarf es erst der
Einhändigung des Scheidebriefes an die Frau, wenn die Urkunde durch
einen nabln 'O oder einen HSnin 'O überbraclit wird, um die Scheidung
rechtskräftig zu gestalten. Die Scheidungsurkunde zurückzuziehen ist nur
' Name des Mannes, — der tVau, und die Foi'inel B^s ^25 h-n-:: ns ■>■« bilden
den Hauptteil, don Toref. alles andere gehört zum Tofes, zum tutto? d. h. zum
typisclien Formular.
^ "^. ''i i^T'- f^'ä*' Die jüngere Bezeidiuung für Rasur ist pn^ und sanv.
die ältere. In einer von Prof. A. Merk (Doeumeuts de paleographie) edierten Urkunde ist
p""j sarti;! by keineswegs in -~"JS':nv, zu \-erbessern und dann anlehnend an ^/suuerpixa
als »Archiv der Feldmesser« zu übersetzen, denn das fragliche Wort gehört der
Korrekturzeile an und bedeutet: das "VA'ort ~'a ist auf einer Kasur geschrieben. Vgl.
Kaufmann in der Monatsschrift für dio Geschichte des Judentums, 1895, S. 153.
•' Steht die Frau, im Momente, wo ihr der Scheidebrief zugeworfen wird, auf
ihrem Hofe, ist die Scheidung gültig. Befindet sie sich noch im Hause ihres Mannes,
so muß der Scheidebrief, falls er geworfen wird, auf oder in eines der Geräte, welches
persönlicher Besitz der Frau ist, fallen, wenn die Scheidung rechtski-äftig sein soll.
Viele Bestimmungen, die sich auf den geschleuderten oder hingeworfenen Scheidebrief
beziehen, erwecken den Eindruck, als handelte es sich dabei doch bloß um Schul-
weisheit.
" Über die diesbezügliche schriftliche Vollmacht s. weiter unten.
,^(( ^^'«•n,s: Talniudisrlic l\fthtMii kuiidpii.
inr>glifli, wenn sich (lioscll)e noch in der Haiul dos Hcitcii hcliiidct und der
Manu sich in jxtsitivcr Form geäußert liat, z. H. er sagte: -Der Sclieide-
lirief ist annulliert-, ••diese Urkunde ist null-, ••dieser Scheidehrief sei einem
Tonscherben gleichgeachtct« oder in ähnlicher Weise.
Kommt der Bote /iirück \md berichtet seinem Aiiftraggebei-, er habe
die Frau nicht angetrolVen oder sie weigerte sicii, den Scheidebriet" anzu-
nehmen, so ist, wenn auch der Mann dadurch in eine freudige iStimmung
Zieraten ', docii noch eine ganz positive Äußerung seinerseits notwendig, um
die Scheidungsurkunde zu aniudlieren.
lUs zu dem Momente, wo die .Scheidung rechtskräftig wird, liegt dem
Gatten die Pllicht ob, seine P^rau zu ernähren und alle im Fhekontrakt auf-
gezählten Bedingungen zu erfüllen.
Der Bote spricht bei til)ergabe des Scheidebriefes, vorausgesetzt, daß
er bei dessen Ausfertigung zugegen war: Vor mir ist er gesciiriel)en und
vor mir ist er unterzeiclmet worden^.
Unzulässig ist es, diese l^rkunde durch Frauen, bei denen man vor-
aussetzen kann, daß sie gegen die geschiedene Frau feindselig' gestimmt
sind, iiliermitteln zu lassen.
Die Scheidung kann auch l)edingungs weise* geschehen, in diesem
Falle üi)erbringt man der Frau die Urkunde mit den Worten: dies sei dein
Scheidebrief unter dieser oder jener Bedingung. Auch ist die schriftliche
Fonnulierung der Bedingung statthaft, jedoch muß ihr der Toreftext voraus-
gehen. Tritt die Bedingung ein, ist die Scheidung rechtskräftig — im
entgegengesetzten Falle hat die Urkunde keine Gültigkeit ■\ Besteht die
Bedingung in der Festsetzung eines Zeitpiuiktes", dann erfolgt sie in
dop[)elter Form ', z. B. komme ich innerhalb der nächsten dreißig
Tage nicht zurück, so ist dies der Scheidebrief, komme ich aber wieder,
dann soll dies kein Scheidebrief sein. Kraft des Grundsatzes "J^y^SiSl crX pS
••für den Scheidebrief kann man keine unvorhergesehenen Unglücksfälle
geltend machen-, wäre die Scheidung auch dann noch gültig, wenn der
Heimkehrende durch Krankheit, Hochwasser od. dgl. verhindert war,
innerhalb dor festgesetzten Zeit heiniz,ukommen.
' Er sprach z. B. die ohligatorisclie Bciicdiktion bei ei«cr angenclimen Narli-
riclit: ="'a':~i z'-^r: -ji^2 Gepriesen sei der Gütige und der Güte erweist. Bei einer
betnibendcn Naclniclit spricijt man: i~is ■;■'"'-; -"s Gepriesen, der in Gerechtigkeit
riclitet.
2 srrz i;e:" =n:; ^:s:
■* -T ris "T pnsrs ■;npT—r a-'-r: zu diesen /.älilt /.. 15. die Sciiwiegerniutter, die
Sclivvägcrin, die Nebenfrau.
* m"? ist die Abkürzung für ^s:p ~"_ — bedingungsweise.
Fuchs: Talinudische Rcchtsurkundeii. 81
Die Si'lieidiiii}; ist angebracht, wenn die Frau sclilecliten Gedanken
nachgeht, sich nicht sittsam aufltilnt. Eine so veranlagte geschiedene Frau
soll man nicht heiraten, damit die Leute nicht sagen können: dieser ent-
fernt das Übel aus seinem Hause, und der andere läßt es bei sich ein-
treten.
Um die Nachkommen aus erster und zweiter Ehe feststellen zu können,
wartet sowohl die verwitwete als auch die geschiedene Frau noch neunzig
Tage bis zu ihrer Wiederverheiratung.
Der typische Wortlaut des Scheidebriefcs : Am . . . tcn der Woche,
am . . . ten des Monates . . ., des Jahres . . . seit Erschaffung der Welt, ge-
mäß der Ära, welche wir hier im Orte . . ., gelegen an . . ., zählen, hal)e ich,
A, Sohn des B, und wie ich nebst meinen Vätern sonst noch mit Beinamen ge-
nannt werde, und wie sonst mein Wohnort und der Wohnort meiner Väter
heißt, aus der Ortschaft . . ., aus eigenem Antriebe, ohne Zwang entlassen, ge-
schieden-, dich, C, Tochter von D, aus der Ortschaft . . . und wie man sonst
noch mit Beinamen dich, deine Väter, deinen Wohnort und den Wohnort deiner
Väter nennt, die du bis jetzt meine Frau warst. So entlasse ich dich, C, Tochter
von I), und welchen Beinamen du auch sonst hast, aus der Ortschaft . . .,
damit es dir gänzlich freistehe, hinzugehen und dich mit jedem Manne deiner
Wahl zu verheiraten^. Niemand kann es dir welu-en, in meinem Namen*
von heute ab bis in alle Ewigkeit ^ Du bist somit erlaubt für jedermann^.
Dies ist der Scheideljrief, die Entlassungsurkundc, das Dokument der
1 S. H. S. 25. Daselbst erwähnt Jehiida Barzeloni sein Werk über Elie-
sflieidung: '|"''^^^ fT3P~. Die gangbare babylonische Bezeichnimg des Scheidebriefes
ist y^^'os aa, 'j"'3:-n -eo (--n assyrisch entzweireißen) die schriftgelehrte palästi-
nische, ]yi:iV r.":.s die volkstümliche. Der Scheidebrief galt als die Urkunde f(ttr
iCi^oyjo', daher die bloße — den Babyloniern entlehnte — Bezeichnung '»:-<, gittu.
Der Scheidebrief war ursprünglich ganz kurz und bestand aus zwei oder drei Zeilen.
Beachtenswert ist es, daß im Japanischen »drei und eine halbe Zeile geben« Schei-
dung bedeutet. Über den Scheidebrief besitzen wir eine eingehende Studie von dem
namhaften ungarischen Gelehrten Ludwig Blau. Vgl. seine Abhandlung: Die jüdische
Ehescheidung. 1911 und 1912. (34. und .35. Jahresbericht der ungarischen Landes-
rabbinerschule in Budapest.)
2 Die talmudischen Urkunden bedienen sich vieler gleichwertiger Ausdrücke
— h-2T 5r 1-05 33 — für das in ihnen enthaltene Rechtsgeschäft.
^ In einer Papyrusurkunde sagt der Mann zur Fraxi, von der er sicli scheidet
es sei ihr gestattet: airoTTYvcci y.ca 'y«w;C"^i'« w zav ßovX^r, «wegzugehen und zu
heiraten, wen sie will». Vgl. Blau a. a. 0.
* •'IS p erklärt Harkavy für einen Kopistenfehler, da aber diese beiden Worte
auch bei Häja, ferner auch in den von Blau mitgeteilten Texten vorkommen, ist ein
Schreibfehler ausgeschlossen. Ich übersetze »in meinem Namen«. Vgl. im ka-
räischen Fornmlar des Scheidebriefes bei E. Baschjazi : "'«»': """'? ~n?:i S5 ^■'S.
'" Rab führte diese Formel ein, doch konnnt sie schon in dem aramäischen
Papyrus oft vor. Blau, a. a. 0. ü. 44.
ß Die volle Formel lautete sr:-? n-n-i du darfst geehelicht werden — und
kommt in den Scheidebriefen bis zum XII. Jahrhundert nicht vor. Ihre Einführung
verordnete Jakob Tarn in Raniera um 1150.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. IL Abt. 6
jS*J Fithn: 'J'aliiiudisclie Reclitsurkimdeii.
Trennung, gemäß der Satzung Mose's und Israels '. ... Zeuge, . . .
Zeuge '.
Die \'üllinaclit tVu- ilen Boten lautet im Seler llastarotli^:
Wif, die unterzeichneten Zeugen, hekunden mittels deutlicher Zeugen-
aussage: A, Tochter des H, l)Cvollniä('htigte den (\ Sohn des D, kraft
4 Ellen Bodenbesitzes*, daß er ihr Bote sei, um lur sie ihren Seheideltricf
aus der Hand ihres Gatten E oder ihres Verlobten^ in Empfang zu nehmen.
^ An dieser Stelle war in alter Zeit auch der Name des jeweiligen Herrschers
genannt worden. So ersichtlich aas Jadajiin 4g, wo ein galiläisclier Ketzer gegen
die Pharisäer polemisiert, weil sie den Namen des Herrschers mit dem des Mose
im Scheidebrief scitrciben. Der Sclieidebricf konnte anch mit einem Grnß niid
Segenswnn.sch für die geschiedene Fran schließen. — Der Seheidungsgrnnd wird
in dem Scheidebrief nie genainit — eine Einrichtung, die, wie Prof Blau mit Recht
bemerkt, gewiß für die sich wieder verheiratende Frau nur von Vorteil sein konnte.
Den diesbezüglichen Ausführungen Blaus möchten wir hinzufügen, daß die Karäer
wohl den Scheidungsgrund erw<ähnen, wenn auch nur mit dem allgemeinen
biblischen Ausdrucke: "m M"? ~z ihssi "'S »ich fand an ihr Abscheuliches«. Audi
tniterscheidet sich der rabbanitische »Scheidebrief vom karäisclien dadurch, daß ersterer
am häufigsten aramäisch, letzterer nur hebräisch abgefaßt ist. Auch datiert man
den Scheidebrief bei den Karäern von der Zerstörung des zweiten Tempels. Diese
Ära ist laut Gittin VHIj unzulässig. Ein alter karäischer Scheidebrief ist bei Blau,
a. a. 0. II. S. 5, verölTentlicht — jedoch nach der seleuzidischen Ära datiert und
auch ohne Erwähnung des Scheidungsgrundes. Vielleiciit dürfen wir daraus ent-
nehmen, daß in den ersten 2 — 3 Jahrhunderten nach der Trennung, wenigstens in
diesen Punkten die Ansichten der Karaiten noch nicht viel verschieden waren von
denen der Rabbaniten. Die Erwähnung des Scheidungsgrundes gehört gewiß einer
späteren Pha.se an. Vgl. auch Nietzoldt: Die Ehe in Ägypten, S. 79 — wo fest-
gestellt wird, daß in keiner Urkunde, gleichviel ob demotisch oder griechisch, der
Scheidungsgrund genannt ist. So nach Blau a. a. 0. Vgl. ferner das Getformular
im imV« hms fol. 97 a.
2 Nach der Auffassung einiger Rechtslchrer geht der Ausfertigimg des Scheide-
briefes noch ein anderes Dokument voraus, in welchem dem Ehegatten bestätigt wird,
daß der die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes bewirkende Kinjanakt zwischen ihm und
den Zeugen vollzogen wurde. Gleichzeitig annulliert der Ehegatte alle irgendwie in
Betracht konnnenden Äußerungen, die er eventuell mit Bezug auf die vorzunehmende
Scheidung gemacht liaben könnte. Vgl. S. H. S. 26.
3 S. 121.
* ^"H '^"-¥ " — :*!. lautet die Formel für ein Rechtsgeschäft, das sich nicht auf
ein Oi)jekt, sondern wie hier, auf eine Vollmacht bezieht, und nicht durch mündliche
Äußerung allein abgeschlossen werden soll. Diese Formel ist nicht wörtlich aufzu-
fa.ssen, als hätte der Bevollmächtigte vom Besitze der Auftraggeberin vier Quadrat-
ellen Boden erworben. Vgl. rya-a fOTn Kap. XII Abschnitt 48 und Kap. LXIV,
Abschnitt 1 und 2. Näheres über die Vollmacht wie auch über andere, in meinen
.\bhandhingen nicht berücksichtigte Urkunden, wird die von mir vorbereitete »Ur-
kundenlehre des talniudischen Rechts« bringen.
"' In folgendem Falle ist das Scheidungsdokument auch für eine Braut obli-
gatorisch: A verlobt sich mit B, letztere unterninnnt eine Reise, nun liört A, daß
Fuchs: Talnmdisehe Rechtsurkundeii. 8r?
Also sprach sie zu ihm, in unserer Gegenwart und kraft einei- vollständigen
Erwerhungsformel : Sei mir ein Bote, um meinen Seheidebrief aus der
Hand meines Gatten in Empfang zu nehmen. Sie bevollmächtigte ihn in
unserer Gegenwart mittels eines vollständigen Aneignungsaktes. Es ist eine
vollständige Vollmacht für diesen C, betreffs dessen, daß die Übergalte in
seine Hand, gleichw^ertig sei der Übergabe in ihre Hand, seine Ausführung
gleichwertig sei ihrer Ausführung. Und von der Stunde an, da dieser C
den Scheidebrief aus der Hand ihres Gatten in Empfang nimmt, sei sie von
ihm geschieden, in vollständiger Scheidung, genau so, als hätte sie selbst,
eigenhändig, den Scheidebrief aus der Hand ihres Gatten in Empfang ge-
nommen. Und sollte vielleicht dieser mein Bote nicht kommen und gehen
können bis zum Wohnorte meines Gatten, so habe er das Recht, seiner-
seits einen andern Boten zu bevollmächtigen, ebenso auch noch einen
zweiten, dritten Boten oder noch soviel andere Boten, um für ihn den
Scheidebrief entgegenzunehmen, l)is daß der Scheidebrief in seine Hand ge-
langt, wo er sich auch aufhalten sollte; denn ich habe das Tun seiner
Hand dem meinigen, seine Verfügung der meinigen, seine Bevollmächtigung
der meinigen gleichgestellt. Alles, was er ausführt, alles sei für mich aus-
geführt und von mir genehmigt, ohne daß ich ihm auch nur sagen dürfte:
Zu meinen Gunsten habe ich dich geschickt, nicht aber zu meiner Schädi-
gung. So sprach diese A zu diesem C: Gehe und verfahre, konmie und
bringe mir meinen Scheidebrief aus der Hand meines Gatten. Wir haben
den Kinjanakt vollzogen mit dieser A zugunsten dieses C, des Bevoll-
mächtigten, betreffs all dessen, was oben ausgeführt wurde, in vollständiger
P'orm, mittels eines für den Erwerbungsakt gültigen Gegenstandes. Am
. . . ten des Monats . . ., des Jahres . . . der Weltschöpfungsära, nach welcher
wir im Orte . . . zählen. Alles, was uns von diesem Rechtsgeschäfte über-
tragen wurde, hal)en wir geschrieben, unterzeichnet und dem Bevollmäch-
tigten C ausgehändigt, daß es ihm zum Beweise und zum Vorteile diene.
Alles ist rechtskräftig und gültig'.
Bedingte Scheidung.
Oben wurde bereits ausgeführt, daß die Scheidung auch an eine Be-
dingung geknüpft werden konnte. In solchem Falle zog man vor, für die
seine Braut gestorben sei und lieiratet C, die Schwester von B. Das Gerücht erwies
sich aber als falsch, B kehrt zurück, da aber ihre Schwester mit A bereits ver-
lieiratet ist, darf A nicht bei Lebzeiten seiner Frau auch deren Schwester zur Frau
liaben. A gibt der Braut B einen Scheidebrief, aber gleichzeitig auch seiner Ehe-
frau C, damit es nicht heiße, er habe die .Schwester seiner geschiedenen Frau ge-
heiratet. Siehe Maimonides, a. a. 0. Kap. Xg und y^.
1 Eine ähnliche Vollmacht für die Übermittlung einer Verlöbnisformel ist in
unserem S. H. als 68-tes Urkundenformular aufgezählt, doch wahrscheinlich durch
Versehen des Abschreibers ausgelassen worden. Vgl. meine Einleitung zur Ab-
handlung: Talmudische Rechtsurkunden, in den Westasiatischen Studien a. a. 0.
6*
Sl Fnii.s: 'ralmiidisclic h'cclitsuikuiideii.
Hnlinjinii^ ciiir licsdiidci'e rrkimde ahziiiasseii ', die in iinsfrcin S. II diircli
lulgeiides Ft»riiiular'- vertreten ist:
\\"\y, die unterzeichneten Zeugen, bekunden mittels deutlicher Zeugen-
aussage. So geschah es vor uns: A, Sohn des B, entließ seine (iaitin C,
Tochter von D, kraft eines Scheidebriefes, der regelrecht und k(trrekt ab-
gefaßt war. In unserer Gegenwart händigte er ihr ihn ein, in der Stunde
der Schcidiuig, unter der Bedingung, daß sie auf ihn zwölf Monate warte.
Also sprach in unserer Gegenwart dieser A zu seiner Frau C, als er ihr
den Scheidebrief übergab: Dies ist dein Scheidebrief, unter dieser Be-
dingung. Sollte ich, Gott behüte, nicht innerhalb der zwölf Monate wieder-
koinnien. und sollte ich verhindert sein, zu dir zurückzukehren-', und die
zwölf Monate sind gänzlich al)gelaufen, dann ist dies eine vollständige
Scheidungsurkunde, und l)ist du frei von jetzt an bis zu jener Zeit, kraft
dieses Scheidebriefes. Wenn ich aber innerhalb der zwölf Monate zurück-
konune und zu dii- zuifickkehre, so soll diese Urkunde keine Scheidungs-
iirkundc sein; denn von jetzt ab ist er dann schon ungültig, kraft dieser
Bedingung, falls ich innerhalb der erwähnten Frist zurückkommen sollte.
Unter dieser Bedingung händigte er ihi- in unserer Gegenwart ihi'cn Schcidc*-
brief ein, und sie erklärte sich einverstanden uu't dieser Bedingung. In dieser
Voraussetzung nahm sie ihren Scheidebrief entgegen, und weil es nicht an-
gebracht ist, diese Bedingimg in den Scheidebrief einzuschalten, haben wir
diese Bedingung, welche gleichzeitig mit der Scheidung erfolgte, nieder-
geschrieben zu Händen des Gatten. Diese Bedingung ist richtig inul
i'cchfskräftig, anwendbar und gültig gleich allen brauchbaren Bedingungs-
dokumenten, die in Israel gebräuchlich sind, nach Satzung und Brauch.
Es ist gleich der Bedingung der Stäuune Gad und Rubens, für welche vor-
gesehen war ein besonderes Verhalten, wenn sie nn't hinüberziehen und wenn
sie nicht mit hinüberziehen'', und gleich den andern Erschwerungen ^ Ich
habe mich auf diese Bedingung, auf diese Bestimmung verlassen. Auf diese
A'oraussetzimg und Bedingung gestützt, verfügte ich die Abfassung des
Scheidebriefes und händigte ihn meiner Frau C ein, damit sie frei sei von
jetzt und nach dem Eintreffen dieser Bedingung. Betreffs dessen, worin
dieser A und seine Fi'au C unsere Zeugenschaft in Anspruch nahmen, haben
' Bin irra "''3h 2"n:i sn-is^ is^t -jss- v.'r: di^. Gesefzeslchrer bcfüi wortctcii
niclit die Einschaltung der Bedingung in die Urkunde selbst. Im Talmud besteht
diesbezüglich eine Meinungsverscliiedenlieit. Eine der Ansichten Iaut«!t '^o'zv 5:
an33 i2"E -irs rt vj 55-s 'z^sv br snz 20:2 -s W nui- etwas, dessen mündliche Ei-
wälmung UngüUigkeit liervorrnft, kann durcli Nicdersclireiben ebenfalls Ungültigkeit
bervorrnlen, was jedoch, wie die an den Sclieidebricf geknüpfte Bedingung, mündhrli
erfolgen darf, sollte auch schriftliche Regelung finden dürfen. Vgl. Gipin 84 b.
2 S. 130.
' Gemeint ist der Fall, weini der Gatte eine längere Seereise antreten
müßte, o. L
* Jede Bedingung muß klar und deutlich beide Möglichkeiten hervorheben.
Vgl. Anmerkung 3 im Kapitel über die Schenkung.
* Zu ergänzen: So sprach feiner A zu uns.
Fuchs : Talmudische Reclitsurkunden. 85
wir dies geschrieben im Jahre . . . am Tage . . . und händigten es diesem A
ein, damit es ihm zum Beweise und Vorteihi diene. Alles ist richtig und
gültig '.
. Weigerungsdokument".
Eine Minderjiihi-ige. die gegen ihren Willen verlolit oder verheiratet
wurde, kann vor (Jericht oder vor zwei Zeugen eine Erklärung abgehen,
wonach sie mit der Wahl nicht einverstanden sei. Diese Erklärung, die
aber noch im minderjährigen Zustande abgegeben Averden muß, bildet don
Inhalt der Weigerungsurkunde.
Der Urkundentext lautet:
Am . . . ten Wochentage, das ist am . . . ten des Monates . . ., erschien
die A, Tochter des B, vor uns und sprach: Als ich mit diesem Manne ver-
lieiratet wurde, da war ich noch minderjährig. Meine Mutter — oder mein
Bruder — verleitete mich und verheiratete mich mit diesem Manne. Jetzt
aber erkläre ich vor euch, daß ich ihn nicht mag. Daraufhin untersuchten
wir die Angelegenheit dieser A, Tochter des B, und fanden, daß sie noch
minderjährig ist. Da sie in miserer Gegenwart die Weigerung aussprach,
erlaubten wir ihr hinzugehen, zu heiraten jeden ihr beliebigen Maim.
Niemand kann es ihr wehren, von heute bis in alle Ewigkeit ^
^ Wie man im allgemeinen über den Scheidungsakt dachte, ersehen wir
aus Talmud Gittiii 90b, wo R. Eleazar folgenden Ausspruch tut: ra-rsn ihx;s •a^:>-cr. 53
'pn'iz np:sT "»^i '- n:T: rs ~t2- .-iics rayn n^ru ns7i -'rsa-j r,'V2i vW Tni»; nzn iV-its
■^•zjs "■'iiw ^^s ■j''Z"i ~;"'3 t""" 'n 13 W rn »• am»:s' asiia ■jisi nnp^i nn:ir! Vs rris s"'
-;.-ii-3 nrsi -n-sn sirn ra rm:.a nns Wer sich von seiner ersten Gattin scheidet, ver-
ursacht, daß der Altar seinetwegen Tränen vergießt, denn es heißt (Maleachi IIjj u. ,4):
Und dazu konniit noch, daß sicli euretwegen der Altar des Herrn mit Tränen bedeckt,
mit Weinen und Seufzen, so daß er sich niclit mehr zu eurer Opfergabe wenden will,
um sie mit Wohlgef;illen aufzunehmen. Und da fraget ihr noch: warum dies?!
Weil der Ewige ein Zeuge ist zwisclien dir und dem Weibe deiner Jugend, dem du
treulos wurdest — und sie war doch deine Gefährtin und das Weib deines Bundes!
2 i^si^ a;. S. H. S. 28. Jeluida Barzeloni zitiert in diesem Abschnitte seine
Abhandlung •na^'o m35r.
^ Unser Urkundenbucli führt auch ausführlichere Fonnulare für das Weige-
rungsdokument an, aber auch ein ganz kurzes, das folgendermaßen lautet: ovz
s:2:s2 -«q'W 'nz srpyhB "js""? iDil»-? am ... ten sprach die X, Tochter des Y, vor uns die
Weigerung aus. Nur solch kurzgefaßte Urkundentexte lassen begreiflich erscheinen,
wenn wir liören, daß eine Nußschale oder andere kleine Gegenstände als Schreib-
material ^•erwendet wurden. Ausdrücklich wird auch die kurze Fassung empfohlen,
damit dieses Dokument nicht mit dem Scheidebrief selbst verwechselt werde. Vgl.
S. H. a. a. 0., Ittur fol. 33 a. Im Urkundenbuche des Gaon Sadja war auch von einem
Formular die Rede, wo die Minderjährige die Wahl ihres Vaters zurückweist. Sadja
fand ein solches vor und ist daraus ersichtlich, daß die Auffassung noch nicht rezi-
piert war, wonach : ■psi ührjh ''SisrsV ri'31 s^i sfr'-i'si -pz'-iiy rta icsn •p'si-iX' ~^^^ ~= "'=" °**
^^.■.^■:)^^ mni-3 -c.-c S5s -ss--' wenn der Vater die Minderjährige verlobt, dann ist das
Verlöbnis rechtskräftig und kann die Tochter niemehr eine Weigerungserklärung ab-
ge.I)en, wohl alier, wenn sie großjährig wird, durch einen Scheidebrief die Ehe lösen.
{^6 Fuchs: Talmudische Rechtsurkuuden.
Freilassungsurkunde '.
Das taliiindisclie Sclirifttum spricht vuii liehi'äisclien- und auslündischon ^
Sklaven und Sklavinnen, Sklave wird ein Hebräer entweder, wenn man
ihn flogen seinen Willen gcrichtswegen verkauft* — dieser Fall tritt ein.
wenn der Dieb die Hauptsunune nicht wiedererstatten kann, oder er ver-
kauft sich selbst im Falle größter Brotnot. Eine Frau jedoch wird weder
wegen Diebstahls verkauft, noch darf sie sich selbst veikaufcn, wie sie
auch, um keinem Verdacht ausgesetzt zu sein, keinen Sklaven, gleicli-
viel ob Hebräer oder Ausländer, erwerben kaiui. Für die Behandlung dei-
Sklaven galt als Grundsatz: In Speise. Trank, Nachtlager und AVohnort soll
der Sklave seinem Herrn gleichgestellt sein\ Der hebräische Sklave ist
rechtskräftig erworben, wenn der Kauf mittels Geldes, Geldwertes oder
einer Urkunde geschieht. Es genügt, wenn der Sklave auf ein Ostrakon
oder auf Papier schreibt: »Ich bin an dich verkauft, ich bin dein Eigentum«
und dem Besitzer dieses Schriftstück einhändigt.
Der Kauf hat nur für sechs" Jahre Gültigkeit, im siebenten geht dei-
Sklave, gemäß bi})lischer Bestimmung, frei aus, ebenso wenn das Jubeljahr
dazwischenfällt.
Dem nächsten Verwandten des hebräischen Sklaven liegt es ol),
letzteren auszulösen, wenn er im Besitze eines Heiden' sich befindet. Bei
Mittellosigkeit der Verwandten geht die Pflicht auf jeden
Israeliten über.
\'erkaufte sich der Sklave für 60 Denare, so kann er z. B. nach vier
Jahren frei ausgehen, sobald er dem Besitzer noch 20 Denare zurückerstattet.
\'erkaufte er sich für 100 Denare und es sind noch zehn Jahre bis ziun
Eintritt des Jubeljahres, verrechnet er jedes Jahr mit 10 Denaren.
Verzichtet der Besitzer auf die ilnn zustehende Summe und entläßt
den Sklaven, so ist die Freilassung nur gültig, wenn die Urkunde ge-
schrieben win-de.
Nur ein Sohn kann den Sklaven seines Vaters, vorausgesetzt, daß
dieser kein Proselyt und kein Heide war, erben: ist aber die Erbschaft
auf Tochter oder Bruder übergegangen, geht der Sklave frei aus.
' Vgl. Maimoiiides: a-iia? t^'oir. Kap. I— IX.
2 -1-13» nay und rf^ayrr rt-x.
•■' ■'»•a -;2>' und n->:>':3 r;rr£r.
* Der Gerichtshof verkauft den Sklaven nur an Isiaelitea und dann auch
nicht auf öffentlichem Sklavenmarkte.
!• »im -jB-» y" ms rriN ^^z-^p ns Vsis siri ip: rs 53-s rrs srr sVsr .... ■jnrsnV»
'": ]Si-\r. ia:i W ]v> sini -pn ir:> 5>' pi rns •::-r, -p-i nriTa gleicligestellt . . . damit, wenn du
feines Brod ißest, er nicht Kleicnbrod essen, wenn du alten Wein tiinkst, er keinen
neuen trinken, wenn du auf Flaumen schläfst, er nicht auf Stroh liegen müsse.
** Es sei denn, daß der Sklave sich \on vomhercin für eine längere Zeit
verkauft.
' Um dem schädlichen Einfluß entgegenzuwirken, der aus dem Umgange mit
dem Heiden' entstehen könnte.
Fuchs : Talmudische Rechtsurkunden. 87
Für die ^'el•küstigallg der Frau und Kinder des Sklaven sorgt der
Herr. Erfolgte der Verkauf durch den Gerichtshof, so steht dem Herrn
das Recht zu. dem Sklaven eine heidnische Magd zu gehen. Die so von
ihnen gehoreuen Kinder gehören dem Herrn ; wqv sich aher selbst verkauft,
darf keine heidnische Magd ehelichen.
Die Durchlöcherung der Ohrmuschel ' nimmt der Herr hei einem
Sklaven '^ der sich sell)st verkauft hat, nicht vor — und auch nicht bei
einer Sklavin ^. Gleichviel, ob der Sklave durch Fleiß den Wohlstand seines
Herrn gefördert hat oder nicht, l)ei seiner Freilassung gibt dieser ihm ein Ge-
schenk in Naturalien, mindestens im Werte von 30 Sela.
Nur in größter Not steht dem Vater das Recht zu, seine Tochter als
Magd zu verkaufen, und dann auch nur in ein Haus, wo tür sie die Aus-
sicht der Ehe z. B. ihres Herrn oder seines Sohnes Gattin zu werden, be-
steht^. Der Kauf ist rechtskräftig, wenn der Vater auf Ostrakon oder Papier
schlich: »Meine Tochter ist dii" verkauft, meine Tochter ist dein Eigentum^«
imd das Schriftstück'^ dem Käufer aushändigt. Sobald die also Verkaufte
ihre Geschlechtsreife erlangt, erwirbt sie ihre Freilieit^ Dieses eine Moment
ausgenommen, bestehen für die hebräische Sklavin dieselben Bestimnuuigen.
wie für den Sklaven. Will der Besitzer die hebräische Sklavin heiraten
oder sie lur seinen Sohn bestimmen**, dann kann dies nur mit ihi-er Ein-
willigung inid imter Beobachtung der diesbezüglichen Satzimg geschehen.
Demnach spricht der Herr zu ihr vor zwei Zeugen: »Du seist nu'r angetraut«
oder "du bist meinem Sohne verlobt.«
Das Weiterverkaufen oder Verschenken eines hebräischen Sklaven
oder einer Sklavin ist unzulässig.
Einen heidnischen Sklaven erwirbt man rechtskräftig durch Geld,
durch eine X^rkunde, kraft des Chasakarechts^, durch Tausch oder durch
Ansichziehen. Der heidnische Sklave kann seine Freilassung erlangen, indem
er seinem Herrn Geld oder Geldes wert gibt, oder durch eine vor zwei Zeugen
eingehändigte Urkunde, gleichviel ob auf Ostrakon oder auf Papier, in der
geschrieben steht: »Du bist mm frei" oder -du gehörst nun dir« oder
• ich habe nichts mit dir zu schaffen ^^» oder ähnlich.
1 Vgl. Exodus XXI 5 und c-
2 Auch bei einem Sklaven priesterlicher Abstanniuuig nicht, denn jeder Leibes
fehler macht den Priester für den Tempeldienst untauglich.
^ Weil die BibelstcUe nur von einem INIanne spricht.
* Vgl. Maimonides, a. a. 0. Kap. IV jj.
*> 1? niijp ins -^5 n-113»: ins
•^ Diese kurze Formel gewährt uns einen Einblick in die ursprüngliche
Fassung der Rechtsdokumente.
8 ^^^^
^ ~%l^ usucapio, die Erwerbung eines Gegenstandes durch den während einer
gesetzlich bestimmten Zeit fortgesetzten Besitz desselben.
'0 ~,z ~.z" ^> rs -s T=sy V» ns i^~ -s i-i-^in ',z ns -nn
88 Fuchs: Talmudisolie Rechtsurkunden.
Krlitt »1er Sklave durch seinen Herrn eine Verletzung ;in einem der
24 Kürperteile '. ttir die es, wenn sie einmal beschädigt, keinen Ersatz giht.
so erlangt er kraft solchen Schadens- ebenfalls seine rrcilassunii, über die
man jedoch eine Urkunde abfaßt. Dieses \\)rreclit besteht aber luu- für
heidnische Sklaven, die die circumcisio und Taufe' empfangen liabcn und
wenigstens duich die KrfüUung dieser zwei Gebote mit der Religion ihres
Herrn verknüplt sind. Gehören jedoch solche Sklaven zu dem Teile der
Mitgift \ dessen Nutznießung auch dem Manne zusteht, so erlangen diese
auch durch Verletzung eines der 24 Körperteile niciit ihre Fi-eilassung.
In folgenden sechs Punkten ist der Scheidebi'ief dem Freilassungs-
di)kument gleichgestellt:
1. Beide Urkunden sind ungültig, wenn sie ein nichtjüdischer Gerichts-
hof ^ altgefaßt hat, während alle andern dasell)St abgefaßten Urkunden volle
(iültigkeit besitzen.
2. Nichtjüdische Zeugen sind für beide Dokumente zidässig''.
3. Sie müssen für den betreffenden speziellen Fall abgefaßt sein.
4. Als Schreibmaterial konnnen für beide Urkunden nur lose und
nicht mit anderen Objekten verbundene Gegenstände in Betracht.
5. Die Zeugen unterzeichnen in beiden Fällen, einer in Gegenwart
des andern.
(). Für das Bringen und Abholen dieser Dokumente gelten die näm-
lichen Bestimmungen. So ist es nicht erforderlich, daß der Bote — insofern
er im Iidande (Palästina) die Urkunde überbringt — spreche: »Es ist in
meiner Gegenwart geschrieben und unterzeichnet worden.« Bringt der
Bote eine der beiden Urkunden nach dem Auslande, so bedarf es nicht
niich einer besonderen Beglanbigung der Zeugenunterschriften. denn die
Erkläiung »vor mir ist es geschrieben imd vor mir ist es unterzeichnet
worden- hat den Wert einer Legalisierung' der Zeugenunterschriften.
Ebenso bedarf es keiner Beglaubigung der Zeugenunterschriften, wenn die
(ieschiedene bzw. der Freia;elassene das Dokument vorleut.
' Zehn Finger, zehn Zehen, Ohr, Nase, Auge, Brust.
* Audi wenn dieser unbeabsichtigt geschah; z. B. der Besitzer wai ein Arzt
und wollte das kranke Auge seines Sklaven heilen.
3 ~V>2:3 das für den Proselyten obligatorische Tauclihad.
* y-yc i-w_ im Unterschied \on Sf"^? 'jsk ■'"3^, Sklaven bzw. Güter des »eisernen
Schafes«, d. h. des eisernen Bestandes im Vermögen der Gattin. Vgl. assyr. nniluggu.
?^~X* saugen, also Nutzen ziehen, melken. Vgl. meine Abhandlung: Talmudisclie
Rechtsurkunden in der Zeitschrift für vergleiclieude Rechtswissenschaft a. a. 0.,
Abschnitt VI.
5 n-8r-9 ctDyncv, neuere Forschungen erblicken daiin eine Art Notariatsamt
oder ein Archiv. Vgl. Blau a. a. 0. und L. Mittels: Gruudzüge der Pajjyiuskuude. 1912.
•^ Die Juden in Elepliantinc haben Nichtjuden als vollwertige Zeugen an-
erkannt. Vgl. Blau II. S. 57.
' STi;; Vgl. meine Abhandlung in den Westasiatisclien Sludieu a. a. O. S. 8.5.
Fuchs: Talimidische Rechtsiirkundeii. 89
Fürjeden ireizulassenden Sklaven sclireiht man eine besondere Urkunde.
Ein Sklave, der zwei Leuten gemeinschaftlich gehört, kann von dem
einen die Freilassung erlangen, während er des andern Sklave bleibt. Dieser
Fall ist gemeint mit dem Terminus: Halb Sklave, hall» Freigelassener'; aber
man zw^higt den Herrn- eines solchen Halbsklaven, letzteren, der in diesem
Zwitterzustande weder eine Freie noch eine Magd heiraten kann, gänzlich
freizulassen. Die Hälfte des Wertes ist dann die Summe, welciie dci- Frei-
gelassene seinem früheren Herrn schuldet, was auch urkrmdlich geregelt wird.
Verschreibt ein Sterbenskranker seinem Sklaven all seinen Besitz, so
hat er nach wiedererlangter Genesung wohl Ans[)ruch auf seinen Besitz,
jedoch nicht mehr auf den Sklaven, da dieser aus moralischen Gründen
seine Freilassung erlangt, denn durch das besagte Testament galt er vor
der Welf^ als Freigelassener.
Ein Sklave, den man an einen Götzendiener verkauft hat, erlangt
seine Freiheit \ und den früheren Herrn zwingt man von Gerichts wegen,
diesen Sklaven ausziüösen, sogar wenn er den zehnfachen Wert erlegen
müßte. Ebenso erlangt er seine Freilassung, wenn sein Herr von einem
Heiden ein Darlehen nahm und sich verjjtlichtet hat, falls er den Termin
nicht einhalten sollte, seinen vSklaven als Bezahlung hinzugeben. Wurde
jedoch der Sklave ohne diesbezügliche Abmachung gewaltsam vom heid-
nischen Gläubiger an sich gerissen oder \on Räubern geraubt, indem sie
ihn als Lösegeld für seinen gefangenen Herrn in Bezahlung nahmen, so
erlangt er dadurch noch nicht seine Freilassung.
Durch de)i Verkauf eines Sklaven ins Ausland erlangt dieser seine
Freiheit, und zwingt nian den Käufer, das diesbezügliche Dokument aus-
zustellen, ganz ungeachtet des Schadens, den er durch die Freilassung er-
leidet; denn nicht der Verkäufer, sondern der Käufer allein trägt die Schuld,
daß der Sklave ins Ausland gehen mußte. Ein Sklave, der seinem Herrn
z. B. nach Syrien folgt, geht seines Vorrechtes verlustig, wenn er daselbst
(Ausland) verkauft wurde, vorausgesetzt, daß sein Herr, Palästina in der
Absiclit verließ, nicht mehr dahin zurückzukehren. Ein Auswanderer kann
seinen Sklaven nicht gegen dessen Willen mit ins Ausland nehmen. Flüch-
tenden heidnischen Sklaven' soll man Schutz gewähren und soll sie rück-
sichtsvoll behandeln. Das Gebot der Thora »Ihr sollt ihn nicht
kränken«, bezieht sich auf einen solchen Sklaven. Wer ihn
auch nur durch Worte kränken^' würde, machte sich der drei-
fachen" Übertretung des biblischen Verbotes strafbar, denn die Bibel sagt:
»Ihr sollt eueren Nächsten nicht kränken,« »Den Fremdling sdllst du nicht
kränken« und »Ihr sollt ihn nicht kränken«.
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2
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^ Falls es ihm gelingt, v.n flücliten.
■' Sielie Kommentar "J^':^ ~:"iJi zu Maimonides, a. a. 0. VIII k,.
•5 ■j^-s's '.-,2 ^2'y r.ir. lAr; hs r:;«*::: Sielie Maimonides, a. a. O. VIII n-
90 FuoBS : Talmudische Rcchtsui-kunden.
Kineii heidnischen Sklaven, der /iir Bedingung stttUt. die ("ircuincision
an sich nicht vollziehen zu lassen, darl' man kaufen und gegebenenfalls
wieder nur an Heiden verkaufen.
Aus nuiralischcn (irüuden zwingt man den (iläul)igcr. einem Sklaven,
(k-r ihm lur ein Darlehen als Hypothek ' verschrieben, inzwischen aber von
tlcm Schuldner freigelassen wurde, ebenfalls das Freilassungsdokument aus-
zustellen, damit der (iläubiger zu dem Besagten nicht sagen könne: »Du
bist mein Sklave« und das Darlehen wird durch einen Schuldschein geregelt.
\'erheiratete der Herr seinen Sklaven mit einer Freien, so zwingt
man den Herrn, auch die Freilassungsuikunde zu schreil)en. Dieselben
Folgen treten ein, wenn er seinem Sklaven das rituelle Symbol der Phy-
lackterien '^ angelegt oder vor versammelter (Jemeinde befohlen hat, drei
\'erse aus der zur Vorlesung der Heiligen Schrift l»estimmten Pergament-
rolle vorzutragen. Das Kind einer heidnischen Sklavin ist Heide, auch
weiui der Vater Israelite ist und die Sklavin sein Eigentum bildet.
Wenn zu befürchten ist. daß durch eine heidnische Sklavin, der sich
Männer nähern, ein Ärgernis in sittlicher Beziehung entstehen könnte, zwingt
man den Herrn, die Magd freizulassen, damit sie sich verheirate und da-
durch die Möglichkeit zu unsittlichem Treiben vei'hindert werde. Wiewohl
man einen heidnischen Sklaven nur freilassen soll, wenn er die jüdische
Religion annimmt, so ist man doch verptlichtel, ihm ein Freilassungs-
dokument zu schreiben, auch wenn er unter sonstigen Verhältnissen frei-
gelassen wird. Verpflegung steht dem Sklaven, so ihn sein Herr nicht
ernähren will, seitens der vorhanden«;n Wohlfahrtseinrichtungen
zu^ dies ist jedoch nicht auf Sklaven anzuwenden, die als Mitgift in die
Ehe gebracht wurden, solche zu ernähren ist unbedingte Pflicht ihres Herrn.
Maimonides lehrt folgendermaßen in seinem Abschnitt über die
Sklaven : Von Gerichts wegen kann keine Strafe erfolgen, wenn man den
heidnischen Sklaven zu schwerer Arbeit heranzieht, jedoch die wahre
Frömmigkeit und Weisheit erfordert es, daß der Mensch barmherzig und
gerecht sei, das Joch seines Sklaven nicht erschwere, daß man ihn nicht kränke,
daß man ihn von allem, was mau selbst ißt und trinkt, zu essen und zu trinken
gebe. Die Alten gaben dem Sklaven von jidem Gericht, das sie aßen; ja sie
gaben, bevor sie selbst das Mahl nahmen, den Tieren* und Sklaven zu essen.
* Über Hypothek s. meine Abhandlung: Talmudische Rechtsurkunden, in der
Zeitschrift für vergleicliende Reclitswissenschaft a. a. 0. Kap. I.
* Pergamentkapseln, die man mit Ausnahiiie von Sabbat und Festtagen bei
jeder Morgcnandaclit an Hand und Haupt befestigt; sie entlialten einige Abschnitte
der Heiligen Schrift und dienen zur Ermahnung, Herz (das Symbol wird an der
linken Hand — dem Herzen gegenüber — befestigt) und Verstand in den Dienst
Gottes zu stellen. Für Sklaven bestellt die Vorschrift vom Anlegen dieser Sym-
bole nicht.
3 Drnrs3 o-<-zyr- minrV iiiisi hs-^v> Israel ist verpflichtet, für den Lebens-
unterhalt der in seiner Mitte lebenden Sklaven zu sorgen.
* Dies wurde als Nf>rm abgeleitet aus den Worten im Deuteronomium XI^:
Ich werde Nahi-ung geben auf dem Felde für das A'ieli und aui-h du wirst essen und
Fuchs: Talmudische Rechtsurkunden. 91
Auch heißt es in der Schrift: Wie die Augen der Sklaven auf ihren Herrn,
die Augen der Magd auf ihre Herrin gerichtet sind. Man erniedrige ihn
weder mit der Hand, noch mit Worten; hat die Schrift sie auch zur Sklaverei
freigege!)en, so doch keineswegs zur Beschämung. JNIan schreie nicht mit
ihnen, quäle sie nicht .durch häufiges Zürnen, sondern gelassen spreche man
mit ihnen und gebe Gehör ihren Klagen. So geht auch klar hervor, welches
die besten Wege sind und deren sich auch Iliob rühmt: Habe ich das Recht
meines Sklaven oder meiner Magd verworfen, wenn sie mit mir stritten, erschuf
denn nicht er, der mich im Mutterschoße gebildet hat, auch ihn-' — so hat er
uns beide geformt in einem Leibe ' ! — Strenge und Anmaßung ist nur bei
den Götzendienern. Die Nachkommenschaft unseres Stammvatei's Abraham,
Israel, dem der Heilige — gelo])t sei er — die Gnade der Thora erwies, ihnen
gerechte Satzungen und \'orschriften gab, sie sei barmherzig gegeii jeder-
mann. Daher ist dieses auch unter den Eigenschaften Gottes, der ims befohlen,
ihm ähnlich zu werden, denn es heißt: Seine Barmherzigkeit erstreckt
sich auf all seine Geschöpfe. Und wer barmherzig ist, dessen erbarmt
er sich ^,
Ebenso wie beim Scheidebrief wird, nach einigen Ansichten, vorher erst
das Dokument der Annullierungserklärung ausgestellt. Es lautet'^: Wii', die
Unterzeichneten, bekunden mit klarer Zeugenaussage, daß A, Sohn des B, also
zu uns sprach: »Seid meine Zeugen und erwerbet für mich nu't jedem vorteil-
haften Ausdruck, händigt es ein dem C, der früher mein Sklave war. Ich habe
ihn jetzt gänzlich freigelassen, kraft dieser Freilassungsurkunde, welche ich
ihm geschrieben iiabe. Jetzt erwerbet von mir betrefis dessen, daß ich aus
freiem Antriebe und eigenem Willen, ohne Zwang, alle irgendwie möglichen
Protesterklärungen und Bedingungen, welche ich A, Sohn des B, betreffs
dieses Dokumentes des Freigelassenen C oder der Freigelassenen D gemaclit
haben sollte, für ungültig erkläre, von jetzt ab, mit allen möglichen Aus-
drücken, welche nach Ansicht der Gesetzeslehrer geeignet sind, inn mit
ihnen Proteste und Bedingungen zu annullieren*.«
Das Freilassungsdokument ist im S. H. durch folgendes Formular
vertreten :
dich sättigen. Hier ist ausdrücklich erst von der Versorgung der Tiere
die Rede. Jedenfalls haben wir eine der markantesten Stellen vor uns, die dem
Tierschutz gewidmet sind.
1 Von Rabbi Jochanan erzählt der jcnisalemische Talmud, er habe diese
Bibelstelle angewendet, um zu begründen, weshalb er jedes Stück Fleisch und jeden
Becher Wein mit seinem Sklaven teilte. Siehe nviTs'^'a mn:;n zuMaimonides, a. a. 0. IX j^.
2 'i;\T 1^ ns"i s^si '\-i2S h'j "hv '•'ZO'' xVi pns r|nTii pm ms -i--^v nasn is->it rm-ian rn»2
Mit dieser beachtenswerten Ausführung schließt Maimonides den Abschnitt über das
Sklavenrecht.
* S. H. S. 29. Daselbst zitiert Jehuda ben Barsilai seine Abhandlung rns^n
"* Die Annullierungserklärung kann auch in die Freilassungsurkunde aufge-
nommen werden, jedoch man zieht es vor, über diesen Punkt ein besonderes Doku-
ment abzufassen.
92 Fuchs: Taliiiudisciie Rechtsurkuiiden.
Zur KriiiiK'niiii; an das vor uns stattgcfiiiulene Rechtsgescliäft, l)ei
dem wir als Zeugen mitwirkten, am . . . ten Tage der Woche, am . . . teii
des Monates . . ., des Jahres . . ., gemäß der Weltschöpfnngsära, nach
wek'her wir im Orte . . . rechnen. Ich, A, Sohn des B, und welchen andern
Namen und sonstigen Beinamen ich noch hahe, helVeie dich, ich mache dich
frei, ich entlasse dich und spreche die Freilassung aus', aus freiem Willen,
ohne Zwang, für dich, V, der du vorher mein Sklave warst. Du gehörst
somit dir seihst ^ iu\d du hist ein Freier, um einzutreten in die Gemein-
schaft Israels, um eine Israelitin zu heiraten, um sich mit Israel zu ver-
liQnden. Dir und deinen Söhnen ist gestattet. Thorastudium zu hetreiben ^.
Sie dürfen eintreten in die Gemeinschaft Israels und ihr, du und dein Sohn
nach dir*, dürfet nach Beliehen Ehen schließen. Niemand kaiui es euch von
heute bis in Ewigkeit wehren. Niemand hat ein Anrecht auf dich, nicht
auf deine Arbeit, nicht auf dein Geld, auf nichts, was dir gehört, und auf
nichts, was zukünftig dir gehören wird; denn freiwillig habe ich dich fi-ei-
gela-ssen. so gehörst du nun dir selbst und bist ein Freier. Von heute ab
und in aller Ewigkeit soll es niemand weder dir noch deinem Sohne und
nicht deiner Tochter'' wehren können. Auch können keinerlei Erben" An-
sprüche auf dich und deine Nachkommenschaft erheben. Dies sei daher
die Treiuuuigsui'knnde. die Freilassungsurkunde, der Freilassungsbrief, den
du von nn'r empiangst, gemäß dem Gesetze Moses und Israels^.
Leviratsehe l
Kraft eines biblischen Gebotes^ besteht für den ältesten Bruder'" die
Pflicht, die Gattin'' seines verstorbenen Bruders, so dieser ohne Nach-
' Gilt in 86 a: •'-oin p iionivjsi.
2 Unser Formular gibt für diesen einen Gedanken die drei Ausdrücke: ns
-r::; rs- 7^-;.5 ns" "p::»^, welt-he weder in dem bei Blau II. S. 102 publizierten Frei-
lassungsdokumente, noch in dem Formular des Ijtur, cd. Lemberg, 1860, I 34a, vor-
kommen.
^ Sklaven in das Studium der Lehre einzuführen, galt als unzulässig. Siehe
Maimonides, a. a. 0. Vin,g.
* ~"S^2. Die Lesart ~M^a" «und deine Tochter« wäre vorzuzielion, auch i.st sie
durch die weiter unten folgende Stelle gestützt, ferner dinvli den Text des For-
nndars im Itfur a. a. 0.: y~n-2 zz^^^i um ihre Töc.htei- zu heiraten.
'- Siehe vorhei'geliende Anmerkung.
*' So dem Sinne nach, der Text jedoch ist unklar.
^ Nacli Auffassung einiger Gesetzeslelirer wird di(> Kinjanforuifl audi in diese
Urkunde eingeschaltet.
" Vgl. Maimonides rsiVm Diai n-^sbn Kap. I— VIII.
° Deuteronomium 265: So Brüder zusammenwohnen und einer von ihnen
ohne Sohn stirbt, dann soll die Frau des Verstorbenen keinen Fremden außeihalb
der Familie heiraten, sondern ihr Schwager soll zu ihr kommen und sie zum Weibe
nehmen und an ihr die Leviratsehe vollziehen.
'° Doch ist hier die Rede nur vom Bruder väterlicherseits, denn sVs mns ■j-'x
=x^ ein Bruderverhältnis besteht nur für Kinder vom selben Vater.
" 1?«?""?" T? r? ■^^5'i'"~ l'? r? Auch besteht die Pflicht, wenn der verstorbene
Bruder bloß erst veilobt war.
Fuc'iis: Taliimdisclie Kechtsurkuiiden. 03
koinincn >staili, zu heiraten, und da diese Frau geradezu von cinei*
höheren Macht ihm zugewiesen wird, bedarf es keiner vorhergehenden
Trauung, denn er beginnt mit ihr die Ehe ohne weiteres, und die alte
Eheverschreibung bleibt bestehen zu Lasten des vom Verstorbenen zurück-
gelassenen Vermögens; Will der Schwager oder die Schwägerin diese Pllicht
nicht erfiillen, so schreitet man zu dem in der Schrift ' vorgesehenen Chaliza-
akt, nach dessen Vollziehung die Schwägerin sich nach Belieben wieder ver-
lieiraten darf. Wenn Enkelkinder, gleichviel ob vom Sohne oder der
Tochter, vorhanden sind, fällt die Pllicht der Leviratsehe fort. Ebenso ist
die Leviratsehe nicht zu vollziehen, wenn der Verstorbene mehrere Frauen
und nur von einer Nachkommen hatte.
Als Kinder des Verstorbenen kommen seine Nachkommen aus der
Verbindung mit einer lieidnischen Sklavin oder heidnischen Frau nicht in
Betracht, sogar wenn diese freigelassen bzw. Proselyten wurden. Wenn der
Verstorbene außer diesen sonst keine Kinder hatte, so ist die Levii-atsehe
zu vollziehen, sogar an seiner Frau, die einen Sohn hat, die abei- vorher
seine Sklavin war, nachher freigelassen und seine regelrecht angeti-aute
Gattin wurde. Durch den als Skla\'e geborenen, wenn auch s[)äter frei-
gelassenen, beim Tode seines Vatei's noch lebenden Sohn ist die Verpllichtung
der Leviratsehe nicht aufgehoben.
Blieb die Witwe in schwangerem Zustande zurück und abortierte
nach dem Tode ihres Gatten, so besteht für ihren Schwager die Pllicht,
sie zu heiraten; brachte sie jedoch ihr Kind nach vollen neun Monaten
zur Welt, wenn auch in der Todesstiuide ihres Gatten, so kommt Jil)bum^
nicht mehr in Betracht.
Der für die Leviratsehe Bestimmte muß beim Tode seines Bruders
schon aiii Leben gewesen sein, wenn auch nur als Neugeborener^.
Hatte der Vei'Storbene mehrere Frauen, so genügt, wenn nur an einer
.lil)l)um oder Chaliza vollzogen wurde. Starben einem mehrere Brüder,
so vollzieht man nach Belieben, Jil)bum oder Chaliza in den \ erschiedenen
Familien. Durch die Ehe mit der verwitweten Scliwägerin, wie auch durch
Chaliza werden ihre Nebenfrauen ebenso für den Levir wie auch lur seine
^ Deuteroiiomiiuii 25-_,q: Wenn dieser Bruder seine Schwägerin iiidit zur
Frau nehmen will, dann komme seine Scliwägerin zum Gerichtshof der Ältesten
und erkläre: Mein Schwager weigert sich, seinem Bruder einen Namen in Israel zu
erhalten, er will mich niciit ehelichen. Da rufen ihn die Stadtältesten und reden auf
ihn ein. Bleibt er nun bei seinem Vorhaben imd spricht: »ich will sie nicht zur Frau
nehmen«, dann trete seine Schwägerin zu ihm, in Gegenwart der Ältesten, schleife
seinen Schuh ihm vom Fuße, speie vor ihm aus und rufe laut: So geschehe dem
Manne, der nicht das Haus seines Bruders aufbauen will. Darauf soll er nun ge-
nannt werden »Haus des Barfüßigen".
2 a^si^ die Ehelichung durch den Sclivvager. Jeder andere wird "T Fremder
genannt.
^ Bestellt ein Zweifel betreffs der Reife des neugeborenen Kindes, vollzieht
man, nach Auffassung der späteren Gesetzeslehrer, die Chaliza. "T binden, ver-
pflichten. Daher oz'^ ^2""' ~"'^? '^2 es ruht auf ihr die Fessel der Leviratsehe.
94 Kiini>: 'raliiiudisclie Kcclitsurkuiidoii.
aiuleren BriUlor zur Klic unerlaubt'. Wiewohl ein nunderjäluiger Binder
die Leviratsehe vollziehen darf, so ist für Chaliza Gi-oßjährigkeit Bedingung.
Der Levir darf auch sein«' minderjährige Schwägerin heiraten, muß jedoch.
wenn ("haliza statttimlcn soll, liis zu ihrer ( ieschlechtsi-eife warten.
Sow(»hl tTihhum als auch Chaliza vollzieht man erst neunzig Tage nach
dem Tode des Bruders. Heiratete der Levir die Witwe seines Bruders
und letztere gebar ein Kind. I)etrefls dessen ein Zweifel besteht, ob es aus
tlei- ersten oder zweiten Ehe stammt, sehreitet man zur Scheidung und zur
Chaliza. Die Khe mit dem Lcvii- bedarf zwar nach Auffassung der Schrift
keiner vorausgehenden Trauung; die Gesetzeslehrer lialien jedocji eingeführt,
daß einer solchen Ehescldießung eine Art Äußerung, wörtlich »Ansprache«-,
vorausgehe, in welcher der Schwager seine Schwägerin, unter tlberreichung
eines für die Verlobung^ gültigen Wertgegenstandes, sich angelobt. Falls dei-
älteste Bruder nicht willig ist, die Leviratsehe zu schließen, stellt man es
seinen andern Brüdern anheim, die Pflicht des ältesten Bruders zu über-
nehmen, wenn aber auch imter diesen keiner dazu neigt, zwingt man den
ältesten zur Chaliza*.
Weigert sich die Witwe, ihren Schwager zu liciraten, so vollzieht letzterer
die ("haliza. die Witwe jedoch erJiält nichts von ilu*er Eheverschreii)ung,
denn sie wii-d einer widerspenstigen^ Gattin gleichgestellt.
Für den Chalizaakt verwendet man einen mit Absatz versehenen Leder-
schuh, den der Levir mit Riemen an seinem rechten Fuße befestigt. Die
Chaliza findet vor einem Gerichtshof, bestehend aus fünf Personen, auf
folgende Weise statt: Der Levir zieht den erwähnten Schuh an; der
Schwägerin liest man die Schriftvvorte Deuteronomium XXV ^ »Es weigert
sich mein Schwager, seines Bruders Namen in Israel zu erhalten, nicht will
er mich heiraten« in hebräischer Sprache deutlich vor, welche sie wieder-
holt. Dem Schwager hingegen liest man die Stelle Deuteronomium XXV „.
»Ich will sie nicht zur Frau nehmen« vor, welche er wieder seinerseits
deutlich nachsjjricht. Die Schwägerin zieht jetzt ihrem Schwager den be-
sagten Schuh aus, wirft den Schuh zur Erde und speit vor ihrem Schwager
aus, worauf sie den Richtern die Schriftverse nachsagt Deuteronomium XXV., :
»So geschehe einem INIanne, der nicht das Haus seines Bruders aufl)aut,
darum sei er in Israel genannt .Familie des Barfüßi";en'.« Alle An-
' Docii nur nach Auffassung der späteren Gesetzeslehrer.
'^ "';¥'^ Diese Institution bezeichnet Mainionidcs als 3"'"S"o ■'"27 »Worte der
Sdiriftgelelirten«, ein Terminus, den er auf alle Gesetzesbestimmungen, die auf eine
der dreizcliii Intcrprctationsrcgelii zurückgofulirt werden, anwendet. Vgl. D"s'2^n isn.
Die Prinzipien des Mainionidcs. über die dreizehn Interprotationsrcgeln s. Strack,
Einleitung in den Talmud, 1908. S. 122.
^ Siehe meine »Talmudische Rechtsurkunden« in der Zeitschrft für vergl.
Rechtswissenschaft a. a. O., Abschnitt VI B.
* "pir:? "h-s '{^v\s 5aK B2i->; aair; ^s yz-2 -is man kann niemand zwingen, die
Leviratsehe zu sclilicßen. wohl aber, die Chaliza zu vollziehen.
Fuchs: Talimidische Rechtsurkunden. 05
vvesenden wiederliokn dreiiiuil: »Barfüßiger«'. Das Ausspeien war jedocli
nicht obligatorisch^.
Die über diesen Akt aufgpnommene Urkunde ist eine öffentliche'*, und
drei der anwesenden Richter unterzeichnen das Dokument, welches zum
Unterschiede von andern Dokumenten, da Ijiblisclic Zitate darin entiialten
sind, liniiert sein muß*.
Die Kheverschreil)ung einer Leviratsehe nennt man 'J'^'aS'i roiP^? und
ist diese in unsrem Seier Hastaroth" durch nachstehendes Formular vertreten.
Am vierten® Tage der Woche, am . . . ten des Monates . . ., des Jaiu-es . . .
gemäß der Zeitrechnung, welclie wir hier in der Ortschaft . . . zählen '. Ks
sprach vor uns A, Sohn des H - : väterlicherseits war C, Sohn des B, mein
Bruder, er starb, den Gelehrten und ganz Is)ael hinterließ er Leben. Sohn
und Tochter, um seinen Namen in Israel zu erhalten, hinterließ er niciit.
Er hinterließ diese Frau D, Tochter des E. und mir, dem A, Sohn des B,
fällt nun kraft des biblischen Gesetzes die Pflicht zu, sie zu heiraten, sie zu
ernähren, sie zu versorgen, wie es heißt im Buche der mosaischen Lehre:
Ihr Schwager wohne ihr bei. Es gehorchte diese D, vollzog die Levirats-
ehe mit A, Sohn des B und wurde seine Gattin, indem A zu ihr sprach:
So will ich denn mit dir die Leviratsehe schließen, gemäß dem Gesetze
INIoses und Israels, um meinem verstorbenen Bruder einen Namen in Israel
zu erhalten; wie geschrieben" steht »der Erstgeborene richte auf den Namen
seines verstorbenen Bruders," dnmit sein Name in Israel nicht vernichtet
1 Ausführliches über die Vollziehung der Chalizazcvenionie s. ~^^ "'3'^t zu Tur
Ebenhaezer.
2 Vgl. Maiinonides, a. a. 0. IV ,2 und Kommentar t-'-v^ t'-"*'^ z. St.
* Eine Regel besagt: ala^-ä sVs t-iis-^Pi ipi-i ■jianis -jis Nicht einmal zwei Worte
des Pentateuchs schreibt man ohne Linie; das Linieren geschieht mit einem Rohre
oder mit einem Gegenstande, der keine Farbe zurückläßt. Vgl. D^^s"0 no'z ed. J. Müller,
Leipzig, 1878. I,.
= S. 54.
•^ Die Heimführung ehier Jungfrau fand am vierten Tage der Woche statt.
Die Gerichtshöfe tagten nändich laut Esras Anordnung am Montag und Donnerstag,
und wolhe man dem Ehemanne Gelegenheit geben, seine Klage (s. Deuteronomium
XXII,3_2i) ohne Verzögerung vor die Richter bringen zu können. Vgl. Ketuboth 2a
und ff. Eine Witwe fühlte man am fünften Wochentage heim. In spä.tcren Zeiten
bestimmte man den Freitag als Hochzeitstag. In Deutscldand bestand lange der Ge-
bi-auch, Hochzeiten nur am Älittwoch zu feiern und r\S2V rhnz Kap. XII ad vocem
l-ii:>i3^3 begründet dies: weil die Juden, namentlich in deutschen Ländern, sehr ver-
streut wohnen und aus weiten Entfernungen kommen müssen, um nun den pästen
Gelegenheit zu geben, rechtzeitig no<-h, vor Sabbatanfang, heimzukehren, hielt man
die Mitte der Woche am geeignetsten für AbhaUung der Hochzeitsfeste.
' Im Texte steht hier: ich willigte aus freiem Willen ein. Es ist dies viel-
leicht der Rest eines ausgela.ssenen Satzes, welcher die Äußerung über die freiwillige
Handlung enthielt.
8 Fehlt im S. H.
^ Deuteronomium XXV r.
',)H Fr( lus: 'ralniiidiscliu Keolilsurkniideii.
werilc. — Ifli will llir dicli arbeiten', dich in Klnon liallen-, ilicli or-
näliren, »lieh veipllef^en ' nach der \'urschrift für jüdisehe .Männer, die für
ihre Fraiien arl)eiten, sie ehren, sie f!;ezien»end ' verplle_i;en und kleiden.
— Diese D hörte darauf, vollzog mit diesem A die Leviratsehe und wurde
seine Gattin nach dem Gesetze Moses inid Israels. A, Sohn des B, willigte
ein, machte "i->T -i'::s 2-',r3'r, v^v . . . -rv,^ -n-i '^:2-r: -r\-.2 -j-rs ns zn-s-
-;;rN ai3r •>s. AVer seine Gattin liebt wie sicli selbst, sie mehr ehrt als sich selbst,
auf den bezit^ht sich der Bibelvers: Du wirst erkennen, daß Frieden Dein Zelt erlüllt.
3 -s-rs ist drv ältere Terminus für das spätere ^?V2*i »ieli will ernäiircn«.
Vgl. D. Kaufmann, -Zur Geschichte der Klicthubba« in der Monatsschrift für Ge-
schichte und Wissenschaft des Judentums. Jahrgang 41, S. 218.
* s'jri- ist d(!r aramäische Ausdi'uck für das hebräische ~:"'^s «Trcuc". Da
es hier im Zusammenhang mit Verptlegung und Kleidung steht, bedeutet es »ange-
messen«. Vgl. rrjzv rhm Kap. XII, Anmerkung 26: ^2"-= a'-i-iii ->•:: •;3") r\-^:'n r-S ^rr^s
rs'-3 -^-b rs-n h"';s":-2 s5t er will versprechen, iiir Nalii'ung und Kleidung reichlich
und nicht geizig zuzuwenden.
» Wörtlich: er sprang auf. Das folgende "'asi gehört eher zur nächsten Zeile.
•^ Sonstige Bedürfnisse, wie z. B. Taschengeld, Trinkgeld fürs Badehaus usw.
Vgl. nyzv rhrr. Kap. XII, Amnerkung 33.
'' f^";? ^i""=, auch -:-v = oheliclie Pflicht.
* Vgl. meine Abliandlung »Tainiudischc Iveditsurkunden» in der Zeltschrift tlir
vergleichende Uechtswi.ssenschaft a. a. 0., Abschnitt VIc.
I
Fuchs: Taliuudisclie Rechtsurkundon. 07
iSchultern ist. Dieser A nahm die Haftbarkeit der Ehcversclireibung und
der Zulage auf sich, um sogar von dem Mantel, der auf seinen Sclmltern
ist, zu zahlen, gemäß der Haftbarkeit und Erschwerung aller Ehekontrakte,
die in Israel gebräuchlich sind, von heute bis in Ewigkeit; es ist dies keine
Scheinzusage und kein bloßes Urkundenformular. Wir liaben von A, Sohn
des B, zugunsten seiner Schwägerin D, Tochter des E, den Kinjanakt voll-
zogen, bezüglich all dessen, was oben schriftlich näher ausgeführt ist, mittels
eines für den Kinjanakt tauglichen Gegenstandes.
Das Chalizadokument ist im Sefer Hastaroth ' durch folgendes Fonnular
vertreten :
Am . . . ten, das ist der . . . te des jNIonates . . ., des Jahres . . . seit Er-
schaffung der Welt, gemäß der Ära, die wir im Orte . . ., der an . . . liegt,
zählen. Wir Richter, von denen einige unten gezeichnet hal)en, bildeten
zu dreien zu gleicher Zeit ein Kollegium im Gerichtshofe. Da kam zu uns
hinauf die A, Tochter des B — oder die Witwe A — , ferner erschien voi"
uns ein Mann namens C, Sohn des D. Und also sprach zu uns diese A:
r, Sohn des D, ist väterlicherseits der Bruder des E, mit dem ich ver-
heiratet war, der aber starb und unsere Lehrer und ganz Israel im Leben
zurückließ. Einen Sohn oder eine Tochter, um das Erbe anzutreten, um den
Besitz zu ergreifen -, um den Namen in Israel zu erhalten, hinterließ er nicht.
Dieser C ist sein Bruder, und ihm fällt die Ptlicht zu, mich zu heiraten.
Nun, meine Herren Richter, sprechet zu ihm, wenn er mich zur Frau
nehmen will, dann soll er es tun, wo nicht'', so strecke er* in unserer
Gegenwart seinen rechten Fuß aus, ich löse die Sandale* von seinem
Fuße und speie aus vor ihm. Wir führten somit diesem C vor, daß er
väterlicherseits ein Bruder des E sei und sprachen zu ihm: Entweder voll-
ziehe an ihr die Schwagerehe, wo nicht, dann strecke vor uns deinen rechten
Fuß aus, sie löse die Sandale von deinem Fuße und speie vor dir aus.
Da erhob er seine Stimme und sprach: Ich will an ihr keineswegs die
Leviratsehe vollziehen. Wir ließen diese A vorlesen: Er weigert sich,
die Schwagerehe® zu vollziehen, um seines Bruders Namen in Israel zu
' S. 26. Zugrunde liegt das P'oimular im Talmud Jebamoth 39b.
^ r^ü.^ von ■jOrt
s Richtiger s'5 ■^si
* y'üs ausziehen, ausstrecken.
° srq
^ Bei den Saniaritanern wurde die Vollziehung der Schwagerelie nur bei der
Verlobten und nicht bei der Ehefrau des verstorbenen Bruders zugelassen. Bei den
Karäern finden wir dieselbe Beschränkung, jedoch liegt nach karaitischer Auffassung
einem Verwandten aus der Familie des Verstorbenen die Pflicht ob, die Ver-
witwete zu heiraten. Wahrscheinlich waren ethische Gründe maßgebend, als die
Gesetzeslehrer des Talmuds der Chaliza sogar der Schwagerehe gegenüber den
Vorzug gaben, denn Aba Saul lehrt im Traktat Jebamoth 39 b: -»i: av\> irrra'i ns orar;
nn-sa J'jiis is-iss -ns -:t dtl"?' . . . Wer seine Schwägerin wegen ihrer Schönheit oder
aus anderen Absichten heiratet, begeht gleichsam eine Blutschande. Die Gesetzes-
lehrer des 4. Jahrhunderts waren noch geteilter Ansicht, ob die Schwagerelie oder
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. II. Abt. 7
\)^ FtTHs: Taliiiudisclic KechtsurkundeiK
erhalten, t-r will inicli nicht heiraten. Auch diesen (' ließen wii- tlen
Schriftvers vorlesen: Ich will sie nicht zur Frau nehmen. D:ir;uif streckte
er seinen Fuß hin, sie löste die Sandale von seinem Fuße luid spie vor
ihm aus zur Erde, es war Speichel, den wir sahen, wie er aus ihrem Munde
kam. Darauf ließen wir diese A die Schriftstelle vorlesen: So geschehe
dem Manne, der das Maus seines Bruders nicht aufitaut. Ferner ließen
wir sie lesen: Sein Name in Israel sei "Barfüßiger«. Wir Hichter nebst
allen dort Anwesenden erwiderten dreimal : Familie des Barfüßigen. Nach-
dem dieser Akt in luisercr (Jegenwait vollzogen war, erlaubten w ir dieser A
hinzugehen und den Mann ihrer Wahl zu heiraten. Keiner soll es ihr wehren,
von heute bis in Kvvigkoit. Fs forderte diese A diese Chalizain-kmide von
uns, darum haben wir sie geschrieben, unterzeichnet und sie ihr eingehändigt,
damit sie ihr zum Vorteil diene. Gemäß dem Gesetze Mosis und Israels'.
Das Schariäthädokument und die damit verwandte nrr-Kategorie.
Im Inhaltsverzeichnis des Kitäb Tasnif Beth Diu- wird an 26ster Stelle
das Sni^'^IIB-Doknment aufgezählt. Ein solches findet sich jedoch eigentlich in
die in der Sdirift erwähnte Dispensation voizuzielien sei. Die jüngste Phase der
Haladia neigt zur Dispensation. Die Ableitung des Wortes 02^ für »Schwager« ist
dunkel, aus semitischem Spracligut ist es nicht zu erklären. Die spätlicbräisclic
Sprache hat gleich dem Syrischen o^^i für »Schwager« und "o**^ für »Schwägerin«.
Vgl. Hamburgers Realenzyklopädic Bd. I, S. 928 und die historische Studie »Die
Leviratsehe« in A.Geigers «.lüdisclier Zeitschrift«, Bieslau 1862, 1. Jahrg., S. 19 if.
1 Der übliche Scliluß ist: oy "i-r ^r- alles ist rechtskiäftig und gültig. ""-
ist die Abkürzung für diese Formel. Hier seien einige der geläufigsten Abkürzungen
der Urkuiidentexte angeführt. p"is = y~E ^^. Kraft des Bodenbesitzes (von vier
Quadratellen). 2"a = "Tjis ■>ss die in meinem Auftrage kommen, n'a = srt 5i'=
Schuldner, '"z = ]^~ r^z Gerichtshof rr"3 = i-jin "^pz zwischen den Zeilen (ge-
schrieben). >'"2 = D>"y ns^l^ Schöpfung, als Ära. rt"^3 = r'-fn i">i n-iz angeschener
Gerichtshof, "'"ai -"*"= = "iP.^s"? "'33*' i> "':? die Söhne Gads und Rubens (in der Formel
einer doppelten Bedingung), v'i = ri'i^r vj-^ bei vollem Bewußtsein, rs"-: = ■':"'-
D5"yr: n-j:ns Rechtsnormen der anderen Völker. ''"' = ^s'^ä^ ■>;'>i Rechtsnormen der
Israeliten. V'j- =^ Ws is":r; der oben Erwähnte, "'n =^ O'Vri cn Gott behüte. " '"
= ra"2 "^nnti die Unterzeichneten {~^'z O'rr in der Einzahl), rr'n rrr Bi':rri n-n Bann
der Weisen, 's ''•v = "'^ns ->v-}V meine Erben, n": = nssn -is: freiwillig, "o'y =
rz^z \iy unter der Bedingung, ""s' =^ "j^s;: s-y Bürge, der im Falle einer Zalilungs-
weigeriuig sofort haftbar ist. 's = "'i'^B N. N. p"p = '^^i''" ~\~?. heilige Versammlung,
Bezeichnung einer jeden jüdischen Gemeinde. 3"p = "7-3 ■;;:- Erwerbung mittels des
symbolischen Mantclgrifl'es. t"':i = na^'s r;rJ von geringstem Werte, s Tc ^^ rv^zv
Km-r-»«7 ein von der heiligen Schrift verordneter Eid. n"-cv = srn — ji Schuldschein,
o"^ = -5"3 'zb Schreiberlohn, ü'"'» = Verordnungen der Gemeinden Speicr, Worms
und Mainz, welche durch die große Rabbincrversammlung in Mainz im Jahre 1245
zur Norm erhoben wurden, »'n = rr.—^'v ypn Urkundensanunhnig (Formulare). 2 'n
=r ;-s3 ^s:n doppelte Bedingiuig.
- Über dieses Werk des Gäon Häja, welches h> einer Petersburger und in
einer Oxforder Handschrift vorhanden ist, vgl. meine Abhandlung »Kitäb Tasnif Beth
Din« in der Festschrift, welche zum 70. Geburtstage des Herrn Geh. Oberregierungs-
rats ProfDr.'Sachau — 20. Juli IUI.') — . erschienen ist.
P'ufiis: Talmudisclic Rcclitsuikuiiden. l)i)
(liesciu UikiuulciiwcTke des Gaon llaja gar nicht vor. Don Al)si;hreiber (lilli
wohl keine Schuld, und es ist vielmehr auch für ihn geltend zu machen, was
Harkavy schreibt ': ü-'ÜTUn ItTX by nm p^n^^H by pbnJlb l;b ©^ ^3 DSI
r^^ibn^ a^:©"' a^sni p^ a^WEb p^n:?niD n^,DT T^by ^^bb bsiD "^bisi . . . niQD
B^TSaiÖia^ ■'"-'a ix. Eigentlich läge Ursache vor, um den Abschreiher
wegen der vielen Auslassungen zu tadeln . . . vielleiciit aber verdient er
sogar verteidigt zu werden, hat er doch gewiß des öfteren aus alten, zer-
rissenen Heften oder aus verlöschten Handschriften abgeschrieben. Nur aus
dem Dokumentenbuche des R. Jeluida ben Bai-silai erfalu-en wir, daß i5rib5"^"l'C
ein Dokimient bezeichnet, in welchem irgend etwas, betreffs dessen ein
Verbot bestanden hat, wieder ei-laubt wird. Vgl. Sefer Haschetaroth, S. 2
und 134: "j-^T Tr^n p^DorTü pD 5?iw Kns?-^n© 2T\D siü ^2>^fflr,n npsm
XrX^-lO nriD n-^npn X-^n in^in iniX n^nn© anD, d. h. die neimte der von
den späteren Gesetzeslehrern eingeführten Urkunden ist die Zulassungsur-
kunde, tmd sie kommt in Anwendung, wenn der Gerichtshof oder die Mit-
glieder einer Hochschule oder die Ältesten der Gemeinde betreffs einer Sache,
die bis dahin verboten war, betreffs eines Gebrauches, der unzulässig war,
übereinkommen, jenes Verbot aufzuheben, jenen Gebrauch zuzulassen.
Das Sefer Haschetaroth zählt außer den durch die talmudische Ge-
setzgebung bedingten dreiundsiebzig Dokumenten auch noch zehn andere
auf, die von den nachtalmudischen Gesetzeslehrern eingeführt wurden. Zu
dieser letzteren Gruppe gehört auch die XnX'^lü. Vgl. auch aram. X"ltÖ er-
lauben. Eigentlich ist die XnX^ltÖ keine Urkunde im ena-ern Sinne des Wortes,
O TT": O '
bei Jeliuda bar Barsilai wird sie auch nicht "lalÖ, sondern nur ITi'D »Schrift-
stück« genannt. In die Kategorie des IflD gehört ferner:
1. "'13"''52 UPS Das Ernennungsdiplom. S. H. S. 1.31 definiert
es folgendermaßen : Tt^'^XO^ lÖXT aH^^b^ n^TCinb nb^D na-^lS^n ^"7^12© pTl
Vnn^Di x^ü: ix ]^^^ ix )pf ix irxi arr^by niDüb ibiD bjipn a^^so:© ix
i-^n^iri an-^by inir'a "rx-^n icxnn ^,nixb -ir-a nnD "j^isiyi i^'anini abiD
niDTbi rt^xib Tcxnrr inixb x^.nn nnsn xn^isi rbx i'-yiiiö:, d.h.: Wenn
sämtliche Mitglieder der Hochschule beschließen, ein Schuloberhaupt über
sich zu setzen, oder die ganze Gemeinde kommt überein, einen Vorsteher
oder einen Ältesten oder einen Richter oder einen Exiiarch über sich zu
ernennen, so unterschreiben und unterzeichnen alle, man händigt jenem Vor-
gesetzten das Ernennungsdiplom ein, in welchem ausgeführt wird, auf welche
Weise sie ihn über sich ernannten, und damit sie ihm geliorchen, und damit
das Schriftstück jenem Vorgesetzten zum Beweise und zum Vorteile diene. —
Jehuda bar Barsilai bringt den Text eines solchen Diploms auf S. 7 seines
Sefer Hasclietaroth, und die Übersetzung dazu findet sich in meiner Abhandlung
in den W^estasiatischen Studien a. a. 0. — An einen ganz bestimmten Wort-
laut ist dieses Dokument nicht gebunden. Pls braucht sich nicht wie die
eigentliche Rechtsurkunde an eine festgelegte Formel zu halten, wie z. B.
1 Studien und Mitteilungen aus der kaiserlichen üUentlichen Bibliothek.
IV. Teil. Berlin 1887. S.VH.
7*
100 FiHH.s: Talinudische Keditsurkmiden.
(He ForiiK'l »wir lialicn die Adrakta vernichtet« den unerläßliclieu Bestand-
teil einer Tirpa-Urkunde bildet u. ä, — Und ebenso verhält es sich mit den
folgenden nenn Doknnienten, ihr Wortlaut kann von F,ill zn Fall wechseln.
2. r'^l'lS'^!? 3r2 Das Absetzungsdekret. Ul)er die Umstände,
unter denen dieses Schriftstück erfolgt, vgl. S. H. ib.: rT'btD* ']"'1''SyttTJJ 'j'^W
n^T^nrb y.z-^ n^n ^'."cr ^^2 cb^c^. n:cc y^^ ^s n^ry^^c "^ict i^w
nnTüü nb^nj nniST mic rrr'^sii inTi^nyn Ts^n "Tay nrj n^by ".anr,
Vrnin'', "^-nay ana nnix '-^aniai ^^J? n-^bx aTC^ xb»i pb mip na
pTa v^i^'^^ ^s:nn "^e by «n^Tsn "»x-i is bnpn "«xn n^by, d. h.: Um
einen Voi'beter oder einen mit dem Verkauf von rituell geschlachtetem
Fleisch betrauten Metzger oder einen Torarollenschreiber, an denen man
etwas Unwürdiges fand, abzusetzen oder sogar, um — was Gott verhüte —
einen Richter von schlechtem Rufe, der zwei- oder dreimal sich dessell)en
Vergehens schuldig machte und die Gesetzeslehrer bezüglich seiner Ab-
setzung einen Beschluß gefaßt haben, stellt man das Absetzungsdokument
aus. In diesem werden die Gründe aufgeführt, weshalb er jenes Amtes
enthoben wurde und von jener Würde, die er bis dahin innehatte. Um
ihn von selbigem Amt in der Zukunft fernzuhalten, schreibt man unter
Aufzählung der zugelassenen Bedingungen das Absetzungsdekret, und die
Spitzen der Gemeinde oder die Vorgesetzten des Lehrhauses unter-
zeichnen es.
3. Sr:pP. nro Das Statut. Vgl. S. H.. S. 131, über die Einrichtung
des Statuts: "»sa IS »i^iion ^:a IX na^©^ ^s bnp nsi n^ry ra'^Dcnm n^a s^n
cnbc »nnTsa "^s noran n^aa ",i5 cna^is^a ^s T^ya n:pn m©3?b nossn
ara y^rra p^2 nbs paa bsno^b n;ph r^iryb i'a^Dcno n^a-^c^ ^CiJi ix
■na imxan n:pn nn^sa y iisn ba anaa e^nnnb ^'o^acn dxi ... n:pn
'{"''ü'^irTQ , d. h.: Wenn ein Verein oder eine Gemeinde oder eine Hochschule
oder die Zöglinge einer Lehranstalt oder die Besucher einer Synagoge für
ihre Ortschaft oder ihre Synagoge oder ihr Lehrhaus ein Statut einfuhren
wollen, oder die Oberhäupter der Hochschulen beschließen, für die ganze
Glaubensgemeinschaft eine Institution einzuführen, in diesen Fällen schreibt
man das Statut. Lautete der Beschluß dahin, daß man die Übertreter jener
Verordnung und jener Bestimmung mit dem Bann bestr-afe, so wird auch
dies in dem Statut erwähnt.
4. Ty^TCClS ana Das Ordinationsdi])l()m. In alter Zeit erfolgte im
heiligen Lande die Ordination durcli das Auflegen der Hände auf das Haupt
des Schülers. Man sah in Josuas Berufung ein Vorbild für diese Form der
Amtseinsetzung, denn es heißt: Mose legte seine Hände auf sein Hauj)t.
Mit andern Vorrechten ist den Gesetzeslehrern Palästinas später auch das Recht
der Ordination mittels Händeauflegen entzogen worden, und die Amtsein-
setzung geschah mittels eines Diploms. Vgl. S. H. 8. 132: "J^aiaiCÜ ^^^ ^^-^
an "S Can "X -^ai Xnp^'O Cn^-abrn p nnsb, d. h.: Dieses Schrift-
stück dient. dazu, um einem der zu ordinierenden Schüler den Titel Rabbi
oder Chacham oder Rab zu verleihen.
Fuchs : Talinudische Rechtsurkunden. 101
5. "^2^?^ ins Das Protokoll. Es kommt zur Anwendung laut
s. H. ib.: iniüy''5 nn^r by ns^iö'^n is niy -^spT ix ^^ ^^^ ^^'a'^^ü'Qin pD
wenn der Gerichtshof oder die Gemeindeältesten oder die Schuloberhäupter
betreffs irgendeiner Angelegenheit eine Verabredung treffen.
6. XpnB"^ 2ri3 Die Bekanntmachung. Diese kommt in An-
wendung a) wenn der Gerichtshof oder die Gemeindevertretung eines
Ortes nach einem anderen Orte eine Bekanntmachung gelangen lassen will,
l)) wenn der Exilarch einen Richter autorisiert, damit dieser irgendwo
Recht spreche oder über religiös Erlaubtes und Verbotenes die Glaubens-
gemeinschaft belehre, c) wenn die Mitglieder der Hochschule jemand
eine Vollmacht erteilen. In diesem Falle heißt das Dokument SpPD^
smiTöm. Vgl. s. H. ib.: spns^ ^'ani5 pTöbn nin-^b« is »To^tö ins, d. ii.
XpriS*^ Itezeichnet im Aramäischen den schriftlichen Nachweis oder auch
den Beleg für erhaltenen Auftrag. Ganz deutlich läßt sich eigentlich der
Begriff SpriS"^ nicht definieren: auch zitiert Jehuda bar Barsilai a. a. 0.,
8. 134 M. 135 verschiedene Auffassungen über das Wesen dieses Doku-
ments. Um so w^ertvoUer darf uns folgende bei Harkavy a. a. 0. S. 80
erhaltene Ausfiihrung eines gaonäischen Responsums erscheinen : ÄÜDlSfl
Viöisia pT sni3S^n"f xpn& n'^'an« pübn inis "j^xmpi ma-i mj"^».
N:xn 'bD -13 'bsb n^3^3T2 ssros
rr^b «Dn^jT^'i 'bs snnxn
nsTnn'^sbi -^r^r p^'ab j^misn
«TD^x^n snxia^i ■^b^'a bs by
sb"j )iai2 bDi ^-^ms rr^bm^ xTnm
n^b n^s JT^iös: by i^r^i b-^np^
nfflT^i ims "i^BiD i'^nb T^bs ©j^ sbia yni»: dx htd "^irTQ nn-^n iö^tö ^'Q^
Xirt blljn ^-^l n->n2 ^3 inyintJ b:? iniX "J^pb^n rSSb, d.h.: in Babylonien
(Irak) ist es Gebrauch, daß der Große Gerichtshof die Richter für jeden
Ort ernennt. Diesem Richter stellt man den Bestallungsbrief aus; aramäisch
heißt dieses Dokument: S!n^3i5^'^'^ iipriS, und hat dasselbe folgenden Wortlaut:
»Wir setzten A, Sohn des B, als Richter ein, mit der Be-
fugnis für den Ort X. Wir erteilen ihm die Vollmacht, Recht
zu sprechen und zu erkennen über alle religiösen Vorschriften
betreffs des Verbotenen und des Erlaubten und betreffs dessen,
was Gottesfurcht betrifft. Auch steht ihm die Befugnis zu,
gegen jeden, der sich seinem Urteil nicht unterwirft, einzu-
schreiten, wie gegen jemand, der sich strafbar erweist.«
Einen Richter, der einen solchen Bestallungsbrief in Händen hat,
kann man nicht ablehnen, indem man schwört, nicht vor ihn zu treten,
vielmehr zwingt man den, der einen derartigen Eid geleistet hat, vor jenem
Richter zu erscheinen, und wegen des imerlaubten Prides wird die Geißel-
102 Fuchs: Talmudischc Rechtsiukuiiden.
strafe ni)er ihn verhängt. \'gl. auch Ilarkavy a. a. 0. die Anmerkung
zum Rcsponsum. Nummer 180, auf S. .'555 fV. u. S. 39ti. Zui- Ktymologie
vgl. auch prE. Tztmcytcv. SelireibtalVl.
7. iT'nxn uro Es ist dies eine Art gerichtliche Kinl)erufung, docli
berichtet S. 11. nicht khir über this Wesen dieses Dokuments. Auch die
vorhandenen Wörterhiiclier gel)en keinerlei Aufschluß. Sollte nicht fiir die
Bezeichnung dieses Schriftstückes irgendwie auch das Wort (T^nS »Löwe«
im Sinne von Siegel maßgel)end sein?' Vielleicht ein Dokument, das luj-
hedingt gesiegelt sein nuißte. Auf dem Siegel des CJaons war nämlich
ein Löwe gezeichnet. Vgl. meine Abhandlung in der Sachau-Festschrift.
8. npTD Sro Das Ersitzungsdokumen t. Auch betreffs dieses
Dokuments scheint keine Klarheit zu heri-schcn, so bringt S. IL a. a. O.
zweierlei Auflassungen über seine Anwendung. Wenn jemand ein Feld
oder eine Summe während drei Jalueu in seinem Besitze hielt, ohne daß
von irgendeiner Seite dagegen Einspiuch erlioben wird, so wird er nach
Ablauf von drei Jahren rechtmäßiger Besitzer des Feldes und des Geldes,
und um diesen Besitz gegen Eins])ruch zu schützen, erfolgt durch den
Gerichtshof oder durch die Gemeindeältesten das SlpTri- Dokument. Es
dient nach einer anderen Auffassung dazu, um das Vorrecht eines Exil-
archen. eines Vorstehers oder eines Richters geltend machen zu können.
9. SPiJ'^n'O DIHD. von dem im Eingange dieses Abschnittes die Rede ist.
10. XrTJ"'"© Drs Die Vorladung. Mittels dieses Dokuments
üben der Gerichtshof, die Gemeindeältesten und die Hochschulen ihr Recht
aus. irgendeine Partei vorzuladen. Ist jedoch die vorgeladene Partei nicht
erschienen, so wendet man das Petihadokument gegen sie an. Über rirr^HE
vgl. meine Abhandlung in den Westasiatischen Studien a. a. O. S. 83 ff.
Außer diesen zehn Dokumenten zählt S.U., S.2 u. 135. noch fünf andere
auf, durch die eine Art Polizeigewalt — )n2 n*T15 5p^ — ausgeül)t wurde.
a) i?rXL3"",5 prs*^ bezeichnet das Schriftstück, auf welches die fiir den
Bann erforderliche Fluchformel — SHüil-lb — geschrieben wurde.
b) SnrE 2nD Diese Urkunde des Eröffnungsverfahrens findet An-
wendung gegen eine vorgeladene Partei, wenn letztere vor dem Gerichts-
hof nicht erscheinen will, um dem Kläger, der einen Schuldschein einklagt.
Rede zu stehen, über dieses Dokument belehrt uns Talm. Bal)a Kama,
fol. 112b. Vgl. auch meine Al)handlung »Talmudische Rechtsurkundeu.. in
den Westasiatischen Studien a. a. 0. Kap. 111.
c) SriTatJ ar.3 Protokoll, welches der Gerichtshof im Momente des
Bannsj)ruches über den vorliegenden Fall aufnimmt. Es scheinen auch
betreffs dieses Dokuments verschiedene Gebräuche bestanden zu iiabcn.
Vgl. S. IL S. 136.
d) Si'^IID 3rD Dokument über Verlängerung der Bannfrist.
e) ninn SHD Dokument über Aufhebung des Banns, wenn der
alsf) Gemaßregelte sich den Beschlüssen des Gerichtshofes fügt oder ditv
Abtrünnige wieder Buße tut.
' l';irs pro loto.
103
Abu Hiläl el-Askeri, Das Kitäb »el-mu gam fi
baqijati l-esjä'«.
Von (). Rescher.
Von philologischen Monographien aus der arabischen Literatur liegen bis
jetzt — abgesehen von den Schriftchen des Asnia'i — nur zwei : das addad-
Buch des Ibn el-Anbäri (ed. Houtsma) und das von Sacliau herausgegebene
K. el-mu'arrab des Gawaliqi, vor. Da nun das vorliegende monographische
Werkclien ein Unikum darstellt, von dem sich außer der Berliner Hand-
schrift (Ahlwardt 7052 ^ Spr. 982) in Eurojja kein weiteres Manuskript
mehr findet, und das auch in den Bibliotheken des Orients gänzlich zu
fehlen scheint, und wir außerdem keine andere .Scln-ift besitzen, die den in
Frage stehenden Stoff selbständig gesammelt und zusammengestellt hätte,
so schien mir eine, stellenweise allerdings etwas gekürzte, "Wiedergabe des
Werkchens sich schließlich rechtfertigen lassen zu können. Dazu kommt,
daß von dem Verfasser, der als eine Autorität auf dem Gebiet der 'arabija
galt, l)is jetzt nur zwei sehr mäßige orientalische Drucke vorliegen: 1. das
K. el-amtal (a. R. des Maldani und selbständig in einem Bombayer Druck)
und 2. das K. es-.sina'atain (Konstantinopel), besprochen von Paul Schwarz
in den MSOS., so daß also eine Veröffentlichung dieses Schriftchens als
Beitrag zur Kenntnis seiner literarischen Tätigkeit nicht unerwünscht sein
dürfte. — In bezug auf die Wiedergabe sei noch bemerkt, daß der eigent-
liche Inhalt sowie die immerhin nicht uninteressanten sawahid un-
verändert beibehalten worden sind; Kürzungen habe ich mir — abgesehen
von den oft weit ausholenden Isniids — nur da erlaubt, wo der Verfasser
aus philologischem, sei es lexikalischem oder etymologischem, Griijidlich-
keitsinteresse bei den jeweils abgehandelten Wurzeln Material beibringt, das,
in keinem notwendigen Zusammenhang mit dem eigentlichen Texte stehend
und weil auch in jedem Originalwörterbuch zu finden, mir deshalb un-
l)edenklich wegfallen zu können schien. — Bemerkt sei noch, daß die An-
ordnung des Ganzen nur nach den Buchstaben, nicht innerhalb derselben
alphal)etisch ist. Einzelne, unserm Text analoge Stellen mag man zur \'er-
gleichung in dem K. tahdib el-alfaz nachlesen, so S. 532 — 537: »111 i ^"^ic C-^-
X^ dX^C U- J^^J <^'^JJ viAdiai iLJlj (^^^ ^ ^-^'1^ »iii^ U-
^^ Je i;>j U^V "Vl^j Xj j^ L ^rp"jlji .;. o-ji:^! 4jTj
^^^il jUl ^'5 ^\ jiil ol>- J^ c^>^\ '<^_J\ ^ yj W
;jU\ ;!u,j ^UiVl :>^ Jl c5^)il f^^Vl ö>^ j^l jlU -h^I '^\j^
jUl V j5 u^'Vl Ij W^Vj J^^\ f'l/"^ä* >^^ "^"C-? o-^^ ^?^" ^
_^J ij\^J jLJ j[;ia^ JLjVI "Ci9j aIU C-^ t_^ *^1 Jj Jij
.-. ^ aJIj j^äJÜI Öj^^ "^^ l^ ^ j! «-^^y cÄ-alj kJu2, ^1 jU .%
.«Jl l>^r^lj V frl^l (vi'lc Ij frUJÜi i j»J^ f^; worauf er fragte: Woher
bist du;' Und ich antwortete: Von dem »ahl el-Basra«. Da meinte er:
Sind deine Genossen alle gleich dir? Ich aber versetzte: Ach nein, ich bin
nur ihrer geringsten einer. Jener aber fuhr fort: Heil den Leuten, aus
deren Mitte du stammst. — Es berichtet ferner abü Ahmed von abü Ciaz'
» Text: JL». 2 Wohl besser: J-9.
ä Auf den von M. Ilartmann (Zeitschr. f. Ass. XIX) festgesetzten Unterschied
von aljbaranä und haddatanä bin it-ir in dein Übersetzten nicht weiter eingegangen,
da die Differenz hier zu unweseiitlieh ist.
* Text: jlj5j (ziemlich deutlich); SojutI, Bugjat 324 9 v.u.
'■ Add. Soji'iti a. a. 0. ; -er überlieferte \on el-Mä/ini und er-Rijäsi. Er lebte
zur Zeit des Mubarrad und schiieb die aqsäni el -'arabija und el-gawab el-nniskit.«
Rescher: Abu Hiläl el-'Askeri, Das Kita!) imigani fi haqijati 'l-esjä'. 105
von abü-'l-AiiuV von el-A^ma'i: Es sagte mir So'ba: Bei Allah, hätte ich
vordem deine Stellung [d. h. deine Kenntnisse in der 'arabija] gekannt, so
hätte ich mich dir angeschlossen. — Weiter berichtet Ibrahim b. Mnnda von
'Abdallah b. 'Omar: Ich hörte (eines Tags) den 'Abderrahmän b. Malull, wie
er sagte: Nie hat mich etwas so gereut in meinem Leben, als daß ich die
'arabija nicht [ordentlich] erlernt habe; auch soll Öo'ba gesagt haben: Er-
lernt die 'arabija, denn sie erweitert den Verstand. — Abii Bekr el-Anbari
berichtet von Bisr b. Miisa von Abu Bilal el-As'ari von Qais b. 'Asini von
Mu'arriq: Es sagte zu mir 'Omar b. el-Hat|ab: Lernt wohl die »fara'id« und
die »sunan« und »ellahn« ', so wie ihr auch den Qorän erlernt. — Ferner
berichtet Abii Ahmed von seinem Vater von Asal b. Dakwän von er-Rijä§i
von Müh. b. Salläm: Es sagte 'Otmän el-Batti zu el-liasan: Jo-j ^j Jyo U
-C^i-s (j <-ä£-j? worauf dieser erwiderte: tjic-j J^» j »iAiU cU^^ <-^j U.
Infolgedessen sah el-Batti später sich in der 'arabija um imd eignete sich
die klassische Sprache an [sAra fasihan], wovon er (hernach) den Beinamen
^^1 erhielt. Abu Ahmed erzählt von Moh. b. Jazid von el-Qäsim b. Ma'n,
ich sah (sagte dieser) den Däwud et-Ta'i mit abü Hanifa in der Frage einer
zu emanzipierenden Sklavin [»/-^l]^ im Gespräch, wobei er zu diesem
sagte: Im Zustand der Freiheit oder der Sklaverei? j\ L^jj^ JU- ^jl]
rl^I) j^l Jlc- (j ohne daß es jedoch abü Hanifa verstand. Weiter soll — nach
abü Sa'id el-Hasan b. Sa'id ^ — abü '1-Hasan el Karhi sich eines Tages zu abü
'Omar, dem Genossen des Ta'lab begeben haben, um sich mit ilnn über
Fragen aus der 'arabija, die er für juristische Studien brauchte, zu be-
sprechen. Da sagten seine Freunde zu ihm: Du bist der Imam der Mus-
lims; wie magst du zu einem Imam der Mu'allims dich begeben? Da
meinte er: Wundert euch das? Sie bejahten die Frage, und er entgegnete:
\'iel eher könnte man sich doch darüber wundern, daß ein Imam der Mus-
lims nicht weiß, was ein Imam der Mu'allims versteht. — Abü Ahmed be-'
richtet von 'Ali b. el-Husain von Moh. b. Zakanjä' von Ja'qüb b. Ga'far b.
Sulaiman von dessen Vater Sulaiman b. Ali b. Abdallah von Ibn 'Abbas von
el-Abbas, daß er sagte: Ich fragte den Propheten, was ist die Schönheit
1 Es sagt [unser Autor] abü Hiläl: el-laljn = el-luga; so sagt man: hädä
bi-lalm bani Temhn ai bi-lugatibim; ferner: sanii'tu Jahn et-ta'ir wa lagwa tta'ir.
Der Dichter sagt: [Basit] (vgl. Lis. 17/205).
••• jli lob ^ y^ O^^iJ. ö^ c$ji J J^ ö-^ J^ ^\ •*•
und abü Abmed rezitierte: [Käniil] (vgl. Lis. 20 119: j»^ (Jf ^J«)
.'. J^\ [ji^] yi J^j A^\ JJ . . . . ^jlj> jjs^ frU~j *Jj>\i .%
2 Text: ^-^J^'l; [*]^"^ ist ein(e) Sklave(in), der (die) nacb dem Tod seines
(ihres) Herrn frei wird.
•^ "Meines Vaters Oheim» kennzeichnet ilm der x\utof.
lOti Iüescher: Altii llil.il el-'Askeri. I»ns Kit;il> iinig;iiii l'i liaiiijati l-csj;'! .
heim Manne!* Da antwortete er: Die Heinlieit [Korrektheit] seiner Sprache.
— Ks satrt ferner der Verfasser: Ks herichtet Bekr 1). 'Ahdalhih el-nmhtasih
[der -Polizeimeister-] von seinen) Vater von INIoh. i). el-Fadl von Isma'il h.
Sa'id el-Kisa'i von Moli. h. el-Hasan von JSufjän et-Tauri von al)ri Hanifa
von !\tä b, abi Habäl.»: Ich sprach eines Tages, berit.-htet der Gewährsmann,
nnt neuen Gewändern (angetan) bei 'Omar vor, der zu mii- bemerkte: Die
fürnehmste Virtus eines Mannes besteht in der Sauberkeit seines Gewandes,
dann in der Korrektheit seiner S()rache, dann in dem Anstand seinei" Lebens-
weise, weiter in dem Studium der Reh'gion Gottes und in der (aufrichtigen)
Liebe zu seinen Dienern; denn diese Tugenden sind die beste Gabe Gottes
in dieser und jener Welt. — Ks sagt Bekr b. 'Al)dalläh el-inuhtasib von abu
'Awäna ^loh. b. el-Hasan el-Basri (als sie sich) im Hause des Richters Isma'il
b. Ishäq (trafen): Es teilte uns Mob. ben Sali! cs-Süsi von el-Asma'i von
'jsa b. 'Omar ennahwi mit: Ich kam nach Küfa. ej-zählte er, als abu Hanifa"s
Name dort in aller Munde war. Da begab ich mich zu ihm, als eben
Jemand bei ihm war, der an ihn eine Frage stellte. Abu Hanifa beant-
wortete sie. indem er sich dabei eines fehlerhaften Ausdrucks bediente
[lahana fi kehunihi]; da sagte ich zu dem Fragesteller: So ist die Sache
nicht ganz richtig. Da schaute er [abu Hanila] mich an und, indem er
meiner Beanstandung beipllichtete, korrigierte er sich selbst, bevor ich noch
weiter zu Worte kam: dann lud er mich (zum Essen) ein, und ich nahm
diese Einladung auch an. Als wir nun gespeist hatten, da begann er die
auf der Erde liegenden Bröselchen aufzulieben und sie in den Mund zu
nehmen, während er die Speisereste zwischen den Zähnen entfernte und
ausspuckte; daraufsagte er: jKai\ ^\j -«c-yl Jj ' (Iß die Brosamen und
entferne die Speisereste]. — Es berichtet ahn Ahmed von seinem Vater von
Äsal [I). Dakwan] von Ibn abi 'ssari von Damra von 'Ali b. abi Hamala: Es hörte
'Abdel-malik b. Merwan den JJ'ilid ^- t^
» Ein Hadit vgl. Lisiin 10 128 iilt.: J^\ ^y-j^^J ^ _^\ ^J^ • ebenda
15/354/6 V. u.; ferner Lanc 24221).
'^ Ji'xn'it I 35.
^ Ahn Hilül, unser Autor, sagt: Der lafnin bedeutet liei einem Kleide die
(teils) f»^ine und (teils) grobe Webart.
Rkscukk: A1)Ü Hilal el-'Askeri, Das Kitah iim'iaiii fi l)a(|ijati "I-esja'. 107
— Ferner teilt Ahmed b. Kämil von ahü '1-Aina' von el-Asnia'i mit: Icli
trat, sagte dieser, bei er-Rasid ein, da fragte dieser mich: Was ist das Beste,
Asma'i, das du über die Bewertung der Sprache in Erfahrung gebracht
Jiast, da sagte ich : F.s gab ein Beduine (auf dem Totenbett) seinen Sölinen
folgenden letzten Rat: Meine .Söhne, sagte er, belleißigt euch einer korrekten
Sprache; denn an ihr hat man im Unglück einen Schmuck; und mag man
bei seinem Bruder ein Reittier, bei seinem Nachbar ein Gewand sich borgen,
so gibts doch niemand, der einem seine Zunge (Sprache) leihen könnte.
Auch bei'ichtet er [der Verfasser] : Eines Tags hielt ]l)n Tawaba eine Rede,
indem er zuerst sehr pretentiös sprach (taqa"ara) und darauf (auch noch) sich
unkorrekt ausdrückte (lahana), da sagte abü '1-Ainä': Zuerst hast du dich so
gewählt ausgedrückt, daß ich vor dir Respekt bekam, dann hast du [deine
Fehler] aufgedeckt, so daß ich gegen dich Abneigung faßte: 1>- ^j»a!^\
FtiALic- ^[s» C«Ä-lxr ^ (iAlÄ»- . — Abu 'Omar cl Isbahani erzählt von Moh. b.
Idris von Ibn el-Ga'd von So'ba folgendes: Ein Traditionarier, der die Gram-
matik und die 'arabija nicht (recht) kann, gleicht einem Reittier, dem man
einen Futtei'sack vorgesetzt hat, der — leer ist; und ferner teilt er [d.h.
der Verfasser] uns von Niftaweih von Ahmed b. Jahja folgende Verse mit:
«? "11
Dazu rezitiert der Autor noch von Ibn el-Kufi:
Ferner teilt der Autor von es-Süli mit Bezugnahme auf Moh. b. Mahbul)
von abu Amr b. el-'Ala mit: Dieser kam in das Haus des Zubair, den (öft'ent-
lichen) Mehlspeiclier von Ba^ra und las dort auf einem der Mehlsäcke eine
Aufschrift: Für »der« Herr Soundso (li-abü fulan). Da sagte er: Wunder-
lich! Man macht (hier) Fehler und verdient (trotzdem) dabei Geld [vgl.
Mostatraf 1/65]. — Weiter teilt er uns von es-Süli von Amr b. 'Abd-ei*-
Rahmän es-Sulami von el-MAzini mit: Abu 'Amr b. el-Alä hörte den abü
l.Ianifa in einem Vortrag über Fiqh, wobei er sich sprachliche Schnitzer zu-
schulden konnnen ließ. Seine Gedanken fand er zwar gut, al)er seinen
Ausdruck schlecht. Da sagte ich [sprach abü 'Amr] : P^r wäre ein vorzüg-
licher Redner, wenn er den richtigen Ausdruck fände. Darauf sagte er
dem abü Hanifa: Du hättest eine Verbesserung deiner Sprache nötiger als
alle deine Zuhörer. — Es-Süli erzählt von el-Asma'i von abü Ann-: Abü
Ilanifa erzählte mir etwas, da sagte ich: ^^ i-^; er [verstand es aber
nicht] fragte: Was soll denn ^^' heißen? Drob verwunderte ich mich sehr.
— Es erzählt ferner der Verfasser von seinem Vater von 'Asal b. Dakwan
von Ibn Öabrama: Nicht kann ich ein schöneres Kleid auf dem Weibe sehen
als (eine) Fett(schicht) vmd kein scliinieres Gewand auf dem Mann als eine
reine Sprache (fasaha), deren Erlernung (d. h. Kenntnis) den Untei-schied
zwis('li»-n klein und gi-oß aufhebt und einen des Umgangs mit Fürsten wert
108 RKsriiEn: Alni Hiläl cl-'A>keri, Has Kitäh inu'gaiii ("i hnijliati "l-esjä".
macht. Von el-'AMna i erzählt der Vei'lasser fernci-: Kiii Heduiiie, l)orichtet
dieser, hrtrt eineui Gespräch zweier Männer zu, von denen der eine seine
Behauptungen (noch) fehlerhat'ter (in der Ausdrucksweise) vorbrachte als
der andere, da meinte er: Ein(e) deutliehe(r) Ausdruck(sweise) ist (wie) Seh-
kiaft, Unvermögen (des Ausdj-ucks aber) Blindheit, f^*^ tV^-? j~^ j^U *
Abu Bekr b. Ahmed b. Sa'daweih berichtet von el-Asma'i von 'Isä b. 'Omar:
Es sagte eines Tages jemand zu el-Hasan : Ich bin der, welcher die 'arabija
am reinsten spricht; da meinte dieser: Sag nicht also! Der andei-e aber
fuhr i'ort: So versuch es einmal mit »ein« Wort FöA^lj aP it Jki»t5|;
da meinte jener (trocken): Das genügt mir schon [o-U>: J^jl*!
So, fährt der Autor fort, ist es zur Evidenz erwiesen, daß ohne eine
genaue Kenntnis der 'arabija in Wort und Schriil ein Wissen (welcher Art
inuuer) nicht erlaugt werden kann, weder in den Dingen der Gähilija noch
denen des Islams, und daß ihr Verständnis ebenso not tut zur Briefschreibekunst
( JJly) wie zur Rezitation von Gedichten oder Ausarbeitung von Predigten ;
und das Beherrschen ihres Wortschatzes konnnt ebenso der Nüancienuig
des Ausdrucks zugute, wie auch der Schriftsteller, der auf guten Stil hält,
dieser Kenntnis bedarf, um gewählte Redeweisen anwenden und gewöhn-
liche Ausdrücke vermeiden zu können; dann schließt der Autor seine Ein-
leitung:
y~ ' f ' . ' .'' -J-
^1 p5«i| t-^ /j» A-i ; z. B. sagt man öjV\ U- ,JjV1 C-^*^
[vgl. Lane 19c]; nach abu 'Ubaida dAlj ^li j& j»>tJl- ^Jj;^- It ^^Vi C-^-
— Auch Quran 46/3: }£■ /y «jl| j\ — wird entsprechend durch <^
erklärt. [t;brigens sind hier mehrere Varianten : Es-Sulami liest oj \ und
el Hasan öj\, welche drei Lesarten el Farra' alle gleichmäßig mit - sein, er
zitiert*:
.-. ^LÄT^ jU| C^^ AÄJ i| «LA*- LJÜl ijy>\ C-J[ oder -ü)| -lij .-. [Jj_^]
(3) c^ oli til a! y^ ^ JU- jUsj ^1^ U-V3-ij[jJ -^ <^
.... JjVl fUi Ja UJ jg
3 Kdbem. : So (mit zwei Dammas) nacli dem Qämüs = ^3**"' " ^"•^'^ ^'"
4 c
AVädi im Yenien ~ und [= ^^^l ]: Rest von Fett.
* Lis. 16 156. Nach el-Farrä' von Sa'd b. Zaid INIanat.
= Zm- Form vgl. öy\ - oAt [Wright, Gr. I/lllA].
6 Text: jZ (deutlich).
" Lis. 13/17; Doraidll2; Jäqüt 1/96 [Ujlj JaJ.
8 Nach Kosegarten 148 vielleicht auch Mälik b. Hälid el-Hunä i [^^ ^ ^
3^J; How. 11343: Abd Manat el-Hudali [^IVl J<^ (^^ *»]; vgl. Lis. 6/98;
ebenda 4 137. 2. Halbvers: ebenda 7/316 und 17/146 [^J-- aJjI"].
. . . <<^ L. c^j^l Vj u^l 3jj ^^ u-Vl ji ^;i^Vl ^CLii ji j^
10 Nämlich el-A'sä; Lis. 18 30; 2. Halbvers: Lis. 18,31 und 32.
110 lx^^tllKli: Al'ii Uilal cl-'A>krri. \h\-> Kil;ili iiitiVrani (i It.niiiiiti l-oViä'
(fi) wVl 1= öX\i\ Jfr ^UaJ\ J^ Jr- L.|. N.icli aliil Hekr liesteht
diVse Speise aus tMiu-m (icmcn<;e von Mehl, Datteln iiiid Milch; sie wird
.•iiicli J^^\ <^ -eiiannt. [Lis. 18/39: L.j-1 ^\1a\.
c i. '■
(7) tf- VK Nach ci-rniawi ist ^\ ■= L I (alter nur speziell von Kleiscli].
11. (8) Jju^Jl |-^- -^-5 vl-^"j t-t'Vl J J-' -^ly-^n ^i j. Kl-IJirniazi
[Kliigel S. 54] fuhrt folgende Redensart an : ^lu>j ^c jyi o^^, die er wie
, ? „ ^ ^ «< ^ «
folgt erklärt: plsi^^! J;^j| <^^^ U^^ -ülj _j ^^ftp" ^Jr^\ jV "^^--J ^^^w-
^^ J- tU.' J^ V AjiJSl« (_$\ 4,Ul) A^J ^_^Lij etlil o^_ j^^'^ jV c>-i>
die I\'. Form w iid von den Leuten in Negd auch gehraueht wie ^^^JllX^l
im Sinne von llr>t-i? und Liäs»-; ferner kommt die Form auch im Sinne von
c
U-1 VOI-: so sagt dei- Dichter':
(H) Cjdl [=: öj*>V:Jl = Ol"^^ ^] (vgl. Laue ol4h). Hier schieht der
Autoi' folgendes Geschichtchen ein: Jl» -L«>-. ^J ^\ Ax ^j -X^] y\ U—V»-
JktiiJ jJs- jJlZ. {£- ^-'J^-^ ^^ ,M* •— ^ ^ ö^-^^ i'l-r!" ^r^ J>^ *_i-a>'
vt j-"^ 3 ^~^ i^ a) ö^;-aJ*=-« e-^ (*^ Jl)l-i ^^1 ji lUUa> I ^"^ u!uAC-
Jläs e^' Jj^ ;»k^ J^l jjli>=i ^153 jöt j_^tV^ <:»-j!l ^LS" ^Ul. lj\s H^J
•'' Haiiiäsa (Brih'uj) 1/31.
•' Laue 205c inid Lis. 13/57: y*=>r ö ^»^^^Vl ü". «-A^ [Fuflieini : ^^^l/
-«- \ar. nach cl-tJauliaii] desgl. Talidil) 433.
» Nadi Ahfi Hiläl: Diminutiv zu *-^ |Viclilicid<- \nn 10— 20 Sliickj.
•'' Gcmisclit aus Ziegen luid Sdiafcn.
•"• =:z el Mangäsia. ein Dorf bei Basra. (.läiiüt IN (558. J
" Herrenloses Land.
" [= A>-ll nahmen [mir die Herde] weg.
'■' Vgl. dazu Lane K.KJOb. ^^'> [=1: <*-»-l' 1 wdhin sie sich wandten.
RtsciiKK: Abu Hili'il el-'Askeri, Das Kiläli iiiu'iaiii t'i liaijijati l-csjä . 111
..^ (^ - - ^ ^ . ^ . ^ , . .
<^i=" I V J- Jl i^i^^ '-5^^ f^. ^r-^i ^^ 1J:^U* Vj L^i^lj UUU-
(10) jj^Ül [man sagt so; G^-«^' V"* J^ * ^ ^^~'^ ^'^^ J^] (^'S'-
Lanc 9(Sb). Der Dichter Aus" sagt [Kämil] :
.'. jXJl ^^a" j_^l" p4''L-'l 1, l_5i^^J 1 ^/c=''^ ^ j\ C^_! •••
im Sinne von <~a> "^s^^-e ; daneben kommt dann das Wort aucli in der
Bedeutung von y<^s- oder ^^\j^ vor; so in dem Dieiitervers: [Wäfir]
.'.\j*.->- ^aJ« Z^j^\^ySi^ .•. und in der von »Blut" und »rotes Färbemittel".
(11) ÄiC^j;)! [r^ j-\3j\ yi J^' "V ^'>- j Vs^^ d^ '"^X (v^i-
Laue 305 c). Nach Ibn Duraid eine (uni)eachtete und) unbeweidete WeifhMi-
(Wiesen-) Fläche. — Es sagt dej- Dichter Kntaijir [ rawil] :
Im pl. viAfly (vgl. Laue 1/305 c) iiedeutet es (von P'raucn): /j>-j'J^ V l/'^ ^
* - . s "*- .
1^ jl <^L.i.
IV. (12) jyi\ [^- ^'^.
^ Vgl. Diwan 14/2.
8 Text <.9L.J (mit .i).
9 Tahdib: Jj^l j; iicjh d-1. 232.
1 rj KtMHKu: Alu'i Ilil.il i'1-Askeri, Da.s Kitäh iiiugaiii fi baijijati l-csjä'.
.'. J'ji\ ^i- ij^\ U^ir^J jl ^ \ ij^ Jm* ^Jf-^-^'V •••
iiiul ein anderes [Rege/.]:
iiinl [Kegez]":
(1.-5) ^y^l (= J^l j (»l-Dlj ^jJl U) ] (vgl. Laue 3541)). So
sagl n'''-'-l^""""'' [TawilJ:
V. (14) i-j^i = (^1 f^lj) }Jr U A.» .J^'l j* J^\ j ^_ U
(vgl. Lane 414a). Diese Wurzel kommt in zwei Bedeutungen vor; erstens im
Sinne von Aai und dann in doni xon »_^ : zu letzterem vergleiche den
Ausdruck: «0^1 - jA> [Lane s. v. f jW 1 und den Vers des abCi Esmä' h.
ed-Dariba [Lis. 14/360, Doraid 117 und Lane 4121) (var. El-Haufazan oder
'Atija b. 'Ufeif )] :
.-. \j.^_ jl UjU lj\ji C-trT 'I *^ *^^ ^^ C-jJs» Aä]j .•• [c-^i^J
{\W) ÄwäÄsJI [=r ]syj\ Ä.i) I (vgl. Lane 397c). Ein Dichter sagt
[Mutaqärib]:
Eine weitere Bedeutung ist die von [Baum- oder Zahn]stiun[)f, wozu von
dem Autor folgender ^'ers herangezogen wird [Kl-Härit b. Wa'la ed-Duhli] :
» Lis. 14/344 (nacli abü 'Ubaid), Text: ^U* und Taliijib 645; fiiili 233.
- Lis. 15/64. .... _*j
■' Mit Tesdid als licentia poctica vgl. Jji^l (_5 \j^^ sjf^ ""^ cT* ^
* Lis. 20 255 [var. C-.^I bl].
Ä ybj Jo-UÜl .JlJI ^13)1 jl ^^^^t-a)lj jli-| ^l_j.h ÖA^ _j)_l Jlj
. . . J*.^^ (^ ^j'^ (*v~*"> JIJJ J^^ *^ llftU-
6 Text ^.J^r--
\ Li3. 14/355; ebenda 1/448 [T. erklärt: jy^\ dj^J C>ß j'^-»- j Vi cfl]-
Kes(iikk: Abu Ililäl cI-'Ai>ken', Das Kiläli inugaiii fl bacjijati l-esjä". llo
(16) '^\>^\ |^*=n^l J^ UJl]. M. licißt OS [^l^-C'Vl jl^l^. J|
rolgeiuleniiaßcn : U-JJ l^jUl ^j^^j ^j^ l^LoJ Jp li .
VI. (17) OULsÜI [= ^^jJ6\ <^]; so sagt ein Dichter [Tawil]:
i^\^ ^j t^Ui- - öyVl «-^^ — * sI^jt^vT J^^fl^' jv^«i' j'*'^- (5*^" < (_^* ^ ' jt^A»-
(18) ^^\ [ J.V1 ^^:^ J J- yl^l ^lllj (vgl. Lis. 3/62, Z. 8).
(19) ^(»UJk^ I = t.^' «C^ ju U I U I
6. ^ *Ca vor.
(20) Äsi^Ji [o^=*"^ L« -*-J. ^jVl J^ cill Jjj t>* Jn ^]' ^^1
— hemerkt der Veifasser außerdem — ist ein von Kindern getragenes Be-
kleidungsstfick (ähnhch dem jl jl ) aus Leder, und er zitierte dazu folgenden
Kegez-Vers [Lis. 10/406]:
1 ^^^^!l j^ ^aJi Äi^jJlj.
■•^ Laue: a mark whicli is iiiade by tlie Arabs of tlie desert npon tlic iimilm-
part oC a camel's Ibot.
^ Offenbar fehlt eine Negation.
* Zum Wechsel von t- und o vgl. auch ijfj^^ = Cfj^ {\''\A. Freytag) ; isUft
und -laLs» (Cheneb 454 Anni. = Meid. 11/79, Freytag).
- Lis. 16/107; 15/271.
•^ Ist natürlich als irrtünihch zu streichen, da sonst die Bedeutung wieder
analog der erst angeführten wäre.
Mitt. (1. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. II. Abt. 8
1 1 1 Hjx iifcii: Ahü llilnl rl-AskciI, Pa.s Kiii'il) iiiutiam fi liatjljati 1-esjä'.
(■Jl) Äs1j^\. M:iii sai;l: ^-i ^\ *^\J^ -C* J/ LS «uUU J^| (v^i.
Laue 5o51)) '.
Vll. CiL») üiJl 1= ^5xJl j* tL::Jl J ^^ U*| xi.l. Laue 780a,
/. 3 V. II. — Im Gciicnsatz zu ^r*^ hcdcutet das Wctri rcnier die siißeii
(Wcitle)ltll:m/.rii [\ ^1. Laue, a. a. O,]. So sagen die Aralier: J^y\ jf- *ii-\
l^I^lj »iajrlj; weiter saiit man xon den Kamelen: ,ki" 1 Vo -A J^.^ 1 Jli "V 1 1
[Lis. 1 3/225 ; 8/408]:
[.-. UaÄi l^M» (J^^ ^^-'-?| j ^^»^ lyy» t>l=»L« l)U .'.
(23) ial^l \^^\ J J y^ «^^^J ^S^- 'l^«'»'-l'^^ ^37, Z. 2 =. Lis. 9/Lj4,
Z. 1 naeli al)u 'Amr. Die anderen vom Autor daneben noch bcriicksiclitigtcn
Bedeutungen [.j-J^i jV jÜa-jJl AisiIr>t;;oj (Qor. 2/276) [nebst der Erklärung
von abu 'Ubnida] und der Vers [Tawil] :
sind mehr lexikahsche Vervollständigung als zu einer etymologisch not-
wendigen Erklärung des eigentlich in Frage stehenden Ausdrucks noch hin-
zugefügt.
(24) lyi^ [eigentl. 'C^\ '*<=^:\J\\; nach el-Qinani aber »der Kest
eines guten Pai-fünis, das an einer Sache hängen bleibt" ; es i-ezitiert el-Fadl:
.•• oj^\ \f\^\ (j ^J^ 1 o}aLK^ ÄIäI^ ^y^ ^j \j_ .-. I^jj
.'. oyii>zj\ j1a>1 ^ii- ^ ^Jc>-j oj..^ ^'.y^^ ^^ JJ j\ •''
ähnlich [der Bedeutung \on *^]-
"".->-. • W "". "-"' i •' h
' Am Schlüsse bringt der Autor iiocli die sprichwörtliche Kcdeiisart [(j. v.
Lanc s.v. ^JiW] : ^JJlSj ciiW t>' (^'
^ Ahlwardt 111/30, Vers 53 |^Wl C5^1 Erklärt: [4, C^lji ^^1 t^l j C^l <>Jlj ^ii^ l^li Uis].
Kkscher: A1)U Hiläl ol-A^kcrf, Das Kitäb nm'gani fi iKUjijati "l-esjä\ 115
VIII. (-25) j^\!\ ^b [^ 9^\ j vJli-1 cl^l As <1d 4) ^Uf- V c5-Ä)l
»J^\ <\läc-] hinzufügt.
? > '^ / . .•*
IX. (26) ^\>Ji\ \{^r.^^^ J^ <^^^ WV <;li W o^ lcl_j) J'__-\!l J^ -^ J.
Naeh ahii Zaid: •:• (^iVl <^-^^ ^löJlj «ciTj A,\ji (j-0\ ^ C-i
dagegen ist ^li Sing, zu jl^.i; nicht aber Aili, was nur vulgär vor-
kommt.
(27) *jlJüH [naeh alm 'Ubaid = ^T})l <.i (vgl. Lane 9871) jlijj
jUj ^ jUi ebenda 9491))].
(28) «.UjJI [= ^_^Jl ^ ]. So sagt man (vgl. Lane 979a): J^ \ <^\
"cjj-^ ^.J ?L.J ^(5-; auch ftUüil ^U j^lJ, wenn jemands Krankheit sieh
in die Länge zieht; doch wird diese Redensart eigentlich nur in übertragener
Weise auf den Menschen angewandt. Ferner gebraucht man diesen Aus-
druck auch im Sinne von: ^y>y> 3\^ ^ 4^1J^^ "J '■> ^^^cJi beschränkt
sieh die Anwendung dieses Ausdi-ucks auf den Menschen nur auf diese zwei
angeführten Fälle. — Das Verb dazu ist Ui ^J, das abu Du'aib in dem
Verse (nach el-Ahfas) gebraucht [KämilJ":
.'. f<^s^ iJjl jl Aj'UA) s_jJ^^ (j^jr^ 0*"^.^ •'•
1 Lis. 16/158 und 292.
2 Doch kommt nur A>l)i in dieser Bedeutung vor.
3 Diwan (Geyer) 36/2.
* Ms. jLi.
» Sprichwörtlich sagt man [vgl. Freytag XVI/55]: »_-^l ^j^ fUJ jy*l _^
" Mit Erklärungen von Moh. b. Habib.
' Lis. 9/401; 18/316; Tahdib 123 [T. J»\\ !].
b*
ll(i IvKMiiKi;: Al)ü Hiläl ol-'Askerl, IH> Kitäl) imigaiii i"i biKiijati l-c>jä'.
X. (29) <>y^\ [= ^^==C ^ - ; zu (licsciii Staiiiin <;(>liürl noch *^ J
1= jl-v!l ^^l-| lind 7^ J 1= c.^=r|'' ^'-i'- *!"'" H<',ü,i'/. -\'crs:
(30) <^jj\ [--: j-^\ j ^\i\lf\ (v-l. Lan.' 11871.). Hin Ko^rz-
Diclitcr saiit": ••• ^i^^ W^ C-^ <^JJJ •'• Ferner liedentet lauda
••j;rasbo\vaelisener Boden« (>_..M»e jl>-e), docii kann nach eI-A>nia'i nni- he-
wässertes Terrain »randa« benannt werden; im Sinne von hadi(ja gehrancht
es ahn n-Nagni:
Kiiic sprichwörthche Redensart besagt: ijj^\^\jj ^ 0~"^ ^ ' '^''" i^'^"''t<^'i'
gcbrancht auch diesen Ausdruck in dem Vei\s [Tawil]:
.: Wj\i ^y\ JaII O-^J \ -^J
^Ji)| «eis jj-^tll '^JJ '^
u
_J-« »J^ Jl-iJ^ ^J^
.i=l. .-.
Ein anderer meint, die Zulässigkeit des Ausdrucks rauda sei von dem Vor-
handensein von Bhunen (j\y'\j (/*j) abhängig; el-A'sa sagt [Basit]":
(31) JT^I |r= ^^\ ^] (vgl. Lane 1158a). Man sagt so: jM*
^»IjJI 3*^ '"^ Siiuie Aoii jj^-Jl |; das \'erb da-
zu ist ij"J\ so gebraucht es der Dichter [Du r-Kunuaa!'] : iS^it'^ cy^i '"'
> Us. 3/278; Qutaini (Diwan) VIII 9 und 13.
'■« Lis. 9/24.
3 Lis. 13/65.
* Lis. 2/433: 2. Halbveis stark vanieieiid; Qattal el-Kilähi: Yä(n"it II/26I ?
■'■ Und zwar soll jy die weiße, |/*j die gelbe Bhniie bedeuten.
'• Cl.eicho367 6-9; I.Vers in Lis. 16/268.
\ ^ V .
' Text:i_>-?i; die folgende, läiigeie Interpretation übergelie ich.
•' Oder auch j-*Jl j *äJl [vgh Laue lU79c].
Rescher: Abu Hiläl el-'Askeri, Das Kitäh iiiu'<>am fi bai|tjati 'l-csja\ 117
.-. -T-'j^ jb ^.is 3 ['rawilj; weitere BfHlciitungoii dazu gel)eii ahn Zaitl und
v_ - • - ^ ^^ ^
ahu 'Ubaida, wozu dei- Vers [des Nabiga el-Ga'di] .-. L-L-^H jj/i^ *^^ •*•
zitiert wird.
(33) \s\Jhj\ und ry^^l* ^"'^ ^'^^ erstere Wort gibt abu Bekr
nach abu Malik die Krklännig: ^U-i J JjVI -CjL-l ^_^4)1 «.Hl ..wovon abei-
, unsere Genossen'* nichts wissen (wollen)«, und ebens(j sollen r:j>-)\
sowie '^*^j>-y\ als Nebenformen vorkonunen [vgl. Lane 1033a »reniains ol"
water in a tank«].
(34) jv^l [= 'V_ic. ^U UL« j^\ J^ ^ \j>- d. h. die Reste vom
Fleiscli eines beim Meisir geschlachteten Kamels] S vgl. Lane 1204 a; Lis.
15/151, Z. 3 V. u. Man gebraucht das Wort außerdem im Sinne von J^^J
oder Sjlj (vgl. Lane a. a. (?).). so z.B. [«.^Lj =j ^j j>AJ U j^iil. Dei-
Dichter (^-uJl S^\ sagt [Tawil] :
(35) J^J\ [=: ^yi J Jw^ jv\Sb an ^ JJUJl] (vgl. Lane ll-20c).
So sagt man: UaJj' C-ä9j [»I left a small (juantity of water remaining in
the skin« Lane ir20b]. Diesem Begrilf kommen folgende (synonyme) Aus-
drücke nahe: [^AiJl j ^j^ S^\ «-^^ =] r-U^-^lj ^UjJ c-^-^b S^\
XL (36) S^^j\ \^ °U>.j ^Ul ^-^ '*J
.-. jijJ p>4)i piä^ cf ^-*? cf^ J^ Ij y^^ ->-^, \ (*'J^ Ji^^<;^ .•• [o^.^-^l
0 Lis. 15/151 [endet: <'^^.]; ihd. 20/54.
■^ Lane 1431c.
** Lane 1771 a.
'•• Nach manchen Philologen nur: ,j-^\ jl ^v«j >1 ^.
118 Ueschkr: Abu Hilal el-'Askeri, Das Kitab mugam fi l)aii;jati l-e^ja'.]
XII. (37) \i*l^\ \^ ^^y^\ j «-^^ V'l- '■■'" HfMt'/-I)iclitci'
|^^>^Js;.gt:
(38) t.'jJ\ [= wi^V^ ^^^^ j (j^^ J^l- Zulinir sagt in oiiieni
seiner Gediclitc [Basii]:
(39) j>l)l [= ^j^ L -^. ^lyJl ^:^t- -t'Vl j J^ U] (vgl. Lanc T2S21.).
\'()n L'1-Aljlal Avii-cl rezitiert [Basit]:
(als Var. wird clafur auch j\y^^ \'=^ ^^ ^ \ überliefert).
XUI. (40) -ui^-lJl Y=r. ^^\ j* iJj] (vgl. Qor. 26/54; Lane 1532a).
Ferner zitiert der Autor noch den Kegez-Vers:
".'. 3^>^^ i<^ oIä-^ ' ^':i\^^ (3*^^ •••
und folgenden: ••. Jl*j\ f-^^^ (J J"^. *''
(41) ÄJilJl 'Fft Jl. (_p I ; so auch in der (von ahn Bekr zitierten)
" . -^ «•
Redensart: J^hi ^ J t*>U 1 j^lj y- [Lanc 1592e]. — Was das Verl.
anlangt, so sagt man (in der 4. Form): -L-a)\ ^^ _ l'As Uic- -C;)^ Uli jll«) Ujr' •••
111(1
2 ?
(42) j}Dl [=^ ^^\ j tll\ -jl .♦. 1 «j^^J. —
Ferner kommt noch Jj..^ in der Bedeutung von ^^ij— ', ^-^»ü- \or. Fs
sagt el-A'sa [ ia*--J j :
••• Jj-^ j-iii' j_ji-' 3-^ i^ ,_5^ oy^i (Ji oj-*^ -^j •••
(43) Uli! [= ^Jy^\ -^ ^r~*^^ V*-? -'•^^ '\^] (^S^- ^"'"^ 15751):
»soinewhat remaining of the moon . . . and of the sight and ol" the day«).
— Kin Dichter sagt:
— Eine weitere Bedeutung ist die von [c^^^j^l] *-i/»- ? s<^> [(^)or. 3/99]:
.'. [^A IJ^'^ jUl Ja öjk>- [a.Z. ^ XS^ .'.
(44) UyÜl [= IjUA A^ ÄJ)]. Ein Dichter sagt:
» Lis. 19/174: Zijäd el-agam.
2 Lis. a. a. 0. ; die Stelle scheint auf unsern Text zunlckzugehen.
3 Lis. 13/400: A'sä; Cheicho 372.
* 03\J_ &^^\ ^^ ^y^^J "J^\ Cf ^!^.J ^ p^'^ ^'^- ^"^^ -^^
. . . \^\^\ c^j\ j\ s:^\ j.
5 Vgl. Harin-Duna (Thorbecke) S. 139—140.
« D. h. jy^J .-. [Tawil].
XIV. (47) \L!J\ [= ^^-^ U A«)_ ^1^1 j- cl'Vl j ^_ l.]: wird
-. .^ - ..
in ül)erti'agener Bedeutung auch vom Schlal' [wie 'VJU-i] gcl)ranclit. Hin
Dichter sagt :
[J-j] ••• 1^ uUJl Sr'' ^^J ! ^' -^ J^c^Vl -^u
In einem Ha(h*l [vgh Tis. 11/4/9 v.u.] findet sich der Ausspruch:
.yi?
(48) iv^2l-2)i [= Sjb VI j pUI Üj]. Der Dichter 'Abda b. et-Tabib sagt:
> Lis. 19 180 und 325 \,jr^\ 4^1 -Xä» J- ^r37*|: ^'^ erste Stelle [ausgehend
auf ,3*^] '^* ^'■'* DniL'kfeliler /.u verbessern.
• AiK-1. Lis. 11/S2/14.
Rescher: Ahn Hilal el-'Askeri. Das Kitab imi iiam fi ha(|ijati l-esja'. 121
XV. (4;i) Xi^ [nach ,la'(|ül) von -Nlnntaui' (1(>mi Kilahiton und abn
INIahdi. die das Wort erklärten als: ^j>-\ ^^ j- U)l in der Redfweiidnnii-:
-U^ 'Ji^ (j,- -^ = Ü^ 3^ "^^^ 0^ J^^ J^\ (vgl. Laue 1802c).
XVI. (50) J3j!>^ [nach einigen = «.LJl ^ ^1 Jl,]. Ahü Zaid
gil)t tur das Wort folgende Erklärung: j^ cU-Ji ^ LJ jU«;» ^t y jlisJa)^
pjiJlj fr l^Uh.
XVII. (öl) ji^\ ^^ [= 4jt r= C.i] (vgl. Lane •2101a)"''.
(52) U^l [= ly-^U J;^ Ujj o^jl bl SjlcUl j^l J l^X: ijJi|.
— Es sagt der Dichter el-Kumait:
^jÄpj -w- 'J%ji i\ jjJl j^ |[ c-*jl)' ^j'^'^^l /*r^0''^ ^ ^^^ •*•
Und ein anderer Dichter sagt: ••• I4JL. j-^1 "^-^P o-^ -5^1 lil ••• 1 Jo U?|:
hieran knüpft der Autor noch : _ 2 ? ^" ^^ "^ Jc^^ (j-y' "^ •'•
1 Lane 1888 b.
■•^ Abu Zaid sagt: p.-^ j^-^J »_^J «/»-l J,\ <-'-« 0^ j-~^ j^>^J « ^
• • • J^\ ÄU ^J Jlj-^ J^ ^LJ J}1 frl^l jUaoj ^j Jl_^ tjJl.
3 Häsimijät [ed. Horovitz] S. 56, Vers 8182; 2. Vers : Lis. 2/111 [vair.j.
* T. ^J^ (deutlich).
•'• T. unleserlich.
•^ Diwan 35/5.
122 Rescher: Abu Hiläl el-'Askerl, Das Kitab niu'gam f! bafjljati 'l-esja'.
iiiiil äliiilicli ist (.Mii weiteres Regez-Verspaar:
? c o
^Ul Jt j^^. eJ^J II ^li)l J^ J^L-^ ^^ .-.
J^ljl J\ä 4;_ ^'^_ ^S^\ (»^"^'^
o^ji j -^^. cf-^1 Ji>n ^j^ij v-^j v-^u ^^ -o\j\ eis. jir^^i
I ylj] ^UJl J15 .;. jl^li v-iU ^U\j . . . 5^^ ^ ^ ([-S^.^
(53) 'S^-^Jl [= ^IJI ^-^^ j^ JJ ^^|.
(54^ JwUl 1= ^J.1 Llij.
(55) p-^1 [= jl>^3'L* ^^3^1 jl*| ;'i>] (vgl. Lane 2066c). Eine
Frau sagte zu einer andern : ctAfUs»- "j^-ac ^J-f^\ [= "^^ ^^^^ *-* '^1 (T""^'^<'
a. a. ().). Al)u Bekr erklärt: «aJI Jt oj] Jl tUi-l <-^ » . . .
(öti) jAäJI jlp 1= j-üll \«]| [= ^\j^\ J^ 'J Pj^\ j jUSI <;i I (v-l. Lane
1124c— 1125a). En-Nagäsi sagt':
2^
2 i
^ ■ ^.
— Abu 'Ubaida l)cnierkt ncK'h: ^j ^i—X-o y^j jU-^Vl (TV^I ^^ J^J
*-- II-. > •"^^rf.
.-. »_,jiU ^-3*1 /^J '*-^ ^r^J^J ^^:^ ti^li-? ^y^ l Ja^-U,^ •••
(59) ^^1 [nach einigen — aLJI ÄJ> ] ' (Lane 2024 b). El-Qaltan sagt:
j»Ä-i 4j> l^l:.- j ^JJI iJj^^ ""'^ el-Asma'i: «uL- j ^^J^ 1 ^^öll A>^jJi\ j'^
[ylj] ••• 0^*^^ Ä^Jt^il J^j^j
J ;* -Uj '»Sj jJl jji ■.-•-M.v.s
1 ZDMG. 54/466; Agl..2 U/CA); Lis. 10/92.
■^ Lane 957 a.
* Lane a a. 0.
!■' Lis. 9/199: Es-Samnialj.
« Lis. 2/262.
8 Ms. ^ •
7 Lis. 12/858 Mitte
124 Rksciieh: Aliü Ililäl el-Askon, Das Kiiäl) iiiu'iani fi haijijati l-esjä'.
(tili) iilDl I ^^> _rf^^ 0^ '^^^ j ,./:" ^I-
will. (C.l) >Jl [--=: P^.-J| j ^j^\ll Lij (vul. L;nic 22-J;n.). Kl-l.liiHl
li. I.lilliza sagt ':
i - 11 ^ * I ' -
«rü( Vj j;^! y*^ V 11 ^^^, »-i>- jLi^ ^j .-.
vi- tl SP' "
•JjjJ ^1 ^^-a3 0>^ <^^ ^y^ >-^i V^ "^-^ "^^ ö.X>-\J\ l^l'jl) JyL)
■^f^ V^J ^c^ r^'j -^J ^^ ^«r^ -aJI J-« J-^^ V-^. ci^^ ^^-J^
»_^_3 j ^ \ J^j ^y^\ y^j Tw^t ci^l^l ^j 7^\ ■>^~ij3 ^ ' *-^ aJ ^A> l/'
''-Llilj Ulla) "'aJäJ^I Js-»
I J-«D J ••• ,J-Ä»* |ij>^ ^-^1/^ jLij - ^ (^l5 ^ 1 _^*J •••
^ n ^* ^
' Vers 1 und 2: Lis. 3 151 : Vers 2: ebenda 13/39S und 0/306; Vers 7:
ebenda 3/216.
•^ Lane 2223b. ' Abu Kebir el-Hudali: Lis. 0;3C>0.
Re.si'hek: AI)Ü lliläl el-'Askcri, Das Kitiil) iiiuVram i'i batjijati 'l-csjä\ 125
«.Li^^Vl fjl-^^j ^l^iiJl -^^^'i». «v^'l J-'i ^L^Vl e^-' c^Vl j- c~- ^l^i
.tUsj ^^ ^^ U^J^\ jjÄ-al p."V t^jJl ^ t.\yj^\ J^ ^j^jVl j^lj
(62) ,i~*^M [von Abu iVinr nach Ta'lab = J411 ,J411 -uii^« ; dazu zitiert der Autor den Vers
des \J\\ r-Kumuia [Basil]: (Lis. 8/213).
(vgh Lane 2252).
XIX. (64) ^ä}\- Es interj)retiert 'Abdallah 1). Ibrjiliiui el-Hamagi den
Vers des al)u jju'aib [Kaniil]:
Iblgenderniaßen : jl^ 4;^^a.ji> O^Ä.9 4«-^ Jj^l AfLa!l ^j M^l ^^''^ ^^
J jUül jlki-1 l<^j 4IJ5;- 1:^1)' j^l ^'j^J 4'^Ji ^*^-? lyl.» ^ -»i j_^|
r
XX. (6.5) öj\J 1= j-ü)i J ^^_Ul J^M J^ ^ U]. Abu 'Ubaid
sagte: ijjl gU 1^-9 O-^.^ -r' ^^^1«^ ^ ys L. Cfr;9 lil 1^ U^9 1 jAÄJl "oj/
;i^i .\i\ aii ^ij ji^" ^^.r
. . -J^
(66) /»l^l 1= ö-\flil U- ö_/^j y*-l jL5 ^ X-- Ul. Dagegen ist
(66a) ^1:^1 =z di)^ j^ ÖAflil ^ ial- L. (vgl. Lane 511b).
1 Lyall S. 42, Vers 53.
- Nach Ibn es-Sikkit gebraucht man noch folgende ähnliche Ausdiiicke:
■ . . \d-^\ Jj^ j* \-J^ J^i Jr^^ o* .V — ClH ~ uT-^
3 Tahdib 417.
* Lis. 6/357 ^^ ; Schvvarzlose 282.
" Text: ojji.
\'2i\ KKsniKi;: Abu Ilil.il cI-Askcii, Don Kitäli imrüram fi liaijijati l-csja",
(67) <»\j^\ j= jyi\) ^JÄ^ j^\ ^y ^_ L.|.
(H8) öjLaiJl 1=--: '^,-jA,' U -uj L^'i ^ S-^\ j j: ^\- {^>^'^) 'ÄlUä
(l{«j;vj;en ist = ^___j\_j_\!l »^-V i u^ J1_jä]1 v-^-^1 J_^ 1 — ahziilcitcii \(in
Jl^söJI (= «laäM) , \\()\(iii aiii-li tlc)' Ausdruck l'iir die frisclic (.icrstc usw.,
wenn «rescliiiitteii: ^L-ail^, viilj^är j_^L^äJl, kdinnit.
(6;t) Äs-lAä)L Da/u henicrkt der Autor: JUJI J^ j\ iai^ O-^J
.-. ^IT J^ 4i ^ P Jl il ^UV\ J^^jj J"U [ jj ...
^[oUsVl 2?c*«i>ij ^^^StJsj 2N^^ oL^Vl "^^^^^ j^ 2r-^ cT. f j\ (iH
und ähnlich:
.-. Li^li y>j eA^ ciV wi-Jl j^ II W^^ S-y. ^ l J^ ^^^ •*• l^^-^l
da/.u :
4pj [l^-- jl:Jl jb Jj« jl <^^H jl^j
und ähnUch:
und ähnlidi sai^t el-HAnt b. Hilliza [Iväniil|*:
' In Syrien, fügt der Autor liinzu, t^^^«^ genannt.
- Vgl. Frey tag 4561).
3 Lies wolil: (_/ »{^ oder //^J^ n^^w. * Lis. 3; 101 (var.)
Re-simer: Abu Hilal el-'Askcri, Das Kitiib iiiugaiii fi baiitjati '1-esJä'. 127
XXI. (70) \\j^\= ^jL U A.) ^J\ j^ J^\\ j J^_ L.| (v-I. La
2603 a); davon [denoni.]: J^J\ ^J^ (= ^\j jAli Jb-| \^\).
(71) l^M^=^\ [=^ J>c5\ j ^^ j^J\ ^ j j^ JiiJi ^] (vgl. Laue
2616a iinton).
(72) -; ebenso koniint
vor JaC [d. h. Übergang von med. gemin. in tertiae scnu'vocalis], wie auch
ein Regez-Dichtcr sagt: .-. j . >. ^^^-^ (^jUi ijl c5J^^ iV**" ''* '""^ *^^ ^^"'
XXIII. (75/76) ^kJ,l und Äkül [= ^ j^ J'J^\ o^l J ^^ ^
^Jj-Ojl, Das Mim wird, wenn auch nicht allgemein, als eine nicht zum
Stamm gehörende Zusatzbildung aufgefaßt, wie z.B. in J^l j^ l^^i/^H' "Was
ja eigentlich, streng genommen, nicht mehr hierher gehört«. Es sagt Gerir
[Kämil]^:
o > y o 11 - -
.'. ^}yikii Ojj \ i^\yij\ '^i^ AJ>tJL Jjl» -U öjK^^\ JS ••.
und ebenso derselbe [Tawil] :
.-. 4-iy j«)_ A«)_ j«J o^i I Wt^ j^y^ oIäc-I l^l^iat u .-.
p]ine analoge Bildung mit einem solchen Zusatz-Mim, bemerkt der Auloi-
daran anschließend, findet sich z. B. auch in /»-2^ und 4l«a< [nach abii Bckr:
^ Ebenso j<^ zu ^j^ V; vgl. auch den Übergang in Burckhardt (Arab.
Sprichwörter [Weimar 1834]) 728 Ol^ dUi Vj Cojj ^^, V-
2 Lis. 18/303.
l'JS K'ksciiki;: Alm Ilil.'il cI-'Askeri, Das Kit;il) iiiujiain l'l l)aijijati l-eijä'.
4-a) 1^9 ^\ j ^;>rJ\\, wniichoM sich als iSynoiiyiii öj<^ stellen läßt, iiiid
w uzM dt'i- Anteil' den \'ers zitiert [Lis. 6/10.} und 3illl].
XXIW (77) irU:]\|:rr ^1 jiI\_^Ulk: j* J--L| (v,ül.l.;.n.--2Sl !)!.). Ks
> - l - . «^
snyl aln't Bekr (\i>l. I.ane a.a.O.): j\yay J\^ KcX^y L)\y^ ^^»-.laS i<^^ ^
(78) ,^\ [naeli Ga'far b. INIuh. el-'Askcn — tl'Vl j ^ L. "*.-« |.
Dazu zitiei't er [den \'ers von Gerir: Aü.'' 7/63 inid Lis. o/3!)6; S/122J:
•■• ^l-^^ ^^ Jt u"^""" y li \'-: V"^ t/^ ^' •'* l^^-'*!
d. Ii. jsjl) ll» lli> ; nach andern =^ tUL so i'ezitierte el-Asnia'i:
(7f») r(leni. iVigt der Autor hinzu, hat ^j^ auch noch verschiedentliche
andere Bedentimgen. so (JlJl ö .^ und ^^iJl '\i -O ^ü!l ^j^_^U lerner
(»^411 \x 1*Pj ^ wjUjJI a.».^ L.. und nach Andern ist der Ausdi-iick ein
' Seil, of streiigtli. vigour: Laue 1730 b: Lis. 17/117^13.
■i T. <-£-L-.
•' Lis. 8, 126. * Lis. 20/205/2.
;• Lis. 20/205.
« Lis. 16/121 ; 'lalidib 606.
Keschkr: Abu Hiläl el-'Askeri, Das Kitäb mu'gam fi baqijati '1-esjä'. 129
ganz allgemeiner, der sich auf alles beziehen kann'; so wird der Vers
zitiert [Seri'] :
XXVI. (81) i^l^L^^ [■-- J-^ l- -^. -^^ ö« ^jVl J<^ Jp^ L.].
Wenn es sich aber inn den Abfall von <_M«\y^\ [nach el-iJahl: i.*'>l--j l^_ (»^=-*>^ ^y^ ^^ll J^ \ä.
Ja«) -j^ j»^.^)]. Dazu wird vt)n ihm folgender Vers zitiert:
Die Grundbedeutung der Wuiv.el soll den Begriif von jtUllj jj\»J| in
sich schließen^; dazu gehört, meint der Autor: jV *Jd ^yü lil ^S^ j\ ^^
(83) J>^1 [nach abü Bekr: ^^\ j ^Hl jl; oder Ujl ^ J--" UaJ
Ein Regez-Dichter sagt^:
^\y:j^\j JÜaiVl jj=^j I \j>-2s.- "^ 61j?1 ^J* .••
Weitere Bedeutungen sind die »eines Instruments, womit dem Wildesel die
Sehnen durchschnitten werden«:
.-. Ij2^ l^i A^l t^i v_J^^|| J*>^«J^ J^l Jt*-^- •*•
und die »eines an Auszehrung leidenden Kamels«, ferner die »einer sich
neu häutenden Schlange»; vgl. den Vers:
L, Z. 10: ^J^Xj^'
1 Lis. 16/121, Z. 10: «-^^^ ^
■^ = Jj^l- » Cfr. Tahdib (583 Mitte.
* Qui'. 7/155.
5 Lis. 14/-J29.
G Text: \j^-
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. H.Abt.
130 REsriiKR: Alm Hilal el-'Askeri. Das Kitäb iiiu ^am ti bafjijati l-esjä'.
weiter kummt das Woi-t im Sinne von ^^ÄläiL »^.bH jU^Vl jL-ill ^^ 4jia5 ~
[(^Ul j.) iv^l^i] vor.
Schluß \
[Abschrift] beendet: Kabf 1. 12-20.
' Lis. 14/22S.
- Ganz zuletzt noch einige Verse des Verfassers [Reim: v_^~l^ — 4 — Kanial];
jU]: JjjJl — 2 - Sen : [^^^^J;!! J jJ U ^^J: Qäfia i^it — 2|.
Nachschrift.
\'orliegender Artikel, den ich bereits vor etwa sechs Jahren fertig-
gestellt hatte, mußte infolge verschiedener Verzögerungen immer wieder
zurückgestellt werden. Nachdem ich lange mit Recht annelmicn zu dürfen
geglaubt hatte, daß unser \\'erkchen lediglich in der Kgl. Bibliothek zu
Berlin vertreten sei, gelang es mir eines Tags zufällig, eine zweite Kopie
in einem Sammelband der 'Asir-Effendi-Bibliothek festzustellen. Leider ver-
eitelte jedoch der Ausbi-uch des Krieges meine Absicht, das Konstantinopler
Manuskript zur Kollation meiner Abschrift heranzuziehen, und ich mußte
also notgedrungen einige Kleinigkeiten, die mir zweifelhaft erschienen, in
der Schwebe lassen. Trotzdem aber hotfc ich, daß das Gesamtbild, das
ich von der kleinen Monographie geben wollte, dadurch keine wesentliche
Beeinträchtigung erfährt.
Halbmondlager Wünsdorf, August 191").
Studien und Mitteilungen der Deutschen
Marokko-Bibliothek.
I. Marokko-Literatur.
Zweite Hälfte.
Von G. Kampffbieyer.
Der vorliegenden Schlußhälfte der » INIarokko-Literatur« ' liegen die Ein-
gänge der Deutschen Marokko-Bibliothek von 1910 bis wesentlich Juli 1914
zu Grunde. Nicht abgedruckt wurde die Literatur, welche nicht unmittelbar
auf INIarokko Bezug hat, ferner nicht die weiter erheblich vermehrte Samm-
lung zur »Marokko-Frage« (I, S. 44; II, S. 150), sowie einige weniger wich-
tige Literatur über Marokko.
Die Deutsche INIarokko-Bibliothek in ihrer gegenwärtigen Zusammen-
setzung ist eine umfassende und wertvolle, aber nicht vollständige Samm-
lung der auf INIarokko bezüglichen Literatur. Daß sie nicht vollständig
ist, soweit Vollständigkeit zu erreichen ist, hat an der überaus gi-oßen
Kärglichkeit der INIittel, die zur Verfügung standen, gelegen. Wer sich
nun deutscherseits eindringend über Marokko-IJteratur unteri-ichten will,
wird sich zunächst mit Nutzen des vorliegenden Katalogs bedienen. Zur
Ei'gänzung hat er für die ältere Literatur bis 1891 die Bibliogi-aphie von
Playfair und Brown (Oa 2300, vgl. I, S. 52 oben) zu Rate zu ziehen. Für
die neuere Literatur sind ihm zu empfehlen: 1. die üi-ientalische Biblio-
graphie (Bb 10), 2. die Bibliographie, die sich fortlaufend in der wichtigen
Zeitschrift Bulletin du Comite de l'Afrique Frangaise (von 1909 ab Afrique
Frangaise) und in den dazugehörigen Renseignements Coloniaux findet
(Ti 285 4°), 3. die gesammelten Buchhändlerkataloge, namentlich die über
Marokko besonders reichhaltigen Ephemei^ides von Paul Geuthner, Paiis.
tJber die neuere Marokko-Literatur, welche der Bibliothek nicht zu-
geführt Averden konnte, ist ein alphabetischer Zettelkatalog, der aus den
soeben genannten Quellen ausgezogen ist, handschriftUch in der Bibliothek
vorhanden.
1 Die erste Hälfte s. ölitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen
Bd XIV, 1911, Abt. U (Westasiatische Studien) S. 1—85.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. IL Abt 10
i;^2 Kampfkmeyer: Marokko-Literatur. II.
Für die nicht niitabgedriickte Literatur, also namentlich auch fiir die
.^;iiiiinhing zur «Marukko-Ki-age" und dann natürh'ch für alle späteren Er-
\vcil)iuiü;en ist der handschrillliche systematische Katalog in der Bibliothek
zu vergleichen.
Die Druckeinrichtung dieses Schlußtcils des Kataloges entspricht
wesentlich der des ersten Teils. Die Klammern ( ) geben, nach der t)bung
der Königlichen Bibliothek in Berlin, Klammern wieder, die sich im betr.
Titel finden, während ( ) Zusätze einschließen, die dem Innern des Buches
entnommen sind, und [ ] solche Zusätze, die aus sonstiger Kenntnis ge-
wonnen sind.
Allgemeine \'erweisungen von einer Abteilung auf die andere, wie
sie sich im ei-sten Teile finden, gelten grundsätzlich auch für den vor-
liegenden Schlußteil.
über die Aufstellung und Benutzung der Bibliothek nach dem Kriege
werden seinerzeit zweckdienliche IMitteilungcn gemacht werden,
Fiir w'ertvolle Hilfe bei der Arbeit an diesem Katalog bin ich Herrn
Dr. Hermann Wentzel, dem jetzigen Bibliothekar der Deutschen Aus-
lands-Bibliothek, zu Danke verbunden.
Berlin-Lichterfelde, den 14. ,Iuli 1915.
G. Kampffmeyeh.
Inhaltsübersicht.
(Vgl. I S. 3-11.)
B. Allgemeines. S. 13o. — Cd. Berberisch. S. 133. — De. Arabisch. S. 133. —
H. Keligionsgescliichte (Islam). S. 137. — K. Pädagogik. S. 139. — L. Rechts- und
Staatswissenschaft. S. 139. — N. Geschichte. S. U2. (Marokko: S. 144.) — 0. Erd-
und Länderkunde. S. löO. (Marokko: S. 151.) — P.Völkerkunde. Kulturgesciiichte.
S. IGl. — Q. Kunst. S. 162. — R. Naturwissenschaft. S. 162. — S. Medizin. S. 163.
— T. Wirtschaftliche Verhältnisse, Technik und Verwandtes. S. I6-I. — LT. Erzähhnigcn
mit fremdländischem Hintergrunde. .S. 169.
Alphabetischer Index ziir Marokko-Literatur I und II S. 170.
Kampffmeyer: Marokko-Literatur. II. B — Do. 133
B. 3. Zeit- und Gesellschaftsschriften.
Die Welt des Islams. Zeitschrift der Deutschen Gesellscliaft Tiir Islamkuiide. Hrsg. von G. Kampff-
meyer. BJ. IHeftl. 31". März 1913. Berlin. Wird Hb 916.
Cd. Libysche Sprachen (Berberisch).
2. Grammatik und Vermischtes (I S. IG).
Aymard, Am., Langue Tamächeq. In: Rens. Col. Annee 1911. No. 8. S. 200 — 205.
= Ti 285. 4°.
Basset, Rene, Notice sur les dialectes herberes des Ilarakta et du Djerid tunisien.
(London) 1892. Aus: 9. Intern. Orient. Kongreß, London 1S91. Cd 125.
Boulifa, Said, Manuscrits herberes du Maroc. [Par. 1905.] Alis: Journ. As. Tome 6.
Ser. 10. S. 333— 362. Cd 135.
Destaing, E., Etüde sur le dialecte herbere des Beni-Snous. Tome 1. Paris 1907.
= Puhlications de l'Ecole des Lettres d' Alger. T. 34. = Bb 1083.
4. Texte (I S. 17).
Extrait d'une traduction MS. en langue herbere de quelques parties de lEcriture
Sainte: contenant XII chapitres de S.Luc. Londres 1833. Cd 1115.
[Brahim.] The Narrative of Sidi Ibrahim hen Muhammed el Messt el Siisi, in the
Berber Laiiguage . . . Aus : Journal of the Royal Asiatic Society . . . Vol. 9.
London 1818. Cd 1050».
El H'aoudh. Texte herbere (dialecte du Sous> par Meh'ammed ben Ali ben Brahim.
Pui)Iie avec une traduction fran(;aise et des notes par J.-D. Luciani. Alger
1897. Aus: Rev. Afr. Cd 1273.
Rene Basse t, Recueil de textes et de documents relatifs ä la philologie herbere.
Chapitre III. Dialecte Chelh'a du Sous et de l'Oued Dra'a. Aus: Bull. Corr.
Afr. T. 4. [1880] y 1342. 4».
[STdi Hammü.] Fadma. By Sidi Hammo. Done into English verse by R. L. N. J o h n -
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Johnston. Edited vvith a preface by S. L. Bensusan. The verse renderings
by L. Cranmer-Byng. London 1907. Cd 1398 = T. 3.
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I. Allgemeines. — 2. Kataloge usw. (I S. 18).
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por Antonio Almagro y Cärdenas. Aus: Actes XI. Congrcs de.s Or. Sect. III,
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4. Literatur usw. (1 S. 19).
Arco y Molinero, Angel de). Escritores granadinos que se han ocupado de la historia
y descripciön del Mogreh. Sus biografias y mcrito de sus obras ... In: Actas
y inemorias del Primer Congreso Espanol de Africanlstas celehi-ado en Gra-
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10*
1 34 Kampffmeyer : Marokko-Literatur. II. De.
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Neuere Sprichwörter. — Texte, die zum Zweck des Stu-
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Recit en dialecte Tlemcenien par 'Abd el Aziz Zenagui. Paris 1904 Aus:
Journal Asiatique . . . Juillet-Aoüt 1904. De 1G12.
Recueil d'actes judiciaires arabes avec la traduction frangaise et des notes juridi(jues.
Par E. Zeys et Mohammed Ould Sidi Said. Alger 1886. De 1614.
— de lettres arabes manusci-ites. Publiees par 0. Houdas et G. Delphin. Ed. 2.
Alger 1891. De 1616.
— Muhammad al-Basir at-Tuäti, Kitäb magnnV al-ifada ff 'ilm as-sahäda.
Tunis 1314. 2. Aufl. De 1618.
— de notions de droit musulman (rite malekite et rite hanafite) et d'actes notaries:
judiciaires et extrajudiciaires par le Cheikh Msgr. IMohammed Elbachir Ettouati,
traduit et annote par Jules Arribat. Tunis 1896. De 1619.
Marokkanische Sprichwörter. Von A. Fischer. In: MSOS. Berlin. Jahrg. 1.
Abt. 2. 1898. S. 188—230. = Bb 1095. 4°.
Sprüchwörter aus Marokko mit Erläuterungen im Dialekt des nördlichen Marokko.
Von H. Lüderitz. In: MSOS. Berl. Jahrg. 2. 1899. Abt. 2. S. 1— 46.
= Bb 1095. 4°.
Un texte arabe en dialecte Oranais, par Edmond Douttc. Aus: Mcmoires de la
Soc. de linguistique de Paris. Tome 12. (1903). De 1640.
Weitere Texte aus Fes und Tanger. Von G. Kampffmeyer. Berlin 1918.
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Coranus ... rccensuit (Justavus Fluegel. Editio stereotypa tertiuni cniendata.
Lipsiae 1858. De 1925. 4°.
Concordantiae Corani arabicae . . . disposuit Gustavus Flügel. Lipsiae 1898.
De 1930. 4".
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Abu "I-Lait as-Samarqandl, Nasr b. Muhammad b. Ibräh'm, Kitäb tanblh al-gafilin.
[Am Kaiid.-:] D.M-solbe, Bustüii aWariltii. Kairo (1322). De 2838. 4°.
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druckt von der Britischen Bibelgesellschaft.] o. 0. u. J. De 2980.
AU Bä Sabrin s. al-Malaibäri. De 8353. 4°.
ai-Bakrl Abu 'Ubaid Allah. Description de TAfritpie septentrionale . . . Texte aralie . . .
par de Slane. Deuxicme cdition. Paris 1911. De 3765'''.
as-Saijid al-Bakri b. Muhammad Sana ad-Damjätl Abu Bakr, J'änat at-tälibfn 'alä
hall alfäz fath al-niu'in. Teil 1—4. Kairo o. J. De 3780. 4°.
Bannäni, Muhammad, genannt Fir'aun, Watä'iq. Fes o. J. De 3T81
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ßasset. [Paris 1883—1898.] Aus: Soc. de Gcogr. De 4463.
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par El Hasan beu INIohammed el R'assal. In: Rev, du Monde nius. Vol. 4. Nr. 1.
Janv. 1908. S. 1-20. = Bb 875.
Auszug.
— Description de Marräkech par El Hasan Ben Mohammed El R'assal,
[Traduit par] Ed. Michaux-Bellair e. In: Arch. Mar. Vol. 15. 1909. S. 189
bis 92. = Nc 2865.
Ha'.Tl b. Ishäq. Muhtasar. 0. 0. u. J. [Kairo 1304 ] De 5200. 8°.
— N. Seignette. Code Musulman par Khalil. Rite Malckite. — Statut reel.
Texte arabe et Traduction fran^aise. Nouvelle edition. Paris 1911, De 5212*.
Ibn 'Äsim, Abu Bakr Muhammad b. Muhammad. Traite de droit musulman. La Tohfat
d'ebn Aceni. Texte arabe avec traduction frangaise. Commentaire juridique et
notes philologiques par 0, Iloudas [et] F. Martel. Alger 1882. De 5980.
Ibn GäzT, Muhammad b. Ahmad b, Muhammad b. 'Ali al-'Utmänl. — Monographie
de 3Icquinez, par 0. Houdas. Paris 1885, Aus: Journal Asiatiquc. No. 6.
(1885.) ' De 62S6.
l^bersetzung des Werkes ar-raud al-liatün fi ahb.nr Mikn.lsat az-zaitün mit Anmei kungen.
Ibn al-Hatib, Muhnmmad Lisän ad-Dln, Kitäb al-hulal al-muwassTja fi dikr al-aljbär
al-marnikuslja. Tunis 1329 (1911). De 6555.
A'gl. zum Verf. Brockclra. II 262, wo dieser Titel niclit aufgefiilirt ist.
ibn Man?ür Muhammad, Lisän al-'arab. Teil 1—20. 1. Druck. 10 vol. Büläq 1300
bis 1307. De 6752. 4o.
Al-Fakliri. Ilistoiie des dynastics musulmancs depuis la niort de Mahomet jusqu" ü
la chute du khalifat 'Abbaside de Baghdadz . , . par Ibn at-TIqtaqä, Traduit de
l'arabe ,.. par Emile Amar. Paris 1910. = Arch. Mar. Vol, 16, Paris 1910.
= Nc 2865.
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Britischen Bibelgesellschaft] o, 0, u, J, De 7636.
i
Kampffmeyer: Marokko-Literatur. II. De~Hb. 137
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1325. Am Rande: Taqr:rät von 'AH Bä -Sabrln. De 8353. 4°.
Mälik ben Anas. Le livre des \entes du Mouwetta . . . Traduction avec cclaircisse-
nients par Frederic Pcltier. Alger 1911. De 8355.
al-Maqqari Abu'I-'Abbäs Ahmad b. Muhammad. Analectes sur IMiistoire et la litte-
rature des Arabes d'Espagne par Al-Makkari publics par R. Dozy, G. Dugat,
L. Krehl et W. Wright. Tome 1.2. Leyde 1855—61. De 8371. 4°.
al-MaqrizT Taql ad-Dln Ahmad b. 'AU. Kitäb itti'äz al-hunafä bi-aljbär al-a'imma
al-hulafä (Fatimidengeschichte) von al-MakrlzI . , . lierausgegeben . . . von
Hugo Bunz. Leipzig 1%9. De 8456.
[Matthaeus.] St. Matthew in Mogrebi. [In marokkanischer Vulgärsprache. Gedi-uckt
von der Britischen Bibelgesellschaft] o. 0. u. J. De 8540.
Muhammad Bairam al-Hämis at-TünisI Safwat al-i'tibär bi-mustauda' al-amsär wa'I-
aqtär. Kairo 1302—11. 5 Teile in 3 Bänden. De 8834.
Muhammad al-Ba§ir et-Tuätl s. De 1618.
Muhmmad al-Qädiri, Nasr al-matruiT s. Arch. mar., Bd. 21, 1913. = Nc 2865.
[Ad. Romanos ep.] Romans in Mogrebi. [Brief an die Römer in marokkanischer
Vulgärsprache. Gedruckt von der Britischen Bibelgesellschaft] o. U. u. J.
De 10038.
Said al-Hüri, as-sihäb at-täqib f i sanä'at al-kätib . . . Beirut 1889. 2. Aufl.
De 10178.
as-Sa'räni 'Abd al-Wahhäb, lawäqih al-anvpär al-qudsTja f i bajän al-'uhüd al-muham-
madrja. [Am Rande:] al-bahr al-maurad fi '1-mawätiq wa-l-'uhüd. Kairo 1321.
De 10318. 4°.
. Balance de la loi musulmane ou Esprit de la legislation islamique et diver-
gences de ses quatre rites jurisprudentiels par Le Cheikh El-Chäräni. Traduit de
I'arabe par Perron. Alger 1898. De 10319.
Sidia, Cheikh, s. Lb 2 c.
[Zeitungen. Einzelnummern von as-Sabäh und at-Taraqql]. y 1671, 1679
Hb. Geschichte und Darstellung einzelner Religionen.
II. c. 2. Der Islam.
a. Allgemeines (I S. 27).
Basset, R., Bulletin des perfodiques de ITslam 1908—1910. Aus: Revue de l'histoire
des religions. Paris 1911. Hb 1520.
Becker, C. H., Islam. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Bd. 3. 1911.
Nr. 103. S. 706-746. y 1547. 40.
Depont, Octave, Les Confreries musulmanes. In: La Revue. Annee 14. Vol. 45.
No. 10. 15 mai. Serie 3. 1903. Par. S. 385—407. y 998.
Hughes, Thomas Patrick, A dictionary of Islam . . . With numerous illustrations.
London 1885. Hb 1656. 4°.
Montet, E., De l'etat present et de l'avenir de ITslam. Six Conferences faites au
College de France en 1910. Par. 1911. Üb 1725.
Sorela, Luis, La Evoluciön de! Islam. In: Marruecos ... Ano 1. Num. 5. Tanger
1908. S. 8—16. = Nc 3275.
138 Kampffmever: Marokko-Literatur. II. Hb.
c. Islam und Religion in Nordafrika (I S. 28f.),
Wichtig ist Edmund Douttc, Magie et Religion dans TAfrique du Nür. No. 3. Mars
1910. S. 297—312. — Bb 875.
Statuten und 3 Abbildungen von Funden.
c. Zeitungen und allgemeine Zeitschriften.
Aral'. Zeitunf;cii unter Pc. — Einzi-lnuminern verschiedener Zeitungen und Zeitschriften s. handschr.
Katalog.
Franceri, Adolfo M.-'. Apuntes para la historia de la prensa en Marrueccos. In:
Mamiecos . . . Ano 1. Num. 5. S. 17— 2.3. 1908. = Nc 3275.
Ramdohr, Die Presse in Marokko.- In : Die Welt des Islams. Bd. 2. Heft 2— 4. S. 338— 342. 1914.
Rene-Leclerc, Ch., La presse au Maroc. Apercu historique et Situation en Janvier
1909. Aus: Congrcs del'AfriqueduNord. Paris. Octobre 1908. y 1222. 4".
MarrueCOS. Revista quincenal . . , Director: Ricardo Ruiz. Ano 1. Num. 1 — 8.
Ano 2. Num. 9—26. Tanger, 1. Scptienibre 1908—10. Septiouibre 1909. [Nicht
mehr erschienen.] Mit Beigabe »Guia", vgl. Lc 4 b. Nc 3275.
2. Zusammenfassende Darstellungen (1 S. 38 f.).
Attanoux, J.-Beniard d', Cinquante ans de politique anglaise au Maroc. In: Questions
diplomatiqucs et rolon. Annce 1. No. 6. 15 mal 1897. S. 334 — 340.
y 995.
Baron, A., et A. Juve de Buloix, Le Maroc. In: La Grande Revue. Annee 7.
No. 3. Vol. 2.5. Livr. 3. Par. 1. mars 1903. S. 581— 610. y 987.
I. L'Espagne et le Maroc. II. La ville saiiite [Fez]. III. Le Chcrif, le Slajzen, le Corps
theologique. IV. La justice. V. Les partis politiques. Les causes de la guerrc actuelle. VII. Lc
statu (juo.
Diercks, Gustav, Marokko. Materialien zur Kenntnis uiui Beurteilung des Scherifen-
reiclies und der Marokkofrage. Berlin 1894, Nc 3440.
Ooutte, Kdniond, Les Marocains et la Societe marocaine. Partie 1 — 4. In: Revue
generale des Sciences pures et applifjuces. Annee 14. No. 4 — 7. 28 fevrier —
löavril 1903. S. 190—208, 258-274, 314—327, 372—387. 111. y 1171. 4o.
Dupuy, E., Connnent nous avons conquis lc Maroc (Lalla-Marnia, Algrslras, Berlin,
Fez, Madrid) 18^5 — 1912.; Avec une carte et quatre croquis. Paris [1912].
Nc 3445.
Kampffmeyer: Marokko-Literatur. II. Nc II F. 145
Garcia Perez, Antonio, Kelaciones Hispano-Mogrebinas con un prölogo de Jose Maria
Valdes Rubio. Madrid 1911. = Publicaciones de la -Revista Tccnica de
Lifanteri'a y Caballena». Nc 3495.
Michaux-Bellaire, Ed., L'organisme marocain. In : Rcv. du Monde Mus. Vol. 9.
No. 9. Sept. 1909. S. 1—43. = Bb 875.
Peretie, A., Apergu historique de Toccupation portugaise au Maroc. In: Rev. du
Monde Mus. Vol. 12. No. 10. Oct. 1910. Par. S. 283-256. = Bb 875.
Ruiz, Ricardo, Los Sultanes de Marruecos. In: INIarruecos .. . Afio 1. Num. 3 — 6.
1908. = Nc 3-.'75.
Werle, Deutschlands Beziehungen zu Marokko vom Beginn des Mittelalters bis zur
Gegenwart. Li: Einladungsschrift des Gymnasium Casimirianuni zu Coburg ...
Coburg 1902. y 950.
3. Einzelheiten.
Zur Geschichte einzelner Gebiete vgl. insbes. Ob III B6c. — Vgl. Hb II C2c Doutte, causes.
a. Vermischtes (I S. 39).
Castries, Comte Henry de, Le Maroc d'autrefois. Les corsaires de Säle. In: Rev.
des deux mondes. Annee 73. Periode 5. T. 13. Livr. 4. 15 fevr. 1903. Par.
S. 823—853. y 985.
(Doutte, Edmond, Note sur les niiiies de Tin Mellal, le berceau de la dynastie des
Ahnoiiades". In: Academie des inseriptions et belles-lettres. Comptes Rendus
des seances de l'annee 1901. Bull, de mai-juin. Par. S. 333 — 336. y 997.
Duprat, Pascal, Peuples anciens et modernes du Maroc; et du role de la France dans
rAtiique occidentale. Aus: La Rev. independante. T. 16. Sept. o. 0. u. J. y 1069,
Goltberg, O. von, Eindrücke aus Marokko. Li: Die Woche. Jahrg. 13. Nr. 25.
Berl. 24. Juni 1911. S. 1025-1028. y 1421. 4o.
Jung, J., Aus Raisulis Reich. Aus: Berliner Tageblatt. Juli 1910. y 1284. 4».
Über Bettler, Kriminalität und Heilige in Marokko.
Kampffmeyer, G., L'inscription de Safi (Maroc). Aus: Revue Africaine. No. 269.
(2e Trimestre 1908.) Alger 1908. y 1396.
Meakin, Budgett, Yesterday and to-day in Marocco. In: The Forum. Nov. 1900.
[Vol. 30. No. 3.] New York. S. 364 -374. y 1010.
Plauchut, Edmond, Les Anglais au Maroc. Li: Rev. des Deux Mondes. Annee 63.
Periode 3. T. 117. 15 juin 1893. Livr. 4. S. 906—925. y 985.
Der A'^erf. fürchtet die Absichten Englands auf Marokko. Er bringt im übrigen von
sonstiger Geschichte Marokkos viel mehr als von dem Ai.teil der Engländer an ihr.
Slousch, N., L'Empire des Berghouata et les origines des Blad-es-Siba. In: Rev. du
Monde ^lus. Vol. 10. No. 3. Mars 1910. S. 394—400. = Bb 875.
— Les Madjous (Russes, Normauds et Slaves en Espagne et au Maroc). In: Rev.
du Monde Mus. Vol. 10. Nr. 3. Mars 1910. S. 401—406. r= Bb 875.
b. Zeitgeschichtliches (I S. 39 ff.).
Vgl. unten 4. Marokkofrage.
Vorhanden zahlreiche Zeitungen und Zeitungsausschnitte aus der Zeit 1905 — I'Jl2. Die Artikel aus
Afrique Frangaise und Rens. Col. sind nur auszugsweise mitgeteilt. Für Zcitgcsclüchtliches ist stets
diese Haupttjuellc zu vergleichen. — Vgl. Reisen S. 153 ff.
[1856] Le Maroc en 1856. Par H. de T. d'Arlach. Paris 1856. Nc 4432.
[1859 — 1908] Maisonave, Espafia en Marruecos. In: Marruecos... Ano 2.
Num. 25, 1909. S. 468—76. Übersetzt aus: Questions Diplomatiqueset Colo-
niales. = Nc 8275.
14(> Kampfkmkyeh: Marokko-Literatur. LI. Nc II F 3b.
[1860] Correspoii dencia diplomätica relativa ä la t^uerra de Africa. Tratado
de paz. Conveiiio con la snnta sede. (Documeiitos presentados por el go-
bierno ä las Cörtes.) Madrid 1800. Nc 4436.
— Desde Vad-Ras ä Sevilla. Acuarelas de la canipafia de Africa por Jose Na-
\ arrete. Madrid [o. J.] = Folletin de el Croiilsta. Nc 44.38.
11873—1894] Eiuilio Hey Cola<,'o, .\puntes para la Historia del Reiiiado de
Mulcy Hassan. In: Marruecos . . . Afio 1. Nnni. 7. S. S. 1 — 7. 11 — 18.
Ano 2. Nuin. 9. S. 12-17. 1908.1909. =: Nc 3275.
— Ed. Michaux-Bellaire, L'lu'ritage de Moulay cl-IIasan. In: Rev. du
Monde Mus. Vol. 9. Nr. II. Nov. 1909. Par. S. 412-420. = Bb 875.
— L. Ordega, Le sultan Mulay Hassan. Souvenirs personols. In: Rev. bleue.
No. 24. Ser. 4. T. I. lGjuinl894. Par. S. 737— 739. y 982. 4°.
[1893] La conqnista du Marruecos en el ano 1893. Estudio de la ultima cam-
pana llevada ä cabo por franceses, ingleses )' alenianes en el impeiio de Mar-
ruecos por un Kai d -Er-Rj ä (coronel) del Ejcrcito del ultimo Sultan. Tradu-
cida para El Mercantil Valenciano. Tanger 1891. Nc 4503.
— L. Ordega, Esuagnols et Maures. In: Rev. bleue No. 2. Sor. 4. T. 1. 13janv.
1894. Par, S. 48—52. y 982. 4o.
— Marmecos — ElRif. Melilla. Peligros — Desaciertos de Espana. Urgente necesidad
de reniediarlos. Mancra de hacerlo. Nociones de polilica liispano-marroqui por
(r. Reparaz. Madrid 1893. Nc 4505.
|I896] The condition of Morocco. By Jon Perdicaiis. In: The Imper. and As.
Quarterly Review .. . ThirdSeries. Oct. 1896. Vol. 2. No. 4. S. 315— 329.
y 967.
I Nov. 1900 — März 1902] With the Sultan of Morocco. By Arthur Schneider...
Introduction by Talcott Williams. In: The Century Magaz. Vol. 66. May
1903. Nr. 1. New York, London. S. 3-30. 111. y 966.
II90I-I902] The Sultan of Morocco f Abdul-' Aziz] in Private Life. By Walter
B. Harris. In: Blackwood's Edinburgh Magaz. No. 1073. Marcii 1905.
Vol. 177. Edinb. S. 307—322. 111. y 965.
|I902] The Sultan of Morocco journeys toward Fez. By Arthur Schneider...
In: The Century Magaz. Vol. 66. June, 1903. Nr. 2. New York, London.
S. 163-176. III. y 966.
[1902-1908] G. Delbrel, El Pretendiente y .sus »Harkas« en el Nordeste Marroqui.
Su doininacion en el Rif 1902 — 1908. In: Marruecos. Ano 2. Num. 13—22.
1909. = Nc 3275.
|I903] Hermann Albrecht, Marokkanische Zustände. In: lU. Zeitung. Nr. 3107.
Bd. 120. Leipz. und Berl. 15. Jan. 1903. S. 84-88. IH. K. y 1054. 2".
— Die Unruhen in Marokko. Von R. Jannasch. In: Export... Jahrg. 25.
Nr. 5. 6. Berl., 29. Jan., 5. Febr. 1903. S. 59—62, 72-73. y 10:.5. 4°.
— Rudolf Zabel, Bilder vom marokkanischen Aufstand. In: lil. Zritung. Nr. 3110.
Bd. 120. Leipz., 5. Febr. I9U3. S. 191—193. 111. y 1054. 2«.
— A travers le Maroc revoltc. Par Rcginald Kann. In: Lc Tour du monde.
Llvr. 4. 5. Nouv. srr. Annce lU. 23. 30 janv. I Kampffmkvkb: Marokko-Literatui-. II. NC II F 3b.
[1908 1909] Auguste Terrier, La canipague de la Chaouia en 1908—1909.
L'ttnivrc du göntTal «l'Auiadc. Iii : Rens. Co). . .. Aiuiöe 1911. No. 6. S. 137— 146.
III. — Ti 28:\ 4".
— -How I becanie kaid of the Moioccau anny.» Tlie Story of a Twentieth Cen-
tury Kinguiaker . . . by (Andrew) Beiton. In: Na^h's Magazine. Vol. 2. No. 15.
June 1910. London. S. 832-848. y 1285.
|I909] Ueld Al-Farez. Una Enibajada Espafiola en la Corte Xerifiana. In: Mar-
luecos ... Aüo 2. Xum. 13-15. 1909. = N.- 327.5.
— Bibliografi'a de la Campafia de Kalaia-Kabdana (19i)9). Extracto de la Bio-
bibliograffa geiieral de Marruecos des>de los prinieros ticnipos hasta nuestros
di'as ... Madrid 1911. No 4600.
— General de Turcy, Les Espagnols au Maroc en 1909 ... Paris-Nancy 1910.
111. KK. " Nc 4603.
— Lopez Alarcön, Enrique, Cronica de im testigo. Meiilla, 1909. Diario de la
guerra escrito durante las operaciones iiiiütares en el Hif, Editado para los lec-
tores de El Mundo Militär [1911]. Nc 4605.
— La mission de M. Regnault a Fez. In: LAfr. Fr. Aiinöe 19. 1909. No. 2 — 4.
S. 85-80. 112-113.' 144-145. 111. = Ti 285. 4".
[1909-1910] Vgl. TI 142. 4", Garcialavin.
— Cancel, A la poursuite des rezzous Maroeains. Dans les ergs El-Atiinine et
Iguidi. Operations des groupes mobiles des Compagnies sahariennes de la Saoura
et du Touat. (Nov. 1909- Janvier 1910.) In Rens. Col. Annöe 1911. No. 7.
S. 167—178. = Ti 285. 4".
|I9I0] J. Ladreit de l.acharriere, L'oeuvre franvaise en Chaouia. In: Rens. Coi.
Annee 1910. Xo. 9-12. S. 261-290, 331-3.52, 371-.]79, 403-408.
=r Ti 285. 4".
— P[aulJ A[zaii], Resulsats maroeains. In: Rens. Col. Annee 1911. No. 10. S. 254
bis 256. = Ti 285. 4«.
[1911] Torcy, General de, Espafia y Francia en Mairuecos ä principios de 1911.
Traducciön de la Scgunda Ediciön Francesa con Prölogo y Notas por el Tra-
ductor. Madrid 1911. Nc 4615.
— Les Espagnols ä Larache et a El-Ksar. In: L'Afr. Fr. Annee 21. No. 7.
Juillet 1911. S. 267— 269. — Ti 285. 4".
— Henri Gaillard, L'insurrection des tribus de la region de Fez. In: Rens. Col.
Annee 1911. No. 11. S. 257-264. = Ti 285. 4".
— Breniond. Le rapport du Conimandant Breniond sur le siege de Fez. In: L'At'r. Fr.
Anm'e 21. No. 9. Sept. 1911. S. 318-320. - — Ti 285. 4«.
— Montalembert, A. de, En Colonne chez les Zacrs. In: IJens. Col. Annee
1911. No. 12. S. 314-317. K. = Ti 285. 4".
— Briefe au Marokko. I-VIIL In: Straßburger Post. 1911. Nr. 659. 692.
7(i9. 724. 749. 7i;4. 774. 828. Straßburg. y 1517. 4".
-Vus Schauia. VIII über die deutschen Interessen im Sus.
— Guespereau, Lc Haut-Guir en fin decenibre 1911. In: Rens. Col. 1912. No. 5.
S. 199-203. K. = Ti 285. 4".
— Au Maroc: Impressions dun tenioin par .\ndre Coli iez. In : L'Afr. Fr. Annee -2.
No. 8. Aoüt 1912. S. 306-309. = Ti 285. 4".
— Pobeguin, Le naufrage du paquebot -Delhi". [Lettre.] In : l.Afr. Fi-. Annee 22.
No. 1. Janv. 1912. S. 44-45. = Ti 285. 4".
Kampffmeykr: Marokko-Liteiatui'. II. NcIIFSb— c. 140
(1912] L'aube du Protectorat Marocain. In: LAfr. Fr. Amioe 22. No. 3—10.
Mars-Oct. 1912. S. 83-92. 130-137. 172—188. 214—223. 267-272. 31(5-320.
347-3(36. 389 -399. 111. 1 PI. von Fes. = Ti 285. 4°.
— Les confins alg('ro-niarocains. In: L'Afr. Fr. Anm'e 22. No. 6. 1912. S. 230
bis 231. = Ti 28.5. 4".
— La rebellion de Fez. In: LAfV. Fr. Annee 22. No. 4. Avril 1912. S. 159
bis 160. = Ti 28,'). 4".
[1913] La dclivrance de Mairakech et les Operations de pacification. Rapports du
Colonel Charles M angin. In: Rens. Col. 1913. No. 2. S. 49— 73. 111. K.
— Ti 285. 4".
— Auguste Terrier, Inipressioii.s du Maror. In: L'Afr. Fr. Aniu'e 23. No. 7.
Juillet 1913. S. 255-265. III. K. = Ti 285. 4".
Allgemeine Verhältnisse, gut i-ur ()i-ientierung.
— Les inemoires Mannesniann. In: Rens. Col. 1913. No. 12. S, 427 — 432.
= Ti 285. 4".
— J. C, L'action espagnole an Maroc et l'affaire Mannesniann. In: L'Afr. Fran«;.
Annee 23. No. 12. Dcc. 1913. S. 452-4.5S. -^ Ti 285. 4".
[I9I4J Deux agitatenrs marocains: Le rogui et Kl-Hadjanii. In: L'Afr. Franf.
Annee 24. No. 5. Mai 19N. S. 210-214. =r Ti 28.5. 4".
— A la colonne de Taza. Von J. Ladreit de Lacli arri ('re. In: L'Afr. Frany.
Annee 2L No. 6. Juin 19U. S. 237— 248. Jll. KK. == Ti 285. 4°.
— La Politique berbere et l'action chez les Zaian. In: L'Afr. Franc;. Annee 24.
No. 6. Jnln 1914. S. 2.57-260. K. — Ti 285. 4".
c. Einrichtungen, Vcrfa.ssung u,sw. von Marrokko bis zur Begründung des fraii-
zösi.schcn Protektorats (I S. 42 ff.).
A'^gl. De II 3 Ruiz. — Vgl. l,b i c. — Vgl. Sb 3 c Maire. — A''erwaltung usw. des französischen und
spanischen Protektorats s. Ld.
Einkünfte (Monopole, Steuern, Zölle).
Vgl. Lb 2c Michaux-Bellaiie.
— Abd es .SC lein, L'organisation financicre de l'enipire marocain. Paris 1911.
Nc 5100.
— Xavier Lecurcul, Hit^torique des douanes au Maroc. Li: Arch. Mar. Vol. 15.
fasc. 1. Paris 1909. S. 33-54. = Nc 2805.
— P. Paquignon, Le Monopole du tabac au Maroc. In: \Ig\ . du Monde Mus.
Vol. 13. No. 3. Mars 1911. S. 494-508. r= Bb 875.
Heerwesen und Verwandtes. — Rogalla v. Bieberstein, Die inaroklcanische Armee.
In: 111. Zeitung. Nr. 3114. Bd. 120. Leipz. 5. März 1903. S. 335-341.
y 1054. 2».
— K[arovv], C[apitain], Die nunukkanische Flotte. In: Hamburger Correspondent.
Nr. 335. 4. Juli 1905. y 1196. 4°.
— Jose Alvarez Cabrcra. La ('aballeri'a Marroqui. In: Marruecos . . . Ano 2.
Num. 9. 1909. S. 1-11. = Nc 3275.
— Ricardo Ruiz, El Ejercito Marroqui: La Guardia Negra. In: Marruecos . . .
Ano 2. Num. 13. 1909. S. 109-115. = Nc 327.5.
PosL — I'^d. Michaux-Bellaire, Une tentative d'organisation postale niarocaine.
In: Rev. du Monde Mus. Vol. 15. No. 7. 8. Juillet-Aout 1911. S. 90_96.
= Bb 875.
11*
150 Kampffmeveh: Marokko-Literatur. II, Nr II F 4— Ob.
Sklaverei. — Kd. Micliaux-Bellaiie, L'esclavage au Maror. In : Ui*\. du Monde
Mus. V(.l. II. Nos. 7-8. JuiUet-Aout 1910. S. 422— 427. — Bh 875.
Verwaltung, Hof. — L'Aministratioii au Maroc. — Le Makhzeu, ctendue et llmite.s
de son pouvoir. Par H. Gaillard et Ed. Michaux-Bellaire. Tanger 1909.
Aus: Congres de rAfrique du Nord. 1908. y 1220.
[Stein führer.] Die Staatsverfassungen des Erdballs. III. Afrika. 155. Ma-
rokko. Charlottenbg. 1909. y 954. 4".
4. Maiükkofrage (1 S. 44).
Vgl. die Bemerkung 1 S. 44. Die Saninilurg ist weiter erlieblieh vcrnielirt Dabei außer reiihster
läfcratur aus Zeitschriften und Zeitungen auch sclbstSiidige Sclirilten, so: 1. Deutsclie Literatur: Krieg
mit Frankreich? [1905?] Nc 5600. — Gust. DIerckS, Hlnrokkofrage 1906. Nc 5620. — Kurt EiSner,
Sultan des Weltkrieges. 1906. Nc 5625. — Albr. WIrth, Jlarokko. 1908. Nc 5640. — Otto LIman,
Krieg wegen Mar.? [1908.] Nc 5650. — G. Kampffmeyer, Irreleitung. 1910. Nc 5665, — A. Fischer,
mar. Berggesetz. 1910. Nc 5667. — G. Kampftmeyer, Schlußwort. 1911. Nc 5669. — Hajis A. Osman,
Fall Jlanncsmann. [1910.] Nc 5673. — Ders. . ^lannesniannrechte (1910). Nc 5674. — Hans Weh-
berg, Ansprüche iMannesmann. 1910. Nc 5677. — Iliinrich Class, West-Marokko deutsch! 1911.
Nc 5685. — Albr. WIrth, Entscheidung über Marokko. 1911. Nc 5C92. — 2. Französische Literatur:
•lean Hess, La riuestion du Maroc. 190.3. Nc 6100. — Caniille Fidel, L'Opinion allemande. 1905.
Nc 6120. — de Torcy, L'Esp.ngne et la France. 1911. Nc 6140 (Vgl. Nc 4G03) — Charles Maurras,
Kiel et Tajiger 1895—1905. Kd. 4. 1910. Nc 6150. — de Castellane, Maroc 1904—1908. Nouv. ed.
1911. Nc 6160. — John Grand-Carteret, Francc-Allemagne-Mamc (97 caricatures). 1911. Nc 6170. —
'A. Spanische Literatur: intereses de Esjiaüa en Blarruceos 1884. Nc 6600. — Manuel Maria de Arrlola,
La acciön de Kspafia. 1897. Nc 6640. — Manuel de Luque y Fedcrico PIta, Estudio. 1902.
Xc 6C80. — Gabriel Maura Gamazo, La cuestiön de Mar. desde el punto de vista cspanol. 1905.
Nc 6710. — Dass. , franz. von Henri Blanchard de Fargos. 1911. Nc 671.5. — Gonzalo de Reparaz,
Politica de F^spaüa en Africa. 1907. Nc 6730. — 4. Englische und sonstige Liler.itur: Charles Rosher,
Light for John Bull on the Moroccan question. 1911. Nc 7000. — Vico Mantegazza. II Marocco
e TEuropa. 1906. Nc 7090.
Ne Biographisches (I S. 45).
El Padre Jose [Lerchundij. Recuerdos de la vida y obras de un fraile franciscano.
Madrid 1896. Ne 225.
A. L[e] C[hat6lierl. rj. Salmon, chef de mission. In: Arch. M;u'. V\)i. 7. 1901».
S. 463-473. Ne 360.
Biografla del doctor Francisco Javier Simonet . . . escrito por su Hisclpulo Antonio
Alinagro y Cärdenas. Granada 1904. Ne 365.
0. Erd- und Länderkunde.
Ob II. Mittelmeerländer: Allgemeiner Teil (1 S. 47.).
Ali Bey's el Abassi Reisen in Afrika und Asien in den .Jahren 1803 — 18"7 . . .
Abt. 1 . . . 2 . . . AVeimar 1816. Ob 505.
Jerez Perchet, Augusto, Impresiones de viaje. Andalucia. — El Riff. — Valencia.
— Mallorca. Malaga [1870]. Ob 824.
III. Afrika.
A. Allgemeines.
Les explorations espagnoles en Afrique. In: Rens. Col. 1913. Nr. 10. S. 370 f.
^ Ti 285. 4".
■ (iuin^e e.ipagnol«. — Le Maroc «t le Nord-Ouest .it'ricaiu.
Kasipffmeter : Marokko-Literatur II. Ob HI B 6 151
Les trois voyages de Mungo-Park au Maroc et dans rintcrieur de l'Afrique <. Ob 4G80.
— Die Grundlagen der Marokkofrage. Aus: Zeitschrift C. Politik. Hd. S. Heft 3/4.
Berlin 1015. S. 207- 3S0. ' y.
Ladreit de Lacharrlire, J.. Dans le snd et l'ouest du Maroc. Mission Ladreit de
Lacharriere. Hapjjort au Comitö du Maroc. In: Kens. Col. Annee 1012. Nr. 2
bis 4. S. 20— 47. 111-114. 1.54-173. 111. KK. = Ti 285. 4°.
Uuch-Altas, Süs, Marrakcsch, Schaui.'i.
La Martiniere, H.-M.-P. de, Notice sur le Maroc. Par. 1807. K. III. Aus: La
Grande Encyclopedie. T. 23. Ob 472U.
Am .Soliliiß eine Ribliogrni>liie.
Machat, J., La gcographie physique du Maroc. In: Revue generale des Sciences
pures et appli(|uees. Annee 14. No. 1. 15 janvier 1903. Paris. S. 12—28.
111. KK. y 1171. 4°.
Ovila y Canales. Felii)c. Kstado actual de Marruecos. Conferencia dada en el Atenes
de Madrid el 17 de abril de 18i<8. Madrid 1888. Ob 4777.
Valdes, Salvador, Apuntes sobre el iniperio de Marruecos. Madrid 18.'j0. Ob 4892.
Ward. H. J. B, Mysteiious Morocco and how to appreciate it. London o. .1. [1910.]
111. K. Ob 4912.
Weisgerber, F.. Voyage de reconnaissance au Maroc. Partie 1. Orograpliie, Hydro-
graphie, Geologie. Partie 2. Cliniat, Flora, Faune, Population. In: Kev. gen. des
Sciences pures et appl. Annee 14. No. 8. 9. 30 avril. 15 mai 1903. Par.
S. 43.i— 4.50. .509-519. 111. KK. y 1002. 4".
cc. Vermischtes (I S. 53).
Aycart y Lopez, Lorenzo, Badia, Murga, Jaudcnes. Sintesis de los trahajos reali-
zados en Marruecos, en el präsente .siglo, por los exploradores espanoles. Dis-
curso . . . Madrid 1888. Ob 5016.
Cabrera, Jose Alvarez, Sistema Orogräliro de Marruecos en sus relaciones niilitares.
In: Marruecos ... Ano 1. Nuni. G. S. 11—17. l.X>8. = Nc 3275.
Caix, Robert de, La Population du Maroc. In: LAfr. Fr. Anm'e 23. No. 5. Mai
1913, S. 179-182. = Ti 285. 4«.
Erg.inzung zu Larras (s. unten), (»esamtbcvölkcrung um .3 Millionen.
Emliy, Sliareefii of Wazan, My life story. Edited for Mnie. de Wazan by S. L.
Bensusan. With a preface by R. B. Cunninghanie Graham. London
1911. III. ' Ob 5090.
— — Reynolde Ladreit de Lacharriere, Les Souvenirs de la cherifa d'Ouezzan.
Li:L'Afr. Fr. Annee 22. No. 4. Avril 1912. S. 158— L59. — Ti 285. 4".
Fischer, Aug., Land und Leute von Marokko. (Vortrag;.) Aus: Mitt. des Vereins
für Erdkunde zu Leipzig. 1907, S. 21— 24. y 1197.
In Marokko. [Nach einem Bericht von Steven in -The Bible of the World-.] In:
Bibelblätter 1012. Nr. 1. S. 5 — 8. Beilage zu: Evangelisches Missions Magazin.
Neue Folge. 56. 1912. = Je 725.
Larras, N., La population du Maroc. In: La Gcogr. XIII. No. 5. Annee 1906.
15 mai. Par. S. 337— 349. K. y 996. 4».
Marenca, Servando. Errores Geogräficos. In: Marruecos ... Amo 1. Num. 1. 1908.
.S. 9-15. = Nc 3275.
Kampffmeyer: Marokko-Literatur. II. Ob III B (i, b. lo'ü
Le Maroc ä lexposition universelle de Gand. In: L'ACi: Fr. Aniice 23. No. 6.
.Tuin 1913. S. 230—234. III. ~ Ti 285. 4».
Mauran. Le Maroc d'aujourdluii et do deniaiii. Rabat. Etudes Sociales. Paris 1909.
Ob. 5222.
Melila, Jose, Le Maroc inconiiu. In: La Revue. Annce 15. Vol. 52. No. 20.
15 Oct. Ser. 4. 1004. Par. S. 481—589. y 998.
AUgenieinlieiten: einiges Besoiulere über die Juden in Tetuaii und .sonst in Marokko.
Palmgren, Bilder aus Marokko. In: Kolonie und Heimat. Jahrg. 4. Nr. 46. 1911.
S. 6-8. lil y 1436. 4°.
Schnell, P., Das uiar()kkaniscl\e Atlasgebirge. Quellenmäßig dargestellt . . . Gotha 1892.
=: Petermanns Mitteil. Ergänzungsheft Nr. IdB. K. = Oa 2052. 4°.
— L'Atlas marocaln d'apres les docoments originaux par Paul Schnell ... Tra-
duit . . . par Augustiii Bernard. Paris 1898. =: Publications de l'Ec. des lettres
d'Alger [XXI]. = Bb 1083.
Walter, Hermann, Das Deutschtum in Marokko. In: Tägl. Kundschau. 1911. Nr. 124.
171. 173. 179. 183. 1913. Nr. 82. 83. 84. Vgl. unten S. 156. y 1661. 4°.
b. Reisen (I S. 53 ff.).
[1666] Verhaal van een Reyse, Door Roland Fr ejus. Van de Stadt Marsili uyt
last van den Koning van Vrankryk aan Mouley Arciiy . . . Gravenhagc 1698.
An: St. Olon, Beschryving van het Keyserryk \an Marokko. III. KK. Ob 5560.
Playfair-Biown Nr. 248.
[1682. 1693] G. Bon et- Mau ry, Deux Ambassades Frangaises au Maroc sou=i
Louis XIV (1681—1693). In: Rev. bleue. No. 17. Ser. 5. T. 5. 28 avr.
1906. Par. S. 517—20. y 982. 4".
1682 Saint Amans, 1693 Pidoii de Saint-Okm.
[1693] St. Olon, 1698 (1 S. 54 Ob 5592) auch als erstes Stück in Ob 5560, .s. oben.
— Vgl. '.u 1682.
[1789] Mungo -Park s. Ob 19.S5.
[Um 1789] N. Slousch, Le Maroc au dix-huitieme siecle. Memoires d'un conteui-
porain. In: Rev. du Monde Mus. Vol. 9. No. 11. 12. Nov., Dec. 1909. Par.
S. 452-466. 643-664.
Aus dem Bericht (Massa Ba'arali) des Samuel Aaron R o m a n e 1 1 i , vgl. Playfair-Brown 17:13.
[1790 — 1791] A tour from Gibraltar to Tangier, Sallee, Mogodore, Santa Cruz, Taru-
dant; and thence ovei- Mount Atlas to Morocco ... By William Lempriere.
London 1791. K. Ob 5687.
[1861] Rohlfs, Reise nach Wazzän s. I S. 05 unter Wazzan.
[1863] Relacion del viaje a la ciudad de Marruecos que por disposicion del excmo.
Sr. D. Manuel Pando, Marques de Miraflores . . . verificö en el mes de mayo de
1863 Franci-sco Merry y Colom. Madrid 1864. Ob 5793.
[1880] Wanderungen durch Marokko. Von Jakob Schaudt. In: Zeitschr. der
Ges. für Erdk. zu Berl. ... Bd. 18. 1883. S. 290-304. 393-411. KK.
= Oa 1845. 40.
[1882?] Observaciones de un viaje por Marruecos. Conferencia . . . por Eniilio Boneil i
Hernaudo. Madrid 1883. piayfair-Brown Nr. 1.524. Ob 5892.
[1885] Les «chemins des ambassades« de Tanger ä Fa.s et Meknäs en 1885 par
Henri Duveyrier. Aus: Bull, de la Soc. de Gi'ogr. Ser. 7. T. 7. Trim. 3.
1886. S. 344-363. y 1^75.
154 KAMPrrMZTiB: Marokko -Literatur. 11. ObDIBö, b
[1890] (W. Beckmann.] Eine deutsche Gesandtschaftsreise in Marokko. [I— XI]
XllI (Schluß). Aus: Köln. Zeitung. 1890. 20. April-6. Juli. y 1135. 4°.
— Zum Sultan von Marokko. Reise der kaiserlich deutschen Gesandtschaft nach Fez.
Von W. Beckmann. [I] II. .\ns: Frankf. Zeitung. 25.4.1890 und 23.5.
1890. y 113t). 40.
— Eine Gesandtschafitsreise nach Marokko. Von Wilhelm Beckmann. II. III
(Schluß). Aus: Über Land u. Meer. 1890. No. 46 u. 47. 111. y 1138. 4*>.
— Bilder aus Marokko. Von Wilhelm Beckmann. II. Aus: Der Zeitgeist.
1890. I in Nr. ly .les Zeitgeist. y 1137. 4».
[1897—981 I" Moorish Captivity. Am account of the -Tourmaline- Expedition to
Bus, 1897—98. By Henry M. Grey. London 1899. III. Ob ü030.
[1900] A. de B., Au Maroc. De Tanger ä Marrakech. Journal de voyage. In: Rev.
bleue. No. 21. 22. 23. Serie 4. T. 13. 26 mai, 2. 9 juin 1900. S. 641-647.
677—683. 717—721. y 982. 4°.
nllnc grande puissance ayant cree un poste diplomatique au Maroc son premier repre-
sentant, mon mari, dut se rendre ä la cour cherificnne . . .« Landreise von Mazagen aus.
[August 1900?] Excursion au Maroc ... par Albert Maeterlinck. In: Bull, de
la Soc. Koy. de Gcogr. d'Anvers. T. 24. fasc. 1. Annees 24 et 25. 1900.
Anvers. S. 55—82. y 1021.
Dampferfahrt längs der Westküste mit Besuch der verschiedenen Städte von Tanger ab
.■Vm Schluß: Justice indigene, justiee juive und justice consulaire. Der Verf. ist
.\dvokat.
[1901] Reisebriefe aus Marokko. Von G. Kampf fmey er. I — XIII. Aus: Vossische
Zeitiuig. 1901. Xr. 13.i. 165. 167. 2u3. 209. 217. 233. 249. 251. 253. 255.
2.57. 259. y 1371. 4o.
[Oct. 1900— März 1901] A special mission to Morocco. By E. Montet. In: The
Imper. and. As. Quarterly Review . . . Third series. Oct. 1901. Vol. 12. Nr. 24.
Woking. S. 306-329. y 967.
(Landweg) Tanger — Larasch — Rabat — Casabl. — Azemniur — Mazagan — Marrakescli — Amiz-
miz— Kasba Mzuda — Iraintanut — Tiggi — Dar Uld Emflüs — !Mogador.
[Januar 1901] Edouard Montet, Dans Tintcrieur du Maroc. De Mogador ä Mazagan
par Safi et Oualidya ... In: La Revue. Annee 16. Vol. 55. No. 8. 15 avr.
Serie 4. 19U5. Par. S. 516—528. y 998.
[Frühjahr 1902] Excursion ä Fes et ä Mekncs. Par R. de Flotte de Roquevaire.
In: Bull, de la soc. de gcogr. commerc. de Par. T. 24. 1902. No. 5. 6. 7. 8. 9.
Par. S. 295-310. Ob 6190.
[1903] Zabel, s. I S. 79 und unten S. 165.
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1904—1905. Paris 1910. Ob 6240. 4°.
— Mission de Segonzac. Dans le Bled es Siba. Explorations au Maroc. Par
Louis Gentil. Ouvrage public sous le patronage du Comite du Maroc. Paris 1906.
Ob 6242. 4".
Robert de Caix, Au cn'ur de l'Atlas. In: L'Afr. Fr. Aniice 20. No. 6.
Juin 1910. S. 200—208. = Ti 285. 4°.
Ans obigem Werk.
[1905] Marokkanische Reisebilder von L. Bassenge. In: Mediz. Klinik .. . Jahrg. 2.
Nr. 16. 17, vom 22. und 29. Apr. 1900. Berl. y 626. 4°.
Tangcr-Fes.
— Bruno Richter, Bilder aus Marokko. Eine Reise nach Fes. In: Kolonie und
Heimat. Jahrg. 4. Nr. 44. 1911. S. 7—9. 111. y 1436. 4o.
Kampffmeter: Marokko-Literatur. II ObHIBö, c 155
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Marrakech ä Fes en 1907—1908. In: Rev. du Monde Mus . vol. 22. Mars 1913.
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[1908] H. Handke, Von Tanger nach Fes. In: Dresdner Anzeiger. Jalirg. 179.
Nr. 281. 282. 288. 1€. 11. 17. Oktober 1908. y 1393. 4°.
[1909] Nach Fes. 1.— 6. Von L. Karo w. In: Voss. Zeitung. Nr. 359. 361. 36:}.
365. 375. .379. 4. 5. 6. 7. 13. 15. Aug. 1909. Berl. y 952. 4".
[1910 — I9IIJ Marquis de Segonzac, Le long des pistes nioghrebines. In: L'Afr. Fr.
Annee 23. No. 6. Juin 1913. S. 213—216. = Ti 285. 4°.
Vorrede zu dem Buch von Mme Ladreit de Lacharricre.
[1911] Marokko. Wirtschaftliche und soziale Studien in Maiokko 1911. Von Alexan-
der K reut er. Berlin 1911. 111. Ob 6270.
[1912— 1913] Les Voyages du chcrif Tidjani de Fez ä la MoulouTa. In: Rens. Col.
1914. No. 5. S. 196—200. 1914. =r Ti 285. 4°.
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Ob 6280.
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Der Norden (I S. 60ff.).
Artbauer, Otto C, Das Rif und seine Bewohner. In: Urania . . . Jahrg. 2. Nr. 32.
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tistik. Jahrg. 32. Heft 2. November 1909. Wien. S. 55-69. 111. y 1178.
— Die Rifpiraten und ihre Heimat. Erste Kunde aus verschlossener Welt. Stutt-
gart 1911. 111. KK. Ob 8259.
Attanoux, J. Bernard d', Au Maroc. Les pirates du RifF. In: Questions Diplom.
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Un prisionero en el RifF. Memorias del a3Tidante Alvarez por Manuel Juan Diana.
Obra geogräfica, descriptiva, de costunibres, y con un vocabulario del diaiccto
rlffeno. Tercera edicion. Madrid 1860. Pl.-Br. No. 815. Ob 8269.
Moulieras, Auguste, Le Maroc inconnu . . . Partie 1. Exploration du Rif (Maroc
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Rittwagen, Guillermo, Argelia y Marruecos. In: Cosmopolita. Aüo 2. Nüm. 5.
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Küsten(ahrt im Norden mit dem Turti (Kai>. Karow) bis Adscherud.
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5. Sept. 1907. 8.390-396. y 1207. 2».
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du Monde Mus. Vol. 14. No. 6. Jum 1911. S. 514— 524. = Bb 875.
— Muro, Angel, Ocho dias en Tanger. Lnpresiones de un viaje agradable y
corto de cuatro buenos amigos, sin equipaje . . . [Folgt auf dem Titel Spezial-
rechnung über die Reisekosten.] Madrid 1891. Pl.-Br. No. 2025. Ob 8365-
15t) Kampffmkyer: Marokko-Literatur. 11. Ob III B G. r.
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l.r iiit'ilc de 'raiigfi- .sous rocnipatioii aiiglaisi- (1001-1(584). 'J'iad. par A. Pcreti c.
In: Uev. du Monde Mus. Vol. 13. No. 3. Maivs 1911. S. 532— 549. DI,
= Bb 875.
— l{ondo.s, Eugenio. Kl Aba.steciiiiuinto de Aguas a Taiigei. In: Marruecos . . .
Ano 1. Num. -2. 4. 19u8. S. 14 - 20. 1« -21. =r Nc 327.'').
— — Las cantera.s de Tanger. In : Marruecos . . . Afio 2. Num. 24. 1909.
S. 433-438. = Nc 327.J.
— Rober -Raynaud. Lettre de Tanger. In: L'Afr. Fr. Annöe 24. No. 4. Avril
1914. S. 174— 17G. = Ti 28.5. 4".
- Ruiz, Ricardo. La kabila de Kl-Falis. Madrid 1907. .Vus: Boletin de la Real
Sociedad Geogräfica. }' 1192.
— — La kabila de Anyra (Del libro en prcparaciön: Desde el Muluya al Sebi'i).
Madrid 1908. Aus: Boletin de la Real Sociedad Geogräfica. y 1193.
— — Vandalismo. In: Marruecos ... Ano 1. Num. 7. 1908. S. 14— 18.
= Nc 3275.
— Walter. Hermann, Das Deutschtum in Tanger. In: Die AVoche. Jahrg. 13.
Nr. 26. Berl. 1. Juli 1911. S. 1095— Ui99. 111. y 1422. 4".
— Ansichten. Tanger dalla parte di Greco . . . [Angeblich von dem vene-
zianischen Cosniographen Coronelli.J o. 0. u. J. 1279 in Mappe III.
— Karten und Pläne. Piano di Tanger situato nel str[ettoJ di Gibraltar. [An-
geblich von Coronelli.] o. 0. u. J. 1280 in Mappe 111.
BouBeck'r, La baie de Tanger. In: Rens. Col. 1918. Nr. 3. S. 107. 1913.
= Ti 285. 4°.
— — Tanger et sa Banlieue. Carte levte et dressce par Mustapha Bey Ibra-
h i m , Ingenieur, Kaid Reha el Mohendessine, Ct- du Genie. Echelle ^^^ e.
.). O. u. J. T. 38 in Mappe II.
Ceuta.
— Relosillas, Juan J., Catorce meses en Cöuta. Narraciones que interesan ä
todo el mundo. Malaga 1886. Ob 8780.
Melilla.
— Cabrera, Jose Alvarez, Desde Melilla ä Seluän. (Forisetzung unter dem
Titel: .Seluän al Muluya.«) In: Marruecos .. . Ano 2. Num. 23. 24. 1909.
S. 401-410. 421-427. — Nc 3275.
— [Umschl. -Titel:] Memoria que Manifiesta el etsado y progreso de las obras
de mejora del puerto de Melilla y cuenta de ingresos y gastos durante el ano
de 1904. Melilla 1905. |IIaupt-Tit. :] Memoria referente ä la situacion de
las obras y estudios encomendados ä la Direcciön Facultativa de la Junta de
Obras del Puerto de Melilla. Ano 1905. Melilla 19ü5. Ob 9155 = T. 40. 4".
— Karten und Pläne. Piano de la Provincia de Guelaia . . . Litografia e Imprenta
Jose Gomez. Granada [vor April 1910[. 1585 in Mappe IV.
Port Say und die Kasbah Saida. * In : Der Tag- Nr. 647. 21. Dez. 1907. 111.
1362 in Mappe III.
Kampffmkyer: Marokko-Literatur. II. Ob III B 6, c. 157
Der Westen (I S. 62ff.).
Froidevaux, Henri, L'oeuvre de la mission liydrographique du Maroc. lii : Kens.
Col. Annee 1911. No. 2. .S. 3;3--45. = Ti 285. 4o.
Wertvolle zusamiftenfasscude Darstellung, mit iiinlassender n Bibliographie et Cartograpliie"
und einem Plan des Hafens von Tanger.
Arzilie. ecn oud eil .sterk Stedeken in het Koningryk vau Fez aeii de Spaen.sche Zee.
Zilla Kegionis Elhabad. in Regne Fez exiguuni oppiduni. [Stahlstich.] Amster-
dam [17.'>2]. 1543 in klappe III.
Larasch und Hinterland.
— Cahrera, Jose Alvarez. Notas Geogrätieo-Militares. Alcazar-Quibir y rio
Lucci'is. In: Marruecos . . . Anol. Nuni. 3. 1908. S. 5— 11. = Nc 3275.
— Caix, Robert de, Le Gharb. In: L'Afr. Frang. Annce 24. No. 2. Fevr. 1914.
S. 69-72. — Ti 285. 4o.
— Michaux-Bellaire, Ed., Le Gharb. In: Rcv. du Monde Mus. Vol. 16.
No. 12. Dec. 1911. S. 377-416. 111. = Hb 875.
— — Quelques tribus de montagnes de la region du Habt. = Arch. Mar. Vol. 17.
1911. K. = Nc 2865.
Notes .sur le Gharb. In: Rev. du Monde Mus. Tome 21. 1912. S. 1— 40.
=: Bb 875.
— — et A. Peretie, El-Q^ar Eg-Ceghir. In: Rev. du Monde Mus. Vol. 16. No. 12.
Dec. 1911. S. 329-375. 111. = Bb 875.
— W[alter], H[ermann], Der deutsche Hafenbau in Larasch. In: Deutsche
Tageszeitung Nr. 346 v. 11. Juli 1911. y 1663. 4«;
Slä-Rabät.
■"^gl. Ld II K Normand.
— Salee, eeu vermaerde Koopstadt, en roofnest, gelegen aen de Atlantische of
spaensche zee. Salla, celebre Africae emporiuni, ad mare Atlanticuni. [Stahl-
stich.] Amsterdam [1752]. 1544 in Mappe III.
— Rade de Rabat-Salee. Plan leve en 1906 par la Mission hydrographique du Comite
du Maroc ... 1 : 250('0. In: Rens. Col. 1913. No. 1. S. 23. = Ti 285. 4".
— Com-s inferieur de l'oued Bou Regreg . Aus: |(lst(Mi'. Huiidscliau.
1883. L No. ]. Wi<.M.| y 123L 4".
Taza.
— Taza L't la trout-o de Taza d'apres Ics aiici«Mi.s voyageur.s. In: L'Afi-. Franf.
Annee23. 1913. S. 396-402. 434— 430. Ainw-e 24. 1914. S. 8-15. 58-64.
109-125. III. KK. = Ti 285. 4".
— Lafavo. La ti-oueo de Ta/a. In : Hrii>. Col. l'.U 1. No. 2. S. 41— 55. III. K.
=: Ti 285. 4".
Tadla. V.-r.s KlionifVii. [Karte.) In: I. AfV. Frani,-. Ann.'.-. 24. No. 5. Mai 1914.
S~20.'). — Ti 285. 4".
Marrakesch.
— Karow. L., Kin 15e.snfli in Manakesch. (I.) (ScliluB.) In: Voss. Zeitung.
Berlin. 12. 7. und 23. 7. 1911. y 1552. 4".
— — YAne Reise in Südniarokko. Ausflug in den hohen Atlas. In: Vossische
Zeitung. 4., ().. 11. Juli 1911. Berlin. y 1541. 4".
— Botte, Louis, Marrakech uiie annt'e aprös la cünqn.'t.'. In: L.VfV. Fr. Annee23.
No.l2. D6c. 1913. S. 429-433. K. ~ Ti 285. 4".
— Lenioine, Paul, Le royaunic de Marrakech. In: La Gcograpliio. Bull, de la
Soc. de Geogr. XIL No. 1. Annec 1905. 15 .luiUct. Par. S. 21-28.
y 1071. 4".
— Ansichten. Marokko [Stahlstich]. H)()5 in Mappe III.
— — Anderer Stahlstich. 1666 (gerahmt).
— Karten und Pläne. Mangln, Charles, Kegion de Marrakech. In: Heus. Col.
1913. No. 2. S. 51. —. Ti 285. 4".
Oc. 9. Meere und Kiisten.
c. Mittelnieer und AfrikaiiLsche Küsten (1 S. 67 f.).
Expedition hydrographique sur les cotes du Maroc (1854). Aus: Soc. de G.'o-
graphie. 2e TrimCstre ISSL S. 227-246. y 1501.
Od. Karten.
IV. 8c. Marokko (1 S. 69).
Fezzae et Marocchi regna Africae celel)errima, de.scribehat Abrah. Ortelius.
Amsterdam [167(i|. Od 2017 in .Mappe IV.
Physisch - geographische Ski/./.e \on Marokko von Th. Fischej-. 1:4 000 00'.
Berlin. 0. J. [Um 1905]. Od 2105 in Mappe l\.
(Marokko und die Nachbargebietc. 1 Blatt aus Peterinanns Karte des IMittelländ.
Meeres 1 : 3 500 000. Gotha 1890.) T. 10 in Mappe IV.
Carte du Maroc ä l'echelle de 1 : I ()fK)Of 0. Dre.ssce sous la direction de E. Toutey.
Pari» 0. J; [1913]. Od 2420 (aufgezogen).
Kamvffmeyer: Marokko-Literatur. II. Pb— IM. 161
Carte du Maroc. Dressee sous la üirei-tion de Heury Barre rc. 1 : 10(^0000.
1913. Paris. — Carte du Maroc ... Notice sur la Construction de la Carte et
Index Bibliographique precedes d'une Vue d'ensenil)Iü sur le Relief du Maroc
par Louis Gentil. Paris. 1Ü18. Die Karte aufgezogen, die Notice in 8".
Od 2425.
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Mars 1914. S. 133. r= Ti 285. 4".
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Paysans marocains- CoUection Buchet. Mi.ssion scieut. du Maroc. In: Rev. du
Monde Mus. Vol. 14. No. 5. Mai 1911. S. 297— 312. = Bb 875.
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Tber Jas 'Ansar.n-Fest.
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Rb 620.
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S. 130-159. Paris. . y 1633
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Gentll, Louis, et A. Bolstel, Sur l'existence d'un remarquable gisement püoccne ä
Tötouan (Maioc). Aus: C. K. de l'Ac. des Sc, Paris. 37113. y 1271. 4°.
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Bull, de la »France Colonisatrice«. y 1491.
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No. 6. Jüin 1913. S. 23t-23^<. = Ti 285, 4».
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Vgl. Sehweinfurth De 1162. 4".
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Crustaceen.
Van Beneden, P.-J., Quelques nouveaux Caligides de la cote d'Afrique et de l'ar-
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No. 1. 1892. S. 241 -262. III. Kd 200.
Rf. Physik und Meteorologie (I S. 77).
Beobachtungen,. Deutsche überseeische meteorologische. Gesammelt und herausge-
geben von der Deutschen Seewarte mit Unterstützung des Reichs-Kolonial-Amts.
Heft 8. 9. 14. 15/16. 17. 20—22. [Hamburg 1899— 1914.] y 970 und 1718. 4o.
Enthaltend Beobachtungen über Mogador, Casablanca, Safi usw.
Dye, A. H., Magnetische Deklinationen in Marokko. In: Meteorol. Zeitschr. ...
Bd. 23. 1906. Heft 7. Juli. Braunschw. y 960. 4".
Nach »La Geosr.« XUI. Nr. 2. S. 147. Par. 15. Febr. 1906.
S. Medizin.
Sb. Medizin mit Bezug auf den Orient und Nordafrika
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schau. Jahrg. 2.). Nr. 13. '2H. März 1911. S. 208-209. y 1413. 1418. 4°.
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Weisgerber, F., Pathologie et Therapeulique marocaines. la: Rev. gen. des Sciences
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y 1002. 4".
Mit einer .Mibildiiiig des Dorfes I\Iulai J.i'(|ub bei Fes. — S. öl'i: Matiere medicale.
T. Wirtschaftliche Verhältnisse, Technik und Verwandtes.
Ta. Allgemeines.
2. Orient und Mittelmeergebiet im Allgemeinen (I 8. 78).
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Persien. Ein Handbuch usw. Ta 820.
3. Nordvvestafrika.
b. Marokko (I S. 78 f.>.
Von den hicrlicr geliörigen Zeitschriften: Bulletin Economlque du Marne, Bulletin mensuel du Syndicni
International pour la defense des intercts econonuijues au Maroc, [.'Indlcateur uiaroeain, La France
marocainc, Lc Moniteur du 3Iaroe, La Revue niarocaiiie besitzt die Bibl. einzelne Nuniniern. Mehr in
der Deuischen Auslands-Bibliotlick. Vgl. Kiimpffmeycr, Grundlagen S. 368.
Annuaire du Maroc 1906. 1912 ... Paris. Ta 1504 u. T. l'.>.
Aniiario cspanol de Marruecos. Convenciones y tratados. Leyes y reglamentos.
Histoiia. Geografla. Comunicaciones. Transportes. A'gricultura. Iiidu.stria.
Coniercio. Estadisticas de importaciön y exportaciön. 1913. Adniinistraciön
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Bernard, Augustin, Les productions naturelles, l'agriculture, l'industrie et le commerce
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Unterzeichnet ist der Artikel mit J. L[adreit de] L[ach:irricre]. = Ti 285. 4".
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No. 1. S. 20-26. 111. KK. zuz Ti 285. 4°.
[Karte:] Le chemin de fer d'Oujda ä Msoun. In: L'Afr. Franc;. Annce 23
No. 11. Nov. 1913. S. 390. = Ti 285. 4°.
Le chemin de fer de Tanger ä Fez. In: L'Afr. Frany. Annee 24. No. 4. Avril
1914. S. 171-173. K. = Ti 285. 4o.
Feder, Arthur, Ein algerisch-marokkanisches Hafenprojekt. Aus: Koloniale Rund-
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Garcia, Rafael Guerrero, Las comunicaciones marltimas entre Espana y Marruecos.
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= Nc 3275.
Kampffmeyer, G[eorg], Marokkanische Wirtschaftsfragen. Aus: Koloniale Rund-
schau. Heft 3. März. Berlin 1913. y 1657.
L[adreit de] L[acharriere], J., Le Port de Casablanca. In: L'Afr. Fran^. Annce 23.
No. 4. Avril 1913. S. 152-156. 111. K. = Ti 285. 4».
— Le mouvement de la navigation au Maroc en 1912. In: L'Afr. Fran?. Annee
23. No. 9. Sept. 1913. S. .346-347. = Ti 285. 4°.
Livret-guide du voyageur au Maroc et dans les pays voisins . . . Tanger 1908.
Supplement ä r»Lidicateur marocain«. y 1219. 4°.
Marseille et le protectorat du Maroc. In: L'Afr. Fr. Aunee 22. No. 3. Mars
1912. S. 95-98. = Ti 285. 4«.
D'Oran ä Guercif par chemin de fer. In: L'Afr. Fr. Annce 23. No. II. Nov.
1913. S. 389-391. K. = Ti 285. 4».
Les Ports du Maroc. (Von***.) In: L'Afr. Fr. Annee 23. No. 5. Mai 1913.
S. 186-190. = Ti 285. 4°.
Les ports du Maroc au XVHe siccle. In: Rens. Col. 1913. No. 10. S. 368f.
=: Ti 285. 4°.
Redier, Les routes de ChaouTa. In: L'Afr. Fr. Annee 22. No. 9. Sept. 1912.
S. 870-372. K. = Ti 285. 4°.
Rommel, Die Postrouten und Poststationen in Marokko. In: III. Zeitung. Nr. 3335.
Bd. 128. 30. Mai 1907. Leipz. S. 952-953. K. y 1054. 2°.
de Toroy, La Navigabilite de l'oued Sebou. In: L'Afr. Fr. Annee 22. I9I2.
No. 4. S. 1.52—158. = Ti 285. 4°.
1 G8 Kampffmbykh: Marokko-Literatur. II. Tp— Tl.
Tg. Finanzwesen.
3. Marokk(3 (1 S. 84).
Bonnet, I'ioire. l.a BaiKjue d'Etat du Maroc et Le Problome Maioiuiii. l'arib 1913.
Tg 330.
Caix. Kobert de, Leinprunt luarocaiii. In: L'Afr. FraiK;. Aiiiiee 23. No. 3. Mars
litis. S. 103-106. = Ti 28.'). Ao,
Ruiz, Ricardo, El sistcma monetario de Marrueoos. In : Mariuocos . . . Afio 2.
Niun. 12. 1009. S. 85—92. = Nc 3275.
Ti. Kolonisation.
2. Vermischtes (I S. 84).
über spanische Zeitschriften vi;!. K.inijjffmeyer, Grundlagen S. 302. Bestände in der Ik-utschcn
.\uslands-BibIiothek.
Delafosse, Mauiice, L'Ecole Coloniale. In: Rens. Col. 1914. No. 4. S. 137— 146. Hl.
= Ti 285. 4°.
Fomento de las poscsiones espanolas en .\frica. Dictamen approbado por la sociedad
econömica niatritense. Madrid 1885. Ti 362.
Lavollee, C, La colonisation fran^aise [in Algerien]. Au.s: Revue de l'Orient, de
TAlgerie et des Colonies. T. 9. 1851. S. 76 - 86. y 1512.
Nordafrika. Organ der marokkanischen Gesellschaft zu Berlin. Jahrgang I, 1903.
Im Auftrage der Gesellschaft herausgeg. von Dr. P. Mohr. Berlin 1903. (Nr. 1
bis 7 =: Beiblatt zu »Die deutschen Kolonien»). — Deutsche Monatsschrift für
Kolonialpolitik und Kolonisation (früher Nordafrika). Organ der deutschen Mittel-
meergesellschaft. Jahrg. II, 1904. Im Auftrage der Gesellschaft herausgeg. von
Dr. P. Mohr. Berlin 1904. — Deutsche Mouatsschrift . . . Jahrg. 3. Charlotten-
burg 1903. Ti 520.
Alles was erschienen.
3. Marokko (I S. 84).
Couillleaux, Le programme de la France au Maroc. L'organisation du protectorat
Les alTaires au Maroc. Paris 1912. K. Ti 775. 4°.
Jacquin, Pierre, L'action frangaise au Maroc. Etüde sociale administrative, ccono-
inique et politiqne. Par. (1911.) Ti 840.
Tl. Militärwesen (1 S. 84).
Vgl. d'Amade Nc 4596. Vgl. Nc H F3 c, S. 149, Heerwesen.
Dans l'armee d'Afrique. Mesures qui s'imposent. In: L'Afr. Fr. Annee21. No. 10.
Octobre 1911. S. 376-380. = Ti 285. 4o.
Untcrzeielinet ist der Artikel mit A. C.
Cabrera, Jose Alvarez, Orden de marcha del ejercito niarroqui y modo de combatir.
In: Marruecos ... Ano 2. Num. 11. S. 73—78. 19U9. = Nc 3275.
— La Guerra en Marruecos. Keconociinientos y servicios avanzados. In: Mar-
ruecos ... Ano 2. Num 14. 1909. S. 137- 147. = Nc 327.5.
— La Guerra en Marruecos. Columnas en operaciones. In: Marruecos ... Ano 2.
Num. 19. I9U9. S. 281—287. r= Nc 3275.
Kampffmeyer : Marokko-Literatur. II. Tl— ü. 1G9
Garcialavin, A., La guerra en Africa. Gui'a del combatiente. Madi-id. [1911.]
Tl 142.
Comniandant Mordacq, La guerre au Maroc. Enseigneiiieiits tactiques des deux
guerres fraiico-marocaine (1844^ et liispano-niarocaiae (1859 — 1860) . . . Editiou 2.
Paris. (1904.) Tl 250.
Las troupes noires. In: L'Afr. Fr. Annee 22. No. 4. Avril 1912. S.124 — 130. III.
= Ti 28.3. 4°.
U. Erzählungen mit fremdländischem Hintergrunde.
Ub. Nordafrika und Marokko (I S. 85).
Geniaux, Charles, Les Musulmanes. Paris 1909. Ub 120.
Meakin, Budgett, The place of Morocco in fiction. In: The Athenacuin . . . No. 3722.
Febr. 25. 1899. London. S. 242. y 97G. 4°.
• ■ In seinem »The Moorish Empire« hatte der Verf. ein Kapitel unter obigem Titel gegeben.
An eine kurze Übersicht der dort beliandelten Literaturwerlce knüpft der Verf. hier im Atlienaeum
die Bitte um IVIitteilung von Nachträgen.
170
Kampftmeyer: Inde;c 7.ur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
Index
zur Marokko-Literatur I. und IL Hälfte.
S. 1-85 — I. Hälfte, S. LSI -169 =: IL Hälfte.
Die in 1 S. 22— 26 und II S. 136— 137 «li.h.ibi'tiscli aufsefüluten ar.ibi sehen Verfasser und s.icli-
lichcn Stichwörter sind hier nicht wiederholt. — Der Index umfaßt wesentlich nur die Namen aller
Verfasser (außer den ar.ibischcn), weiter der Herausgeber und Übersetzer von orientalischen Werken
und die anonymen Titel. Jüt Rficksicht auf die systematische Ordnung des Katalogs ist von einem
Sachindex abgesehen. Nur vereinzelte sachliche Stichwörter sind aus praktischen Gründen eingefügt.
Ein * bei einer Zahl bedeutet, daß auf derselben Seite zwei oder mehr Veröffent-
lichungen des betr. Verfassers aufgeführt sind.
Abdelhafid 42
'Abd el 'Aziz Zenagui 13.t
Abdul- Aziz 41
Abkommen l'.)ll, Deutsch-franzö-
sisches, 141
Abkommen 1914, Französisch- tür-
kisches, 142
Abne Zikkärön, Denksteine 26
Abou-Djebel 55
Actas y memorias del Primer Congreso
Espafiol de Africanistas celebrado en
Granada 166
Acts in Mogrebi, The, 136
Adel mann von Adelmannsfelden,
Graf Sigmund, 58*. 65
Änderung, Tiefgreifende, in der Ver-
waltung Mauritaniens 66
Aereboe, Andreas, 40
Aflalo, M., 53
Africa Pilot 67
Afrique Fran^aise (Zeitschrift) 84
Agadir 158
Agrell, Olof, 54*
A hl ward t, Wilhelm, 18. 19
Akademieschriften 13
Aktenstücke über Marokko 32. 141
Alarcön, Enrique Lopez, s. Lopez Alarcon
Albino, Juan, 134
Albrecht, Hermann, 146
Alcalä Galiano, Pelayo, 64*
Alcaraz s. Llanos y Alcaraz
Aleniany, J., 43
Alermon y Dorreguiz 151
Algeciras-Akte 32. 141
Ali Bey 150
j A Imagro y Garden as, Antonio, 133*.
150
' Alphabet, Das, der Berbern 16
j A 1 V a r e z 155
I Alvarez s. Aza y Alvarez
I Alzola, Pablo de, 84
jD'Amade 42. 147
I Aniann, Ernst, 62
JAmar, Emile, 25. 186. 139*
JAmari, M., 23
lAmicis, Edmondo de, 56*
'Aniondareyn s. Tello Amondareyn
; Amor, Fernando, 55
j A n d r e e 68
I Andrieu, E., 82
Anfa 03
Anfreville, L. d', 82
Annuaire du Maroc 78. 164
Ansicht, Die, eines Marokkaners über
die europäische Kultur 39
Ansichten 61 ff. 156ff.
Anuario espafiol de Älarruecos 164
Apollinaire deValence 53
Arrhives Marocaines 37
Arcisas, Augustin d', 54
Arco y Molinero, Angel del, 133
Arevalo, Kafael, 19. 133
Arganbaum 165
Ar! ach, H. de T. d', 145
Kampffmever: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
171
Arnold, Fr. Rudolf L., 46. 78
Arnoye 63
Arribat, Jules, 135
Arriola, Manuel Maria de, 150
Artbauer, Otto C, 155*. 157
Arzilie, Arzilla 62. 157
Ashbee, H. S., 50
Asmussen, P., 29
Attanoux, J. -Bernard d', 144. 155
Aube, L', du Protectorat Marocain 149
Aubin, Eugene, 52
— , Paul, 140
Auer, Grethe, 58. 85
August in, Ferdinand Freiherr von, 52.55
Aus allen Weltteilen 45
Ausfuhrhandel, Winke für den, mit
Marokko 82
Ausgrabungen in Afrika 34
Ausland, Das, 45
Auxiliaire de l'arabisant, L', 134
Avezac 66
Aycart y Lopez, Lorenzo, 152
Aygalliers, P. d', 80
Aymard, Am., 133
Aza y Alvarez, Mäximo, 69
Azan, Paul, 148
A z e m m u r 63
Azila 62. 157
Baasch, Ernst, 81
Baedeker, Karl. 47. 67
Baeumen, August von, 40
»Bakir-Khodja«, Ammar ben Hassein,
184
Baien, J. Hendrik van, 85
Ball, John, 55. 75
Balodon, R., 78
Banque d'Etat, La, du Maroc 84
Banse, Ewald, 49. 50
Barbier du Bocage, V. A., 52
B arges, J.-J.-L., 23*
Baron, A., 144
Barrachina, s. Boronat y Barrachina
Barrere, Henry, 161
Barth, Heinrich, 48. 49
Bassenge, L., 154
Basset, Rene, Rapport sur les etudes her-
beres et haoussa 15
— Dialectes herberes du Rif maroc. 16
Basset, Rene, Zenatia du Mzab de Ouar-
gla 16
— Dialecte de Syouah 16
— Notes de lexicographie herbere Ki
— Relation de Sidi Brahim 17
— Nouveaux contes herberes 17
— Manuscrits arabes de deux biblio-
thcques de Fas 18
— Manuscrits ar. de la Zaouyah d'El
Hamel 18
— Sanctuaires du Djebel Nefousa 28
— Recueil de textes et de documents
relatifs ä la philologie berl)ere 133
— Notice sur les dialectes herberes des
Harakta et du Djerid tuni-sien 133
— Documents geogr. sur l'Afr. Septen-
trionale 136
— Bulletin des periodiques de l'Islam 137
Battandier, J.-A., 73. 75*
Baudin, Pierre, 139
Baudissin, Wolfius Guil. Frid. de, 24
Baumwolle 80
Beauclerk, G., 55
Beaumier, A., 23. 151
Beaussier, Marcelin, 20
Becerra Fernändez, Manuel, 62
Becker, C. H., 28. 137
— , Th., 76
Beckmann, Wilhelm, 61*. 154*
Bedel 58
Beduinenlieder, Tripolitanisch - tuni-
sische, 21
Behrens, Wilhelm, 75
Beiträge, Wissenschaftl., z. Gedächtnis
d. lOOjähr. AViederkehr des Antritts v.
Alex. V. Humboldts Reise nach Amerika
am 5. Juni 1799 46
Beitrag zur Nord- Afrikan.Käfer-Fauna76
Bei, Alfred, 24
Belkassem Ben Sedira 20
Bellair, Georges, 80
Belot, J. B., 20
Bei ton, Andrew, 148
Ben Cheneb s. Mohammed ben Cheneb
Benchimol, Isaac, 143
Beneden, P. J. van, 163
Benjamin, J. J., 46
Bensusan, S. L., 59. 133
Bentaböl y Ureta, Iloraclo, 61
Beobachtungen, Deutsche überseeische
meteorologische, 163
172
K.\MPFF>iEYKn: Index zur Marokko-Literatur 1. und II. Hälflßi
Berber, Berberisch 15 ff". 133
Berbrugger, Adrian, 53
Berbrugger, L.-A. [= Adrien?], 6<)
Berger. Ernest, 80
Beric. Haoul. 85
Berichte, Ges. d. Wiss. Leipzig 13
Bossi, Giaconio, 48
Rotte, Louis, 160
Bou Beck'r 107
Bou lenger, G. A., 7(5
Boulifa, Said, 133
Bourote, Maurice. i<).')
Berlin, Kgl. Bibl.. arab. Handschriften 18 ; Boy de, Henry, 41»
Bernard, Angustin. 40. .59. 64. 147. 151* ' Brahim = Sidi Braliim de Ma.s>at 17.
133
Braithwaitc 39
Brattei-, C. A., 73
Brault, J., 77
Breniond 148
Bresnier, L.-J., 19. 135
Brevans. J. de. 80
153. 158*. 164
Bernard, Capitaine, 159
Bertherand. E.-L., 75
Bertrand, George Jacques, 166
Besnier, Maurice, 34*. 52. 78. 164
Besse, J.-M., 29
Besson, Raoul, 158
Bethencourt, Francisco Fernändez, 44 | Briefe, Marrokanische. 26
Bianconi, F., 82 Briefe aus Marroko 147. 148
Bibliografia de la Can.pana de Kalaia- i Brives. A., 58*. 74. 151
Kabdana (1909) 14H Brockelmann, Carl, 19
r,., ,. , • r» • . I- 1 iJ Brosselard, Charles, 16. 28
Bibliographie, Urientalische. 14
Bibliotheca geographica 45 j Brown, Robert, 52 (Bibliography). 54
Bieberstein s. Rogalla v. Bieberstein pu Hainara 41
Bilder, Gemälde 61 ff. 1.56ff.
Binger, L.-G., 27
Blanc 64
Bianc, Casimir, 73
Blanc, L.-R., 21. 22*
Blanchet, R, 162
Blanckenhorn, Max, 74
Bläzquez, Antonio, 49
Bleicher 73
Blumentritt, F., 60*. 66. 71
Böttger, Oscar, 76
Boissier, E., 75
Boissier, Gaston, .50
Boistel, A., 162
Boletin oficial de la zona de influencia
espanola cn Marruecos 142
Bonde, Carl, 68
Bonelli Hernando, Emilio, 153
Bonnet 58
Bonnet, Ed., 75
Bonnet, Pierre, 168
Bonnier, Gaston, 74
Bonsal jr., Sttephen, 57
Bornet, Edouard, 75
Boronat y Barrachina, Pascual, 44
Bory de St. Vincent, J. B., 46
Boscq de Beaumout, G. du, s. Du 1 Campanella, Thomas, 44
Boscq ICampo Angulo, Gei-onimo, 52
Buchet 142
i Buchet, Gaston. 81
Buchs er, Franz, 55
Bugeaud, Marcchal, 36
Buisseret, Comte Conrad de, 59
.Bulletin de correspondance africaine 14
Bulletin de la Societe de Ciimatologie
Algerienne 73
B u 1 1 e t i n du Comite de TAfrique Frang. 84
Bulletin Officiel des französischeu Pro-
tektorats 142
! Bulletin Economique du Maroc 164
I Bulletin mensuel du Syndicat Inter-
national pour la defense des interets
economiques au Maroc 164
Buloix s. Juve de ßuloix
Bunz, Hugo, 137
Bus not, Pater, 39
Cabrera, Jose Alvarez, 149. 152. 156.
1.57. 168*
Cadahalso, Joseph, 26
Caetani, Leone, 27
Caillie, Rene, 159
Caine, Hall, 85
Caix, Robert de, 152. 154. 157. 158. 168
KAMPFFaiEYEB : Index zur Marokko-Literatur 1. und IL Hälftßi
173
Campou, Ludovic de, 56
Canal, Joseph, 40. 52
Canales s. Ollvo y Canales
Cancel 148
Cafiizares y Moyano, Eduardo, 38
Canton, H , 65
Garbo s. Cliias y Carbö
Card s. Rouard de Card
Cärdcnas s. Alinagro y Cärdenas
Cardonne 35
Carette 70
Carsalade (du Pont), De, 157. 167
Casablanca 63. 157 (und sonst Ob)
Caspari-Wr ight 19
Castellane, De, 150
Castellanos, Manuel P., 38
Castonnet des Fosses, IL, 38
Castries, (Le Conite) Il(enry) de, 38. 64.
65. 138. 145.
Cat, Edouard, 138
Catalogue de quelques livres d'histoire
d'Espagne 17
Catalogue General des Ouvrages Horti-
coles, Agricoles et de la Vie a la Cam-
pagne 80
Centre des Arabisants (Madrid) 37
Cercle Suisse du commerce au Maroe
ä Tanger 166
Ceuta 61. 156 (und sonst Ob)
Cliants arabes du Maghreb 135
Charleville, Edmond, 79
Chauvin, Victor, 13. 38*. 50
Chavagnac. Maurice de, 64
Che min de fer, Le, de Tlemcen a la
frontlere du Maroc 83
Chenier, De, 38"*-
Cherbonneau, Aug., 20
Cliias y Carbö, Benito, 69
Choix de correspondances niarocaines 21
Chrestomathie arabe 135
Christian, F., 37
Cid Kaoui, S., 16*
Clapperton 48
Class, Heinrich, 150
Clavenad, P., 50
Clenardus, Nicolaus, 4.t
Clouzot, Henri, 162
Coasts of the Mediterrean Sea 68
Cochelet, Charles, 54
Cohen-Solal 20
Colafo, Emiüo Rey, 146
Colin, Gabriel, 19
Colliez, Andre, 148. 158
Colom s. Merry y Colom
Com m ent a r ij , Rerum aCaroloV Caesare
Aug. in Africa hello gestarum, 36
Commerce du Maroc en 1907 82
Commerce franco-niarocain 82
Congreso Espafiol de Africanistas cele-
brado en Granada, Piimero, 166
— Africanista, Segundo, 81
Conquista de Marruecos en el ano 1893
146
Conring, Adolpli von, 52
Consulatswesen in Marokko 42
Consultations juridicjues 139
Contes, Nouveaux, herberes, 17
Contes, Deux, marocains en dial. de
Tanger 21
Continent, Der, 33
Cooke, Geo. Wingrave, 49
Coppolani, Xavier, 28
Coquand, H., 162
Cora, Guido, 56
C 0 r a n u s 1 36
Correspondencia diplomatica relativa
ä la guerra de Africa 146
Corrieras, J., 28
Cortes, Manuel, 166
Cosson, E., 75*
Cotte, Narcisse, 52
Coufourier, E., 25
Coufourier, L., 28. 40*
Couillieaux 168
Cour, Auguste, 18. 38
Cousin, Albert, 60. 78
Cowan, George D., 56
Cranmer-Byng, L., 133
Crema, C. F., 56
Cronheim, Reinhold, 41
Cusa, Salvatore, 21
Daniel, H. A., 45
Dapper, O., 48
Darnion, Isaac, 138
Dattelpalme 80
Daumas [, E.,] 51. 71
Dawso n, A. J., 58
Deanibroggio dit Kaddour 139 -
Dechaud, Ed., 82*
174
Kampffiikn-kr: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
Dchors, Gabriel, 82
Delacroix, Eugene, 55
Delafosse, Maurice, 168
Delariie, Louis Löon, 77
Delbrel, G(ahiiel), 42. ()5. 82. 14(5
Deloncle, Leon, 141
Delphin (, G.,) 19. 22*. 77
Denckwflrdigkeiten, Asiatisclie und
Afrikanische, dieser Zeit 48
Denliani 48
Depont, Octave, 28, 137
Doutte, Edinond, TroisitMue voyage
: d'ctudes au Maroc 59
I — Quatricine voyage d'ötudes au Maroc
i 59
— Un texte arabe en diaiecte Oranais 135
— Lcs causes de la c-liute d'un sultan 138
' — Notes sur l'isläni Maghribin 138
— Bulletin bibliographique de l'Islam
Maghribin 143
i — Les Marocains et la Soeicte maro-
caine 144
Derecho, El, ä la ocupaciön de terri- j _ Note sur les ruines de Tin Mellal 145
torlos en la costa oecid. de Africa, 84] — Figuig. Notes et iinpressions 159
Deschanel, Paul, 158
Descleza, Sancho, 40
Descos, Eugene, = Aubin 52
Despagnet, Frantz, 32
Desparniet, J., 19
Des Portes 56
Destaing, E., 133
Dove, Karl, 164
Dozy, R., 20 (Suppl. aux dict. ar.). 137
Drame, Le, de Marrakech et l'occupa-
tion d'Oujda 41
Dronet, Francis, 49
Drumniond-Hay 85
Dry, A., 47
Dialekt, Der arabische, der Houwura des j Dubois, Felix. 65
Wad Süs 21 j Dubois, Marcel, 50
Dialekt, Zum ai-abischen, von Marokko Du Boscq de Beauinout, G., 61
22 ; Duchene-Marullaz, Henri, 77
Diana, Manuel Juan, 155 | Du Gast, C, 165
Dichtkunst und Gedichte der Schluh 17 j Dugat, G., 137
Dictionnaire franfais-berbcre 16 | Du Pont s. Carsalade du Pont
Didier, Charles, 55 Duprat, Pascal, 71. 145
Diercks, G(ustav), 51. 144. 150 Dupuy, E., 143. 144
Dinse, Paul, 45 Durand, E., 80
Diplomi, I, greci ed arabi di Sicilia 21 jDuro, Cesäreo Fernändez, 39
Documentos ärabes de la corte Nazari | Du Taillis, Jean, 161
de Granada 135 IDuveyrier, Henri, 56. 60. 153
Documentos arabicos para a historia , Dyö, A.Henri, 62*. 64. 163
portugueza 21 i
Documents diplomatiques (Gelbbücher) i Epi^ardt, J. T. von, 27. 34
32. 141 Eddali 1 ou Guide de l'Arabisant 21
Documents inedits sur Ihist. de l'occup. Edwards, Charles'J., 67
espagn. en Afrique 36
Dolmen in Marokko 70
Dombay, Franz von, 19. 33
Dominique, L.-C., 37
Dorreguiz s. Alermon y Dorreguiz
Douls, Camille, 66
Egli, J. J., 45
Ehrmann, Theophil Friedrich, 46. 54
Eichwald 78
Eidenschenk 20
Einiges über Land und Leute aus Nord-
westafrika 71
Doutte, Edmond. L'anarchie marocaine41 Einkünfte, Monopole, Steuern, Zölle
— , La Situation politique du Houz au | 42. 149
1" janvier 1907 41 Eisenbahnen 167
— A la cöte oecid. du Maroc 42 Eisner, Kurt, 150
— Une mission d'ötudes au Maroc 58 Elf Stücke, Tazerwalt 17
— Merräkech 58 Emily, Shareefa of Wazan 152*
Kampffmeyeh: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
175
Engelinann, R., 40
Engler, A., 74
Epistolae quaedaniArabicae (Habicht) 21
Er ck mann, Jules, 52
Ergänzungshefte zu Petennanns Mit-
teihmgen 4G
Erlanger, Carlo Frhr. von, 76*
Erlaß, Ein, des Sultans von Marokko 22
E s e r i b a n o , Enrique, 60
Espada s. La Espada
Etienne, Eug., 58
Ettouati s. Mohammed Elbachir Eitouati
Euting, Julius, 18
Evangile selon Saint- Jean en Chelh'a 17
Expansion comercial de Espaüa en '
Marruecos 82 i
Expedition hydrographique 160 i
Exploration scientifique de l'Al- ■
gerie 37
Export (Zeitschrift) 79. 82
Fabert, Leon, 66
Fagnan, E., 23*. 24*. 26. 31*
Faidherbe 16 I
Falgueras y Ozaeta, Ignacio, 139
Faure-Biguet, G., 22. 25. 36
Faye s. La Faye •
Feder, Arthur, 167
Feder, Enst, 143* \
Fekar, Benali, 51 j
F e 1 d m a n n , Hermann, 30
Feliu, E., 139*
Fernandez, Manuel Becerra, s. Becerra j
Fernandez s. Poblacion y Fernandez |
Ferri, Don Rafael, 71 i
Fes, 18 (Arab.Hss.)19. (l iiiversität). 65. j
159 (und sonst Ob) '
Fevret, A., 25
Ficke, Carl, 147 j
Fidel, CamiUe, 34. 39. 82*. 150 j
Figig 65. 159 (und sonst Ob)
Fischer, August, 1.33. 134. 135. 150. 152
Fischer, E., 58
Fischer, J. J., 81. 166*
Fischer, Theobald, Fortschritte u. Entw.
der geogr. Wissensch. 46
— aus Vorträgen 46
— Mittelmeerbilder 47
— Fenomeni di abrasione sulle coste
dei paesi dell' Atlante 49
Fischer, Theobald, Tunis, Biserta imd
Tunesien 1904 50
— Küstenstudien u. Reiseeindrücke aus
Algerien 51
— Marokko 52
— Marokko als Kriegsschauplatz 53
— Wissenschaftl. Ergebnisse einer Reise
im Atlas-Vorlande von Marokko 58
— Reiseeindrücke aus Marokko 58
— Meine dritte Forschungsreise in»
Atlas-Vorlande 1901 58
— Die Forschungsreisen und die Ge-
fangennahme des Marquis de Segonzac
im marolckanischen Atlas 59
— Zur Erforschung von Marokko 59
— Die Seehäfen von Marokko 60
— Der Djebel Hadid im südwestlichen
Atlasvorland von Marokko 61
— The Mediterranean peoples 71
— Die Bodenschätze Maroccos 74
— Die Handels- und wirtschaftlichen
Verhältnisse von Marokko ... 79
— Marokko. Eine Skizze. (In: Die Um-
schau) 79
— Die weltwirtschaftliche Bedeutung Ma-
rokkos 79
— Marokko und seine BeziehungeTi zuis
deutschen Volkswirtschaft 79
— Die Dattelpalme 80
— Der Ölbaum 80
— Die Bedeutung Marokkos für Welt-
handel und Weltpolitik 82
— Die Deutsclieu in INIarokko 82
— Marokko. Eine landeskundliche Skizze.
(In: Geogr. Zeitschr.) 151
— Physisch-geographische Skiz/.c von
Marokko (Karte) 160
— Marokko und seine weltwirtschaft-
liche Bedeutung 165
Fitzner, Rudolf, 78
Flachs 80
Flamand, G.-B.-M.. 70. 161
Flandorffer, C, 80
Fleischer 20
Floericke, Curt, 59. 60. 77
Flotte de Roquevaire, R. de, 58. 69.
154
Flügel, Gustav, 136*
Fomento de las posesiones espanolas en
Africa 168
Forrest, A. S., .59
17C
IvAMrFKVKYm: Iudex /ur Mnrokko-Liteiatnr I. und II. Hälfte.
Foslie, M., 163,
Foucauld, Cliarics de, 34. 56
Foiirberics, Los, de Si Djeh'a 17
Fournc'l, Henri, 36
France. La, en Tunis! e 51 •
Frauce niarocaine, La, 164
Franceri, Adolfo M.'', 144
Franf ois hd .
Fraiifois d'Angers 53
Freitag, Georg Wiliielm. 18. -JO
Fr ejus, Roland, lö3
Fremdenlegion 44
Gibraltar l>7
Gieure 147
Gilbert, F., 63
Gilles, J. B., 133
Girard 52
Girault de Prangey 73
Globus 4G
Godard, Leon, 55
Goeze, E., 34
Goffart, J.. :\0
Gold mann, Felix, 80
Goldziher. Ign., 27
Freytag, G.W. , s Freitag, GeorgWilhelm j Gomes, Bernardino Antonio, 74
Friedeberg, ]M., 3t
Fried mann, Hermann, 53
Frisch, R.-J., 52
Fritsch, Freiherr Karl von, 55. 76
Froelieher, E., 38
Froidevaux, Henri, 157
Fumey, Eugene, 21. 25
Gabbas, Sidi Mohammed, 41
Gäbelein, Kainmiid, 30
Gaillard, H(enri), G5. 14S. 150
Gorringe, Henry H., 68
Gottberg, O., 145
Goul ven, J., 1G6
Gräbergvon Hemsö,.Jacob,52. 134. 151
Graham, R. B. Cunningham, 53
Granada ()7
Grand-Carteret, John, 150
Greeff, Richard, 74
Grey, Henry M., 154
Griguer, Jules, 138
Grimm. Arno. 27
Galiano, Pelayo Alcala, s. Alcalä Galiano I Gronteken, Autbert, 30
^„allois, Eugene, 64. 65 iGros, H,, 78
Gallus 35 Grothe, Hugo, 51
Gamazo, Gabriel Maura.s.MauraGairazo I "■'*^*^''^' L. H., 81
Ganniers, Arthur de, 52. 151
Garc-ia, Rafael Guerrero, 167
Garcia Perez, Antonio, 145
Garcia lavin, A., 169
Garnier, Achille, 60
Garnier, Rene, &)
Gasselin, Ed., 134
Gauckler, P.. 50
Gelbbüclur 32. 141
G eil hörn. 0. v., 77
G e n i a u X , Chailes, 151. 1 60
Gennep, A. von, 71
Genthe, Siegfried. 06
Gentil, Louis. 41. 59*.63. 151 (LcMarocj Haliburton, R. G.. 70. 161
physique). 1.54 (Dans le Bled e.s Siba). Hamel, El, Arab. Hss. 18
158. 161. 162* ;Hamet, Ismael. 14.i
Gesandtschaftsreise nach Marokko 56 I Ham niu, Sidi, =; Hannnu 17. 133*
Geschichten, Neuarahische, aus Tanger j Handelsverträge 32. 141
22 Handjcri, Alexandre, 15
Geslin 16 Handke, H., 139. 155
Gespräche, Marokkanisch-Arabische, im Handschriften-Verzeieiuiisse 13
Dialekt von Casablanca 135 ' Haneberg, B., 31
I Grove, Lady, 57
Guesperrau 148
Gui'a de la couversacion espanola-ärabe
marroqui 135
Gui'a del Espafiol cn Marruecos 141
Guide. Petit, au Maroe 83
Gunzburg. David de. 24
Habicht, Maximilian. 21
i Haeckel, Ernst, bi
; Häfen 167
jHaessner, Max, 166
Hahn. Friedrich. 49
KAMPEFiaEYEB : Index zur INIarokko-Literatur I. und II. Hälfte.
177
HanoteaUjlA., 16*
Hantzsch, Viktor, 68
Hai'iiigman, H., 54
Harris, Walter B., 57.65.70. 138. 146
Hart mann, Joh. Melchior, 24*
Hartmann, Martin, 15.17. 18. 22. 27*.
31. 87. 71
Hasse 58
Hassen st ein, B., .'in
Haupt, Rudolf 15
Heerwesen 43. 149
Hellwald, Ferdinand de, •5']
Helmsdörfer, Georg, 25
Hemeling, AValdemar, 52
Hern so s. Gräberg von Hemsö
Henning [, Carl,] 139
Henning, Max, 22. 23
Henry, Ch. A., 82*
Hernando, Euiilio Bonelli, s. Bonelli
Hernando
Herzen. V., 163
Hess, Jean, 150
Hesse-Wartegg, Ernstv., 34. 50. 60. 62
Hey den, L. von, 76
Hidalgo y Rodriguez, Francisco L., 151
Hildebrandt 64
Hiigert, Carl. 76
Hirsch, Leo, 22
Hodgkin, Thomas, 55
Hösel, Ludwig, 80
Hoest, Georg, 40. .52 •■
Hof 43. 150
Holtz, A., 142
Ho mann, Jo. Christ., 69
Hood. Fred, 34
Hooker, Joseph Dalton, 55
Horowitz, Victor J,, 52
Houdas, 0., 25*. 136*
H o w a i" d - Vy s e 47
Huber, V. A., 85
Hubert, Lucien, 33. 41
Hübner, Emil, 44*
Hübner (, Max,) 33. 41. 4.3*. 51*. 60*.
64. 65. 147*. 158. 159*
Hübner, Otto, 45
Hughes, Thomas Patrick, 137
Huguet, J., 161 *
Humboldt, Wilhelm von, 27
Huret, Jules, 60
Huyghe, G., 17
Jackson, James Grey, 54
J acobi, Max, 44
Jacob söhn, Ernst, 60
Jacoby, Gustav, 81
Jacquin. Pierre, 168
Jan nicke, Wilhelm, 46
Jäfil, Nätän Jadmün, 185
Jahrbuch f.Deutschlands Seeiiiteressen 84
Jahresbericht des Frankfurter Vereins
für Geographie und Statistik 46
Jannasch, R., 64. 82. 146. 147. 166 -
Jansen, Hubert, 28. 34. 71 -
Jara, Alfonso, 47
Ibrahim ben Muh am med el Messi
el Susi, Sidl, 133
Jeannot, Gustave, 151
Jerez Perchet, Augu.sto, 150
Jewett, James Richard, 22
Jimenez de la Espada, Marcos^ 1.58
Ilg, Berta, 22
Indicateur marocain, L', 164
Industries, Les, d'Ouezzan &1
Inscriptiones Hispaniae christiauae 44
Institut Marocain 37
Intereses de Espana en Marruecos 1884
150
Interets Nos, Economiques au Maroe, 83
Jobus (Baudissiii) 24
St. John in Mogrebi 136
Johnston, R. L. N., 56. 13:5*. 151
Joly, A., 25. 41. 62. 81
Jourdy 162
Journal A s i a t i q u e 14
Juby, Kap, 67. 1.5S
Jung, J., 145
Juvc de Buloix, A., 144
Juve y Serra, Jaime, 84
Juynboll, Th. W., 30
Kabylen, Die, und das Christentum 30
Kaddour 139
Kamel 81
Kampffmeyer. Georg, 22. 45. 58. 71.
134. 135*. 139. 145. 1.50*. 152* (Grund-
lagen). 165. 167
Kann, ReginaW, 146. 159
Karaouiyin 159
Karow, Leonhard, 57. 60*. 149. 155.
157. 160*
Karten 68. 160
178
Kami'ffmkykr: Index zui- Marokko-Literatur I. und 11. Hälfte.
Karton von einzelnen Städten 61 ff. 156 ff. La Prade s. Pyrent de la Prade.
Kataloge 13. 14. 18. 45 Laquiere, E., 70
Kaufmann, David, 35 Larasch 63. 157 (und sonst Ob)
Kaulisch 139 Larcher, Emile, 140
Kcatinge 47 Larras, Abel, 68
Kerdec Clicny, A. de, 28 Larras, N., 152
Kerr, Kobert, 57 | Larroude, J., 49
Kenn de Iloogerwoerd, Sclini Khan, i Lasala, Juan Pablo, 162
31
Khoräfa d'Ali Chätar 22
Kiepert, Ileinricli, (58
Kleinschmidt, Otto, 76*
Kleist, Hugo, 50
K lüden, Gustav Adolph von, 45
Knoch, Karl, 4G. 77
Kobelt,W., 47
Koch, Carl, 7G
Köhler, Arthur, 71
Koenig, A., 77
Koran 22. 136
Krehl, L., 137
Krem er, A. von, 18
Kre US ebner, Curt Rudolf, 71
K reut er, Alexander, l'ib
Krieg mit Frankreich? 150
Kriegsschauplatz, Der, in Marokko 03 j Lehrbücher d. Sem. f. Or. Sprachen 15
Krüger-Westend, Hermann, 27 JLemoine, Paul, 59*. 160
Kühnel, Ernst, 51. 67 iLempriere, AVil, 54* 153
Kürchhoff, D., 83 | Lenz, Oskar, 43. 48. 56. 62. 70. 160
Küstenstädte, Die atlantischen, Ma- Leo Africanus 48
rokkos 62
Kurze, G., 30*
Lastenhefte 165
Lataste, Fernand, 76
Laune, Etienne, 135
Laverrenz, C, 48
Lavollee, C, 168
Lea, Henry Charles, 44
Leared, Arthur, 56*
Le Chatelier, Alfred, 28. 138. 1.39. 150.
161*
Leclerc, Ch. Rene, s. Rene-Leclerc
Leclerc, Lucien, 23
Leclercq, Jules, 49
Lecomte, Georges, 61
Lecureul, Xavier, 28. 71. 149
Leeke, Paul, 163
Legrand, Ch., 139
Lesuest 19
Lacharriere s. Ladreit de Lacharriere
Ladreit de Lacharriere, J., 134. 139.
147. 148. 149. 152. 165*. 166. 167*
Leon y Ranios, Eduardo de, 52
Leonhardt, Linus, 61
Lerchundi, Fr. Jose. 19. 20. 150
Le Roy, Henry, 54
Levesqucs, H., 51
Liman, Otto, 150
LadreitdeLacharriere,Reynolde,152 L'ttniann, Enno, 16
L i v r e t - g u i d e du vojageur au Maroc 167
Llana, Manuel G., 38
Llanos y Alcaraz, Adolfo, 41
Löwenstein, Prinz Wilhelm, 47
Löwen Stern, v., 70
London. Friederike H.. 36
La Espada s. Jimenez de la E,spada
Lafaye 160
La Faye, Jean de, 54
Lagarde, Paul de, 20
La Martiniere, H. (M. P.) de, 57. 64
152. 159.
Landberg (-Hallberger), Carlo Graf | Long 142*
von, 19*. 27 Lopez s. Aycart y Lopez
Lane, Edward William, 20 Lopez Alarcön, Enrique, 148
Lane-Poole, Stanlcv, 33. 143 Lorinser, C. J., 77
Lange, J., 75 Lorsbach, Georg Wilhelm, 48
Langenbucher, K., 6.i Lorty, Antoine, 163
La Porte, De, 67 Loti, Pierre, 57
Kampffmeyer : Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
170
Luciani, J.-D., 133
Lübke, Wilhelm, 72
Lüderitz, II., 13ö
Luke 's Gospel 24
Luque, INIauuel de, 15Ü
Luret 83
Luschan. F. von, 70
Luyando, Don Josef, ÜS
-El-Ma 'äni.., Conte 22
Macbat, J., 152
Machuel, L., 19. 21. 135
Mackar, Denis, 54
Maclaren, Dinican, 66
Maciiab, Frances, 58
Märchen der Berbern von Tamazratt 17
Märchen der Scliluh v. Täzerwalt 17
Märchen und Gedichte aus der Stadt
Tripolis 22
Märchen, Tunisische, und Gedichte 22
Märchen, Maltesische, 22
Maeterlinck, Albert, 154
Magmü' al-agänl 135
Mahler. Eduard, 33
Maire, F., 163
Maisonave 145
Malo, Charles, 40
Maltzan, Heinrich Freiherr von,. 49
M a n d e V i 1 1 e 65
M angin, Charles, 140. 160
Mannesmann 81. 149. 150
Mantegazza, Vico, 150
Manuel de l'arabisaiit 135
Manuel franyais-arabe 135
Manzano, Eduardo Sänchez, 166
Mar^ais, Georges, 73*
Mar^-ais, William, 19.20. 73. 135(Textes
ar. de Tanger)
Marcel, J. J., 20
Marc band, G., 83
Mardochee Abi Serour 56
Maren CO, Servando, 152. 159
Maritz, Ferdinand von, 141
Marmol-Caravaj al, Luy, 48
Marokko (In: Archiv f. Post u. Tel.) 53
Marokko, seine heim. Kultur, seine Aus-
sichten für Europa 53
Marokko-Bibliothek, Deutsche, 37
Marokko-Korrespondenz, Deutsche,
38
Marokko-Zeitung, Deutsche, 38
Marrakesch iJO. 16') (und sonst Ob)
Marruecos, Kcvista qu^ncenal 144
Marseille et le protectorat du Maroc 167
Marsh, George P., 81
Martel, F., 136
Martin, L., 42*. 139. 159
Martinicre s. La Martiniire
Martroye, F., 33
Mas Latrie, L, 32
Masqueray, Em., 17
iMassignon, Louis, 48
! Matham, Adrien, 53
j St. Matthew in Mogrebi 137
Mauduit, Rene, 43
jMaura Ganiazo, Gabriel, 150*
i Mau ran 153. 162
■ Mauritanie, La, et le Maroc 67
Maurogeny, S. S., 77
Mauroy, M., 36
Maurras, Charles, 150
Maurus 85
Maw, George, 55. 74
Mayo, W. S., 85
Mazagan 64 (und sonst Ob)
Meakin, J. E. Budgett, 20. 38. 71 (Life
in Morocco) 135 (Vocabulary). 143 144.
145. 162 (The Moors). 169
Meh'ammed ben Ali ben Brahim 133
Meinhof, Carl, 28. 30*
Meißner, Bruno, 22*
Mekinetz s. Miknes
Melila, Jose, 153
Melilla 62. 156 (und sonst Ob)
Memoires de la Societe Uistorique Al-
gerienne 37
Menzel, A., 53
iMequines s. Miknes
Mercier, Ernest, 31. 36. 139
Mercier, L., 18. 20. 28*. 42. 43. 62. 63*
Merry y Colom, Francisco, 153
Meyer (Mittelmeer, Reisebuch) 47
Meysonnasse, V., 140
Michaux-Bellaire, Ed., Quelques as-
pects de ITslam chez les Herberes
niarocains 28
— LTslam et lEtat marocain 28
— La niaison d'Ouezzan 29
— Les Biens habous et les bieos du
Makhzen 31
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. II. Abt.
180
Kampffüf.yeb: Index zur Marokko-Literatur I. und 11. Hälfte.
M ich au X- Bellaire, Ed., L'esciavage au
Maroc 150
— Foiiillcs daiis la nccropüle romaine
de Tanger 34
— Les iiiusuliuans d'Algi'rie au Maroc 39
— Interiieiiiciit au Maroc de Si Sliiuan
beii Kaddour 40
— Prodaniation de la dcchöance de
Moulay Abd El Aziz 42
— Une tentative de restauration idrisite
ä Fes 42
— Traduction de la lettre de Sidi Ab-
dessalani El M'rani 42
— Uue lettre du Sultan Moulay Abdel-
hafid 42
— Les Lnpöts luarocains 42
— Au Palais du Sultan marocaiu 43
— Un rouageduGouvei'uem.niarocain 43
— Opiaions liistoriques d'un lettre de
Tanger Gl
— Les tribus arabes de la vallee du
Lekkoiis G3
— El Qvar El Kebir 63
— Descppt. de la ville de Fes 66
— Une histoire de rapt 71
— Traduction d'une note cn arabe sur
ralchiniie 77
— L'orgauisation des finances au Maroc
84
— Description deMarräkech parElR'assäl
136
— Une opinion sur Moulay Selhäm 188
— L'enseigneinent indigene au Maroc 139
— Une fetoua de Cheikh Sidla 140
— Traduction de la Fetoua du Faqlh
Sidi 'Ali et Tsouli 140
— L'inipöt de la NaTba 140
— La Guelsa et le Gza 140
— Cousultations niarocaines 140
— Le tenitoire Makhzen et le territoire
Guicli 140
— Le regime immobilier au Maroc 1 10
— Le di'oit d'iutervention du Nadir des
Habous 140
— Plan gencral des fouiiics de Bou
Kliachkliacli 142
— L'otganisnic niarocain 145
— L'licritage de Moulay el-Hasau 146
— Une tentative d'organisation postale
niarocaine 149
Michaux-Bellaire, Ed., Le droit de
propriete au Maroc 31
— L'AdiMini-stration au Maroe. Le
Maklizen 150
— Ituieraire de Moulay Abd el-Hafid 155
— Docunients relatifs au territoire du
Fahf 155
— Lc Giiarb 157
— Quelques tribus de niontagne.s de la
region du Habt 157
— Notes sur le Gharb 157
— El-Q?ar Eg:-Ceghir 157
— Santa Cruz de Mar Pequeüa et le
Port d'Asaka 158
— Les coutunies berberes dans les tribus
arabes 162
Michaux-Bellaire, G. [=Ed.]. 42
Migeon, Gaston, 73
Miknes GG. 160 (und sonst Ob)
M Illingen, Jules van, 77
Minguez yVicente, Manuel, 53
Missionsmagazin, Evang., 30
Mitteilungen aus Justus Perthes' geo-
graph. Anstalt und Ergänzungshefte 46
Mitteilungen d. Sem. f. Or. Sprachen 15
Mitteilungen eines Sehilh über seine
marokk. Heimat 17
Mitteilungen des Vereins f Erdkunde
zu Halle 46
M i 1 1 e 1 m e e r und Levante, Ztschr. f.
Handel, Ind. u. Verkehr 78
Mittelmeer- und Orient - Gesell-
schaft, Deutsche, 1G4
Mogador 64. 158 (und sonst Ob)
Mohammed ben Cheneb 135
Mohammed Elbachir Ettouati 135
Mohammed Ould Sidi Said 135
Mohammedanismus in Marokko 29
Mohr, Paul, 33. 59. 63. 79*. 83*. 84.
141 (Handelsverträge). 168
Molinero s. Arco y Molinero
Moniteur du Maroe. Le, 164
Monopole 42. 149
Montalembert, A. de, 79. 148. 165
Montbc, Alban v., 40
Montet, Edouard, 29. 137. 138*. 154*
Moore, Frederick, 59
Mo ran d, M., 140
Mordacq. Comniandant. 169
Moreau 163. 165
Kampffmeter: Index zur Marokko-Literatur I. und 11. Hälfte.
181
Moritz, B., 22
Mornand, Felix, 71*
Mots, Quelques, sur les confVciics rcli-
gieuses marocaines 29
Mouette, G., 39
Mougin 05*. 83
Moulieras, Auguste, 17. 134. löfi
(Maroc incounu). 159
Moulin, Rene, 41
Al-Moutabassir 31. 39
Moyano s Canizares y Moyano
M'rani. Sidi Ahdessalani El, 42
Müller, A(ugust), 14. 48
Münzen 33
Münzenberger, E. F. A., 28
Muhanimed al-BasIr at-TuatI 135
Muuby, G., 75
Mund, Else, 71
Mungo-Park 151
Murga(a) el Hach Mohameil el Bag-
dädy, Jose Maria de, 39
Muro, Angel, 155
Murphy, James Cavanah, 44
Murray, Elizabeth, 47
Mustapha Bey Jbrahini 156
Musulmans, Les, algeriens au Maroc
et en Syrie 35
Mutter Erde 13
Naggary Bey, Mohammed el-, 134
Na hon, MoTse, 143
Nauticus 84
Navarre. Albert, 155
Navarrete, Jose, 146
Neipperg, G. Gustav v., 55
Neumayer, Dr. von, 45
Nicholls, H.A. Alford, 80
Nicolau, Eniilio Rotondo, 166
Niessei, A., 53
Nordafrika (Zeitschrift) 168
Norcs, P^dmond, 140
Norm and, R., 142
Notzing s. Schrenck von Notzing
Nützel, Heinrich, 33
Ölbaum 80
Ogilby, John, 49
Ohle, Fritz, 41. 71. 147. 162
Ohuefalsch -Richter, Max, 47
Olivart, Marques de, 39
Olivie, Manuel, 40
Ol i vi er 17
Ollive, C, 78
Olon s. Saint-Olon
Opinion8 historiques d'un lettrp de
Tanger 61
Oppel, A., 80
Opuntie 165
Ordega, L., 146*
Orsatti, Reginaldo Ruiz, 135
Ortelius, Ahrah., 69*. 160
Osman, Hans A., 150*
Osorius, Hieronymus, 44
Ostheim, F. U., 72
Ostrorog, Leon, 25
Ottmann, Viktor, 53
Oudney 48
Ould Sidi Said s. Mohammed Ould
Sidi Said
Ovilo y Canales, Felipe, 41. 71. 152
Ozaeta s. Falgueras y Ozaeta
Paläcky, Johann, 50
Palmgren 153
Pandori 43
Papers of tlie Royal Geographica! So-
ciety, Suppleiiientary, 46
Paquignon, Paul, 2.5. 138. 140. 143.
146. 149
Parmenlier 21
Paulitschke, Ph., 28
Payen, Edouard, 58
Paysans marocains, 161
Payton, Charles A., 46
! Pedro de Alcala 20
I Peez, Alexander v., 72
Pellow, Thomas, 54
j Peltier, Frederic, 23. 137
i Penon de Veles 02
Perdicaris, Jon, 146
Peretic, A., 140. 145. 156. 157
jPcrez, Antonio Garcia, s. Garcia Perez
Perez, Juan, 83
Perez dcl Toro, Felipe, 35
IPerreira da Costa, F. A., 70
I Perrier, Amelia, 61
' Perron 23. 137
; Perrot, Em., 162
j Petermann, A., 55. 100
, Petrus Hispanus 20
13*
KS2
IvAMi'KKMhYtK: liidox zur Marokko-Litfiatiir I. und II. Hälfte.
I'czzl, J., 26
Pfeil, Joarliiin Oraf von, 4(> (aus Xov-
trägeii). .")"*
Phelps, Thomas, 54
Philipp so n, Alfred, 47
Pietsc-h, Ludwig, 5G. 61
Pinon, Reiiö, 144
Piquet, Victor, 143*
P i t a , Fcdei-ico, 1 50
Pläne von Städten 61 IF. 15(>tr.
Plaucluit, Edniond, 145
IMayiair, R. Lambert, 47. nO*. 52 (Hi-
bliography of Morocro)
Pobeguii. (, E.,) 02. 64. 14S
Pohlacion y Fcrnaiidez, x\iitonio, 78
Poggio s. Waugüenieit y Poggio
Poiret 51
Pomel, A., 75
Poniiii er-Esc'he, C. v., 66
Pons Böig u CS, Francisco, 26
Port Say 156
Poste franyaise au Maroc, La, 83
Po uy anno, Maurice, 140
Prado, Jose A.Marques de, 61
Prangey, Girault de, s. Girault
Presse niarocaine 38
Priniaudaie, Elie de la, 36
P r 0 b 1 e ni a s ä resolver 44
Proclamation de la decheance de Mou-
lay Abd El Aziz 42
Proverbes arabes dv l'Algerie et du
Maghreb 135*
Proverbs, Arabic, 22
Publications de l'Ecole des Lottres
d'Alger 14
Publications de l'Ecole des langues or.
Vivantes 15
Puerto, Franc i.sco de San Juan de
e 1 , s. San Juan
Pyrent de la PVa de,- Le Cointc E., 47
Quedenfeldt 29. 57. 70. 71. 72* (Eint.
u. Verbreit, der Berberbevölkerung in
Mar., u. anderes). 76
Question niaure. La, 67
Raasloff, W. v., 37
Rabat 6'}. 157 (und sonst Ob)
Rabes, Max, 155
R a i d a , Pedro y Maximiliano, 85*
Ranidohr 144
Rani OS s. Leon y Ramos
Rain OS Espinosa de los Monreros.
' Antonio, 84
Rank in, Röginald, 42
'Rapport aniiuel du Cercle Suisse du
coiiunerce au Maroc ä Tanger 166
Rapports conimerciaux. Tetoiian en
1911 166
— Maza^an en 1910 166
Rapports eonsulaires frangais siir le
j Maroc pour 1!)02 83
Rascii, Gustav, 158
Raynaud, L., 78. 164
Reclicrche des antiquites dans le
Nord de l'Afrique 36
Recit en dialecte TIeincönien 135
Recouly. Raymond, 143
Rectenvvald, Geor.es, 140
Reo u eil de tcxtes (Delphin) 22
R e c u e i 1 d e N o t i c e s e t M e m o i r e s 37
R ecueil de traitcs d'agriculture et d'hy-
gicue. Algeric 78
Recueil d'actes judiciaires arabes 135
Recueil de lögislation & de jurispru-
deiice marocaincs 142
Recueil de lettres arabes nianuscrites 135
Recueil de notions de droit iiiusulnian 135
Redier 167
Reed, Georg, 41
Reglements (Algeci ras- Akte) 165
Regnault 61
R e i c li e u 0 vv 76
Rein, J., 55. 76
Reiiiaud 23. 27
Reinhardt, Carl, 20
Reinisch, Leo, 15 ,
Reitemeyer, Else, t43
Relation exacte de la capture de Harry
Mac Lean 42
Relation de ce qiii s'est passe 54
Relosillas, Juan J., 156
Remiro, Mariano Gaspar, 135
Rendos, Eugcnio, 156*
Rene-Leclerc, Gh., L'armce niarocaine
43
— Le Maroc Septentrional 59
— Le commerce et l'industrie a Fez 79.
83
— Les salines de Tanger 81
Kampffmeyer: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
183
Rene -Ledere, Ch., IMonographie eco-
nom. de Larache 83
— Les Troupes de la ChaouTa axi Com-
bat 81
— La Situation religieiise au Maroc 138
— L'annee administrative maroe. en 1910
1-12
— La presse au Maroc 144
— Les regions nord et sud de la fron-
tiere aigero-niarocaine 158
— Situation t'cononiique du Maroc 1908/09
165
— La Situation economique du Maroc en
1908 1G5
— Moyens de developper la Situation
economique de la France au INIaroc 1()5
— La Situation economique 165
— L'Amalat d'Oudjda 165
— La Situation economique de Tetouan
165
— Le Maroc. Notice economique 165
— Le commerce de Melilla en 1906 167
— Le commerce exterieur du Maroc 167
Renou, Emilien, 53
Reparaz, G(onzalo de), 146. 150
Retzmann & Co. 83
Reuter, G. F., 75
Revue Africaine 37
Revue de legislation marocaine 1-1 '2
Revue marocaine, La, 164
Revue du Monde Musulman 14
Reynaud 155
Rezzo uk, A., 43
Richardson, James, 55
Richter, Bruno, 61. 154
Richter, Hans, 33. 41
Ritter, Carl, 45
Ritt wagen, Guillermo. 20. 134. 155
Rinn, Louis, 29
Riviere, F., 80
Rober-Raynaud 156
Rochon, A., 46
Rodriganez, Tirso, 38
Rodriguez s. Hidalgo y Rodriguo
Rogalla V. ßieberstein 149
Rohlfs, Gerhard, 16. 29. 40*. 42. 49*.
50. 51. 53. 55-. 60. 63. 65. 66. 71. 72*.
78. 159
Rolef, Franz, 47
Romanelli, Samuel Aaron, 158
Romans in Mogrebi 137
Rommel (, Alfred,) 44, 167
Roquevaire s. Flotte de Roquevaire
Rosen busch, IL, 74
Rosher, Ciiarles, 150
Rosny, L. Leon de, 165
Roth, Abraham, 55
Rouard de Card, E., 32*. 141*. 151
Rouire 158
Houquotte 138
I Roy s. Le Roy
I Roy, B., 18
Rückert, Friedrich, 24*
I Ruiz, Ricardo, 134. 140. 144. 145. 149.
' 156*. 167. 168
Rundschau, Deutsche, für Geographie
und Statistik 46
.Rundschau, Koloniale, 84
I Russell, M., 36
I
as-Sabäh 137
Sachau, Eduard, 28. 31
Sacy, A. J. Sylvestre de, 2(1. 67
Safi 61 (und sonst Ob)
Saint-Olon 54*. 1.53
Saint Vincent s. Bory de St. Vincent
Saladin, 11 , 73
Saleh 63. 157 (und sonst Ob)
Salmon, Albert, 79
Salmon, G., Catalogue des manuscrits
d'uiie bibliothcque privee de Tanger 18
— Note sur Talciiimie ä Fes 18
-- Noms de plantes en arabe et en
herbere 21
— Ihn Rahmoün 21
— Rihia d'Az-Ze3'any 25
— Zemmoüry sur les Chorfa 26
— Notes sur les superstitions populaires
dans la n'gion de Tanger 29
— Le.s Chorfa idrisides de Fes 29
— Confrcries et Zäouyas de Tanger 29
— Marabouts de Tanger 29
— La Kherqa des Derqaoua et la Kherqa
Soufya 29
~ Les Chorfa Filäla et Djiläla de Fes 29
— Le Culte de Moulay Idris et la mosquee
des Chorfo de Fes 29
— Les institutions herberes au Maroc 31
— Droit contumier du Nord-Marocain 31
— Sur un cas de Habous 31
184
Kampffmever: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
S n 1 III 0 n , G., Quelques particularitös de la
di-opriett- foncirrc daiis le liarb 31
— Le droit d'asile des canons 31
— Une opiniou niaroc. sur la conquete
du Touat 37
— Essai sur riiistoire politiqiie du Nord-
Marocaiu 38
— Le Tertib 42
— L' Administration iiiaior. ;i Tanger 43
— Unc liste des villes marocaines 53
— Une tribu niarocaine. Les Fahcya Ol
— La Qacjba de Tanger 61
— Les tribus arabes de la valif'e du
Lekkous 63
— Notes sur Säle 63
— Notes sur les dohnens d'El-Mriös
(vallee de Bou Khalfj 70
— Les niariages niu.sulm. ä Tanger 72
— Le commerce indigeiie et la niarche
de Tanger 83
— [Seine Biographie] 150
Sammlung arab. Schriftstücke aus Zan-
zibar und Oman 22
SanJiiandeelPuerto, Francisco de. 39
Sand, Gabrielle. 61
Sanson, N., 69*
Santa Cruz de Mar Pequena 64. 158
Sarnette. Fernand, 85
Saurin. Daniel, 3L 78. 14U
Sauvaigo, Emile, 80
Savory, Isabel, 58
Schabelsky, Elsa von, 57
Schäd eltrepanat i 011 , Die, bei den
Kabylen des Auiös 78
Schaudt, Jakob, 153
Schäuia 63. 157 (und sonst Ob)
Schiaparelli, C, 21
Schlagi iitweit, Eduard. 40. 72
Schmitz, H., 34
Schnapper- Arn dt, Gottlicb, 78
Schneider, Arthur, 146*
Schnell, P., 153
Scliousboe, P.-K.-A., 75*
S (• li r a d e r 69
Schrenck von Notzing. .\lbeit PViir.
von, 50
Schütte, Alexander. .')1
Schulz, Paul, 81
Schumacher, K.. .')1
Schutzbar-Milchling, v., 59
Schwegel. H.. 79
Schweiger-Lerchenfeld, A. v., 56
Schweinfurth, G., 134
|Scobel, A., 67, 68
Scovasso, S., 56*
I S c g e l h a 11 d b u c h 68
I Segonzac, Marquis de, 41. 58. 59*. 64.
I 154 (Au Coeur de l'Atlas). 155
i Seidel, A., 20
Seignette. N., 24. 136
Senoussi 138
Senoussia, Les, 29
^ Sentence juridique transmettant le vica-
riat islamique de Moulay-Abdelaziz ä
Moulay-Abdelhafid 42
] Sen üsT 138
I Serbin, A., 53
j Serra s. Juve y Sena
Serrane 142
Seybold, Christian Friedrich. 18. 69
Sicard, J., 138
Sidi Hämmu s. Hammü
Sidia 140
Sierakowski, Adam Graf, 16
Sievers, Wilhelm, 49
Simonet. Francisco Javier, 21. 150
Singer, H., 52. 158
Slä 63. 157 (und sonst Ob)
Slane, De, 24. 136
Slouch s. Slouschz
Slouschz, Naliiim. 85*. 44. 143. 145*.
153
Smith, Eli. 20
Societc niarocaine d'Aroheologic
144
Socin, Albert, 21. 22
Söhne Israels, Die, in Marokko 35
Soller, Charles, 67
Solvot, Ch., 23 '
Sonneck, C, 135
Sorela, Luis, 137
Soualah Mohammed 134
Sources incditcs de riiistoire du Maroc38
Sousa, Fr. Joäo de. 21
Sprichwörter, Marrokanische, 135
Sprich w ö !• t e r ans Mai'okko 1 35
Sprigade, P., 76
Stähelin, Alfred, 47, 64
Stanley, H. E. J., 23
Statistiques du mouvement maritime
et commercial du Maroc 167
Kampffmeyer: Index zur Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
185
Stavenhagen, W., 43
Steiner, Michael, 78. 164*
Steinführer, Karl, 31. 140. 150
Steinschneider, Moritz. 18. 10
Steuern 42. 149
Steven 152
Straßburg, Arab. Literatur 18
Straßenbilder in Tanger (il
Stuart, Carl, 54
Studien, Maltesische, 22
Stumme, Hans, Arabisch. Persisch und
Türkisch 15
— Handbuch des Schilhischen von Tazer-
walt 16
— Dichtkunst und Gedichte der Schluli 17
— Elf Stücke Täzerwalt 17
— Märchen der Schluh v. Täzerwalt 17
— Märchen d. Berbern v. Taniazratt 17
— Mitteilungen eines Schilh 17
— Sidi Hämnm als Geograph 17
— Grammatik d. tunisischen Arabisch 20
— Chants des Bedouins de Tripoli et
de la Tunisie 21
— Tripolitan.-tunis. Beduinenliedci- 21
— Der arab. Dialekt der Ilouwära 21
— Märchen und Gedichte aus der Stadt
Tripolis 22
— Tunisische Märchen u. Gedichte 22
— Maltesische Studien 22
— Maltesische Märchen 22
— Maltesische Volkslieder 22
— Nordwestafiika 49
Tab et, Elie, 21
Tadla 160
Tätigkeit, Die, des französ. Marokko-
komitees 84
Tafilalt 65. 159 (und sonst Ob)
Taillis, Jean du, 41
Tanger 60. 155 (und sonst Ob)
at-Taraqqi 137
Tardif, A., 157
Taschenbuch. Internationales, f. Orien-
talisten 15
Tassin, Wirt, 74
TaswTrat mamlakat al-magrib al-aqsä 69
Tauschwitz 139
Tavel, E., 58
T ax ermaß igung im Verkehr mit den
deutschen Postanstalten in Marocco 83
Taza 160
Telegrama dcl Rif 38
Tello Amondareyn, Manuel, 61
Terrier, Auguste, 65. 148. 149. 165
Tetuan 61 (und sonst Ob)
Texte aus Fes 22
Texte aus Fes u. Tanger, Weitere, 135
Texte arabe en dialccte Oranais, L^n, LSS
Textes arabes de Tanger 135
Teza, Emilio, 26
The ve not 46
Thomassy, K., 39
Thomson, Joseph, 57
T i m b u k t u 67
Times, The, of Morocco 38
Tissot 53
Tlemcen, Arab. Hss. 18
Tofino de San Miguel, Vicento, 68
Torchon 16
Torcy, De, 148*. 150. 167
Tornberg, Car. Joh., 23
Torr es, Diego de, 39
Toutey. E., 160
Trabut (, L.,) 73. 75*
Trietsch, Davis, 164
Tripodo, Pietro, 73
Trotter 57
Trotter, Philip Durham, 56
Tschudi, V., 43
Tuat 51
TuätT s. Muhammed al-BasIr at-Tuätl
Tübingen, Arab. Hss. 18
Tunis, Arab. Hss. 18
Turquan, 0., 50
Udschda 64. 158 (und sonst Ob)
Ueld 41-Farez 148
Ureta s. Bentaböl y Ureta
Urquhart, David, 47
Vaffier-PoUet, E., 79*
Val d'Gremao, Jose P., 62
Valdes, Salvador, 152
Valence s. Apollinaire de Valence
Vanssay, De, 58
Vassel, Euscbe, 35
Vassel, Philipp, 31
Veer, Gustav de, 44
Veles 62
Verband zur Förderung der deutscheu
Interessen in Marokko 165
186
Kampffmeykb : Index ziir Marokko-Literatur I. und II. Hälfte.
Verwaltung, Hof 43. I.SO
Veyre, Gabriel, 41
Viala 41
Viaud, Julien, 57
Viccnte s. Miiiguez y Vioente
Villa escusa, Modesto Hernäiide/., 41
Villedeuil, de, 58
Vincent, Ernest, ()2
Virchow, Kudolf, 70
Vivien de Saint -Martin 69
Vizuete, Pelayo, 134
Vocabulista in arabico 21
Volkslieder, Maltesische, 22
Völlers, K., 14. 18
Voyage dans les etats barbares(|ues de
Maroc, Alger etc. .^0
Wagner, R., 83
Wagnon, Adrien, 21
Wahl, Maurice, 51
Walckenaer, C.-A., 67
Walter, Hermann, 153. 156. 157
Wangüemert y Poggio, Jose, 44
Ward, H. J. B.," 152
Was an 65
Watson, Robert Spence, 65
Wazzan 65. Scherifen von W. 29
VVehberg, Hans, 150
Wein 80
Weir, T. H., 39
Weise, 0., 13
Weisgerber, F., 63*. 66*. 152. 164
Weißbücher 82. 141
Welsberg, G., 41
Welt des Islams, Die, 133
Werle 145
Wern ick, Fritz, 47
Wesser. Herrn.. 61
West coast of Africa 68
Westermarck, Edward. 162
Westküste. Die. von Marokko 68
Wichniann, Franz, 31
Wichniann, Georg, 53
AViener, S., 36
Wiese, J., 39
Williams. Talcott, 146
Willkomm, M.. 75
Windus, John, 54
Winter reminiscences of Algiers 51
Wirth, Albrecht, 150*. 157.
W i s z \v i a n s k i , \ lelene, 45
Wright, A., 137
Würz, F., 28
Wüstenfeld, Ferdinand, 24. 33 (Ver-
gleichungs -Tabellen). 35
.X:icliina 29. 40. 41. 62
Yriarte, Charles, 55
Zabel, Rudolf. 79. 146. 159. 165
Zedlitz, 0. Graf, 77
Zegota 65
Zeh den, Carl, 61
Zeichnungen, Stiche usw. (Ethno-
graphie und Kulturgeschichte) 72
Zeitschrift der Deutschen Morgenland.
Ges. 14
Zeitschrift f. d. Kunde d. Morgenlandes
14
Zeitschrift der Gesellschaft für Erd-
kunde zu Berliji 46
Zeitschrift für Ethnologie 69
Zenagui s. 'Abd el Aziz Zenagui
Zeys, E., 135. 140
Zölle 42. 149
1«7
Bibliographische Anzeige.
Elemeuta Persica. Persische Erzählungen mit kurzer Grammatik
und Glossar von Georg Rosen. Neu bearbeitet von Friedrich
Rosen. Leipzig, Veit & Co.. 1915. VI, 195 Seiten. 8°.
Besprochen von Gotthold Weil.
Uer gelehrte deutsche Gesandte in Lissabon, Friedrich Rosen, hat den
Freunden der persischen Sprache und Literatur ein neues Büchlein ge-
schenkt.
Nachdem er in den Jahren 1887 und 1898 Persien bereist und von
1891 — 99 als erster Dragoman an der deutschen Gesandtschaft in Teheran
gewirkt hat, kann Rosen wohl als der beste Kenner des gesprochenen mo-
dernen Persisch in Deutschland gelten. Schon im Jahre 1890 hat er zum prak-
tischen Gebrauche einen »Neupei sischen Sprachtührer« erscheinen lassen, der
8 Jahre später unter dem Titel «Modern Persian CoUoquial Grammar« in er-
weiterter englischer Übersetzung und Bearbeitung erschien. Das neue Lehr-
buch dient weniger praktischen Zwecken als vielmehr der Einfuhrimg in
die persische Literatur. Äußerlich gibt es sich zwar pietätvoll nur als eine
Neuausgabe des Erstlingswerkes des Vaters, Georg Rosen, der gleichfalls
viele Jahre hindurch im auswärtigen Dienste Preußens in Konstantinopel
und Jerusalem tätig war, imd in der Tat hat es auch den Obertitel Elementa
persica, das kleine, ansprechende Format und den Verleger mit dem lateinisch
geschriebenen Lehrbuch Georg Rosens gemein. Im Grunde aber haben wir
hier eine völl-g neue Arbeit Friedrich Rosens vor ims.
Das Buch zerfällt in zwei ungleiche Teile, die kurze Grammatik
(S. 1 — 35) und die persischen Erzählungen mit Lexikon (S. 37 ff.). Die stark
überarl)eitete Grammatik bietet dem Anfänger in übersichtlicher Form das
Notwendigste zum Verständnis leicliterer persischer Literaturstücke. Die
Erzählungen sind im Gegensatz zu den alten Rosenschen Texten ganz neu
gefaßt und vor allem von den zahlreichen, häufig ans Hindustani erinnern-
den Indlanismen gereinigt worden. Zudem wui'den viele lexikalische und
syntaktische Änderungen vorgenommen, um die Sprache der Stücke mit
der heutigen Sprache Persiens in Einklang zu bringen. Auch neue Texte
und kleine Proben aus der persischen Poesie wurden hinzugefügt. So bietet
Mitt. d. Sl'UI. f. Orient Spraclien. 1915. II. Abt. 1^
jgy Bibliographische Anzeige.
sich das Büchlein als ein gefälliges Hilfsmittel für den Anfänger dar. unter
dessen Führung er die neupersische Schriftsprache in ihren Grundzügen
sich leicht aneignen kann. Da es in Deutschland nur sehr wenig brauch-
bare persische Leitfäden gibt, wird diese Neuerscheinung sicherlich bald
ihren Weg finden und wohl besonders von den jungen Orientalisten im
Universitätsstudium benutzt werden. Vielleicht wäre es angebracht gewesen,
neben den allzudeutlichen europäischen Typen noch einige Textproben in per-
sischer Kursivdruckschrift beizugeben.
Kfrlin. ti-ilrmkl in '\er KeU-liMliu.kirri.
Mitteilungen
des Seminars für Orientalische Sprachen zu Berlin
Dritte Abteilung
Afrikanische
Studien
Redigiert von
Prof. Dr. C. Veiten
und Prof. D. Westermann
1915
Bedin
Kommissionsvedag von Georg Reimer
i
1 nlia l(
üeitr
Die rechtlichen Bestiinmungen über die Sklaverei in den deutschen afrikanischen
Schutzgebieten. Von Dr. jur. Arthur Wege 1
Die Bajasprache. Einführung in die Grammatik und systematisches Wörter-
verzeichnis. Von Oberleutnant Naumann 42
Die Sprache von Busa am Niger. Von E. Funke, Missionar 52
Bornusprichwörter. Gesammelt und erklärt von RudolfPrietze . . . . 85
Die rechtlichen Bestimmungen über die Sklaverei
in den deutschen afrikanischen Schutzgebieten.
Von Dr. jur. Arthur Wege.
Einführung.
Begrenzung des Themas.
In der Geschichte des Nefiersklavenhandels ' finden wlv stets nur zwei
große Gebiete als Sklaven liefernde Länder erwähnt: die Westküste und
die Ostküste Afrikas. Forschen wir weiter, so sehen wir, daß außer in
Kamerun und Togo sowie in Deutsch-Ostafrika nii-gcnds in den deutschen
Schutzgebieten^ trotz des Bestehens erheblicher Klassenunterschiede das
Verhältnis zweier Personen zueinander als das eines Sklaven ^ zu seinem
Herrn angesehen werden kann. Für die Behandlung der Frage der Sklaverei
in den deutschen Schutzgebieten konunen daher nur unsere i)eiden Schutz-
gebiete an der äquatorialen AVestküste und dann Deutsch-Ostafrika in
Betracht.
Die rechtlichen Bestiiinnuugen über die Sklaverei — lediglich koloniales
Landesrecht — , die dieser Abhandlung zugrunde liegen, fallen in den Zoit-
ravun von 1890—1904.
I. Kapitel.
Deutsch-Ostafrika.
A. Einleitende Bemerkungen.
§1-
Schon voi- Erlaß des Sklavenraubgesetzes (SklRG.) hatte man in den
drei genannten Schutzgebieten auf dem Veroi-dnungswege der Sklaverei und
den damit verbundenen Verbrechen zu steuern versucht; denn das deutsche
1 Vgl. Martit/,. .\jvliiv L 1S8(), S. :^) — 107; Hüne: v. iMartens. Völker-
recht L S. .329ff.: Gareiis: v. Hol t/.cndorff. VölkciTcclit II, S. ö.oSff.: Leiitiier
S. 20fF.
2 Bei Kohler, Recht der deutschen Schutzgebiete, ZfvRw. 11, S. 340, wird
erwähnt, daß früher bei den Hottentotten, ebenso bei den Herero, in Südwestafrika
Sklaven existiert haben, an deren Stelle aber jetzt schon lange nur freie Dienst-
verhältnisse getreten sind. Da diese Sklaverei also völlig der Vergangenheit ange-
hört und auf die Bildung des modernen Rechts gar keine Einwirkung nielir gehabt
hat, erscheint es angebracht, hier davon abzusehen; vgl. ferner Reimer S. SltT.;
AMissZ. 1878, S. 347: ZfKKK. 1904, S. 211 und 770.
3 Im folgenden wird auch unter ähnlichen x\usdrücken, wie Leibeigener,
Höriger. Unfreier, immer derselbe Grad von Verkneditung \erstanden.
Mitt. d. S Anuci.snng« die Anj^alx'
der Mittel zur AuslTüirung des Menschenraubes, wie wir sie im § "234 RStGB.
mit »List«, "Drohung« und »Gewalt« aufjü;e/.ählt finden. Doch hat das Weg-
lassen dieser Worte w ohl kaum wesentliche \'eränderungen des Tatbestandes
zur Folge imd ist daher als Vereinfachung nur zu begrüßen. Denn nun
kann man auch den anscheinend Ireiwilligen Abschluß von Dienstvertrügen,
die in Wahrheit aber nichts anderes als Begründung von Sklavcreiverhält-
nissen sind, als Bemächtigung auflassen, ohne erst das Tatbestandsmerkmal
der List, Drohung oder Gewalt genau feststellen zu müssen.
Eine ganz erhebliche Abweichung und Verbesserung gegenüber dem
SklRG. bedeutet die Fassung des Tatbestandes in enger Anlehnung an das
RStGB. Im SklRG. war durch die Einfügung des Ausdrucks "vorsätzliche
Mitwirkung an einem auf Sklavenraub gerichteten Untern ehmen- ein-
mal die Unterscheidung zwischen Täter und Gehilfen, Anstifter und Be-
günstiger, dann aber auch die zwischen Vorbereitungshandlungen, Versuch
und Vollendung völlig beseitigt worden. Dagegen stellt sich die »Anweisung«
nun wieder auf den Boden der altüberkommenen Rechtsbegrifl'e.
Betreffs der Teilnahme kommen also, wie in Abschnitt V der »An-
weisung« noch ausdrücklich bestimmt ist, die Grundsätze des RStGB.,
§47 ff., zur Anwendung. Gegenüber dem allumfassenden Ausdruck des
SklRG. bedeutet diese Fassung in Anlehnung au das RStGB. natürlich eine
erhebliche Einschränkung; aber durch die Bestimmung des Abschnitts V,
Ziffer 1 über die vStrafbarkeit des Versuchs wird sie wieder in genügender
W^eise erweitert, wenn auch die Strafbarkeit der Vorbereitungshandlungen
in Wegfall kommt. Die Merkmale des Versuchs bestimmen sich nach den
§§ 43 ff. RStGB.
Der Tatbestand des vollendeten Delikts der »Anweisung« ist wie im
Fall des § 234 RStGB. mit der Bemächtigung, der erlangten köj-perlichen
Herrschaft über den Gei'aubten erfüllt.
n. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Menschenraub.
Die Ziffer 2 des Abschnitts I der »Anweisung« enthält eine wesent-
liche und erfreuliche Neuerung: den Begriff der Gewerbs- und Gewohn-
heitsmäßigkeit. Für dieses V^erbrechen wird als Mindestmaß wahlweise
lebenslängliche Kettenarbeit imd Todesstrafe angedroht. Man ging bei der
Festsetzung dieses Strafmaßes offenbar davon aus, daß, wenn auch dem
erkennenden Richter bei der Aburteilung ein erschwerender Umstand nicht
bekannt ist, dieses gefährliche V^erbrechen, zumal in der Wiederholung, mit
Sicherheit den Tod und die Verstümmelung von Menschen zur Folge haben
müßte, ganz abgesehen von anderen Schädigungen wie Brandstiftung und
ähnlichem.
Zur Feststellung des Tatbcstandsmerkmales der Gewerbs- oder Ge-
wohnheitsmäßigkeit ist nicht notwendig, daß dem erkennenden Richter eine
Reihe von Straftaten desselben Täters zur Aburteilung vorliegt oder doch
bekannt ist, vidmehr genügt imter Umständen schon ein einziger Fall.
Weoi:: Koclitlk-lic Destiiniiuiiigon über die Sklaverei in Dciil.-.cli-Afrika. 7
III. Bandenmäßiger Mensclienraub.
Niclit gerade als eine Neuerung, aber sicheilich als \'erbesserung
gegenüber dem SklRG. ist der zweite Al)satz der Zillor 2 anzusehen: »Die
gleichen Strafen treffen jeden Teilnehmer einer Bande, die mit ))i'\v:iffneter
Hand Menschenraub begeht.-
Die "Anweisung" gebraucht lu'cht die Ausdrücke des vSklRG. wie
"Unternehmen« oder «Streifziig-, sondern verwendet den uns sclion aus
dem RStGB. (§243, 250) bekannten Begriff der ..Bande«, die hier al)er
mit Waffen versehen sein muß. Zu einer .'Bande« genügen Ja schon zwei
Personen '.
..Mit bewaffneter Hand« ist offenbar eingefügt, lun — in Anlehnung
an das Dekret des Kongostaates vom 1.7.1891: »la capttn-e des esclaves
operee en bände et a main armce — dem Begriffe der ..Menschenjagd« der GA.
und dem des .- .Streifzuges« des SklRG., der ja ganz älmlich zu umschreiben
ist, möglichst nahezukonuneii. Auch hiei- greift dasselbe Mindestmaß Platz
wie beim gewerbs- oder gewolmheitsmäßigen Menschenraub: lebenslängliche
Kettenarbeit oder Todesstrafe. Die Veranstalter vuid Anführer werden hier
im Gegensatz zum SklRG. nicht ])esonders hervorgehoben.
IV. Der durch den Erfolg qualiiizierte Mensclienraub.
Die Ziffer 3 des Abschnitts 1 der ..Anweisung«, die den durch den
Todeserfolg qualifizierten Menschenraub behandelt, lehnt sich äußerlich in
ihrer Fassung an den Abs. II des § 1 SklRG. an.
Nahe liegt nun die Frage, ob die Ziffer 3 auch für den einfachen
Menschenraub, dessen Begehung einer Einzelperson möglich ist, oder lun-
für den bandenmäßigen Platz greifen soll, wenn man den Schluß des Ab-
satzes ins Auge faßt, wo die ..Veranstalter« den .'übrigen Teilnehmern«
gegenübergestellt werden, also offenbar eine Mehrheit von Personen vor-
ausgesetzt wird. vSie erledigt sich aber meines Erachtens dadurch, daß die
Ziffer nur ganz allgemein von Menschenraub sj)richt, von dem banden-
mäßigen aber nichts verlauten läßt.
Es fallen also luitci- den Tatbestand der Ziffer 3 nicht bloß die Ver-
anstalter, Anführer und die ül)rigen Teilnehmer, sondern auch i'in ein-
zelner Täter.
Wird nun einei'seits der Kreis der Personen, dei-en Taten dieses
qualifizierende Moment aufweisen, durch die ..Anweisung« gegenüber dem
SklRG. erheblich erweitert, so bedeutet anderseits die Fasstnig der
Ziffer 3 auch wieder eine Einschränkung, nämlich bezüglich der Personen,
deren Tod die Strafe verschärft. Statt der Worte des SklRG.: »ist der
Tod einer der Personen, gegen welche der Streifzug gerichtet ist, verur-
sacht worden...« heißt es in der ..Anweisung«: »ist der Tod einer der
Personen, deren Raub ausgeführt oder versucht wurde, und welche dem
Geraubten bzw. Bedrohten zu Hilfe kamen, verursacht worden . . .«. Nach
1 E. XTL. 173 und K. IX. 405.
,S ^\'^.'.^: K'crhtliclic Hfstiiiimimj;cii lilx'i- die Skla\ci'ci in I)i'iits<'li-At'iik;).
(lein SklH(i. j^cnügte der viflleiclit durcliaiis zufällige Tod irgendeines
unbeteiligten Einwohners eines Dorfes, gegen das der Streifzug gerichtet
war, lun <]ie Veranstalter und Anführer unbedingt der IDdesstrafe verfallen
y.u lassen. In der »Anweisung" ist der Kreis derjenigen Personen, deren
Tod diesen strafschärfenden Umstand bildet, erheblich eingeschränkt: nur
die fleraubten bzw. IJedrohten oder die ihnen zu Hilfe Eilenden, also nur
die unmittelbar Beteiligten, kounnen jetzt noch in Betracht.
FTu" diesen erschwerten Fall sind die X'eranstalter und Anführer, wie
schon im SklRd.. besonders hervorgehoben: für sie ist nur der Tod die
angemessene Sühne. Für die ül)rigen Teilnehmer ist ein Mindestmaß fest-
gesetzt; außerdem kann eine Abstufung der Strafe je nach dem Cirade der
Beteiligung eintreten.
Hat ein einzelner Täter den Tatbestand der Ziffer 3 erlüllt. so konnnt
für ihn als Strafe nur der Tod in Betracht, da er in seiner Person \'ei'-
anstalter. Anfühivr und Teilnehmer vereinigt.
bb. Sklavenhandel.
§6.
Der Abschnitt 11 fügt in den uns aus dem SklRG. bekaimten Tat-
bestand: »Wer Sklavenhandel treibt, wird..." das Wort »gewerbsmäßig«
ein und setzt für diesen eine Mindeststrafe von drei Jahren Kettenarbeit an.
Daß, wie beim Menschenraub, auch hier die Gewerbsmäßigkeit be-
sonders verwerflich und deshalb streng zu ahnden ist, leuchtet ein. Es
erhebt sich aber nun die Frage: soll der nicht gewerbsmäßige Sklaven-
handel der Farbigen nicht bestraft werden? Gibt es denn überhaupt einen
»nicht gewerbsmäßigen Sklavenhandel«?
Hier müssen wir auf die allgemeine Begriffsbestimmung zurückgehen:
Handel ist die auf Umsatz von Gütern gerichtete Tätigkeit; wer handelt,
hofft auf Gewinn und will sich daraus eine dauernde Einnahmequelle
schaffen, lls ist eine gewerbsmäßige Tätigkeit; so spricht auch das Handels-
gesetzbuch von "Handelsgewcrbe«, Diese Begriffsbestimmung dürfte also
iur den im SklKG, enthaltenen Begriff »Sklavenhandel« auch zutreffen.
Warum wurde nun in der »Anweisung« das Wort »gewerbsmäßig«
eingefügt? Auf den ersten Blick erseheint es vollkonnnen -^übertlüssig. Aber
offensichtlich sollte das Wort »gewerbsmäßig" alle die, denen die reichs-
gesetzlichen Begriffe nicht durchaus geläufig sind, daraufstoßen, daß unter
"Sklavenhandel" nicht schon ein jeder einfache Kauf oder Vei'kauf von
Sklaven zu verstehen ist. Der Offizier freilich, der draußen die Einge-
boruengerichtsbarkeit ja auch handhabt, und noch \ ielniehr der Missionar
wird stets geneigt sein, in jedem Kechtsgeschäft über einen Menschen einen
verbrecherischen Sklavenhandel zu sehen. Da nun in den Schutzgebieten
die Eingeborncnrechtspllege oft in den Händen von nicht juristiscli vorge-
bildeten Männern — Offizieren. Landwirten, Sekretären usw. — liegt,
wurde, um jedem Zweifel und allen Rückfragen von vornhci-ein vorzu-
lieugen, das Wort »gewerbsmäßig" zur Verdeutlichung eingefügt.
Wi:(ii:: Ivcclitliclic ricsiimumn^rii üljcr die Skl;i\ ci-ci in Dciitscli-AtViLi. i)
Ks ist also nicht schlechthin Jede Übertragung von Sklaven ', sondern
mir der gewerbsmäßige Umsatz von Menschenware als Sklavenhandel
straffällig.
Vollendet ist das Verbrechen nun bereits mit dem in der Absicht
gewinnbringender, gewerbsmäßiger Weiterveräußerung bewirkten Ankauf
bzw. mit dem Bereitstellen auf dem Sklavenmarkt /.um öffentlichen Ver-
kauf. Dieses Feilhalten aber etwa als \'ersuch aulzufassen, würde dem
Sinne des Wortes »betreiben« widersprechen. Denn man kann schon
"Handel betreiben«, ohne sein Ziel, die gewinnbringende Weiterveräußerung:
zu erreichen. Das Feilhalten ist eben schon ein -Betreiben«, nicht etwa
erst der Eintritt in die Kaufverhandlungen oder gar der Abschluß eines
solchen zweiseitigen Rechtsgeschäfts.
Ein Versuch des Sklavenhandels ist denmach begrifflich unmöglich.
Unterstützt wird diese Auffassung noch besonders dadurch, daß der Ab-
schnitt V, Ziffer 1, 1 den Sklavenhandel bei der Aufzählung der strafbaren
Versuche nicht erwähnt.
Fiir die Teilnahme am Sklavenhandel kommen nach ausdrücklicher
Bestimmung des Abschnitts V, Ziffer 1, III die Grundsätze der §^5 47 ff.
RStGB. zur Anwendung.
cc. Sklaventransport.
§ 7.
I. Einfacher Tatbestand.
Als dritten Tatbestand kennen wir aus dem SklRG. »die dem Sklaven-
handel dienende Beförderung von Sklaven«: diese war schon dort als selb-
ständiges Delikt strafbar. Die »Anweisung« hat diesen Tatbestand, die
»Verbringung von Sklaven von Ort zu Ort«, in zwei Unterbegriffe zerlegt:
in die Sklavenbeförderung innerhalb des Schutzgebiets und die nach einem
Orte außerhalb des Schutzgebiets. Der erste Tatbestand wird mit »Sklaven-
ti-ansport«, der zweite mit »Sklavenausfuhr« bezeichnet.
Bei dem Delikt des Sklaventransportes ist nun der Begriff" der »vor-
sätzlichen Mitwirkung« aus dem SklRG. übernommen worden. Die »vor-
sätzliche Mitwirkung« bedeutet aber nichts weniger als eine Beseitigung
unserer Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme, stellt also
Täter und Teilnehmer, Gehilfen und Anstifter einander gleich-.
In objektiver Hinsicht ist jede Mitwirkung straffällig, gleichviel
von welcher Art und Dauer. Als Mitwirkender ist elien jeder anzusehen,
der zu dem \'^erbrechen in ii-gendeinei" Weise beiträgt, sei es durch Geld
oder ])ersönliche Betätigung vor oder nach Begehung des Verbrechens, mit
Rat oder Tat. Lediglich als Strafzumessungsgrund kann der verschiedene
Grad der Mitwirkung Berücksichtigung finden.
Straffällig wären insbesondere alle Mitglieder einer Sklavenkarawane,
ebenso der Kapitän der Sklavendhau, die Matrosen, die in Kenntnis der
1 Vgl. jedoL'li unten im § 12.
'^ Vo-I. Scherliiig S. 53 ; Jung S. 25.
10 W i'i:: Ifi'clitliclif riotiiiiimingcn ülior die Skhnciri in I)tMii>i-li-Af'iik,i.
Besliiiumiiiii des SdiilVs an Bord vcrhleiheii, dvv Reeder, df-r w issentlicli
sein Schiff zu solchen Fahrten hergibt, der \'ersicherer der Ware,
In suhjektiver Hinsicht ist zur ■■ vorsätzlichen Mitwirkung» Vor-
satz bei Benehuii«; des Verl)rechens notwendig; eine l"alirl;issi<^e Hegeluuig
ist also unmöglich. Jedoch dürfte genügen, wenn der Mitwirkende das
Bewußtsein gehabt hat, das \'orhaben, an dem er sich beteiligt, könne zum
•Sklaventi-aiisport geeignet sein. — Dagegen wäre z. B. ein Matrose nicht zu
bestrafen ', wenn er das .Schiff ohne Kenntnis seiner Bestimmung betritt, es
aber bei der ersten Gelegenheit wieder verläßt, nachdem er davon erfahren.
Das Bewußtsein der Rechtswidi-igkeit dieses Skaventransportcs ist
jedoch nicht notwendig, da dieses Tatbestandsuierkmal fehlt.
Im übrigen zeigt der •■ Sklaventransport« der «Anweisung" ein ganz
anderes Gesicht als die »Sklavenbcförderung« des SklRG. Dort mußte die
Beförderung dem Sklavenhandel dienen, wenn sie straffällig sein sollte.
In der »Anweisung« wird mit Recht hervorgehoben, daß der Sklaventrans-
port in Ausführung bezw. \'ollendung eines Menschenraubes geschieht, um
die Opfer den \'erfolgern zu entzielien und den Verbrechern die Vorteile
ihrer Tat zu sichern. So gefaßt, trifft der Tatbestand gerade diejenigen
Fälle, die unter den Begriff des SklRG. »eine dem Sklavenhandel dienende
Beforderimg von Sklaven« nicht subsumiert werden konnten.
Natürlich kann der Sklaventransport aber auch dem Sklavenhandel
dienen, und dies wird in den meisten Fällen geschehen, so z. B. bei der
Beförderung der Sklaven zum ^larkt. Daher ist dieses Tatbestaudsmerkmal
aus dem SklRG. in die »Anweisung« mit übernommen worden; jedoch ist
nur die 'vorsätzliche Mitwirkung an einem .... bzw. an einem dem ge-
werbsmäßigen Sklavenhandel dienenden Trans})ort von Sklaven« unter Strafe
gestellt. Der gewöhnliche Sklaventransport bleibt natürlich straffrei. Man
denke z. B. an einen farbigen Sklavenhalter, der auf einer Reise drei Sklaven
als seine persönlichen Diener mitgenommen hat, sich plötzlich in Geldver-
legenheit sieht und genötigt ist, einen seiner Sklaven zu vei-kaufen. Dieser
Mann wird also weder wegen Sldaventransportes noch wegen Sklaven-
handels zu belangen sein.
Für die Vollendung dieses Verbrechens ist entscheidend, daß der
Transport nur begonnen zu haben braucht, also auch w'enn seine Aus- und
Durchführung durcii die Dazwischcnkunft der Regierung verhindert wird.
Die Strafliarkeit des \'ersuchs bestinnnt sich nach Abschnitt V,
Ziffer 1, II nach den allgemeinen Grundsätzen des RStGB. Ein Versuch
dürfte z. B. in der Zusammenstellung einer Sklavenkarawane, in der Be-
frachtung einer Sklavendhau mit ]\Ienschenware zu erblicken sein.
11. Gewerbs- und gewolmlieitsmäßig.
Unter Ziffer 2 ist eine erhöhte Mindeststrafc festgesetzt für den Fall,
daß der Sklaventrans|)ort gewerbs- oder gewohnheitsmäßig erfolgt. Man
hat hierbei wohl die Karawanenfülirer und Unterführer sowie die Sklaven-
' .Fung S. Ti?).
Wege: IN-clitliclie BeMiiimiiingun über die Sklaverei in DeiitscIi-Afi-ik;!. 1 1
aufkäiiler im Auge gehabt, deren Tätigkeit darin bestand, die im Innern
aufgekauften oder gar selbst geraubten Sklaven an die Küste zu bringen,
von wo sie dann nach Arabien verfrachtet wurden.
Keinen erschwerenden Umstand bilden hier merkwürdigerweise im
Gegensatz zu dem sogleich zu besprechenden Delikt der »Sklavenausfuhr.,
die Anwendung von List, Drohung oder Gewalt oder der Tod eines der
Transportierten; und doch erzählen die Berichte von dem masseidiaften
Untergang der aus dem Innern an die Küste verschleppten Sklaven, die
entweder an Krankheiten, Mißhandlungen und Hunger zugrunde gingen
oder auch niedergestochen wurden, wenn sie ermattet ziu-ückbleiben wollten,
um andere von der Erheuchelung der Erschöpfung abzuhalten!
dd. Sklavenausfuhr.
§8.
I. Einfaches Delikt.
Die Sklavenbeforderung nach einem Orte außerhalb des Schutzgebiets
nennt die »Anweisung« » Sklavenausfuhr... Die Sklavenausfuhr, bei der
wohl hauptsächlich an den Sklavenhandel über See nach den arabischen
Tiindern zu denken ist, — weit weniger praktisch ist der Sklavenhandel
über die Binnengrenzen von Deutsch-Ostafrika — deckt mit diesem Begriffe
zwei verschiedene Tatbestände.
a. Überführung zu dauerndem Aufenthalt.
»Wer es unternimmt, einen Sklaven nach einem Orte außerhalb des
Schutzgebiets zu dauerndem Aufenthalt zu überführen, wird wegen Sklaven-
ausfidir . . .« — hier ist der Begriff des Unternehmens im allgemeinen
Sinne des RStGB. aufzufassen. Dafür spricht schon die Fassung »wer es
unternimmt ..... in Anlehnung an das RStGB. Strafbar sind also auch
die Vorbereitungshandlungen zu einer solchen Überführung, z. B. Belegung
von Schiffsplätzen bei einzelnen oder Charterung einer Dhau bei einem
Massentransport. Die Bestimmung des Abschnitts V, Ziffer 1 über den Ver-
such kann sich mithin nur auf den zweiten Teil der wahlweise neben-
einander gestellten Tatbestände beziehen.
Das Opfer soll nach einem Orte außei-halb des Schutzgebietes zu
dauerndem Aufenthalt überführt werden. Die Überführung zu vorüber-
gehendem Aufenthalt ist von der Erlaubnis des Gouverneurs abhängig. Es
ist klar, daß, wenn die Regierung solche Überführungen — z. B. von
»Arbeitern« — ohne weiteres erlaubte, sie mit sehenden Augen den Sklaven-
handel dulden wih-de. Ein jeder Slavenhändler würde sich dann einfach
aus dem Schutzgebiet eine übergroße Zahl persönlicher Diener und Frauen
mitnehmen und sie, am Bestimnuuigsort angelangt-, schleunigst verkaufen.
Anderseits war aber auch der Zusatz »zu dauerndem Aufenthalt« notwendig;
man kann keinem Karawanenfülu-er, der seine eigenen Sklaven als Träger
1 ■_' W'i <.i: : lu'clitlii-lic l>t'stiiMiiniiitrrii ührr dii- Skl:i\riri in Deiitscli-Arrika.
l)eiiutzt. ziimuteii, l)ei Uberschri'itiiiig dei- deutscht'n Grenze seine sämtlichen
Sklaven zurückzulassen und sich andere Träi;cr zu mieten.
Bezüglich der Teilnahme gnifen d\f allgemeinen Bestinnmmgen des
KStGB. Platz.
I). WrUaul' an einen Nichtansässigen.
Der zweite Tathestand, den die -Anweisung« initer ».Sklavenausfuhr«
hegreil't, wird wie folgt festgelegt: -Wer einen Sklaven an eine Person
verkauft, von welchei" er weiß, daß sie im deutschen Schutzgebiet keinen
Wohnsitz hat, wird wegen Sklavenausfuhr...... Die Zweckmäßigkeit
dieser Bestinmiung leuchtet sofort ein: wenn schon die Behörden den ein-
fachen Kauf und Verkauf von Sklaven nicht für strafbar erklärten, so
mußten sie um so eher Vorkehrungen treffen, daß der Sklavenhandel nicht
durch solche Verkäufe an nicht im Schutzgebiet ansässige Leute ungestört
weiterwuchcrii konnte.
Zum objektiven Tatbestand der »Sklavenausfuhr« gehört der Ab-
schluß eines zweiseitigen tlbereignungsgesohäftes ülx-r einen Sklaven. Wenn
auch im Text von »Kauf« gesprochen wird, so sind doch andere entgelt-
liche Übereignungsarten, wie Tausch und als Schenkung bezeichneter Kauf
oder Tausch, für gleichwertig zu erachten. Aber es muß Entgeltlichkeit
vorliegen, reine Schenkung also dürfte kaum genügen, da die Fassung des
Tatbestandes offensichtlich ein entgeltliches Rechtsgeschäft vorsieht.
Zimi subjektiven Tatbestand gehört die Kenntnis des Verkäufers,
daß sein Vertragsgegner im deutschen Schutzgebiet keinen Wohnsitz hat,
wobei man einen erdichteten oder einen nur vorübergehenden, wenn auch
vielleicht längeren Aufenthalt nicht als »Wohnsitz« im Sinne dieser Be-
stimmung ansehen darf. Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandsmerk-
males genügen auch schon berechtigte Zweifel an den Worten des Vertrags-
gegners, freilich nicht etwa schlechthin jeder auftauchende leise Verdacht.
Vollendet ist das Delikt mit dem Abschluß des Uebereignungsver-
trages. Strafbarer Versuch, auf den die allgemeinen Bestimmungen des
RStGB. Anwendung finden, würde z. B. dann vorliegen, wenn die Verhand-
lungen sich zerschlügen.
Bezüglich der Teilnahme greifen ebenfalls die allgemeinen Bestim-
mungen des RStGB. Platz.
II. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßig.
Ziffer 2 setzt für das Verbrechen der gewerbs- oder gewohnheits-
müßigen Sklavenausfuhr eine Mindeststrafe von drei Jahren Kettenarbeit
ein. Weiter wird hier, anklingend an den § 284 RStGB., als strafschärfender
Umstand die Anwendung von List, Gewalt oder Di-ohung bei der Begehung
einer Sklavenausfuhr einuefüjit.
ANkck : Kcclitlirln' r)Cstiiniimiin;(Mi über die Sklaverei in Deutscli-Al'rik.i. 13
III. Das durch den Erfolg qualifizierte Delikt.
Die Ziffer 3 des Ahschnitts IV enthält eine vviclitige Neuenmt;, die
dem durch den Erfolg qualifizierten Menscheni-aub entspricht: -Ist hei dei-
Ausfuhr bzw. dem Versuch einer Sklavenausfuhr der Tod einer der Per-
sonen, deren Ausfuhr bewirkt bzw. versucht wurde oder- welche dem
Auszuführenden zu Hilfe kamen, verursacht worden, so ist....« Es trifft
dies wohl J)esonders die oft geradezu unn)enschliche Beförderungsart von
Sklaven in den engen, überfüllten und verseuchten Sklavendhaus. Die
Formulierung grenzt scharf an die des Menschenraulies: die obigen .\us-
führungen finden daher hier entsprechende Anwendung. In ganz gleicher
Weise wird die »Sklavenausfuhr« durch den schwereren Erfolg zu einem
qualifizierten Delikt mit Straferhöhung. Für die Veranstalter und Antührer
ist die Todesstrafe absolut, für die übrigen Teilnehmer ein ^lindestmaß
festgesetzt. Wie der Menschenraub kann dieses Verbrechen aber auch von
einem einzelnen begangen werden, den dann natürlich die Strafe der
Anfiihrer trifft.
d. Strafen.
a. Hauptstrafen.
Als Hauptstrafen kennt das SklRG. Getängnis-, Zuchthaus- und Todes-
strafe. Die »Anweisung« trägt dagegen den Verhältnissen von Deutsch-
Ostafrika mehr Rechnung, indem sie statt dessen Kettenarbeit und Todes-
strafe androht '.
aa. Strafart.
1. Todesstrafe.
§ 9.
über die Todesstrafe, deren endgültige Verhängung dem Gouverneur
zusteht, haben wir Bestimmungen, daß sie außer durch Enthaupten auch
durch Erschießen oder Erhängen vollzogen werden kann.
"2. Ketten arbeit.
Da die Kettenarbeit in Deutschland nicht allzu bekannt sein dürfte,
ist eine kurze Bemerkung darüber wohl am Platze. Die Strafe besteht
darin, daß die Verbrecher, zu je 10 bis 20 an einer langen Kette mit Hals-
ringen angeschlossen, zu allerhand Arbeiten gezwungen werden, wie Wege-
bau, Häuserbau. Feldarbeit, Lastentragen und ähnlichem. Das Leben in
der »Kette«, wie solche Gruppe von Strafgefangenen kurz genannt zu
werden pflegt, wäre für die Neger, die sich ja nun nieht lun Unteilialt
1 Vgl. ferner flen Auszug aus dem Runderlaß des Gouxcrneurs von Deutseii-
Ostafrika, betreuend die Strafgeriehtsbarkeit gegenüber den Farbigen vom 27. 12. 19(»0:
Riebow VI, S. 266; auch Riebow II, S. 215: Verfügimg des Reieliskanzlers
wegen Ausübung der Strafgerichtsbarkeit und der Disziplinargewalt gegenüber den
Eingeborenen in den deutschen Schutzgel )ieten von Deutsch-Ostafi-ika, Kamerun und
Tosro Aom 22. 4. 189(;.
1 4 W'fr.K: Hrclitliche IJestininumgen über die Skl.norci in Deiitscli-Afiikn.
iiiul Uiitcrkoiiimtn zu küiniiKin hrauclicn. iK-inalie angeiiolmier als die
Freiheit, wonu nur niclit — die Arbeit wäre. Lentner (»S. 77), der für
die Sklavereiverbreclien die Anwendung der Straflcnechtschaft, der »j)enal
servitude« des englischen Rechts, vorschlägt, hebt treÜend hervor, daß es
bei der Geringschätzung der Arbeit in Al'rika, die nur fiir Krauen und
Sklaven gut ist, für einen Herrn keine größere und beschämendere Strafe
geben könne als Zwangsarbeit; vor dieser haben die Sklavenhändler von
jeher die größte Scheu gehabt.
Eine Umwandlung der Kettenarbeit unter einem Jalire in Gelängnis,
die im übrigen laut Abschnitt V, Ziffer 1 bei Bestrafung des Versuchs ge-
mäß § 43 ff. RStGB. der Zuchthausstrafe gleich zu achten ist, findet
nicht statt.
3. Geldstrafe.
Im Gegensatz zum SklRG. : »auf Geldstrafe .. . ist zu erkennen...",
irklärt die «Anweisung« in Ziffer 2 des Abschnitts V die Geldstrafe nur für
zulässig: »Neben den... angedrohten Freiheitsstrafen kann auf Geld-
strafe .. . erkannt werden." Und das durchaus mit Recht. So richtig auch
die im SklRG. obligatorische liohe Geldstrafe erscheinen mag, in der Praxis
ist sie selten beizutreiben. Die Umw^andlung der Geldstrafe in Zuchthaus
ergibt ein völlig unbefriedigendes Resultat'. In der »Anweisung« ist nun
dem erkennenden Richter freie Hand gelassen, die begüterten Verbrecher
angemessen auch an ihrem Vermögen zu bestrafen, während er bei offen-
kundig Unvermögenden sich auf die Freiheitsstrafe beschränken kann.
4. Prügelstrafe.
Neu eingeführt durch die »Anweisung" wird die Prügelstrafe, eine
rein afrikanische Strafe — wenigstens vom Standpunkt des deutschen Rechts
aus — von nicht unwesentlicher Bedeutung und Wirksamkeit. Für diese
Strafe greifen die übrigen Bestimmungen Platz-: mehr als 25 Hiebe dürfen
nicht auf einmal vollzogen werden; beim Vollzug hat ein Euro[)äer, eventuell
auch ein Arzt zugegen zu sein, der unter Umständen der Züchtigung Ein-
halt gebieten kann, wenn es der Gesundheitszustand des Verurteilten er-
fordert; gegen Araber und Inder ist die Anwendung körperlicher Züchti-
gung ausgeschlossen; gegen Frauen dail" auf Prügel- oder Rutenstrafe nicht
erkannt werden.
bb. Strafmaß.
Auf den einfachen Menschenraub steht Kettenarbeit bis zu fünf
Jahren; liegt Gewerbs- oder Gewohnheitsmäßigkeit vor, ist wahlweise lebens-
längliche Kettenarbeit neben der Todesstrafe angedroht. Dagegen trifft in
dem qualifizierten Fall der Ziffer 3 Veranstalter und Anführer unbedingt der
Tod, während die übrigen Teilnehmer mindestens drei Jahre Kettenarbeit
zu gewärtigen haben.
' Scherling S. 76.
2 Verordnung vom 22. 4.1890: Riebow H, S. 215; RunderlaiS vom 12. 1. 1900:
R iebow V, S. 15.
Wi;(.i;: Ixcchtliche ISotiiiuinuint'ii über dir Skhncrci in DciitsL-li-AtVilvM. 15
Sklavenhandel ist mit Kcttenarheit nicht unter drei .Jahren zu be-
strafen; dieselbe Strafe steht auch auf S kla ven transport. wenn er ge-
werbs- oder gewohnheitsuiäßig begangen wird. Einfacher Skhncntransport
wird dagegen nur mit Kettenstrafe l)is zu drei Jahren geahndet.
Eine höhere Strafe, bis zu fünf Jahren Kettenarbeit, trifft den, der
Sklaven ausführt. Tut er es gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder
unter Anwendung von List, Gewalt oder Drohung, so wird er mit Ketten-
arbeit nicht unter drei Jahren bestraft. Liegt dagegen der qualifizierte Fall
der Ziffer 3 vor, so trifft die Veranstalter und Anführer unbedingt die Todes-
strafe, die übrigen Teilnehmer Kettenarbeit nicht unter drei Jahren.
b. Nebenstrafen.
1 . Einziehung.
Als Nebenstrafen kennt die »Anweisung« die Einziehung aller zur
Begehung des Verbrechens gebrauchten oder bestimmten Gegenstände, ohne
Unterschied, ob sie dem Verui-teilten gehören oder nicht. Diese Einziehung
ist in das Ermessen des Strafrichters gestellt; auch kann auf sie selbständig
erkannt werden, wenn die Verfolgung einer bestimmten Person nicht aus-
führbar ist.
Dagegen hat man die andere Nebenslrafe des SklRG., die Polizeiauf-
sicht, wegen ihrer ITndurchführbarkeit mit Recht beiseite gelassen.
2. Ausweisung.
Statt dessen hat man eine ganz neue Strafe eingeführt; es besteht
die Möglichkeit, den Verurteilten aus dem Schutzgebiet auszuweisen — eine
Maßregel, die vielleicht noch mehr Erfolg versprechen würde, wenn hier
gleich fih- den Fall des unerlaubten Wiederbetretens des Schutzgebietes eine
nicht zu gering bemessene Strafe ausgeworfen wäre.
e. Verfügung, betreffend Belohnungen.
§ 10.
Die der »Anweisung« angeschlossene »Verfügung, betretlend Belohnun-
gen füi- Strafanzeigen in Sklavensachen« vom 19.8. 1896 ist rechtlich belanglos.
Durch Aussetzung von Belohnungen, die für afrikanische Verhältnisse sehr
hoch gegriffen sind, \vird versucht, die Bevölkerung zu Anzeigen in Sklaven-
sachen zu bewegen und so durch die ständige gegenseitige, argwöhnische
Überwachung der Farbigen untereinander die Arbeit der Regierung zu
ei'leichtern.
3. Runderlaß vom 10. 12. 1902.
§ 11-
Der Runderlaß des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika, betreffend die
Maßnahmen zur Bekämpfung des Sklavenhandels, vom 10.12.1902^ be-
deutet gegenüber der »Anweisung« eine nicht unbedeutende Verschärfung,
1 Riebow VI, S. 558.
1 () Will : Ivcrlitlii'lH" rirstiiiimmigi'ii ülx-r ilic Sklaverei in DciitscIi-AlVika.
indem zur wirksameren Hekäinpi'ung des Sklavenhandels in Ergänzung der
»Anweisung« bestimmt wird, daß gewerbsmäßiger Sklavenhandel in schweren
Fällen mit sen:
die vornehmste Sorge der Regierung mußte es stets sein, das Los des Skla-
ven nach Möglichkeit zu mildern: Hand in Hand damit gingen natürlich
— dem noch nicht \ öllig durchgedrungenen Einfluß der Regierung ent-
sprechend aber erst in zweiter Linie — die Bestrebungen, die Sklaverei-
verhältnisse in möglichst großer Zahl mit oder ohne direkte ]Mitwiikung
der Regierung zu lösen. Das letzte Ziel, die völlige Abschaffung der Skla-
verei, konnte aber nur erreicht werden, wenn schließlich die Quellen der
Sklaverei verstoi)ft wui-den. da ja andernfalls alle Mülif Danaidenarbeit
gewesen wäre.
' Vgl. die Berichte des Gouverneurs in Doeuineiits 1899, S.S. 1(1. l'J if.
über die Ziinalniio des Sklav eiiliaiidels infoli'e der Iluiii'ersnot in Deiitscli-Ostafrika.
Wkcü;: Keclitliclir I5cstiiiiiiiiiiiu-i'ii iilior die Skl;i\ ri-ci in 1 )riiivch- AlVik.i. 17
b. Milderung des Loses der Unfreien.
§ 13.
Die Lage derjenigen Sklaven, die sieh im Eigentum von Eingebornen
befanden, war sclion "an und für sich din-chaus niciit schlecht, da überall
der Herr dui-ch Sitte und Stamniesrccht ' zu einer guteu Behandhnig, zu
Pflege und Unterhalt seiner Leibeigenen veiptlichtet war — wenn auch
selbstverständh'ch Ausnahmen vorkamen. Es bot sieh also hier dir- Ki-gierung
ein keineswegs ungihistiges Ai-beitsfeld.
«fli-Al"iik;i.
«iünstifier sein sollti-. dieses in Kralt hleibe-. — Um die dabei etwa auf-
tretenden Meiniingsverschiedenlieiten auszugleichen, wird die zuständige Ver-
waltungsbehörde zur Kntscheidunii liei Sti'eitigkeiten zwischen Herren und
IlauNsklaviMi ermächtigt.
cc. Anspruch auf Verpflegung.
In dei-selben Verordnung wird dann weiter bestinnnt. daß der Skla-
venhalter s('in(> llaussklaven im Alter oder bei Krankheit zu pflegen und
zu unterhalten habe. Auch kann er sich dieser Verpllichtung nicht etwa
dadurch entziehen, daß er nach Eintritt der Altersschwäche oder Krank-
heit den Sklaven ireiläßt; vielmehr bleibt er dem Freigewordenen weiter
veiptlichtet. Schon früher war nach llerkonunen. Religion — Islam — oder
Stammesgewohnheitsrecht' der Herr dazu angehalten. Aber das Charak-
teristische ist jetzt, daß es zu einer auf Gesetz beruhenden Verpflichtung
seitens des Herrn und von Seiten des Sklaven zu einem Rechtsanspruch
geworden ist.
dd. Herrenweclisel.
Ebendieselbe Veroi-dnung ist gi'undlegend für einen andern Anspruch
des Unfreien, der auch den meisten Stammesi-echten ^ nicht unbekannt ist:
jedwede U^bertragung des Herrenrechts — wohlgemerkt : nur an einen Ein-
gebornen! — wird von einer Bedingung abhängig gemacht. Der Sklave
selbst muß seine Zustinunung zu der Übertragung des Herrenrechts erklären ;
imter dieser Übertragung hat man nicht nur die Übereignung auf Dauer
oder Zeit, sondern auch Verplandung, Vermietung, Verleihung usw. zu ver-
stehen. Sodann hat noch die Behörde, vor der der obligatorische Vertrag
abzuschließen ist, ihre Genehmigung zu erteilen. Zuvor hat sie jedoch die
Rechtmäßigkeit des Sklavereiverhältnisses sowie die ihr wichtig erscheinen-
den Punkte — ■/.. B. Ernsthaftigkeit dei- Zustimmung des zu Übertragenden
— zu [u-üfen und besonders darauf zu achten, daß Familienmitglieder ohne
ilire Zustinunung nicht voneinander geti-ennt werden.
Schon nach Jahresfrist wurden im zweiten Teil des uns bereits be-
kaiuiten • Runderlasses des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika, betreffend
Maßnahmen zur Bekämpfung des Sklavenhandels» vom 10. 12. 1912 einige
ergänzende Vorschriften erlassen.
Sie betreffen zunächst die Erteilung der Genehmigtuig bei Über-
tragung des Hei-renrechts. Um offenbai' \ orgekonnnenen Mißbräuchen zu
steuern, werden die Verwaltungsbehörden nur bezüglich solcher Sklaven
für zuständig»erklärt, die in dem betreffenden Bezirk ansässig sind. Des
weiteren wird bestinnnt. daß die Genehmigung bei andern nicht ansässigen
1 Ebei-stcin S. 17U, 174. 178; Volkens 8.248; Mitteil. Bd. 9, S.38:
-Nigiiiaiiii S. 41. t)j: Reicliard S. 4Ü5; Steiimietz S*. 222. 240: I?ic-litor
S. 074; Veiten 8.384; Busse S. 80; Lcue S. 020.
2 Steiniiietz S.21.3: Post S. 102; Ebersteiu S. 17i> ll'. : \'cltei.
S. ;!84: Kcicliaid S. 4(57: Leue S. 020.
A\'j:r;K : Kcclirliclic IJcsriiiiinimsicii iilx'i- dir SkLi\('ii'i in DciitscIi-AlVikii. IS)
(jder gar aus dem Innern gebi-achteu Sklaven unbedingt zu versagen ist.
Außerdem wird den Behörden die strenge Prüfung der Keclitmäßigkeit des
Sklavereivcrliältnisses anempiblilen. So])ald diese nicht zweifellos ist — z. B.
eine Sklavenunterschiebung vermutet werden kann! — hat die Fi-eilassung
durch Erteilung eines ■ Freibriefes zu erfolgen, auch in solchen Fällen, wo
iür ein strafrechtliches Einschreiten noch nicht genügend Material vorliegt.
Hand in Hand mit dieser Vorschrift geht die Bestimmung, che Sklaven
über die Rechtmäßigkeit des Sklavereiverhältnisses tunlichst in Abwesenheit
des Besitzers zu vernehmen, um jede Beeinflussung seitens des Herrn zu
vermeiden.
Der Zweck dieser Bestinnnungen, die die Übertragung des Herren-
rechts erschweren, tritt klar hervor: die Unfreien sollen möglichst in
derselben Familie verbleiben, um das meist schon durchaus patriarcha-
lische Verhältnis noch milder zu gestalten, bis schließlich der Herr in
Anerkennung der langjährigen Dienste dem Leibeigenen auch rechtlich die
Freiheit gibt, die er tatsächlich schon lange genossen.
Der Schwerpunkt liegt auch hier wieder darauf, daß der Sklave nun-
mehr einen Rechtsanspruch hat, bei der Übertragung des Herrenrechts
um seine Zustimmung befragt zu werden.
ee. Verwirkung des Herrenrechts.
Schließlich bestimmt noch die Verordnung vom 29, 11. 1901 im §6,
daß der Herr, wenn er seine Pflichten gegen den Sklaven sch\ver verletzt,
sein Herreurecht verwirkt hat. Worin diese schwere Verletzung zu finden
ist, dafür geben uns die folgenden Paragraphen dieser Verordnung einen
Anhalt; im übrigen ist wohl als Ergänzung das jeweilige Stammesrecht ^
heranzuziehen, wie: mangelnde Pflege, Versagung des Unterhalts, besonders
aber grobe ^Mißhandlungen und schwere vorsätzliche Körperverletzung.
Für die zuständige Verwaltungsbehörde besteht Untersuchungszwang,
sobald ein solcher Fall zu ihrer Kenntnis gelangt. Ergiljt die Untersuchung
eine schwere Pflichtverletzung seitens des Herrn, so kann außei- dei- ver-
wirkten Strafe der Sklave durch Regiei-ungsspruch ohne jede Entschädigung
des Herrn in Freiheit gesetzt werden. Die Freilassung erfolgt durch Aus-
stellung eines Freibriefes, so daß diese als Beendigung der Sklaverei an-
zusehen ist.
Wir erkennen also, wie die Regierung in jeder Weise bestrebt ist,
die Stellung der Leibeigenen zu bessern, und nur dort, wo der Herr in
grober Weise seine Pflichten vernachlässigt, das Band zwischen Herrn und
Sklaven ganz zerschneidet. Und das mit Recht; denn andernfalls würden
ja wohlerworbene Rechte verletzt Averden, wenn man ohne wichtigen Grund
dem Sklavenhalter seine Arbeitskräfte unter Wegfall einer Entschädigung
oder Ablösung entzöge.
^ Literatur s. 1. S. 18.
2»
20 A\k<.k: K<'(litlii-Ii<' l>i*stiiimmnü:iMi iilicr di«' SkliuiMci in I)oiitscli-AfVik;i.
c. Förderung der Aufhebung von Sklavereiverhältnissen.
55 14.
Dir Milderung des Loses der Sklaven konnte «iher nielii das einzige
Besfit'lien der Regierung bleiben, wenn sie in absehbarer Zeit die seit Jahr-
hunderten eingewurzelte .Sklaverei gänzlicli beseitigt wissen wollte. Sie
mußte vielmehr dafür Sorge tragen, daß die bestehenden Sklavereiverhält-
nisse nicht erst mit dem Tode des Unfreien ihr Ende fanden.
aa. Freiwerden.
Dies ist nun einmal dadurch gesciiehen, daß, wie wir oben gesehen
haben, die Leibeigenen durch Verkauf an Nichteingeborne oder auch durch
Regierungss|)ruch wegen Verwirkung des Herrenrechts oder aus einem
sonstigen Grunde die Freiheit erlangten.
l)b. Freilassung.
Aber nicht bloß durch den ^Lnchtspi-uch der Regierung, auch durch
den Willen der uinnittelljar Beteiligten kann das Band zwischen Herren
und Unfreien gelöst werden: durch Freilassung oder Freikaiif. t)ljer die
Freilassinig, den einseitigen Rechtsakt des Herrn, bestehend in der Zu-
wendung der Freiheit an • den Sklaven, und ihre Form sind Bestim-
mungen nicht ergangen. Es bleibt also bei der bisherigen Übung der Ein-
gebornen ', die gewöhnlich durch einfache P-rklärung gegenüber dem
Sklaven, häufig auch vor Zeugen, luir vereinzelt in der Dorfvei-sammlung
die Freilassung Itewirkteii. Untei' dem Einlluß der Araber, also zumeist an
der Küste und in der Nähe der großen Karawanenstraßen, hat sich die
Freilassung in Anlehnung an die Formen des islamischen Rechts ^ einge-
bürgert, indem der Herr seinem Leibeigenen einen Freibrief, »kliatti.>, aus-
stellte oder auch die Freilassung von Todes wegen verfügte.
Begreiflicherweise hat die Regierung nicht Gelegenheit genommen
einzuschreiten, da dieser Rechtsakt des Herrn ja für den Sklaven, dessen
Vorteil wahrzunehmen sie vor allem berufen ist, ein rein luki-atives Rechts-
geschäft ist, bei dem — ebenso wie im deutschen Recht bei einem Minder-
jähi-igen — eine Bevormundung überllüssig erscheint. Kein lukrativ ist die
Freilassung auch trotz der nun an ihn herantretenden Frage der eigenen
Beköstigung; die wird in der Praxis rasch und ohne jede Schwierigkeit
gelöst. Denn einmal verbleibt der Freigewordene stets im Hause seines
Herrn oder seiner Erben — denn nur wenn dieses Verbleiben sicher ist,
wird ein Herr seinen Sklaven freilassen! — und dann ist er ja auch \ on
jeher gewöhnt, sich seinen Lebensunteriialt durch Arbeit zu erwerben.
Es sei hier kurz darauf hingewiesen, daß Freilassungen unter dem
Einlluß des Islam als gutes, Gott wohlgefälliges Werk, das sowohl in der
» Stoiiniictz S. 241 11".: Niese S. 245 ; El) er st ein S. ISO IV.
2 ^Juynl.ull S. 2(1.'.. 2i)7: Niese S. 243.
I
Wkhk: Kcclitliclu' licstiiiniiunüiMi iihi-i- die Skliucrei in DoutscIi-AiVika. 21
( )fl'enbaninf>' wie auch in der kanonischen Uherlieierung wicdcriiolt einplblilen
ist, lieh'ebt sind, Avährend der heidnisolie Neger die Freilassung von Sklaven
l'ih" ebenso töricht hält, als wenn er etwa ein Stück Kind in Fr-eiiieit setzte.
cc. Frei kauf.
Ganz anders dagegen als bei der Fi-eilassnng war die Stellung des
UnlVeien beim Freikaul". liier lag die Gefahr der Übervorteilung und der
Ausbeutung der Leibeigenen nahe, und die Regierung uuißte daher ihre
\"o]'kehrungen dagegen treffen.
Schon in dei" ersten Sklaver(ivcrordnung vom 1. 9. 1891', l)etreffend
den Fi-eikauf \'on Sklaven, wird der Freikauf geregelt, der übrigens merk-
würdigerweise auf Zanzibar verboten ist, weil dadurch nacii englischer Auf-
fassung mittelbar der Sklavenhandel begünstigt wird -. Der Islam dagegen
hat sogar besondei'C Formen für die Freilassung herausgebildet^.
cL. Loskaut*.
Unter »Freikauf« werden zwei verschiedene Grupi)en von Verträgen*
zusammengefaßt: der »Loskauf" und der »Abverdienungsvertrag". Während
dei" V? 1 der genannten Verordnung das Freiwerden der Sklaven kraft po-
sitiver Vorschrift bei Abtretung an einen Nichteingebornen regelt, ohne
daß die Vertragsparteien dem liürigen die Freiheit zuwenden wollen, trifft
§ 2 Bestimnuingen über den vertragsmäßigen Loskauf, wobei also als Ver-
tragsgegner nur ein Eingeborner zu denken ist. Dieser Loskauf, der nur
in der Absicht erfolgt, den Sklaven freizumachen, vollzieht sich in der
AVeise, daß entweder ein Dritter, ein Eingeboi-ner, den landesüblichen
Preis für den Sklaven zahlt oder dieser selbst die Loskaufsunnne erlegt.
Ein solcher Loskauf ist nach § 2 der Regierung zur Anzeige zu bringen,
die auf Antrag dem Freigewordenen unter Siegel und Unterschrift einen
Freibrief unentgeltlich ausstellt. Der Zeitpunkt des Beginns der Freiheit
liegt in dem Augenblick der Bezahlung der Loskaufsumme. Das Band
zwischen Herrn und Sklaven ist also endgültig gelöst, ohne daß noch etwa
ein patronatsähnliches A'erhältnis — wie nach islamischem Recht — als
Überrest bestehen bliebe.
/3. Ahverdienungsvertrag.
Regelt der Loskauf die Beziehungen zwischen dem Herrn und seinem
Vertragsgeguer, dem Loskaufenden, so trifft der § o Bestimmungen für den
F'all, daß dieser Loskaufende ein Dritter ist, also zwischen diesem Dritten
und dem Freigewordenen neue Rechtsbeziehungen entstehen. Durch die
1 Riehow I. S. 431.
2 Lcue S. (')20.
3 Juynboll S. 20,j— 207.
* Im Gegensatz i.w dem cinseitigeii Keclit auf Abirismig: \gl. unten § lo
(Schluß) unter dd.
'2'2 \\'}>.\ : Ki'clitliclu' Ursriiimniiiffoii iilicr dii' Skl;i\i'r<'i in I>(Mitscli-.\('iili;i.
Erlegung der Loskaulsuiniiie seitens des Dritten an den Herrn war zwar
der Sklave vollfrei gewordeni, er konnte auch die Ausstellung eines Frei-
briefs ])ei der Regierung beantragen; er muß nun aber — ausgenommen
bei Schenkungsal)sicht des Dritten — mit diesem eine Vereinbarung über
die Wiedererstattung des verauslagten Geldes treffen: den Abverdienungs-
V ertrag. Ilieriür bestehen eingehende \'orschriften, um das Interesse
des Unfreien einem ausbeuterischen Dritten gegenüber zu wahren: Abschluß
einer schriftlichen Vereinbarung vor der Behörde und Genehmigung durch
diese, Abschreibung der abverdienten Beträge auf den von Amts wegen an
den Loskaufenden wie an den Losgekauften zu erteilenden Ausfertigungen
der Vertragsurkunde, Verbot der Verrechnung der abzuverdienenden Be-
träge auf gelieferte Lebensmittel, Kleidungsstücke und ähnliches, jederzeitige
Möglichkeit der Bezahlung der ganzen Summe. Zuwiderhandlungen sind
mit Geldstrafe, im LTnvermögensfall mit Gefängnis bedroht.
Durch die Notwendigkeit der Genehmigung kann die Behörde die
Aufnahme der ihr gut erscheinenden Abänderungen in den Vertrag be-
wirken. — Durch diesen Abverdienimgvertrag tritt der Freigewordene zu
seinem Befreier nur in ein »Dienstverhältnis«, was § 5 ausdrücklich betont;
dem neuen Dienstherrn stehen nach § 6 Ziffer 2 keine weiteren Rechte zu
als die, die in der schriftlichen Vereinbarung ihre Begründung haben. Auch
noch nach Abschluß des Abverdienungsvertrages wacht die Regierung übei-
seine pilichtgemäße Ausführung und schützt den Freigewordenen so lange,
bis der ^'ertrag erledigt ist.
dd. Ablösung der Unfreiheit.
Aber damit noch nicht genug. Die uns schon bekannte Verordnung
des Reichskanzlers, betreffend die Haussklaverei in Deutsch-Ostafrika, vom
29. n. 1901 ' greift mit ihrem § 2 ergänzend noch viel nachhaltiger zu-
gunsten der Unfreien ein: sie begi'ündet ein gesetzliches, jetzt durchaus
einseitiges Recht des L^nfreien auf Ablösung der Unfreiheit; hierbei hat
die Verwaltungsbehörde von nun an die Ablösungssumme selbst festzusetzen.
Der Zeitpunkt des Freiwerdens ist hier insofern etwas anders, als der
Hörige die Ausstelliuig des Freibriefs erst nach völliger Tilgung der fest-
gesetzten Ablösungssumme verlangen daif. Daß der Sklave sich den dazu
nötigen Betrag auch wirklich zu verdienen in die Lage kommt, dafür sorgt
die uns schon bekannte Bestinunung des §3: ein jeder Sklave muß min-
destens an zwei Tagen der Woche für sich selbst arbeiten oder den ent-
sprechenden Ertrag seiner Arbeit fiu- sich verwenden dürfen.
d. Verbot der Neubegründung von Sklavereiverhältnissen.
§1.5.
Hatte flie Regierung durch Wrordnungen für die Milderung des
Loses der Sklaven und für die Beendigung der Sklavereiverhältnisse schon
Sorge getragen, so war es nun auch ihre Pflicht, der Neubegründung von
' Riebow VI. S. 42(5/427.
^\'i:(;i:: Ixcclitliclic IJcstiiiiiiiiuigcu iihrr dii- Sklju rici in DciitM-li- AlVik,!. 2'>
Sklavoreivcrliältnissen — auf IViedlicliein Wege! — oiitgegeuzutix-ten, wenn
sie überhaupt an eine gänzliche Ahschaflung der Sklaverei denken wollte.
Schon in dem Ilunderlaß des Gouvet-neiirs, betreffend die \'er|)iandnng
von Eingebornen, \ om 30. 12. 1899' wird dai-auf hingewiesen, daß die weit
verbreitete Sitte tler •\'erpiandung von Familienangehörigen eini; ständige,
immer wieder frisch sprudelnde Quelle der Sklaverei I)ildet, indem in zahl-
reichen Fällen die Vei-pfändmig durch Verlallenlassen der ausbeduugeneu
Zahlungsfrist oder durch spätere besondere Vereinbanuig zu einer dauern-
den Skla^'erei gemacht ^vird.
aa. Verpfändung usw.
Zur Beseitigung der eben berührten Zustände erging die uns schon be-
kannte Verordnung vom 29. 11. 1902, betrelfend die Haussklaverei in Deutsch-
Ostafrika ^ Hierin wird bestimmt, daß \veder durch Selbstverkauf noch
durch Verkauf seitens der Verwandten oder durch Schulden oder sonstige
Verpflichtungen oder als Strafe für Ehebruch ein Sklavereiverhältnis neu-
begründet werden kann.
bb. Geburt.
Aber noch war die Hauptquelle der Sklaverei, Sklaverei dnreh Ge-
burt von imfreien Eltern, nicht abgedämmt. Dies war der Verordnung des
Reichskanzlers vom 24. 12. 1904, betreffend die Haussklaverei in Deiitsch-
Ostafrika, vorbehalten: in dem einen Satz: »Die in Deutsch-Ostafrika
nach dem 31. 12. 190.^ geborenen Kinder von Haussklaven sind frei" wurde
das Ende eines langen Kampfes verkündet. Vom 1.1. 1906 ab werden also
in Deutsch-Ostafrika keine Sklaven mehr »geboren« ; auch die Zahl der
übrigen wird durch Freilassungen und Freikäufe immer stärker vermindert,
so daß nun der Tag nicht mehr fern ist, an dem auch der letzte Sklave
in Deutsch-Ostafrika frei wird, wenn ihm nicht eine Verordnung zuvor-
kommt, die da bestimmt: »Die Sklaverei in Deutsch-Ostafrika ist aufgeliobeu".
Kapitel II.
Kamerun,
a. Allgemeines.
§ lö-
In den beiden westafrikanischen Schutzgebieten ist entsprechend den
völlig veränderten Bedingungen die Bekämpfung der Sklaverei ganz anders,
viel schneller. Denn die Sklavenfrachtfahrt nach dem Hauptbestimmungs-
land Amerika hatte ja etwa seit Mitte des 19. Jahrhimderts ganz aufgehört.
1 Riobow V. S. 12.
2 Kiel)o\v M. S. 426/427'.
'J4 W'ii.i:: Ifi-rlitliflii- Ii('>liiiiiiiiiiiü:i'ii iilti-r dir Sklav ••ri-i in DciitM-li-AlVilv;!.
lind somit war der Anreiz zu den ganze Landsti-ecken entvölkernden .Sklaven-
jagden, die den Unternelinieni reielieii (ieuinn hraehteii, in Wegfall ge-
kommen.
Im Gegensatz zn der langen Reihe von allniählieli immer weiter-
gehenden \'erordnungcn und Erlassen in Deutsch-Ostairika linden wir in
Ivameiun eigentlich nur zwei auf die .Sklavei-ei bezügliche \'er()rdnungen.
Hesondei-s bezeichnend ist es, daß man in den beiden westafrikanischen
Schutzgebieten das Bedürfnis nach einer Ergänzung des für I)eutsch-()stafrika
unzureichenden SklHG. nicht gehabt hat. sondern offenbar mit einer ent-
.sj)rechendcn Anwendung der deutschen Strafgesetze gut auskommen konnte.
Kin weiterer Umstand dürfte ebenfalls den Unterschied zwischen Ost-
und ^\'estafrika recht gut beleuchten : in Deutsch-Ostafrika finden wir eine
ganze Skala der schwersten Strafen für die Begehung der Sklavereiver-
l)rechen festgesetzt, und deren schwerste, die Todesstrafe, wii'd dui-ch spätere
Verordnungen des Gouverneurs zu noch häufigerer Anwendung emj)fbhlen.
In Kamerun und Togo finden wir durchweg Gefängnis angedroht; die
einzige Ausnahme macht die »Dienstvorschrift des Gouverneurs von Kamerun,
betreffend die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit gegenüber den Eingebornen«
vom ]Mai 1902', in der gesagt wird, daß in den Fällen des § 234 RStGB.
auch auf Todesstrafe er-kannt werden ki'mne^.
b. Verordnung vom 7. 12. 1896.
§ 17.
Die erste der oben genannten Verordnungen datiert vom 7. 12. 18'.)6;
es ist die Verordnung des Gouvei-nein-s von Kamerun, betrefl'end den Schutz
weil)licher Personen gegen die Sklaverei^ die mit dem Tage dei* Verkündung
in Kraft trat. Wie schon die Uberschi-ift besagt, gi-eift hier die Regierung
zunächst zugunsten des weiblichen Teiles der Bevölkerung ein: -Im Inter-
esse der eingebornen Krauen und insbesondere der weiblichen 3Iissions-
zöglinge«, wie es in der Einleitimg heißt.
1. Verbot der Verpfändung für andere.
In v^ 1 der \'erordnung wird bestimmt, daß weibliche Personen wegen
Schulden anderer, insbesondere ihrer Ehemänner, nicht hi Pfand oder Haft
genommen oder verkauft werden dürfen. Verboten wird hier also die ri-
gorose Ausübung des Gläubigerrechts, das in Kamerun durch Gewohnheits-
recht* geheiligt und anei-kannt war. Der Gläubiger setzt sich hierbei im
Wege der Selbsthilfe in den Besitz von Wrmögensstücken des .•Schuldners:
» Kicl...u VI. S. IC.7.
^ In ili'ii Diicii III (• II I s 1S*.I."). S. 1. liiidct sicii ciiii' NCinidiiung do Gouvor-
nciii'S \()ii l\;iiiiciiiii \(iiii 22.1). ISUT mit Aliiiiidciuiitrcii \oiii 1-1. 11. INÜS; diese lielitet
sicIi jedoch besonders gegen die Skl;i\ <'iii;iü:deii des \gil;i von W'ule.
3 I?iebnw VI. S. 13S.
♦ Sfeiii-iiiet/. S. 42; Zi ii t i^iaff S. ;M : I'.o Im er S. -I : Seeirer: PostS. '.t|.
\\'i:(;i:: Ivcchrliclir IJoTiiiimiiiiii:!'!! über «iic Ski, nnci in I)i'iitsi-|i- AtVik;i. 25
denn als Venuügensstücke werden die weihlichen Personen — l'öchter.
Ehefrauen, Schwestern nsw. — - angesehen. Die Art der Besitzergreifung
(Sicherungsakt) ist. wie wir aus der .\iifziihliuig entnehmen können, recht
verschieden: In-Pfand-Xehnien oder In-IIaft-Nehinen oder auch Wegfangen.
Die Verwertung des Pfandobjekts (\'erwertungsakt) erfolgt dann entweder
durch Verkauf seitens des Gläubigers oder diu'ch Benutzung iler hetreffendcn
Pei'son in seinen» Haushalt.
Beinei'kenswert erscheint vor alleui das Verbot des Wegfangens ; man
kann daraus erkennen, daß die Regierung ein solches Wegfangen trotz des
§ 234 RStGB. und trotz des vorher ergangenen SklRG. nicht als Menschen-
raub ansah, sondern als eine landesübliclie Befriedigung des unbezahlten
Gläubigers. Ebenso wird ein Verkauf von menschlichen Pfandobjekten
nicht etwa als Sklavenhandel aufgefaßt.
Die Verordnung enthält in zweierlei Hinsicht Einschränkungen : ein-
mal sachlich, insofern als die eben geschilderte Ausübung des Gläubiger-
rechts von jetzt an nur dann für unzulässig erklärt wird, wenn es sich um
»Schulden anderer« handelt. Unter diesen «anderenu werden die Ehe-
männer hervorgehoben, die anscheinend mit besonderer Vorliebe mit ihren
Frauen für ihre Schulden aufzukommen pflegten. Nicht sti-afbar ist aber
auch fernerhin, wenn ein Gläubiger sich einer weiblichen Person Itir ihre
eigenen Schulden versichert oder sie sich kurzerhand einiängt. Nicht
verboten ist dadurch auch die Schuldhaft des luivermögenden Schuldners
oder der Schuldnerin selbst. Diese Schuldhait wurde erst später durch
die Verordnung vom 29. 1. 1902 aufgehoben.
Auch in persönlicher Beziehung enthält die Verordnung eine Ein-
schränkung dadurch, daß sie in den Kreis der Personen, deren In-Pfand- oder
In-Haft-Nehmen usw. sie verbietet, ausdrücklich nur die weibliche Bevöl-
kerung, nicht etwa die gesamte einbezieht. Es ist somit die Schuldhaft bzw.
\'erpfändung. Wegfangen und Verkauf eines männlichen Familienange-
hörigen durchaus erlaubt und in Anbeti-acht der doch einigermaßen un-
sicheren Vermögensverhältnisse und bei dem Fehlen eines Gerichtsvollziehers
ein recht wirksames Pressionsmittel von Seiten des Gläubigers, das wohl in
den meisten Fällen zu seiner Befriedigung führen wird.
a. In-Pfand-Nehmeü.
Der § 1 der Verordnung stellt vier Delikte wahlweise nebeneinander.
Aber schon das erste, das »In-Pfand-Nehmen«. ist mehrdeutig: soll man
darunter den Abschluß eines Piand Vertrages seitens des Pfandgläubigers
mit dem Verfügen gsberechtigten (= »Verti-agstheorie«) verstehen, oder aber
das eigenmächtige, zwangsweise Selbst pfänden durch den Gläubiger,
nötigenfalls mit Gewalt, gegen den Willen des Eigentümei-s (=. -Zwangs-
])f ändiuigstheorie n ) 1'
Für die letztere Auffassinig. also die einseitige Pfäiuliuig zwecks
späterer ßelriedigung aus dem Pfand. s[)richt allerdings der Ausdruck »In-
Pfand-Nelunen«. der die Tätigkeit des Pfandgläubigers, gewissermaßen das
Zugreifen, betont; ferner die Fassung des §1, indem die passivische Form
2(! W'n.i : I»<'i-Iitliclic rK-.tiinnmii'ri'ii iilicr die Skl;i\ ciri in I )(Mlt^^•ll-A^^ik;l.
ihus liandi'liidt' Siilijrkl iinlicstiiiiiiit läßt. I)ai"iiis allein kann man meines
Kraclitens doch noch nicht den Schluß ziehen: der Ehemann oder natürlich
sein \'erti-eter dürfe hei dem -In-Pfand-Nehmen« ül)erhan])t ü;ar nicht aktiv
heteiligt sein, dürfe nur leidender Teil, wohl gar nur Zuschauer sein. Worin
läge dann der Unterschied zwischen den drei genannten Ausdrücken: »In-
I'fand-Nehnien«, »In-Ilaft-Nehineu" und •■ Wegfangen» !' Lediglich in der
mehr oder weniger gewaltsamen Art des Zugreifens durch den (Jliiuhiger?
Dann würden Ja die anerkanntermaßen recht häulig vorkommeTiden \'er-
pfändungsverträge ganz straffrei ausgehen; die Frauen wären dann zwar
\ or dem einseitigen ZugrifT des Gläuhigers geschützt, jedoch nicht gegen
die freiwillige Verpfändung. Das kann aber unmöglich gemeint sein, denn
die Regieriuig wollte doch das Interesse der Frauen schlechthin wahrnehmen.
— Denmach dürfte die »Zwangspfändungstheorie« abzulehnen sein.
Zutreffend scheint vielmehr die Auslegung zu sein, daß unter »In-
Pfand-Nehn)en« der Abschluß eines Verpfändungsvertrages zu verstehen
ist, indem man dem Ausdruck »In-Pfand-Nehmen- nur für das straf-
rechtliche Moment der Vollendung ik'^ Delikts eine entscheidende Bedeutung
zuweist. Aus mehreren Gründen ist die »Vertragstheorie« der "Zwangs-
pfändungstheorie-> vorzuziehen: einmal wissen wir aus den Eingebornen-
rechten ' sowohl wie auch aus den oben besprochenen Verordnungen für
Deutsch-Ostafrika-, daß der Rechtsbrauch der Verpfändung von »Sklaven
oder Frauen bei den afrikanischen Völkern sehr wohl bekannt und durch-
aus nichts Ungewöhnliches war; allerdings gehen in den Stanunesrechten
die Verpfändung und der Verkauf, besonders durch die Familie, mit dem
Recht und der Pflicht der Wiedereinlösung sehr oft ineinander über. Liegt
es da nicht näher, die vier Ausdrücke der \'erordnung dahin zu unter-
schei>ln-Pfand-Nehmen« ist der verti'agsmäßige
Übergang des Besitzes der weiblichen Person vom \' ei-fügungsberechtigten in
die Hand des Gläubigers zwecks Befriedigung aus dem Pfand; das »In-
Haft-Nehmen« die vertragsmäßige Besitzesübertragung zwecks S icher ung;
das » Wegfangen « die einseitige, eigenmächtige B e s i t z e r g i- e i f u n g durch den
Gläubiger gegen den Willen des Eigentümers und der »Verkauf" der völlige
Feigen tu insüber gang zwecks Befriedigung? Nur so dürfte sich zw'anglos
und den Rechtsauffassungen der Eingebornen entsprechend ein Unterschied
und zugleich auch eine Steigerung bei den genannteo Ausdrücken fest-
stellen lassen.
Die »Vertragstheorie« hat abei- noch einen weiteren Vorteil: der Ver-
j)fiindungsvertrag bietet die beste (Gelegenheit zu allerhand Abreden^, wie
* Für Deiitseli-Ostafrika. über da^; die iiieLsten Naclu-iclitcii \oriicgcn (Ver-
pfändung inul Verkauf sind ofr niclit zu trennen): DK Dl. 189;?. S. .^(50; Nie. sc
S. 241; Busses. 40; Reichard S. 470 ff; Baunianii S. 94; Post S. 94; Rantu-
reuht S. 26; Steinmetz S. 255; Richter S. H74. Nach Isiamrecht ühngen.s
verboten: Juy nholl S. 20"2. für Kamerun: Hohn er : Lauffer S. 133. Fiu- Togo:
Klose S. 511: Henrici S. 13(), 332ff.; Seegcr.
2 Z. B. Runderlaß vom .30. 12. 1899: Riebow V., S. 12.
3 PnsfS. 94: IJolmer.
A\'r:(n:: lu-chrliclif l'>c.stiiiiiimiii;rn üliridic Skhncii'i in I )cut'sc|i- AtVikii. '>!
Über Rückgabe des Pfandes, Abzahlung der Sclnild, X'crzinsnng, die in den
Schutzgebieten übrigens in Foi-ni der röniisclu-echtlichcn Antichrese, aber
auch in Gestalt der deutschrechtlichen Todsatzung \ orkoinnit, letztere
natürlich von den Immobilien auf die Älobilie "Mensch" übertragen. Solche
Abreden, die doch ebenso dem Brauch der Eingebornen wie auch deren
wirtschaftlichen IJedürfnissen entsprechen, sind bei der reinen Zwangs-
pfändung unmöglich. Man muß also zu dem Schluß konnncn, daß man
bei dem Ausdruck »In-Pfand-Nehmen" an die vertragsmäßige Ver-
pfändung eines weiblichen Wesens zu denken hat.
Ganz ohne Bedeutung ist übrigens der Ausdruck »In-Pfand-Nehmen«
auch bei Annahme der •• Vertragstheorie - nicht: denn vollendet ist das Delikt
des § 1 mit dem »In-Pfand-Nehmen«, und zwar ist eben dui-ch den Aus-
druck »Nehmen« kenntlich gemacht, daß erst die tatsächliche Hingabe bzw.
Hinnahme die Vollendung dieses Delikts bedeutet, nicht aber schon der
einfache Abschluß des Pfand Vertrages.
Ein Versuch des Delikts des § 1 ist an sich wohl denkbar, jedoch
nicht unter Strafe gestellt. Versuch läge z. B. vor, wenn ein Pfandvertrag
über eine weibliche Person nach Eingebornenrecht abgeschlossen wird, aber
diese selbst aus irgendwelchen Gründen — z. B. wegen augenblicklichen
Mangels an Arbeitskräften beim Schuldner — noch nicht in den Besitz des
Gläubigers übergeht und doch schon nach Art dei- römischrechtlichen »hypo-
theca« ein Pfandrecht an ihr zugunsten des Gläubigers besteht. Dieser
Versuch wäre also nicht strafbar.
Dagegen würde ein nun folgender Verkauf der weiblichen Personen,
gleichgültig, ob vom Gläubiger oder vom Schuldner bewirkt, und ohne
Rücksicht darauf, wer den Besitz der Pfandsache hat, den Tatbestand des
§ 1 erfüllen und als solcher der Bestrafung verfallen.
Als Täter wäre, wie man wohl aus dem -Nehmen" zunächst schließen
muß, nur der Pfandnehmer, nicht aber der Verpfänder zu bestrafen.
Jedoch kann der letztere sehr wohl als Gehilfe bzw. Anstifter Ijelangt
werden. Wenn auch eine ausdrückliche Bestimmung nicht getroffen ist,
so geht dies doch aus der ratio legis liervor, da die Bestrafung nur eines
Teils durchaus unzulänglich sein würde.
b. In-Haft-Nehmen.
Auf das »In-Haft-Nehmen« finden die eben angestellten Erörterungen
entsprechende Anwendung. Auch hier handelt es sich nicht um einseitige
Zwangsmaßnahmen, etwa nacL Art des persönlichen Arrestes, sondern um den
Abschluß eines Vertrages. Doch betont der Ausdruck »In-Haft-Nehmen«
hier wohl besonders die Absicht der Parteien, den Gläubiger zu sichern,
ohne ihm zugleich, d. h. in ein und demselben Vertrag, das Recht der
Nutzung des menschhchen Pfandes oder das Recht der Befriedigung au'
dem Pfand durch Veräußerung einzuräumen. Daß es den Parteien unbe-
nommen bleibt, durch einen' zweiten Vertrag in gänzlicher oder teilweiser
Aufhebung des ersten die Nutzung oder Veräußerung zu vereinbaren, ist
•JiS \\'i.(.i : Ucclitliclic Iiotiiiimmiircii iilirr dif Skl;i\ i-rci in DfiitM-li-AlVika.
selhstverstiiiullicli. l'ür das stialVccIitliclR' Moiiu'iit der N'i^llciidiini; des
Delikts ist genau wie hei dem lu-IMaiid-NehiiieM die tatsäcliliclie Übergabe
iiiaßgelicnd. Aiieli liier ist der \'ersiicli nicht unter Strafe gestellt.
c. Wegfangen.
Waren die beiden vorgenannten Delikte nur mit dem Willen des
Schuldners aul" vertraglichen» Wege zu begehen, so kann das Delikt des 5; 1
auch einseitig gegen den Willen des Schuldners versucht bzw. vollendet
werden: durch Wegfangen einer weiblichen Person. Das Wegfangen be-
steht, wie man wohl in Anlehnung an das Delikt des Menschcni-aubes des
!:; 234 RStGB. definieren kann, in der Bemächtigung der Person, in der ob-
jektiv widerr-echtlichen Begründung der körperlichen Heri-sehaft, mit deren
Mrlangung das Delikt vollendet ist.
In subjektiver Hinsicht braucht der Täter das Bewußtsein der Rechts-
widrigkeit seines Tuns nicht zu haben. Die Absicht, in der der Täter
handelt, bleibt ijei dei- Feststellung des Tatbestandes außer Betracht. Diese
Absicht kann sich nun in zweierlei Richtung bewegen: entweder soll damit
ein Druck auf den Schuldner ausgeübt werden, ohne aber dein P2igentümer
sein Recht zu entziehen — also mehr eine Sicherungsniaßregel — , oder der
Fänger will die Person in seine Gewalt bekommen, sie sich aneignen,
inn sich für seine Forderung zu befriedigen, indem er wie ein pj'gentümer
über sie verfügt, z. B. durch Verkauf oder durch Benutzung als Arbeiterin
im eigenen Haushalt. Es wäre dies also die Wegnahme einer fremden,
beweglichen Sache in der Absicht der Aneignung, jedoch ohne das Tat-
bestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit.
Für den Versuch dieses Delikts, der recht wohl denkbar ist, hat man
fine Strafe nicht festgesetzt.
Als Tätei- kommen hier in Betracht einmal der Fänger selbst, aber
auch alle sonstigen Teilnehmer, wie Gehilfen und Anstifter. Während bei
den beiden ersten Delikten der Ehemann sehr- wohl jMittäter, Gehilfe oder
Anstifter sein kann, dürfte es wohl kaum vorkonunen, daß der Ehemann
seine eigne Ehefrau wegfängt.
d. Verkaufen.
Schließlich wird auch der \'erkauf von weiblichen Personen wegen
Schulden anderer unter Strafe gestellt. Vollendet ist dieses Delikt bereits
mit dem Abschluß des Kauf- oder eines ähnlichen Vertrages, ohne daß die
tatsächliche Übergabe der weiblichen Person erfolgt zu sein braucht. Dieses
Delikt ist entweder selbständig denkbar, z. B. in dem eben geschilderten
Fall, daß dem Schuldner der Gebrauch der verpfändeten Sache noch eine
Ziitlang belassen, schließlich aber doch der Verkauf beschlossen wird.
Dann wäre nur dieser Verkauf .strafbar. Oder das Delikt wird begangen
als Folge und in Vollendung des In-Pfand- oder In-Haft-Nehmcns odei- des
^^'egfangens, iiulem der (iläubigei' aus dem Verkauf der in seinen Besitz
gelangten Person Befriedigung für seine Foideiung sucht.
^\'I:(;K: Kcclirliclio IJrstimmuin^ni iiln-r die Skl;i\ cici in I)i'iit.scli-Ariik;i. 'J9
Bei einem Zusaiuinentrefieii von zwei derai-ti ganz übergehen sollen. — Man nniß also zu dem
Schluß kommen, daß der Ehemann auch sehr wohl als Haupttäter für dieses
Delikt in Betracht konnuen kann.
Der V^ersuch dieses Delikts ist mangels einer Bestinunung nicht
strafbar.
2. Vermietung weiblicher Missionszöglinge.
Während der § 1 in das 8trafi-echt hinübergreift, enthält der § 2 eine
mehr polizeirechtliche Bestimmung: weibliche INIissionszöglinge dürfen nui-
nach vorher eingeholter Zustimnumg des Gouverneurs zu Dienstleistungen
an Fliu-opäer vermietet werden. — Der Kreis der unter den Schutz der
Verordnung fallenden PcT-sonen ist hier noch viel enger gezogen als in
dem § 1 : nicht die weiblichen Pei-sonen schlechthin, sondern nur die weib-
lichen Missionszüglinge.
Das Delikt ist vollendet schon mit dem Abschluß eines — unbedingten
— Mietvertrages, nicht erst mit dem tatsächlichen Dienstantritt. Weitere
Voraussetzungen der Strafbarkeit sind, daß einmal der Mietvertrag bei einem
Europä,er erfüllt werdi-n soll, gemietet braucht der Eurojjäer selbst den
1 Indem als •Kister» die weiblirlie Person, als »Zweiter- der KlienKuin zu
denkeil ist.
- Verkauf und Veiptandnng sind niclit scharf zu trennen: üolincr: La uff er
S. 13o; vel. auch Aiiiuei-kuiiii; 1. Seite 2(J.
30 \\ K(.k: Krrlitlicli«' lifsiinimuni^cii iiln r die Sklin cif-i in DciitMli-Arrika.
MissJonszügliii;; nicht zu liaben ; und zwcitnis, daß die ZiisLiiiiiniinj^ des
(touvernc'urs fehlt, dif entweder überhaupt noch nielit eingeholt oder noch
niclit »Tteilt oder sogar schon versagt worden ist.
Als Täter konunt nach dem Wortlaut des § 2 »vermietet« zunächst
tltr \ermieter in Betracht, aber der Vertragsgegner wäre nach den hier
Platz greifenden Bestinunungen des RStGB. über Teilnahme mindestens als
Gehilfe, wenn nicht als Anstifter zu bestrafen.
3. Strafbestimniungen.
Die Strafe für (M)ertretuiigen der beiden ^'OI•genannten Paragraphen
ist (Jeldstrafe bis zu 2000 Mark oder wahlweise Gefängnis bis zu einem
Jahre. Eine Umwandlung der Geldstrafe in Gefängnis ist zwar nicht aus-
drücklich vorgesehen, wohl aber als zulässig zu erachten. — Das Strafmaß
ist, zumal in Ansehung des § 2, recht erheblich zu nennen; für § 1 erscheint
es jedoch angemessen, wenn man berücksichtigt, daß dessen Tatbestand
lebhaft an Sklavenraul) und Sklavenhandel erinnert.
c. Verordnung vom 21. 2. 1912.
§ 18.
Das, was in Deutsch-Ostafrika erst in einer langen Reihe vorbereitender
Verordnungen und Erlasse bestimmt werden konnte, geschieht in Kamerun
ohne solche Vorbereitung und zudem noch zwei Jahre früher: durch den
Ki-laß der die gänzliche Abschaffung der Sklaverei ankündigenden Ver-
ordnung des Reichskanzlers vom 21. 2.1912', betreffend die Havlssklavei-ei
in Kamerim, die am Tage der Verkünduiig in Kraft trat.
1. Frei- und Halbfreiwerden durch Geburt.
Die beiden ersten Paragrajjhen greifen direkt in das Institut der
Sklaverei in derselben Weise auflösend ein, wie wir es in der letzten der
Verordnungen für Deutsch-Ostafrika kennen gelernt haben. Nach § 1 wird
das Stanunesgewohnheitsrecht der Duala in Kamerun, wonach die Kinder
von Haussklaven — »nudcöm" — als Halbfreie — »mujäberi" — anzu-
sehen sind, auf das ganze Schutzgebiet ausgedehnt.
Noch weiter geht der § 2: die nach der Verkündung dieser Verordnung
gebornen Kinder von Ualbfreien sind vollfrei. Der Zeitpunkt der llalb-
Ireiheit ist also nach § 1 für Kinder von Haussklaven der Tag der Ver-
kündung dieser Verordnung, während Kinder von Halbfreien nur dann
vollfrei sind, wenn sie nach Verkündung dieser Verordnung geboren sind.
Mit dieser Bestimmung ist also die Begründung der Sklaverei durch
Geburt unmöglich gemacht. Es ist unschwer einzusehen, daß die Durch-
führung dieser Grundsätze sich deswegen mn so leichter ermöglichen ließ,
weil es sich hier nicht um rein europäisches Recht, sondern nur um eine
Ausdehnung eines von den Eingebornen selbst bereits geprägten Rechts-
satzes handelte.
» Riobow VI. S. 4(12
Wkci; : lu-clirliclic l'x'stiiiiiimiiucii üIhm- die Skl;i\(Mci in Dciitscli-AlViLii. ',\ 1
2. Verbot der Verpfändung.
Es l)liel) also nur nucli üln-ig, die amlci-ii (^)iiclh'ii dej- Sklavei-ci außer
dem durcli die vorgenannte Vcrordnuuü; sclion untei- Strafe gestellten Frauen-
fang und der Versklavung zu schließen. In den §§ 3 — 5 linden wir daher
die Restinnnungen zusanunengefaßt, die wir vereinzelt schon in den Verord-
nungen von Deutsch-Ostafrika kennen gelernt hal)cn ; zeitlich liegen aller-
dings die Veroi'dnungen von Deutsch-Ostafrika später.
Es wird hier bestiunut, daß durch Selbstverkauf, durch N'erkauf seitens
der Verwandten, durch Schulden sowie sonstige \'erpllichtungen oder als
Strafe für Ehebruch ein Sklavereiverhältnis nicht neu begründet werden
darf. Alle aus diesem Rechtsgrunde erfolgten Rechtsgeschäfte und Über-
eignungen sind daher von jetzt au als gegen ein Gesetz verstoßend nichtig
und obendrein noch strafbar. Einmal, um Schiebungen und Verschleierun-
gen vorzubeugen, dann aber vor allem um durch Herstellung eines ])atri-
archalischen ^'erhältnisses die Abschaii'ung der Sklaverei möglichst zu be-
schleunigen, verbietet § 4 schlechthin jeden Verkauf, Tausch oder sonstige
Art der Veräußerung von llaussklaven — ganz anders als in Deutsch-Ost-
afrika, wo, wie wir gesehen haben, die Übertragung des Herrenrechts unter
gewissen Sicherlieitsmaßnahmen zulässig war.
3. Abschaffung der Schuldknechtschaft.
Doch die ergriffenen Maßregeln wären durchaus imvollständig ge-
wesen, hätte man nicht auch an die Beseitigung der Schuldknechtschaft
gedacht; diese war nun schon vier Wochen früher durch die Vei'oi-dnimg
vom 29. 1. 1902 aufgehoben worden, so daß ihre nochmalige Erwähnung
hier im § 5 nur eine Wiederholung bedeutet. Denn da die Sklaverei, zumal
bei dem bekanntermaßen äußerst leichtsinnigen Schuldenmachen der Ein-
gebornen, sehr häutig auf dem Wege über die Personalverpfändung durch
Verfallenlassen des Zahlungstermins begründet wird, mußte man, wenn man
alle (^)uellen der Sklaverei treffen und abdämmen wollte, auch die Schuld-
knechtschaft verbieten.
4. Verwirkung des Herrenrechts.
In den ersten beiden Paragraphen hatte die Veroidnung Sklaven-
Ivinder für frei bzw. halbfrei erklärt, in den nächsten drei Paragraphen war
der Sklaverei der Zufluß von neuem 3Ienschenmaterial, der außer durch
Geburt auf die verschiedenste Weise möglich war, abgeschnitten worden.
Schließlich greift die Verordnung mit § 6 unmittelbar in das Verhältnis vom
Sklaven zum Herrn ein; die Bestimmung des § 6, Verwirkung des Herren-
rechts, deckt sich beinahe wörtlich mit dem § 6 der deutschostafrikanischen
Verordnung vom 29. 11. 1901. Auch hier verwirkt der Herr durch schwere
Verletzung seiner Pllichten gegenüber dem vSklaven das Herrenrecht. Der
Sldave wird nach einer von Amts wegen einzuleitenden Untersuchung durch
die Ausstellung eines Freibriefs frei, ohne daß dem Herrn ein Anspruch
auf Entschädigung zusteht. Was unter Pllichten des Herrn gegen den
32 WUt : lü-clitliflii' ljestiiiiiiiiiiirt und den Wihältnissen. nach Gewohnlieits-
ri'cht • und durch Befragen der Kingeburnen und Altesten festzustellen und
dem Richterspruch zugrunde zu legen.
5. Strafbestimmungen.
Für Zuwiderhandlungen gegen diese X'erordnung ist Geldstrafe in
der für Westafrika üblichen Währung in Höhe von 1 000 Mark wahlweise
mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei jNIonaten festgesetzt, falls nicht durch
andere Strafgesetze eine höhere Strafe verwirkt ist. — über die Um-
wandlung einer nicht beitreibbaren Geldstrafe in Freiheitsstrafe ist nichts
bestimmt, diese wohl aber anzunehmen.
d. Vergleich zwischen Kamerun und Deutseh- Ostafrika.
§19.
Bei einem Vergleich der ostafrikanischen und der Kameruner Ver-
ordnung fällt sofort ein großer Unterschied auf: während in Deutsch-Ost-
afrika der Freikauf l)is ins einzelnste geregelt ist, linden wir in Kamerun
nirgends eine ähnliche Bestinnuung. Es hängt das eben mit der von der
ostafrikanischen so vei'schiedenen Auffassung der Eingebornen über Sklaverei
zusammen. In Kamerun kann nämlich nach der Rechtsanschauung der Ein-
gebornen ein Sklave niemals frei werden, selbst nicht durch die den Stainmes-
rechten unbekannte Freilassung bzw. Freikauf; ebensowenig wird anderseits
ein versklavter Freier in seinem eignen Stamm als Sklave angesehen. Man
kann also hier wirklich von »geborenen Sklaven« sprechen, die sich von
diesem in ihrem Blute liegenden Makel durch nichts befreien können, mögen
sie auch noch so große tatsächliche Freiheit genießen. Dieser eigenartigen
Rechtsanschauung konnte eben nur die Regierung, nicht aber ein einzelner
wirksam entgegentreten; Bestimmungen über Freikauf oder Freilassung
seitens des Herrn waren somit überllüssig. Es steht zu hoffen, daß diese
festeingewurzelte Meinung allmählich durch die Rechtsübung und den immer
größer werdenden Einlluß der Behörden verdrängt wird" und dann Sklaven
und Freie auch in den Augen der Eingebornen sich völlig gleichstehen.
' l)Ivl>l. 1892. S. ÖISÜ".: foniei' iilx.'r das gegenseitii^c W-rliältnis /.. 1!.: Heii-
riri S. ]'.>(.): S|)ieili.
Wk(;k : Kcclitliflu" ncstiiiiimiiigc'u ühor cli(> Sklavoroi in Dcutscli-At'rika. 33
Kapitel 111.
Togo,
a. Allgemeines.
§ 20.
In unserm Schutzgebiet Togo hat die Entwickhing des europäisclien
Sklavenrechts einen ganz ähnliclien Weg genonnnen wie in Kamerun, je-
doch ist hier die volle Befreiung der Hörigen ' am schnellsten von allen
drei Schutzgebieten durchgeführt worden. Auch hier haben wir \vie in
Kamerun nur zwei Verordnungen, die sich mit rein zivilrechtlichen Fragen
der Auf- bzw. Ablösung der Sklaverei befassen. Zu strafrechtlichen Ki--
lassen, etwa in Ergänzung des SklRG., hat offenbar kein Bedürl'nis vor-
gelegen.
b. Verordnung vom 15. 1. 1893.
§21.
Die erste der beiden Verordnungen ist die »Verordnung des Konnnissars
von Togo, betreffend die Befreiung der in .Sklaverei gehaltenen Personen«
vom 15. 1. 1893 ^ die mit dem Tage der V^eröffentlichung in Kraft getreten
ist — bezüglich der Abverdienungsverträge sogar mit unbegrenzt rück-
wirkender Kraft; übrigens der einzige Fall, in dem einer solchen \'erord-
nung rückwirkende Kraft verliehen worden ist.
Wie diese Verordnung selbst angibt, hat sie ihre rechtliche Grund-
lage in dem »Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse in den deutschen
Schutzgebieten«, und in der V'erfügung des Reichskanzlers vom 29. 3. 1889.
— Diese Vei-ordnung, die sich stark an die ostafrikanische Verordnung vom
1. 9. 1891, betreffend den Freikauf von Sklaven, anlehnt, regelt in ihrem
§ 1 das Freiwerden der Sklaven, während alle übrigen Paragraphen sich
auf den vertragsmäßigen Freikauf beziehen, den wir in den Kameruner
Verordnungen vergeblich gesucht haben.
1. Freiwerden durch Rechtsgeschäft.
Nach § 1 erlangen Personen, die sich im Zustande der Sklaverei,
llaussklaverei oder Hörigkeit befinden, ihre volle Freiheit dadurch, daß ihr
bisheriger Herr ein ihr Rechtsverhältnis zu ihm lösendes Rechtsgeschäft —
Kauf, Tausch, Schenkung — mit einem Dritten oder ihnen selbst abschließt.
Im Gegensatz zu § 1 der angezogenen ostafrikanischen Verordnung erhält
ein Sklave die Freiheit nicht bloß durch den Verkauf an einen Nicht
1 DKBl., 1890, S. 37 ülici- die gchohonc Stellung cK-r ITnficien.
2 Riebow n, S. 2.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Spivifhcn. 1915. III. Al.t. 3
34 ^^'K(iK: Rerlitliche Bestimimmgen üb^rdie Sklaverei in Deutsch- Afrika.
eini^elionicn, suiuk'rn dmcli den Ahsrliliiß ciiios das Sklavereixerhältnis
zum Herrn lösenden Heclitsgescliärts mit j e jj;li c Iic in Dritlen, ja .sot^ar mit
di'in Unfreien seihst.
Der Zeitpunkt des Freiwerdens ist in beiden Fällen der Ahselihiß,
nieht erst die KrHillung des Kanfvei'trages. V'ertragsgegner kann jeder
Dritte, Eingeborner wie Nicliteingeborner, oder auch der Unfreie selbst
sein, der also, eben noch unfrei, aber zum AbschliLß des Vertrages befähigt,
lediglich durch die Tatsache des Abschlusses seine volle Freiheit erlangt,
olnie daß etwa die Freiheit an die Ei-teilung eines Freibriefs gebunden ist.
Bei diesen Unfi-eien, laut Überschrift »die in Sklaverei gehaltenen
Personen«, unterscheidet der § 1 »Sklaven", »Ilaussklavcn« und »Hörige«.
Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß damit eine begriffliche Unterschei-
dung der Unfreien in drei verschiedene, dem Grade der Unfreiheit nach
ungleiche Giiippcn bewirkt werden sollte, zumal diese Begriffe in den fol-
genden Paragraphen keineswegs auseinandci'gehalten werden. \'ielmehr
scheint die Annahme berechtigt, daß diese Begrilfe nur deswegen erwähnt
sind, um alle verschiedenen Formen der Unfreiheit bei den einzelnen Stämmen
mit der Bestimmung zu erfassen und jeden Zweifel bezüglich der Anwend-
barkeit der Verordnung von vornherein auszuschließen.
2. Freikauf.
Durch die geschilderte, von der ostafrikanischen abweichende Auf-
iassuna: des Auflösungs Vertrages wird natürlich auch die Stellung des be-
Loskauf.
Der Sklave ist unmittelbar nach Abschluß des Loskaufvertrages ein
freier Mann, gleichgültig, ob die Loskaufsumme sclion bezalilt ist oder
nicht, und ob sie von ihm oder einem Dritten erlegt, wird. Die Folge
davon ist, daß die Ei-teiiung des Freibriefs nach § 2 auf Antrag sofort,
nicht erst nach Zahlung der Loskaufsunnne erfolgt. Zuständig füi* die Er-
teilung des Freibriefs — das gilt auch für Personen, die kraft einer be-
hördlichen Verfimunü; oder aus sonst irgendeinen) Grunde die Freiheit
erlangt haben — ist also die Behörde des Bezirks, in dem der Freigewor-
dene oder der loskaufende Dritte seinen Wohnsitz hat.
Abverdienungsvertrag.
Für den Fall, daß ein Dritter den Sklaven loskauft und von dem
Freigewordenen Ersatz der Loskaufsumme begehrt, finden wir wie in
Deutsch-Ostafrika Bestimmimgen über den zwischen dem Dritten und dem
ehemaligen Sklaven zu schließenden Abverdienungsvertrag, die den Frei-
gewordenen gegen Ausbeutung schützen sollen: Abschluß einer schriftlichen
Vereinbarung vor der Behörde und Genehmigung durch diese, Wahi-ung
des Vorteils des Freigewordenen durch ^'erhinderung nicht landesüblicher
Preise, Verlxit dei- Verrechnung der Loskaufsinnme auf gelieferte Lebens-
WEfM.;: Rcclitliche Be.sti.iunmige.i übrv die Skla\erei in Dcutscli-Afrika. 35
mittel, Kleidungsstücke uiul Älmliclies, Abschreihimi.- der abverdienten Be-
träge auf einer von Amts wegen zu erteilenden Ausfertigung der \'ertrags-
urkunde, Eintrngung in ein besonderes Register, Überwachung der Aus-
führung des Veitragcs. schließlieli die Bestimnumg, daß die den Losgekauften
in Rechnung zu setzehden Beträge nicht hinter den landesüblichen Lohn-
sätzen zurück! )leibeu düi-fen, da so die Ablösung verzögei-t würde. Hier
wie in Deutsch-Ostafi-ika kann die Loskaufsumme auch vor Ablauf der aus-
bedungenen Zahlungsfrist ganz oder teilweise gezahlt und dadurch das
Dienstverhältnis abgekürzt werden.
Unbekannt dagegen ist der \^erordnung eine Verwirk ung des
Herrenrechts, wie wir sie in Deutsch-Ostafrika und in Kamerun kennen
gelernt haben. Ebenso vermissen wir ein einseitiges Ablösungsrecht
des Unfreien.
3. Strafbestimmungen.
Zuwiderhandlungen gegen die §§ 2—5 über die Freikaufverträge
werden mit Geldstrafe bis zu 1 000 Mark geahndet: im Unvei-mögensfall
tritt Gefängnis bis zu drei Monaten ein.
e. Verordnung vom 21. 2. 1902.
§ -22.
Die zweite Verordnung, die des Reichskanzlers, betreffend die Haus-
sklaverei in Togo vom 2L 2. 1902 », die mit dem Tage der Verkündung in Kraft
trat, hat fast den gleichen Wortlaut wie die \^erordnung für Kamenm vom
gleichen Tage. Es fehlt nur der dortige § 1, wonach die Kinder von Haus-
sklaven noch als Halbfreie und erst die Kinder von Halbfreien als Freie
anzusehen sind. Vielmehr wird hier in abgekürztem Verfahren bestimmt,
daß alle nach Verkündung dieser Verordnung geborenen Kinder von Haus-
sklaven vollfi-ei sind. Die anderen Paragraphen haben den gleichen Wort-
laut; es erübrigt sich somit, näher darauf einzugehen.
d. Verordnung vom 25. 4. 1902.
§ 23.
Schließlich bleibt noch eine weniger wichtige Vei-ordnung zu er-
wähnen: die Verordnung vom 25. 4. 1902, betreffend den Schutz weiblicher
Missionszöglinge ■•'. Sie bestimmt in ihrem § 1 fast gleichlautend mit dem
§ 2 der Kameruner Verordnung vom 7. 11. 1896, daß weibliche Missions-
zöglinge nur mit Genehmigung des Gouverneui-s zu Dienstleistungen an
Europäer vermietet werden dürfen, mit dem ausdrücklichen Zusatz, daß
auch zur Fortsetzung bereits bestehender Dienstverhältnisse diese Genehmi-
gung erforderlich ist — ein Zusatz, der sich in der Kamerimer N'erordnung
nicht findet. Die Befolgung dieser Verordnung, die mit dem Tage der
Verkündung in Kraft trat, wird durch Geldstrafe bis zu 1 000 Mark, wahl-
1 Riebow VI, S. 462.
2 Riebow VI, S. 566.
3*
'M') \\'K(iK: IvccliiliclK- lU'.stiiiinmiiü^oii iilii-r dir Sklincri'i in I)(Mif.scli-.\ri-ik;i.
weise mit (Jeränguis l)is zu einem Jahre gesiel»crt. — Neues ist hier nicht
zu satten; die Erörterungen gelegentlich der genannten Kameruner \'er-
ordninii; linden hiei" entspreehende Anwendung.
Abschluß.
wie wir gesehen haben, hat sich die Al)schall'ung dei- Skhiverei in
den heiden weslafrikaniseheu Schutzgebieten viel leichtor bewerkstelligen
lassen als in Deutseh-OstaiVika. wo man in den Verordnungen deutlieli
das scharfe V^orgehen der Regierung gegen die eingel)ornen Sklavenhändler
und Sklavenräuber erkennen kann. Nun ist seit Erlaß der letzten dieser
\'erordnungen über ein Jahrzehnt dahingegangen, und somit ist der Zeit-
punkt, wo die Sklaverei in unsern Schutzgebieten einmal völlig der Ge-
schichte angehören wird, um ein Erhebliches näher gerückt. Die Wünsche
des Reichstags gelien allerdings noch über die natiirliche Entwicklung der
Dinge hinaus: die Regierung ist ersucht worden, aui" eine bescldeinu'gte
Abschart'uni'- der Sklaverei hinzuwirken.
Kapitel IV.
Ergänzende Vorschriften und Schluß,
a. Waffeneinfiihrbeschränkungen.
§ 24.
Alle diese vorerwähnten Verordnungen inid Ei-lasse wenden sich
direkt gegen die Sklaverei und den Sklavenhandel, den Sklavenraul) und
den Sklaventransport. Die Brüsseler Generalakte hatte aber noch weiter-
gehende Bestimmungen getroÜen, deren Durchführung für die Bekämpi'ung
der Skaverei und der mit ihr zusanunenhängenden Verbrechen von Wichtig-
keit ist. In der richtigen Erkenntnis, daß die ungehinderte Abgabe von
Präzisionsfeuerwalien nicht allein den Widerstand der Eingeborenen g<*gen
die Europäer im allgemeinen begünstigt, sondern vof allen» auch dem
Sklavenraid) förderlich ist, soll nach Artikel 8/9 der GA. die Einfuhr ver-
vollkonunneter Eeuerwaffen ebenso wie von Schießpulver, Kugeln und
Patronen nach Möglichkeit verboten oder wenigstens unter staatliche Aul-
sicht gestellt und eingeschränkt werden.
Es mag hier der Hinweis genügen, daß in Ausführung der Bestim-
nmngen der GA, eine große Anzahl von Verordnungen ergangen ist, die
die Materie bis ins kleinste regeln '. Eine Bespi-echung dieser Verordnungen
dürfte jedijcli iil)rr den Rahmen und den Zweck dieser .\bhandlung hinaus-
gehen.
' \>j:\. l)()('iiriiciit>.
A\'ki.i;: IvcchlliclH' IJcsi iiiiiiiiuiui'ii iilicr die Skl;i\('ici in Dcutsi'li- Ali ik;i. ',\7
b. Arbeiterverordnungen.
§ 25.
Miii(li\st(Mis el»ens() uicliti^ wie dir WaHrin riiii-dimimfii ist fiiu'
andere Gi'iippo von Erlassen : die iihcr das Arl)e i t erw esen. Um ein
Wiederanlleben des Sklavenliandels in and(MMn Gewände zu verhindern, ist
zum Sehutzc der eingebornen Arbeiter eine große Zahl von Verordnungen
ergangen. Ks mögen liier luu- zwei Heispiele genannt werden : die \'cr<>r(l-
nung, betreffend das \>rbot der Anwerbiuig von Arl)eitern zum Zwecke der
Ausfuhr derselben aus Dcutsch-Ostai'rika naeli iVemden (Jehieten vom 22. 8.
1896', ebenfalls für Deutsch-Ostafrjka die Verordnung vom 27.12. 1896^.
Sie dienen einmal dem Seluitz des einzelnen Arbeiters gegen Ausbeutung
dureh gewissenlose Arbeitgeber, dann aber auch den Interessen des Sehutz-
gebiets im allgemeinen, indem sie die Ausfidu- von Arbeitern verhüten
sollen'. Denn dadurch werden den Schutzgebieten die notwendigen
Arbeitskräfte entzogen, die womöglich von auswärts erst wieder mit großen
Kosten eingeführt werden müssen. Vor allem aber besteht für die Arbeiter
die Gefahr, daß sie, einmal außerhalb des Schutzgebiets und der Kontrolle
und dem Schutz der Regierung entzogen, leicht in Sklaverei verbracht
werden können.
Schluß.
Rückblick.
§ 26.
Wie ein jedes Ding seine zwei Seiten hat, so auch die Bekämpfung
und die Abschaffmig der Sklaverei. Man denkt hierbei besonders an die
Araber in Dentsch-Ostafrika, deren Existenz als Sklavenhändler allerdings —
von unserm Standpunkt aus — mit Recht vernichtet wurde, falls sie sich
nicht, wie Tippu-Tipp* in Zanzibai-, rechtzeitig vom Geschäft zurückzogen.
Nicht beabsichtigt dagegen war der Niedergang der großen blühenden
Nelkenplantagen an der Ostküste und auf Zanzibar, die ausschließlich mit
Sklaven bewirtschaftet wurden. Mit dem Aufhören des frischen Zuzugs
und der Unterbindung des Sklavenhandels wurden ihnen die Arbeitskräfte
entzogen, und die vorher reichen Araber mußten verarmen, da sie freie
Arbeiter nicht zu halten vermochten. Eine beredte Sprache reden die
ehemals so prächtigen, jetzt zerfallenen und zerschossenen Araberhänser
und -paläste auf Zanzibar.
Gewiß war es Menschen- und Christenpflicht, dem Menschenhandel
mit all seinen Ausw üchsen Einhalt zu gebieten, aber ob es recht und biUig
ist, die meist sehr milde Sklaverei als solche in Afrika aufzuheben, soll
dahinsrestellt bleiben. So mancher »alte Afrikaner« ist damit gar nicht
1 Riebow U, S. 214.
2 Riebow n, S. 318.
3 Vgl. Afrika 1906, S. 49 ff.
* Vgl. Piro de, Tippu-Tipp.
r?S Wehe: Rechtliche Rcstiiiiiiiungen über die Sklaverei in Deutsch-Afrika.
einverstanden, weil der Neger, anlehnungsbedürftig wie er ist, vorläufig noch
fiir eine geraume Zeit unbedingt einer straffen Führung bedürfe und keines-
wegs schon jetzt für die Freiheit reif sei. Das beste Beispiel dafür ist,
daß Stämme unter energischen, wenn auch nach afrikanischer Manier un-
glaublich grausamen Herrschern — man denke an die Sultane in Ruanda
und an Quawa, den großen Häuptling der Walielie — sieh am günstigsten
entwickelt haben '.
Jedenfalls ist das Knde der Sklaverei für Kamerun und Togo in
spätestens zwei INIenschenaltern, für Deutsch-OstalVika in etwas längerer
Zeit mit Sicherheit zu erwarten*, falls nicht eine die Sklaverei überhaupt
aufhebende Verordnung die Frist ei-heblich ;i])kürzt. —
Wenn dann die freie Arbeit ganz an die Stelle der Sklavenarbeit
getreten sein wird und allmählich dei- Gedanke der Wertschätzung der
Arbeit auch die afrikanischen Völker durchdi-ungen hat, dann wird —
freilich nach einer geraumen Spanne Zeit — für den dunkeln Ei-dteil
vielleicht eine ganz neue E])oclie der Kultur von ungeahnter Entwicklung
anbrechen, die auf der Basis einer kapitalistischen Wirtschaft möglicher-
weise auch die schwarze Rasse in ei-folgreichen Wettbewerb mit der weißen
und gelben treten lassen wird.
1 Über die Arbeitsfähigkeit der Neger vergleiche: Peters S. 402; über die
Wasuaheli, Wasagara, Waniamwesi, Wasukuma, Wakonde, Bakoni: Busse, Afrika
1900, S. 61; über die Wadschagga und die Bewohner des Konde- und des Schirehoch-
laiides, außer vielen andern Berichten: Bericht des Gouverneurs \on Deutsch-Ost-
afrika, DKBl. 1893, S. 566; von Kamenm: DKBl. 1892, S. fjUlK, Afrika 1901.
S. 49 ff.
2 Reimer vS. 51 ff. —
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Die Bajasprache.
Einrühruiig in die Grammatik und systematisches
W örterverzeicl i n is.
Von Oberleutnant Naumann.
Vorwort.
Uie Bajasprache ist nicht so verbreitet wie die Jaunde- und Fulhesprache,
wird sich jedoch mehr und mehr über ihre jetzige Sprachgrenze ausdehnen,
da sie die einzige Verkehrssprache in ihrem Bezirk ist, in dem das Neger-
englisch noch keinen Einzug gefunden hat und auch nicht mehr finden wird.
Die Baja selber bewohnen ein Gebiet, das im Süden ungefähr bis
zum 4. Breitengrad, im Westen bis Bertua, im Norden bis Jade luid im
Osten bis an die französische Grenze reicht. Ihre Sprache wird von den
südlich wohnenden Kakas und teilweise von den zwischen ihnen wohnen-
den Jangere, Kaja und Bum verstanden. Bis Ngaundere, wo sich viele
Bajas, ehemalige Sklaven, befinden sollen, kann sich der Baja mit seiner
Sprache verständigen.
Infolge ihrer Ausdehnung besitzt die Sprache verschiedene Dialekte,
von denen die von Bertua, Buar und der Gegend süd- und nordöstlich
Bossum die unterschiedlichsten sind.
Der Arbeit ist der Dialekt von Buar zugrunde gelegt.
Bei der Kürze der mir zur Verfügung gestandenen Zeit und tmter
dem Umstände, daß ich während der Bearbeitung des TIhmujis nur vorüber-
gehend im Bajasprachgebiet war, war es mir nicht möglich, einen tieferen
Einblick in die Sj)i'ache zu bekommen, weshalb ich mich auf die einfach-
sten grammatikalischen Formen beschränken muß.
Die Schreibweise ist möglichst der der deutschen Sprache angepaßt.
In einzelnen Phallen ist für dieselben Wörter eine verschiedene Schreib-
weise gewählt worden, um dadurch die Verschiedenheit der Aussprache
wiederzugeben. Die Zahl der Zeichen habe ich möglichst beschränkt, und
zwar auf folgende :
bezeichnet die Betonung einer Silbe,
e wie im Französischen,
ö wie in "Motte«,
'"" bezeichnet die Verschmelzung zweier Vokale zu einem Laut
und mit nachfolgendem n einen Nasallaut.
Naumann: Die Bajasprache.
43
I. Teil.
Einführung in die Grammatik.
1. Das Zahlwort.
Die Zahlen unterscheiden sich von denen der meisten Sprachen dadurcii,
daß sie nnr bis 5 reichen, nnd darüber zusammengesetzt sind. Jedocli hat
die Zahl 10 einen besonderen Ausdruck: buJto {kuml im Suaheli und goma
im Haussa). Für »eins« und »zwei« finden wir zwei Bezeichnungen, von
denen die eine je nach der Gegend die geläufigere ist, die andere aber auch
verstanden wird. Ordnungszahlen kennt der Baja niclit. Die Stellung der
Zahlen ist hinter dem zugehörigen Hauptwort, z. B. :
7ne ha gorra itu tene ha m'
Du gib Hühner 2 für mich
2. Das Hauptwort.
Dieses l)esitzt weder einen Artikel noch Prä- oder Suffixe; es ist un-
veränderlich, wie auch sein Eigenschaftswort unverändert bleibt. Demnach
scheint eine Klasseneinteilung nicht vorhanden zu sein. Die Geschlechter
unterscheidet die Sprache nur bei den lebenden Wesen, z. B. :
vn Mann buko
hewiwi Junge hehvko
walador Ziegenbock nakodor die ent-
wala ssami Schafbock nako ssami I sprechenden
gatta gorra Hahn nana gorra weiblichen
loi hingtä Elenantilope nako hingtä Wesen.
kaladi foro Elefant nana foro
katta han kl. Zwergantilope nako hau )
In der DekUnation gleicht der Akkusativ dem Nominativ; der Genitiv
wird durch das Wort ko (zu eigen), ider Dativ durch lia (zu) atisgedrückt,
z.B.:
tua ko jonga
Haus gehörend Pferd = Pferdestall
me ha takata ha mhui
Du gib Buch zum Europäer
3. Das Zeitwort.
Bei der Anwendung desselben unterscheidet der Baja für gewöhnlich
keine Zeiten, so daß er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleich aus-
drückt, d. h. durch das persönliche Fürwort verbunden mit dem Zeitwort.
-14 Nm'mvnn: Ulf B.iiasfjrailic.
Soll die Zrit aiisu,rtliiickt wcrtlon, so •^escliiolit dies diircli dir HiH's/citw i'>rtoi'
duiKj -= sich l^efindcn, tä ^= kommen, oder diiicli Advcihicii, /.. H.:
711/ ih(n(f j">'!f ssntli
icli licfiiidc iiiicli cssoiid Klcisrli
mi tu bä ndai
ich komme sclilnclilcn Kind
in hui a mherrn nc Ima
der Enropiicr er scldu^' iliii es ist IViilier
Außer ilcn beiden ehengenaniiten Ilill'szeitu örtern i;ilit es noeli uv sein,
n sein, sieh befinden nsw., z. R.:
ini nc (jassa iri ieli hin i^roR
mi a hän ieli l)in hier
l'ür das Wort »liaben« j^iht es keine direkte Ubersctzin)^;; der Fiaja
ersetzt es durch das Zeitwort -/w nelimen« oder dnreli das besitzair^ei;;ende
Fürwort, z. 15.: ,^^; i,^ f,^,f.,, n,,
ich hal>e 2 \Veiber
tun konun nc rloko
ich Iiabe viele Häuser
Die \'enieiium,ii wird dui'ch )ia gebildet, z. B. :
mi sc/wk hui na
ich habe den pAH'opäer nicht gesehen
Im Kragesatz wird nur der Ton, nicht die Wortstelhmg verändert.
In der Befehlsform wird das j)ersönliehe Fürwort vor das Zeitwort
gesetzt, lallt Jedoch im S])rachgcbranch oft weg. z. B. :
me tä! komm!
änä tä! konnntl
ha pa tcnc harn! gib mir das Messer 1
4. Das Fürwort,
a. Das {lei'sö nl icli c Fürwort lautet:
mi ich ä wir
me du änä ihr
ö, o er, sie, es wa sie
l)a.sseli)e wild nicht verändert, doch läßt die erste Person naeii einem \'okal
das / fallen und erscheint als angehängtes m. z. I>. :
mc ha wtiara tene ha w' gib mir die Schaufel
ji m' mein Auge
1). Das besitzanzeigende Fürwort erscheint schon in der r)ekli-
nati(m als Genitivpräposition. Es lautet:
komm mein kä unser
komme dein känä euer
koa sein koa ihr
Naumann: Die Hajaspraclic. 45
c. Das hezügliclie Fürwort wird (liii'cli das iiersiuiliclit' Fürwort
ersetzt.
(1 Das hinweisende Fürwort -"' und /////' sind glciclilit'deuteiid, z. IJ. :
kf) e dca dany \
j , , , i «lies Mädclicii ist sehr schTm
A'o nyf dca dany )
e. Die Fragewörter sind:
iDidc wer
ye. was
r/«, delind i wo, woiiin
Sie werden an das Satzende gestellt.
Bei (je .... qe \ . .
, , , r welcher
lind ^^ ... . y ahnde )
kommt das zweite Wuit an das Satzende, z. B.:
je ne je fco undefi wessen Dorf ist dies!'
ge njongmo ye ne nie \ was für \'^erpllegung
ha teile liani' yülmde'i ) hast du mir gehi-achtl'
Für das Fragewort "Wann- kennt der Baja keinen Ausdruck. Fr fragt:
Wo stellt die Sonne, an welchem Tage usw., z. B. :
ho tu Jco Buala wissä a delindi'i
wann erreiclien wir Buala ;*
Für »warum« wird die Zusammensetzung win yelnide "Welcher (iriiiid" ge-
hraiicht.
5. Das Eigenschaftswort.
Die Zahl der Eigenschaftswörter ist gering; sie werden zum Teil
durch Hauptwörter ersetzt, z.B.:
mboi a er ici ne daka
in der Hand des Mannes ist viel Geld (der Mann ist reich)
la düng schohog
in dem Kleid befindet sich Wasser (das Kleid ist feucht)
hängnio a.sene sossö ne doka
es gilit heute viel Hitze (es ist heute sehr heiß)
Die Steigerung wird durch yan oder jjin = übertreffen, oder durch
zwei vergleichende Sätze ausgedrückt. Bei Kigenschaftswörteru kommt auch
eine Steigerung vor, die der der deutschen Sprache entsiiricht.
6. Präpositionen, Konjunktionen und adverbiale Bestimmungen
siehe Wörterbuch.
46
Naumann: Die Hajasprache.
IL Teil.
Systematisches Wörterverzeichnis.
1 pot/0(it\ itdaiiy
2 ttu. bua
3 tar
4 nar
5 moro
6 tnorA'o sänge ndany
7 morko sauge litu
8 morko sänge tar
9 morJco sänge nar
10 huko
1. Zahlwörter.
1 1 buko sänge ndung
12 buko sauge lihi
13 buko sänge tar
20 buitu
21 buitu sauge nda)ig
30 butar
40 bunar
100 gomtna
1000 sangnia buko, alib
Wasser /i, //
Fluß «ana /
Bach besir
Berg Ä'O;«
Ebene gotto^ bödönu
wassei'lose Fläche barra
Stein ta
Feuer wi
Eisen hui
Mann wi, wiwi
Weib buko, ko
Vater da
Tochter hembukn
Sohn bewiici
FamiHe du, suduy
Stamm yassa du
Haus tua
Dorf Jß
2. Hauptwörter.
Elemente und Naturerscheinungen.
Kupfer kunga
Salz tong
Erde nu
Blitz gurru a pi
Donner gurru nbang
Regen gurru
Stern sorra
Mond jange ssä
Sonne wissä, ssö
h. F a m i 1 i e.
Häuptling sauru, tnianje
Mutter ua
Kind bcm
^ älterer bakka,dschon)mu-ikom
Schaufel untara
Haumesser adda
Messer pa
Bruder
\ jüngerer fija?n
I ältere dakom
Schwester \ ... 77.
(Jüngere bukojam
mein Groß\ater kokomm
meine Gn ißniiitter jakomm
c. Geräte und Waffen.
Axt püi
Topf pana
Pfeife gundu, pana ndagga
Naumann: Die Bajasprache.
47
Ivorb gässä
Netz jog
Speer ssä
Schild nge
Pfeil go
Bogen hussa
K()cher htkünduli
Wiirfmcsser hesa
Pfcilgift minni
Kalabasse hira
Holzstampfgefäß dug
Ledertasche ngithu
Matte ndere
Bett jara^ gada
Schnur, Strick hapärr
kl. Trommel hiön
Tanztroiniiiel gata
Feuerholz gua
Feuerzeug dawi, savra
Feuer])latz fara ivi, iccgara
Asche iiibug
Elefant foro
Elenantilope hing tä
Affe daicua
Flußpferd nguhu
Krokodil ngando
Schlange gög
Ratte ndüe
Frosch scliue
Büffel jere
Rind ndai
Pferd janga
Huhn gorra
Hund toe
d. Tiere.
Leopard go
Löwe dila
Fisch dschoro
Seekuh:* diläi
Vogel ndi
Honigbiene sigorro
Honig gorro
kl. Graslandl)iene (schwarz) sifoto
Eidechse hadda
Warzenschwein mbarra
Schnecke koe
Termite ssemme (hussi)
Termitenhügel hussi
e. Speisen.
Essen njöngmo
Kassawa, Maniok gidda
Mehl (FufTi) fu
Mais fun
Durrakorn, Hirse hefun
Sesam ssundu
Süßkartoffel, Batate donkali
Fleisch ssadi
Tabak daga
Erdnuß hatamuno^ sanu
Kürbis ssa
Bohne uar
Suppe hu
Wein dö
Baum, Holz tä
Fikus tüi
Gras (fiu- Pferd) sso\ hukan
Gras (zum Hausdecken) lioffä
Blume duti
Blatt vma
Bambus jala
Raphia hoko, häi
Pflanzen.
Fächer])alme ko
Dattelpalme (wilde) ndenge
Baumwolle tahim
Kapokbaum gere
Rizinusstaude ssinga
dichter einheitlicher Bauml)estand
z. B. ti-kaffa^ ti-gere
ti,
IS
Kopf SU
Hand irr
Bein hl
l"uß na Ulf a
Fing^T liiyetü irr
Knttclu'U h(i
Herz jiiina
Haut iiilura tcin
liliit /w/
Naumann : Die liiija-spraclie.
g. K ö !• p e !• t c i 1 e.
i Auge ji
Ohr aehr
Nase sofom
Mund iiu
Zunge liiiihe
Zalin 71 in
Haar livniiiinljii
Rücken ihnu/iini
li. K i-an k he i teil.
Lepra licdainjnc \ ich liahe mich erkäUet //// kadda yiii
icli habe Fieher temm njimnjim \ er ist tot a fiao
ein Specrhatmicli verletzt «ÄÖff/j^Ä-A-fl/«' er ist scJihifkrank sä 7ia.mlea
ich liabe eine Wunde am Fuß 7«? | Anfall (mit Fluchtersch.) .Ä/nv
daja ha nanya \ Anfall (mit Krämiilen) da adea
ich liehe 7«? nyit'ija
gehe ini nä
komme ml tu
laulV- //// nia'i
llüchte nii jii
sehe mi .sc/iok
höre mi scliia
rieche mi schia hi-rnm
spreche //// to
singe mi hiynia
rufe mi sfsa
lache //// mai/ia
suche }ni ki
fange mi day
esse mi njony
stehle mi schnnio
lege, stelle, wei-fe mi jji
Zeitwörter.
ich breche 77ii yon. hiny
« haue mi her
« töte mi hü
setze mich nii dnny
» fliege mi abu'i
>• nehme mi ha
» gehe mi ha
drehe um mi hiß
will mi nl'o
» binde mi härä
zeige mi usc/ii
schließe die Türe mi yhi nu tiia
öffne die Türe //// hiiTi nit tiia
fürchte mi deki
>• weine mi liünkomi
» zähle //" /o/7v
4. Fürwort.
icii will dich tüten mi nyaija hä mc wo ist dein Kind/ hcni komme a di'ndl f
du willst mich töten me itynija hü m' wer ist totl' menr o fea nndci
ich töte ihn mi hü a hier stelle mein Zelt auf, dort das
warum willst du uns töten mi tä hä ane ti/a, ti(j(/lti tno
langer Stock ijussa tä
kurzer Stock dö tä
dicker Stock njrma tä
(h'inner Stock hcijcdäija tu
«las Holz ist weich tä nc mnyya
das Eisen ist liart bvi on yade
das Messei" ist scliarf pa ^' toddo
das Messer ist stumpf j^c nyc to)ina
das Haus ist rund tua ne kiryitia
das Haus ist eckig tua nc biu
viel doka
wenig tigyidi., döka na
starker Mann ya ici
schwacher Mann pns.sa ic>\ wi nya'ina
das Weih ist hillig mhoi dimy buko
ne dokna
du l)ist schnuitzig nsiiiy a temnic dany
ich hin saui)er tcni /// dca dany
das Tuch ist feucht la dimy schobba
das Tuch ist trocken la kota dany
derJuniie ist dunini t>cin dschumrne huna
der .Iiinge ist veri'ückt bein bclcnybcli
der Junge ist schlau bcm daclma a.scne
dany •
heißes Wasser wä i
das Wasser ist kalt / änä yä I
rot, gell) bäa
weiß, hellfarhig bua (Kin-o[)äci' bui)
schwarz, dunkcliarhig (grün, hlau,
hraun) tua
Doka ist stai'k Doka yaiyai
Hammadu ist stärker H. yai yan Doka
Salague ist am stärksten S. yan fät
das Pferd läuft schneller als der Ksel
janya mai yan {pin) tüfu
der Löwe ist stärker als der Hund
dila nyanya pin (od. yan) toc
der ^Veg nach B. ist länger als der
nach A. juar je ko B. njca juar je
ko Ä. njp na
Wintschi ist grüßer als Gassum \V.
ne ku.ssa ici G. ne dö ici
dies ist groß (klein) ä nc ycdäyc
dies ist gr(")ßer ä nc bcyassa
dies ist am größten iuici nc yassa
6. Präposition, Konjunktion und adverbiale Bestimmungen,
der Stein liegt am Baum ta r/ym^e j B. liegt hinter dem Berge //. o ??«•• (///«y
ka tä kaja
der Stein liegt auf dem Baum ta
diinye .su tä
der Stein liegt dicht am Baum ta ich werfe das Geld in er d;i.s Hans: ditfif/ da tdicata
Uli pi ssä jak sehn ttia \ die Soldaten haben die Gefangenen in
durchlK)hre den Banm! me doi tn h<)l\ die Farm geführt soldjer (senegalä,
ich folge dem Uam stromauf //// ha turkn) bn tcandschohbo si nu fo
Vom siiKjonn setze dicli hierhin his ich wiederkomme
ich folge dem Uam stromab //// ha me dumj ha hün ha m pi düng .v.vö
Uam schi dö
er lacht über nichts a tnama yere
ich spreche lant mi to win tantany
ich spreche leise mi fu win fui
ich gehe vorsichtig ml iiä monn mann
er ist vorn a ti
er ist hinten a diiny
er ist in der Glitte a sany, a hinschia
er ist hier a hän
es ist (hell, dunkel) dämmerig sosso.
modf/idim
es ist hell im Haus ki/ tua u-ony mo
es ist dunkel im Haus .so/ty tua ditum
es ist hell draußen i.san devcuonye
ich lüge niemals .«.so fät mi din dela na
immer ssö fät
sehr daity
genug, fertig kadda
nicht genug kaddina
vielleicht ma fara
j a ün
ja bestinuut an hinyo ne bette
7. Gebräuchliche
Häuptling, in welchen Hütten schläfst
dul* iLitanje, tva me onu a de'{
l)ringe viel Verpflegung! ha njonymo
doka tenel
gib mir Wasser zum Trinken ! me ba
li ham no!
schicke Leute, die Feuerholz holen 1
me duny ya komme ica ne ki yua tenel
konuu schnell lierl metä ahail
gib mir einen Fülnei' nach Liar! r«e
ba wi ndaiiy a iischi wiiar ham !
ich schicke ihn mit einem Soldaten zu-
r ii ( • k m i detiim wi nye in .soldjer .schidung
wenn du gut arbeitest, gebe ich dir
zu essen ka me dettim ne dea mi ha
jonymo hamme
und ne
oder o
mit ///
zu ha
wenn ka
weil icin
auch mho
nachher nednny
jetzt kinne-kinne
sofort ahei
heute sosso
morgen mossa, mohar
gestern membumhue
bald digha
früher ne baa
schnell bellebelle^ ahai
langsam kön
weit njea
Redewendungen.
ich habe Hunger uo bäny wina
geh (dich) waschen! me näjnli!
wasche den Topf! menä fol pana ha li
zünde Feuer an! me ji ici!
wie heißt du? nin me ne unde?
wie heißt dein Dorf!* nin je komme ne
undef
wie heißt dein Häiiplling;' nin icanje
komme liäyedc (
wieviel Frauen liast du;' ko komme
y ahnde?
aus welchem Ort sind die Weiber?
nin je ko koe ne gähnde't
Naumann : Die Bajaspraehe.
51
wieviel Kinder hast du!' hcm komme
gehnde ?
sprich hmtei'I //wto loin ne dea!
setze dich I ine düng nu !
stehe auf! l'ur cn gont
niaclie deinen ^lund auf! mv Im nii
me!
woher hast du den Armring? megha
kana er me delmdii
ich heiße tiannoy nin am ne Jannoy
mein Weib ist weggelaufen öwA'o kom
a ju scJii
folge mii- zum Europäer! inetä änä
schi te bvi!
sind viel Leute in der Ilühlil' Baja
ha ko di ne doka/
sage ihnen, siesollen konnnen I meto
wi ne nde ica tä fäti
geh aus dem Haus! me ho kn tiia!
der Weg nach X ist weMjuar .fchi ko
X njenje
der Weg ist ?,c\in\n{7A\i^ juar jossä assene
der Weg ist sauber jiuir dea gonna
jossä hussene na
2 meiner Kinder sind gestorben ^>e?« ! der Weg ist krumm jiTar ne goadang
komm itu fea
halt! mejnr!
laufe nicht weg! me ju na!
habe keine Angst! me deki na!
es gibt keinen Krieg hurni huna
lege den Speer hin! me a ssä nid
lege die Pfeile hin! me ha go pi nu!
der Weg ist gerade jutir ne tana dang
der Weg ist breit jiiar ne pa.ssä
der Weg ist steil Jwar o ssä singonn
der W^eg ist schattig giori juar dang
der Weg ist mit Gras l)ewachsen scho
ha düng jnar
die Wasserübergänge sind schleciit
fara ku'i danga dang
gib mir den Bogen! me harn kussa go!
komme aus der Höhle! me ho a sang \ es gibt kein Palaver win huna
dt! fertig kadda
4*
52
Die Sprache von Busa am Niger.
Von E. Funke.
Missionar.
Vorbemerkung.
J_/er ununterbroclu'ii und in alhnälilich steigendem Maße sieh hin und her
bewegende Strom von Wandei-händlern aus den llaussaüindern zwisehen
Niger \nu\ Tschadsee treibt naturgemäß auch allerlei andere \'olkselemente,
gleichsam wie Geröll, mit sich — sogar bis an seine äußei-sten Enden, die
Kiistengebiete Oberguineas. Diesem ITnistande ist es zu danken, wenn an
der Küste Westal'rikas mehr oder weniger ausführliche Aufnahmen von
.Sprachen gemacht werden können, deren Gebiet weit im Jnnern .\frikas
gelegen ist. So gelanges mir anlangs 1912 in Lonu^ (Togo) zeitweilig eines
der Ilaussaspraelie mächtigen Maimes aus der Stadt Busa am Niger für
sprachliche Zwecke habhaft zu werden. Dieser ( )i-t hat bekanntlicii diu'ch
den Afrikaforscher Mungo Park, der dort I8(lb in den Stromschnellen des
Nigers ertrank, eine historische Bedeutung erlangt.
Mein Gewährsmann nannte seine Muttersprache ebenfalls Busa, war
aber leider* lu'cht imstande, übei- iiu- \'erbreitungsgebiet etwas Bestinuutes
anzugeben. Die Orte, in denen nach seiner Angabe auch nocli di(^ Busa-
spracJM» gesprochen wird, liegen sämtlich auf dei" i'echten .Seite des Nigers
aid' englischem Gebiet in dem auf den Karten mit Boi-gii bezeichneten
Komplex. Boi'gu, das vielleicht früher eine afrikanisch-politische Kiidieit
dargestellt iiat, ist jetzt durch die engliscii-iranzösische Grenze geteilt. Ks
reicht vom Niger i)is etwas über die Nordostgrenze von Togo und vom
11. bis ungefähi" zum 9. Grad nördlicher Breite. Noch >veiu'ger als politisch
scheint Borgu (richtiger Barba) in spra(;hlicher Hinsicht den Vorzug der
Kinlieitlichkeit zu besitzen. Nach den wenigen und kleinen .Sprachproben
von Koelle, Christaller und mir haben Barba und N;itjaba (Borgu in Xord-
togo ') sehr wenig (ieuuMuschaft mit dei" Spi-ache von Busa"-. Es nmß daher
einstweilen unentschieden bleiben, ob Busa ein i'^orgiidiali-kt (»der eine
Sprache fiir sich ist.
' Stadt luul Landscliaft in der Nordostecke Togos, deren Sprache aber ein
Gniniadialckt ist.
- Auf einigen Karten .steht Bn.sang, Bnssang. Da dieser kon.sonantische Aus-
laut dem Busa nicht fremd ist (7. B. i ka neben /' kuh Wasser schöpfen), .so ent-
staiiMUt die Ausspiaciie Busang wahrscheinlich der gleiciien (Quelle wie .Bu.sä".
Funkk: Die Spraclie von l'>usa am Niger.
53
VVfiHiükMCli inloige der plötzlichen Abreise meines Gewährsmanns
die Aul'zeielinnngen leider friihcr als wünschenswert ab^ebroehen w(>rden
mnßten, so läßt doch das vorliegende Material Uaii nnd Charakter der
Sj)rache nnzweideutig erkennen. Sie trägt alle charakteristischen
Merkmale einer echten Sudansprache, Einsilbigkeit der Wortstännne,
musikalischen Silbenton usw., mindestens ebenso deutlich an sich, wie das
Ewe in Togo. Ich wage zu behaupten, daß es auf dem ganzen weiten
Wege vom Ewesprachgebiet bis nach Rusa am Niger keine Sprache gibt,
die dem Ewe in diesem Punkte näher stände als Busa. Somit ist nicht
luir an der Küste, sondern auch tief" im Innern das Vorhandensein <-inci-
reinen Sudansprache festgestellt.
Abriß der Grammatik.
Die Laute.
Bei der Bezeichnung der Laute — sowie der T<"ine — ist in der
nachfolgenden grammatikalischen Skizze die Orthographietabelle in Wester-
manns «Sudansprachen« mitbenutzt woi'den. Nur in einigen Fällen mußte
von dei'selben abgewichen werden.
1. Konsonanten.
Expl
stimmlos
osive
stimmhaft
Frikative
stimmlos stimmliitft
Halb-
vokale
Nasale
\'elare
k
9
h
/•
Dentilabiale ....
/
V
Bilabiale
P
b
f
V
tc
j) m
r3ie Aussprache der Konsonanten ist folgende:
k, g werden vor e, e (seltener o) palatisiert und klingen dann wie ky
{kj) bzw. gy (gj, dj).
h liegt ungefähr in der Mitte zwischen dem deutschen h und ch, ist
denniach velar.
^ i^P)^ y^ P s""^ ^^'« entspreciienden Laute k, g, ]), aber ziendich
kräftig nasaliert. Sie werden förmlich dm-ch die Nase gestoßen. Der nach-
folgende ^"okal wird ebenfalls nasal gesprochen.
s ähnlich dem deutschen seh, wechselt mit .s in dem gleichen Worte
(z B. hkansire neben hizansire), wenigstens vor /.
54 Funkk: Die Sprache von Busa am Niger.
(/ ist ein mit der Zungenspitze leicht angeschlagenes d. Im Anlaut
und in der \'erl>indimg mit einem anderen Konsonanten ist es von d nicht
zu unterscheiden.
n, wie ny in klingen, konnnt, außer in wenigen Fällen als kaum hör-
barer Auslaut (z. B. 7 kan Wasser schöpfen), nur in Konsonantenverbin-
dungcn — nir, 7ih, nkp — vor.
r und / sind llieBiMid, d. Ii. r klingt in \ieieii Füllen \vi<' / und um-
gekehrt.
c ist wie deutsches s in Sonntag.
«, m wie im Deutschen.
/ wird ziemlich oberhalb der Zahnreihe angeschlagen, infolgedessen
es leicht flu- d gehört werden kann.
kp, gb werden weit weniger explosiv ausgesprochen als im Ewe.
/■, r, b wie im Deutschen.
p schwach aspiriert.
/, V sind wie y bzw. w mit beiden Lipj)en ges])rochen (s. w und ti'
im Ewe).
K o n s o n a n t e n V e r b i n d u n g e n.
bl, fU ybL vi.
Einige Konsonanten und alle Halbvokale können sich mit Nasalen
verbinden :
mi, mgh., mp,
nb, nd, ngb, ns, nt, nk (nA-), nkp^ nw, ny (= n -f y).
2. Vokale.
a wie in bald,
e wie das süddeutsche e in Ehre, Seele ',
e ist eng wie in fehle,
e zwischen e und ?',
i wie in Ritt,
p wie 0 im engl. God,
o wie in rot,
u ist ein weites « bzw. enges o,
u wie u in Hut.
Sämtliche Vokale können nasal vorkonunen. Ein nasal ausgesprochener
Vokal wird durch " gekennzeichnet. Die Nasalierung ist im Busä sehr
häufig, doch scheint sie in manchen Wöi-tern nicht konstant zu sein, da
dieselben in der einen Verbindung mit und in einer andern ohne nasalen
Vokal ausgesprochen werden. Daß dies von konsonantischen Einflüssen
abhängt und nach bestimmten Lautgesetzen erfolgt, kann einstweilen nui-
vermutet werden.
Die Vokale können lang oder kurz sein. Lange Vokale werden
mit ~ (ö) bezeichnet, ausgesprochen kurze, nahezu stunnne, diu'ch ' (ä).
' Jedoch kurz.
. i Grußformeln
VI )
Funke: Die Sprache von Busa am Niger. 55
L a u t V e r ä n d e r u II g e II
sind sehr häufig, und zwar am meisten infolge Assimilation, sowohl regres-
siver als auch progressiver. Die Konsonan tenangleichung erstreckt
sich vorwiegend auf kleinere Hilfsverben bzw. Partikeln, z. B. /ü nicht, rä
in «rle . . . ra« mehr sein, vi haben, ba welcher (Pron. rel.). Doch kommen
auch andere Beispiele vor:
b^ hi statt be vi
nuybe bi statt nugbe vi
nsun ge bän dö (geh nicht in den Brunnen) für lö
a Qndö ro (er ist nicht klug) für o ^ndb In ■
tnd den Id (ich übertreffe dich) für md den rä
kokpä (Beischlaf) für gokpa
fü liQ viie 6! (Gruß) statt fg kü vite o
Bei der Vokalangleichung handelt es sich hauptsächlich lun o
bzw. u, das unter dem Einflüsse von a und e zu o wird:
wolakd statt loolakd wir sind fertig
wo te kpa statt wo te kpa wir zündeten Feuer an
ma no se statt ma nu se ich heirate
nö kpäle Jungfrau statt 7iu kpale
und um e, das unter gleichen Umständen zu e wird:
gbe pä statt gbe pä Armer
one^ gbdne statt one^ gbäne Finger, Zehe
tögbdna-eze statt eze Arznei, die den Geschlechtstrieb reizt.
In einigen Fällen entstehen durch Wechsel von verwandten
Lauten, besonders Konsonanten, neue Wcirtcr von verwandter Bedeutung:
busu^ unten, musu oben
hö herausgehen, mö kommen
fide {fite) aufstehen, vide {vite) sitzen, wüte sich hinlegen
sira weiß, tera rot
oro kleiner Wassertopf, lö großer Wassertojjf
tdna Fetisch, tila Amulett
gbd gib (Imp. Sing.), kpd geben
kü und ku greifen
de Vater, dd Mutter.
Der Ton.
Die Sprache von Busä hat den sog. musikalischen Silben ton in
deutlich erkennbarer Weise und in wahrscheinlich ebenso weitem Umfange
wie jede andere echte Westsudansprache, wenn auch der gesammelte Wort-
' hu bedeutet allem Anschein nach Erde, Land, siehe:
hura Feldarbeit, huradc Landrnann
hü ha auf dem Felde arbeiten
husire Regenzeit
8u ist wahrscheinlich eine Art Postposition oder Lokalsubstantiv.
n(i 1-'unkk: Die Sprache von Biisa am Ni;;cr.
v(»i T.il iMK'li iii«'li( liinrcirlit, iiiii eiiir tirüßcic Aii/;ilil licis|iiil<' ' (liiliii- an-
/iinilirrii.
Die ll.-mpltünr sind niwh hier: ä = liocli, a' --- niillcl iiiul ä ~- lirf
l>ez«'iflinft 1111(1 die dazu isclicii licf^cMuleii Doppeltöno: ä ==: hurliticf, n n=
tiffliocli. Vawv iiiilit Ix'zcifliiick' Silho am Aiifanu, ist tief und jode andere
nielit mit Tonzeielien versehene indifl'ercnt, d. \\. (\v(Miiiis(ens an dem
Platze) weth'r ausgesprochen hocli noch tiel".
Die Wortarten.
I. Das Substantiv.
Dir UK-isten Sid)staiili\(' sind — (h'c Zusaiium iisctzuiiiicn \\\n\ Fn'ind-
würtei" altjicrechnet — einsilhig-, und zwar hcstchcn sie diu-chwc^ aus
Konsonant inid \'okal:
It Bauin kpe Kücken
so I'ierd mo Mond
sä .Scliafbock te Feuer
mi Kopf tn Penis
hp Haus, llcinial hü IJauinwolIc (usw.).
Es jL^iht sogar einige Sul)slantive, die ihm- aus cineui lani;rn \ iikal
bestehen :
T Wasser, E Janis. ö Hand.
Verschiedene Sid)stantive sind mit einem vokalischen Anhuil verseilen:
ifä Peitsche oli Aluße
ese Getreide
m^ Maus uta Kleid
fire Hanuner nra Schatten
asö Last iiwä Knochen
aru Klut iiwe Affe
are .Stirn ?/.Q.di Unterleil) von pö Banch. Leil)eslrucht.
(~)b hierlier auch bd-da und sovnda ( \v<'ihli( lies Kamel) gehören, ist nicht
sehr ualn-scheinlich (s. Gentis).
Anmerkung. Die Busasprache hat dif rendenz. den dynamischen
Ton bei Einzehiennung von Nomina aiii' die h-t/te Silbe b/.w. den Schluß-
vokal 7.U legen. Infolgedessen figiu'ieren bei den Gruppierungen die meisten
Wörter mit langem und hochtonigem \'okaI am Ende. Ich nehme an, daß
dies von einem verlorengegangenen Artikel herrührt, habe aber noch keine
bestimmten Anhaltspunkte dafür gefunden.
f) mittels ne Kind, .lunges — zur Bezeichnung der Abhängigkeit,
des Ursprungs, des genetischen Zusammenhangs usw.:
nne Finger von ö Hand
gbänp Zehe von ybä Fuß
Jinne Küchlein von ko Huhn
g()7ie Fufustüßer von gö Fufumörser
line Frucht von IT Bauin
g) mittels Vokalanfügung:
Uta Kleid, tÜ. geflochtener Teller von tä weben, flechten
aya Ei von ga Eier legen
ge {=^ gae) Leiche von gä sterben
Weitere Beispiele fehlen in dem vorhandenen Wortvorrat,
h) mittels ganzer Sätze:
apo-te-kfi er Bauch Feuer legt = Zorn
öni-mh-tn man Kopf (== Haar) kämmt := Haarfrisur)
aiip-yo-mi er Mutterbrust trinkt = Säugling
awö-wilo er Scham hat nicht = Schamloser
gu-ke-pura Dunkelheit macht weiß = Blitz -
Ebenso eine Reihe weiterer Zusammensetzungen, namentlich um Ge-
fühlsbewegnngen und abstrakte \'orgäiige zu bezeichnen, S.Wörterverzeichnis.
i) mittels der Gen iisbezcichnungen :
bei Personen: gngbr niänidielier Mensch, nuglP weiblicher Mensch
bei Tieren: sä Männliehes, dd >rutter, Weibliches
ne-guglie Knabe
ne-iiugb? Mädchen
zo-nvglil Sklavin
sanu-gügbe Europäermann
ble-sd Ziegenbock; ble Ziege
Funke: Die Sprache von Busa am Niger. 59
kfi-sa Hahn; ko Huhn
zu-da \{l\i\\
:u-sä Ochse; smö-da weibliches Kamel
k) mittels htli^ $//, entsprechend dem dentscheii tum, keit usw.:
kpätabüi Königtum von kpäta
zobli Sklaventum, Sklaverei von zo Sklave
poboli Art, Geschlecht von po Leihesfrucht
popäbili Gesetzlosigkeit, außereheliche Schwangerschaft von po
pä schwanger sein.
Anmerkung: Außerdem geschieht die Geschlechtsunterscheidvmg
noch durch verschiedene Wörter, die zum Teil auch Zusammensetzungen
sind, deren Ktymologie aber noch nicht überall festgestellt werden konnte.
kefena Jüngling; nö (= no^ nu Weih) kpäle Jungfrau
md-gbe mein Mensch =^ Freund
md-tena meine ;' = Freundin
md-de (mein) Vater; md-da (meine) Mutter
md-dahma jüngerer Bruder; md-vmi Jüngere Schwester
Numerus.
Zur Unterscheidung der Mehrzahl von der Einzahl bedient sich die
Sprache von Busa des Pronomens dnb (dno), abgekürzt nb, das dem singu-
larischen Substantiv angehängt wird:
ße Hase ße ano Hasen
ne Kind ne ^no Kinder, Familie
nyi Nase nyi ^no Nasen
nibö Fremder nibb ^nn Fremde
Folgt dem Substantiv ein Adjektiv oder Pronomen als Attribut, so
tritt das Plural])räfix zurück; das Attribut kommt also zwischen Substantiv
und Präfix zu stehen, falls es nicht ganz weggelassen wird. Nur ^a/e und
ddsi (viel) stehen hinter dem Pluralpräfix, weil sie als Adverbien gelten,
öfters fällt hier die Pluralbezeichnung auch ganz weg:
gbe pura weißer Mensch, PL ghe pura nq
gbe di ein Mensch, ein gewisser, PI. gbi di no einige Menschen,
diese iNIenschen
xcä liö no wir selbst
sä anömpäli^ neben:
sä \io päK, neben : sün ^däsi, neben :
sä päli viele Schafböcke
be ^no pali viele Häuser
si ndäsi viele Erdnüsse
seil päli viele ölpalmen
kefena no päli viele Jünglinge
nugbe rneküll zehn Frauen
Oll I'i.ske: Dif S|Haclic von Hiisa itii Niger.
inn (jlw 11(2 vi at/ö icli Mciisclirii li.'ilic drei (d. Ii. icli hin Aiv
dritte)
>/ia i/Ih' vi tnchiili ieli ]\liiiseli (Meiisclieii) lialie y.elin (d. li. ich
l»in der /cliiite)
ijlw HO (i (läsi Menschen starlxii \ iele (d.h. «s slarhen vieh'
Menschen)
Kn.sii.s.
i. Kine fi en il i \' parlikel t;il)t es im liiisn nicht. Wi^ni^stens läßt, .sich
ans dem \ orhandeiKMi W'ortmaterial keine solche nachweisen. Das Geni-
tiv\ erhällnis wird einlach (hnch X'oianstclhniü; des im Genitiv stellenden
Niiniens an.sucdriickt.
zu-setr Kind + Husch -- Kind des Husches, d. i. IJüllel '
mtmi-sete (kurz auch sete) Oberster + Husch =r-. Küni«;- des Husch-
waldes, d. i. Löwe '
])ojjäötli-ne außei'eheliclie Schw anj;('rschari + Kind, d. i. inielie-
liches Ivind
/>frrr-?m/)f2 Fluß])l'erd -j- Fleisch, Fleisch des Fluß|tierdes
andsara-a/hcd Europäer + Gesicht, (Jesicht des Knr(»j(ä(M's
uble-bö Essen + Schiissel, d. i. Schiissel zum Essen
/w/-.mani bzw. mini mir« ist.
3. Das Akkusativobjekt steht in allen Modi und Tempora (we-
nigstens soweit bis jetzt ersichtlich ist) zwischen Subjekt und Prädikat.
antene asn kdkara sie sind Last sannnclnd
a gbano vi er .Stärke (Gesundheit) hat, d.h. er ist wohl
ma yi wa üble ich liebe INIehlbi-ei (>ssen, d. h. ich esse gei-n
:Mehlbrei
Sil ma ffbe rö du sollst mich schlagen nicht I schlag mich nicht!
7710! / to icli Wasser schöpfte
wone bor^-nqbo sü wir sin■ (o), wo 10(2
2. " (o), aya
3. " «W>, dnq {aii)
ade ma* ra er übertriftt mich
mä-ne yäd(i ich lache
mä a Äj'i/ ich i'iet" ihn (mäii^ii)
zira i-ne tai morgen gehst du;' ...willst du gehen!'
iiiye se pefe wa du hast (ihn oder es) getreten, oder betreten
"ni so 'niyäf du kaufst ein Picrdl'
in yd y«.' du ihn binde! d.h. binde ihn!
nybdiia vi du hast Kraft, bist gesund
mdde* n la ich übertreffe dich
nfo pa wa! grüße (ilm)I {n/o kpa im)
ateri er ist kommend, er konnnt
ade wo ra er übertrifft »ms
wo kü Jeu lulahu wird sind mit Gott
a hu be er ist zu Hause
an wendi vi er hat Leben, er lel)t
wqne fidl he wir streiten
wqne ge zl he wir wollen arbeiten, . . . gehen an die Arlieit
aya do ro? ihr wißt nichtl' wißt ihr nicht.'
made a ra ich übertreffe euch (!')
aya gu wd ihr saht ihn (oder gud)
antm "ganddvm he sie disputieren
ane ge zl he sie wollen arbeiten
antene aso kdhara sie sammeln die Lasten
o«o' SU ybard sie kommen heute
-fld 7 •• -snfla
3 » -ahö (S » -söru/iö
4 • -si/iö 9 •■ -kendo-kidi {-kyendo-)
5 " -soro ] ( I ■■ -kidi
1 1 knra ive da (vielleicht aus kuli lizw". ki'iri und aice du)
rj -. » fld
\'on (1 alt sind die Zahlen, wie leicht, ersichtlich. Konijiosita. und
zwar von (J his 8 sulche nn"t soro (kurz sii):
(5 = 5 + 1
7 = 5 + 2
8 r^ 5 + ;}
und vun 9 ah scilche mit kidi Jd. und zwai- 9 :^ 1 \on lH. Vnw 11
l.is 19: 1(1 + 1 usw.
Von 20 al) sind die Zahlen teils durch Midtiplikatioii (20. 4o, CO,
80, 100), teils dui-ch Addition (30, 50, 70, 90) oehildet:
20 me-hdro (ans bd und dö = 20er eins odei-: 20 X 1)
30 » -bära-kidi (aus bdro 20 + kidi 10)
•!<» « -biiflä^ (aus ba und //a — 20er zw<'i oiler 20x2)
50 .. -büfldkuU (== 40 + 10)
(iO .. -bälio (= 20er 3 oder 20 X 3)
70 « 'bdhäkuU {— CO + 10)
80 " -basihh {— 20er vier oder 20X4) *
90 .. -baslhäküli (r^r: 80 + 10)
100 r, -bastn-o (= 20er 5 oder 20X5)
Die Vorsillie me {e hier entstanden aus n) wird heihehailen. auidi
werui ein zu zählender Gei'cnstand voi-tritt, also:
bizaiisiri nie-dö 1 Mensch
ne fxti nie-küU 10 kleine Kinder
nQkpäle me-bdro 20 .Innu,rranen
' palt a(l\. viel; liier rückt der Tun \or.
- Sieli(' Vükalangieiciiiuig S. .^)r).
•' bit vvalirscheinlich eiitslaiiden aus liii luu! no (l'linal|niifix), gekürzt o.
Funke : Die Sprache von Busa am Niger. 65
Doch kommt auch Fortfall dieses Ai'fixes vor, z. li.:
we flä zwei Augen
ghe ne flä zwei Menschen
Anmerkung, ne (auch «a, z.B. nifiti nä mc (In ein kleines Kind)
bedeutet »Stück, Anzahl«.
Die Ordinalia werden (ausgenonunen 1. und 'l.\ mit liilte von ȟ/
haben, besitzen« abgeleitet:
der 1. ghe kä ku ndi
» 2. » » duyi ndi
« 3. » 'no vi ahö
.. 4. •• » » sihb
» 5. •> >• » soro (ö hier entstanden aus oq^ s. 5)
» 6. » '• » sudö
» 7. •' » » süfla
» 8. » " » sörähö
» 9. » >• " hyendoküU (oder tsym . . .)
» 10. » •' " meküli
Das Pluralsuffix 'no kann auch hier wegfallen (s. Subst.).
V. Das Verb.
Die weitaus größte Anzahl der Verba ist einsilbig, so vor allem
die meisten Intransitiva:
ge (dje) reisen
td gehen
SU, mö kommen
bo herausgehen
gä sterben
do weinen
ku vorhanden sein usw.
ferner viele Transit! va:
gbe schlagen nwe öffnen
do kennen (do) ta schließen
de töten -« senden
ku festhalten vi beerdigen
sü essen ya-, yia kaufen
se tragen rni ti-inken
yi binden pä schöpfen
gq übrig bleiben, fehlen sä schlachten usw.
namentlich auch die transitiven \^erba, die je nach ihrem Objekt einen be-
sonderen Sinn haben, z. B. :
da
ßtila da Lampe anzünden
gara da eine Geschichte erzählen
gla da ein Schutzdach machen.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. III. Abt 5
()() Fi'nkk: Die Spraclie von Biisa am Niger.
Außrr den c'iii.sill)!^'!! koiiiiiica eine Aiizjihl vi freu
\'crh.'i vor. deren zweite Silhc entweder eine Reduplikatidii der ersten oder
eine spezielle Endung Itzw. Ahleitungsstelle ist:
dadä lernen (/) päpa fischen
1/eyi lieben pipi sieden
sisi, sisi rufen keke putzen
(P, te {de, tt)
vidfi wohnen vUp dasselbe
flde aufstehen uule sich hinlegen
pite treten, betreten
lete fallen
yite schweigen
na, ne
vind sich fürchten
tsyend, kenä (in p6 tsymd sich fi-eiien)
gbdna hoch sein, stark, gesund sein
zdne fehlgehen
kpdne stehlen
ra (re)
kdkara sammeln
ward bürsten (wfjra ke schreiben)
(öare laufen)
kpdra i'ibrig sein, fehlen
liara (s. hara wo) undiängen
Vgl. die P'arbenadjektive : pura usw.
Wahrscheinlich sind einige dieser Endsilben sog. Lokah erba bzw.
-suVistantive, worüber (mit einer Ausnahme s. iva) keine Beisj)iele vorliegen
Mit Sicherheit läßt sich dies nur bei der Silbe -u'«« nachweisen, die ohne
Zweifel die Präpositionen »in, an, auf« ersetzen nuiß:
kaica ruhen; beim Sing, käma
bara wd umhängen
pele wa auf etwas treten; a pete mape tca »er trat meine Matte
auf«, d. h. er betrat meine Matte
kpdwa geben, neben kpa berühren
isynca berühren
woffS na zi wa* {:i Arbeit) wir gehen an die Arbeit, fangen die
Arbeit an
pökümiwa »Bauchhöhle ist K()[)f auf (oder in)", d. h. jNIütze
Vgl. weiter:
.>pe gehen« und der Prä-
sensform gebildet.
Das Präteritum, das zugleich die Funktionen des erzählenden Aoristes
iibcrnchmen nuiß, ist die einfache Form des Verbums. Leider genügen
die Beispiele nicht zur vollständigen Darstelliuig der Konjugation.
Präsens.
I.
mäne ya ich kaufe
mäne td zirä ich gehe morgen
ane zt Joe er arbeitet
ane pipi es siedet
wQne fidi he wir streiten
neno änefäyihö die Kinder (sie) spielen
mdne yädo ich lache
wone yö ke wir i'udern
7na'ne, t mi ich (Wasser) trinke
ane gö we de er treibt Ehebruch
ane tikä fi sie ist schwanger
II.
aterC su er konnnt
antene gS so sie steigen (aufs) Pferd
atene vi fe sie melkt
atene pipi es siedet
matem' hemhere he ich gähne
matm tama ke ich denke
anten ganddma ke sie disputieren
antene aso kdkara sie sammeln die
Lasten
Präteritum.
mayeyi ich liebe, liebte
mazdne ich machte Fehler
ma ghdna vi >'ich Stärke besitze«, bin gesund, war gesund
a ghdna vi «er Stärke hat«, er ist gesund
a dja ke er war, ist ki-ank
wo nyä ma wir hören, . . . hörten ein Wort
wo ku ku lulahu wir sind mit Gott
wo te kpa wir zündeten Feuer an
In manchen Fällen wird das Präteritum im Sinne des Intentionalis
bzw. des Futui^ums gebraucht:
via gha poro mapö näbi gib mir eine Nadel, ich will nähen
mayi madje Makka ich möichte gern nach Mekka reisen
mayeyi rö mhö ta ich will nicht, (daß) du gehst
mq^ wo gara da komm, wir erzählen eine Geschichte
Futurum.
mane ge zi ke ich gehe arbeiten, ich will arbeiten
mane ge oyö si masü ich gehe Geld verdienen, ich konune (wieder)
ich werde Geld verdienen und wiederkommen
mane ge yaka yi ich will Holz hauen
63 Funke: Die Sprache von Busa am Niger.
mau^ ye iigbn pd ich will austreten (racarr)
tcone ga nya gongö wir wollen Palaver halten
trowf ge sdura Jci wir wollen Beratung halten
Die Verneinung wird durch rö (lö), das am .Schluß des Satzes
steht, ausgedrückt :
yaka a rigiriga rö das Holz ist nicht trocken
adi pipi ku lö? hat es noch nicht gekocht?
kibe ku M rö der König befindet sich nicht zu Hause
kern ttdi fn jm (oder kpd) ma roi warum hast du mich nicht
gegrüßt;'
mdde oÜ ht ich habe keine Zeit
o kü lo es ist nicht = nichts
Im Prohibiti vfalle wird noch su vor den \'erneinungssatz gesetzt:
\v« ma gbe rö schlag mich nicht
nsu nge bäfi dö geh nicht in den Hiiiiiik ii
'su nkpdica ro rühre (es) nicht an
{su ist Verb, das konjugiert wii-d)
Der Imperativ Sing, ist das Verbum simplex odei- die 2. Pers. Sing.
Prät. Im Plural wird die verkürzte 2. Pers. Plur. Pract. gebraucht:
yite! sei ruhig! any'ite! seid ruhig!
nk ama fiti! rn\\o ein wenig! akawa ßti ! rwhei ein wenig!
'ng^^! tritt herein! ag^ oder äg^äg^ tretet herein!
'ndf'de ^ musü ! geh hinauf!
Jitila da xougue! die Lampe ziinde an^ (damit) wir sehen !
i via! du Wasser schöpfen, d.h. schöpfe Wasser!
'm \m ' ha ! bestelle das Feld {im hu ha) !
'n fura ku mi yg! du die Mütze ci'greife, Kopf setze! = setze
die Mütze auf!
aso-se mdi mi yö! nimm die Last {aso) auf den Kopf!
VI. Die Interjektion.
0/ ja!, yänd {nydnd)! wirklich, wahrhaftig!
Der Fragesatz wird, falls ihm kein Fragepronomen vorangeht, ent-
weder durch die Pai-tikel ya am Schluß:
nkpdsä yd'i bist du müde?
i yä dö yct^ kennst du ihn?
'/?'? md d6 yc^l kennst du mich?
i nya hö dg ya^^ kennst du diese Sache?
'm pri am ko yd^ hast du noch nicht Brot {po) gebacken?
oder nui- durch Verlängerung des Schlußvokals bezeichnet:
a ßtila adäl habt ihr die Lampe angezündet?
adi pipi ku lö? hat es noch nicht gekocht?
' Vollständig : ing(^, ind ... , imbu ..., das anlautende i wird meistens verschluckt.
Funke: Die Sprache von Busa am Niger. 69
zira im ta? morgen willst du gehen';'
mbö ma "insul \'on woher konunst du?
ntolä^ dein Name? (wie heißt du?)
ni so 'ni yäl du hast (ein) Pferd gekauft?
Grußformeln.
mghdna kef du bist gesund!, d.i. Willkommen!
dem Ankommenden:
fo kü SU nä fjfl Gruß mit Kommen!, d.h. Gruß zui- Ankunft!
der Ankommende:
fÖ hö^ vife o'! Gruß mit Ruhen! d.h. Gruß zur Kühe! (?klid3e)
be bi? wie geht's zu Hause? (Infolge Assimilation entstanden
aus be vi, s. unten)
nugbe bi? wie geht's der Frau?
ne ara/ia? ist das (dein) Kind wohl? Antwort: a rafia! es ist
wohl!
oder: gudo na? = gut geschlafen?
bede no vi? wie gehfs zu Hause?
Antwort: wori.' danke! (wörtlich: sie haben, nämlich ^Jana Ge-
sundheit) der Familie
(wie geht's) den Kindern? Antwort: novi oder arafia
VII. Das Adverb
1. des Ortes:
qudüva hier 1 ^
,„ , , ... > s. Demonstrativpronomen
adile dort, drüben j
2. der Zeit:
djia gestern
mgbard heute
zira morgen
zirändö übermorgen, z. l-pe überüljermorgen
tdrade jetzt, nun
täratäräde augenblicklich
güdo frülimorgens
gilane Nacht, nachts (wörtlich: Dunkelheit es ist)
nwe Jahr
nwe ba so rd kommendes Jahr ( sil rd s. Assimilation)
nwe rä dieses Jahr
3. der Weise:
lihdlikd schnell
fö langsam
fifi Avenig, ago fitt es fehlt ein wenig
mkpdsa, dasi dasi pü viel, sehr viel
palt, palt diidudü viel, sehr viel
pl, ptki all, ganz, akaica piki! ruhet all!
^ Siehe Assimilation.
7i)
Funkk: Die Sprache von Hnsa am Niger.
Sätze
myba^na ke !
di me?
ntolq?
mbü inä nsü?
vidio Bisa wfifi
ni ye. mä?
mane gp. ete
hole mn fisu?
a di so^ rö (a di su rö)
matäwo kö llö
bizansiri 'no so pali äno su
mbö mä me'/
:ira n'tä (inetä)'f
ö, mane tä zira
ine a //' ze
mn ina n zi!
II la ne zi^, adi su ku ro
ate jua yi (atme . . .)
mane ge ngbn pd
mane ge osorU bo
fö kü SU nä b!
fö kö vite 6 ! (fö hö . . .)
bede no vi'/ (kurz : be bi?)
nugbe bi! novif
kibe ku b^ rö
nfq pa ica
kera ndi fo pd ma rö?
käno a pdli de Lome Id
niasu Segbanä wu '
n ye (ndje) fo kpa nde wa
aten' su
aus dem täglichen Leben.
1. Kommen und Gehen.
Willkonniieii !
Wer ist's?
Wie heißt diii»
Woher bist du jickoumieu?
Ich koinine vdu dci- St;idt Hisa (Husa)
Wohin gehst du;'
Ich gelie auf den 3Iai'kt
Wann hist du gekonuneni*
Er ist nicht gekommen
Ich ging nach llo
ybard Viele Leute sind heute gekommen?
Woher (sind sie)?
Morgen gehst du?
Ja, ich gehe morgen
Ich traf ihn auf dem Wege
Komm, ich sende dich!
Ich schickte einen Knaben, er ist noch
nicht gekommen
Er folgt mir
Icli gehe zum Aliort
Ich gehe zum Urinieren
Gruß zur Ankunft!
Gruß zur Rulie!
Wie geht's zu Hause?
Danke! (Es geht ihnen) gut!
Der Häuptling ist nicht zu Hause
Du grüßtest
AVarum hast du mich nicht gegrüßt?
Kano ist viel größer als Lome
Ich gelangte nacli Scgijana
Geh, gri'iße d(MiH*n ^^^ter!
Er kommt
i/ä bo'
fd leU (iffln Ifje)
ifa ngbä
gii yäsi
Jitila da, wugüe faus: wo güal)
a ßtila da adät
2. Zeit und Wetter.
Die Sonne ist aufgegangen
Die Sonne geht untei-
Die Sonne steht hoch
Es wird dunkel (Dunkelheit ist nahe)
Die Lampe zündean, (dnnu't) wirsehen !
Habt ihr die Lampe angezündet?
' wu vielleicht die gekürzte Form für uwiU Stadt.
Funke: Die Sprache von Busa am Niger,
lüla he
gu he pura (yÜ Icyp p.)
goro Txpäte mp_ taradVl
gu ne da
mg pura
mö lakidi kena
mö gä
71
Es donnert (Gott?)
Es blitzt (Dunkelheit wird weiß, hell)
Wieviel Uhr ist es jetzt?
Es herrscht Kälte (es ist kühl)
Der Mond ist weiß := \'olliiuind
Der jNIond nimmt ab
Der INIond ist gestorben = Neumond
nä ne made
mayi wa üble
ago fitl
ma kä
icons bore-nobo stt
i mi np made
ma gha güga, ma % to
mane i ini
wo za-i mi
m pö asä ko yd?
adi pipi ko löt
ö, apipi
ö" te kpot
a te kü
nnbq dsarp ko nosi o (. . . ku
mane nobn yia (yd)
n sä kutukpd ' täraidrädi
nedi atene vi fe
pem zukiina
awui
Essen und Trinken.
Ich bin hunürris
Ich esse gern Mehlspeise
Es ist etwas übrig
Ich bin satt
Wir essen Fhißpferdtleisch
Ich bin durstig
Gib niii- das Schöpfgetaß, (damit) ich
schöpfe Wasser
Ich trinke Wasser
Wir trinken (pflegen zu trinken) Pahn-
wein
Hast du das Brot schon gebacken ?
hat es noch nicht gekocht?
Ja, es hat gekocht
Zündet Feuer anl
Es brennt (es ist Feuer vorhanden)
.) Fleisch brate mit öl
Ich kaufe Fleisch
Den Schafbock schlachte sofort
Das Mädchen melkt
Die Kalebasse ist verdorben
Sie ist zerbrochen
mane ge zi ke
wgne ge zl ke
mane ke likd
ma Zl däsi
nkpdsa yd7
d, makpdsa
nlcdma fiti!
akäwa fiti!
mdde oli lo
4. Arbeiten und Ruhen.
Ich will arbeiten
Wir wollen arbeiten
Ich beeile mich
Ich arbeitete viel
Bist du müde?
,7a, ich bin uTÜde
Ruhe ein wenig I
Ruhet ein wenig!
Ich habe keine Zeit
Tra<>;e die Last!
Wahrscheinlich kü packe, tu von ta infolge Assimilation gehe, kpd schlachte.
Funkk: Die Sprache
ariiAif n.N'2 fidkara
asq se mdt mi y6!
mane kama
mane ihu oder: mane wüte
anyitr, wo nyä ma !
mane vite uro i makäma
ma gba porö mapö näbi
mane bi:a tä
man^ yintä tä
ma mi hö
mane zu o
wone gö ke
ghe di akpene o
mdni ghe^
i pa däsüf
wone ge i pa^pa (oder . . . i da)
wo ge na zi wä
m hü ha !
yaka a rtgiriga rö
mane ge lyd} pa
mq, wo gba da!
mö, ma nybkä!
mane ge oho si masü
mayi madje Makka
mayeyi rö mbö ta
ndede musü!
nsun ge (oder dje) bän'do!
antene gS so
äg^ägi !
von Busa am Niger.
Sie sammeln die Lasten
Nimm die Last auf den Kopf!
Ich ruhe mich aus
Sei still!
Ich schlafe
Seid ndiig, wir hören etwas (ein Wort) !
Ich sitze im Schatten, ich ruhe, (um
auszuruhen)
Gib mir eine Nadel, ich nähe (zum
Nähen)
Ich webe ein Kleid
Ich Hechte eine Matte
Ich rasierte
Ich wasche
Wir rudern
Jemand hat gestohlen
Ich schlage
Schöpfe reines Wasser
Wir wollen fischen
Wir gingen zur Arbeit (wir wollen
arbeiten)
Arbeite auf dem Felde!
Das Holz ist nicht trocken
Ich will Luft schnai)pen (mich erholen)
Komm, wir machen ein Schattendach!
Komm, hilf mir!
Ich will Geld verdienen (und wieder-
konmien)
Ich möchte gern nach ^lekka reisen
Ich möchte nicht, (daß) du gehst
Gehe hinauf!
Du sollst nicht in den Brunnen gehen !
Sie steigen aufs Pferd
Kommt herein !
5. Haus und Familie.
ma no s^
a ihu nugbe o (oder ane ko kpä ')
ane gö we di (vielleicht ... te er geht zur
Hure)
ane tikä ß, (oder ang si)
a he i
ane nyo mi
Ich heirate (heiratete) eine Frau
Er übt den Beischlaf aus
Er treibt Ehebruch
Sie ist schwanger
Sie hat ein Kind geboren
Es trinkt die Mutterbrust
infolge Assimilation aus gg kpä.
Funke : Die Spraclie von Biisa am Niger.
73
rieno ane fäyibö
ncgö .sisif
m pe ne ho !
nuyhe di a ne i fißle
Tiiabi di aJce gbete
he di dke fiti
kge aghdna
a hii be
wo do ro
a kü he rö
nene ane vina ke
a djä ke
an wmdi vi (oder . . . ke)
a wolike
mapo kend (. . . . tsyend)
wo nyd o'
apo te ke
mane le si
sun kpd wa ro!
age se mdpe wa
wo ima kü
a wo ivi lo
a ifä vi küna^
sü ma ghe ro!
mdne yädo
antene ßdi ke
wone ga nyägongö (oder wone gesaura ke)
anten' ganddma ke (kye)
matenHama ke
Lula yeyi
wo kü ku Lulähu
ma zdne
amo Alula tsyinya ole, omd
i nya hö dö ya?
madö ro
aya dö ro bi
mane kyo ke (kye)
matene dädd
a de md> ra
matem'bembere ke
ma pT ghdna vi
akarä ma mano]
mdne hüdä ku
mane tokö o
Die Kinder spielen
Rufe den Knaben!
Verjage dieses (jenes) Kind I
Eine (oder die) Frau hat ein Kind-
chen geboren
Mein Haus ist groß
Dies Haus ist klein
Das Haus (Gebäude) ist hoch
Er ist zu Hause
Wir wissen nicht
Er ist nicht zu Hause
Das Kind fürchtet sich
Es ist krank
Es hat Leben, ist gesund
Es ist geheilt
Ich freue mich
Wir sprachen (redeten)
Er wurde zornig
Ich singe
Rühre (es) nicht an!
Er hat meine Matte betreten
Ich schäme mich
Er hat keine Scham, ist schamlos
Er hat eine Peitsche gepackt
Schlag mich nicht!
Ich lache
Sie streiten
Wir wollen Gericht (Beratung) abhalten
Sie disputieren
Ich denke, überlege
Gott liebt
Wir sind mit Gott
Ich habe gefehlt
Er kommt (und) predigt, wir hören zu
Kennst du dieses Wort?
Ich kenne (es) nicht
Ihr kennet (es) nicht
Ich lese
Ich unterrichte
Er übertrifft mich
Ich gähne
Ich bin ganz gesund
Wie geht's meiner Frau?
Sie tut mir leid
Ich huste
74
Fi'nke: Die Siniulie von Busa am Niger.
6. Kaufen und Verkaufen.
rte ku mni (oder ete mal)
eti hu dile (oder rte ndile)
so dl hi dip/i mp?
tnaso nie
rti so nii/ä?
öy nianr yd
nyä yd ma (oder yd ma)
inayi n so yd ma
a (jö ka yhdgu däsi
apa
Wo ist der Markt ;•
Der Mai'kt ist. driibeu
Wem gehört dies Pferd ;'
Mein I'ferd ist's; es gehört iiiii-
Verkaufst du das Pferd?
,1a, ich verkaufe es
Geh, kaufe (es) uiir (oder kaufe mir)
Ich uiöchte, (daß) du das Pferd für
mich kaufst
Er tat viel Geld iu die Kiste
Sie ist voll
Alphabetisches Wörterverzeichnis.
Die voka lisch anlautenden Wörter sind nur dann unter dem be-
trcflendeu Vokal aufiieführt, wenn dieser Anlaut mit ziemlicher Wahrschein-
lichkeit zum Wortstannn gerechnet werden konnte. Elbenso bei den Gleit-
lauten w, m.
H = Haussa, Y = Yoruba.
A.
a, Pron. pers. 3. Sing., er, sie, es
ä Yams
akülo (a ku ro) »es ist nicht da« =
kein, nichts
aläkarävilo »Verstand nicht hat er«
=^ Unverständiger
aldjima Freitag (H)
aldjima nena Donnerstag
anasära Christ, Europäer (H)
andunia Welt (H dunia)
andürufu Silber (II zurvfd)
änirnetä Ilaarfrisur *(1I doka; ^=^ äni
mi td sie macht das Haar
ani-nyo-mi »er trinkt Mutterbrust" =
Säugling
dno^ Pron. pl., sie; dient auch als
Pluralpräfix, s. Wortarten : Sub-
stantiv
aitzinä Farbe zum Rotmachen der
Hand- und Fußflächen (H Idlle)
an^ aiiwä Angesicht
ya aiiKÜ sein Gesicht
arafia vi Gesundheit, W^ohlsein (11
lafin)
arhdsa od. hesasa Zwiebel (H albdsä)
arfänd Priester, Lehrer (H malam)
arfa zoho Obei-priester, Vorbeter
(H Umam)
drhöko Fingernagel
drhmdni Gut, Besitztum
dsara Tabak
asibi Sonnabend (H)
asö Traglast
aso se Last tragen
asbde Lastträger
asökd Kiste, Kasten
atmend INIontag (II litinTn)
oicd-ivi-lo »Schaut nicht hat er« ^=
Schamloser (von icö Scham und vi
besitzen)
ayo^ Pron. pers. "2. Plur., ihr
B.
bä Strick
bd, mbd \'ogel
babale Ameise
bdda^ mbdda Kamel
bdhäkäli^ mebali. siebzij
bahö, mebahö sechzig
Funke : Die Spraclie von Biisa am Niger.
bara, bara irä umhängen (H ratayä)
brira Tierfell
bära Ura •• rotes Fell", d. i. Leder
bdrakuli dreißig
bare laufen
bdro, mebdro zwanzig
bdrsönöno Europäer, Weißer
bast käkuli, mebasT kdküli neunzig
basihö, mebasihö achtzig
basorö^ mebasärö einhundert
batd kleine Trommel
bätall Weber, von tä weben
batokö alter Mann, Greis
bayi Gegend, draußen
be Haus, Heim
Äf bi! oder: bede no vi! wie gehts
zu Hause? (Grußformel)
bebe-kaU Stummei- (H bebe)
bembere ke gähnen
bene Hörn (vom Vieh)
bi Grußformel (s. vi)
be bi wie gehts zu Hause?
nugbe bi wie gehts der Frau?
bi ku überfahren, übersetzen
bizd gestreiftes Landes- oder europ.
Baumwollentuch
bizannri ( . . . U) ]Menscli, Mann, syn.
gie (wörtl. Bisaer, Busaer, Mann
von Busa)
biyo Name
blä Bohne
ble Termite
ble Ziege
ble-sd Ziegenbock
bö herausgehen, hervortreten
ifd bö die Sonne geht auf
bö, uble-bö Eßschüssel
bö mä? woher?
mbömämui oder: mbö mämrj wo-
her kommst du? woher bist du?
bö mel was?
bö rasieren
mi bo Haar schneiden, den Kopf
rasieren
bögbe Nai'be
bokoto Lehm
bole, bore Flußpfei-d
bnle me? wann?
bü Baumwolle
büba das Feld Ix'stcll.-n. I"i'ldai'l)eit
tun
bufläy viebufld vierzig
bufldknli fiiiifzig
bula^ biira 1. Feld, Acker, 2. Feld-
arbeit, Arbeit
burade Landbesitzer
bürma ein geflochtener Sack ztun
Aufbewahren von Kolanüssen (11)
busile, bustre Regenzeit
busu Erde, Land, das L^ntere
D.
dd fett sein
da fischen
i da Fische fangen
da verb.
Jitila da Lampe anzünden
gara da eine Geschichte erzählen
gba dd ein Schutzdach machen
dadd lehren, unterrichten
daga großer Topf
dakäle Krieger
däkö Wald
dambarikÖ Kamel
damborö Spinne
de töten
wo gbe de wir haben gemordet
de .... ra ( . . . la) übertreffen, dient
zur Bildung der Komparation
Kano apdli de Lome la Kano ist
größer als Lome
dede musit steigen, klettern, hinauf-
gehen
demb^rekä Flügel
di ein, ein gewisser
gbe di ein Mensch, jemand
niigbe di eine Fraii
di in Negativsätzen, di ... rn nicht,
a de suro er kam nicht
di 1. Fron, interr. wer?
dimvi? wer hat es?
dtndi? wer ist dies?
7G
Funke: Die Sprache von Busa am Niger.
2. Pron. rel. dies
Oöndi? was ist dies?
wä hönmuli wir eigentlich
di me? wer;*
dt miyö auf den Kopf nelinien (zum
Tragen)
dile, dili (diri) jener, dort
etf ku dili der INIarkt ist dort
dito Großvater
dja, dja ke krank sein
djeförn {dje/nlo) unbeschnittener Penis
djefnrnde Unbeschnittener
djele, djere Kranker (von dja krank
sein)
ddjedeli Bananenbaum (Y)
dßa gestern (H)
djindjile Betört, Kirche
dö Suppe
do weinen
dö, niedö eins
dö Rebhulin
dö, dö wissen, kennen
dndbbiya oder biya mohamm. Rosen-
kranz (H tasbdhd)
dnkö bürsten
diidiidii adv. sehr, zur Verstärkung
von r,pali viel«
dum/tta blau
E.
ek^, ekys Lüge
de {er4) Hammer
elukü Strauß (Vogel)
ene Maus
eiie Floh, "Wanze
eramo zurückkommen, s. 7?io kommen
ese Guineakorn, Getreide
kz^, Rzi Arznei, Medizin
töyhdna-eze Arznei, die den Ge-
schlechtstrieb reizt
tyobfl ein scharfes Instrument zum
Graben
F.
fayibö Spiel, Fest, spielen (Subst. und
\'erb)
fe, m fe melken
fefe mager sein
fene Messer
feneda Schwert
fi Skorpion
fide sich erheben, aufbrechen, fort-
gehen
fiti klein, wenig
lie fiti ein kleines Kind
fitiU ein kleines Kind
fiti ke streiten, kämpfen
ßtUa Lampe (H)
flä, mefld zwei
fli Hase (H zömö)
fn pd {fq kpd) grüßen
fö langsam
fo Gruß
fö kü Grußformel
einem Ankommenden :
fo kü SU na o!
an einen Anwesenden (Untätigen):
fo kö vite o!
fopd---{---Jcpa^\.^^^^
fo pa . . . wa J °
fö, füli Affenbrotbaum
Fölani, Ful, Fula jNIann
fom Wunde
ofuni (oder ofunifi) Turban (H räwani)
fura Mütze (H /w/o)
furärii so, ebenso
G.
ga, aga Ei
ga ga Eier legen
ga Perlhuhn
gä sterben
gä Schulter
gd. gate ziehen
gäli Sattel
gambari, gambali Haussamann, AVan-
derhändler (Y)
ganddma ke ( . . . kye) disputieren,
einen AVortstreit haben (H gerdama)
ganga Tronunel (II gangd)
gänö Rundhütte, Palaverhalle
gara Erzählung, Fabel, Märchen
gara da eine Geschichte erzäUen
Funke: Die Sprache von Busa am Niger.
77
gasä Ellbogen
gbä das Tor
gba^ ngba wieviel?
gha Fuß, Bein
ghäne Zehe
gbä-drko'ko Zehennagel
gbä Kiste, Kasten
gbägü (syn. asökd)
gbd geben, schenken (s. kpd)
ma gba pnrü gib mii* eine Nadel
gbä Stuhl
gbddä Oberschenkel
agbadö Mais
ghäko gelb
gbdna stark, kräftig, gesund, hoch
gbard^ mgbarä^ ingbald heute
gbe"? warum 1*
gb^ schlagen
gbe Stein
gbe, gbe Mensch
gbe sira Schwarzer
gbe pur a Weißer
magbe »mein Mensch», d. i. Freund
gbe-pura-nö weiße Frau, Europäerin
gbefuhd Banane
gbele Seidenbaumwollbaum
agbüi Kassada, Stockjams
gbepä Armer
gbete groß
gbli Käfer
gbo Antilope
ge gehen, fortgehen
ge (gye) hineingehen, eintreten
ge so ein Pferd besteigen
ge Leiche s. sterben ga
gidi Fahne, Flagge
gingihgi Zupfgeige, Gitarre (schall-
nachahmend) syn. morobakö (H mölo)
ginta Grasmatte, Mattenzaun
ginta ta eine Matte Hechten
go Fufumörser
gq übrig bleiben
gö Schiff
go he {gö kye) rudern
gö we de ehebrechen (vielleicht gö
Hure luid tva bei und td gehen)
gö Stock
göi üyö Geld
ogöde "Geldbesitzer", Reicher
ng^le Geld, Reichtum
gokutund kurz
göne Fufustößer
gqro Kolanuß (U görri)
göro Tag» Zeit, Stunde
gtid schauen, iiinblicken
güani Nacht
yudiwa hier, dies
gu dö frühmorgens
gukepura »die Dunkelheit wird hell-
^ Blitz
gunida Kälte, Frost
güyä Finsternis, Dunkelheit
gäsira Finsternis
gugä Schöpfgefäß (U)
H.
Äö, Pron. rel., dies, ebendies, Plur.
/*5nr>, dient auch zur Verstärkung
des Personalpronomens, z. B. :
mahö gerade ich
wähöno \
_ , ,, > gerade wir
wa hqnqndi J ^
aJiö^ meahö drei
hüdäkü Mitleid, Erbarmen haben
I.
i sehen
via-i^ ich sah, sehe
/, 'ni^ 'n^ Pron. pers. 2. Pers. sing.,
du, dein
jii ge mä? wohin gehst du?
t Wasser
mäne i mi ich trinke Wasser
f da Wasser schöpfen
tfa Peitsche
ifä Sonne
ifd bö die Sonne geht auf
,, lete '- » » unter
.. ngbä » » steht hoch (am
Mittag)
ifä-bidekigu-wd Osten
ifän-letekl Westen
78
FuNKK : Die Sprache von Busa am Niger.
/ hu sclilafeii
/ hu mu(/(J n den Beisclilal" ausiiben
mit der Frau
iji/ii Fliegt'
inii Durst
inii np niaih- ich liiii durstig
inyä, li/ä Wiiul. Luft
ii/ä pa Liil't scliöplt'ii, sich erliolcri
ipäpalr Fischer
isäka Name
K.
A-ä, kdta Nabel
kä satt sein
kä duyiiide der zweite
ghe kä duyinde der zweite Mensch
kä kiindi der erste
gbe ka kundi der erste ^Mensch
kä ica ruhen (Plur.)
akäwa p'iki sie ruhten alle
kabösi Papaya
kdkara sammeln, versammeln
kale, kare Betört, Moschee
kdvia lind kd ica ruhen, ausruhen
kdmbali (H.) Heide (Bewohner von
Kaml)ali am mittleren Niger)
kauyoru Fledermaus
kanikaui nahe, unweit
käu ausschütten
T kdh Wasser ausschütten
akarä ma'i wie!*
in Negativsätzen: kera ndi .... (mo)
ro? wie nicht, warum nicht?
karamhai uuniiauerte Stadt
kare AVand
karo Glasaruiliand (II karao)
kasä Pulver
kasi älterer Bruder
kasö zerreißen
kdta Nabel
katd Schirm
ke sein
ke gbete groß sein
ke fiti klein sein
ke^ ke (kye, kyi)
gö ke ' rudei'h
ganddma ke disputieren (11 gerddma)
saria ke \
' } Palaver halten
saiira ke J
sniu ke Geduld haben, geduldig sein
kyo ki lesen
tira ke \ .
, - } Brie! schreiben
tcQra ke J
tdma ke denken (II tamaha)
gu ke pura Blitz ("Duidvclheit wird
weiß«)
kefina^ kefena .lüngling, junger Mann,
Bräutigam
keke reinigen, verbessern
kibe^ Häuptling, König
kijili Heide (H kaßri)
kipaKsi Fi-emul, Katgebei- des Königs
kiräini ei'halten, empfangen
kiripähu Chamäleon
kirö Antimon, wird zum P'ärbcn der
Augenränder benutzt
ko kpä (eigentlich go kpä) den Bei-
schlaf ausüben
ko Huhn, Henne
kösa Hahn
knnebmi Küchlein
knrnnd Stiefel
kösn Knie
koto Kehle, (iurgel
k'pa. ie kpa Feuei- anzünden
ko kpä igq kpä [?]) beischlafen
kpa geben, schenken:'
kpd^ kpd ica berühi-eii. anrühren
kpdne, kpnie Dieb
kpine o stehlen
kpdra übrigbleibeo, syn. gn
kpdaa, mkpdsa viel, ^lenge
kpasa Axt
kpdsa müd(" sein
kpdtabili Kön igt um , K ön igsheri-scha ft
kpe Haus, Gebäude
kpe Okro
kjye, kpi Rücken
kpeleje Tür, Tor (s. kp4 Haus)
kpT Bei'g
kpldji alle
kpo Fisch
Funke: Die Spraclie von Rusa am Niger.
79
hpö kpäte ausbreiten
ku schon
in Verneinungssiitzen : ku rd noch
nicht
ku und, auch
kü (ku) sein, sich befinden
kibe ku be rö der König ist nicht
zu Hause
kü ku . . . ., sein mit ....
icokü ku Lulähu wir sind mit Gott
kü festhalten, packen
kuä^ kxKä Heuschrecke
kuä Krokodil
ktdi ein Fruchtbaum (H dunya)
külible Ananas
kövm oft, wiederholt
kümbq^ Fischernetz
kundi Buch
künbä Gunnni, Kautschuk
kura we da elf
kura we fd zwölf
kürundai Habicht
küse Schildkröte
kusü, kursü Aussatz (H kutärta)
■ kuwd Brust
kye JNIesser
kye, kye s. ke
kyokye^ kyo ke lesen
L.
lä Blatt
lädi Sonntag (H lahadin)
lakd leiden, Mühe haben (H icohäla)
(H ivohdla)
lakd aufhören, beendigen, fei'tig sein
läkara Verstand
a läkara vi lo er hat keinen Ver-
stand, ist dumm
larba zoyo Mitt\vüch (= großer Mitt-
woch) (H larba)
ale Grenze
le Dorn
le Mund
lekäta Bart (Mundhaar)
Ubara Lippe (H leho)^ aus U Mund
und bara Haut)
leyü Wolke
legu sisi beten
te-i »Mundwasser", Speiciicl
lemund Apfelsine, Limone
le si Lied, Gesang (Subst. u. Verb)
mane le si ich singe
letä Strohhut
lete fallen, iiinabsteigen
ifd lote die Sonne geht unter, ist
untergegangen
II treffen, begegnen
me a li^ :e ich traf ihn unterwegs
li Bainn
seit ölpalme
gbeli Seidenbaum wollhaiun
ime Baunifrucht, Frucht
liäle Zimmermann (s. U Holz)
//Ä'ö, likdlikd schnell
limanä oder:
lirnan seria keri Ricliter (II limäm
Oberpriester)
Uwe Kolanuß
1(1 großer Wassertopf (H tulü)
ilo Weizen
logö Brunnen
Lulä Gott, Allah
lülabe Donner (s. Lula Gott)
luläkimbebä {vGoii =^ König =^ Vogel«)
Taube
lukpe Wald
M.
?//a, Fron. pers. l.Pers. sing.; ich. mein
ma zeigen
inä Fi'agepartikel, steht am Schluß
des Fragesatzes: ete ku ma? der
Markt ist wol' oder: ete ma'i
ma pö? ma pö mel wer? welchei'?
madd Mutter, Erzeugerin, »meine
Mutter«
ma-dahuna jüngerer Briuler, ^V()rtlich
mein jüngerer Bruder
7nade Vater, »mein Vater«
madikiri Herr, Haushei-r, wörtl. mein
Herr
ma-ybe »mein Menscli« = Freund
so
Funke: Die Spraclie von Riisa am Nigei.
mananüo Iläiuller, Hausierer, Kaul-
iii.inn (eigeiitl. ina narid n ieli hau-
siere)
viardikü Engel (H malaiki), syn. poga
anetcendi sS {= poga (?) trägt Leben)
masäöuki/fi Stute
mä.sutsi/r/i {-kyrli) Zauberer, Doktor
mii-vini -Kiiul meiner Mutter« = Bru-
der (wahrscheinlich von vi IMilcli)
jnävmidd Herrin, Hausnnitter, wörtl.
meine Herrin
me Körper, Leib
me kpä fett sein
meküli {meküri) zehn
mese Besen
mi Haupt, Kopf
mi-gbeke Menschenhaupt
mikä Haupthaar
mi bö Haar schneiden, rasieren
mTböH Haar schneiden
mtboli Haarschneider, syn. wqzä
(H wozanii)
mird Grab
misi Zecke
m/e Schhnnge
mö, ntQ kommen
mo Metall, Prisen, s. molt Nagel
[Eisenstock (?)]
mö jMond
mö pära \'ollmond (weißer ]Mond)
mö lak\di kina abnehmender Mond
lepuru mö Neumond
mö gä »der Mond ist gestorben«
= der Monat ist zu Ende
mnkirn Herd, Feuerstelle
m(2le Reis
mole sensere enthülster Reis
moli Nagel
mqli Lampe
mönkpMemi eine Speise
monwemi ein Getränk
morfä, morüfa Flinte, Gewehr
m^rfade Flintenbesitzer, Jäger
wiavr; Moskito
mu.su Himmel, das Obere
ndede mu.sü! steige hinauf!
N.
na Großmutter
nä Hunger, Hungersnot
na nh made ich l)in lumgrig
«^, nefiti i\iiul, Kiiahe, Junges
n^ i gebären
ne güngbe männliches Kind, Knabe
ne nugbe weibliches Kind, Mädchen
ne-no päli »viele Kinder« = Familie
neue Zunge
ne-gügbeme oSIänidichkeit, Tapferkeit
nese Leib, jNIutterleib, Körperinneres
ni tikäfi schwanger sein
nihq Fremdling
nibohö Kissen
niya Knecht, Diener, Sklave
miniya mein Diener (wahrscheinlich
von ya kaufen, aus »w-? ya Kind
gekauftes«)
no se^ {nu se^) heiraten (eine Frau hei-
raten)
nqbö Fleisch
mqnqbqsü eßbares Fleisch, Fleisch-
nahrimg
nqbq-pürana Einhorn
anonovi Europäerfrau
nosi schwanger sein
nösi öl, Fett
nosi-lera T'almöl
nopqse Hurcr
nu Eheirau
manq (assim.) meine Frau
««, nugbe Frau, Weib, »weiblicher
Mensch«
up. nugbe »wenbl. Kind«, ]\Iädchen
nu kpäle {nqkpale) Jungfrau, Braut
nu sp) heiraten (vom Manne)
nngbe zind alte Frau, Greisin
nyd Wort, Rede
nyadi »eigentliches Wort«, Streitsache
nya-göngri, Subst. und Verl), Gericht,
Gericht halten
nyt Nase
nyliiwe Nasenloch
nyö, 7iyü messen, wiegen (H aüna)
nyö weibliche Brustdrüse, Euter
Funkh: Die Sprach« von Busa am Niger.
81
nghänake / Willkomiueiigruß, von gbdna
stark, gesund sein
nica:ä Tätowiei'narI)e im Gesicht
{aüwazä)
nwe rd dieses Jahr
nwe hasörc) nächstes Jahr
t'iwe Jahr
nwe Knecht. Diener
iiwe öft'nen
nze nwe die Tiir öffnen
tiwe Bier, berauschendes CJetränk
'UQwa Tanz (II rawä)
nwukile jeder, jedermann
O.
pe Matte
pe ica verjagen, vertreihen
peni Kalebasse
pete auftreten, betreten
pete . . . wa, auf (etwas) treten, betreten
jn, j9i dient zur ^'erstiirivung des prtin.
mapi gerade ich, ich ganz
piki, kjndji alle
pipi sieden
pipi, poa pipi waschen (z. B. Kleider)
piti sich entkleiden, sich ausziehen,
entl)lößen
ple Tomate
po Brot
pq asa Brot backen
po Bauchinneres, Mnttei'leib
o machen, tun
mane toJcö o ich mache Husten, ich \ po Leber
huste j nobopo Tierleber
yhe de ahpene o, jemand macht Diel)- pg nahi nähen, schneiden
stahl, er stiehlt pönahiri Schneider
wo nyd ö wir reden, luiterhalten uns ( — U)
o/ja!
ö Hand
o kq d ke am A])end, aliends
oli Zeit, Muße
mdde oti lo, ich habe keine Zeit
qndoro un-'/erständig, unklug (von do.
pq nyq messen, wiegen, s. w_y«
po pe blasen
po tsyend {po kend) sich freuen
2)0 te ke zornig sein, wörtlich -Bauch
Feuer setzen«
pqholi Art, Geschlecht
wissen, kennen), wörtlich: »er weiß jjqde Unterleib
nicht«
qne Finger
ofla rechte Hand, Rechte
ofla-kpdyuwa Norden
qze linke Hand, Linke
qze-kpdguwa Süden
P.
2ia füllen, voll machen, voll sein
pa schießen
pa, lyä JM Luft schöpfen, sich erholen
jjali V. u. adv. viel und viel sein
syn. däsi
jidii viel, groß sein
2)ame leer, unnütz, eitel
ybe päme Nichtsnutz
ya pame er taugt nichts
po^ia fischen — i papa Fische fangen
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. Dl. Abt.
pqga-anlwendi-se Engel
pökümiwa Mütze
popä Empfängnis (s. px) Bauch und pa
voll sein)
pqpabili verboten, unrein, ungesetzlich
(H hardm), (Subst. u. Adj.) Unge-
setzlichkeit
pqpabili ne uneheliches Kind
pöro Gesäß
pqro Nadel
pqsinda piki alles, jedes
posira Halsbinde, Krawatte
poyäki Kaufladen
jjQzlnd Hebanune
pü adv. zur Verstäi'kung von
dasi pü sehr viel
j)iira weiß
are Stirn
6
■viel.
82
Fiinkk: Die Spraclir
R.
nV/fl, rit/irii/a trocken, dürr
rti, rü nicht (Veriu-iniiiijj;s]);irtik('l am
Schluß lies zu veriieiiieiulfn Satzes)
a ku be rü er ist nicht daheini
rö, (tro Topi", Kochtniil", Wassertopf"
arÜ Blut
S.
sa liraten, rösten
sä Schafbock
sä Laus
sä schneitlen sehlaehttn
sabo Hyäne
sdka Zahn
sdCi Speer
sanu Europäer
sa7iu gugbe Europäennann
sarake Almosen, Opfer (H sddaka)
sarakö Unterschenkel
süra püra freier Platz (II sarari) im
Freien, Hellen
süra pura Licht
saria kye (. . . ke) (Jerielit halten
(H saria)
se, seit Kokospalme
se Gras
sensoma Traglast von liso se (eine
Last) tragen
sete^ imi-sete Flaschenkalebasse
sPte^ miisu-seti Löwe
sete Buschsavanne, Stej)pe
so Stein
so Pferd
so de reiten
soa bakd rennen, galoppieren
so oder .so kole Hacke
söa hören
.«f>ä See, Fluß, Bach
soadd, stiadd Meer
sode Reiter, Pferdebesitzer
sofiono-barasd Bivinntwcin (II barasii)
sondä ein scharfes Insti-uinciit zum
Graben
sfjfiQda weibliches Kam(;l
sora Stern
von liiisa am Nigor.
sorä/tö, niesiiräht acht
soro (siiaro), iitesom li'uil
osoröbo Urin
sqto Hudensark
si Erdnuß
si nähern, sich naln'u
siä schnn'eden
siabqko Blasebalg
■siäkp^ Schmied
.Ueno Heide
sthö, mesihö vier
sikönd P'ieber
sira^ sira dunkel, schwai-z
gbe sira Schwarzer
Sirund Araber
sisi rufen, nennen
legü sisi beten
sü essen
SU konnnen
sw dient zur Bildung des Prohibitios
nsim ye bän döl fall nicht in den
Brunnen
sun kpdwa ro\ rühre (es) nicht an!
südo hinuntergehen, s. am kommen
st'idö mesudö sechs
asuM Herz
sufla, mesufla sieben
sidukye Geduld
T.
ta schließen, bedecken
nze ta schließe die Tür
tä weben, Hechten
ta Falle
tä geilochtcncr Teller, geflochtener
Deckel
td gehen
taddwa Tinte (II)
täferi Kissen (II leferu)
talätand Dienstag (II taläta)
talike Sünde
Idmakye {-ke) denken, vermuten
(H tamahä)
tambaU-lmina groß(^ Tronnnel
II tambari)
tdnyana^ Mctallschüssel (H tasa)
Finkk: Die Spraclu! von Rusa am Niger.
83
td7ia Fetisch
tanJcd Fingerring
tära jetzt, nun
täratärädi augenblicklich
taro-hö Fischernetz {W tUni)
täico kö . . . hinkommen n.ich . . .
te folgen
ete Mai'kt
ate, te Feuer, ati kjia^ Feuei* an-
zihiden, aie kn verbrennen
tera rot
tila, iira 1. Pa{)ier, 2. Anuilett
ülasida vergewaltigen, zwingen
at. mene er zwang mich (II)
tirakye Brief
t(2 schö])fen 7 tq Wasser schöpfen
t<» danken, segnen
to 1. Penis, 2. Schwanz
tö-ybdna-e:e Medizin zur Reizung des
Geschlechtstriebes (zur Ei-ektion
des männlichen Gliedes)
tö ZQ beschneiden
tödjina noch nicht (II titkuna)
tüjiQ Husten
mane tokö o ich huste
töro (tö/o) Dank, Segen
tüli goldgelb, grihi
tsyakjjä Schwein
tsye wa berühren, anriiiiren (U taha)
tsyeföm ^^orhallt
Uiyeförqde Unbeschnittener
tsyendokuli, metsyeitdokuli neim
U.
üble essen
inö-uble Essen, Speise
üra Schatten
urakpd Schattendach
tisi Salz
Uta Kleid
utäbqko Tasche
uica Knochen
uwarä Haumesser
uwe Affe
uwe Loch, Grube
Hicete Stadt
vi haben, besitzen
an. wendi vi ei* hat Leben, er lebt
vi dient zur Bildung der ( )rdiMalia von
di'ei ab:
vi ahö der dritte
vi sihö der vierte usw.
r7 Milch
vt ipo frische Milch
vT Je. melken
vide, vite bleiben, sitzen, wohnen, sich
aufhalten
vlä Schwanziiaar, Violinsaite
vind sich fiirchten
vinä Blinder
vinime älterer Bruder
W.
■wa Mehlbrei (II tuc^ tuuo)
we, uwe Auge
we, we'i dient zur Bildung der Zehner
kura we'i dö elf
wekä Augenlid
wendi Leben
an icendi vi er hat Leben, lebt, ist
gesund
wo Hüfte
wo Scham, Schande
wo Fron. [)ers. 1. Pcrs. j)lui'.. wir, uns,
unser
woka Hals
wolemä Kette
wdike heilen, gesund werden (II w;w/At)
trowyo (»wir messen, wiegen") -:- Maß,
Gewicht
wqrd bürsten
wqrä Tafel (II ahi)
wörakye schreiben
wösä Streifen, gestreiftes Tuch
wozä Barbier (H wanzäuu)
wui zerbrechen
icürä Gold
wüsi Furaspeise
wusiti Mehl
wüte sich hinlegen
84
Funke: Die Spraclie von Busa am Niger
Y.
ya er, sein
ya .schneiden, sclilacliten
yavi beerdigen
//', yia kaufen
lya (inya) Lult, Wind
lya tie ma de ich friere
yadö verschieden
ybe (Uno ano yadö die Menselie.n sind
verschieden
yädo lachen
yaka ein Bauui
yakokö Kugel, Ballen
yunä Wahrheit
yelTma^ Minister (II yaladTvia)
ycyi, yi wollen, lieben, gern haben
mayi wa üble ich esse gei-n Mehlbrei
yi binden
'nyd yi! binde ihn!
yite still sein, scliweigen
yokd helfen
ma inyö kd! hilf mir!
yökü^ myokU Pfeffer
yunkö Narr, Tor, einfältigei- Mensch
Z.
zä Fächerpalnie
zä 1. adj. weit, fern; 2. verb. weit sein,
entfernt sein
zä Arnn-ing, Armspange
zä-i »P'ächerpalmen-Wasser«, Palm-
wein
zdkasa Lappen
zdne Fehler machen, verfehlen
ze weibliche Scham
ze Weg, Straße
zSffia Schwanz (H)
zi senden, schicken
zT Krieg
zi kd Krieg Itdiren
zikina Krieger
zl Arbeit
zl ke arb»'it«Mi
ziMko, zib^kn Hose
zikökin-kisira Name (h'r iJiisa l: kaihünTa 103 von
ilmskin kaiil"i\ kiflinia 2'ä4, 236 von r/wÄ'/w tue '. Auch die Kclativkonjugatioii
Hndet sieh niehi'faeh: naligin 254 = K. naLsegin von tiayixkin hole ein, untjAska
234 von nöttiskin weiß, säyeid 12 von sägexkin lade ah; in der I. KonJ. wii-
hei K. ({j 86) (7/A-Mrö 96, ouA-ortna 1 1 6, cukorinta 217 er fallt (fiel) in (jder
auf etwas nehen ciitmrirt er fällt. Seihst die Kausativkonjugation (Iv. § 57, 6(»)
ist vielleicht helegt in cetüleyin 41, 82, cutilgin 327, yutelgin 312, yutälgoZO^S'-.
In den Formen tvV/o 43, ooto 111 würde man sogar das im 3Ianga-Dialek(
vermißte Fut. K.s wiederfinden, wrnn sie nicht nach ihrer Verwendun«;
vielmehr als der in der Einleitung zu den Liedern genannte Indef. II auf ö
anzusehen wären wie dakarcö 69, das als Fut. dakarcdno lauten müßte.
Zuweilen erscheint der Inf. ohne Präfix : giro Beißen 80 statt kingiro
(K. iiyero) dnto Nähen 373 fiir kenduto (K. fidütö), yendö \'erschlucken 341
statt cendo (K. ntsündö)^ yawo Ordnen 11 von yasdskin, auch das von einem
Inf. ga (K. nga) abgeleitete gama Folger 361. Regelrecht, nur mit er-
weichtem c: zezo Töten 53, 229 = K. ntsetsö von yetseskin. Dagegen liegt
in zigo Folgen 64 von gaskin wohl jenes :i vor, das im Mai'iga einer Reihe
von \'erben der I. Konj. nicht bloß in der 3. Pers., sondern auch in allen
übrigen Formen vorgesetzt wird. z. B. ziydm du folgst 63 neben gam. Ent-
s[)rechcnd wird auch cekasöma der Entlaufende 29 von kaseskin aufzu-
fassen sein.
Syntaktisch sei erwähnt, daß im Widerspruch mit K. § 215 die ein-
lache Konjugation auch in kausativem Sinne vorkonunt in bnskhi 109,
zihcin 110. Ferner werden hier alle Tempora der Vergangenheit, also
Aorist. Perf., Partizi])ialmodus, wie der Indef. II auch im Sinne des zu
allen Zeiten Gültigen verwendet. Für die in der Einleitung zu den Liedei'ii
genannte Freiheit im Gebrauch des Objektssuff", ga bieten die Sprichwörter
weitere Beispiele: es steht beim Subjekt (30, 31. 72 u. a.). insbesondei-c
in Fällen, wo dies nachgestellt ist (231, 296), beim Prädikatsnomen 377,
ist zuweilen durch die Partikel mä von seinem Subst. getrennt (249, 360),
in 307 durch te mä, ja durch einen ganzen Relativsatz in 144, 145, 153, 369.
Die wohl bei allen Völkern anzutreff'ende stilistische Kürze siirich-
wörtlicher Wendungen tritt z. B. in 29, 97, 136, 149, 207, 238 zutage'
wiegt jedoch im Kanuri nicht derart vor wie im Ilaussa.
In der Schreibung, für die in der P^'nleitung zu den Liedern das Er-
forderliche bemerkt ist, iiniß ich mich hier einer Inkonse ^ \ V-Cuil^ "1^ ^ \ 1
" 't-'-^"«:^^ "1' ^ >>• ' T-'i'- - c^"- >'- Viiiiis|)ri > K
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Prikizk : I'onnispricliwörtci'.
.-. c- ^[^^^ c5^* iSj\ ^ ^j^i UlS— '^ 54
.-. jj l JlZ> \ ^yX5 :i\y, ^^ii-"^ 55
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91
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()2 Priktzk : I{oiii«s[)i'nIi\vriitrr.
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Phiktze : Bornusprich Wörter.
93
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112
117
118
i) j Puietze: Bornuspricliwürter.
.•. ^^:=«o C- J^ili U--1 ^y Uli 113
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136
137
Prietzf. : Bormisprichwörter. 95
138
b 139
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158
159
160
9(5 1'i(1ki/.k: lJoniiis|(ii(Iiwürter.
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Piuetzk: Boiniisinidiwürter. 97
••• ^ >oJJ ^_-^^-^ 187
■■• -?^ (^ t^^ ^^-rr" -"^ -? Or»^ p- 1^8
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•'• J? ^,.yy^ J^ ^ y\ ü^-' ^ -v ^ p* i9i
.-. jjjljj ^ß 15 ^^^^^=i;i ^;; jxt 192
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^!:ryir^;l 61- ^;j5 ^5^^ 199
^^^ yU y. j3 ^' >J ^5^ >^ 200
■») ft^».~^ f-^-— - i's.-^j •j-^iO /V"^~^ 201
•'• y? er' ^ "^T'^Ä? "^^^ 202
••• ^ ^ Ü^^^J '^t^ ^ r^ ^ 203
204
••• ^^^'^. i ^X 206
.-. ^Jj^-i I^jLC. JO 207
.-. *t ' •;• "p 5" U.:: o P^ 208
-Mi«, li. Siui. f. Orient. Spiailii-ii. 1910. III. Abt.
yy Puiktze: Hornusprichwörter.
••• ^\'-f 6>^ ,5^;i 211
'• t^-:?^ ^ ^r 212
214
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j^^-^^j j-*^ yU" 216
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^At ^sf- JJ ^5p^ ^. (*^^ '^ ^. ^5;:-- J^ 223
I o « o/^c, . , o ? ^^ -r I " ^^^
•■• ^- Jf^--^-^ ^ ^^"^-^ iS^J J ^^ 224
•■• (^!^' L^ ^^ '^:^^ ^ OrO* 225
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226
227
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P ^ ^>^ r- ^ J. 229
•■• > ^ Jrf cr'^ o3^ >?^^ f 230
231
232
pRiETZE : Bornusprichwörter.
••• Lr;^:^>^^ c^^^ ß^ ^J^ ^ ß- ^34
,-. ^"ä;;^ y^' ijfi^ ^^ ^ \j5 236
.-. ^Tir J_^ ^o ^c-^-*^9 /*-^ 238
•■• i c-*-:^ir^-ii ^Sf^y ^39
.•.^_. ^'S j^J ^^J ^j: 240
'" DJs o 'p^jl J j!^' 241
99
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c^r:-. ü'y.
242
.-../ir jJo p ^VIT 3 p^ 245
... ^ J_^ ^ |ir j^y^i °^ 248
••• <>=r "^^^^3 O ,J=^[ 250
•. ^i GJ y^^ l^:>=ir> jAJli 0:>X''^%^>'i 251
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100
PniKT7.K : Ronnispricliwörter.
•'• ^>^ v^-^^ ^-^ j^^ t.-^- ^- --^
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^^7'vi ^\;fyX279
289
290
Priktze: Bornuspriclivvörtcr. HM
•••^. ^3^. "r^ '^^^280
.-. Ijj3 _y-;y ^^CU ^.t 282
.-. \-\yj ßj> ^ ^^^\SO'^ 283
.-. ^^, Ü 5 Ui j ^ y ^> Lrj 284
y^^j ^■^===^■5 f^^^xL. ^.j ^^^ ^v^ y- \ 285
.•. j5 \> ^Jö yj 5-*^w^ ^-^ .?*^ ' 286
.-. ^f\> J^3 ''l^y^J^C^ /X'^^ 287
.-. ^^i:^ ^ Ji3 288
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... j^>^^^^ Ujj^ J^^ 1> ^''> 302
... j>./^^v ji/^^^:^: j^; y^: 303
j^)*» I'iiiKrÄK: Honiuspricliwüitcr.
••• (^jl^^Tjf; 304
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.*. J-Ci>- ,>«-J^ .->..o jL«'y 315
•■• J^^. ö^. fiJir U ^y y yy}"^ f ^le
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•■• *^-4^ ^^^: ^ c^ d^^" ^^'^ ^J^ ö'V ^^^
.-. '^-^ ^ l5"~^^^'^ *-^ ^-^-' J.**.' (C-^ i 319
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•■• y" (Ir*^ ^J ^/-^ ü^ If" ü^ ^*-*^ ^^^
.-. ^ \f, ^ y^j ^Ja 323
•'•'^ß^LP '^jrf oy"^ '^^ f
Prietzk: Boinusprirliwörter. 103
••• ^^;-^V "^ ^-^^.i li '^ lp=^^> j/j^jl 326
' ' y ■ 0" ' Uüiij' ^-^ _yjj Z;^ 327
•*■ öÄ t^-^ L^'-^i J^ ^s^ (*5 ^'V- L^^^i' ^ 3^^ clr ft!' (^ ^2^
•■• j5 ^r:^ ^J^ ^yy ^ ^ 529
•■• y ^y lP ^ <^^'' ^^^J^ ^. -^"^ 55^
.-. ^ L ^ At j «j; 9 JA] 332
•■• cT^r w^r ^ ^ Ji-r -J-r' w ^=r (^ ^tJ^ ^^ estrf-^ J^' p^ 336
.'. C^JyiM 5«>- — J 5*AJ ^-^ *) y *c- c5 !-i (V "^ I 337
^ .' j; -^ « j ^ -^ . ^t-' ^^^
••• Ol»- _^-0 lc-_^ *£ ^ jj Ij ^' 3*^ JJ^ 338
.-. cXC; j> ^^1 ^. "JT^J^ 339
.-. _^ l ^U" j^ JI^=uJ j_5-^^ ^ 340
.-. "/»j j^c^^ J-^. 7?-J^ 341
.-. JJü' jjuü \-[_^ ^.5r=^^ ^^ -'■^^" ^- 3~^i "^ (*^ 5^^
.-. CÄjuJ' JüiJ^^ C>^^ tlr^^J ^ 343
.-. j^^s-tls jir ^^j^==u|_ y^9 ^' ^ "^ 345
.-. .3JÜ5 S\ /t J>-^ ^,J ^.^ 346
104
c > Jo,
l*HiKT7.K : Uoniusprichvvörtrr.
•■• y- ->3 |*^y^ ^ p-y^' 3^- 349
•■• J^i^ ^-7 ci^ 352
•'• .y ^ if*^ ^ K:Xi- ^ ^ yi-^ 353
kl,AA>
354
^^ ^:^ ^^ c^ ,^- c^ -^:^ r'' -^ ^ ^- rr^
357
•■• J^ ^ (j^^ (^ cry ,^'- tlr 35^
.-. _y^i)3 jj^ C^' ^ jj «1^ j-«0 J5 359
362
363
.'. j) l) i^'y f' y^^^ '^y. 3®^
^j / i_lc|5 / 3^ oM? 366
367
•■• 0*^ A ^ c.;==^^ j5 >^ S^^yr> ifr->y y^T^^ ^ (* 3®^
.-. •pi:«^ _jU^:i ^«ö _^n3 ^jU A^"^ 370
.•. ^-*j ^_-' _^ ij ^ 3-*"^ f»-^ 371
PiutrzE : Hornuspricliwörtcr.
•■• f^\ ü=r^^ ^J.^ is'y. ^'^!s^.. y^ ^^=^ jf ^} 372
105
o 373
374
375
376
[(((") l'iiiKr/.K: l!i>riiiis[)iioriius|)i-ii-li\vni'tcr. 107
6. Nanffila käm-he kunknna, kam km'iküna häyu-tca ti
Güte (los Menschen Kauri, Mensch Kauii iiichl habend der
(hbi-ro wo/ziti.
sehh^cht zu wird.
Des Mensehen Wert ist das Geld: wer kein Gehl hat, wird schleeht.
7. Aijo-niim-ma iiangnninta dimin, ago kam-ma ti nanyonbita
Ding dein mit Geschenk du tust, Ding Mensch mit der Geschenk
(Um hagn.
du tust nicht.
Sein Eigentum kann man verschenken, aber kein fremdes Gut.
8. Kam kädi zegerina ti zte-gd ceruya cekasin.
Mensch Schlange biß den Strick wenn er sieht er läuft.
Wer einmal von einei' Schlange gebissen wurde, läuft schon, wenn er einen
Strick sieht.
9. Bäbä-ni häbä-ga közina.
Vater mein Indigo übertraf.
Mein Vater ist besser als Indigo — ein unübersetzliares Wortspiel, ähnlich
den H. -Bonmots in Ptl. und T. 44 a.
10. Tata gand käSi-nzua söha letii amurä-be.
Kind klein Vorrat sein mit Freund gehen gi"oßer Leute.
Hin Kind, das mit Vorrat versehen ist, kann Reisegefährte großer Leute sein.
11. Kinca yasso kido yasso-ga közina; hclama-
Nase Zurechtmachen Feld Zurechtmachen übertraf; Stadtherr
yäe ni-ka duzin bela-nze-ro, kinca-nem ma lenimin.
wenn auch dich verjagt Stadt seiner, Nase dein auch du gehst.
In der Nase bohren ist besser als Feldarbeit; mag der StadthciT dich aus-
weisen, der Zugang zu deiner Nase bleibt dir.
Sinn: Man pflege vor allem die unverlierliaren Güter.
6. Kuhküna ist kollektiv: Geld; die einzelne Kauri heißt wie im
H. imdi.
7. Ma aus wa wie in 1. — Nangoninta ist ein IL. -Wort mit dorn
Bornupräfix 7ian', nur heißt es im II. Meisterschaft, hier Geschenk wie
nankautd s. unten Nr. 27.
8. Sehr ähnlich Nr. 90 meiner Haussasprichwörter.
10. Amurä s. K. § 22. — Ähnlich Nr. 21 der Il.-Sprichwörter.
11. Wer vom Häuptling aus der Stadt vertrieben wird, verliert zu-
gleich seinen Acker. — Zu yasso vgl. K. yesdskm l)essern aus.
1(|,S I'kiktzk: lliiiinispiii'liwüitor.
12. Attzä-nt'in yassi st-ya anzä-ntm säyrne ii ildknnw.
Last (Irin iiiarhe ziircclit sie Last dein lade ali ist nielit teile.
Hücke deine Last ziireelit hedentet nicht: setze sie nieder und teile sie. An-
;;f\vandt z. B., wenn jemand sich gegen leicht zu hefolgenden Rat auflehnt.
13. Cäca ciniki täta-he : kaUa ciflia kfla-nze-ro kön.
Glücksspiel Geschäl't des Kindes, Sklav" wenn tut Kopf seinem.
Wiirl'tln ist luv Freigehorene; tut's ein Sklav', so haftet ei' mit seinem Kopf.
14. Dungidvm mtizck kah/i namzina Cfro iüno
An den Fingern verstütnmclt Splitter Dorn zerhraeh Hauch Schwäre
ililimä-be.
des .Xussätzigen.
Sj)litter im Fingerstunipf, Dorn, der in der Schwäre des Aussätzigen zerliracii.
Dci", dessen Finger Stiimpfo sind mit einem Splitter darin, sowie der
Aussätzige, in dessen Schwären ein Dorn ahhrach, sind Bilder für den Aiuhmi,
der das nicht wiederbekommen kann, was man ihm genommen hat.
15. Kadäfu znli fätn güdo-he afü gonimin'}
Falke Tor Haus des Vogels was du niiiunst?
Törichter Falke, was hast thi davon, einem kleinen Vogel sein Nest
zu nehmend'
16. Kinzn miU-wa kinzö dätg-ga közina.
Konmien Geld habend kommen schnelles übertraf.
Mit Cicld kommen ist besser als bald kommen.
17. Afi nankirra sim tilö-be indi si-ga közina.
Was Größe Auge eines zwei es übertraf.
So groß ein Auge sein mag, zwei sind besser.
Sinn: Auch der Starke tut wohl daran, sich mit andern zu verbiuiden.
13. Dies deckt sich mit Nr. 58 meiner H.-Sprichwörter. Der Schluß
bedeutet: Wenn er Spielschulden macht, muß er verkauft werden, da
niemand für ihn eintritt. Das bekräftigende kön oder kam (H. kr>m) reiht
sich den in Jahrg. XI der Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen von mir erör-
terten spezifischen Verstärkungsadverbien an.
14. Diiüyii ist der Fingerstumpf, dungidum der damit behaftete -^
'lunyidma s. unten 36: niiizek, nach dem z zu urteilen ein Lehnwoi't aus dem
IL, ein eingestochener Splitter (den der Leidende nicht herausziehen kann).
15. A/ti durch Angleiclnmg an den folgenden Vokal aus a/i.
16. Dassellx' als II. -Sprichwort Nr. 9 bei Mischlich, dort aber
etwas anders erklärt. Dä(^ nach M. - - schnell. Es könnte dei- 2. Inf. von
däniskin sein, vgl. Lied XII matd Anmerkung.
17. Für nanküra bei K. ({5 22) ncmicüra.
Priet7.e: IJoiniispricliwöitor. 109
18. Tätid iija-yn Jvözina, läkin Ti/a kare-Uf. Tabu häba-
Tal)ak die .Mutter ühei-traf aber Mutter ilcs Spiels. Tahak den
ya köUna, läkin bäbä d^ltü-be.
\'ater überti-aC, al)ei' der Vater des Karbens.
Der Taltak ist mehr wert, als die Mutter, nihnlicli als die Siticlniiitter.
Der Tahak ist mehr wert als der Vater, nändieh als der Fäihvater, d. h.
der Indigo.
19. Slm bul til ti cilim däb(±-n bäko boijü.
Auge weiß ,ti;an/, das schwarz Mitte in nicht h^er.
Kin Auge, das ganz w(iiß ist, nicht schwarz in der Mitte, ist werllos. \'gl.
42 bei Mischlich, wo jedoch die Deutung fehlt.
Gemeint sind namentlich diejenigen, dei-en Freundlichkeit uwv in
Worten, nicht in Gaben besteht.
20. Gäyo kdryo kam dakartüma-be äsko '»tusko-ni-i/a knlina.
Hineingehn Herz Mensch des Verteilers sieh da Hand meine übertraf.
Dasselbe wurde mir früher in folgender V^ariantc mitgeteilt:
Käregu iM
war.
49. Dünia ti inki' kclat'i(jü-he-(jpi, kaiirizia mä däzi liäko.
Welt die Wasser (li's'iaiies j;ieieli. w cnii es spät wird es ist aiisiiiolils.
l);is I.clieii ist wie Morii;eiitau : wenn der .Mieiid naht, ist iiielits mehr da-
von \(»ihanden.
50. Kitizü titö kiniä yeni, khizä .saß-i/ai/*' (i mä
Tiinlu'ii eins Trinken ist nicht, Trinken wenn ancli immer das
kinzä yn.
'I'riuken ist.
Anf einmal trinken ist nicht (das reclite) trinken; immer wie(h'r tiinken
das heißt trinken.
Dies Wtirt warnt voi- Mißhranch gastlicher Güte. Zu seiner Erlänte-
rnn^ erzählte Gewährsmann, wie Murka, Bruder Tanimans, des Herrschers
von l)am;'iu;aram. einmal auf Einladung eines Armen, seine Erdnüsse zu
kosten, mit einem Kamel gekommen sei und dessen ganze Erdnußernte
(brtgeschlej)j)t habe, weshalb man noch heute dort sj)reche: daidni dai vc
tüiie-l yüzie-l Mnrkd ==: einmalig war das Nußausgrahen iNIurkas.
51. Kineri-ya yazimml, yafara-nh'i münnako yülein Imyo.
Erdeichhorn das du tötest nicht, Schwanz sein ziehet ah du sagst nicht.
\\'enn man das Erdeichhönichen nicht erlegt hat, sagt man auch nicht:
Zieht ihm den Scliwairz ah.
Sinn : ^lan soll des Bäi'en Fell nicht verkaufen, hevoi- man ihn hat.
IS. Kalirl fK. katSirt, B. kaUeri) ist d. Spätnachmittag. Sitha aus dem
.\rali., dem Bormj-Lauthestand angepaßt.
50. Für kinzä auch kiniä. — Sqfi erkläi't sich aus B. saa-hi Stimde
(ai-ah.) welche.
51. Münnako v. munniskin = K. münyin (3. sy. muktsin) ich reiße Jins.
liier bedeutet es das Abstreifen des Schwanzfells. Kineri = H. kureyr s.
I^ll. imd T. 121. P]s wird gern gejagt, da sein Fleisch, besonders das di's
Schwanzes, i"\\r einen Leckerbissen gilt (II. kureyc niiyerdi-n wUzia ■=■ das
Erdeichhorn nn't dem wohlschmeckenden Schwanz). Das Haar aber wird
sorgfältig vei'l)i'annt, weil man glaubt, daß schon eins davon, auf die betr.
l'eile fallend, genügen würde, die a. a. O. erwähnte schlinmie Wiikung zu
üben. \1. sehi-eibt kinnJ^i.
Prif.t/.k: Bomnspriclnvörter. 115
52. Aß nankici kada-be ü, kiila hako Si-ya
Was Annehmlichkeit des Troninielns das {'roiiiineln nielil es
közina.
über trifft.
So angenehm das Trommeln ist, Nichttrommclii ist liessci-.
Sinn: Keden ist Silber, Schweigen ist (iold. \'i;]. (17.
53. Tlankali-ica zeiÖ maryuhdm-he.
Klugheit mit töten des Urol.
Es gehört Klugheit dazu, einen Urol zu töten. Allgemein auf Kenntnis
von Kunstgriffen angewandt.
54. Diskina mä diskini-yei bare na barrniskina-ya.
Ich tat auch ich tat nicht gleich hacken Ort ich hacken den.
Dort hacken, wo ich schon gehackt hal)e, heißt so gut wie nichts getan.
Es ist hiermit das gemeint, was wir Eulen nach Athen ti-agen nennen.
55. Yenye marädi külyu-ya a-salaciii bäyo.
Hose Verlangen Tobe die erreicht nicht.
Die Hose kann dem Zweck des Rockes nicht genügen (reiclit nicht soweit).
Sinn wie 30.
56. Alla kiri-ya iväzia siro tiiiw cifi i/äbu
Gott Himd den wenn nicht mag ihm Geschwür er gibt nu'tte
kela-wze-ro.
Kopf seinen.
Wenn Gott einen Hund nicht leiden mag, gibt er ihm eine Schwäie mitteu
auf den Kopf (wo er sie nicht heil lecken kaiui).
57. Ka//i kwale fänzim bäyo köa cerö.
Mensch laß er hört nicht wenn er wird sehen.
Wer auf Abmahnung nicht hört, nuiß nachher sehen (was er angeiiehtet hat).
58. Kam letü cfrayta köa külo-ro lezö.
Mensch gehn wenn er liebt wenn, Feld zu er gehn.
Wer gern ausgeht, der gehe auf den Ackci-.
52, Kida ans H. kdda.
53. Vgl. K. anyal (aral). ^aql) Klugheit, dnyahm klug. — Marytd)an
= Y{. dämo Urol, große Eidechse vgl. Ptl. und T. 71, 74. Sie wird gern
gegessen, ist aber schwer zu töten, es sei denn man bohre ihr einen Halm
an einer zugänglichen Stelle am Hals in die Luftröhre.
55. Zur Herkunft von asalacin vgl. Lied \'II 9; hier steht es transitiv.
57. Zu dem mit kÖa schließenden Bedingungssatz vgl. Lied \\\ 9.
8*
11(5 Phikt/.k: nornusprichwörfer.
59. Kam indna yübu-ya c^rayö köa kira-yu kirazö.
Mvnscli Wort viel, (las er liclit wenn Lesen ei- lese.
Wer viele Worte lielit, dei- lese.
60. Kam Ihäda-ya öerayo, zama-ro lezö.
Mensch Gottesdienst den er liebt Moschee zu er m'he.
Wer gern hetet, gehe in die Moschee.
Gleich dein vorigen auch allgemeiner angewandt: Wei* krank ist,
gehe Zinn Arzt, wer Recht sucht, zum Richter u. s. w.
61. Kam kamoä mäzin kud kämo mälum-ya rtzö. Kam
^len.sch Weiher er sucht wenn Frau des er furchte. Mensch
kamoä mäzin kud kämo kanrlira-he rlzö. Kam kamoä mäzin knd
Weiher er sucht Avenn Frau des Jägers er fürchte.
kamo mai-be rlzö. Ydsku die ayö rttu-he.
Drei dies Ding des Fürchtens.
Wer Weihern nachgeht, der hüte sich vor der Frau des Geistlichen, der
Frau des Jägers und der Frau des Königs. Diese drei sind genUirlich.
Denn der erste hat arge Zauber, der zweite seine Waffe, der dritte die
Macht.
62. Ka77i Alla yodezim kua azabd-nzü-ya yodeyyäno.
Mensch Gott er dankt nicht wenn Pein seine die er dankte.
Wer Gott nicht dankt, hat seiner (ewigen) Pein zu danken.
63. Alla yammi knd, setdn-ya ziydm.
Gott du folgst nicht wenn Teufel dem du folgst.
Wenn man Gott nicht folgt, folgt man dem Teufel.
64. Ziyö Alla-be yeni kud, ziyU bökü-be:
Folgen Gottes ist nicht wenn Folgen des Leeren.
Gott nicht folgen, heißt dem Nichtigen folgen.
59. Gemeint ist das übliche laute Lesen in den Schulen.
60. Ibada aus d. Arab. wie zäma.
62. In yodi^zini scheint mir das nn der arab. Schreibung weder ety-
mologisch noch phonetisch l)erechtigt.
().'{., VA. Ziyam beweist, daß es zu yaskin eine Nebenform liydskin
gibt, die auch (U-iii Inf. ziyö (K. ?'/yä) entstammen wird.
Pkikt/.k: lioniiispriclivvörter. 117
65. Kam 'null kcla-uzä fatauKu kam imli kt'ln-nla
Menscli 2 Kopf iliren venialinieii, IMoiiscIi 2 Kopf ihren
fatvatd: täta-ioa Jero-wa Jcela-nza fatmna, kumiirvo-wn
vci'iialimen nicht Knabe nnd Mädchen und Kopf ilircn vcniahinrn Alte und
kiäri-wa kela-nzä fätcani.
Alter und Kopf iln-en vernahmen nicht.
Zwei verständigen sich, und zwei vervStändigen sich nicht: Knahc und
Mädchen verständigen sich, Greisin und Greis al)cr nicht.
66. A(jö yaskü ti aß nandihT ni-ro cidö-yao sandi-ya wdniiin
Ding 3 die was Schlechtigkeit dir tut auch immer sie du hassest
bäyo: kanmi tata-nüm cezö-yae .si-ya wänicm häyo, inkt
nicht Feuer Kind dein es töte w^enn auch es du hassest nicht Wasser
täta-nüm cezo-yae si-ya wämtm häyo, kninbu täta-num cezö-yae,
Kind dein es töte w^enn es du hassest nicht, Essen Kind dein es töte wenn
§i-ga imnum häyo.
auch es du hassest nicht.
Mögen sie dir noch so viel Böses zufügen, drei Dinge hassest du nicht,
nämlich das Feu^-, das \Vasser und das Essen, seli)st wenn sie dein Kind
umbringen.
67. Zance yühu lifila-ro icölzia, nähtn kidik ti dinar-ro wölzin..
Rede viel Silber zu wenn wird Sitzen still das Gold zu wird.
Wenn >iel Reden Silber wird, so wird Stillschw^eigen Gold. Vgl. 52.
68. Kam letü yidma ti mäna H-ya közin häyo.
Mensch Gehn viel mit der Wort ihn geht vorüber nicht.
Wer viel herumkommt, dem entgeht kein Gerücht.
69. Letü are ti M mä fula-wa kam-wa dakarco.
Gehn itommen das es Butter und Milch und teilt.
Das Hin und Her sondert Butter und Milch.
Bedeutung: Ein eifriger Zwischenträger bringt Freunde schnell aus-
einander.
B5. Ähnl. Nr. fi.5 meiner Haussasprichwörter. Alte Frau bei K. kemSrsö,
kiimürsd^ bei B. kitmürsü.
67. Zance Vfo\\\ dem II. entlehnt. Kidik wurde bei-eits in meinen -Spc/if.
Verstärkungsadverbien« (s. o. 18) angeführt ^ K. krdey, vgl. K. nemyata
kfrky — ^,anz still, keden nänyiib ich verhalte mich ganz stdl.
69. Hier ist das aus Lied HI, XV u. a. als Imperativ bekannte in-
deklinable are Inf. — Zu dakarco s. 12.
I'imkt/k: I!orinispricIiwöi(<*r.
70. Tut" /' ''" Jir-fia züfci haho.
Kintl der Knli l'lcid dem loli;! niolil.
Das Kall) iolut nii-lit dem IMenl.-.
71. Tatn mä(um-bc karidira-ya züfci hakn.
Kind des ^I Jäger dem folgt nicht.
Kines Geistlichen Kind schließt sieli an keinen .läger an.
Wie das Vorige Umkchnmg von: Glcicli und gleich gesellt sich gern.
72. Lrlctii-ya nabtü-ya köU, kalyi-yae yiihdninirnJ.
Tiichtiggehn das Sitzen das hat übertroffen, Dorn wenn auch dn trittst.
Rlunler drauf losgehen ist hesser als Rast, auch wenn man auf Dornen tritt.
73. Ko.suwa Vantä eidin hakn.
Schuld mit Geschenk er macht nicht.
Sinn : Wer Schulden hat, bezahle, ehe er GcscIkmiUc macht.
74. Gnltü kida hakn, hnku. »
Sprechen Arbeit nicht, leer.
Reden ist keine Arbeit, sondern zwecklos.
75. Kiri-nüm fanimi, hültii ytihoyüm-yn airima ti,
Behagen dein du hast gespürt Hyäne Hahn den sie sah da.
yviziiia si-rn'. Da hümma knlümma, halle keln-nem-ro kilennmma.
sagte ihm: Fleisch du aßest du wurdest satt ])is Kopf dem zu du wickeltest.
Du linst dir\s wohl sein lassen, s})racli die Hyäne zum Hahn, als sie ihn
betrachtet hatte. Erst hast du dich in Fleisch satt gefressen und es dir
dann noch um den Koj)f gewickelt.
Lediglich Scherz über die rote Zierde des Hahnenko[»fs.
76. fa?idn nanynni-ya knltna.
Gewinnen Meisterschaft die übertraf.
Gewinn ist besser als Geschicklielikcii.
71. Zwischen beiden Ständen herrscht keine Syrnpalhie.
72. Lelftü -^-11. tajifia. — Dorn K. kaliyi 15. karayc. — (tutxiiinlskin —
K. yvhänyin (3. .sv/. yehdtt.sin).
7;i. Zu kosuna (K. — ) vgl. B. kmc-ma Schuldner von küsii, küsr
Schuld. — k'ai/td s. 27.
7H; Zu itanynni^ das mit dem Abstrakta hildenden l'rälix \()n dem
Il.-W'oit ymii abgeleitet ist, vgl. nanyoiihita 7.
I'kikt/.k : l!(irmis[)iicliuüi-ter. 119
77. Rayo fandö (/r>/L
Wollen GewiniuMi ist nicht.
Sinn: Kin TIal>" ioii ist licsscr als ein lläll" ich.
78. Kam süba ni-ka wäzia knhirizia ni-kn
Mensch 3Iorgcn dich wenn nicht mag. vvcini .Vhend konniil dich
cegarin Imko.
er lieht nicht.
Wer dich am Moi-gen nicht leiden mag, licht dich, wenn es Aheiid wird,
(erst recht) nicht.
79. Kam ni-ka wäzia biine-?i, ■'ntha ni-ka cero
]Mensch dich wenn nicht mag Nacht in. Morgen dich sieht
döla-nzü.
Zwang sein.
Wer dich in der Nacht haßt, muß dich doch notgedrungen am INIorgen dulden.
Denn am Tag schützt dich die Ohrigkeit.
80. Giro aryim-he nankultu-ga cakin häko.
Kauen des Ivorns Sattigkeit die setzt nicht.
Korn kauen macht nicht satt.
Sinn: Manches läßt sich nur durch größeren Autwand an Kraft oder
Mitteln erreichen.
81. Matüma hi mä nmthasära-ya cünii.
Suchender er auch Verlust den er sieht.
Wer auf P^rwerb ausgeht, erlebt auch Verlust (den der Besitzlose nicht zu
fih'chten hat).
82. Güdi rero kindayo-yaye si-(ja yakkemia naiiyndi
Armer Bauch Fett w-ie auch inntier ihn wenn du setzest Arimit
nzi'i cettnleyiv.
seine bringt heraus.
Und wenn du den Armen mitten ins Fett li ineinsetzest, seine Arnuit bringt
ihn doch wieder heraus. Dass. Nr. 54 meiner H.-Sprichwürter.
Also: Armut ist ein Fluch, gegen den es keine liille gibt.
78. Kazirizia s. o. 49, siiha 48.
79. Döla, nicht bei K.. deckt sich in d(M- Bedeutung mit II. tilas.
81. Nanhasara aral). Lehnwort mit Bornuj)rätix.
82. Zu kindayo vgl. K. kendäye geschmolzene Butter. — Zu cettüleyin
vgl. 0. 41.
I'Jd I'iiiKT/.K: liuriiuspruliwnrlfr.
83. Ihikdii l>nkhn-ht kiln .ii'lln-hr i/m niinirin i/ii:in.
Aiilril dci' Kn'itc Kopf (Irr Diiiiip.ilmc wie ;iiicli l'iillt nimmt.
\'oii wrlrlu'c I)iiiii|i;iliiii' der Kröte ilii- Teil ziiralleii in.'ijj;, von der niininl
sie es.
Hild i"üi- den Fioinmeii. der gottergehen €Tl)\\artet, was ihm y.unillt.
84. Wätuma-nitm soba sawnrtüma-he ichnen.
86. Jie^^W.rdni ist die trockne Zeit im (Jegensatz zu ningeli =l \\.
tlämana Kegcnzeit. — Kälte B. kägo K. kagü.
I'rikt/.i: : r»oriiii.spriclivvört(M'. 121
89. Mi(sk(> tiil't-lir-n mi'isho cidiiin-lic-n kdzhin.
llaml des Gipfels in liaiul des Rodens in ühertiaf.
Die Hand oben ist l)esser als die Hand unten, d. Ii. Ciettcn ist Itesser (IVoni-
nier, vornelnuer) als Nelnnen.
90. i\ < >/a /andümma lodrasa ahä-mtm-he yoi^ il>ra-(jn
Du erlangtest Erbschaft Vater deines ist nicht Nadel die
fandHmma.
du erlangtest.
Wenn du etwas erbtest, das niclit von deinem Vater stanunt, hast du eine
Nadel gefunden (d. h. einen unverhofften Gewinn, mag er auch gering sein).
91. Induyae Jcäci-ga cerüya zana-nzua
Wer auch immer Perlhuhn wenn er sah Zeichnung seine mit
si-ya cero.
es er sielit.
Wer ein Perlhuhn sieht, sieht es nn't seiner Zeichnung.
Bedeutung: Mit der Person fallen auch die angeborenen Vorzüge ins
Auge.
92. hiduyae nandihi kela-riM-he cnrui häko.
Wer auch immer Schlechtigkeit Kopf seines er sieht nichl.
Die eigne Schlechtigkeit sieht niemand.
93. WaHzäm rctü-ya wäzina.
Barbier Einschneiden das mochte nicht.
Der Barbier mag das Tätowieren nicht (das er selber mit dem INIisser an
andern auszuführen hat). Denn am eignen Leibe täte es ihm zu weil.
94. Induyae kaki-nzu wäzia kaki-nhi ycm.
Wer auch immer Besitz sein wenn nicht mag Besitz sein ist nicht.
Wer das Seine nicht mag, dem gehört es auch nicht. Ein Brudei- z. B.,
den man nicht liebt, ist eigentlich kein Bruder.
90. Die Partikel ya, nach M. auch im H. vorkommend, soll zur Ver-
stärkung von nT dienen. — Wärasa aus dem Arab. wie auch ihra ^^ H. librn;
das II. pllegt in solchen Entlehnungen den Artikel mit herüberzunehmen.
91. Zdna, eig. zdnl, aus dem H., Stoff, Tuch, dann Muster, Zeichnung.
93. Als sinnverwandt nennt Musa das H.-Sj)riclnvort: Barä» ha-ya sä
a-ma-sa mta. Der Dieb hat's nicht gerne, daß man ihn bestiehlt.
94. Hier verzeichnet Gewährsmann die Übersetzung ins H: Kmm yn-
ki iiäsa ha näsa ha )ie.
1*22 I'riki/.k: I!(iriiiis|)iii'li\\örl('r.
95. Läfiiid f»'/(J karnufu : kaziri rl<)i/aiii-i/iii ,
.Icnsoits SJadt nahe: Sjiiidiacliinittai; du In aolist aul" u«iiii auch
;/'/ ti>t»-m höiiimin.
( >il jnuT an ihi nihst.
Das .I(Miscils ist ^'uw nalic Stach; iiia^st (hi auch erst i;('j:;rn Alicml ;nil'-
hncheii, zur Nachtnilic wirst (hi dort sci>i.
Sinn: Wer weiß, wie nahe mir mein Knile.
96. WqrtH Ma-nem-ffa Jfözia, kein iudn-he-tjnh
\\'eil"en Kopf" dein den wenn es vorheiging Kopf wessen auch ininier
cukiirö.
es falle.
Mag der W'nif den Kopf jedes andern Irelfen. wenn ei' nur am deinigcn
vürl)eigeht.
97. Kniiküna inäna ztloma.
Geld Wort tötend.
Sinn: INIit Geld hringt man Gerede zum Seliweigen.
98. Bnltu-yae kiiizo-nzü-ma zigerin bako.
Hyäne wenn auch Geher ihrer heißt nicht.
Seihst die Hyäne heißt den nicht, der ihr etwas gilit.
99. Kaci-j/ae zire-ya rüizina: Kam kiilnma
rerllnihn wenn auch Wahrheit die kennt: Mensch Ackerherr
ninhm ti cekasin.
es sah da es läuft.
Seihst das Perlhuhn weiß Bescheid: hat es den Feldliesitzer erhh'ekt, so
entflieht es.
^5. Nahe K. karahge; zu kaziri vgl. 49.
flH. Statt wortdskin^ das durch den Inf. tonrtii vorausgesetzt w ird, liahen
K. (jpmxjin H. (jemni.skin z=. ich werfe. Zu cukürö vgl. K. tsnknrn als Fut.,
tsuküre als Indef. II; doch würde es sich in der Red. eher mit dem letzteren
decken. — Der Sinn des Sj)richworts deckt sieh mit den Worten Ganclons
in Uhlands Gedicht: War' ich mit guter Art (la\on, müg' euch der Teufel
holen.
MS. Wie lehendig die Ilildinig vei'mittels des hesitzanzeigenden oder
Nomina agentis schaflenden Suffixes ina ist, zeigt kinzo-iizu-ma, wo kiiizö
(Inf. zu 1/ixkin ich gehe, hei K. ntsö) vor ihm noch ein Posscssivsufl" erhält.
Die SuflHxe sind im Kanuri einerseits beweglich genug, um auch an komj)lexe
Ausdrücke angefugt zu werden, anderseits ist dieser .\nschluß so fest,
daß er chn vorhergehenden Vokal beeinflußt, vgl. ayö-ma aus ago s. n. 100
und zana-iizüa aus zam s. o. 91.
Pkikt7.k: noriuispiicliwörtcr. 128
100. Ard(irl)en, schlecht, unaiigonehm.
103. Die Tuareg spielen dort die K'ollc dvs Barbaren, die bei den
seßhaften Ara])ern den Beduinen zufällt.
104. Kökri Geier = K. kog(' B. köyo auch in der .\uss|n"ich(- unter-
schieden V. krjkkö Kröte (s. o. 83, 85) = K. koko B. kdgo. — Marädi, asalari
vgl. Lied Vll 9.
106. Während der Urol als Wildbret geschätzt wird, ißt man die
Eidechse nur als INIittel gegen Halsentzündung.
1"J.J I'kutzk: lidiiiii-piirliwöitei'.
Als dii' l.iiU'ilix- (liii l'rdl snii. s|ii;u'li si(^ /ii ihm: Willkdiiimni I L.iiul-
Ifuti' kdiniiuM» mir mit ciiirm Stiick am Halse in die SUnll.
Dvv l'iul, der hier von seinem kleinen, in dci' Sladt ansiissij;cn
Stammesvettor liemideidct wird, weil er ihr nui- als ,la;;tliieute j^ill, ist ein
Hild fiir die Landh-nte. die nni-. wenn sie vor den Kiehter gefordert sind,
in der Stadt erscheinen.
107. Jl(irr gegen
Abend koMunt (tut, als ob er zu Hause wäre).
111. Cero st mä güdn-ga cäto na hintardm-hi.
Bauch er auch Vogel den bringt Ort Fangen sein.
Der Bauch isfs, w'as den Vogel dahin l)iingt, wo er gefangen winl.
107. Zu rnnryiihän vgl. .")3.
]<•!», Zu hiri vgl. Lied X. Kälua aus kähi-ira; kalu ist die im Sudan
aus den verschiedensten Kräutern bereitete Brühe oder Suppe, II. m'ia.
11<'. B. /v/w/^J Fremder, Gast = K. /v/.wVö, Vgl. hierzu \\. nusotdnyiti
bin oder werde fremd, futsotö die Fremde. — Wie im vorigen wird ein in-
transitives ■ Zeitwort hier kausativ gebraucht: zil>ci)i. bei \\. tseptsin (von
tsemyiji) er steigt ab hier = er läßt absteigen, nimmt auf.
Priktzk: Boniu.spi'icliwürter. 125
112. Ä(jö ü(i ayö )iiäna-be ypii: kaino tUta-)izü-(/a noiili.
Ding dies Ding des AVortes ist nicht : Fiau Kind ihr hat verschhickt.
Daß eine Frau ihr Kind hinuntergeschluckt hahe, das ist iloch niciir, als
man sagen kann.
HiUl l'iir alles Unerliörte.
113. Nanhak'o si ma nanyudi-ya cnkkö.
Nichtvorhandensein es auch Armut die setzt.
Daher, daß man nichts hat, stammt die Ai-mut.
Dies Wort steht oft'enhar auf der Höhe von Bräsigs Kntdeckun
Die große Armut kommt von der oroßen Pauvrete her.
114. Sini häko-ijaye, helhi nansini-ya adln bako.
Hirte nicht wenn auch, Hyäne Hirtentum das setzt nicht.
Lieber gar kein Hirt als eine Hyäne.
Ein verwandtes Bild für unser: Den Bock zum Gärtner setzen.
115. Diskina mä diskini; Kämo-ni kam kämo huko
Ich tat auch ich tat nicht; Frau meine Mensch Fi-au niciit
yuretä-ro yiskina.
Besorgen zu ich gab.
Ich hahe es getan, (nämlich meine Frau fiir die Zeit meiner Abwesenheit
in »Sicherheit gebi'acht), und doch zugleich nicht, indem ich sie der Ohhut
eines unbeweibten iNIannes iibergab. — Ausdruck für nachträglichen Zweilel
an dem, dem man etwas an\'ertraut hat.
116. Däzi, mdna cefi, mälum helkacl öukoriyia.
Es ist aus, Wort ist zu Ende Brunnen fiel.
Genug, die Sache ist erledigt — der Geistliche ist in den Brunnen gefallen.
.Scherzhafte Redensart bei vollzogenen Tatsachen.
117. Kämo fer-yei: kam hihäna ti ma, M mä knina-nzfi-ro
Weil) Pferd gleich: Mensch er bestleg der, er auch Herr sein
fsc. wolzi).
(ward).
Ein Weib ist wie ein Pferd: wer es zu lenken weiß, ist auch sein
Herr.
114. Hirt K. si'ml B. mni.
115. Die erste AVendimK auch 54.
I •_)(*, Pbiet7.e : Bormispricliwörter.
118. li'lhii ^'"»1 ""-{/c l>f'tn)in (l mä aha-nhi ija.
W'iltltT Mfiiscli iliM sc-liliig (l<'r X'atc-r sein ist.
W't-r tiiuii ^\'il(lt'Il schläft, ist sein Vater. (Denn der Wilde schreit d.mn:
Vater).
119. l'atd hali kalia-he lidht häko.
Kind Wesen des Sklaven tnt nicht.
Kin freier Mann zeif^t keiin-n Sklax-enchai akter.
120. Ayo tidnyoa ti kciremu mü ydlyö.
Dinii mit Schani das 'l'od anch ist besser.
.Seihst der Tod ist hesser als der Scliiini)f. (l'ast wüi-tlich schon in Lied IX 2.)
121. Liriliiiri kädi ciliin-he /v7 kädi kiine-be
Gral) Schlange der schwarzen Lehen Sehlange der roten
közina.
uhertraf.
Noch im Grahe ist die schwarze Schlange mehr wert als die lebende rote.
So spi'icht z. B. eine Fran, deren erster Gatte tot ist, wenn sie sich
mit dem zweiten zankt.
122. (iäfo Sim häko, Ca s/'m-wa, koa atf-yei ycm.
Klicken Auge nicht, wenn Auge mit, dann so ist nicht.
Hinten hat man keine Augen; hätte nian sie, so stünde es amlers.
123. Tarc/iifia herher-zü-ya rüzin häko.
Hase Staub sein den verachtet nicht.
l)er Hase verachtet seinen Staub nicht, d. h. er meint ebensoviel Stanl)
zu erregen wie große Tiere.
124. Kam kuniytizina ti höhfde-ya fdnziyi häko.
Men.sch war entfernt der Kufen (bis hört nicht.
Wer sich weit entfernt hat, hört das Kufen nicht.
Bedeutung: Der Krregte hört auf keine Warnung.
118. Jielkii. nicht bei K. (man müßte ihn denn zu K. hilye Schaum.
Wasserblase in Beziehung setzen) ist ein genereller Ausib-iick für den
wilden Heiden =: H. hayuari.
121. Guhüri aus dem .\rab. — Die schwarze Schlange ist größer als
die i'ote und erschreckt manche schon zu Tode, wi>nn sie sich aufrichtet.
122. Hier dei- Lied VH 9 erwähnte Bedingungs.satz mit ca, im Nach-
.satz kda laut K. 5> 322.
124. \'ti;I. K. kürlhjn groß, lang.
PniKTz.F: : l?oi'misj)richwüit('i'. 1 '2 i
125. Ayö kanJcdle-wa ti helüka yäyin häho.
Ding llorn mit das Höhle gelit liinein nicht.
Was Hörner ti'ägt, geht in keine llöhU;.
Bedeutung: Wer etwas verübt hat, geht der Obrigkeit mus (h'iii Wege.
126. Tiyl bu-wa ti naiikäsuä-ya dihrhi bako.
Körper Blut mit der Kranksein das läßt niciit.
Solange man lebt, ist uiau auch Leiden ausgesetzt.
127. Afiyde zauiia, haryun-zu Alla.
Was auch immer wenn krankt, Mittel sein (Jutt.
In jedem Leiden ist Gott der Helfer.
128. Älla-ya huknrne ; ,it mä kinzöma.
Gott danke, er (ist) Geber.
129. Afiyae badizta, cerin.
Was auch immer wenn fing an, endet.
Alles, was einen Anfang hatte, hat auch ein Ende.
130. Afiyde cero fiofwma kaddfu nnzina däte-n.
Was auch Bauch Küchlein Habicht wußte bald.
Was im Kücldein vorgeht, weiß der Habicht bald.
131. Afiy^^ ^P'^ fokara-be mälum yiözina däte-n.
Was aucli Bauch der Schüler wußte l)ald.
Was in den Schülern vorgeht, weiß der Lehrer bald.
132. Ayo ati Alla mä nnyyäno: bärbu bdrbu-ya znbid?
Ding dies Gott auch wußte Dieb Dieb den er hat gegessen'.'
Das weiß der liebe Gott, ob der ein Dieb ist, dci- einen Dieb bestahl.
133. Gobelma beske kdn-ya cerayinT.
Eiermann Spiel Stein er liebt nicht.
Wer Eier trägt, hat es nicht gern, wenn mit Steinen geworfen wird.
125. Hörn K. kanyddT B. känyadi. — Höhle K. be.ldya B. buläka.
126. Zu tigi vgl. Lied VII off. tüyu. — Dibcin = K. deptiin v. demyin
ich lasse, ei'lasse.
128. Zu kinzöma vgl. o. 98. — Suktmie aus dem Ai-al).
130. Küchlein anscheinend nicht bei K., bei B. ßyöyma. — ])äte, hier
mit dem ortsanzeigenden Suff. «, s. o. 16.
131. Fokara arab., s. Lied IV 36.
133. Ei B, yibbd, nyubbel.
1 28 Priet7.e : Bornusprichwöi'ter.
134. Ayö kanieina crrayina ti. sT yt^nf siin-
Sachc Fielierkr.'uikcr er liel)te die, sie ist iiidit Ani^en-
zautä ina vf-rayö.
Leidender er liebt.
Was der Fieberkranke i;erii bat, ist nicbt das, was der Aiiu;eidvranke liebt.
Denn joner wiinscbt Feuer im Zimmer, dieser ITnebtct den Haueli.
Cileieb dem foliienden eine Parallele zu unsei-m ])lattdeutsc'ben : W'at
drn Knen sin Ubl is, is den Annerii sin Naciitiji;all.
135. Ayö hattii-kaUiiitainina crrayina ti, s7 yeiu
iSacbe Scblagen-Bauanvolleniann er liebte die, sie ist niclit
hattü-aryimma cerayö.
Sclilaj^en-Kornmann er liebt.
Was der BaunnvoUklopler gern bat, ist nicbt das. was der Kornwoi'fler liebt.
Denn diesem ist Wind so IVirdcrlieb, wie jenem abträglicb. Vül. d. vor.
136. Sini kanima sini heltu-ya cerayin hako.
Hirt Ziegenmann Hirt Hyäne die liebt nicbt.
Der Ziegenhirt liet)t niclit den Hyänenwärter.
St. ^
lliO Pkikitk: Hi)iiiu.s|»ricli\\ürt('r.
145. Kdiit niiui buko ti saida rKsklita ti n /a/ini.skiit, funtd, mit seiner ahweiclicnr Kegrnzeil.
So sjM'icht z. B. dei' Tronunlcr zu dem, von dem er eine itesonders
große Gabe empfing,
180. Gndi soha mei-he.
Arm Freund des Königs.
Der Arme ist der Freund des Königs (weil er von dies(>m nichts zu füichten
hat). Dasselbe Nr. 55 meiner Haussaspriclnvörter.
181. lieltit knro ngnhu-ya loäzina.
Hj'äne Fragen vieles nicht liebte.
Dasselbe wurde mir mündlich in der eiweiterten Form nn'tgeleilt;
177. Daharniskina wie kahimzina haben ihre Stämme dein Arab.
entlehnt.
178. Titkiir ist die in Festzeiten, nidit bloß im Kamadan, zuweilen
anberaumte Koranvorlesung, bei der die Ulcma abwechseln. Vgl. H. tükuri,
nach Mischlich Lesen des Koran in der Nacht vor dem Sallafest. Kira
und alemzei sind arab. Lclunvörter.
18L Vgl. K. ka.mngin (3. sg. kasattcin) ich willige ein, — Wöskina aus
wäniskina, s. Einl. z. d. Liedern. — Koro Inf, zu köreskin ich frage.
11^6 I'kikt/k: Hdiiiusprii-Iiwüitcr.
lielhi (pilziiia: (' ti aji-i/ar u-ro rlimhi kasiniishina, läkin
Hväne ^jiracli: Ich \v;us mich iininci' iiiii- tust icli .slinimtc zu, al)er.
käru üynlm ipöskina.
Die Ilväiic sai;t: Du dai-ist iiiii' tuu, was chi willst, alici- vieles Kräften
liehe ich nicht.
182. Gain kvrn ngubu-(ja wäzina.
Leopard JSchen viel das nicht liehte.
Der Leojiard niaji nicht lanj^e angcsehn werch'n.
183. fCadi ya/ara-uzü guhatä wäzina.
.Schlange Schwanz ihr Treten nicht liehen.
Die Schlange hat es nicht gern, wenn sie auf den Schwanz getreten
wird.
184. Köroma fdcikin hako.
F'rager geht verloren nicht.
Wer fragt, verirrt sich nicht.
185. »SV/« kdm-he mudi-nzu,
Auge des Menschen Maß sein.
Mit dem Auge mißt der Mensch.
Bedeutung; Kin jeder heaciite die Grenzen seines Standes und
seiner Kräfte.
186. liiri ti hnkii-ro wolzta, cero ti hiJkii-ro
Hrei der wertlos zu wenn er wird, Bauch der wertlos zu
irntztTi bäko.
wird nicht.
Wenn der Hrei im Preise ahnimmt, wächst der Bauch.
182. Gain wird nach in. (iewährsm. ^= mäziri (K.dzmhirina^ Vt.dzazrrma)
Leopard gehrauclit : (hxli \gl. B. «yäw Katze = K. m/rt/rt;>ö^M, M. ^aw7w/« (im
Haylnni hatii. im Manrlava pätii). Yaiv Sache s. d. H.-S])rüclie ülier den
Leoparden in Pll. u. T. 131.
18H. Zu (jithatn., dem 2. Inf. mit s. Konstruktion s. Lied XI 1 Anm.
184. Friaki/i bei K. pdtseyiii s. Ein!. /. d. L.
18.Ö. Mi7r/>\ IL mitfh/, entstammt wohl dem lat. iiiodius.
186. Der Dopjjclsinn von />oki/ wolilleil und h-ci' koiuilc in der ülicr-
setzung nicht wiedergcgel»cn werden.
Pkiktze: lJoriiusi>rifliwörtor. 137
187. Na?i(/oijnfli karmii yeni.
Krankheit Tod ist iiiclit.
Krankheit ist noch kein 'l\iil,
Uhcrtragen im Sinne von: Der Sciiwachc verzage in'eht. Aiieli ein
kleiner Heerhante kann einen großen ühcrwindcn.
188. Kam cambi'ma-wa H sT rnä raho-nzn-yn cürrn.
^Mensch sie gebaren den er anch AhnMehkcit seine ei' sieiit.
Wer auf die Welt kommt, erlebt, was ihm ähnlich sieht (bes. an seinen
Kindern).
189. Gälqngalö galo eidin hako.
Wilde Bohne Bohne macht nicht.
Aus einer Saat wilder Bohnen wächst keine echte.
Bedeutung: Geringes Volk bringt keinen Fürsten hei'vor.
190. Knlo funzia hela-nzü-ga hannazin,
Topf wenn überkocht Kopf seinen zerstört.
Wenn der Topf überkocht, schädigt er seine (bemalte) Oberiläche.
Warnung vor Zorn, mit dem man sich sell)st den größten Schaden tut.
191. Kam ti cero-nzti-ya siitcin häko zma-lan älulö znlnn.
Mensch der Bauch seinen er sticht nicht Messer mit Gerede er ißt.
Niemand sticht sich ein Messer in den Leil) und macht dann ein Gerede
davon.
Sinn: Von schlimmen Vorgängen im eigenen Familienkreise spricht
man nicht öffentlich.
187. Das ö in nandondi hat eine sonst dem Bornu Iremde /irkuni-
tlektierende Betonung. K. u. B. nur döndinyiu bin krank.
188. Der Plur. camhtma soll das Passiv ersetzen, für das K. u. H.
eine Reilexivl)ildung angeben. Für das wa dahinter fand ich keine be-
friedigende Erklärung. — Zu cabo s. o. 138 f.
190. 7a\ funzia vgl. \\. fiinyin {S. üf;. fiikts/n) gieße aus.
191. Zu sütciti vgl. Lied VII 7; K. sünyifi (3. Sg. snttcin) ieli schlage,
prügle. — Zu lan vgl. K.§ 306, wo unter dessen verschiedenen Bedeutungen
eine instrumentale sich nicht findet; vielleicht ist es auch hier lokal zu vcr-
stehn: spießt sich auf ein Messer. — Alolo, nicht bei K., soll dem II. h'räri
entsprechen, das dann freilich von der in Ptl. u. T. Einl. gegebenen Be-
dcutung etwas abweichen würde.
ll>8 1'iiikt/.e: l'uniuspricliwürlcr.
192. Iiiilu-yaf liiki :riiä-(jn litn kimlfi/i/nno ihiniliinti.
Wer ;uiarhiia-hr.
Ilineingehn Last mit, Hinausgehn Wulst mit, Markt der Diebe.
Ibrciii Ulli (lern Gepäck, hinaus mit der (leeren) Tragwulst, so geht's auf
dem Diel)smarkt zu.
ir>2. Auch im H. bedeutet rud Wasser zugleich Klinge.
195. llasara aus d. Arab. — :ehi/ro ist der Inf. zu zchariskhi ich wechsle
den Ort (nicht bei K.) =^ B. höriskin.
196. Für ijUa (=r H. .9an?<) hat K.ilän.
Prietzk: lionius[)iicli\vüiter. 139
198. l)iinia-)idr yluh /<^''" Iwlhi-Iir kallnlii kä/sii-fir
Welt unsere Wcelisel, Tuelitei' der Ilyiiiie K(.|p|(iirli I'ell von
ciyerifia ti,
l)and die.
Unser Leben ist \\aiulell)ar, sprach die Tochter der Hyäne, als sie sich
ein Kopftuch von Fett iinil>and.
199. Fänc ruiye, tata beltu-he kiiUju h(iisii-(/n
Wir fühlen, wir sehen, Kind der Hyäne Tobe Fett die
caMna ti.
es legte an da.
Probieren wir's an, sprach die junge Hyäne, als sie ein Kleid von Fett
anzog (das sie nachher aufzufressen wünschte).
200. Gdyo ti yeni, Ivyn te mä zän yti,
Hineingehn ist nicht, Heraiiskonnncn das auch schwer ist,
fäto heltu-he.
Haus der Hyäne.
jMan sehe nicht hinein, denn es ist schwer, wieder heiauszukoinuien —
heißt's vom Hause der Hyäne.
Ähnlich unser: In des Löwen Höhle hinein führen viele Fußtapfen,
aber keine heraus.
201. KasÜsv-n kasmit-n: (Jilinia kdmho-ya kasüsvaii.
Lachen mit Lachen mit: Aussätziger Blinden den lacht.
Lachen und kein Ende: Der Aussätzige lacht ül>cr Cn-w Blinden.
202. Kela füla-ica kdu-ya retein bäko.
Kopf Butter mit Sonne die vermag nicht.
Ein Kopf, der Butter trägt, hält die Soiuic nicht aus.
198. Zu yeyi vgl. yarma Lied XIV 61. — Im H. werden der Jungen
Hyäne unter den nämlichen Umständen die Worte in den Mund gelegt:
Mun cl, mun kosi, hal mun yi kallahi da kize — wir hai)en gegessen, sind
satt geworden und haben schließlich ein Koj)ftuch ans Fett gemacht. —
Also: Erst Hunger, dann «/antazia«. Ganz ähnlich Hartniann von Aue:
So dm katze frizzet vil, zehant sä hevet st ir spil.
199. Um die Anwendung zu erläutern, deutet Gewährsmann auf Fälle,
wo europäische Mächte orientalische Länder besetzten, um Ordnung zu
stiften, und nie wieder herausgaben.
201. Gelächter K. kasutü, B. kdsvtü. — Aussatz K. dtdi. — Blindei-
K. kdmpü.
202. Reicin entsjjricht einem rdktsiu bei K. n. rdnyin ich kam. \'gl.
Einl. z. d. L.
14(( I'iiiki/.k; IJtiriiu.siniiluvörUT.
So wild z. Ii. rill Dirl) mit ilriii gostulik-iieii (jcgciistaiHl niclif unter
die Lenk' {;ehn.
203. Kedm arifim-ya wazin häko.
Milch Hii-se die li.'ißt iiiclit.
Die Milch ist (hr Hirse nicht feiiid (weil sie stets mit ihr /usaiiiiiien f;e-
küclit wird).
Also : Gleich imd gleich gesellt sich gern.
204. Täta mei-be ndnkirmei wäzin hako.
Kind des Königs Königtum haßt nidit.
Das deckt sich mit dem Haussasprichwurt:
Da-ii sdriki hai-ya ki-n sarduta,
Bedeutung wie heim vorigen.
205. Ati ti karambani mare: Um tiloma Mm C(Zin.
Dies da Fürwitz völlig Auge eins hahciid er tötet.
Das ist der vollendete Übermut: Der Einäugige kneift sein Auge ein.
Dies gilt z. R. von dem, der wenig besitzt und auch das noch ver-
schleudert.
206. Kdre nüi hatdli-ga kwnlzi.
Last ist gestorben Wulst die hat verlassen.
Die Last hat ein P^nde, hat die Tragwulst zui-ückgelassen.
Daiu'lien die Lesart: linlei mii-ya-yae hatdli-ya kicnlyymo mag der
Kiug dahin (gestürl)en) sein, die Wulst ließ er zurück.
So von einem totgeborenen Kinde, auch von Fällen wie »Hans im
Glücke«.
207. Kanadi mare sim :dnta-ga.
Geduld völlig Auge Krankheit.
Bei. schlinmiem Auge vor allem Geduld.
■2'i3. K. schreibt kcam B. kiäm. Ks liegt hier in der Tat kein [lala-
tahs k vor, sondern ein konsonantisches e, wie im H. in ram Kinder, das
Mischlich yaya sehreibt, auch in IL kedu Schönheit (Mischlich Av'o, kjm, kyro).
204. Bei K. heißt schon khmei Königtum.
205. Marf; ist ein liei K. nicht genanntes Verstäi-kungswort, s. u. ■2(17
imd Lied XIV 6, 14 f., wo es ebenfalls wie in 207 mit kanadi verbun-
den ist.
207. Zu innre s. o. 205. — Zu dem 2. Tnf. zniitn s. Lied XIl Aiim.
Priktze: Bornuspi'iehworter. 141
208. Dildm ti si mä kiri-ya o'zo.
Begiei'ile die sie aiicli Hund den tötet.
Die Gier ist es, die den Hund ins Verderluii l)ringt.
209. Im laijä dilüli nandilali-ya wazin, im kulyu mei-he
Tag gewissen Makler Maklertuin das liaßt Tag Tolie des Königs
cukunna ti.
fiel da.
Es kommt vor, daß der Verkäufer seinen Beruf haßt, näinlieli wenn iliin
ein Königsrock entfallen ist.
210. Inkt karyün kannü-he, kd?mu karyim käUm-he, käliin karyi'in
Wasser Mittel des Feuers Feuer Mittel des Grases, Gras Mittel
inki-be.
des Wassers.
Das Wasser ist ein Mittel gegen das Feuer, das Feuer gegen das Gras,
und das Gras wieder gegen das Wasser (als Grasdach, das den Kegen
abhält).
211. Inkf söha kida-he.
Wasser Freund der Arbeit.
Denn es ist, auch abgesehn vom Trinkbedürfnis, für die vei-schiedensten
Arbeiten erforderlich.
212. BÖyu nanyila kädi-he.
Vergeblich Schönheit der Schlange.
Denn alle Welt haßt sie trotzdem.
Ausdruck der Stimmung eines unterjochten Volks gegen das herrschende,
das sich beliebt machen möchte.
213. Fero keldnzi-he M-ya. ziyindim huko.
Tochter des Skorpions sie du wartest nicht.
Des Skorpions Tochter mag man nicht warten.
Der gewartete (auf dem Rücken getragene) Junge Skorpion ent-
spricht imserer am Busen gehegten Natter. Fast gleichlautend das H.-
Spiichwort in Pll. u. T. 67.
209. Der dilali (arab. Lehnwort) trägt auf den Schultern eine Anzahl
Stoffe, die er zu verkaufen beauftragt ist; hat er ein kostbares (iewand
verloren, so ist seine Verlegenheit groß. Bild für- jemand, der ül»ernoni-
menen Pflichten nicht gewachsen ist.
213. Daß der \'olksmund dem Skorpion weibliches Geschlecht beilegt,
ergibt sieh aus seinem Namen Mairo := Mirjam s. Kinl. z. I'll. u. T.
1 1 2 Prietze : Rornusprichworter.
214. AlkiiiiKi ti hdli inki-ya ziyei häko,
Weizfii (Ut WesL'ii iif dakeri-ni
Hund sprach: Sache verdeckt die des Hundes ist nicht; Teil mein
kitd, kwal/' cidiya-n riiskin.
weini, laß Boden an ich sehe.
I)<'r Hund sagt: "Zugedecktes ist nichts für den Hund; wenn es \"\\r mich
sein soll, laß mich's hier unten besehen.
219. Aß lamho-nem'^ hattu kaya-he közina nanzdu.
Was Geschäft dein? Schlagen des Stockes es übertraf Heftigkeit,
(Die Frage) Was geht's dich an? wirkt stärker als Stockprügel.
214. Alkdina und hdli sind bezeichnend für die An])assung ai-abischen
Lehnguts an den heimischen Lautbestand.
210. Rnko wird nur durch H. tare wiedergegeben und ist vielleicht
identisch mit K. rdkko =: riyht, straiylit^ pfain. M. schreibt rnko-n.
217. hiko m K. löyö (H. röyo). — Zu kdtoho s. o. 201.
21.S. Zu dnkpri vgl. 20.
219. K. läiiilii\ Idinltö Angelegenheit. — Die beli'. ^Vcndimg im 11.
lautet hülm ruaiika, wörtl.: nicht dein Wasser.
Puietzk: liornu.si)rii'hwörtef.. 143
220. Ci ti si te mü kädi-ya cMö.
Mimd der ei' dei- ."uicli Schlaiif^c die tütet.
Ihr Mund ist es, der die Schlange ins Wrderbcn stüi-zt. \'u;h 208.
221. Na ti zikkacia-yae kalyivm ti belaka-rö yäyin
Ort der wenn gedrängt wenn auch Kamel das IL'ihle zu geiit liimiu
l)üko.
nicht.
Das Gedränge mag noch so groß sein, das Kamel wird doch in keine
Höhle gehn.
Angewandt auf stolze Fürsten, die auch hei größter Bedrängnis nicht
in sehimplliche Flucht willigen wiii'den.
222. Komäynm deraiia-yae Milo tilö-ya közina.
Elefant wenn ahmagert wenn auch Topf einen iihertraf.
Auch ein magerer Elefant füllt nicht bloß einen Topf (sondei-n mindestens zehn).
Ebenso Nr. 84 meiner II. -Sprichwörter: Bild für den Großen, der
auch in der Not mit eignem Maßstabe gemessen sein will.
223. KurU sivfi-he-yäe da komayum-he kiiieri-
Sehen des Auges wenn auch Fleisch des Elefanten Erdeichhorn
wa yade yade.
nu't anders anders.
Auf den ersten Blick sieht man, daß das Fleisch des Elefanten von dem
des Erdeichhörnchens verschieden ist.
Bedeutung: ^'ornehm und Gering sind leicht zu unterscheiden.
224. Kineri woledi komayum-he yerti nanyanä-nzn-
Ei'deichhorn Knecht des Elefanten ist nicht Kleinheit seine
n-yae.
mit wenn auch.
Das Erdeichhörnchen ist kein Knecht des Elefanten, so klein es auch ist.
Bild für die Selbständigkeit des kleinen Mannes auch dem Mächtigi-n
221. Dem anderweitig nicht belegten zikkacta soll als Subst. im II.
ki'unn entsj)rechen, das nicht bloß, wie bei Miscldich, \Val(l heißt, sondtin
überhaupt Menge, Hanlen.
222. Komäyiiiii --= B. komäyun, komäun, K. kainäynn, ka/iiäun Elefant
ist lautlich leicht zu verwechseln mit kumüym lloru'g r K. keinäyea. — Zu
derazia vgl. 172.
223. 224. Zu kimri s. o. 51. — Zu dem ursprl. aiab. woledi od. wpMi
Diener im Gegensatz zu kalia Sklave vgl. Lied VII 1 u. 10.
1 1 j Prietze : Borniisprichwörter.
225. Manfuhdn ti weledi kur(iin-lif i/rni väho-n nainja.
Urol (Ut Knecht tles Krokodils ist nicht Ähiihchkcit mit wegen.
Der Trol ist darum noch kein Knecht des Krokodils, weil er so aussieht.
Sinn: Der Schein trügt.
226. Induyae kcla asali-nzü-he deyt'i.
Wer auch immer Kopf Ursprung seines Meiht.
.Iidir lileiltt, wie er i;eartet ist (l)erulit auf seiner (jrundlage, im liösen
w'ie im guten).
227. AyÖ dzeb-he: kadi kela keska-be zebet.
Ding des Staunens: Schlange Kopf des Baumes steigt.
.Merkwiirdig, daß die Schlange auf einen Baum klettert (ohne Beine, zu hahen).
IJild für den Emporkömmling.
228. A(/o kunki'ina-be ti ai/i kiinkünabü-bF.
Sache des Geldes die der Geldleute.
Was Geld kostet, ist für die Reiehcn.
229. Fer^ zezö kidomä-he könümma.
Pfei'd. Töten des Feldhesitzers du übertriffst.
IMerd, du ])i.st zu teuer, als daß der Landmann dich töte (wenn du sein
Feld verwüstest).
Siiui: Die kleinen Diebe hängt man, die gi'oßen läßt man laufen.
230. Ka//i cero-nzü kacdya-wa ti retciii iiöhtin häko.
Mensch Baueh sein Lairze mit der kann setzt sieh nicht.
Wei- eine Lanze im Bauch trägt, kann sich nicht si'tzen. \'gl. i^530.
Sinn: Wo Krieg herrscht, hat niemand Ruhe.
231. K'inemn yafarei bako-wa ti st mä klM-ya zuhn'i.
Stier Schwanz nicht mit der ihn auch Fliege 'die ißt.
Kinen Stier, der keinen Schwanz hat, stechen die Fliegen.
225. ^Veledi s. 223. — Maryubdn s. 106, 107. Zu caho-n vgl. Lied IV 9.
22(3. 227. Asali u. dzeb sind arab. Lehnworte.
228. Knnkünabn pl. zu kunkunama Geldmann vgl. K. § 40.
2.>0. Retrin = K. raktsin, nebcin = K. ndptsin.
2'M. A7n////« dei" lasttragende Stier. Vgl. \i . kayiia mö ]^\\\\Q . \^. kanento
verschnittener Stier ist nach meinem Gewährsmann uiu'ichtig. Sehr auf-
fallend ist hiei- die Verwendung von ya zur Bezeichnung des nac.ligestelllcn
Subjekts, während es nach K. als ( )l)jekt.ssuffix anzusehen ist.
Priktzk: Hornuspiicliwörtei'. 1 1')
232. Käjjio Ji'oa häko-a ti inäna-yu ('eliiifin häko.
Frau Mann nicht mit die Wort das konnnt licraiis nicht.
Enie Frau, die keinen Mann hat, entgeht nicht dem (i<'re(h'.
233. Ma/ynhdu kam cezina si-ya yiryäzin häko, kam liiliiina-
Ui'ol Mensch er tütete ilni zi\rnt nicht, Mensch llän^ei'
nzü-ya yiryäzin.
sein den zürnt.
Dem, der ihn erlegt hat, grollt der Urol nicht, wohl alicr dem, dei- ihn
übergehängt trägt (als Jagdbeute).
Bedeutung: Man ist oft mehr empöi-t ül)er den, der ein schlcdites
Gerücht vveiterträgt, als über den. der es aufgebracht hat.
234. V inä nöyesko, zoll sdbtu kidinia ti.
Ich auch weiß, Narr Auftrag als er getan iiatte da.
O ich weiß schon, sagte der Narr, als er eine Besorgung übcnidninicn
hatte (ohne sich sagen zu lassen, worin sie bestünde).
235. Salam alekum, zoli kasüyu zubnnia ti.
» » Narr Markt als er gegessen hatte da.
Friede sei mit euch, sprach der Narr, als er einen Einkauf gemacht hatte,
d. h. er benahm sich, als ob er es mit Gastfreunden zu tun hätte.
236. Darä-be-n yäyiskin, zoli kamo kidinia ti.
Woher ich gehe hinein, Narr Fi-au als er gemacht hatte da.
Wie finde ich nur Zugang? fragte der Narr, als er ein Weib genommen hatte.
237. Dibi kam layd ndnya-rÖ dibi-nem tarn in.
Böses Mensch ein gewisser wegen Böses dein du hältst.
Weil ein Anderer etwas Böses hat, hältst du fest an deinem Bösen.
Ist z. B. ein Volk stark gerüstet, so nniß auch das benachbarte es sein.
238. Gila-ya fandemnü, dibi-ya kwaUin bako.
Gutes das du fandest nicht. Schlechtes das du läßt nicht
Solange man nichts Besseres gefunden hat. werfe man .las Schleclite
nicht fort.
233. MaryiMn s. schon 53, 106, 107, 225. Da er laut 53 sehr schwer zu
töten ist, darf man keinen Anstoß daran nehmen, daß der einlegte hier nocli lel)t.
234. NiJyesko für nönisko ist ein Beleg der bei K. zahlreich vei--
tretenen Relativkonjugation, vgl. Einl.
235. Zubünia, vom Gewährsm. znbvnnia geschi-ieben, maclil .len Kin-
druck einer hybriden Form, ^'om Peif abgeleitet, müß(e es znbniyu lauten
(vgl. 267), vom Aorist (w. o. kidiniu) etwa kibvnia.
Mi«, d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. 111. Abt. ^^'
1 li; Prikt7-e: Bornuspiichwörter.
239. Kf'kira yedi-he kasitifu-ija (UzT.
Wdlke des Ostens Markt den hat gcniisclit.
Kine Wetterwolke vom Osten hat den .Markt in W-rwirnnii; u,thraeht.
IJihl fiii- die verheerende Wirknnu; a-nnm-yn zühidya, nl yr kela-itnm-t/a
Feuer das Kopf Freundes dein wcim ißt, du auch Kopf deinen
iiiki sammL
VVa.sser reibe.
Wenn das Feiu;r den Kopf deines PVeundes vei'zchrl, bcuelze den deinigen
mit Wasser.
■JH;^. Kögeiye 1. PI. Aor. v. köniskin, — Das aiali. hnras wird als Aus-
satz, bald als Iriikn vitiliyo angegeben, bedeutet im Sudan die ersten weiß<>u
Ausschläge.
264. N/-ro (jidycda^ sie sagten es ihm, erwiderte mein Gewähismann,
als ich ihn auf den Widerspruch hinwies.
265. In der Regel wird in Bornu Ala geschrieben und gesprochen,
im II. Alla.
266. Bdka im U., dem es entlehnt ist, höka.
267. Zu sammc vgl. K. .sdnujin reibe; im 11. -t= .fö/a.
Pkiktze: I5oriius|)rirlivvürter. 151
268. Kam käsi-niua lptn-. Einl.); die Wildnis versinnbild-
licht (be Macht des Königs, die alles tunfaßt, wie die Wildnis ilu-c Tiere.
•J74. Riöa gehört zu den arab. Lehnwörtern, die im Sudan ihren
.■'. K.idikal einbüßten.
27H, Kid/'k s. auf d. \(irletzten S. meiner Aliliandl. über d. spezifischen
N'eistärkungsadverbien im II. u. ßornu. .lahrg. XI dieser Mitteibuigcn, wo
I.autcharakter u. Ton näher erörtert ist. — Zance is>t dem IL entlehnt
278. Statt kakd (aus d. IL) auch diko, wie Gewähi-smann sclireibt.
•2H0, Nahteram. aus d. Inf. iiahbi v. namni>ikin sitze, mit dem SufT. ram
geliildet, -;=IL ma::amua. Vax yiri vgl. I'll. u. T. 139.
Prfetze: Boi'iHispricIlwörter. 153
281. h'riqfin n/a n/'i-hr-i/ne.
WoliIer^(>liri Mutter vvovuu aiicli immer.
Gesundheit ist die Vorbedingung fiii' nlles.
282. Kamo gäyü-he riötü zau-ioa.
Frau des Rahen Erkennen Schwierigkeit nn't.
Des Raben Weib ist schwer zu erkennen.
Sinnbild für die Schwierigkeit, ins Innere der Natur einy.udiingen,
vgl. 53. Auch als Täräri-n sarahma angewandt. Über die eigenartige
Fortpflanzung des Raben s. Pll. u. T. 111.
283. Dihel Icela inki-be nötii zau-wa.
Weg Kopf des Wassers Erkennen Schwierigkeit.
Der Weg übers Wasser ist schwer zu erkennen,
Gleichfalls ein kiräri-fi sarähuna: Bei Hofe scheitert man leicht.
284. Waticma Ttam laya-he rayoma kam laya-he.
Feind Mensch eines Freund Mensch des andern.
Der Feind des einen ist der Freund des andern.
285. Ayö ci-he ciyerina ti, müsko-yä katk'erin bako.
Sache Mundes er band die, Hand die sie überwältigt nicht.
Was der Mund gebunden hat, ist nicht zu stark für die Hand.
Sinn: Was ausgemacht ist, läßt sich durch Zahlung odei- sonstige
Leistungen wieder rückgängig machen.
286. Ate mä M yo: düno kdryu-he dünn tüyn-he häko.
Dies auch es ist: Kraft des Herzens Kraft des Leibes nicht.
So steht es: Herzenskraft bedeutet noch nicht Körperkraft. D. h. man kaiui
etwas leidenschaftlich wollen und doch nicht imstande sein, es zu vollbringen.
287. j Phiki/k: Il«>iini.s|(ricli\v('ir(ci'.
Jlcdtiilmiu: M;m dail" sicli niclit scliciicii, gegen jciii.iiul aiieli in seim-ui
Beisein tlie W'alulicit /n sagen.
Fast el)enso Nr. 4 meiner ll.-Spi-icliwürter; das Hild ist vom Vcr-
spfiscn eitjes Hanmielkojifcs licrgcnommen. dessen Angen noch (jflcnstelin.
288. Fni/nl kau zatöina.
Wolke Sonne Ijcdeckcnd.
Bild t'iir den Sieg des Größeren iil)cr das Kleinei'e.
289. Ai/n kdm-be si-ya katkerim bäkn.
.Sache des Menschen ilni überwältigt nicht.
Was der Menscli l)esitzt, ist nicht stäi'ker als er. Kiii llen scher z. H. hal
CS sich selbst zuzuschreiben, wenn er nicht seines Volkes Ileri- bleil)t.
290. Rnskini faniskini ni-ka dakaricina indü-wa-yae.
Ich sah nicht ich hörte nicht dich es teilte wem mit auch
Die Wolle »ich habe nichts gesehn und geluut« machen dich von einem
jeden frei. Denn wenn du keine Auskunft geben kannst, wird man dich
in Ruhe lassen. Vgl. 146.
291. Nato ci-he näto knlo-he köHna.
Säen des Mundes Säen des Feldes übcrtrilTt.
In den Mund zu säen ist l)csser als auf den Acker.
Sinn: Man l)egünstige die Seiin'gen; der König z. H. gebe lieber seinen
Söhnen hohe Posten als Fremden.
292. Kiska kicima ti helangu-nzü-n H-yn nönimhi.
Baum Angenehmes habend der Blüte sein an ihn du keimst.
Eieie Pflanze, die Gutes in sich hegt, erkennt man schon an (h'r Blüte.
So z. B. einen Herrscher an seinen ersten Taten.
293. Ate mä, H yo: hoji hökä-ya cezina.
Dies auch es ist: Tanz den Arzt tötete.
S(i ist's: Der Tanzrausch (welcher Heilmittel suggerieren sollle) bat den
Arzt umgebracht.
Bild für ein Hinausgehn über die Kraft.
2SH. Fayol lautet l)ei ]i.Jayäii. bei K. /«//rw.
■JSO. Katk'Fnm s. o. 28.5.
290. Zu dakaricina vgl. 241.
21)2. Brlanyn scheint bei K. ii. B. zu fehlen.
2lti5. Zu hoH -^ H. hnri vgl. Mischlieh: Hon 1. ein Sjiicl. bei dem sich
die Leute auf das Gesäß fallen lassen und dm. als ob sie von einem bösen
Priktze: Hormispricliwöitei'. ISf)
294. A(f(l (izeh-hc: käzim fi'r-ijn znhui.
Saclie des Staunens: Gras Pferd das liat gefressen.
Unglaublich: Das Gras hat das Pferd gefressen.
So ist es z. B. verkehrte Welt, wenn Untertanen den P^"iivst<'n sliirzen.
295. Kiri, letü kaTce-iiein yenl, sdbara (limin.
Hund, Gehn Besitz dein ist nicht, Vorbereitung du machst.
Hund, es ist gar nicht deine Reise, und doch triffst du Vorbereitungen.
Diese Worte wenden sich an den Hund, der seinen Herrn umspringt,
um mitgenommen zu werden, und im übertragenen Sinne an den, der sich
mit fremden Angelegenheiten ebensoviel zu schaffen macht, als wären es
seine eignen.
Ähnl. Ptl. u. T. 133 am Schluß, der yerinim lauten muß.
Geist besessen wären; 2. der Geist, der die ßorispieler ergreift. L.iut
meinem Gewährsmann ist hori ein bis zur Raserei gesteigerter Tanz, der
von Haussafrauen, namentlich in den Monaten Rejeb und Saaban, jedoch
auch zu anderen Zeiten, geptlegt wird. Um sich in »Stimmung« zu ver-
setzen, atmen die Teilnehmerinnen zuvor Dämpfe ein aus einem Becken,
das auf glühenden Kohlen verschiedene, an die Hexenrezejjte im ISIacbeth
erinnernde Ingi-edienzien enthält: Kolben eines zdhre genannten Rohrs,
Geierfedern, Exkremente des tunhi (s. Ptl. u. T. 125) u. dgl. Hierdurch
erregt und halb von Sinnen, springen sie, nur mit einem llüfttuch bekleidet,
höher als einem nüchternen Menschen möglich ist. Saitens])iel auf goge^
mölo oder gurumi steigert die Ekstase; zu Musikern werden in der Regel
Blinde gewählt, damit die Orgie männlichen Augen entzogen bleibt. Da
die Tanzenden sich immer höher und höher schwingen, um sich jedesmal
rücksichtslos niederfallen zu lassen, kommen nicht selten Verletzungen vor,
ja bisweilen Todesfälle; doch erklären sich diese wohl eher aiis der Nervcii-
überspannung. Gewöhnlich indes sollen die Folgen günstig sein; die Er-
schöpften verfallen in einen langen Schlaf, aus dem sie wie neugeboren
und oft von vorherigen Gebresten befreit erwachen. Soweit jener Trance
nicht vSelbstzweck ist, erwartet man in ihm Offenbarungen unfehlbai-er Heil-
mittel, sei es für sich selbst, sei es für andere. Dies ist der (^rund, wes-
halb, wie hier im Sprichwort, höTca der Arzt (vgl. 266), der meistens selbst
eine Frau ist oder sich im Hüfttuch unter die Weiber eiiischwärzt. mit
Vorliebe an solchen Tänzen teilnimmt.
Für den Ausgangspunkt des Bori hält M. das Haussagebiet, wo er
namentlich in Kazena und Zatizau im Schwange sei, ganz besonders al)er in
Maradi, also im Norden, nahe dem alten Staiimisitz des Volkes. Von dort sei er
auch zu den Tuareg übergegangen. In Bornu finde er sich nicht, sonst
aber soweit die Haussa sich verbreitet haben, auch hier in Kairo. In Kaiu)
solle er jetzt gegen gute Bezahlung als Schauspiel für die Europäer aus-
geführt werden.
295. Zu sdhara vgl. K. sahrangin ich kleide, rüste.
l'ti't rnihi/K: HoiimsjMirliwürtor.
296. Mann lurt/ij-tii' si tf mä mei-yn /a/i:hi, i/an/rfn .'/J,'"'-
W'tiil erstes es das aiicli Köiiif; vv liört. rolj^endes ist iiielil.
I);is erste Wort ist es, auf das der Köiiij; h("n't, nielit das lolgendc.
Ks handelt sieh um das Geriehtsverfahren: Das erste \'erliör nimmt
dir Könij; vor; alsdann wird der Angesehuldif:;te zum Kadi geschickt.
Ändert er dort seine Aussage, so wird auf die erste das größere Gewicht
gelegt. Verallgemeinert: Kine erste Darstellung pllcgt richtiger zu sein als
eine spätere.
297. (''To dübu-n-yae kiri kuina-nzü-(/a nniina.
Leih 1000 in wenn auch Hund Herr seinen erkannte.
Aiirli unter tausend Leuten kennt der Hund seinen Herrn heraus.
298. Zehel kürugu kargün kaii gand-he.
Weg lang Mittel Vorrats kleines.
Kin weiter Weg schreckt Leute ab, die mit wenig Proviant versehen sind.
Am-h im politisclien Sinne gebraucht: Eine Großmacht ist sicher vor
.XngrifVen der kleineren.
299. Bade andi-ro dimmi da hafuna inki-nzn
Daß (nicht) uns du nicht machst Fleisch es reifte Wasser sein
kill.
uiueif.
Kiclite uns kein gares Fleisch mit luigarer Brühe an.
Die Mahnung richtet sich gegen den, der Unfertiges als erledigt be-
liandelii will, z. B, gegen den Herrscher, der ein Land für annektiert er-
klärt, Itevur er es erobert hat.
300. Biri dabo büne-he kargün dilammä-be.
Brei Mitte der Nacht Mittel des Gierigen.
Brei um Mitternacht schützt vor dem Schmarotzer (dem Nachbarn, der sich
ungebeten zu Abend einstellt, um an der Mahlzeit teilzunehmen).
301. j\lei gt'dm-be mei dum/ma-ga koHna.
König vieler König starken übertrifft.
Wer über viele herrscht, ist mächtiger als der Schneidige. Der König von
Montenegro z. B. ist laut M. bei aller Tapferkeit seiner Leute dem von
Serbien nicht gewachsen.
■JJtfi. Zu hergäbe., dargßye vgl. K. Gr. § 46. Danach kann deregehe so-
wohl den zweiten als den letzten bedeuten.
29f>. Bäfuna steht hier im Widerspruch mit dem Spracligeltrauch v.
Mango in relativem Sinne; man würde bäfuna H erwarten.
300. Dem dilamma als »Nassauer« entspricht im IL mikwoldma.
Prtetze : Borniispriehworter. 1 57
302. A?nalid fh-ya lihan'i kiiä, karf (jota-ya kTihiiui.
Braut Pferd das iiiclit besteigt wenn, Last Aufnahme dir übertrilVt.
Auch wenn die Braut nicht zu Rosse sitzt, ist sie doch mehr wert als die
Träger des Brautschatzes.
So bedeutet z. B. der König, auch wenn er zu Fuß geht, mehr als
alle seine Reiter.
303. Bäko hako-yae mei ti kfyro zlhä-ya
Nichts nichts wenn auch König der Esel er bestieg den er
közina.
übertrifft.
Ein König ganz ohne Reittier steht immer noch höher da, als wenn er t'inon
Esel bestiege. Vgl. 24<>.
Auch dies ist ein kirärl-n saräkuna als Symbol iliics Chai-akttT inde-
lebilis.
504. Nanyila kulo-he aryim.
Güte des Feldes Getreide.
Der Wert des Feldes besteht in seiner Frucht.
Zur Form vgl. 6. Anwendung in ethischem Sinne.
305. Tata na lya-he od, tata yila ti na Tya-nzü-be {na »Ort« hier modal).
Sinn: Wie das Kind, so die Mutter; ist das Kind schön, so auch seine Mutter.
306. Müsko mdyo-he müsko yutdlyo-he.
Hand des Nehmens Hand des Wiedergebens.
AVas man entlehnt hat, muß man zurückerstatten (nicht weitergeben).
307. Kalia kanadima si te ma nantata cufandm.
Sklave geduldig er auch Kindheit er gewiiuit.
Ein Sklave, der beharrlich ist, erlangt auch die Freiheit.
302. Amal/'d ist dem H. entlehnt. — Zu yöla u. s. Konstruktion vgl. 287.
Es handelt sich hier um den Brautzug, der die gesamte Ausstattung mit
sich führt. Die Braut reitet voi-an, die Träger folgen nu"t der Last auf dem
Kopf.
303. Bemerkenswert hier die konjunktionalc Verwendiuig des Nomi-
nalsuffixes ya.
306. Yut^lyo ist Inf. des bei K. nicht angegebenen yutulyiskin, das dei-
Form nach eine IV. (Kausativ-) Konjugation zu linyin konune hervor sein
köiuite, falls die Annahme der Synkope des T zulä.ssig ist.
307. Diese 2. Bedeutunsr von täta s. auch 119.
1 5S Prik r7,K : Borimsprichwörter.
308. K(trainh(iniina /er iinH-hl^ ritimm, ynHiiKi:
\'iir\vitziger Pferd des Köniu;s du liast nicht u;esc'liii, spr.iL-li:
Rusken i-yae rem h i'iskin .
Ich snh nicht wenn auch ich bezahle.
Kin Faselhans, den man fragte, ob er das (vermißte) Pfei'd des Künii;s
nicht gesehn hätte, sj)rach: Ich habe es zwar nicht geselm, will es aber
bezahlen. Ahnlieh 2154 fl",
309. (Wo hmö-be kalyi-i/a namzei.
liauch der Schwäre Dorn den sie zerbrachen.
Im Geschwür hat man (noch) einen Dorn abgebroch<-n. \'gl. 14.
Sinn: Ein Unglück kommt selten allein.
310. Ka7n sim kurügv-wa dätr-n so hadiitn.
Mensch Auge lang mit früh Weinen beginnt.
Der. dessen Augen tief liegen, muß früh anfangen zu weinen (weil seine
Tränen einen weiten Weg zurückzulegen haben).
Angewandt z. B. auf den Armen, der sich beizeiten ])lagen nniß, um
die Steuer (vgl. Lied XXII) entrichten zu können, wälu-end der Reiche
ohne Mühe zahlt.
311. Kam nansöha dägel-ira cidia, kaiya-nzü rölin
Mensch Freundschaft Alle mit wenn macht, Stock sein haftet
liäko kiskä-lan.
nicht Baum auf.
Wer Fi-eundsehaft mit dem Affen macht, dessen Stock bleibt nicht auf dem
Baum hängen (wohin er nach Früchten geworfen wurde).
übereinstimmend hiermit Nr. 79 meiner II.-S])richwöiter, wo als Be-
deutung angegeben ist: Wohl dem, der einen (üchtigen Genossen hat.
312. Nangüdi nantata yuteUjin hako.
Armut Freiheit holt heraus nicht.
Freie (ieburt wird durch Armut nicht aufgehoben. Fast gleichlautend
Nr. 1 1 meinei- H. -Sprichwörter.
313. GalunyalÖ, nanzdu kake-nem gf-w? girgänemi.
Di'üsenknotcn, Krankheit Besitz dein ist nicht, du zürnst.
DriiscMgcschwulst, du hast mit der Krankheit nichts zu sehaffen. und il-Ai^
ärgert dich.
.■>(JH. Kardmhani vgl. 205.
810. Zu date-n vgl. 1() dat{f-ga, 130 f. däie.
312. Zu »atituta vgl. 307, zu yutelgiu 41, 82. 30G.
3i;5. Laut 1S9 bedeutet ^«/////yw/o in-spT-ünglich wilde Buhnen. — Ziu-
Form d»'s Spriehworts vgl. 295.
Prtetze : Bornusprichwörter. 1 59
Es hamlelt sich um die Fälle, wo einem Geschwür eine Diiiseiiimf-
treihung an andrer Stelle entspricht: in der Acliselhöhle, wenn es an ()l)ern
Extremitäten, in der Leistengegend, wenn es an den untern eintrat, an
der untern Kinnlade, wenn es sich auf dem Kopf hefindet. Diese Mit-
leidenschaft eines abseits liegenden Teils wird als Eifersucht hingestellt imd
als Bild fiir die durch Auszeichnung eines andern gekränkte Eitelkeit ver-
wertet.
314. Lifedi, ydfana dilali-be könümma.
Wattenpanzer, Schulter des Verkäufers du gehst vorbei.
W'atlenpanzer, du reichst hinaus über die Schulter des Verkäufers (auf
der er beim Feilbieten zu tragen wäre, vgl. 209).
Bild für das, was über die Kraft geht, vgl. 293.
315. Karambani kani-he heltu-ga zegindo.
Vorwitz der Ziege Hyäne wartet.
Dei- Vorwitz der Ziege lad sich eine Hyäne auf den Rücken. Vgl. 213.
316. Kam dakare-nzü Icökotü-lnn kwale-ga fiDiz/m bäyo.
Mensch Teil seinen Prügeln von laß das er hört nicht.
p]s hört kein Mensch auf (den Ruf): »Laß ab (vom Streit),« bevor er nicht
seine Tracht Prügel erhalten hat. Vgl. 57.
317. Ci-nem züibimmt kud, sumo-nem harne.
Mund dein du nimmst nicht in acht wenn Ohr dein verstopfe.
Wenn du mit deinem Mund nicht auf der Hut bist, so verstopfe dein Ohr.
Vgl. 140.
318. Na tote-n na yiriwa son, targüna yangä bära-ya fanyania
Ort jener an Ort Antilopen ganz, Hase Tronmiel Jagd die als er
ti.
hörte da.
Da driihen sind die Antilopen alle, rief der Hase, als er die .Tagdtrommel
hörte.
Bild für den Versuch, eine Gefahr von sich auf andere zu lenken.
Vg'. 9(5.
316. Zu dakari vgl. 20 u. 83. — Ein dem \nL kökotü entsprechender
kökoniskin, kokonyin fand ich nicht bei K. u. B. Hinter dem Inf. feiilt das
be des Gen., wie es in der Regel vor einem 2. Suff. ausMcibt. — Zu ya an
einer Verbalform vgl. 57 u. 326.
317. Zu zilihimmi vgl. 246.
318. Son^ das ganz, alles bedeuten soll, ist wahrscheinlich das verall-
gemeinernde .w bei K. § 37, versehn mit dem Adverbien bildenden Suftix w.
](',() Phietzk: I{iiiiiu.s|iiicliw("iter.
319. Afi-i/ai itiinihiil slm-unii-ya iminhül .sim- delam ye ^'^y^f
Scham sowohl wir kamen heraus, Gier als auch wir kamen hei'aus,
kiirriiiia sota cidinta kusdtto-nze-ro.
/aubei-er Braten als er gemacht Gast seinem.
Sowohl Scheu als Gier hätten wir hinter uns, sprach der Zauberer, als er
seinen Gast mit Braten bewirtet hatte.
Unter Scheu versteht der Hexenmeister die Bescheidenheit des Gastes,
unter Gier seinen eigenen Fleischhunger, wie er ihm als einen Werwolf
(H. inäyc) zugeschi'ieben wird.
(leuähi'smann wendet den Spruch auf die Kiuigiuig um Tripolis an,
W(» Italien luuninell die Herrschaft und {\vv Sultan liaies Geld genouuueu
habe.
323. Knrüyu-ldn rayo kalyimu tatua-be.
Weit von Liebe Kamel der Kinder.
Von weitem ist das Kamel bei Kindern gern gesehn.
.'52"J. Zu l-änimu vgl. Lied XXII. — Söta^ weder bei K. noch bei Misch-
lich, bedeutet im Kanuri und im IL den V\\v einen Gast angei'ichteten Braten.
Zu kusitlti) \iil. 110.
Prietze: BornusprichwÖrter. I6l
Auf alle Fälle angewandt, in welchen die Beziehungen in der Nähe
unbehaglicher sind als in der Ferne.
324. Kam ni-ga ahd-n Icözta si-ga iya-n Tcörik.
Mensch dich Vater mit wenn übertrifft ihn Mutter mit übertriff.
Kam ni-ga iya-n Icözia, si-ga ahd-n TcÖnL Kam ni-ga abd-n knzia, Si-ga
Jcämu-n Tiöne. Kam ni-ga Tcämu-n A'özta, si-ga külq-n köne. Kam ni-ga külon
Tcözia, si-ga lemdn Tiöne. Kam ago ügu ate-ga ni-ga liogyg.no kud, si-ga
Mensch Dinge fünf diese dich übertraf wenn, ihn
nagem hako.
du holst ein nicht.
Wer dir durch den Vater überlegen ist, den überbiete durch die Mutter.
Wer dir durch die Mutter überlegen ist, den überbiete durch den Vater.
Wer dir durch den Vater überlegen ist, den überbiete durch die Frau.
Wer dir durch die Frau überlegen ist, den überbiete durch den Acker,
Wer dir durch den Acker überlegen ist, den überbiete durch den Besitz.
Ist dir aber jemand in all' diesen fünf Dingen überlegen, dann kannst du
ihn nicht einholen.
325. Mana lambo-nem hako bade gagimmü
Wort Geschäft dein nicht daß (nicht) du gehst nicht hinein.
Was dich nichts angeht, darauf laß dich nicht ein. Vgl. 295.
326. Döro-ni culugi, koküi zena debazin-zu-ga
Fürwitz mein ist herausgekommen Huhn Messer es schlachtet sein das
ISgania ti.
als es ausgrub das.
Da hat sich mein Übermut gründlich offenbart, sprach das Huhn, als es
das Messer herausgescharrt hatte, mit dem es geschlachtet werden sollte.
Gewährsmann nennt als Beispiel die derzeitige Lage Bulgariens, das
sich durch unzeitigen Eigensinn Feinde und Bundesgenossen zugleich auf
den Hals zog.
324. Zu lemdn vgl. K. lemdn Güter, Waren, Reichtum. Doch ist es
mir schon in der Bed. vierfüßige Haustiere begegnet; es wird also zunächst,
wie pecunia, den Reichtum an Vieh bezeichnen (wohl Lehnwort).
325. Zu lambo vgl. 219. Mana hat wie H. magdna noch die erweiterte
Bedeutung: Sache, von der die Rede ist, Angelegenheit.
236. DUi'o, bisher nicht belegt, wird vom Gewährsmann durch H.
ki-n-U wiedergebeben = Nichthörenwollen; also Fürwitz, Eigensinn. — Sehr
auffallend ist hier die Konstruktion des aus dem Arab. stammenden dehazin,
das sowohl zur Bezeichnung des Obj. ein Possessivsuffix als zur Subordi-
nierung ein nominales Kasussuffix erhält. — Läganta würde bei K. Bgdnyä
lauten v. langin grabe.
»ntt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. III. Abt. 11
1 ()2 pRiETZE : Bornusprichwörter.
327. iVtina bunu /ittd-be, Ciduyia mä, ctitUgin
Wort Halm des Herausziehens, wenn herausging auch, kehrt wieder
bako.
nicht.
Mit dem Wort ist es wie mit dem Heratisziehen eines Hahns (aus einer
Matle): ist es lieraus, so läßt es sich nicht zurück])ringen. Ehenso Nr. 95
meiner H. -Sprichwörter und kürzer Nr. 46 hei MischUch.
328. Kam cilim mann cilim-ica /er cilim-ye
Mensch schwarz Wurt schwarzem mit Pferd schwarz sowohl
zebana, im cilim ye celugüna, bune cilim ye
er hestieg, Tag schwarz als auch er ging hinaus, Nacht schwarz als auch
cetcasiua.
er lief.
Ein schwarzer Mensch mit schwarzer Rede hat ein schwarzes Pferd hestiegen,
ist an schwarzem Tage hinausgezogen und in schwarzer Nacht davongeeilt.
Dies ist kein Volksrätsel, sondern nur ein sj)richwörtlicher Ausdruck
für ein Unlieil oder für einen Bösewicht, von dem die Stadt erlöst ist.
329. Agö tartü-be kdu-ga ddbcei bägo.
Sache des Trocknens Sonne die sie hemmen nicht.
Von dem, was trocknen soll, hält man die Sonne nicht fern.
Bild z. B. iiir das Anlocken der Käufer durch den Handler.
330. Indu-yae Mrmo-ga cundta, dakdta-n bögymo.
Wer auch immer Stößel den wenn verschluckte, stehend mit ruhte.
Wer einen Mörserstößel verschluckt hat, muß im Stehen schlafen.
Sinn wie 230.
331. Indu-yae bego-ga cundia gulzta si-rö
Wer auch immer Axt die er verschluckt wenn ei sprach ihm
müsko bego-be tdye rüi.
Hand der Axt halte sieh.
Wenn jemand sagt, er wolle eine Axt verschlucken, so nimm sie beim Stiel,
halte sie ihm hin und sieh (was er tut). Dass. im H. s. Tierm. I, Anm. 28.
Ähnlich unser: Wer droht, er wolle sich aufhängen, dem reiche einen Strick.
327. Bunu findet sich auch in H., ist aber dem Kanüri entlehnt. —
Fittd 2. Inf. V. finniskin = K. pingin (3. sg. pittciri) ziehn. Über die Kon-
struktion vgl. o.
328. (Mlim entstammt dem Arab.
329. Zu ddbcei vgl. K. ddmgin weigere, hindere, 3. sg. ddptsin.
330. Kirmo nicht bei K.
331. Bego^ K. beogö s. o. 37.
Prietze: Bomusprichwörter. 163
332. Kela-nüm küra nanyd raado-ya 'kamnum bayo.
Kopf dein groß wegen Donner den du langst auf nicht.
Dein Kopf mag noch so groß sein, den Donner fängst du niclit auf.
Warnung davor, zwischen einen Mächtigen und sein Opfer zu treten.
333. Nangoninta dutö nanyd Jcnmo-nüm yita-ya yezim häko.
Meisterschaft Nähen wegen Kalebasse dein gut die du tötest nicht.
Darum, weil du gut nähen kannst, wirst du doch deine gute Kalebasse
nicht zerbrechen.
Übertragen: Auch der Starke soll dem Feinde keine Vorteile ein-
räumen, in der Hoffnung, sie wiedereinzubringen.
334. Kineyu Jcargun zoli-be.
Pfeil Mittel des Tollen.
Gegen Unvernunft (feldverwüstendes Vieh, kriegswütige Menschen) hilft nur
der Pfeil (die Gewalt).
335. Na dalö-be-n-yae Tcäm te mä marädi-nde yo.
Ort Bullen des an Avenn auch IVIilch die auch Verlangen unser ist.
Auch wenn wir beim Bullen sind, verlangen wir nach Milch.
Ebenso: Na guhoyüm-he-yae guhSl te mä marädi-nde yo.
Ort des Hahns wenn auch Ei das auch Verlangen unser ist.
Sinn: ölan geht dem Gelde überall nach, auch dort, wo es nicht zu
haben is^ bei den Armen.
336. Kam cero Tcafta-be nabhdta rümia, Tcam-zü
Mensch Bauch des Schattens sitzend wenn du siehst, Mensch sein
lagd cero kdn-he-n mezT si-ro leiyalin.
anderer Bauch der Sonne in es gibt ihm sich quält.
Für jeden, den man im Schatten sitzen sieht, gibt es einen andern in der
Sonnenglut, der sich für ihn plagt.
332. Zum Verständnis des Bildes vergegenwärtige man sich, daß im
Sudan nicht dem Blitz die zerschmetternde Kraft zugeschrieben wird, sondern
einem im raado (aus dem Arah.) vorausgesetzten Donnerkeil. Man glaubt
ihn in gewissen Steinformen wiederzufinden (daher II. arädu Steinbeil bei
Mischlich). Wasser, in dem solche gelegen haben, wird als Heilmittel ge-
trunken. — M. unterscheidet kamtü auffangen von hahtü schneiden, während
bei K. beide zusammengefallen sind.
333. Zu nanyoninta vgl. 7. Hier hat es die Haussabedeutung.
835. Zu dalö vgl. Pfl. u. T. 145.
336. Leiya s. 3. u. 146; hier als Zeitwort.
11*
1(34 Prietze: Bornusprichwörter.
337. Ate mä mdna zire go, hdrhii si-ya kwallägo tezö fangania H.
Dies "Wort wahr ist, Dieb ihn laßt er gehe als er hürte da.
Das ist das rpchte Wort, sprach der Dieb, als er sagen hörte: Laßt ihn
laufen.
338. Kuro-tca fantu-a ch'i hako sai im mugä kamhöHna ti.
.Sehen und Hören und endet nicht außer Tag Tauber wurde blind da.
Der Taube hört nicht auf zu sehen und zu hören, ehe er nicht erblindet ist.
Anwendung: Es gibt Feinde, vor denen man nur dann Ruhe erlangt,
wenn man sie völlig vernichtet.
339. Döte Mm-he ago kela-nzü-ro cakkina ti.
Zwang des Menschen Sache Kopf seinem er setzte die.
Mau muß tun, was man sich in den Kopf gesetzt hat.
340. Ganga hiregu-he ndnkici si-ro mazei hako.
Trommel des Krieges Annehmlichkeit ihr sie suchen nicht.
Von der Kriegstrommel erwartet man keinen Wohlklang.
341. Keldnzi yendo katkeroma.
Skorpion verschlucken versagend.
Ein Skorpion läßt sich nicht hinunterschlucken.
Gewährsmann meint, dies sei z. B. die Erfahrung Rußlands mit Japan.
342. Kandm ti inki-wa-yae tandö eidin, inki bako
Termite die Wasser mit wenn auch Wand macht, Wasser nicht
tandö eidin.
Wand macht.
Die Termite baut, mag es noch so sehr regnen, und baut auch, wenn es
nicht regnet. Vgl. H. in Pll. u. T. 63.
Bild für den, der miter allen Umständen vorwärtskommt.
343. Na te mä woltiskin, gerguma na gangdla cetambina ti.
Ort diesen auch ich kehre zurück, Maus Ort Erdnuß sie kostete da.
338. Der Taube hört gewissermaßen mit den Augen, indem er die
Worte von den Lippen abliest.
339. Böte s. 79.
34L Das Zeitwort, dessen Nomen agentis katJceroma ist, s. 143, 285, 289.
342. Tandö gibt Gewährsmann durch Wand wieder, während es bei
K. Weben, Flechten bedeutet als Inf. zu tdndeskin webe, Hechte, knete Ton.
343. K. tdmhuskin koste.
Prietze: Bornusprichwörter. 165
Hier komme ich wieder her, sprach die Maus an einem Ort, wo sie Erd-
nüsse gekostet hatte. Vgl. Ptl. u. T. 120.
Anwendung auf erfolgreiche Raubzüge.
344. KTkt balagazia Tcela-nzü-ga zugdrnbin.
Fliege wenn sie erwachsen Kopf ihren sie kratzt.
Wenn die Fliege mannbar geworden ist, kratzt sie sich den Kopf.
In der Bedeutung entsprechend unserem Sprichwort: Wenn es der
Geis zu wohl wird, geht sie aufs Eis. Gern auf politische Verhältnisse an-
gewandt.
345. Kvmägen ciri fannemia Jcud, inM tabcina fa-nlü-n.
Biene schreit wenn du hörst wenn, Wasser goß ein Haus ihr in.
Wenn man die Biene summen hört, hat sie Trank (Honig) eingeheimst.
Kiräri-n sarakuna: Ist das Volk lustig, so hat es Geld und kann ge-
schröpft werden.
346. Ziti ziti-ga Jcidazm häJco hokti, illa daUli-wa.
Bart Bart dem arbeitet nicht leer, außer Grund mit.
Ein Bart arbeitet für einen andern Bart nicht umsonst, sondern nur aus
bestimmten Gründen.
Der Bart ist pars pro toto für den Erwachsenen; nur Kinder leisten
unbezahlte Dienste.
Sinn in politischer Beziehung: Bei allem, was eine Macht ins Werk
setzt, sei man überzeugt, daß es nicht andern zu Gefallen, sondern im
eigenen Interesse geschieht.
347. Fe hiarizia hinnawä-ga zigei.
Kuh wenn alt wird Kälbern folgt.
Wenn die Kuh alt geworden ist, folgt sie den Kälbern.
Allgemein: Wird das Alter schwach, so verliert es die Herrschaft
an die Jugend.
344. Balagazia geht auf d. Arab. zurück. — Zu zugämhin vgl. K. gdm-
busTiin kratze. Diese wohlbekannte Bewegung, die nur der mannbaren
Fliege eigen sein soll, wird als «fantasia« gedeutet.
345. Zu Icumagm vgl. 222, zu tabcina K. tdmgin (3 sg. tdptsin) gieße ein.
346. Ztti Kinnbart = B. ndziti K. nt^^üti. Illa hat wie Ala im Kanuri
bei der Entlehnung der Regel nach ein / eingebüßt. — Kida^ vermutlich
Fremdwort (s. o. 33) wie dalTli, ist hier Verb der II. Konj.
347. Zu Icinna vgl. K. Icena^ henna weibliches Kalb von Kühen oder
Kamelen bis zum 2. od. 3. Jahre.
166 Priktze: Bornusprichwörter.
348. Büne külgu bdrbu-be.
Nach Tüljc des Diebes.
Die Nacht ist die Hülle des Diebes.
349. Zara, calhi-nüm gent, girtu-nüm zdu yn.
Schlin/igewächs, Abhauen dein ist nicht, Ausreißen dein schwer ist.
liankc, dich abzuhauen ist nicht schwer, wohl aber dich auszureißen.
Sinn: Ein Land wird leichter annektiert als in Besitz genommen.
350. Karua, indti röyyamf Gulzina: hantama.
^Vind, wen verachtest du? Er spracli: Schürzenmann.
Wind, wen verachtest du? Er antwortete: Den, der eine Schamschürze
trägt (die dem Winde nicht standliält).
Sinn: Nur die Probe lehrt Schein und Sein unterscheiden.
351. Karn ni-xoa H-wa bin' bummi, belu cei si-ro
iMensch du mit er mit Brei du aßest nicht, Brühe er trinkt ihm
güllem bäko.
du sagst nicht.
Wenn du mit jemand keinen Brei gegessen hast, kannst du nicht von ihm
sagen, er tränke die Brühe (die ein wohlerzogener Tischgenoß nur als
Tunke genießen darf).
Der Sinn, ähnlich dem vorigen, wurde durch den Haussaspruch er-
läutert: Wönda bii-ku yaki da si, ba-ka cewa kii-küra-sa ^= 'Mit wem ihr nie
gekämpft habt, von dem könnt ihr nicht sagen, daß ihr ihn aus dem Felde
schlagen würdet.
352. ler t>, zettu-ga könümma.
Pferd da, Erbrechen das du überschrittest.
349. Die sich an Bäumen emporrankende zära heißt im H. yädla; doch
gilt ein gleiches Sprichwort im H. nicht von ihr, sondern vom godo)\ einer
ähnlichen KletterpÜanze s. PH. u. T. 22. Hinter gern ist in^ Gedanken zdu
go zu ergänzen.
350. Bg,ntama aus hante Schamtuch.
351. Der Brei befindet sich mitten in einer ilachen Holzschüssel, die
bükiini (r= H. dkosi) heißt, lungebcn von einer Brühe, die aus verschiedenen
Kräutern und oft auch aus Fleisch gekocht ist. Sie gilt für das schmack-
haftere, und der Anstand fordert, den mit den Fingern ergriflTencn Bissen
Brei hineinzutauchen, nicht aber Brühe ohne Brei zu genießen.
352. Dem zettu entspricht bei K. tsmte., wonach also hier im M. -Dia-
lekt ein stanimauslautendes .•> dem folgenden Kons, angeglichen wäre. Das
Indef. 1 würde zenniskin lauten = K. Isüsengin erbreche mich. Hier bedeutet
es das Emporkommen des Mageninhalts bei den Wiederkäuern.
Peietze: Bornusprichwörter. 167
Pferd, du bist über das Wiederkäuen hinaus. Vgl. 229.
Ein kirari-n sdriki: Ein König gibt nichts wieder heraus, was er ein-
mal genommen hat.
353. Ddgu tilo' kam indi-ga f/ozm hakn.
Hals einer Mensch zwei nimmt nicht.
Ein Nacken kann nicht zwei Menschen trafen.
Übertragen: Ein Land kann nicht mit zwei andern verbündet sein,
die sich gegenseitig befehden.
354. Dane kundo Ala-he rüye, kam hina cenatina ti.
Stehn wir Tun Gottes sehn wir Mensch Spreu er pflanzte der.
Laßt uns warten und das Walten Gottes schauen, sagte jemand, nachdem
er Spreu gesät hatte.
Spottwort über sinnlose Unternehmungen.
355. Dalimi soba marguhdm-he.
Eidechse Freund des Urol.
Ganz ähnlich versinnbildlicht Nr. 77 meiner H.-Sprichw. imser: Gleich und
Gleich gesellt sich gern.
356. Kdmho nözinni si-ga rumma sai kela-nzü-ga bannemta.
Blinder weiß nicht ihn du sahst außer Kopf seinen wenn du schlägst.
Der Blinde weiß erst dann, daß du ihn gesehen hast, wenn du ihn auf den
Kopf schlägst.
Allgewandt auf Völker, die sich in falsche Sicherheit wiegen.
357. Kalgimu kalgimu ye gern guhogüm guhoyum ye gßfit,
Kamel Kamel sowohl ist nicht Hahn Hahn als auch ist nicht,
Feläia gidegü-ga curuna ti.
Fula Strauß den er sah da.
Das Kamel ist kein Kamel und der Hahn auch kein Hahn, sprach der Fula,
als er einen Strauß sah.
353. Der Getragene sitzt rittlings auf den Schultern.
354. Bei Formen wie dane^ in denen die 1. PI. des Indef. u. Perf. mit
der 2. Sg. Imp. im J/on^o-Dialekt zusammengefallen scheint (vgl. Ein), z d. L.)
behauptet Gewährsmann, es bestehe denoch ein Unterschied und zwar
laute die 1. PI. dane^ der Imp. däne. — Knndo = K. kendö Nom. actionis zu
diskin tun. Der Inf. lautet bei K. (Gr. § 92) sonst ndiö, nden.
355. Dalimi und marguhdn s. schon o. 106 ff. Vgl. B. ddrimt^ K.
nddlimT.
356. In hanniskin {^ K. hangiriy 3. Sg. hdktsin) hat sich, wie stets iüi
-Maw^o-Dialekt, ein gutturaler Stammauslaut dem folgenden Konsonanten
angeglichen.
]()8 Priktzk: Bornusprichwörter.
358. Jla/ia katüyu-lie: tusa kannü-ga füzin hako.
Wort der Lüge: Baucliwind Feuer das.
Das ist erlogen, ein Bauchwind bläst kein Feuer an (Antwort auf eine
unglaubliche Behauptung). Bedeutung wie 314.
359. Dal kamo mäta legdnia ti cero-wa w^lgyq,nc).
Ziegenbock Frau suchen als er gegangen da Leib mit kehrte zurück.
Ein Ziegenbock, der zur Begattung gegangen war, kam trächtig zurück.
Dasselbe Sprichwort im 11. bei Mischlich unter hdrharä.
Mein Gewährsmann wendet es auf Kriege an, die zum Schaden des
Angreifers ausfallen.
360. Ago zebel käzim dahcina ti st mä-ga dahcina st kondüli cido.
Sache Weg Gras hemmte die sie auch hemmte Fuß Haar macht.
Was auf dem Wege den Graswuchs verhindert, das läßt auch auf der Fuß-
sohle keine Haare wachsen.
Anwendung: Die Furcht, die uns abhält, einen Feind mit Krieg zu
überziehen, hindert auch ihn, uns zu überfallen.
361. Ägö hdrhu-ga zuhufint ti, sT gama zübiii hako.
Sache Dieb den ißt nicht die Fuß Folger ißt nicht.
Was den Dieb verschont, schont sicher auch seinen Häscher.
Deutlicher: Der Fürst oder Richter, der einen Dieb laufen läßt, wird
dem, der ihn gefangen und vorgeführt hat, ei'st recht kein Leid zufügen.
Der Spruch wurde auf den jüngsten Balkankrieg angewandt: Wenn
die INIächte den Angreifern freie Hand ließen, konnten sie unmöglich der
Gegenwehr in den Arm fallen.
362. Kela kerami-nem dä-wa qulemia kud kela-
O O o «^ o o
Kopf jüngerer Bruder dein Fleisch mit wenn du sagst wenn Kopf
nüm samme fanni.
dein reibe höre.
360. Zu zßel vgl. dibel 283. — Zu dahcina vgl. 329. — Zur Verdeut-
lichung verbessert Gewährsmann das ursprüngliche sT in cero si-he = Leib
d. h. Sohle des Fußes. — Auch hier wie 30, 231 u. a. bezeichnet ga das
Subj.; an mä angehängt fand es sich schon 249 und 307. —
361. Da ga>/ia von dem Inf. (K. nga) von gaskin folge gebildet ist,
so lautet er hier offenbar nicht \ienga (s. Einl. z. d. L.), sondern einfach ga.
362. Zu kerämi vgl. H. kararm klein; jüngerer Bruder heißt im K.
Jeane. — Samme (IL Safa) v. K. samgin reibe. — lanniskin heißt wie H. zi nicht
bloß hören, sondern auch fühlen, wahrnehmen, verstehen, weshalb M. auch
rüi sieh als gleichbedeutend geschrieben hat.
Prietze: Bornusprichwörter. 169
Wenn du meinst, deines Bruders Kopf bestünde aus Fleisch, so reibe den
Deinigen und fühle (sc. daß der Schädel ein Knochen ist). Anklang an
Nr. 43 meiner H.-Sprichwörter.
Sinn: Beurteile andere nach dir selber.
363. Kam Jcasinyo wazia Icud, kishä Hbäna tna
Mensch Chamäleon wenn nicht mag wenn, Baum es bestieg den
sgn wazin.
ganz nicht mag.
Wer ein Chamäleon nicht leiden mag, haßt auch den ganzen Baum, auf
den es geklettert ist.
Allgemein: Der Haß auf , jemand überträgt sich auf alles, was mit ihm
zusammenhängt.
364. Teirihg.ltu iemhqliü sg,thi-be TcimarHna ti, hulei ti Icimarzim
Stoßen Stoßen des Schlauchs er trotzte da, Krug der trotzt
häJcn.
Das Stoßen und Wälzen, das der Schlauch verträgt, verträgt der Tonkrug
nicht.
Bild verschiedener Widerstandskraft je nach den Machtmitteln.
365. Bdrhu cu-nzü-ga ceragln hako.
Dieb Namen seinen liebt nicht.
D. h. er will nicht Dieb genannt werden.
366. Felata her-wa Jcud, dägil-ga Jcöre.
Fula Vorzug mit wenn, Affen den frage.
Ob der Fula etwas taugt, laß dir vom Affen sagen (d. h. er ist nicht besser
als ein Affe).
Auch in 4 und 357 werden die Fula verspottet.
363. Zu son vgl. 318. Das vorhergehende Iwi dürfte in (iwa zu zer-
legen und das wa enger mit son zu verbinden sein (vgl. 318) = K. ngäso
alles.
364. Temhqltü wird mir mit H. turikuda wiedergegeben, das laut Misch-
lich vorwärtsstoßen = wälzen heißt. Es ist die Handhabung des Wasser-
schlauchs im Hause gemeint. Vgl. K. tembdlngin — I roll along. — S^tki
lautet bei K. sdktT. Zu kimarUna vgl. K. kemär Mut, kemdrngin mutig,
kaltblütig sein.
366. Her geht auf das arab. Xair zurück, das in H. zu alheri geworden
ist = Geschenk.
Mitt. d. Sem. f. Orient. Sprachen. 1915. III. Abt. 12
]yQ Prietze: Bornusprichwörter.
367. Badi Jciritv dirnmi kartü-lan.
D.nß (nicht) Einpacken du nicht machst im Zerissenen.
Maclie keine Ründel mit einem zerrissenen Stück Zeug.
Dies deckt sich mit einem H.-Sprichwort bei Mischlich unter kümH
und bedeutet: Vertraue dem, der nicht schweigen kann, kein Geheimnis an.
368. Letetü cerintn hid, seno-ga Jhizei hako.
Viel Gchn hört nicht auf wenn, den Schuh sie ziehn aus nicht.
Wenn man l)eständig unterwegs ist, zieht man die Schuhe nicht aus.
Anwendung: Steter Krieg läßt Handel und Wandel nicht aufkommen.
369. Kam argim-iü wörzin rvmJa kuä na hüku knnküna
Mensch Hirse seine er brennt w^enn du siehst Ort Asche Geld
cidi ga cnrüna.
sie hat gemacht er sah.
Wenn man jemand seine Hirse verbrennen sieht, hat er einen Ort entdeckt,
wo Asche Geld geschafft hat.
Das sinnlose Verbrennen der Hirse ist ein Bild für das Erstreben
eines vermeintlichen Gutes unter Aufopferimg eines wirklichen. Der Spruch
also ironisch gemeint.
370. Karambani mare: kundtto kämo fätoma-he gasalcin.
Vorwitz völlig: Fremder Frau des Hausherrn er wäscht.
Wenn der Gast die Frau des Hausherrn abwäscht, das heißt den Übermut
auf die Spitze treiben.
371. Sim gdmdu-wa fero girihu camhina gei.
Auge trocken mit Mädchen Bastard sie gebar gleich.
Wer ein trocknes Auge hat, d. h. keine Scham kennt, ist wie ein Mädchen,
das ein uneheliches Kind gebar.
367. Zu kiritu vgl. K. kermgin drehe, zu kartu K. kärngin zerreiße.
368. Leletu freciuentative Verdopplung = H. (afifta. Zu linzei vgl.
K. lingin ziehe aus. 3. Sg. lintsin.
369. Zu w^rzin vgl. K. warngin brenne, brate, zu hüku K. hügü Asche.
Statt ga nach cidt würde man ti erwarten.
370. Zu karambani mari vgl. 205. — Für das dem Arab. entlehnten
ga.salciTt{\)ei K. gasdlngin ich wasche einen Leichnam) hat B. ein einheimisches
tulüskin, tulngin, 3. sg. tnlUin, dessen Stamm auch im Tuhu vorliegt.
371. Gdmdu lautet bei K. hgdmde., giribu bei K. ngerTfü.
Prietze: Bornusprichwörter. 171
372. Afi-gei-nin ziM-agygno-yai Jcuma fer-be
Was gleich mit es ist gedrängt wie auch Herr des Pferdes
gäfo-ro zihei bako.
Rücken zu er steigt nicht.
So groß das Gedränge auf dem Pferde auch sein mag, sein Herr wird
nicht hintenaufsitzen.
Auch dies ein Kirari-n saraJcuna: Ein König wird in keiner Lage
seine Würde schmälern lassen.
373. DisTi'ina mä fefeniskin, duto ganga-be disMna kunduli cero-n.
Ich tat wohl ich öffne, Nähen der Trommel ich tat Haar in Bauch.
Ich habs gemacht, muß es aber wieder auftrennen ; denn ich habe das Trommel-
fell mit den Haaren nach innen genälit.
Bild für alles verkehrt Angefangene, das man von neuem beginnen muß.
374. Kam belkacl cukorin kud, kasdgar-yae curüiya
Mensch Brunnen er fällt wenn, Schwert wenn auch wenn er
cetei.
sieht er faßt.
Beim Sturz in einen Brunnen greift man sogar in ein Schwert, wenn man
es zu Gesichte bekommt.
Dies Bild entspricht unserm Strohhalm des Ertrinkenden, ist aber
noch schlagender.
375. Ganga kicizia fannimia kud, retu-nzü
Trommel wenn lieblich ist Avenn du hörst wenn, Reißen sein
karinzi.
ist nahegekommen.
Wenn du die Trommel am schönsten erklingen hörst, steht ihr der Riß
bevor.
Gewährsmann erklärt es für der Welt Lauf, daß alles, was den Höhe-
punkt erreicht habe, seinem Ende nahe sei.
372. Afi-gei »wie« hat hier die seltenere Form des Lokativ- bzw.
Instrumentalsuffixes nin. Zu zikkagyg,no wie überhaupt zur Bedeutung
dieses Spruchs vgl. 221. Daß auf einem Reittier mehrere hintereinander
sitzen, findet man auch im Norden Afrikas, ja bereits auf Sardinien nicht
selten. Als Subjekt zu zikkagydno ist aus dem Folgenden fer zu ergänzen.
373. Das Trommelfell muß die rauhe, aber von Haaren zu entblößende
Seite nach außen kehren.
375. Ich nähere mich: K. kärdhgin, B. käring-niskin.
172 Prietzk: Bomusprichwörter.
376. Sim kam-he H cimhilim häko cidi 9^^
Auge des Menschen das wird voll nicht Boden wenn nicht ist
htd.
wenn.
Des Menschen Auge wird nicht ausgefüllt, es sei denn mit Erde.
Sinn: Erst iin Grabe wird das Verlangen still.
377. Koro körÖ-ga, körovinn-yae bei.
Esel Esel du fragst nicht wenn auch steig.
Der Esel ist ein Esel; steig auf, auch ohne zu fragen.
Sinn : Sich alles als gute Beute an, was in deinen Bereich kommt,
als Konig die Untertanen, als junger Mann die Weiher w. s. w.
376. Zu cimhilim \gl. B. tsimbül-ena er ist voll, K. yembühiskin ich
fülle. Hier also medial.
377. Fast ebenso Pll. u. T. 149, wo jedoch korommi-yae falsch über-
setzt war, da ich irrig eine Zusaminenziehung aus köro rommiyae ange-
nommen hatte. Zu dem dort aus Barth angeführten Sprichwort über die
Mutterliebe der Eselin (und Sklavin) sei noch bemerkt, daß es sich imter
den zu Beginn der Einleitung erwähnten, von K. gesammelten befindet
(Nr. 38). Über ga am Prädikatsnomen s. Einleitung.
Berlin, gedruckt in der Rciihsdruokerei.
: PJ
berlin. Universität
25
Ausland-Kochsciiule
B5
Mitteilurifren
Jg.i^
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